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B u n d e sb l att 100. Jahrgang.

Bern, den 11. November 1948.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis SS Franken im Jahr, 15 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Revision von Artikel 39 der Bundesverfassung betreffend die Schwei!

zerische Nationalbank :

(Vom 5. November 1948)

:

Herr Präsident!

.

: Hochgeehrte Herren!

Durch dringlichen Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1945 über die zweite Verlängerung der Finanzordnung 1939--1941 (Finanzordnung 1946--1949) wurde die Geltungsdauer des. sogenannten Finanznotrechtes bis zum 31. Dezember 1949 verlängert. Auf Ende 1949 wird daher, die gesetzliche Grundlage des auf dem Fiskalnotrecht beruhenden Bundesratsbeschlusses vom 27. September 1936 betreffend Währungsmassnahmen und damit der derzeitigen Währungsordnung in der Schweiz dahinfallen. Infolgedessen werden bis zu diesem Zeitpunkt die rechtlichen Grundlagen der Währung neu zu ordnen, d.h. in die ordentliche Gesetzgebung ; überzuführen sein.

Der zu ersetzende Bundesrats beschluss umf asst dreierlei : Artikel l verfügt den gesetzlichen Kurs der Banknoten der Schweizerischen Nationalbank, indem er bestimmt, dass jede Zahlung, die mittels dieser Banknoten geleistet wird, im Lande rechtsgültig erfolgt sei. Artikel 2 verleiht den Noten Zwangskurs, mit andern Worten er enthebt die. Nationalbank der Einlösungspflicht. Anderseits verpflichtet er die Nationalbank, die gesetzliche Deckung der Noten aufrecht zu erhalten. Artikel 3 sodann setzt in Abänderung des Münzgesetzes eine neue Parität, und zwar eine Rahmenparität fest, indem er die Nationalbank anweist, den Goldgehalt des Frankens zwischen 190 und 215 Milligramm Feingold zu halten, entsprechend einer Abwertung des Frankens im Mittel von 30 Prozent.

.

: Während die Aufrechterhaltung sowohl des Zwangskurses der Noten als auch der neuen Parität im Wege der Gesetzgebung erfolgen kann, erheischt Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. III.

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die Beibehaltung des gesetzlichen Kurses der Noten eine Eevision von Artikel 39 der Bundesverfassung. Nach Absatz 6 dieses Verfassungsartikels darf der Bund die Eechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen, den sogenannten gesetzlichen Kurs, nur bei Notlagen in Kriegszeiten aussprechen. Da aus Gründen, die im folgenden noch näher dargelegt werden sollen, eine Aufhebung des gesetzlichen Kurses der Banknote nicht möglich erscheint, ergibt sich die Notwendigkeit, vorerst eine Eevision der genannten Verfassungsbestimmung vorzunehmen.

Wir beehren uns daher, Ihnen hiemit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Eevision des Artikels 39 der Bundesverfassung vorzulegen.

Die Abänderungsanträge, die wir Ihnen unterbreiten, sind aus der nachfolgenden Gegenüberstellung von bisherigem und neuem Text ersichtlich.

Artikel 39 der Bundesverfassung Bisherige Fassung Neue Fassung Das Eecht zur Ausgabe von BankDas Eecht zur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geld- noten und andern gleichartigen Geldzeichen steht ausschliesslich dem zeichen steht ausschliesslich dem Bunde zu.

Bunde zu.

Der Bund kann das ausschliessliche Der Bund kann das ausschliessEecht zur Ausgabe von Banknoten liche Eecht zur Ausgabe von Bankdurch eine unter gesonderter Ver- noten durch eine unter gesonderter waltung stehende Staatsbank aus- Verwaltung stehende Staatsbank ausüben oder es, vorbehaltlich des Bück- üben oder, unter Vorbehalt des Bückkauf srechtes, einer zu errichtenden kaufsrechtes, einer zentralen zentralen Aktienbank übertragen, die Aktienbank übertragen, die unter unter seiner Mitwirkung und Aufsicht seiner Mitwirkung und Aufsicht ververwaltet wird.

waltet wird.

Die mit dem Notenmonopol ausDie mit dem Notenmonopol ausgestattete Bank hat die Hauptaufgabe, gestattete Bank hat die Hauptaufden Geldumlauf des Landes zu regeln gabe, den Geldumlauf des Landes zu und den Zahlungsverkehr zu er- regeln und den Zahlungsverkehr zu leichtern.

erleichtern.

Der Eeingewinn der Bank über Der Eeingewinn der Bank über eine angemessene Verzinsung be- eine angemessene Verzinsung beziehungsweise eine angemessene Divi- ziehungsweise eine angemessene Dividende des Dotations- oder Aktien- dende des Dotations- oder Aktienkapitals und die nötigen Einlagen in kapitals und die nötigen Einlagen
in den ^Reservefonds hinaus kommt we- den Eeservefonds hinaus kommt wenigstens zu zwei Dritteilen den Kan- nigstens zu zwei Dritteilen den Kantonen zu.

tonen zu.

Die Bank und ihre Zweiganstalten Die Bank und ihre Zweiganstalten dürfen in den Kantonen keiner Be- dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden.

steuerung unterzogen werden.

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Eine Bechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen kann der Bund, ausser bei Notlagen in Kriegszeiten, nicht aussprechen.

Die Bundesgesetzgebung wird über den Sitz der Bank, deren Grundlagen und Organisation sowie über die Ausführung dieses Artikels überhaupt das Nähere bestimmen.

Der Bund k a n n die B a n k noten und andere gleichartige Geldzeichen als gesetzliche Zahlungsmittel erklären. Er schreibt h i e f ü r eine genügende Deckung vor.

Die Bundesgesetzgebung wird über die Ausführung dieses Artikels das Nähere bestimmen.

:

Zu den einzelnen Bestimmungen gestatten wir uns folgendes auszuführen.

1. Das Notenmonopol des Bandes Mit dem in der Volksabstimmung vom 18. Oktober 1891 angenommenen Artikel 39 der Bundesverfassung erhielt der Bund, dem bis dahin nur ein Aufsichtsrecht über die kantonale Ordnung des Banknotenwesens zustand, das ausschliessliche Eecht zur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen. Damit wurde die verfassungsrechtliche Grundlage für diq Zentralisierung der Notenausgabe geschaffen, die an die Stelle der bisherigen Ausgabe von Noten durch eine Vielheit von Banken treten sollte. Über die Zweckmässigkeit des nach vielen Kämpfen verwirklichten Notenmonopols, das in den mehr als vierzig Jahren seines Bestehens sich vollauf bewährt hat, bedarf es wohl keiner eingehenden Darlegungen. Es wäre nicht auszudenken, wie die währungspolitischen Aufgaben seit Ausbruch des ersten Weltkrieges ohne einheitliche Führung der Währungs- und Kreditpolitik auf eidgenössischem Boden hätten gelöst werden können.

Absatz l der Verfassungsbestimmung kann daher ohne Änderung belassen werden.

' 2. Die Notenmonopolbank Artikel 89 der Bundesverfassung hat in Absatz 2 dem Bund die Befugnis eingeräumt, das ausschliessliche Eecht zur Ausgabe von Banknoten entweder durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben zu lassen oder es, vorbehaltlich des Eückkaufsrechtes, an eine zu errichtende zentrale Aktienbank zu übertragen, die unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwaltet wird. Die Wahl zwischen den beiden Möglichkeiten steht dem Bundesgesetzgeber Z U . · ' · . ' ; ' Nachdem das erste Projekt für die Notenmonopolbank in Form einer als ' reine Staatsbank organisierten Bundesbank durch Eeferendumsentscheid vom ,28. Februar 1897 ^abgelehnt worden war, schuf der Bund die Schweizerische Nationalbank in der privatrechtlichen Form einer Aktienbank. Er behielt sich jedoch Aufsichts- und Mitspracherechte, insbesondere auch Wahlbefugnisse

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vor, was der Nationalbank den Charakter einer gemischtwirtschaftlichen Unternehmung mit stark öffentlich-rechtlichem Einschlag verleiht.

Der staatliche Einfluss macht sich in verschiedener Hinsicht geltend: Geschäftskreis, Organisation und Verwaltung der Bank werden nicht in einem von den Aktionären der Bank aufgestellten Statut, sondern in einem Bundesgesetz, das der Gesetzgeber-jederzeit abändern kann, geordnet. Der Bundesrat .wählt die Mehrheit des Bankrates und die Leitung der Bank. Für eine Beihe wichtiger Verwaltungsakte (Geschäftsbericht und Jahresrechnung, Beglemente etc.) ist die Genehmigung des Bundesrates einzuholen. Anfertigung, Ablieferung, Einziehung und Vernichtung der Noten erfolgt unter der Kontrolle des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes. Darüber hinaus gibt die Notwendigkeit, die Tätigkeit der Nationalbank gleich der staatlichen: Wirtschaftspolitik nach gesamtwirtschaftlichen Interessen auszurichten, Anlass zu einer ständigen, engen Fühlungnahme zwischen Bundes- und Bankbehörden.

Der Einfluss der Aktionäre ist durch das Gesetz stark beschränkt worden.

Die Befugnisse der Generalversammlung der Aktionäre erstrecken sich, abgesehen von der Abnahme des Geschäftsberichtes und der Jahresrechnung sowie der Beschlussfassung über die Verwendung des Eeingewinnes im Eahmen der besondern Vorschriften des Nationalbankgesetzes, auf die Wahl von 15 von insgesamt 40 Mitgliedern des Bankrates, die Wahl der Eevisionskommission, die Beschlussfassung über die Höhe des Grundkapitals, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung, die Antragstellung an die Bundesbehörden auf Änderung des Nationalbankgesetzes und, jeweils auf Ablauf des Privilegiums, die Beschlussfassung über Fortdauer oder Auflösung der Gesellschaft. .Hinzu kommt, dass der grössere Teil, nämlich 54 Prozent, des Aktienkapitals der Bank sich im Besitze der Kantone und der Kantonalbanken befindet. Diese sind gegenüber den Privataktionären im Stimmrecht bevorzugt, indem sie an der Generalversammlung die Stimmkraft ihres gesamten Aktienbesitzes in die Waagschale werfen können, während der Privataktionär für eigene und vertretene Aktien nicht mehr als hundert Stimmen abgeben darf.

Bei dieser Ordnung der Stimmrechtsverhältnisse und der tatsächlichen Verteilung des Aktienbesitzes tritt der Einfluss der Privataktionäre
in der Generalversammlung-der Aktionäre stark zurück.

Die vorstehend angeführten Tatsachen lassen erkennen, dass Organisation und Charakter der Nationalbank in erster Linie durch das öffentliche Eecht bestimmt sind; der privatrechtlichen Form kommt sekundäre Bedeutung zu.

Die heutige Eechtsform erleichtert der Nationalbank die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft ; sie sichert ihr eine Unabhängigkeit und Selbständigkeit, die für ihre Eolie als Fachberaterin des Bundesrates von Bedeutung sein können.

Die bestehende Eechtsform unseres Noteninstitutes darf daher durchaus als zweckmässige Lösung bezeichnet werden.

Bei dieser Sachlage sieht der Bundesrat davon ab, eine Änderung der gegenwärtigen Eechtsform der Nationalbänk vorzuschlagen. Noch weniger besteht Anlass, die Möglichkeiten, die AbsatzS des Verfassungsartikels demBundes-

697 gesetzgeber offen lässt, zu beschränken. Dagegen sollte die Gelegenheit zu einer redaktionellen Bereinigung des Textes von Absatz 2 wahrgenommen werden; die der Tatsache Eechnung tragen will, dass die zentrale .Aktienbank bereits besteht und nicht erst noch zu errichten ist.

3. Die Hauptaufgaben der Notenmonopolbank Nach Absatz 3 des Verfassungsartikels besteht die Hauptaufgabe der Notenmonopolbank darin, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern. Mit welchen Mitteln die Bank diese Aufgabe zu erfüllen'hat, bestimmt der Bundesgesetzgeber, indem er ihren Geschäftskreis festlegt. Dabei stand von Anfang an fest, dass die Tätigkeit der Notenbank sich nicht auf Versorgung des Verkehrs mit ausreichenden Zahlungsmitteln beschränken kann. Von der Notenbank wurde erwartet, dass sie durch ihre Politik den Geldmarkt beeinflusse, wie aus der französischen Fassung («servir, en Suisse, de régulateur du marché de l'argent») deutlich hervorgeht, und dass sie ferner den Zahlungsverkehr nicht nur im Inland, sondern auch mit dem Ausland, erleichtere.

Im Laufe der Zeit hat sich der Aufgabenkreis der Notenbank erweitert.

Insbesondere ist ihr in der Währungspolitik eine Aufgabe erwachsen, welche das klassische Notenbankgeschäft der Diskontierung und Lombardierung an Bedeutung wesentlich überragt. Man hätte sich daher sehr wohl die Frage vorlegen können, ob diese wichtige Funktion der Notenbank nicht schon im Verfassungsartikel erwähnt werden sollte. Die heutige Umschreibung der Hauptaufgabe ist aber so allgemein gehalten, dass darunter, der bisherigen Praxis entsprechend, auch währungspolitische Massnahmen, ausgenommen Änderungen des Münzfusses, 'verstanden werden können.

: Diese Art der Umschreibung der Hauptaufgabe in der Verfassung hat den Vorteil, dass sie den Gesetzgeber bei der Festlegung des Tätigkeitskreises der Notenmonopolbank nicht beengt, ihm vielmehr den nötigen Spielraum lässt, diesen Tätigkeitskreis den veränderten Verhältnissen anzupassen. Eine Änderung von Absatz 3 des Verfassungsartikels drängt sich daher nach unserer Auffassung nicht auf.

: 4. Die Verteilung des Reingewinnes der Notenmonopolbank In der Botschaft über die- verfassungsrnässige Neuordnung des Finanzhaushaltes .des Bundes vom 22. Januar 1948 (BEI. 1948, I, S. 527) hat der Bundesrat die Frage ein er,
Neuregelung der Verteilung des Beingewinnes der mit dem Notenmonopol ausgestatteten Bank auf geworfen, und beantragt, dass der Eeinertrag, der nach, der gesetzlichen Einlage in den Eeservefonds und einer angemessenen Verzinsung bzw. einer angemessenen Dividende auf dem Dotations- oder Aktienkapital verbleibt, nicht mehr zum Teil an die Kantone, sondern voll und ganz an den Bund gehen soll. Wir verzichten deshalb darauf, erneut auf diese Frage einzutreten, da sie im Eahmen der Bundesfinanzreform zu regeln sein wird.

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5. Die Besteuerung der Notenmonopolbank durch die Kantone Die Gründe, welche seinerzeit zu einer Befreiung der Monopolbank von der Besteuerung durch die Kantone geführt haben, gelten heute noch. Zu einer Änderung von Absatz 5 des Verfassungsartikels besteht daher keine Notwendigkeit.

6. Der gesetzliche Kurs der Banknote Den eigentlichen Anlass für die Eevision von Artikel 39 der Bundesverfassung bildet Absatz 6 dieses Verfassungsartikels. Er bestimmt, dass eine Eechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten, d. h. der gesetzliche Kurs der Banknoten, ordentlicherweise nicht verfügt werden kann. Einzig für Notlagen in.Kriegszeiten, wird dem Bund die Befugnis erteilt, von diesem Verfassungsgrundsatz abweichend eine rechtsverbindliche Annahmepflicht für die Banknoten zu beschliessen. Nach der Verfassung hat somit, die Banknote keinen gesetzlichen Kurs. Sie braucht nicht von jedermann als Zahlungsmittel angenommen zu werden. Indem eine Verpflichtung zur Entgegennahme der Noten nur für die Nationalbank und die öffentlichen Kassen besteht, hat die Banknote lediglich sogenannten Kassenkurs. Sie ist nicht gesetzliches Geld, sondern bloss Geldsurrogat.

Von seiner Befugnis, für die Banknoten ausnahmsweise den gesetzlichen Kurs zu erklären, hat der Bund erstmals bei Ausbruch des ersten Weltkrieges Gebrauch gemacht, als er im Bundesratsbeschluss vom 30. Juli 1914 den gesetzlichen Kurs der Noten verfügte. Die gesetzliche Zahlkraft verblieb den Banknoten ununterbrochen bis zum 28. März 1930; erst auf diesen Zeitpunkt wurde sie durch Bundesratsbeschluss wieder aufgehoben. Doch schon sechs Jahre später musste im Zusammenhang mit der Abwertung der Währung im Bundesratsbeschluss vom 27. September 1936 betreffend Währungsmassnahmen der gesetzliche Kurs der Noten von neuem erklärt werden. Er bleibt bis heute bestehen.

-, !Nach dem HinfaU der gesetzlichen Grundlagen des Abwertungsbeschlusses auf Ende 1949 wäre die Banknote nicht mehr gesetzliches Zahlungsmittel. Es stellt sich nun die Frage, ob auf den gesetzlichen Kurs der Noten verzichtet werden kann oder nicht. Im letztern Fall ist eine Änderung der in Frage stehenden Verfassungsbestimmung unerlässlich ; denn eine Beibehaltung des gesetzlichen Kurses könnte sich nicht auf die geltende Verfassung stützen, da von einer Notlage in Kriegszeiten heute nicht mehr
gesprochen werden kann.

Seit der Abwertung vom September 1936 bilden die Noten der Schweizerischen Nationalbank in unserem Lande das einzige gesetzliche Zahlungsmittel mit unbeschränkter, Zahlkraft. Die-bestehenden schweizerischen Goldmünzen haben seit der Änderung der Goldparität des Frankens praktisch ihre Eigenschaft als Münzen eingebüsst. Sie sind Ware geworden. Mit dem Hinfall des gesetzlichen Kurses der Banknoten wäre daher überhaupt kein Zahlungs-

699 mittel mit unbeschränkter Zahlkraft mehr vorhanden. Es liesse sich allerdings erwägen, ob nicht die bisherigen Goldmünzen entsprechend dem neuen Goldgehalt des Frankens vom Staate tarifiert oder ob nicht neue Goldmünzen, die dem heutigen Goldwert des Frankens entsprechen, geprägt und ausgegeben werden sollten. Da heute und wohl auch für die nächste Zukunft die Voraussetzungen hiezu nicht gegeben sind, ist die Beibehaltung des gesetzlichen Kurses der Noten unumgänglich.

i Dazu tritt noch folgendes: Mit der Verfügung des gesetzlichen Kurses der Banknoten im September 1936 wurde, wie schon 1914, die Nationalbank auch der Verpflichtung enthoben, ihre Noten einzulösen, mit andern Worten, es wurde für die Banknote der sogenannte Zwangskurs eingeführt: Dieser setzt aber den gesetzlichen Kurs voraus, weil sonst die Verwendung der Note als Zahlungsmittel beeinträchtigt wäre. Solange der Zwangskurs der Note besteht, muss daher auch der gesetzliche Kurs aufrecht erhalten bleiben. Und so erhebt sich die Frage, ob es nach Hinfall des Abwertungsbeschlusses möglich sein wird, auf den Zwangskurs der Note zu verzichten, d. h. die Noteneinlösung, sei es in der vor 1986 bestehenden Form, sei es in anderer Weise, wieder einzuführen.

Vor der Abwertung hatte die Nationalbank die Verpflichtung, ihre Noten nach eigener Wahl in Goldmünzen, Goldbarren oder Golddevisen einzulösen. Da gegenwärtig in keinem Lande mehr von der Notenbank Gold an Private abgegeben wird, eine Golddevise im Sinne des Nationalbankgesetzes somit faktisch nicht mehr besteht, hätte die Nationalbank nach dem Hinfall des Abwertungsbeschlusses die Verpflichtung, ihre Noten jederzeit gegen Gold zurückzunehmen.

Bei dem gegenwärtigen grossen Goldbestand wäre, rein währungstechnisch betrachtet, die Nationalbank in der Lage, ihre Noten in Gold einzulösen, zumal ihr immer noch frei bliebe, die Noten nur gegen Goldbarren entgegenzunehmen und damit die Einlösungsbegehren in gewissen Schranken zu halten.

Weit wichtiger ist jedoch die andere Frage, ob eine Goldabgabe auch währungspolitisch zu ' verantworten wäre.

' . : . . .

; Eine Wiedereinführung des Goldumlaufes und der Einlösung der Noten in Gold kommt bei den gegenwärtigen Verhältnissen namentlich aus zwei Gründen nicht in Betracht. Die eigentliche und normale Aufgabe der Goldmünze, gleich wie die
der Banknote und der Scheidemünze, ist die, als Geld, d.h. als Zahlungsmittel zu dienen. Wie die Erfahrungen der letzten Jahre deutlich gezeigt haben, wird aber heute Gold ausschliesslich zu Hortungszwecken oder zur unerlaubten; Ausnützung von Preisdifferenzen erworben.

Praktisch wäre also die Goldmünze gar nicht in der Lage, ihren Zweck als Zahlungsmittel zu erfüllen, weil sie sofort aus der Zirkulation verschwinden würde. Für so lange, als dieser Zustand, der auf die ungleiche Verteilung der Weltgoldbestände zurückzuführen ist, andauert, ist es daher nicht ratsam, Goldmünzen in Zirkulation zu setzen oder gegen Noten abzugeben; dies um so weniger, als sie zum überwiegenden Teil ins Ausland abfliessen würden. Der zweite Hauptgrund/weshalb für die nächste Zeit eine Goldabgabe in gemünzter

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Form nicht in Frage kommen kann, ist der. dass die während des Krieges, entstandenen Zahlungsbilanzüberschüsse früher oder später einer Gegenbewegung Platz machen könnten, womit die Notenbank gezwungen wäre, ihre Währungsreserven teilweise zur Abdeckung von Zahlungsbilanzdefiziten einzusetzen. Die Erhaltung der Zahlungsbereitschaft im internationalen Verkehr hat ein'er durch keine wirtschaftliche Notwendigkeit oder Wünschbarkeit zu begründenden Abgabe von Goldmünzen unter allen Umständen vorzugehen.

Die Schweiz wird daher so lange nicht zu einer Goldumlaufswährung und zu einer Wiedereinlösung der Noten zurückkehren können, als die Voraussetzungen hiefür nicht auch für die massgebenden übrigen Währungen geschaffen sind. So wie die Verhältnisse heute liegen, kann eine Aufhebung des Zwangskurses der Noten bis auf weiteres nicht in Frage kommen. In diesem - Falle aber muss, wie bereits dargelegt, auch der gesetzliche Kurs der Banknote weiter beibehalten werden.

Wenn festgestellt wurde, dass die Note nicht wohl Zwangskurs haben kann, ohne dass sie gleichzeitig gesetzlichen Kurs hat, so ist es anderseits durchaus denkbar, dass die Banknote, ob sie nun einlösbar ist oder nicht, gesetzlichen Kurs hat. Der Grund dafür, dass bei uns die Note bisher ordentlicherweise keinen gesetzlichen Kurs hatte, ist auf die Bedeutung und den Charakter der Banknote in der Zeit der Entstehung der Verfassungsbestimmung zurückzuführen. Das gebräuchliche Zahlungsmittel waren damals die Münzen. Die Note wurde als ein blosses Geldersatzmittel oder Geldzeichen betrachtet. Geld war die Münze, namentlich die Goldmünze. Diese hatte, neben dem silbernen Fünffrankenstück, unbeschränkte gesetzliche Zahlkraft, eine Eigenschaft, die ihr nach damaliger allgemeiner Vorstellung weniger kraft Gesetzes, sondern auf Grund der Übereinstimmung des nominellen Wertes mit dem, .Metallwert zukam. Der Wert der Banknote hingegen, die praktisch keinen Stoffwert hat, beruhte auf der jederzeitigen Einlösbarkeit in Gold und auf den strengen Deckungsvorschriften.

Seit 1914, in welchem Jahre erstmals der gesetzliche Kurs verfügt wurde, hat in der Verwendung der Banknote sowohl wie in der Auffassung, die die Allgemeinheit von der Note hat, ein entscheidender Wandel stattgefunden. Er nahm seinen Anfang im ersten Weltkrieg, als das Gold aus dem Verkehr
verschwand und man sich schon aus diesem Grunde besser an die Banknote gewöhnte. Insbesondere aber ist diese Entwicklung gefördert worden durch den immer gr.össeren Geldbedarf der Wirtschaft und des Staates sowie durch die Änderung der Zahlungsgewohnheiten. Die Note ist heute das meistverwendete allgemeine Zahlungsmittel. Geld begriff lieh gesehen ist die Note damit faktisch -- und seit der im Verlauf der dreissiger Jahre überall verfügten Suspendierung der Einlösungspflicht auch rechtlich. -- vom Geldersatzmittel zum eigentlichen, staatlich anerkannten Geld geworden.

Eine Änderung der Verfassung in dem Sinne, dass der gesetzliche Kurs der Note jederzeit und nicht bloss in einer Kriegsnotzeit verfügt werden kann,

701 drängt sich somit auch unabhängig von der Frage auf, ob die Noteneinlösung suspendiert bleiben soll oder nicht. Sie würde die folgerichtige Anerkennung der vorerwähnten Entwicklung und eines Sachverhaltes bedeuten, wie er sich heute ausnahmslos in allen Ländern vorfindet. Auch würde damit nur ein Gedanke verwirklicht, wie, er schon anlässlich der letzten Teilrevision des Nationalbankgesetzes in der Botschaft des Bundesrates vom 8. Oktober 1929 mit der Feststellung ausgesprochen worden war, dass «im Prinzip auch unsere Banknote den gesetzlichen Kurs besitzen sollte». Wenn damals auf die Überführung des gesetzlichen Kurses der Note ins ordentliche Verfassungsrecht verzichtet wurde, so geschah dies einzig deshalb, um die vorgeschlagene Teilrevision des Nationalbankgesetzes nicht durch eine Änderung der Verfassung zu verzögern.

Sowohl 1914 als auch 1936 hat der Bundesrat mit der Verfügung des gesetzlichen wie des Zwangskurses der Noten die Nationalbank verpflichtet, die gesetzliche Deckung d e r ; Noten aufrechtzuerhalten. Wenn nunmehr dem Bunde die verfassungsmäßige Befugnis eingeräumt werden soll, die Pflicht zur Annahme der Banknoten jederzeit zu verfügen, ist es wünschenswert, wenn daran schon in der Verfassung die.Bedingung geknüpft wird, dass der Bundesgesetzgeber eine genügende Deckung vorschreibt. Das würde nicht nur Gültigkeit haben für die von der zentralen Notenbank ausgegebenen Banknoten, .sondern auch für andere, vom Staat direkt ausgegebene gleichartige Geldzeichen, wie sie beispielsweise während des ersten Weltkrieges zur Ausgabe gelangten (Bundeskassen- und Darlehenskassenscheine). Eine solche Sicherung zugunsten des Noteninhabers ist im Interesse eines gesunden Geldwesens geboten.

; Die Ordnung der übrigen mit der Notenausgabe zusammenhängenden Fragen, wie namentlich derjenigen nach Art und Umfang der Notendeckung, der Einlösung oder Nichteinlösung sowie des Bückrufes, sollen wie bis anhin der Bundesgesetzgebung vorbehalten bleiben.

Aus den vorstehend angeführten Gründen schlagen wir folgende Fassung von Absatz 6 des Verfassungsartikels vor: «Der Bund kann die Banknoten und andere gleichartige Geldzeichen als gesetzliche Zahlungsmittel erklären. Er schreibt hiefür eine genügende Deckung vor.» 7. Ausführung der Verfassungsbestimmung Nach dem bestehenden Absatz 7 des Verfassungsartikels
hat die Bundesgesetzgebung über den Sitz der Bank, deren Grundlagen und Organisation sowie über die Ausführung dieses Artikels überhaupt das Nähere zu bestimmen. Wir halten dafür, dass der Text dieser Vollzugsvorschrift ohne Beeinträchtigung des materiellen Inhalts auf den Satz beschränkt werden kann, die Bundesgesetzgebung werde über die Ausführung des Verfassungsartikels das Nähere bestimm'en.

,

702 Wir haben die Ehre, Ihnen auf Grund vorstehender Erwägungen den Entwurf zum Bundesbeschluss über die Revision von Artikel 39 der Bundesverfassung zur Annahme zu empfehlen und benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 5. November 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Celio Der Bundeskanzler: Leimgruber

703 (Entwurf)

,

Bundesbeschluss über

die Revision von Artikel 39 der Bundesverfassung betreffend die Schweizerische Nationalbank

Die Bundesversammlung | der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel 85, Ziffer 14, Artikel 118 und Artikel 121, Absatz l, der Bundesverfassung,!

nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. November 1948, beschliesst:

Art. l ', Der Artikel 39 der Bundesverfassung wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Artikel 39.

!

Das Eecht zur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen steht ausschliesslich dem Bunde zu.

2 Der Bund kann das" ausschliessliche Eecht zur Ausgabe von Banknoten durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben oder, unter Vorbehalt des Eückkaufsrechtes, einer zentralen Aktienbank übertragen, die unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwaltet wird.

3 Die mit dem Notenmonopol ausgestattete Bank hat die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern.

4 Der Beingewinn der Bank über eine angemessene Verzinsung beziehungsweise eine angemessene Dividende des Dotations- oder Aktienkapitals und die nötigen Einlagen in den Beservefonds hinaus kommt wenigstens zu zwei Dritteilen den Kantonen zu.

8 Die Bank und ihre Zweiganstalten dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden.

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Der Bund kann die Banknoten und andere gleichartige Geldzeichen als gesetzliche Zahlungsmittel erklären. Er schreibt hiefür eine genügende Deckung vor.

7 Die Bundesgesetzgebung wird über die Ausführung dieses Artikels das Nähere bestimmen.

Art. 2 Dieser Beschluss wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet.

: Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Revision von Artikel 39 der Bundesverfassung betreffend die Schweizerische Nationalbank (Vom 5. November 1948)

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1948

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11.11.1948

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693-704

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