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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues.

(Vom 3. April 1922.)

Durch den Bundesratsbeschluss vom 3. September 1917 wurde eine zwangsweise Ausdehnung des inländischen Getreidebaues von 50,000 ha angeordnet. Gleichzeitig wurden für inländisches Brotgetreide der Ernten 1918 und 1919, das, soweit es den Produzenten nicht zur Selbstversorgung belassen wurde, zur allgemeinen Brotversorgung dem Bunde abzuliefern war, Minimalpreise festgesetzt.

LÌ Anpassung an die allgemeine Marktlage und die erhöhten Verkaufspreise des durch die Monopolverwaltung importierten Weizens erhöhte der Bund in der Folge auch die zum voraus festgesetzten Preise für Inlandgetreide. So wurden schon durch Bundesratsbeschluss vom 24. Mai 1918 die Getreidepreise für 1919 im Sinne einer Erhöhung neu geordnet, und gleichzeitig wurden auch für die Getreideernten 1920 und 1921 Preise festgesetzt.

Angeregt durch ein Postulat des Nationalrates vom 21. Juni 1920 wurden durch Bundesratsbeschluss vom 2. Juli 1920 die Getreidepreise für 1921 im Sinne einer Erhöhung neu geordnet, und gleichzeitig wurden auch für 1922 Preise festgesetzt. Art. l dieses Beschlusses lautet wie folgt: «Der Bund wird für inländisches Brotgetreide der Ernten 1921 und 1922 von landesüblich guter, mahlfähiger Qualität, das ihm zum Kaufe angeboten wird, mindestens nachstehende Preise für je 100 Kilogramm netto, franko verladen Abgangsstation geliefert, bezahlen : Getreidesorte

Ernte 1921 Ernte 1922

"Weizen, sowie Korn (Dinkel, Spelz), entspelzt . Fr. 60 Eoggen ' » 55 Korn (Dinkel, Spelz), unentspelzt . . . .

» 45

Fr. 57 » 52 » 42

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Erfolgt die Abgabe des importierten Monopolgetreides an die inländischen Mühlen zu einem höhern Preise, so wird der Bund im betreffenden Zeitpunkte auch für Getreide inländischer Herkunft diesen höhern Preis bezahlen.» Im Bericht des Bundesrates vom 20. August 1920 an die Bundesversammlung über seinen Beschluss vom 2. Juli 1920 wird ausgeführt, dass die Weltmarktpreise für Brotgetreide gegen Ende 1919 und namentlich in der ersten Hälfte 1920 von neuem gestiegen seien, so dass sie im Frühjahr 1920 mit Fr. 80 und mehr für 100 kg Weizen vorübergehend wieder den Höchststand während des Krieges erreichten. Gegen Ende 1920, namentlich aber von Mitte des Jahres 1921 an, gingen die Weltmarktpreise für Getreide stark zurück. Den Tiefstand erreichten sie im Herbst 1921, als sich 100 kg Weizen franko Schweizergrenze vorübergehend auf etwa Fr. 28 bis 80 stellten. Seither sind sie wieder gestiegen, so dass man zeitweise franko Schweizergrenze neuerdings mit Preisen von Fr. 85 bis 88 rechnen musste. Seit Ende Februar 1922 ist neuerdings ein leichtes Abflauen der Preise eingetreten.

Das Inlandgetreide der Ernte 1921 wurde nach den Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 2. Juli 1920 übernommen. Es gelangten rund 9300 Wagen à 10 Tonnen Weizen, Roggen und Dinkel zur Ablieferung. Der vom Bunde hierfür bezahlte Preis steht durchschnittlich etwa Fr. 25 für 100 kg Weizen über dem allgemeinen Marktpreis.

In weitesten Kreisen besteht die Auffassung, es seien auch für die Zukunft Massnabmen zur Sicherung der Brotversorgung unseres Landes zu treffen, und zwar in weitgehenderem Masse, als es in der Vorkriegszeit der Fall gewesen ist. Diese hätten sich in der Hauptsache auf die Unterhaltung von Getreidevorräten und die Förderung des inländischen Getreidebaues zu erstrecken. Die Vorarbeiten sind im Gange, und eine vom eidgenössischen Ernährungsamt, im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement, schon im Frühjahr 1921 eingesetzte, ausserparlamentarische Expertenkommission wird am 10. April 1922 zu einer zweiten Beratung zusammentreten, um sich neuerdings mit diesen Fragen eingehender zu befassen. Im Anschlüsse hieran wird sodann der Bunclesrat in der Frage Beschlüsse fassen, nachdem er sich bisher auf Beratungen beschränkt hatte. Der Bundesrat hofft, es werde ihm möglich sein, der Bundesversammlung
über die Massnahmen zur Sicherung der Brotversorgung des Landes bis Ende des laufenden Jahres Bericht und Antrag einbringen zu können, wie dies auch von der Neutralitätskommission des Nationalrates gewünscht wird.

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Bei den bisher erfolgten Beratungen schienen die Vertreter aller Kreise darin einig zu sein, dass auch in Zukunft gewisse Massnahmen zur Förderung des inländischen Getreidebaues zu treffen seien. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die gesetzlichen Grundlagen für Massnahmen zur Sicherung der Brotversorgung so zeitig geschaffen werden, um sie schon für die inländische Getreideernte 1928 in Anwendung bringen zu können. Es wird daher zunächst eine provisorische Lösung zu suchen sein. Angesichts der nun auch über die schweizerische Milchwirtschaft hereingebrochenen Krisis erscheint es mehr denn je geboten, den wichtigsten Zweig unseres Ackerbaues, den Getreidebau, zu erhalten und den Getreideproduzenten gewisse Garantien für eine preiswürdige Verwertung des Getreides zu geben. Der Getreidebau und der mit ihm teilweise Hand in Hand gehende Kartoffel- und Gemüsebau bieten sodann auch weit mehr Arbeitsgelegenheit als ein einseitiger Futterbau. Bei den bestehenden Schwierigkeiten der Arbeitsbeschaffung ist diese Tatsache von besonderer Wichtigkeit. Man könnte sich allenfalls mit einer grundsätzlichen Zusicherung, dass der Bund die Verwertung der Getreideernten 1923 und 1924 zu angemessenen Preisen sichern werde, für einmal begnügen, um dann die Preise selbst erst kurz vor der Ernte festzusetzen. Eine solche Praxis würde den Vorteil bieten, dass in jenem Zeitpunkt die Marktverhältnisse überbückt und das mutmassliche Ernteergebnis eingeschätzt werden könnten.

Die Erfahrungen, die man aus der vorzeitigen Festsetzung der Getreidepreise durch den Bundesratsbeschluss vom 2. Juli 1920, sowie bei der Festsetzung der Käsepreise im Herbst 1921 für die ganze Winterproduktion 1921/1922 durch die schweizerische Käseunion gemacht hat, dürften gezeigt haben, wie sehr man sich hierbei täuschen kann und was für Schwierigkeiten daraus entstehen können.

Es ist auch einleuchtend, dass beim nämlichen Getreidepreis der Getreideproduzent bei einer ertragreichen Ernte eine entsprechend bessere Bendite erzielt, als bei einer mittelmässigen oder geringen Ernte. Die Bemessung des Getreidepreises nach dem mutmasslichen Ernteergebnis erschiene daher zweckmässig. In landwirtschaftlichen Kreisen scheint man aber besondern Wert darauf zu legen, dass der Getreidepreis für 1928 und auch für 1924 schon vor der Herbstbestellung 1922 festgesetzt
wird. Man erwartet bei einem solchen Vorgehen eine wirksamere Anbauvermehrung von Getreide,- was zur Milderung der milchwirtschaftlichen Krisis beitragen dürfte und vermehrte Arbeitsgelegenheit bringen wird.

Das eidgenössische Ernährungsamt machte gegenüber den Vertretern der landwirtschaftlichen Organisationen, die schon seit längerer Zeit eine Ausdehnung der Preisgarantie für Getreide wünschten,

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die Anregung, die Landwirtschaft möchte aus eigener Entschliessung zu einer Herabsetzung des für 1922 festgesetzten Preises von Fr. 57 auf mindestens Fr. 50 für 100 kg Weizen Hand bieten, wogegen alsdann der Bund diesen Betrag, vermehrt durch einen weitern Bundeszuschuss, als Überpreis für die Getreideernte 1928 anzulegen hätte.

Während die Mehrheit der landwirtschaftlichen Vertreter von Anfang an grundsätzlich diesen Vorschlag billigte, vertrat man in einzelnen Kreisen die Auffassung, an dem für 1922 festgesetzten Preise von Fr. 57 sollte nicht gerüttelt werden.

In ihrer Sitzung vom 10. März 1922 hat die Neutralitätskommission sich ebenfalls mit Fragen der Getreideversorgung befasst und dabei unter anderm folgendes Postulat aufgestellt : «Der Bundesrat wird eingeladen, bis spätestens zur Junisession einen Bundesbeschluss vorzulegen, der die Getreideversorgung und die Abnahme des Inlandgetreides für 1928 provisorisch regelt.» Die Unterhaltung von Getreidevorräten, die zur Sicherung der Brotversorgung ausreichen, ist durch das gemäss Bundesratsbeschluss vom 9. Januar 1915 geschaffene provisorische Einfuhrmonopol für Brotgetreide garantiert. Die NeutralitätskommisBion vertritt mit dem Bundesrat die Auffassung, dieses Einfuhrmonopol sei bis zur Eegelung der Brotversorgung durch andere, auf der ordentlichen Gesetzgebung beruhende Massnahmen aufrecht zu halten.

Es bliebe somit, um genanntem Postulat gerecht zu werden, die Ordnung der Verhältnisse für die Abnahme des Inlandgetreides.

Das Ernährungsamt veranstaltete Ende Februar 1922 bei den landwirtschaftlichen Organisationen, die sich besonders mit der Förderung des inländischen Getreidebaues und mit der Ablieferung desselben an den Bund befassen, eine Umfrage, um zu ersehen, wie sie sich zu einer Herabsetzung des für 1922 festgesetzten Preises zugunsten einer Ausdehnung der Preisgarantie für 1923 verhalten. Dabei erklärten sich folgende landwirtschaftliche Organisationen grundsätzlich mit einer Herabsetzung des Weizenpreises von Fr. 57 pro 1922 einverstanden: Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften der Zentralschweiz, Luzern; Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften der Nordwestschweiz, Solothurn ; Verband ostschweizerischer landwirtschaftlicher Genossenschaften, Winterthur; thurgauischer landwirtschaftlicher Kantonalverband, Bürglen;
kantonaler landwirtschaftlicher Verein Schaffhausen; Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften des Kantons St. Gallen und benachbarter Gebiete, Azmoos; Vermittlungsstelle des kantonalen landwirtschaftlichen Vereins Graubünden, Landquart; schweizerischer Saatzuchtverband, Brügg; Société cantonale neuchâteloise d'agri-

553 -colture, Neuchâtel; Union suisse des moulins agricoles* Lausanne; Association suisse des sélectionneurs et des cultivateurs des semences améliorées, Vevey. Gegen die Herabsetzung des Preises von Pr. 57 pro 1922 nahmen die folgenden landwirtschaftlichen Organisationen Stellung: Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften von Bern und benachbarter Kantone, Bern; Société vaudoise d'agriculture, Lausanne; Cercle des agriculteurs du canton de Genève; Fédération des sociétés fribourgoises d'agriculture, Fribourg. Alle Organisationen verlangten übereinstimmend eine möglichst bald vorzunehmende Preisgarantie des Bundes für 1928 und tunlichst auch für 1924; überdies wünschen sie Massnahmen für eine dauernde Förderung des inländischen Getreidebaues.

Die Frage der Preisgarantie für Getreide wurde auch anlässlich ·der Verhandlungen mit den Vertretern der Milchproduzentehverbände über die Bundeshilfe zur Milderung der milchwirtschaftlichen Krisis erörtert. Dabei kam übereinstimmend die Meinung zum Ausdruck, dass die vom Ernährungsamt vorgeschlagene Änderung der Getreidepreise gerechtfertigt und durch die Verhältnisse gegeben ^erscheine. Es würde in weiten Kreisen nicht recht verstanden, wenn der Bund zur Milderung der milchwirtschaftlichen Krisis auf der einen Seite grosse Opfer bringen würde, ohne auf der andern Seite ·eine Korrektur der für 1922 festgesetzten Getreidepreise vorzunehmen.

Das grosse Missverhältnis des für 1922 festgesetzten Preises für In'landgetreide zu den allgemeinen Marktpreisen zeitigt bekanntlich auch für die Landwirtschaft, namentlich in ihren Beziehungen zur Kundenmüllerei, zur Selbstversorgung der Getreideproduzenten mit Brot und betreffend die Landesversorgung mit Futtergetreide, gewisse Schwierigkeiten.

In landwirtschaftlichen Kreisen legt man den grössten Wert darauf, dass die Getreideproduzenten möglichst bald für eine längere Zeit gewisse Preisgarantien erhalten. Diese Forderung ist angesichts der Schwierigkeiten einer Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion und der hierfür notwendigen Zeiträume verständlich. Die Konzession, die von den Produzenten auf dem für 1922 festgesetzten Getreidepreis gemacht wird, rechtfertigt auch gewisse Garantien, die für 1928 und 1924 vorgeschlagen werden.

Der inländische Getreidebau wird der fremden Konkurrenz auch in Zukunft nicht
gewachsen sein, wenn ihm nicht ein angemessener Schutz zuteil wird. Dieser Schutz müsste durchschnittlich wohl mindestens so hoch sein wie in den benachbarten Staaten, in denen der Getreidebau auch vor 1914 zum Teil einen recht ansehnlichen Zollschutz genossen hat. Es sollte den schweizerischen Getreideproduzenten ein Preis gesichert werden können, der unter normalen

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Anbau- und Absatzverhältnissen mindestens die Produktionskosten zu decken vermag. Es soll damit keineswegs die Anpflanzung von Getreide unter Bodenverhältnissen angeregt werden, wo der 'Getreidebau nicht hingehört. Aber unter Boden- und Kliroabedingungen, die ihm im allgemeinen günstig sind, sollte er den Produzenten eine bescheidene Eendite ermöglichen. Der Zuschlag, der zum mittleren Preise von importiertem Weizen, franko Schweizergrenze berechnet, zugunsten des Inlandgetreides gemacht werden müsste, wird in Fachkreisen auf Fr. 5--10 für 100 kg bewertet. Er wird in der Übergangsperiode höher zu bemessen sein als in normalen Zeiten, für die etwa Fr. 7 ausreichen sollten.

Nach dem vorliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses werden auf den für 1922 festgesetzten Getreidepreisen Fr. 7 in Abzug gebracht, diese also von Fr. 57 auf Fr. 50 für 100 kg Weizen herabgesetzt. Dagegen wird für die Getreideernten 1928 und 1924 ein Preiszuschlag von Fr. 12, beziehungsweise von Fr. 9 vorgesehen, ein Zuschlag, der somit wesentlich über das normale Mass hinausgeht. Dadurch sollen der Landwirtschaft die für 1922 in Abzug gebrachten Fr. 7 wieder zugeführt, ihr die Überwindung der Krisis erleichtert, und im Interesse unserer gesamten Volkswirtschaft soll durch die Erhaltung und Ausdehnung des Getreidebaues vermehrte Arbeitsgelegenheit geschaffen werden. Die Festsetzung der Minimalpreise von Fr. 45 für 1923 und Fr. 40 für 1924 erfolgt, um den einheimischen Produzenten vor einem neuen, starken Preisrückgang des Getreides auf dem Weltmarkt ausreichend zu schützen. Dies rechtfertigt auch die Aufstellung eines Maximalpreises, der aber voraussichtlich nur bei einer wesentlichen Entwertung des Schweizerfrankens praktische Bedeutung erlangen dürfte.

Die Preisgarantie zugunsten der Produzenten schliesst für den Bund die Abnahmepflicht des Getreides in sich. Um dabei ungebührliche Verluste zu vermeiden, muss sich der Bund auch den Absatz des übernommenen Getreides sichern. Zu diesem Zwecke wäre das Einfuhrmonopol für Brotgetreide so lange beizubehalten, bis die Getreideernte 1924 abgesetzt ist, d. h. etwa bis Mitte 1925. Es ist anzunehmen, dass bis zu diesem Zeitpunkte die für die Sicherung der Brotversorgung endgültig zu treffenden Massnahmen des Bundes in Anwendung kommen werden, so dass alsdann auch der Zeitpunkt gekommen
wäre, in dem die letzten Massnahmen, die sich auf die ausserordentlichen Vollmachten stützen, aufgehoben werden können.

Für den Fall aber, dass schon vor Ablauf der Gültigkeit des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses eine andere Lösung zur Förderung

555 dés inländischen Getreidebaues Gesetzeskraft erhalten sollte, würde diese an die Stelle der durch diesen Beschluss festgesetzten Massnahmen treten (Art. 6).

Die durch den vorgeschlagenen Bundesbeschluss vorgesehene Ordnung der Getreidepreise ist nach Auffassung des Bundesrates in hohem Masse geeignet, zur Milderung der landwirtschaftlichen Krisis beizutragen. Bin Preis von Fr. 50 für 100 kg Weizen, der für die diesjährige Ernte anzulegen wäre, dürfte ausreichen, um die Produktionskosten für Inlandgetreide zu decken, und darüber hinaus einen bescheidenen Unternehmergewinn zu sichern. Auch die für die Ernten 1923 und 1924 anzulegenden Preise werden, nachdem bis zu ihrer Anwendung die landwirtschaftlichen Betriebskosten ebenfalls ·erheblich zurückgegangen sein werden, mindestens die Produktionskosten einzubringen vermögen. Diese Massnahmen bieten auch den grossen Vorteil, dass die Getreidepreise nur schrittweise und in einer für die Landwirtschaft erträglichen Abstufung abgebaut werden.

Der für die Geteideernte 1922 anzulegende Preis, Ankaufs- und Transportkosten mitgerechnet, dürfte voraussichtlich etwa Fr. 16 für 100 kg Weizen über den allgemeinen Marktpreisen stehen. Bei einer Einlieferung von 9000 Wagen à 10 Tonnen würde sich somit eine Mehrausgabe zu Lasten des Kontos der Brotversorgung von Fr. 14,600,000 ergeben. Bei Annahme eines über der allgemeinen Marktlage stehenden Preises von Fr. 13 pro 100 kg Weizen aus der Ernte 1923 ergibt sich eine Mehrausgabe von Fr 11,700,000. Für 1922 dürfte eine Mehrausgabe von rund 10 Millionen Franken resultieren. Die Zinsen und andere Verwaltungsspesen sind dabei nicht berechnet.

Die Mehrauslagen, die durch die Übernahme des Inlandgetreides seit 1920 entstanden sind, wurden bisher Vom Ernährungsamt übernommen und haben bei diesem das Konto der Getreideversorgung mit entsprechenden Mehrausgaben belastet. Es dürfte sich aber empfehlen, in Zukunft die erforderlichen Kredite auszuscheiden und dem Konto der Brotversorgung gutzuschreiben. Der Vorzugspreis für Inlandgetreide würde somit auch in Zukunft die Bundeskasse belasten. Um den Preisabbau und die Verminderung der Lebenskosten nicht zu hemmen, ist aber eine direkte Belastung des Brotkonsumenten nicht vorgesehen.

Für 1922 wären die Mehrausgaben noch auf Eechnung des Ernährungsamtes zu übernehmen und würden
dessen Mehrausgaben entsprechend vermehren, für 1923 und 1924 wären sie dagegen in den Voranschlag der Eidgenossenschaft einzusetzen.

In der Zeit von 1915 bis 1919 wurden für Inlandgetreide in der Kegel Preise bezahlt, die den Abgabepreisen der Monopolverwaltung

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für importiertes Getreide entsprachen. Diese stunden aber durchschnittlich namhaft unter den eigenen Gestehungskosten des Bundes.

Die einheimische Landwirtschaft hat in kritischer Zeit durchEinsetzung ihrer ganzen Kraft unsere Brotversorgung sichern helfen und dabei auf die Ausnützung der Marktkonjunkturen verzichtet.

Ohne die tatkräftige Mitarbeit der gesamten Landwirtschaft wäre unsere Brotversorgung 1918/1919 einer Katastrophe kaum entgangen.

Durch die Annahme des vorliegenden Entwurfes eines Bundesbeschlusses soll der Landwirtschaft, die nun selbst in schwierige Verhältnisse geraten ist, die Anerkennung des Landes zum Ausdruck gebracht werden.

Wir beantragen Ihnen die Genehmigung des mitfolgendea Entwurfes eines Bundesbeschlusses.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 8. April 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesfoeschluss betreffend

die Förderung des inländischen Getreidebaues.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 8. April 1922, beschliesst: Art. 1. Der Bund wird für inländisches Brotgetreide der Ernte 1922 für je 100 kg netto, franko verladen Abgangsstation oder Mühle der Umgebung geliefert, folgende Preise bezahlen: Weizen, sowie Korn (Dinkel, Spelz), entspelzt Fr. 50 Boggen » 45 Korn (Dinkel, Spelz), unentspelzt » 85 Art. 2. Für Inlandgetreide der Ernte 1923 wird der Bund einen Preis anlegen, der Fr. 12 per 100 kg Weizen höher ist, als der durchschnittliche Preis für importiertes Getreide ähnlicher Qualität franko Schweizergrenze. Der anzulegende Preis wird jedoch mindestens Fr. 45 und höchstens Fr. 48 für 100 kg Weizen betragen.

Art. 8. Für Inlandgetreide der Ernte 1924 wird der Bund einen Preis bezahlen, der Fr. 9 per 100 kg Weizen höher ist, als der durchschnittliche Preis für importiertes Getreide ähnlicher Qualität franko Schweizergrenze. Der anzulegende Preis wird jedoch mindestens Fr. 40 und höchstens Fr. 45 betragen.

Art. 4. Die festgesetzten Preise gelten für Getreide von guter, mahlfähiger Qualität, franko verladen Abgangsstation oder Mühle der Umgebung geliefert. Die Preisabstufungen zwischen Weizen, Eoggen und Korn aus der Ernte 1923 und 1924 werden durch den Bundesrat zeitgemäss festgesetzt.

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Die Getreideproduzenten sind berechtigt, zu den festgesetzten Preisen alles selbstgebaute Getreide abzuliefern, das den normalen Bedarf des eigenen Haushaltes übersteigt.

Art. 5. Erfolgt die Abgabe von importiertem Getreide durch die eidgenössische Getreideverwaltung an die inländischen Mühlen zu einem höhern Preise, so ·wird der Bund im betreffenden Zeitpunkte auch für Inlandgetreide, nach Abzug der mittleren Einkaufs- und Transportkosten, diesen höhern Preis bezahlen.

Art. 6. Wenn vor Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Beschlusses andere gesetzliche Bestimmungen für eine dauernde Förderung des schweizerischen Getreidebaues wirksam werden sollten, so ersetzen sie ihn von diesem Zeitpunkte an.

Art. 7. Dieser Beschluss wird dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft. Gleichzeitig wird der Bundesrat seinen Beschluss vom 2. Juli 1920 betreffend die Preise für inländisches Brotgetreide aufheben.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues. (Vom 3. April 1922.)

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