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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Gebührengesetzes.

(Vom 5. Mai 1922.)

1. Allgemeines.

Anlässlich der Genehmigung der Staatsrechnung für das Jahr 1919 hat der Nationalrat folgendes Postulat aufgestellt (Beschluss vom 22. September 1920) : «Der Bundesrat wird eingeladen, soweit den Auslagen Gebühren gegenüberstehen, wie auch beim Verkauf von Drucksachen usw., durch Erhöhung der Einnahmen diese mit den Ausgaben möglichst in Einklang zu bringen.» Wir haben daraufhin die Departemente und Verwaltungsabteilungen eingeladen, zu prüfen und uns zu berichten, ob nicht für die Besorgung gewisser, in ihren Tätigkeitskreis fallender Geschäfte, die bis anhin gebührenfrei waren, in Zukunft Gebühren gefordert werden könnten, sowie, ob und inwieweit die schon bestehenden Gebühren den gegenwärtigen Verhältnissen angepasst werden sollten.

Auf Grund der Anträge der Departemente haben wir sodann auf dem Verordnungswege verschiedene neue Gebühren eingeführt und die gegenwärtig in bundesrätlichen Erlassen vorgesehenen Gebühren den infolge der Geldentwertung veränderten Verhältnissen angepasst. Nähern Aufschluss hierüber gibt unser Geschäftsbericht über das Jahr 1921, der auch eine Aufzählung der in Betracht kommenden neuen und revidierten Beschlüsse enthält.

Nicht so einfach gestaltet sich die Eevision derjenigen Gebühren, ·die in Gesetzen festgelegt sind, da hier eine Änderung der Gesetze selbst notwendig ist. Es entstand daher die Frage, ob es sich im Interesse einer möglichst raschen Durchführung dieser Revision nicht empfehlen würde, die Kompetenz zur Erhebung neuer und zur Abänderung bestehender Gebühren ausschliesslich in die Hand des

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Bundesrates zu legen. Für eine solche Eegelung sprechen namentlich folgende Erwägungen.

Das Gebührenrecht soll eine gewisse Elastizität und Anpassungsfähigkeit besitzen. Es muss die Möglichkeit bestehen, je nach den besondern Verhältnissen und Bedürfnissen Gebühren zu erhöhen, herabzusetzen oder ganz aufzuheben oder neue Gebühren einzuführen.

Es liegt auf der Hand, dass hierfür der Weg der Gesetzgebung zu schwerfällig ist, und dass als einfache, praktische Lösung die Verweisung des Gebührenrechtes in das Verordnungsrecht in Betracht kommt. Nur auf diese Weise lässt sich eine einheitliche Gestaltung des Gebührenwesens und eine rasche Anpassung der Gebührenansätze an die gegebenen Verhältnisse herbeiführen.

Schon jetzt ist eine grosse Anzahl von auf Bundesrecht beruhenden Gebühren in Verordnungen geregelt, zum Teil gestützt auf eine gesetzliche Ermächtigung, zum Teil ohne eine solche. Dem Gedanken, dass die Eegelung des Gebührenwesens in das Verordnungsrecht gehöre, hat der Bundesgesetzgeber in einer Eeihe von Bestimmungen Ausdruck gegeben, so in Art. 16 des Bundesgesetzea über Schuldbetreibung und Konkurs, Art. 859, Abs. 4, des Obligationenrechtes, Art. 5 des Bundesgesetzes über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen.

Wir erinnern ferner an die von Ihren Eäten unterm 12. Dezember 1919 beschlossene Aufhebung des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1879 betreffend den Bezug von Kanzleisporteln, wodurch der Bundesrat die Befugnis erhielt, die Gebühren der Bundeskanzlei selbst festzusetzen (siehe unsere Botschaft vom 25. November 1919, Bundesbl.

1919, V, 638). Weiter ist darauf hinzuweisen, dass in den Entwürfen eines Postverkehrs- und eines Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetzes, die zurzeit vor Ihren Eäten liegen, vorgesehen ist, dass die Taxen im Gesetze, alle Gebühren dagegen in der Postordnung, somit vom Bundesrate festgesetzt werden sollen.

Diese Erwägungen haben uns von der Zweckmässigkeit des Erlasses eines Gesetzes, das den Bundesrat zur Eegelung des Gebührenwesens innert gewisser Schranken ermächtigt, überzeugt.

Wir haben infolgedessen den Entwurf zu einem solchen Gesetze ausgearbeitet und beehren uns, Ihnen denselben zur Genehmigung zu unterbreiten.

Dabei möchten wir nicht unterlassen, zu bemerken, dass wir durch unsern Antrag keineswegs bezwecken,
sämtliche in Gesetzen festgelegten Gebühren in einem dem gegenwärtigen Stande der Geldentwertung entsprechenden Masse zu erhöhen, vielmehr waltet die Absicht ob, in jedem einzelnen Falle sorgfältig abzuwägen, ob und inwieweit die Verhältnisse eine Änderung im Ausmasse rechtfertigen.

85 2. Verïassungsmassigkeit der Vorlage.

In der Bundesverfassung fehlt eine ausdrückliche Norm, die den Bund zum Erlass des Gebührengesetzes ermächtigt. An solchen Bestimmungen fehlt es aber auch auf den Gebieten, wo durch Bundesgesetz Gebühren festgesetzt worden sind. Art. 84, Abs. 2, der Bundesverfassung beispielsweise überträgt dem Bunde die Aufsicht über die Auswanderungsagenturen und die privaten Versicherungsunternehmungen, ohne Gebühren zu erwähnen. Trotzdem werden im Bundesgesetz betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen vom 22. März 1888 (Art. 3, Abs. 2), im Bundesgesetz betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens vom 25. Juni 1885 (Art. 12, Abs. 2) und im Bundesgesetz über die Kautionen von Versicherungsgesellschaften vom 4. Februar 1919 (Art. 25, Abs. 2) Gebühren -- und zwar zum Teil sehr hohe -- festgesetzt. Das nämliche ist der Fall auf dem Gebiete des Markenschutz- und Patentrechtes ; auch hier räumt die Bundesverfassung (Art. 64) dem Bunde lediglich das Gesetzgebungsrecht ein, ohne auf die Gebühren Eücksicht zu nehmen ; nichtsdestoweniger sind in den Ausführungsgesetzen die vom Amte für geistiges Eigentum zu erhebenden Gebühren geordnet worden (vgl. Art. 11, 14, 15 des Bundesgesetzes betreffend die Erfindungspatente vom 21. Juni 1907, Art. 8, 12, 16 des Bundesgesetzes betreffend den Schutz der Fabrikund Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen vom 26. September 1890). Bei der Aufstellung der Verfassungsbestimmungen sowohl als auch beim Erlasse der Ausführungsgesetze ging man von der Erwägung aus, dass, sofern dem Bunde das Gesetzgebungsrecht zustehe, er nicht nur die Materie selbst, sondern auch die Gebühren ordnen dürfe, mit Eücksicht darauf, dass diese mit jener in einem untrennbaren Zusammenhange stehen und dass das Gebührenwesen zudem als eine Angelegenheit nebensächlicher Natur zu betrachten sei. Da die Tätigkeit der Bundesverwaltung ausschliesslich auf der Bundesgesetzgebung beruht, kann der Gesetzgeber nicht nur Eechtssätze über die der Bundesverwaltung-obliegende Tätigkeit, sondern auch über die vom Bürger als Gegenleistung für diese Tätigkeit zu entrichtenden Gebühren aufstellen. Hieraus folgt, dass allerdings das Gebührengesetz nicht auf eine einzige, bestimmte Verfassungsvorschrift gestützt werden kann;
vielmehr beruht es, da es sich nur mit den Gebühren der Bundesverwaltung befasst, auf allen denjenigen Bestimmungen der Bundesverfassung, durch welche -- sei es unmittelbar, sei es durch Vermittlung eines Ausführungsgesetzes -- der Bundesverwaltung eine Verwaltungstätigkeit zugewiesen wird.

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Dadurch, dass der Entwurf sich nicht auf eine, sondern auf eine ganze Anzahl von Verfassungsvorschriften gründet, wird seine Verfassungsmässigkeit in keiner Weise berührt.

3. Geltungsbereich des Gesetzes.

Der Geltungsbereich des Gesetzes wird bestimmt einerseits durch die Auslegung des Begriffes der Gebühr, anderseits durch die im Gesetze selbst über die Zuständigkeit des Bundesrates zur Eegelung des Gebührenwesens aufgenommenen Vorschriften.

Von einer Umschreibung des Begriffes der Gebühr im Gesetze haben wir abgesehen, weil dieser Begriff im Sinne des eidgenössischen Eechtes sich sehr schwer feststellen lässt und die Umschreibung zudem kaum erschöpfend sein könnte. Die moderne Verwaltungsrechtswissenschaft versteht im allgemeinen unter Gebühr das Entgelt, das der Bürger für die besondere Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung zu leisten hat. Der Entwurf findet daher nicht Anwendung einerseits auf Vermögensleistungen, die der Bürger dem Staate gestützt auf einen von ihm mit diesem abgeschlossenen zivilrechtlichen Vertrag zu machen hat (Abgabe von Drucksachen etc.), anderseits auf Vermögensleistungen, zu denen der einzelne gegenüber dem Staate verpflichtet ist, ohne dass dieser seinerseits eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Gegenleistung macht (direkte und indirekte Steuern).

Darüber, wie weit die Kompetenz des Bundesrates zur Eegelung des Gebührenwesens reichen soll, geben die Artikel l und 2 des Entwurfes Aufschluss. Sie beschränken das Anwendungsgebiet, des Gesetzes auf die Bundesverwaltung im engern Sinne. Die Eeichweite wird aber noch verengert durch verschiedene Ausnahmen, die zugunsten einzelner Verwaltungen und Gebührenarten vorgesehen sind.

Aus dieser Kompetenzausscheidung ergibt sich, dass der Entwurf die Gebühren nicht regelt, die bezogen werden: 1. von den eidgenössischen Gerichtsbehörden (Bundesgericht und Versicherungsgericht); 2. von den mit eigener juristischer Persönlichkeit ausgestatteten Anstalten (Nationalbank, Unfallversicherungsanstalt), mit Ausnahme der Alkoholverwaltung, die nach Art. 33 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesverwaltung vom 26. März 1914 eine Abteilung des Finanzdepartements bildet; 3. von der Post-, Telegraphen- und Telephon Verwaltung ; 4. von den schweizerischen Bundesbahnen; 5. von den kantonalen Behörden gestützt auf eidgenössische Gebührentarife für ihnen gemäss Bundesrecht obliegende Funktionen

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(Handelsregister, Güterrechtsregister, Register der Viehverpfändungen, Schuldbetreibungs- und Konkurswesen).

Ausserdem sind vom Entwurfe ausgenommen die zollstatistische Gebühr und die Alkoholmonopolgebühren.

Wir halten es ohne weiteres für gerechtfertigt, dass die Gerichtsgebühren, die naturgemäss einen untrennbaren Bestandteil jedes Prozessgesetzes bilden, auch künftig der Gesetzgebung überlassen bleiben. Die das Bundesgericht betreffenden Gebühren beruhen auf ·den Bestimmungen der Organisationsgesetznovelle vom 25. Juni 1921 und sind bereits dem neuen Geldwerte angepasst worden. Beim Versicherungsgericht handelt es sich einzig um die Gerichts- und Kanzlei.gebühren, die in Art. 112, lit. b und c, des Bundesbeschlusses betreffend die Organisation und das Verfahren des Versicherungsgerichtes vom 28. März 1917 festgelegt sind.

Bei der Nationalbank und der eidgenössischen Unfallversicherungsanstalt sprechen ebenfalls sachliche Gründe dafür, die Gebührenfestsetzung nicht als Sache des Bundesrates zu erklären.

Hinsichtlich der Gebühren der Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung sehen die Entwürfe eines Postverkehrs- und eines Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetzes, die zurzeit vor Jhren Katen liegen, vor, dass die Taxen im Gesetz, die Gebühren in den bundesïatlichen Vollziehungsverordnungen festgesetzt werden sollen. Dieser Regelung hätte es entsprochen, wenn vom Gebührengesetz einzig die Post-, Telegraphen-und Telephontaxen ausgenommen worden wären.

Allein die Abgrenzung zwischen Taxe und Gebühr würde hier grosse Schwierigkeiten bieten, zumal man es bei den Posttaxen ebenfalls mit Gebühren zu tun hat. Die Postverwaltung selbst weiss für die Posttaxen keine andere Definition als die, dass sie die Gegenleistung für die hauptsächlichsten Postleistungen bilden, während die Gebühren für Leistungen geringerer Bedeutung erhoben werden (vgl.

unsere Botschaft vom 28. Oktober 1921 über das Postverkehrsgesetz, Ausführungen zu Art. 68; Bundesbl. 1921, IV, 685). Mit Bücksicht hierauf und weil schon jetzt die meisten Postgebühren sowie sämtliche im Telegraphen- und Telephonverkehr erhobenen Gebühren vom Bundesrate festgesetzt werden, empfiehlt es sich, das ganze Post-, Telegraphen- und Telephonwesen als nicht unter den Entwurf fallend zu erklären.

Die Eisenbahntaxen sind im Bundesgesetz betreffend
das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen vom 27. Juni 1901 geordnet.

Abgesehen von andern Gründen erschiene es schon aus allgemeinen politischen Erwägungen nicht angängig, die Regelung dieser Taxen dem Bundesrate zu übertragen.

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Zur Ordnung der unter Ziffer 5 hiervor genannten Gebühren ist der Bundesrat schon jetzt, gestützt auf besondere gesetzliche Ermächtigung, befugt.

Die zollstatistische Gebühr, die der Entwurf als nicht unter das Gesetz fallend erklärt, stützt sich auf Art. 14 des Bundesgesetzes betreffend den schweizerischen Zolltarif vom 10. Oktober 1902, abgeändert durch Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1916. Bei dieser Abgabe handelt es sich nach unserm Dafürhalten eher um eine indirekte Steuer als um eine Gebühr," so dass der Bundesrat schon bei richtiger Auslegung des in der Verwaltungsrechtswissenschaft anerkannten Begriffes der Gebühr zur Ordnung der zollstatistischen Gebühr nicht befugt wäre. In Anbetracht des Umstandes jedoch, dass diese Abgabe Gebühr genannt wird, hielten wir es für angezeigt, im Entwurfe einen ausdrücklichen Vorbehalt zu machen.

Ähnliche Erwägungen haben dazu geführt, die Alkoholmonopolgebühren vom Entwurfe auszunehmen. Das Alkoholgesetz vom 29. Juni 1900 delegiert für die Herstellung und Einfuhr gewisser Arten gebrannter Wasser die Monopolrechte des Bundes gegen Auflage besonderer Bedingungen und gegen Bezahlung von Monopolgebühren an Privatpersonen. Ob diese Monopolgebühren daher als «Gebühren» im verwaltungsrechtlichen Sinne betrachtet werden können, erscheint wenigstens fraglich. Die Alkoholverwaltung hat sich gegen diese Annahme ausgesprochen. Mit Eücksicht hierauf, sowie in Anbetracht der Bedeutung dieser Gebühren dürfte es sich rechtfertigen, deren Pestsetzung auch in Zukunft den gesetzgebenden Behörden vorzubehalten.

Bei Annahme unserer Vorlage würde nach den vorstehenden Ausführungen dem Bundesrat künftig die Eegelung folgender gegenwärtig in Gesetzen festgelegten Gebühren übertragen: Gebühr für die Erteilung der bundesrätlichen Einbürgerungsbewilligung (Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe, vom 25. Juni 1908).

Gebühr für die Erteilung eines Patentes zur Ausübung des Geschäftsbetriebes einer Auswanderungsagentur (Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen, vom 22. März 1888).

Staatsgebühr betreffend die Aufsicht über die Versicherungsunternehmungen (Art. 12 des Bundesgesetzes betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens, vom 25. Juni 1885, und Art. 25 des Bundesgesetzes über die Kautionen der Versicherungsgesellschaften, vom 4. Februar 1919).

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Gebühr für die Einschreibung literarischer und künstlerischer "Werke (Art. 3, Abs. 3, des in Eevision befindlichen Bundesgesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst, vom 23. April 1883).

Gebühren für die Anmeldung, Aufrechterhaltung oder Umwandlung von Patenten (Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend die Erfindungspatente, vom 21. Juni 1907).

Gebühren für die Eintragung, Übertragung und Erneuerung Ton Marken (Art. 8, 12 und 16 des Bundesgesetzes betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen, vom 26. September 1890).

Konzessionsgebübr für Eisenbahnen (Art. 19, Abs. 3, des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 23. Dezember 1872).

Gebühren für die Konzessionierung von Transportanstalten {Art. 2 des Bundesgesetzes betreffend die Gebühren für Konzessionen von Transportanstalten, vom 18. Juni 1914).

Gebühren für staatsrechtliche Beschwerden an den Bundesrat oder -- soweit eine Delegation der Entscheidungskompetenz stattgefunden hat -- an ein Departement (Art. 221, Abs. 7, des Bundesgesetzes betreffend die Organisation der Bundesrechtspflege vom 52. März 1893/25. Juni 1921).

4. Kostenvorschuss zur Sicherstellung des Gebährenbezuges.

Im Staats- und verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren iommt es öfters vor, dass in Anwendung der Bestimmungen von Art. 221 des Bundesgesetzes über die Organisation der BundesTechtspflege vom 22. März 1893/25. Juni 1921 und des BundesTatsbeschlusses betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens und den Bezug von Kanzleigebühren in 'der Bundesverwaltung, vom 15. Juli 1921, der unterliegenden Partei eine Spruchgebühr und die Kanzleigebühren auferlegt werden. Der Bezug dieser Gebühren geschah bis anhin vielfach in der Weise, dass der Eekursentscheid der betreffenden Partei gegen Nachnahme des Gebührenbetrages .zugestellt wurde. Dieses Verfahren hat sich in vielen Fällen, namentlich in Handelsregisterrekurssachen, als unwirksam erwiesen, wohl ·deswegen, weil die an solchen Eekursen beteiligten Parteien sich oft in Zahlungsschwierigkeiten befinden. Die zugestellten Nachnahmen werden häufig nicht eingelöst, und es bedarf oft eines umständlichen Schriftenwechsels, sowie der Androhung von Betreibungsmassnahmen, um die Gebühr erhältlich zu machen. Diese Nachteile lassen sich

90 in der Mehrzahl der Fälle dadurch beseitigen, dass die zuständige Amtsstelle ermächtigt wird, vom Eekurrenten die Leistung einesKostenvorschusses unter der Androhung zu verlangen, dass die Nichtleistung desselben als Rückzug der Beschwerde betrachtet werde..

Wir haben eine solche Bestimmung in unsern Entwurf zu einem Gebührengesetz aufgenommen.

5. Beschwerdeverîahren. Eintreibung der Gebühren.

Hinsichtlich der Erledigung von Anständen, die sich aus dem Vollzuge des Gesetzes ergeben können, ist folgendes zu bemerken: Gegen Gebührenverfügungen der Departemente und ihrer Abteilungen bleibt die Beschwerde an das Departement beziehungsweise an den Bundesrat gemäss Art. 23, Abs. 2, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesverwaltung offen. Diese Beschwerde kann sich beziehen sowohl auf die Sache selbst als auf die erhobene Gebühr. Da das genannte Organisationsgesetz die Beschwerde nicht befristet und es im Interesse der Finanzverwaltung hegt, dass die Gebührenverfügungen rechtskräftig werden, insbesondere der Gebührenvollstreckung wegen, haben wir in Art. 4 des Entwurfes eine Beschwerdefrist von zehn Tagen vorgesehen, jedoch mit der Einschränkung, dass, wenn für die Weiterziehung der gebührenpflichtigen Verfügung durch besonderes Gesetz eine Beschwerdefrist angesetzt ist, diese auch für die Weiterziehung des Gebührenentscheides (so< z. B. in Handelsregistersachen) gilt.

Die Eintreibung der Gebühren erfolgt auf dem ordentlichen Betreibungswege; die Schaffung eines besondern Gebührenexekutionsverfahrens erscheint uns nicht notwendig. Dagegen enthält der Entwurf eine Bestimmung, wonach die rechtskräftigen Gebührenverfügungen gerichtlichen Urteilen im Sinne des Schuldbetreibungsund Konkursgesetzes gleichgestellt sind.

Indem wir Ihnen den Gesetzesentwurf zur Annahme empfehlen,, benützen wir diesen Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 5. Mai 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: iDr. Haab.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

ßimdesgesetz über

die Erhebung von Gebühren in der Bundesverwaltung.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Bestimmungen der Bundesverfassung, aus welchen sich eine Verwaltungstätigkeit der Bundesverwaltung herleitet, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 5. Mai 1922, beschliesst :

Art. 1.

Der Bundesrat wird ermächtigt, für die Behandlung von Angelegenheiten, die in den Geschäftsbereich des Bundesrates, der Departémente oder einer ihnen untergeordneten Amtsstelle fallen, Gebühren festzusetzen. Vorbehalten bleiben die Taxen und Gebühren der Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung, die zollstatistische Gebühr und die Alkoholmonopolgebühren.

Art. 2.

Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf das schweizerische Bundesgericht, das eidgenössische Versicherungsgericht und die Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen.

Art. 3.

Im Staats- und verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren ist die zum Entscheide berufene Amtsstelle berechtigt, zu Deckung der Spruchgebühr, der Kanzleigebühren und allfälliger Auslagen von dem Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss zu verlangen unter der Androhung, dass die Nichtleistung des Vorschusses innerhalb der angesetzten Frist als Bückzug der Beschwerde betrachtet würde.

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Art. 4.

Gegen die von den Departementen und den ihnen untergeordneten Amtsstellen erlassenen Gebührenverfügungen kann auf dem ordentlichen Instanzenwege Beschwerde geführt werden. Die Beschwerdefrist beträgt zehn Tage von der Mitteilung der Gebührenverfügung oder des Beschwerdeentscheides an gerechnet, sofern für die Weiterziehung der Hauptsache keine andere Frist aufgestellt ist. In diesem Falle findet die für die Weiterziehung der Hauptsache massgebende Frist auch für die Weiterziehung der Gebührenverfügung Anwendung.

2 Die rechtskräftigen Gebührenverfügungen sind gerichtlichen Urteilen im Sinne von Art. 80 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 gleichgestellt.

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Art. 5.

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind alle damit im Widerspruch stehenden Gesetzesbestimmungen aufgehoben.

2 Die gegenwärtig in Gesetzen vorgesehenen Gebühren, deren Festsetzung nach Massgabe von Art. l hiervor in die Zuständigkeit des Bundesrates fällt, treten auf den Zeitpunkt dieser Neuregelung durch den Bundesrat ausser Kraft.

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Art. 6.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt und setzt den Beginn der Wirksamkeit desselben fest.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Gebührengesetzes. (Vom 5. Mai 1922.)

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