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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Zusicherung eines Bundesbeitrages an die Verbauung des innern Seitenbaches in der Gemeinde Lenk, Kanton Bern.

(Vom 23. März 1931.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Die Bcgierung des Kantons Bern hat mit Schreiben vom 18. Dezember 1930 ein Subventionsgesuch für die Verbauung des Innern Seitenbaches in der Gemeinde Lenk eingereicht. Diesem Gesuche war ein vollständiges Projekt nebst Kostenvoranschlag im Betrage von Fr, 1,100,000 beigelegt.

Da aber bei der vollständigen Überschwemmung der untern Dorfteile von Lenk rasche Hilfe und sofortige grosse Ausgaben unvermeidlich waren, ersuchte die Begicrung mit Schreiben vom 30. Januar 1931 den Bundesrat um vorgängige Subventionierung der im Jahre 1930 ausgeführten Notarbeiten an der Simme, mm der mit Zinsen, schon früh belasteten Bevölkerung eine Erleichterung 211 schaffen. Ein demnach vom Bundesrate unterstütztes Teilprojekt bezieht sich auf einen Kostenvoransehlag von Fr. 235,000, von dem Fr. 1.55,000 in Abzug kommen, so dass jetzt noch die Bergverbauung im Kostenbetrag von Fr. 945,000 zu sxibventionieren bleibt.

Der innere Seitenbach mit dem bei Cote 1860 linksseitig einmündenden Bühlgraben entspringt an den Hängen des Laveygrates (2254 m ü. M.)

und ergiesst sich nach kurzem Lauf Richtung Ost-West, unterhalb der Lenk, in die Simmc (1062 m ü. M.). Das Einzugsgebiet hat- eine Fläche von nur 3,7 km2 und gehört geologisch der Flyschformation an, welche auch hier wie anderswo mit ihrem lehmigen und schiefrigen Gehängeschutt alle Arbeiten sehr erschwert.

Nach einer Hochwasserkatastrophe im Jahre 1879 wurde erstmals die Verbauung des Seitenbaches erwogen und im Jahre 1881 ein Projekt aufgestellt, das aber nicht zur Ausführung gelangte. Im Juli 1917 ging abermals über dag Hahnenmoos und den Laveygrat ein heftiges Hagelwetter nieder, das zu einem

395 Ausbruch des Seitenbaches führte und das Dorf ernstlieh bedrohte. Wenn auch im Jahre 1918 wieder eine neue Vorlage ausgearbeitet worden ist, so war os wohl infolge der durch den Krieg bedingten kritischen Lage wieder nicht möglich, mit der systematischen Verbauung dieses immer tiefer werdenden Grabens zu beginnen. Erst die in der Nachkriegszeit aufgetretene Arbeitslosigkeit veranlasse dann die Eegierung des Kantons Bern zur Eingabe einer Vorlage im Kostenvoranschlag von Er. 147,000, welche durch Bundesratsbeschluss vom 9. März 192S mit -10% subventioniert worden ist. Es handelte sich vorläufig nur um die Erstellung einer Bachschale im Sehuttkegelgebiet. Diese Bauten wurden leider zum grossen Teil bei der letztjährigen Hochwasserkatastrophe zerstört. Die Arbeiten in der Gebirgspartie sollten ebenfalls sofort an dio LTand genommen werden, was jedoch nicht geschah. Die Interessenten konnten sich zur Annahme der forstlichen Bedingung, welche den Verzicht auf ausgedehnte Woideflächen herbeigeführt hätte, nicht entschliessen.

Den Anstoss zu dem vorliegenden Projekt gab das äusserst heftige Hochgewitter, welches sich am 4. Juli 1980 über den Laveygrat entlud.

Beidseitig des Grates schwollen die Bäche in kürzester Zeit zu reissenden Wildwassern an, gruben sich tief in ihren Betten ein, zerrissen die Ufer und Hänge und verursachten sowohl auf der Seite von Adelboden als von Lenk enorme Schäden. Eine Schuttmenge von rund ,185,000 m3 wurde nach dem Talgrund befördert, wobei Bahn und Strasse mit Geschiebe überführt und einige auf dem Schuttkegel stehende Häuser arg beschädigt wurden. Aber das ärgste war, dass der Murgang das Simmenbett vollständig verstopfte. Die gestaute Simme verwandelte sich sofort zu einem grossen See, so dass die trüben Fluten in die angrenzenden Hotels, "Wohnhäuser und Magazine eindrangen. Die Bäumlichkeiten wurden mit Geschiebe und Schlamm aufgefüllt und längere Zeit unter Wasser gesetzt.

Sofortige Abwehr war nötig. Die betreffenden Arbeiten wurden zunächst durch Feuerwehr und Militär eingeleitet, dann im Einverständnis mit dem eidgenössischen Oberbauinspektorat in üblicher Weise durch Unternehmer unter Anwendung der geeigneten Baumaschinen fortgesetzt. Wie immer in solchen Fällen, wurde dem Kanton die schriftliche Zusicherung gegeben, dass in der sofortigen Inangriffnahme dieser
Arbeiten kein Grund erblickt werden solle, sie von einer eventuellen Subventionierung auszuschliessen, insofern sie als Bestandteil eines einzureichenden Projektes angesehen werden könnten.

Diese Notsicherungsarbeiten im Kostenvoranschlag von Fr. 235,000 bilden ein Projekt für sich und wurden durch Bundesratsbeschluss vom 27. Februar 1931 mit 50% subventioniert. Unterdessen wurde ein neuesVerbauungsprojekt ausgearbeitet, welches nun nach der Katastrophe grösseren Umfang haben muss, als man in der ersten Anlage für nötig erachtet hat. Vorläufig wird von Seiten der kantonalen Regierung nur von einer Verbauung des innern Seitenbaches gesprochen. Es hat aber auch der in geringer Entfernung dieses

396 Wildbaches parallel laufende äussere Seitenbach sehr viel Material za Tal geführt, und es ist wohl möglich, dass später noch die Verbauung dieses Gewässers in ähnlicher Art eine weitgehende Verbauung nötig machen könnte.

Gemäss dem vorliegenden Projekt beträgt die Gesamtlänge der zu verbauenden Strecke inklusive Bühl- und Brandeggraben 5470 m und der Gesamtvoranschlag Fr. 945,000.

Beschreibung der projektierten Bauten nach Sektionen.

I. Sektion: Simme bis Gerbe.

Länge 476 m. Kosten Fr. 120,000 Wiederherstellung der zum Teil zerstörten Bachschale und Brücken.

II. Sektion: Gerbe bis oberhalb Fall.

Länge 87 m. Kosten Bau einer massiven Steinsperre samt Vorsperre, Leitwerke und Untermauerung.

»

51,000

III. Sektion: Oberhalb Fall bis Brandgasse.

Länge 800 m. Kosten Bau von ca. 40 Holzkastensperren.

» 106,000

IV. Sektion: Brandgasse bis Bühlgraben.

Länge 883 m. Kosten Bau von ca. 115 Holzkastensperren samt Leitwerken.

» 252,000

V, Sektion: Bühlgraben bis Laveyalp.

Länge 1854 m. Kosten » 200,000 Bau von ca, 103 Holzkastensperren mit Leitwerken, von ca. 3 Steinsperren und Ausmauerung von ca. 2 natürlichen Sperren.

---- ~ Länge des Hauptgrabens 8600 m. Kosten . . Fr. 729,000 Bühlgraben mit Brandeggraben als Zufluss (200 m).

Länge 1670 plus 200 = 1870 m. Kosten . . .

Erstellung von ca. 142 Holzsporren und 3 Steinsperren.

Gesamtlänge 5470 m. Gesamtkosten

» 216,000

. . . . Fr. 945,000

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass dieser typische Wildbach, der immer bedrohlichere Dimensionen annimmt, durch ca. 400 Sperren verbaut werden soll. Alle Sperren, mit wenigen Ausnahmen, werden in Holz erstellt.

Der Zweck der Anlage ist die Hebung der Bachsohle, so dass die seitlichen Einhänge in natürlicher Böschung allmählich ins Gleichgewicht gelangen.

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Dabei wird auch die Ablaufrinne verbreitert; die Gewalt des Wassers brichtsich jeweilen beim Absturz über eine Schwelle.

Da der Berghang meistenteils feinkörnigen Schutt und lehmartiges Gemenge, aber leider sehr wenig grosse Steine enthält, ist im Seitenbach viel mehr als anderswo eine künstliche Befestigung der Ablaufrinne erforderlich.

Die gleichen, von der Natur gegebenen Verhältnisse erschweren den Bezug von Steinmaterial für den Sperrenbau in bedenklicher Weise, so dass man hier in weitgehendem Masse und mit wenigen Ausnahmen Holzbauten anwenden muss. Diese Bauart ist etwas billiger als Stein, die Werke, denen eine gewisse Elastizität in vorteilhafter Weise zukommt, können sich der im Lehmboden zu erwartenden Setzungen und Verschiebungen besser anschmiegen als der starre Stein oder Beton. Der Nachteil des Holzes, welchen die Fäulnis mit, sich bringen kann, beschränkt sich auf die obersten Hölzer und auf einen Verhältnismassig kleinen Teil der seitlichen Anlehnung, wo das Material abwechselnd nass und wieder trocken liegt. Im stetig wasserdurchtränkten Lehm hält sich das Holz sehr gut. Die wenigen erhältlichen Steine werden demnach, ausser für den Bau einer kleinen Anzahl Steinsperren, für die Erstellung der Sperrenflügel verwendet werden. In ähnlichem Gebirge wie dasjenige des Seitenbaches hat man mit der hier vorgeschlagenen Bauweise gute Erfahrungen gemacht.

Das eidgenössische Oberbauinspektorat hat die erforderlichen Lokalbesichtigungen vorgenommen und erklärt sich mit Plan und Kostenvoranschlag vollkommen einverstanden.

Es liegt aussor allem Zweifel, dass durch eine rationelle Verbauung das Dorf Lenk sowie das umliegende Gelände in Zukunft von schweren Schädigungen befreit werden kann, und dass es sich im Sinne des eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetzes um Schutzbauten handelt, die vom Bunde zu subventionieren sind.

Bezüglich der Bauzeit durften 4 Jahre genügen, um die vorgesehenen Bauten vollständig durchzufuhren.

Das Jahresmaximum könnte, entsprechend der Bauzeit und da gestützt auf die provisorische Baubewüligung schon umfangreiche Bauten ausgeführt sind, auf Fr. 150,000 festgesetzt werden. Die erste Anzahlung hätte im Jahre 1931 zu erfolgen.

Was nun das Beitragsverhâltnis anbelangt, so stellt die Regierung des Kantons Bern das Gesuch um Gewährung des maximalen Beitrages des Bundes.
In Anbetracht dos enormen Schadens, den die Gemeinde und Private durch die öfters eingetretenen Ilochwasserkatastrophen erlitten haben, und der Last, welche durch dieses Werk der Gesamtheit der Interessenten auferlegt wird, erachten wir, dass die Subventionsquotc ausnahmsweise zu 50% angesetzt "werden darf.

Mit Schreiben vom 8. Januar 1981 teilt die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei mit, dass sie nicht im Falle ist, Vorschläge forstlicher Natur anzubringen, dagegen wünscht sie, dass bei Anlass der ZuBumiesblatt. 83. .Jahrg. Bd. I.

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Sicherung eines Bundesbeitrages an die genannte Bachkorrektion die energische Förderung des genehmigten Verbau- und Aufforstungsprojektes verlangt -wird.

In diesem Sinne, dem vorliegenden Gesuche der Regierung entsprechend, erlauben -wir uns, Ihnen den nachfolgenden Bundesbeschlussentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 23. März 1981.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Häberlin.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

399 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über die

Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für die Verbauung des Innern Seitenbaches in der Gemeinde Lenk.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877, betreffend die Wasserbaupolizei, nach Einsicht eines Schreibens der Regierung des Kantons Bern vom 18. Dezember 1930, einer Botschaft des Bundesrates vom 28. März 1931, beschliesst :

Art. 1.

Dem Kanton Bern wird für die Verbauung des innern Seitenbaches in der Gemeinde Lenk ein Bundesbeitrag zugesichert.

Dieser Beitrag wird auf 50% der wirklichen Kosten festgesetzt bis zum Maximum von Fr. 472,500, als 50% des Kostenvoranschlages von Fr. 945,000.

Art. 2.

Die subventionierten Arbeiten sollen innert 4 Jahren, vom Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 9) an gerechnet, zu den Bedingungen dieses Beschlusses ausgeführt werden.

Art. 3.

Die Auszahlung dieses Beitrages erfolgt im Verhältnis des Fortschreitens der in den jeweiligen Bauprogrammen vorgesehenen Arbeiten, gemäss den von der Kantonsregierung eingereichten und vom eidgenössischen Oberbauinspektorat geprüften Kostenausweisen. Der jährliche Höchstbetrag wird festgesetzt auf Fr. 150,000, zahlbar erstmals im Jahre 1981.

Art. 4.

Bei der Berechnung des Bundesbeitrages werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, einschliesslich der Enteignungen und der unmittelbaren

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Bauauf sieht, die Kosten des Ausführungsprojektes und des Kostenvoranschlages, ferner die Aufnahme des Perimeters. Dagegen sind nicht in Anschlag zu bringen die Kosten irgendwelcher anderer Vorverhandlungen, der Tätigkeit von Behörden, Kommissionen und Beamtungen (von den Kantonen laut Art. 7a des Wasserbaupoliaeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht dio Kosten der Geldbeschaffung und Verzinsung.

Art. 5.

Dem eidgenössischen Oberbauinspektorat ist jährlich ein Bauprogramm zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 6.

Die planmässige Bauausführung und die Richtigkeit der bezüglichen Ausweise werden vom eidgenössischen Oberbauinspektorat kontrolliert.

Die Kantonsrogierung wird zu diesem Zwecke den Beamten der genannten Amtsstelle die nötige Auskunft und Hilfeleistung zukommen lassen.

Art. 7.

Das genehmigte Verbau- und Aufforstungsprojekt soll energisch gefördert werden.

Art. 8.

Der Unterhalt der subventionierten Bauten ist gemäss dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetz vom Kanton Bern zu besorgen und vom eidgenössischen Oberbauinspektorat zu überwachen.

Art. 9.

Dem Kanton Bern wird eine Frist von einem Jahr gewährt, um sich darüber zu erklären, ob er den vorstehenden Bundcsbeschluss annimmt.

Der Bundesbeitrag fällt dahin, wenn dessen Annahme nicht innerhalb dieser Frist erfolgt.

Art. 10.

Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seiner Vollziehung beauftragt.

-~K?-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Zusicherung eines Bundesbeitrages an die Verbauung des innern Seitenbaches in der Gemeinde Lenk, Kanton Bern. (Vom 23. März 1931.)

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25.03.1931

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