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Bundesblatt 100. Jahrgang.

Bern, den 24. Juni 1948.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 28 Franken im Jahr, 15 Franken Im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. Inserate franko an Stämpfli & de. In Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über einen weitern Kredit für die Förderung des freiwilligen Landdienstes (Vom 22. Juni 1948) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundes beschluss über die Eröffnung eines weiteren Kredites für die Förderung des freiwilligen Landdienstes zu unterbreiten.

L Der Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1946 sieht vor, dass der Bund den freiwilligen Landdienst in Verbindung mit den Kantonen und den beteiligten Verbänden fördert und die Hälfte der dadurch der Öffentlichkeit entstehenden Kosten trägt unter der Voraussetzung, dass die Kantone für die übrige Hälfte aufkommen nach Massgabe der auf ihrem Gebiet geleisteten Landdiensttage.

Zur Durchführung dieser Aufgabe ist dem Bundesrat für die Jahre 1947 und 1948 ein Gesamtkredit von Fr. 500 000 eingeräumt worden. Dio Gewährung eines Bundesbeitrages war vorläufig nur für zwei Jahre vorgesehen worden in der Meinung, dass über die Zweckmässigkeit und die Auswirkungen der neuen Institution vorerst Erfahrungen gesammelt werden sollten, die als Grundlage für die Weiterführung und spätere Ausgestaltung des freiwilligen Landdienstes dienen könnten.

Die bisherigen Erfahrungen mit dein neuen Werk erlauben es nun, sich über die .Zweckmässigkeit seiner Fortführung ein Urteil zu bilden. Da die praktische Durchführung des freiwilligen Landdienstes in den Händen der Kantone liegt, sind diese in erster Linie berufen, die bisherigen Ergebnisse und die Wünschbarkeit der weiteren Unterstützung der Landdienstleistung zu beBundesblatt. 100. Jahrg. Bd. II.

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urteilen. Die Kantonsregierungen sind daher dieses Frühjahr um ihre Stellung nähme zur Frage der Fortsetzung des im Jahre 1947 begonnenen Werkes er sucht worden. Mit Ausnahme der Kantone Uri, Schwyz, Zug, Freiburg, Appenzell I.-Bh., Neuenburg und Genf sind alle Kantonsregierungen*) der Ansicht, der freiwillige Landdienst sei als notwendige oder doch wünschbare Institution weiterzuführen und durch öffentliche Mittel zu unterstützen. Diese Kantone sichern die Übernahme ihres Anteils an den Kosten zu, nach Massgabe der auf ihrem Gebiet geleisteten Landdiensttage. Sie sind im grossen und ganzen auch der Ansieht, dass die bisherige Regelung des freiwilligen Landdienstes beibehalten werden sollte.

Die privaten Kreise, die sich mit dem freiwilligen Landdienst befassen, treten ebenfalls für dessen Weiterführung ein. Die schweizerische Landdienstkonferenz, in welcher alle diese Interessenten zusammengeschlossen sind, hat in einer Eingabe an die Bundesbehörden ihrer Überzeugung Ausdruck gegeben, dass der freiwillige Landdienst sowohl im Interesse der landwirtschaftlichen Produktion als auch seiner ideellen Werte wegen fortgeführt werden müsse und dazu der Unterstützung aus öffentlichen Mitteln bedürfe.

II.

Die Mitteilungen der Kantone und der Schweizerischen Landdienstkonferenz sowie die Erfahrungen der mit den landwirtschaftlichen Arbeitskraftproblemen sich befassenden Bundesbehörden haben gezeigt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen des freiwilligen Landdienstes es rechtfertigt, zu seiner Förderung auch in den Jahren 1949 und 1950 öffentliche Mittel aufzuwenden.

Im vergangenen Frühjahr ist die Landwirtschaft aufgefordert worden, das vorgesehene Ackerbauprogramm einzuhalten mit Eücksicht auf die Versorgungslage und die internationalen Zuteilungen an wichtigen Nahrungsmitteln sowie zur Erhaltung der Produktionsintensität in unserer Landwirtschaft. Dank den Anstrengungen in dieser Richtung konnten bei uns seit Kriegsende in verhältnismässig rascher Folge wichtige Nahrungsmittel aus der Eationierung herausgenommen werden. Die Weiterführung dieser Aufgabe ist aber der Landwirtschaft nur möglich, wenn sie über eine genügende Anzahl von Arbeitskräften verfügt. Durch die Abwanderung von landwirtschaftlichen Arbeitskräften in den letzten Jahren der Hochkonjunktur hat die Landwirtschaft im Bestand ihres Personals
zahlreiche Lücken erlitten. Wohl kann der Bedarf an landwirtschaftlichen Arbeitskräften weitgehend durch den Beizug ausländischer Landarbeiter gedeckt werden. Doch benötigen viele Landwirte,, besonders diejenigen mit kleineren Betrieben, die sich keine ständigen Angestellten halten können, während der Hauptanbau- und Erntezeiten für kurze Zeit zusätzliche Hilfskräfte. Diese Lücke auszufüllen, ist die Aufgabe des freiwilligen Landdienstes. Weder den Landwirten noch den freiwilligen Helfern

·*) Die Antwort des Kantons Luzeni steht noch aus.

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können unter den heutigen Verhältnissen die vollen Kosten solcher kurzfristiger und deshalb verhältnisinässig teurer Landdienstleistungen zugemutet werden.

Ohne dio Unterstützung aus öffentlichen Mitteln müsste befürchtet werden, dass sich nicht genügend Freiwillige für die Mithilfe in der Landwirtschaft während der Stosszeiten melden wurden.

Neben dem volkswirtschaftlichen Interesse am Landdienst, das heute wohl ausschlaggebend sein muss für die Weiterführung der Massnahmen zu seiner Förderung, sind aber auch die erzieherischen Werte dieser Institution und ihre Bedeutung für die Annäherung der Stadt- und Landbevölkerung hervorzuheben. Es wird immer wieder als staatspolitisches Erfordernis dargestellt, den Bauernstand mindestens auf seiner bisherigen Basis zu erhalten.

Die landwirtschaftliche Bevölkerung bildet noch knapp einen Fünftel der Gesamtbevölkernng. Zu den Massnahmen, die zur Erreichung des angestrebten Zieles beitragen können, gehört die Förderung der Beziehungen zwischen der landwirtschaftlichen und der städtischen Bevölkerung. Die Erhaltung des Bauernstandes ist zu einem guten Teil ein psychologisches Problem insofern, als die Neigung zur Abwanderung vom Land in die Stadt sich verringert, wenn die ländliche Bevölkerung erfährt, dass die LebensverhäJtnisse in den Städten keineswegs so ideal sind, wie sie sich vorstellt, und wenn sie sieht, dass die landwirtschaftliche Arbeit von der nicht bäuerlichen Bevölkerung geachtet wird.

Je grösser die Zahl der Städter wird, die keine verwandtschaftlichen Beziehungen mehr haben mit dein Lande, desto mehr muss darnach getrachtet werden, die Bande zwischen Stadt und Land auf andere Weise wieder enger zu knüpfen.

Der Landdienst ist ein sehr geeignetes Mittel zur Herstellung und Stärkung solcher Verbindungen. Durch ihn kann auch die Bückwanderung aufs Land, die in gewissem Umfang immer besteht, angeregt und gefördert werden.

Diesen ideellen Zwecken, die eine Förderung verdienen, unabhängig von den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten, die sich im Laufe der Jahre ändern können, misst auch die Schweizerische Landdienstkonferenz besondere Bedeutung bei. Sie sind so allgemein anerkannt, dass der freiwillige Landdienst eine der wenigen Aktionen ist, an der sich sämtliche Jugendorganisationen beteiligen. Aber auch alle wichtigen wirtschaftlichen
Verbände der Schwein bezeugen durch ihre Mitarbeit in der Schweizerischen Landdienstkonforenz, dass sie den freiwilligen Landdienst ideell und praktisch unterstützen wollen.

III.

Im Jahre 1947 haben 5558 Personen freiwilligen Landdienst geleistet, davon waren 4026 unter 20 Jahre alt, Studenten haben sich 878 am Landdienst beteiligt. Die gesamte Leistung der freiwilligen Helfer umfasste 96 500 Landdiensttage.

Die auf Grund des Bundesbescblusees vom 8. Oktober 1946 vom Bundesrat zur Förderung des freiwilligen Landdienstes festgesetzten Vergünstigungen aus öffentlichen Mitteln umfassen : eine Zulage von Fr. 2 je Landdiensttag an

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erwerbstätige ' und von 50 Bp. an nicht erwerbstätige Jugendliche, im Alter von über 16 Jahren, Transportgutscheine für die Hinreise zum Arbeitsort und die Heimreise, die Versicherung gegen Betriebsunfälle und Krankheiten sowie einen Beitrag an dio Aufklärungs- und Werbekosten der Schweizerischen Landdienstkonferenz und der ihr angeschlossenen Verbände und Institutionen.

Soweit die Verhältnisse es erfordern, können diese Beiträge und Vergünstigungen auch Arbeitskräften bis zum vollendeten 55. Altersjahr gewährt werden.

Die - Vergünstigungen werden für eine Landdienstdauer von längstens zwei Monaten im Jahr ausgerichtet.

Die Kostens die dem Bund und den Kantonen durch.die Beitragsleistungen iii diesem Kabinen im Jahre 1947 entstanden, belaufen sich auf rund Fr. ] 80 000.

Auf den Bund allem entfallen Fr. 90 OOO: Für die rund 100 000 Landdiensttage haben Bund und Arbeitskanton je etwa 90 Ep. für jeden Tag eines freiwilligen Helfers ausgelegt:. Die Belastung für das Jahr 1947 muss aber als ausserordentlich niedrig bezeichnet werden, weil verhältnismässig sehr wenig Unfälle und Krankheiten vorgekommen sind. Der Berechnung der mutmasslichen Ausgaben in den nächsten Jahren muss ein Betrag von mindestens. Fr. l aus Bundesmittelnfür jeden Landdiensttag zugrunde gelegt werden; dieser Betrag würde sich wesentlich erhöhen, sobald schwere Unfälle oder Krankheiten die Versicherungskosten ansteigen liessen.

.

- In der Annahme, dass im Jahre 1948 die Kahl der freiwillig Land dienst leistenden Personen etwa 10 000 beträgt, eine Annahme, die im Hinblick auf die grosse Mahl deutscher Studenten, die sich am Landdienst beteiligen werden, wohl am Platze ist, müsste bei einer durchschnittlichen Landdienstleistung von 20 Tagen, im laufenden Jahr ein Betrag von Fr. 200 000 aus Bundesmitteln beigetragen werden. Die Ausgaben des Bundes zur Förderung des freiwilligen Landdienstes für die Jahre 1947 und 1948 werden sich also voraussichtlich auf Fr. 290 000 belaufen. Von dem durch den Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1946 gewährten Kredit von Fr. 500 000 für diese beiden Jahre werden somit vermutlich über Fr. 200 000 nicht beansprucht und verfallen, weil sie nicht auf das folgende Jahr übertragen werden können.

Die Beteiligung am freiwilligen Landdienst in den Jahren 1949 und 1950 wird ungefähr auf dasselbe Ausmass zu
schätzen sein wie im laufenden Jahr.

Für die Beitragsleistung des Bundes werden demnach für etwa 10 000 freiwillige Helfer bei einer durchschnittlichen Landdienstdauer von 20 Tagen Fr. 200 000 im Jahr benötigt werden, weshalb wir Ihnen beantragen, für die beiden kommenden Jahre einen Gesamtkredit von Fr. 400 000 zu gewähren.. Da die Ausgaben für die Versicherung gegen Krankheit, Betriebsunfall sowie den dadurch verursachten Invaliditäts- oder Todesfall je nach der Häufigkeit und Schwere der vorkommenden Erkrankungen und Unfälle stark ansteigen könnten, muss vorsichtshalber wie bereits im Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1946 ein Zusatzkredit vorbehalten werden.

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Wir empfehlen Ihnen den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22. Juni 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Celio Der Bundeskanzler : Leimgruber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

einen weitern Kredit für die Förderung des freiwilligen Landdiensteg

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2'2. Juni 1948, beschliesst :

Art. l Zur Durchführung des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1946 über die Förderung des freiwilligen Landdienstes wird dem Bundesrat für die Jahre 1949 und 1950 ein Geaatntkredit von Fr. 400 000 eingeräumt. Für den Fall, dass dieser Kredit infolge der Ausgaben für die Versicherung gemäss Artikel 8 jenes1 Bundesbeschlusses nicht ausreicht, wird dem Bündesrat der notwendige Zusatzkredit gewährt.

1 Art. 2 Dieser Bundesbeschluss tritt als nicht allgemeinverbindlicher Natur sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über einen weitern Kredit für die Förderung des freiwilligen Landdienstes (Vom 22. Juni 1948)

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1948

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25

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5485

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24.06.1948

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709-714

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10 036 280

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