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Bundesblatt

83. Jahrgang.

Bern, den 20. Mai 1931.

Band I.

Erschein: wöchentlich Preis SO Franken im Jahr, in Franken im Halbjahr, anzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : SO Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inaerate franko an Stämpfli * de. in Bern-

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I. Bericht dee

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1931).

(Vom 15. Mai 1931.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 100 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

1. Albert Frischknecht, 1893, Heizer, Hilfsarbeiter, zurzeit Strafanstalt St. Gallen.

(Anstiftung zur Brandstiftung.)

1. Albert Frischknecht ist am 11. Juli 1930 vom Kantonsgericht des Kantons St, Gallen in Anwendung der Artikel 160, 22 und 19 des Militärstrafgesetzes der Anstiftung zur Brandstiftung schuldig erklärt und gleich dem wegen Brandstiftungsversuches Mitverurteilten zu einem Jahr und acht Monaten Zuchthaus verurteilt worden. Frischknecht wurden 3 Monate und 13 Tage Untersuchungshaft abgezogen: der Strafvollzug dauert bis zum 25. November 1931.

Frischknecht bewohnte in der Gemeinde Thal ein Haus als Mieter; sein Mobiliar im Werte von Fr. 7645 war für Fr. 12,500 versichert. Die schlechten Erwerbsverhältnisse brachten ihn auf den Plan, das Miethaus in Brand zu stecken, um aus dem Übererlös für das Mobiliar Schulden zu begleichen und darüber hinaus Geld anzulegen. Es gelang ihm, den in der Folge Mitverurteilten für die Ausführung zu gewinnen, wobei als Zeitpunkt die Abwesenheit Frischknechts im Militärdienst bestimmt wurde; die Ehefrau begab sich zu gleicher Zeit ohnehin auswärts zu einer Familie und das Töchterchen befand sich inzwischen bei der benachbarten Grossmutter Das Haus war folglich unbewohnt, nicht aber ein teilweise angebaut esNach barhaus.

Bundesblatt. 83. Jahrg. Bd. I.

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554 Der Brandstiftungsversuch erfolgte Donnerstag, den 27. März 1930, zur Nachtzeit. Das Kantonsgericht betont die grosse Gefährlichkeit der Tat; der Täter hatte allös getan, um den Erfolg zu schaffen, das gelegte Feuer vermochte jedoch nicht, sich weiter auszuwirken. Für Einzelheiten wird auf die Darlegungen im Urteil Bezug genommen.

Zur Zeit des für die Anstiftung entscheidenden Gespräches befand sich Frischknecht in Uniform im Sonntagsurlaub. Gemäss Art. 2 des Militärstrafgesetzes unterstand er damals der Militärgerichtsbarkeit, jedoch verfügte der Bundesrat in der Folge gemäss Art. 220, Ziff. 2, Abs. 2, die Unterstellung unter das bürgerliche Strafgericht ; nach dieser Bestimmung hatte der bürgerliche Richter auf Frischknecht das Militärstrafrecht anzuwenden.

Ende Januar 1931 übermittelte das Polizeidepartement des Kantons St. Gallen dem eidgenössischen Militär département ein von der Ehefrau Frischknechts am 20. Dezember 1980 gestelltes Gesuch um Erlass des noch unverbüssten Strafteils. "Werde Frischknecht im November 1981 entlassen, so sei es fast undenkbar, dass er rasch Arbeit erhalte. Ihres Ernährers beraubt, sei die Familie ohnehin in eine kummervolle Lage geraten; eine längere Arbeitslosigkeit müsste den wirtschaftlichen Euin bedeuten. Frischknecht habe vorher einen unbescholtenen Leumund besessen und halte sich während des Strafvollzuges gut, auch sei durch das Vergehen niemand an Leib oder Gut geschädigt worden.

Die Beamtenkonferenz der Strafanstalt St. Gallen äussert sich anfangs Januar bezüglich beider Verurteilten mit näherer Begründung dahin, dass ein Strafnachlass nicht am Platze sei. Bei Frischknecht könnte gemäss Art. 31 des Militärstrafgesetzes nach Verbüssung eines Jahres der Zuchthausstrafe, mithin ab 12. Juli 1981, die bedingte Entlassung in Frage kommen.

Das Polizeidepartement des Kantons St. Gallen überweist die Angelegenheit den zur Begnadigung zuständigen Bundesbehörden. Das kantonale Departement beantragt Abweisung, da ein sehr schwerer Fall von Brandstiftungsversuch bzw. der Anstiftung hierzu in Betracht falle; das kantonsgerichtliche Urteil sei wohl erwogen, und zwingende sozial- oder kriminalpolitische Gründe für eine Begnadigung lägen nicht vor. Ob Frischknecht zu gegebener Zeit di& bedingte Entlassung zugestanden werden könne, hange wohl in erster Linie davon
ab, ob der Besserungszweck erreicht und das Verhalten während des Strafvollzuges befriedigend sei.

Hinsichtlich der weitern Behandlung des Begnadigungsgesuches ergibt sich vor allem aus die Notwendigkeit des Entscheides über die Frage der Zuständigkeit zu seiner Erledigung. Zwischen den Kantonsbehörden und dem Bundesrat besteht an sich Übereinstimmung, dass die Begnadigung dem Bunde zukommt, da eidgenössisches Strafrecht, nämlich Militärstrafrecht, zur Anwendung gelangt ist. Das dermalige Begnadigungsrecht des Bundes stellt diesbezüglich einzig darauf ab, ob die Strafe auf eidgenössischem Strafrecht beruhe,, wogegen nicht von Belang ist, ob ein eidgenössisches oder kantonales Gericht.

555 geurteilt habe. Massgebend ist der dem Straffall anhand des Urteils zugrunde liegende Straf- bzw. Vollstreckungsanspruch, so wie ihn das Urteilsdispositiv festlegt (vgl. auch Antrag 72 hiernach).

Fraglicher ist dagegen, welche Begnadigungsbehörde innerhalb des Bundes zuständig sei: ob die Bundesversammlung, weil sie die ordentlicherweise zuständige Begnadigungsbehörde sei und ein bürgerliches, kantonales Gericht geurteilt habe, ob der Bundesrat, weil das ergangene Urteil das Militärstrafrecht zur Anwendung bringe. Über diese Zuständigkeitsfrage können die Ansichten auseinandergehen, wie dies die den Akten beigegebenen Vernehmlassungen des Oberauditors, des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes und der Bundesanwaltschaft des nähern erkennen lassen.

Eine besondere gesetzliche Bestimmung über die Begnadigung in militärischen Straffällen, die durch Beschluss des Bundesrates dem bürgerlichen Strafrichter unterstellt werden, ist nicht vorhanden. Art. 214 der Militärstrafgerichtsordnung lautet allgemein, wogegen der Bundesratsbeschluss betreffend das Begnadigungsrecht in Militärstrafsachen vom 12. Mai 1916 militärgerichtlich erkannte Strafen voraussetzt.

Unter diesen Umständen kann, mit der einen Meinung, die Erwägung in den Vordergrund gestellt werden, dass bei zweifelhafter Zuständigkeit auf die für die Begnadigung allgemeine Verfassungsnorm des Art. 85, Ziff. 5, der Bundesverfassung zurückzugreifen sei und es richtiger erscheine, die Begnadigung der Bundesversammlung, als der übergeordneten Behörde, zuzuerkennen. Mit der andern Meinung läsest sich aber, und es scheint dies bei näherer Betrachtung den Vorzug zu verdienen, der Standpunkt einnehmen, der Bereich der militärrechtlichen Begnadigung bestimme sich schlechthin danach, ob Militärstrafrecht zur Anwendung gelangt sei; denn insoweit handle es sich materiell um eine militärrechtliche Strafe. Der Grundsatz, dass als Ausgangspunkt für die Begnadigungskompetenz der Strafanspruch zu gelten habe, wird, mit dieser Meinung, gleich wie im bürgerlichen Straf- und Begnadigungsrecht auch im militärrechtlichen Begnadigungswesen zur Bichtschnur genommen.

Zur Stütze dieser Auffassung, wonach im Falle Frischknecht zur Begnadigung, gemäss Art. 214, Abs. l MStGO, der Bundesrat zuständig ist, fällt namentlich noch folgendes in Betracht : Frischknecht
bleibt, trotz dem Urteil des bürgerlichen Strafrichters, ein militärstrafrechtlich Verurteilter. Er kann, wie dies die St. Galler Behörden zutreffend bemerken, nach Art. 31 MStG beim Militärdepartement die bedingte Entlassung nachsuchen, Die Vollstreckungsverjährung richtet sich nach dem Militär strafrecht; was für diesen Straf auf hebungsgrund gilt, darf aber in gleicher Weise auch für denjenigen der Begnadigung in Anspruch genommen werden.

Immerhin ist, wag die mehrerwähnten Vernohmlassungen des nähern erörtern, die Zuständigkeitsfrage nicht eindeutig abgeklärt, weshalb der Bundesrat dafür hält, es sei richtig, den Entscheid der Bundesversammlung anheimzustellen. Dies geschieht hinwiederum in Verbindung mit der ausdrücklichen Erklärung, dass der Bundesrat seine eigene Zuständigkeit bejahen möchte. --

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Der Fall Frischknecht ist der erste dieser Art. Unter der Geltung des (jetzt aufgehobenen) Art. ±, Abs. 2 MStGO bestand zwar bereits die Möglichkeit, einen Straffall bei bestimmten Konnexitätsverhältnissen aus Gründen einer zweckmässigen Strafjustiz dem bürgerlichen Strafrichter zu unterstellen, wobei heute die Frage offen bleiben kann, ob dieser bereits damals nach Militärstrafrecht zu urteilen hatte, oder ob die Sache als formell und materiell dem kantonalen Eecht aushingegeben gelten sollte. Erkundigungen des Militärdepartementes ergeben, dass letzteres mindestens in einzelnen Fällen so verstanden worden ist ; in der Doktrin ist die Anwendbarkeit des Militärstrafgesetzes schon für die frühere Ordnung bejaht worden (SchZStK 1926, S. 159).

Nach dem Entscheid über die Zuständigkeit wird es sich darum handeln, über das Begnadigungsgesuch einlässlich zu befinden. Der Bundesrat, der nach seiner Auffassung diese Schlussnahme selbst zu treffen hat, begnügt sich hier mit der Erklärung, däss er in Gutheissung der Darlegungen der Kantonsbehörden dafür hält, eine Teübegnadigung sei nicht am Platze, hingegen sei das Gesuch, ohne dem Militärdepartemente vorzugreifen, an dieses zu überweisen, zwecks Prüfung der bedingten Entlassung nach Art. 31 MStG.

Demgemäß stellen wir den Antrag, die Bundesversammlung solle mangels Zuständigkeit, auf die Begnadigungssache Frischknecht nicht eintreten und die Angelegenheit an den Bundesrat, zuhanden des Militärdepartementes, zurückweisen.

2. Woldemar Labhardt, 1901, Techniker, Zürich, · 3. Esther Philipona, 1892, Hausfrau, Boncourt (Bern), 4. Elise Bandi, 1906, Hausfrau, Bern.

(Bundesaktenfälschung usw.)

Gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechtes, zum Teil in Verbindung mit kantonalrechtlichen Bestimmungen betreffend Betrug, sind verurteilt worden : 2. "Woldemar L a b h a r d t , verurteilt am 24. September 1930 vom Bezirksgericht Zürich zu einem Tag Gefängnis und Fr. 10 Busse.

Labhardt ist am 8. März 1930 mit einem gültigen Billet von Zug nach Zürieh^Enge gefahren; für die folgende Strecke, bis Zürich-Hauptbahnhof, wies er ein am I.März gelöstes Billet vor, dessen Ausgabedatum unleserlich gemacht war.

Labhardt ersucht um Brlass der Gefängnisstrafe. Das von ihm am 1. März gelöste, damals nicht benutzte Billet habe er nachträglich verwenden wollen.

Labhardt fragt, ob die
unüberlegte Handlung eine so harte Strafe rechtfertige und ob nicht seine bisherige Unbescholtenheit und die Achtbarkeit der elterlichen Familie berücksichtigt werden könnten.

Die Mutter Labhardts schliesst sich in besonderer Zuschrift dem Begnadigungsgesuch an.

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Der Polizeibericht lautet sehr günstig.

Der Erste Staatsanwalt des Kantons Zürich und die kantonale Direktion der Justiz beantragen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe.

Wir beantragen desgleichen, die Gefängnisstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Labhardt während dieser Zeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe. "Wie die kantonale Staatsanwaltschaft erklärt, handelt es sich um einen bis anhin unbescholtenen Mann, der aus der Verurteilung eine Lehre gezogen hat. Die Busse von Fr. 10 bleibt bestehen.

8. Esther Philipona, verurteilt am 5. März 1981 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse.

Esther Philipona hat im Postempiangscheinbuch die Zahl Fr. 10 nachträglich in Fr. 20 verändert, was entdeckt wurde, als der Adressat sich nach der Postquittung erkundigte.

Esther Philipona ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Hierzu macht sie wie im Strafverfahren geltend, das Vorkommnis hange mit einem Irrtum in der Haushaltungsrechnung zusammen; eine betrügerische Absicht habe nicht bestanden. Man möge berücksichtigen, dass sie eine in ihrer Gesundheit beeinträchtigte Mutter von zwei Kindern sei, Der urteilende Eicht er empfiehlt die Gesuchstellerin mit Nachdruck der Milde der ßegnadigungsbehörde. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen den Erlass der Gefängnisstrafe.

Wir bea-ntragen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von 2 Tagen unter denselben Bedingungen wie bei Labhardt. Ob sich die Gesuchstellerin über den bezahlten Betrag in einem Irrtum befunden hat, kann dahingestellt bleiben; denn er hätte sie keinesfalls zur Veränderung des postamtlichen Eintrages berechtigt. · Kommiserationsweise mögen die bisherige Unbescholtenheit und das sofortige Geständnis berücksichtigt werden, so wie dies die Kantonsbehörden nahelegen.

·i. Elise Bandi, verurteilt am 29. Oktober 1930 vom Gerichtspräsidenten IV i. V. von Bern zu 10 Tagen Gefängnis.

Elise Bandi hat vor ihrer Verheiratung zwei Postempfangscheine verfälscht, indem sie Einzahlungen von je Fr. 50 in Fr. SOO abänderte. Der Bräutigam sollte im Glauben bestärkt werden, die Schuld für die Wäscheaussteuer sei beglichen. Der Eichter hielt dafür, eine
Schadensabsicht habe nicht bestanden, ferner zog er die schwere Bedrängnis in Betracht, in der die damals Schwangere gehandelt habe.

Für Frau Bandi ersucht ein Fürsprecher um bedingte Begnadigung.

Die Bestellung der Wäscheaussteuer habe die Leistungsfähigkeit der damaligen Dienstmagd überstiegen. Die Verfälschungen seien aus der Befürchtung erfolgt, bei Kenntnis der eingegangenen Schuld lasse sie ihr Bräutigam im Stich.

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Als später die Betreibung einsetzte, habe die beschränkte Frau vollends den Kopf verloren und die abgeänderten Postquittungen auch der Wäschefirma gegenüber geltend gemacht. Die heutige Gattin und junge Mutter führe sich in jeder Beziehung gut auf, wogegen sie der Strafvollzug aus der geordneten Bahn hinauswerfen würde. Einer Gnadenmassnahme stehe auch die Vorstrafe von 17 Tagen Gefängnis wegen Diebstahlsversuches nicht entgegen; die Strafe aus dem damaligen Urteil vom 14. August 1929, das die verminderte Zurechnungsfähigkeit bejaht, sei gnadenweise erlassen worden. Für Einzelheiten wird auf das längere Gesuch selbst verwiesen.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Kegierungsstatthalter des Amtsbezirkes und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung. Der Verurteilung wegen Diebstahlsversuches von 1929 ist bereits eine Verurteilung vom 19. Oktober 1927 zu 6 Tagen Gefängnis wegen Diebstahls vorangegangen.

Unter diesen Umständen beantragen wir desgleichen Abweisung, in der Meinung, es könne bei der Verurteilung und den hierbei in Berücksichtigung gezogenen Strafminderungsgründen sein Bewenden haben, ohne dass im Strafvollzug eine besondere Härte liege.

5. Alfred Beutler, 1874, Knecht, Hofwil (Bern), 6. Ernst Tanner, 1902, Kaufmann, vormals "VVallisellen (Zürich), 7. Eduard Fischer, 1899, Stationswärter, Oberrüti (Aargau), 8. Marie Demierre, 1887, gew. stellvertretende Barrierenwärterin, Villars sur Glane (Freiburg), 9. Fritz Dätwiler, 1912, Schreinerlehrling, 10. Siegwart Zünmerli, 1911, Fabrikarbeiter, ünterentfelden (Aargau), 11, Fritz Berger, 1907, Elektriker, vormals Borschach (St. Gallen).

(Eisenbahngefährdung.)

Gemäss Art. 67 rev. des Bundesstrafrechtes sind verurteilt worden: 5. Alfred Beutler, verurteilt am 14. Oktober 1980 vom Gerichtspräsidenten von Fraubrunnen zu Fr. 20 Busse und Fr. 140 Kosten.

Am 20. Januar 1980, mittags, ist auf einem Bahnübergang zwischen Zollikofen und Münchenbuchsee ein Bundesbahnzug mit einem von Beutler gelenkten Einspännerfuhrwerk zusammengestosson. Beutler erlitt Verletzungen, das Pferd wurde getötet, das Fuhrwerk zertrümmert. An der Lokomotive entstand Sachschaden im Betrage von Fr, 561. 90. Es herrschte Nebel, ferner überhörte Beutler das Glockenzeichen der Signalvorrichtung. Obschon ihm der gefährliche Bahnübergang genau
bekannt war, unterliess es Beutler, sich genügend zu vergewissern, ob nicht ein Zug herannahe.

Beutler ersucht um Begnadigung. Die Umstände des Vorkommnisses seien zu berücksichtigen. Er sei ein armer, älterer Mann.

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Der Begierungsstatthalter von Fraubrunnen befürwortet den Erlass der Busse, die Eisenbahndirektion des Kantons Bern beantragt die Ermässigung big Fr. 5 und den Erlass der Kosten von Fr. 140, die kantonale Polizeidirektion den Erlass der Basse, mit dem Beifügen, über die Kosten habe die Begnadigungsbehörde nicht zu befinden. Die Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes beantragt gleich der kantonalen Eisenbah'ndirektion die Herabsetzung der Busse.

Kommiserationsweise beantragen wir, die Busse gänzlich zu erlassen.

"Wir beziehen uns hierfür namentlich auch auf die Urteilserwägungen.

6. Ernst Tanner, verurteilt am 17. Oktober 1930 vom Bezirksgericht Winterthur zu Fr. 200 Busse.

Tanner ist am 2. Juni 1980, nachts, zwischen Oberwinterthur und Seuzach mit seinem Personenautomobil in eine Barriere gefahren ; diese wurde geknickt und hinter einem vorbeifahrenden Zug quer über die Geleise gelegt.

Da Tanner die Busse nicht rechtzeitig bezahlt hat, ist sie in 20 Tage Gefängnis umgewandelt worden.

Tanner ersucht um Erlass der Umwandlungsstrafe. Busse und Kosten hat er inzwischen einbezahlt. Er erörtert seine Verhältnisse und bezieht sich namentlich auf die kürzlich erfolgte Eröffnung eines eigenen Geschäftes.

In den Akten befinden sich zwei Berichte über den Gesuchsteller.

Der Erste Staatsanwalt des Kantons Zürich beantragt, den Bussenverhaft gnadenweise zu erlassen, da die nicht rechtzeitige Bussenentrichtung weder auf grober Nachlässigkeit beruhe, noch sonst Gründe vorlägen, die Tanner als Verschulden anzurechnen seien.

Wir beantragen ebenso, es sei vom Vollzug der Umwandhmgsstrafe gnadenhalber abzusehen und die nachträgliche Bussenentrichtung zuzulassen.

Für Einzelheiten beziehen wir uns auf die Vernehmlassung der Zürcher Staatsanwaltschaft.

7. Eduard Fischer, verurteilt am 5. August 1980 vom Strafgericht Zug zu Fr. 200 Busse und Fr. 176 Kosten.

Am 13. Juli 1929, um 13.28 Uhr, ist ein durchgehender, von Oberrüti herkommender Güterzug vor der Station Botkreuz angebalten worden, um einem Schnellzug die unverzögerte Durchfahrt durch die Station zu ermöglichen.

In der Folge konnte jedoch der Güterzug nicht mehr in Bewegung gesetzt werden, so dass ihm von Rotkreuz eine Beservemaschine zu Hilfe geschickt werden musste. In der Station Oberrüti war inzwischen ein Personenzug
eingetroffen. Diesen Personenzug liess Stationswärter Fischer als Abfertigungsbeamter abgehen, ohne von Botkreuz die Bückmeldung des Güterzuges zu haben. Obschon die Gefahr des Auffahrens auf den Güterzug hernach sofort erkannt wurde und die Beamten der beiden Stationen während etwa zwei Minuten versuchten, dem Zusammenstoes, letzten Endes durch Stromausschaltung, zuvorzukommen, prallte der Personenzug auf den andern auf,

560 erfolgte eine teilweise Entgleisung und entstand ein Gesamtschaden von rund Er, 180,000; siebzehn Eeisende erlitten leichte Verletzungen, Fischer ersucht um Erlass der Busse. Hierzu wird unter anderem geltend gemacht, Fischer sei im Zeitpunkt seines Versehens ganz ausserordentlich beschäftigt gewesen. Als blosser Stationswärter mit Bureaudienst habe ihm damals die nötige Ausbildung und Übung gefehlt. Der Abfertigungsbeamte sei seither entlastet worden. Zugunsten Fischers spreche besonders, dass er auf Wunsch der Bahnverwaltung denselben Posten weiter besorge. Es handle sich um einen Familienvater, dem die Entrichtung der Busse und Kosten schwer falle.

Die Polizeidirektion des Kantons Zug bestätigt die Gesuchsanbringen und empfiehlt, die Busse um die Hälfte zu ermässigen. Die Generaldirektor!

der Schweizerischen Bundesbahnen schliesst sich diesem Antrag an und die Eisenbahnabteilung des Eidgenössischen Eisenbahndepàrtementes erklärt, wenn auch nicht ohne Bedenken grundsätzlicher Art, der Teilbegnadigung nicht entgegentreten zu wollen.

Unserseits bemerken wir zunächst, dass das Urteil nach Strafart und Strafmass als mild zu bezeichnen ist, was sich u. a. daraus ergibt, dass die Staatsanwaltschaft ausserdem zwei Tage Gefängnis beantragt hatte. Die Busse entspricht der dem Beschuldigten sehr zugute kommenden Erwägung des Strafgerichtes, dass es sich hinsichtlich des Verschuldens um einen leichteren Fall handle; die geltend gemachte, gesundheitliche Indisposition wurde damit bereits berücksichtigt. Die anscheinend von dritter Seite verfassten Gesuchsanbringen sind in» übrigen in mehreren Punkten unzutreffend, namentlich ergibt sich aus dem Bericht der Generaldirektion der Bundesbahnen, dass Fischer die erforderliche Prüfung zum Bureaudienst im Juni 1928 bestanden hat und seinen Dienst im Zeitpunkte des Bahnunglückes bereits über ein Jahr versah.

Die Bückmeldung des Zuges hat er damals, wie die Generaldirektion schreibt, einfach vergessen. Die äusserst schweren Folgen, die sich an die Vergesslichkeit eines Beamten im Bahndienst knüpfen können, erweist der vorliegende Fall in erschreckender Weise.

Anderseits ist glaubhaft, dass die Entrichtung der Busse und dei: hohen Kosten für Fischer als Familienvater drückend ist. Zugunsten Fischers und einer Teilbegnadigung, wie sie von den anderweitigen
Behörden einhellig beantragt wird, kann aber namentlich darauf Gewicht gelegt werden, dass er als besonders tüchtiger und pflichtgetreuer Beamter gilt, der bis zu diesem bedauerlichen Vorkommnis sich eine einzige, unwesentliche Unregelmässigkeit.

hat zu Schulden kommen lassen.

Wir beantragen Herabsetzung der Busse um die Hälfte, mitbin bis zu.

Fr. 100.

8. Marie Demierre, verurteilt am 12. Februar 1930 vom Tribunal correctionnel de la Sarine zu 6 Tagen Gefängnis. Der dem kantonalen Kassationshof eingereichte Rekurs und die beim Bundesgericht erhobene Kassationsbeschwerde sind abgewiesen worden

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Am 10. Juni 1929, abends, hat der Schnellzug Lausanne-Freiburg auf dem Bahnübergang von Villars sur Glane ein Personenautomobil erfasst. Dank der Geistesgegenwart des Zugspersonals und des Automobilisten konnte die Gewalt des Zusammenstosses gemildert werden, so dass von den drei Insassen einzig eine Person verletzt wurde; das Automobil erfuhr Beschädigungen, ebenso die Lokomotive an den Laternen. Die Barrieren waren nicht geschlossen gewesen. Die stellvertretende Barrierenwärterin Marie Demierre hatte noch den am 15. Mai ausser Kraft gesetzten Winterfahrplan im Gedächtnis und erschien, dem jetzt früher fahrenden Zuge gegenüber, zu spät zum Dienste.

Marie Demierre ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Den Fehler, der ihr die Anstellung gekostet habe, sehe sie ein. Heute müsse sie als Unvorsichtigkeit betrachten, dass sie mit 40 Jahren den Dienst einer stellvertretenden Wärterin übernommen habe. Bei drei oder vier Diensttagen im Monat habe sie am Tage des Unglücks seit dem Sommerfahrplan den Dienst erst zum zweitenmal versehen. Der Gedanke, dass dieses Versehen sie als ehrbare Frau und Mutter ins Gefängnis bringen solle, wie wenn es sich um ein infamicrendes Verbrechen oder Vergehen handeln würde, bedrücke sie namentlich der Kinder wegen derart, dass ihr Gesundheitszustand schwer beeinträchtigt sei.

Der Präsident des urteilenden Gerichtes hält dafür, an dem urteil festhalten zu sollen. Das Polizei département des Kantons Freiburg stellt keinen Antrag. Die Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes verzichtet aus allgemeinen Erwägungen, die Begnadigung zu empfehlen: Diese Stellungnahme falle ihr nicht leicht, da es sich anscheinend um eine unbescholtene Frau und Mutter handle, die sich durch die Uberoahme des Schrankendienstes Mittel verschaffen wollte, uni u. a. besser für. ein taubstummes Kind sorgen zu können.

Unserseits legen wir "Wert darauf, in erster Linie festzuhalten, dass die richterliche Beurteilung der Angelegenheit gerecht geworden ist. Der Kassationshof des Bundesgerichtes bestätigte namentlich, dass Marie Demierre sich eine schwere Fahrlässigkeit zuschulden kommen liess, weshalb im Zusammenhang mit dem objektiven Tatbestand nicht von einem leichteren Fall gesprochen werden könne. Dies vorausgesetzt, musste das urteilende Gericht auf Freiheitsstrafe erkennen.
Die Frage der ganzen oder teilweise!! Begnadigung ist unter diesen Umständen besonders heikel, jedoch glauben wir bei eingehender Prüfung der Angelegenheit, die Gewährung der bedingten Begnadigung befürworten zu sollen. Die Gesuchstellorin ist unverzüglich entlassen worden. Neben dieser Massnahme und neben Urteilen mit blossen Geldbussen erscheint die erkannte Freiheitsstrafe um so schwerwiegender als eine andere Wärterin, die gleichen Tags und bei Anlass desselben Bahnzuges die Barrieren ebenso offen liess, ohne dass sich jedoch die Gefahr weiter auswirkte, lediglich disziplinarisch bestraft wurde. In der Dezembersession 1926 ist der Emma Burkhardt in einer gleichgearteten Sache aus Koinmiserationsgründen die Gefängnisstrafe gänzlich erlassen worden (Antrag 8 des Berichtes vom 5. November 1926, Bundesbl. II,

562 600). Die Durchführung des Strafvollzuges widerstrebt uns auch im vorliegenden Falle aus Erwägungen, wie sie allgemein der Wohltat der bedingten Begnadigung zugrunde liegen. Die nicht vorbestrafte Gesuehstellerin ist der Begnadigung in persönlicher Hinsicht würdig.

Wir beantragen deshalb, die Gefängnisstrafe von 6 Tagen bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Marie Demierre während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe.

9. und 10. Fritz Dätwiler und Siegwart Zimmerli, verurteilt am 8. Oktober 1930 vom Obergericht des Kantons Aargau, in Verschärfung des erstinstanzlichen Urteils, zu je 5 Tagen Gefängnis.

Dätwiler und Zimmerli haben am 7. März 1980, um 21 Uhr, bei der Haltestelle am Distelberg eine Weiche der Aarau-Schöltland-Bahn aus Mutwillen mit Steinen verkeilt. Dank der Wachsamkeit des Wagenführers konnte eine Zogsentgleisung vermieden werden.

Dätwiler und Zimmerli ersuchen um Erlass der Gefängnisstrafen. Wie im Strafverfahren suchen sie darzutun, von den Steinen, die sie lediglich mit den Füssen weggestupft hätten, seien einige in die Weiche geraten. Eine Zugsgefahrdung sei ihnen ferne gewesen. Man möge sie als Minderjährige vor dem Strafvollzug bewahren.

Das Bezirksgericht Aarau empfiehlt die Gesuchsteller.

Mit der eidgenössischen Eisenbahnabteilung ziehen wir gnadenhalber die Jugendlichkeit der Bestraften in Betracht und beantragen die Gefängnisstrafen von je 5 Tagen bedingt zu erlassen unter denselben Bedingungen wie bei Marie Demierre. Da es sich, entgegen den anscheinend von dritter Seite verfassten Gesuchsanbringen, um eine vorsätzlich begangene Gefährdung handelte, musate der Bichter auf Gefängnisstrafe erkennen. Mit den Erwägungen des kantonalen Obergerichtes ist auch zu betonen, dass die Eisenbahngefährdung zur Nachtzeit erfolgte. Anderseits sind die Gesuchsteller ohne Vorstrafe, und die bedingte Begnadigung darf aus allgemeinen Erwägungen verantwortet werden. Die auferlegte Probezeit kannjdazu beitragen, ihren jugendlichen Übermut zu zügeln.

11. Fritz Berger, verurteilt am 4. Februar 1930 vom Kantonsgericht des Kantons St. Gallen, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 3 Monaten Gefängnis. Die beim Bundesgericht erhobene Kassationsbeschwerde ist abgewiesen worden.

Berger wurde
in der Nacht vom 10./11. Juli 1929 bei Bheineck von einem Grenzwächter auf dem Bahngeleise der Bundesbahnen gebunden aufgefunden ; nach seiner Befreiung mahnte Berger, den Nachtzug nicht durchzulassen, was ·zn einer Streckenbegehung führte, die aber ergebnislos verlief, da sie zu -wenig weit ausgeführt wurde. In Wirklichkeit befanden sich, was Berger verschwieg, auf zwei Geleisen zwei Bremsklötze, an die in der Folge ein Nachtschnellzug

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und ein Morgenschneiïzug anprallten, ohne dass jedoch die mögliche Entgleisung eingetreten wäre. Einer der Züge wäre voraussichtlich entgleist, hätte nicht der besonders tief angebrachte Schienenräumer den Bremsklotz weggeschleiidert.

Das ganze Vorkommnis -- sowohl die eigene Fesselung wie das Legen der Bremsklötze -- war von Berger selbst ausgegangen. Er beabsichtigte, als entlassener Hilfsarbeiter im Güterschuppen Borschach, die Bundesbahnen auf sich aufmerksam zu machen und als Anzeiger eines angeblichen Eisenbahnattentates aufzutreten, um wieder bei der Bahn unterzukommen.

Für Berger ersucht ein Bechtsanwalt um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe. Wie beim Strafverfahren wird auf den Sachverhalt des nähern eingetreten und geltend gemacht, die Handlungsweise Bergers sei Ausfluss einer momentanen Verwirrung und heftigen Gemütserregung, die als Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit betrachtet werden müsse und eine Begnadigung zur Folge haben dürfe. Berger bereue die unüberlegte Handlungsweise. Der Strafvollzug wäre eine Härte.. Für Einzelheiten verweisen wir auf die Gesuchsanbringen selbst, ferner auf das nachträgliche, persönliche Schreiben Bergers.

Dem bei den Bundesbehörden am 26. November 1930 eingereichten Gesuche gegenüber ergab sich von vornherein, dass es der Verfasser in der Hand gehabt hätte, das Gesuch in einem Zeitpunkte einzureichen, der die Behandlung in der Dezembersession 1930 ermöglicht hätte. Die späte Einreichung zwang die Behörden, sich zunächst darüber schlüssig zu inachen, ob der bis zum 2. Januar 1931 gewährte Strafaufschub bis zum Entscheid der Begnadigungsbehörde zu verlängern sei oder ob der Vollzug im Januar vor sich gehen solle. "Wenn in der Folge der Strafvollzug weiterhin aufgeschoben blieb, so geschah dies namentlich in Erwägung, es sei die späte Gesuchseinreiehnng nicht Berger selbst, sondern seinem Bechtsanwalt zur Last zu legen. Der Umstand, dass die Angelegenheit erst in der Junisession zur Erledigung gelangt, d. h. die Tatsache eines längeren Zeitablaufes seit der Verurteilung, ist hinwiederum auch nicht zugunsten Bergers zu verwerten, ansonst die Trölerei mit Begnadigungsgesuchen geradezu gutgeheissen würde.

Die Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes kann weder die ganze noch die teilweise Begnadigung befürworten;
sollte aber Begnadigung erfolgen, so würde sie den bedingten Straferlass mit einer angemessenen Probezeit bevorzugen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen scliliesst sich dieser Stellungnahme an, mit dem Beifügen, Berger sei immerhin bereits 20 Tage in Untersuchungshaft gewesen. Das Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragt Abweisung.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung, in der Meinung, es könne bei der gerichtlichen Erledigung der Sache sein Bewenden haben. Wie der Kassationshof des Bundesgerichtes hervorhebt, wurde die Tat mit Umsicht und zu einem Zwecke begangen, der beweist, dass Berger imstande war, die Tragweite seines Handelns zu überblicken; Milderungsgründe -- wozu wir auch die frühere Tätigkeit als Kinomechaniker rechnen, die den Anstoss zur äussern Aufmachung

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des ganzen Vorgehens gegeben haben mag -- seien vom Kantonsgericht weitgehend berücksichtigt -worden. Hinzu kommt, dass Berger in allgemeiner Weise als «überaus frech« bezeichnet wird, so vom Stadtrat von Borschach, und dass kürzliche Erhebungen über die Arbeitsleistungen als gewesener Hilfsarbeiter der S. B. B. nicht zugunsten Bergers lauten. '

13. Frieda Hügli, 1908. Modistin, Schönbühl (Bern).

(Bahnpolizei.)

12. Frieda Hügli ist mit Strafmandat des Gerichtspräsidenten von Fraubrünnen vom 17. Dezember 1980 gemäss den Art. ô und 8 des Bundesgesetzes betreffend die Handhabung der Bahnpolizei vorn 18. Februar 1878 zu Fr. 10 Busse verurteilt worden.

Die Bestrafung erging, weil Frieda Hügli mit andern beschuldigt war, in Schönbühl eine Barriere der Bundesbahnen eigenmächtig geöffnet zu haben.

Frieda Hügli ersucht um Erlass der Busse, Auf das Strafmandat hin ist sie beim Stationsvorstand in Schönbühl vorstellig geworden, weil ein Irrtum in der Person vorliegen müsse. In der Folge unterblieb der Einspruch gegen das Strafmandat, so dass dieses dermalen rechtskräftig ist. Der Stationsvorstand hinwiederum erklärt, Frieda Hügli habe sich damals augenscheinlich nicht unter den Übertretern befunden.

Mit dem Begierungsstatthalter von Fraubrunnen, der Eolizeidirektion des Kantons Bern und der Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes b e a n t r a g e n wir den Erlass der Busse. Mit den Kosten haben sich die Bundesbehörden nicht zu befassen.

13. Oskar Oeschger, 1902, Chauffeur. Niederhof (Baden).

(Schwach- und Starkstromgesetz usw.)

13. Oskar Oeschger ist am 20, November 1930 vom Bezirksgericht Lenzburg gemäss Art. 56 des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwach- and Starkstromanlagen vom 24. Juni 1902 in Verbindung mit dein Automobilkonkordat zu Fr. 40 Busse verurteilt worden.

Oeschger hat am 14. Juli 1930 mit seinem Langholzwagen eine Telephonstange beschädigt. Nach den Urteilserwägungen ist Oeschger einem andern Wagen unzeitig vorgefahren, ferner hat er das Konkordat mit Bezug auf Geschwindigkeit und Ladegewicht übertreten.

Oeschger ersucht um Ermässigung der Busse, nebst Stundung. Der Schaden von Fr. 122 sei ersetzt. Haupterwerb der sechs Brüder und zwei Schwestern sei ein Autobetrieb and eine kleine Landwirtschaft. Seit langer Zeit seien sie ohne Arbeit.

565

Das Bezirksgericht Lenzburg bemerkt, die Verhältnisse des im Ausland wohnenden Gesuchstellers könnten nicht überprüft -werden. Das Gericht beantragt Abweisung.

Die erkannte Gesamtstrafe ist deshalb bundesrechtlicher Art, weil nach Tatbestand und Strafandrohung die Widerhandlung gegen das Schwach- und Starkstromgesetz überwiegt. Mit der eidgenössischen Obertelegraphendirektion, Kechtsbureau, bea n t r a g e n wir Abweisung. Besondere Begnadigungsgründe fehlen. Oeschger ist seinerzeit nach dem Vorkommnis ohne jede Meldung weggefahren.

14. Marie Jud, 1879, Hausfrau, Maseltrangen (St. Gallen).

(Postgeheimnisverletüung.)

14. Marie Jud ist am 15. Dezember 1930 vom Bezirksgericht Gaster gemäss Art. 57 und 5 des Postverkehrsgesetzes vom 2. Oktober 1924 und Art. 81 ff.

des Bundesstrafrechtes zu einem Tag Gefängnis verurteilt worden.

Marie Jud, Ehefrau des Posthalters, hat in Ausübung postdienstlicher Verrichtungen in zwei Fällen aus Neugierde einen Brief geöffnet und vom Inhalt Kenntnis genommen.

Der Verteidiger reicht ein vom Ehemann der Verurteilten gestelltes Begnadigungsgesuch ein. Wie im Strafverfahren wird, im wesentlichen in Wiederholung der Verteidigung, geltend gemacht, Frau Jud seien die Vorschriften über das Postgeheimnis und seine Tragweite nie bekanngegeben worden. Es liege blosse Neugierde vor, ohne dass jemand vom Inhalt der Briefe Kenntnis erhalten hätte. Ein umfassendes und aufrichtiges Geständnis sei sofort erfolgt ; die Verurteilte leide schwer unter der Sache und habe an ihrer Gesundheit Schaden genommen. Der Leumund sei sehr gut; es sei die einzige Verfehlung dieser Art, auch werde Erau Jud im Postdienst in keiner Weise mehr beschäftigt. Der Vorfall sei für die Familie, vorab den Fjhemann, ein schwerer Schlag. Diese Umstände sollen zeigen, dass die Bestrafung nach Gesetz Folgen habe, die der Gesetzgeber selbst vielleicht nicht beabsichtigt habo.

Durch eine Begnadigung werde dagegen sowohl dem Bedürfnis nach gerechter Sühne als auch nach milder Würdigung Genüge getan, namentlich im Vergleich zu früheren Begnadigungsfällen ähnlicher Art.

Das urteilende Gericht befürwortet die Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen, da der bedingte Straferlass unzulässig gewesen sei. Der Bezirksammann von Gast er bestätigt die Gesuchsdarstellung; Frau Jud leide unter dein Straffalle sehr schwer, weshalb gegen die Begnadigung nichts eingewendet werde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen begnügt sich mit dem Hinweis auf eine Erklärung der Oberpostdirektion und der Bundesanwaltschaft, der Straffall sei von schwererer Art, weshalb die Mindeststrafe als weitgehende, richterliche Milde zu bezeichnen sei. Das kantonale Justiz-

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département äussert sich ähnlich, verweist aber auch darauf, dass das Gericht.

Frau Jud zweifellos bedingt verurteilt hätte, wenn dies bundesrechtlich zulässig gewesen wäre. Nach Vorleben und Charakter sei aber unbedenklich zu sagen, dass die Verurteilte nunmehr der bedingten Begnadigung würdig sei, was beantragt wird.

Der Generaldirektor der Post- und Telegraphenverwaltung beantragt Abweisung. Das widerrechtliche öffnen verschlossener Briefe wird als schwere Postgeheimnisverletzung erklärt, als Verstoss gegen einen der wichtigsten Grundsätze des Postverkehrs und Verletzung der in Art. 36 BV gewährleisteten Eechte der Postbenützer, auch wenn der Fehlbare ohne Schädigungsabsicht handle. Die Art des Vergehens spreche an und für sich gegen die Begnadigung.

Die im Gesuch vergleichsweise genannten Fälle könnten mit dem heutigen nicht auf die gleiche Linie gestellt werden. Bezeichnenderweise sei hier dem Untersuchungsbeamten der Kreispostdirektion erklärt worden, dass die Be- · völkerung von Maseltrangen, schon bevor diese beiden Postgeheimnisverletzuiigen ruchbar wurden, in bezug auf die Besorgung des dortigen Postdienstes misstrauisch gewesen sei. Man habe beobachtet, dass auf dem Postbureau Maseltrangen vom Inhalt ankommender und aufgegebener Post- und Ansichtskarten Kenntnis genommen worden sei. Verschiedene Postbenützer sollen deshalb vielfach auf den Postwagen Schänis-Kaltbrunn warten und ihre Briefschaften dort einwerfen, um sie nicht beim Postbureau Maseltrangen aufgeben zu müssen. Andere hätten ihre Postsachen nach Eufi oder nach Kaltbrunn gebracht.

Unserseits beantragen wir desgleichen Abweisung, in der Meinung, dass.

es bei der Mindeststrafe sein Bewenden haben kann, ohne dass darin nach der Lage des Falles eine besondere Härte zu erblicken ist. Die Hinweise des Generaldirektors der Post- und Telegraphenverwaltung sind schwerwiegender Art und die blosse Möglichkeit, dass eine Ortsbevölkerung der Besorgung des Postdienstes Misstrauen entgegenbringt, muss zum Aufsehen mahnen. Was die im Gesuch herangezogenen früheren Begnadigungssachen betreffend Postgeheimnisverletzung anbetrifft, so handelte es sich bei Ducret um einen Grenzfall, der vielleicht disziplinarisch hätte erledigt werden können, bei Lilly Brechet um eine erst etwas über 18jährige, im Falle Spiegelberg um einen, bei sich
widerstreitenden Amtspflichten entstandenen, Gewissenskonflikt und in der Folge begangenen Fehler; überall kam zudem ein einmaliges Vorkommnis zur Beurteilung (für diese Angelegenheiten zu vgl. Ducret: Buridesbl. 1929, III, 262, Lilly Brechet: Bundesbl. 1930, I, 556, und Spiegelberg: Bundesbl. 1930, II, 673/674). -- Immerhin möchten wir unserem Abweisungsantrag die Bemerkung beifügen, dass angesichts der einhelligen Gesuchsbefürwortung durch die Kantonsbehörden und der Erklärung des urteilenden Gerichtes die bedingte Begnadigung als Notbehelf für den fehlenden bedingten Strafvollzug nicht schlechthin zu verwerfen ist.

5fi7 15.

16.

17.

18.

19.

80.

ßottlieb Lörfscher, 1898, Pächter, Wimmis (Bern), Alois Breitschmid, 1881, Landwirt, Wohlen (Aargau), Fritz Jaun, 1889, Wirt und Landwirt, Unterkulm (Aargau), Anna Zumsteg, 1890, Wil (Aargau), Maria Weber, 1860, Wil (Aargau), Marie Beschir, 1862, Chevenez (Bern).

(Lebensmittelpolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 und zudienenden Vollzugserlassen sind verurteilt worden: 15. Gottlieb Lörtscher, vorurteilt am 20. Januar 1981 vom Gerichtspräsidenten von Niedersimmental zu 10 Tagen Gefängnis und Fr. 50 Busse, Lörtscher hat in der zweiten Hälfte des Jahres 1980 die einem Milchhändler gelieferte Milch während längerer Zeit verwässert. Der Wasserzusatz.

der Verdachtsprobe betrug 51 % der reinen Milch.

Lörtscher ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Der Strafvollzug entziehe ihm die Möglichkeit von Taglohnarbeiten, so dass er mit Frau und zwei Kindern den betagten Eltern zur Last fallen müsste.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet die teilweise Begnadigung. Die kantonale Direktion des Innern stimmt diesem Antrag zu, wogegen die kantonale Polizeidirektion Abweisung beantragt.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt beantragen wir Abweisung.

Der als Begnadigungsgrund geltend gemachten Arbeits- und Verdienstlosigkeit trägt das Urteil ausdrücklich Bechnung. Die krasse Wässerung und ihre längere Dauer sprechen gegen den Gesuchsteller, so dass günstigstenfalls eine gewisse Herabsetzung der Freiheitsstrafe erwogen werden könnte.

16. Alois Breitschmid, verurteilt am 12. Juli 1980 vom Bezirksgericht Bremgarten zu 8 Tagen Gefängnis und Fr. 150 Busse. Die Beschwerde des Verurteilten hat das Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen.

Die von Breitschmid am 7. April 1930 einem Kunden gelieferte Milch erwies sich als zu 7,9 % gewässert.

Für Breitschmid ersucht der Verteidiger um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe. Breitschmid versichere nach wie vor seine Unschuld; der Verfasser des Gesuches ist überzeugt, dass es sich um einen Justizirrtum handle. Im übrigen wird auf die seinerzeit verfasste Beschwerde verwiesen.

In den Akten befindet sich ein Auszug aus der Strafkontrolle Wohlen betreffend sieben, teils neuere Bussenurteile. Das Bezirksgericht Bremgarten beantragt die teilweise Begnadigung.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt beantragen wir Abweisung, Die kantonalen Strafbehörden haben als erwiesen erachtet, dass die Wässerung;

568

·vorsätzlich und namentlich fortgesetzt geschah. Das Obergericht erklärt, ah der Schuld des Beklagten sei nicht zu zweifeln. Was der Verfasser des Gesuches, der bezeichnenderweise seine frühere Besehwerdeschrift beilegt, anstrebt, wäre gleichbedeutend mit, einer Überprüfung des Schuldbeweises, worauf sich die Begnadigungsbehörde wie bis anhin nicht einlassen sollte (hieran Anträge 15--18 des Berichtes vom 21. .November 1930, Bundesbl. II, 679/680).

17. Fritz Ja un, verurteilt am 14. Oktober 1980 vom Bezirksgericht Kahn 3M 3 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Die aus dem Betriebe Jauns am 23. September 1980 erhobene Milch erwies sich als zu 8,7 % gewässert. Jaun gab die "Wässerung in einem Schreiben an den Kantonschemiker zu.

Jaun ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Für eine erste Verfehlung sei die Strafe ausserordentlich streng. Im Zeitpunkt der Tat sei ihm ihre Strafbarkeit nicht zum Bewusstsein gekommen. Er sei sonst unbescholten, habe sofort gestanden und bedaure die Handlung, die sich nicht wiederholen werde.

Der Gemeinderat Unterkulm bestätigt den gänzlich unbescholtenen Leumund und befürwortet das Gesuch. Das urteilende Gericht empfiehlt den Gesuchsteller ebenfalls. Der Vorstand der Käsereigenossenschaft Wannenhof, der das Gesuch gleicherweise unterstützt, bezweifelt, dass Jaun im Zustande der Zurechnungsfähigkeit gehandelt habe, wofür er Einzelheiten anführt.

Das eidgenössische Gesundheitsamt schliesst sich dem Gesuch um Erlass der Freiheitsstrafe an.

Unserseits beantragen wir auf Grund der Akten und einhelligen Befürwortungen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von 3 Tagen, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Jaun während dieser Zeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen, verübe. Angesichts der in andern Fällen gestellten Abweisungsanträge erfolgt dieser Antrag nicht ohne Bedenken. Die besonderen Umstände des Falles, namentlich die auffälligen Hinweise im Bericht der Käsereigenossenschaft, lassen jedoch einen Gnadenakt zu.

18. Anna Zumsteg, verurteilt am 2. Oktober 1930 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 4 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Die aus dem Betriebe Zumstegs am 12. August 1930 gelieferte Milch erwies sich als zu 22,, % gewässert. Den Stall hatte damals die Ehefrau Zumsteg besorgt. Vom Tage der Verdachtsprobe
ging die Milchmenge um 2 Liter .zurück, was dem vorherigen Wasserzusatz entspricht. Die Verurteilte beteuerte beharrlich ihre Unschuld.

Der Ehemann ersucht, sieh seiner Familie zu erbarmen. Zwei Monate vor der Probeentnahme habe seine Frau dem siebenten Kinde das Leben geschenkt.; seither sei sie in ihrer Gesundheit angegriffen, und die Verurteilung nehme sie derart mit, dass die Gefahr des Irrsinns bestehe.

In den Akten befindet sich ein Arztzeugnis, Die Gemeindekanzlei Wil äussert sich über die bedrückte Lage der Eheleute. Das Bezirksgericht Laufen-

569 bürg empfiehlt die Begnadigung mit Bücksicht auf die ärmlichen Verhältnisse.

Das eidgenössische Gesundheitsamt schliesst sich dem Gerichte an, Kommiserationsweise. da es sich um eine Mutter von sieben Kindern in ärmlichen Verhältnissen und von Besorgnis erweckendem Gesundheitszustande handelt, glauben wir verantworten zu können, den Anträgen des urteilenden Gerichtes und des Gesundheitsamtes im Wege der bedingten Begnadigung Bechnung /u tragen.

Wie b e a n t r a g e n , die Gefängnisstrafe von 4 Tagen bedingt zu erlassen unter denselben Bedingungen wie bei Jaun.

19. Maria Weber, verurteilt am 2. Oktober 1930 vom Bezirksgericht Laufenburg zu Fr. 100 Busse.

Die am 12. August 1980 aus dem Beirieb des Tochtermanns der Verurteilten gelieferte Milch erwies sich als zu 8,g % verwässert. Das urteilende Gericht hielt dafür, es liege Fahrlässigkeit vor, indem die siebenzigjährige Witwe Weber die Milchbrente beim Eeinigen ungenügend entleert habe, so dass Wasser zurückblieb.

Die Verurteilte lässt um Erlass der Busse ersuchen. Das Vorkommnis beruhe auf einem unglücklichen Zufall. Mit. siebenzig Jahren sei sie ohne Vorstrafe und habe je und je einen guten Leumund genossen.

Der Gemeinderat Wil bescheinigt, dass die Gesuchstellerin in finanzieller Hinsicht eigentlich nichts mehr zu verfügen habe. Das Bezirksgericht Laufenburg beantragt Abweisung, das eidgenössische Gesundheitsamt Herabsetzung der Busse um die Hälfte.

Auf Grund der Urteilserwägungen und des Abweisungsantrages des urteilenden Gerichtes, das die Verhältnisse der Gesuchstellerin ebenfalls kennt, beantragen wir Abweisung.

20. Marie Beschir, verurteilt am 11. Februar 1930 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu Fr. 25 Busse und Fr, 5. 50 Kosten.

Marie Beschir hat das Fleisch eines notgeschlachteten Kalbes verkauft, ohne es dem Fleischschauer vorgewiesen zn haben.

Marie Beschir ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Sie habe gutgläubig gehandelt. Bei ihrer Armut und ihrem Alter sei das Urteil eine schwere Belastung.

Der Gemeinderat Cbevenez befürwortet das Gesuch, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt die teilweise Begnadigung, die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Bern Herabsetzung um die Hälfte, die kantonale Polizeidirektion Herabsetzung bis Fr. 10.

Mit dem eidgenössischen Veterinäramt beantragen wir kommiserationsweise Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Auf den Kostenerlass ist nicht einzutreten.

BufldesWatt. 83. Jahrg. Bd. 1.

44

570 21. Heinrich Keller, 1892, Landwirt, Himheim. (Thurgau).

( Seuchen Verheimlichung.)

21. Heinrich Keller ist am 21. Februar 1930 von der Eekurskominission des Obergerichts des Kantons Thurgau gemäss Art. 10 des Bundesgesetzes betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen vom 18. Juni 1917 und den Art. 142 und 270 der Vollziehungsverordnung vom 30. August 1920 zu einer Gefängnisstrafe von 8 Tagen und Fr. 300 Busse verurteilt worden ; die bezirksgerichtliche Kommission Steckborn hatte auf 5 Tage Gefängnis erkannt.

Am 4. September 1929 fiel Keller auf, dass sein Vieh nicht ganz in Ordnung war; am 7. September äusserte er sich zu seinem Knecht, jetzt glaube er, im Stall die Maul- und Klauenseuche zu haben. Sonntags, den 8. September begab sich Keller trotzdem wiederholt auswärts, so besuchte er zweimal Wirtschaften.

Montags suchte er einen Nachbar auf, und erst abends liess er endlich den Tierarzt rufen. In der Folge räumte Keller ein, dass er die Anzeige spätestens am 7, September, besser nochfrüher, hätte machen sollen. -- Da Keller seinen Viehstand im Jahre 1920 durchgeseucht hatte, kannte er die Krankheitszeichen, Keller ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. "Wie im Strafverfahren erklärt er, eine böse Absicht habe nicht bestanden und es sei ihm nicht darum zu tun gewesen, andere in Schaden zu bringen. Er sehe ein, sich ausserordentlich fahrlässig verhalten zu haben. Die Verbüssung der Gefängnisstrafe müssteihn als Familienvater übermässig schwer treffen.

Das Bezirksamt Steckborn beantragt, dem Bittgesuch nicht zu entsprechen.

Das Landwirtschaftsdepartement und das Justizdepartement des Kantons Thurgau beantragen Abweisung.

Mit dem eidgenössischen Veterinäramt beantragen wir desgleichen Abweisung. Die Strafsache ist in erster und oberer Instanz als vorsätzliche Seuchenverheimlichung von krasser Art beurteilt worden. Die von Keller und seinen Angehörigen verursachte, intensive Gefährdung des Viehstandes der Nachbarschaft kann nicht bestritten werden. Die Gerichtsbehörden erachteten ein& exemplarische Bestrafung als geboten. Heute lauten die Anträge der Kantonsbehörden einhellig auf Abweisung, wobei das Landwirtschaftsdepartement betont, der zeitliche Abstand von dem furchtbaren Seuchenzug ermögliche eine ruhige, leidenschaftslose Betrachtung der Dinge, Unter diesen Umständen, sollte es auch
im Begnadigungsweg bei den Erwägungen der obergerichtlichen, Eekurskonimission sein Bewenden haben.

22. Daniel Scheidegger, Landwirt, Huttwil (Bern).

(Alkoholgesetz.)

22. Daniel Scheidegger ist am 16. Januar 1931 von der eidgenössischen Alkcholverwaltung gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vom 29. Juni 1900 mit Fr. 630 Busse bestraft worden, unter Ermässigung bis.

Fr. 420 wegen vorbehaltloser Unterziehung.

571 Scheidegger ist beim Kartoffelbrenneii ertappt worden.

Scheidegger ersucht um Erlass der Busse oder doch Ermässigung bis zu einem Mindestbetrag, Im Anschluss an ein vorangegangenes Stundungsgesuch wird namentlich die bedrängte Lage als Landwirt mit Familienlasten und einem verschuldeten Bergheimwesen geltend gemacht.

Der nachträglich um Bericht angegangene Gemeinderat Huttwil bescheinigt die Eichtigkeit der Gesuchsanbringen und empfiehlt bestmögliche Berücksichtigung.

Die eidgenössische Alkoholverwaltung erklärt, das Strafmass entspreche der üblichen Praxis. Bei Kommiserationsgründen werde einer Bussenermässigung beigepflichtet, jedoch solle nicht unter die Bussenhälfte gegangen werden.

Auf Grund des als richtig bestätigten Gesuchsinhaltes und in Berücksichtigung einer Teilzahlung von Fr. 75 beantragen wir, die verbleibende Busse von Fr. 345 bis zum Betrag von Fr. 200 zu erlassen in der Meinung, es seien dem Bestraften bis Ende Jahres Teilzahlungen zu ermöglichen. Ein weitergehendes Entgegenkommen sollte jedoch unterbleiben.

23. Alfred Mori, 1899, Händler, 24. Victor Fisse, 1891, Händler, beide in Basel.

(Patenttaxengesetz.)

28. und 24. Alfred Mori und Victor Fisse sind am 22. September 1930 vom Gerichtspräsidenten von Münster gemäss Bundesgesetz betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 in Verbindung mit dem bernischen Warenhandelsgesetz je zu Fr. 200 Busse verurteilt worden.

Mori und Fisse haben in Münster und Court auf Teppiche Bestellungen aufgenommen und Teppiche geliefert, ohne die nach den Umständen insgesamt nötigen Ausweise zu besitzen.

Beide ersuchen um Erlass oder doch Herabsetzung der Bussen, wozu sie ihren guten Glauben geltend machen. In Wirklichkeit seien sie Opfer der verschieden gearteten, kantonalrechtlichen Begelungen. Die Kantone bereisten sie seit Jahren, ohne bis anhin Anstände gehabt zu haben. Im Zeitpunkt der Vorkommnisse hätten sie sich zudem um das kantonale Patent beworben.

Der Vize-Begierungsstatthalter von Münster kann die Begnadigung nicht empfehlen. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung.

Mit der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragen wir desgleichen Abweisung. Es handelt sich um einen Konkurrenzfall zwischen eidgenössischem und kantonalem Becht, bei dem die bundösrechtliche
Strafandrohung überwiegt, die Gesamtstrafe dem Bundesr,echt angehört und die Begnadigung Sache der Bundesversammlung ist. Die Handelsabteilung schreibt, die Übertretungen hätten ganz offensichtlich die Taxumgehung bezweckt. Bei dem guten Erfolg der unzulässigen Verkauf aweise wäre ein Bussenerlass unangebracht.

572

25. Emil Schaöner, 1896, Giesser, Oberendingen (Aargau), 26. Valentino Vecellio, 1902, Zimmermann, Wettingen (Aargau), 27. Lina VeceUio, 1893, Hausfrau, Wettingen (Aargau).

(Zivilstandsdienst.)

Gemäss Verordnung über den Zivilstandsdienst vom 18. Mai 1928 sind verurteilt worden: 25. Emil Schaffner, verurteilt am 19. September 1980 vom Gerichtspräsidenten von Baden zu Fr. 10 Busse und Fr. 6. 50 Kosten.

Schaffner hat das am 27. Juli 1930 von seiner Ehefrau geborene Mädchen beim Zivilstandsamt erst am 2. August zur Anzeige gebracht.

Schaffner und das evangelisch-reformierte Pfarramt Baden stellen das Gesuch uin Erlass der Busse, wozu namentlich die grosse Armut der Familie Schaffner geltend gemacht wird.

Der urteilende Eichter bemerkt, der Erlass der bereits geringen Busse könne einzig mit Bücksicht auf die derzeit misslichen Erwerbsverhältnisse gewährt werden. Das eidgenössische Amt für den Zivilstandsdienst achliesst sich dieser Stellungnahme an.

Kommiserationsweise beantragen wir, aus den vom Pfarramt Baden geltend gemachten Erwägungen, die Busse zu erlassen.

26. und 27. Valentino und Lina Vecellio, verurteilt am 1. April 1930 vom Bezirksgericht Baden je zu Fr. 20 Busse.

Die Eheleute Vecellio, italienischer Staatsangehörigkeit, haben weder bei der Trauung noch innert bestimmter Frist nachher ihr voreheliches Kind beim Zivilstandsamt angemeldet.

Beide ersuchen um Erlass der Bussen. Die Legitimation hätten sie nicht unterlassen wollen. Es liege Gesetzesunkenntnis vor. Die ari Stelle der Mindestbusse von Fr. 5 erkannten Bussen und Kosten seien bei dem knapp ausreichenden Verdienst eine empfindliche Belastung.

Das Bezirksgericht Baden bemerkt, es sei in Würdigung aller Umstände zu den beiden Geldbussen gelangt und daher nicht in der Lage, der angestrebten Ermässigung zuzustimmen. Das eidgenössische Amt für den Zivilstandsdienst erachtet es demgegenüber nicht als zweifelsfrei, dass die Eheleute Vecellio als Ausländer den zur Anwendung gelangten Bestimmungen unterstellt seien und will ihnen mindestens die Ausländereigenschaft als Entschuldigungsgrund für die Unkenntnis des schweizerischen Eechtes zugute halten.

Mit dem Amt für Zivilstandsdienst beantragen wir bei der besonderen Lage des Falles den gänzlichen Erlass der Bussen, Die Verfahrenskosten und Staatsgebühren betragen immer noch Fr. 45. 40.

573 28.

39.

30.

31.

Adolï Gehret, 1895, Landwirt, Gstaad (Bern), Oskar Linder, 1898, Bauhandlanger, Meiringen (Bern), Joseï Häfliger, 1888, Landwirt, Eomoos (Luzern), Johann Bieri, 1877, Landwirt, Marbach (Luzern).

(Forstvergehen.)

GemässArt. 46, Ziff. 7, des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, in der durch Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1923 erhaltenen Fassung, sind verurteilt worden: 28. Adolf Gehret, verurteilt am 2. Oktober 1980 vom Gerichtspräsidenten von Saanen zu zwei Bussen von Fr. 70 und 67. 50.

Gehret hat in zwei Wintern unbefugterweise annähernd 25 Tannen schlagen lassen und das Holz in Verkehr gebracht.

.

Gehret ersucht um Erlass der zwei Bussen im Gesamtbetrag von Fr. 187. 50.

Er sei bei den Schlägen schonend vorgegangen und habe lediglich aus Not gehandelt. Er sei Vater von sechs Kindern. Das Heimwesen sei seither versteigert worden.

Der Gemeinderat Saanen empfiehlt die Begnadigung. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes bestätigt die Gesuchsanbringen und beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 30. Das Kreisforstamt IV und der Forstmeister des Oberlandes können lediglich den Erlass der Bussenhälfte beantragen.

Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen Herabsetzung der Bussen bis Fr. 60.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Herabsetzung bis Fr. 60, womit die Anträge der kantonalen Eegierungsdepartemente übernommen werden. Kommiserationsgründe sind offensichtlich vorhanden, hinwiederum muss die Erledigung des Einzelfalles die Behandlung ähnlich gearteter Fälle im Auge behalten.

29. Oskar Linder, verurteilt am 26. Dezember 1980 vom Gerichtspräsidenten von Oberhasli zu Fr. 180 Busse.

Linder hat während zwei oder drei Jahren ohne Bewilligung annähernd 39 Stämme Nadel- und Laubholz schlagen lassen.

Linder ersucht in längerer Eingabe um Erlass der Busse. In Wirklichkeit habe er das geschlagene Holz bloss tauschweise in Verkehr gebracht, da er zu Bauzwecken selbst mehr habe erwerben müssen. Der Eigenbedarf sei, so betrachtet, nicht überschritten. Er habe für Frau und Kind zu sorgen und befinde sich in Not. Dem Holzschlag habe keinerlei niedrige Absicht zugrunde gelegen.

Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes hält dafür, Linder habe gutgläubig gehandelt. Er lebe in dürftigen Verhältnissen, weshalb Herabsetzung der Busse bis Fr. 40 beantragt werde. Das Kreisforstamt I, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen Herabsetzung bis Fr, 80 :

574

Eine weitergehende Herabsetzung wäre untunlich ; denn könnten die Fehlbaren auf dem Umweg über die Begnadigung mit geringen Bussen wegkommen, hätte die Holzschlagspolizei bald sehr schweren Stand.

In Berücksichtigung der Notlage und da die Gesuchsanbringen einen glaubwürdigen Eindruck machen, übernehmen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die Anträge der obern Kantonsbehörden und beantragen Herabsetzimg der Busse bis Fr. 80, unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen des Begierungsstatthalteramtes.

30. Josef Häfliger, verurteilt am 9. Juli 1929 vom Amtsgericht Entlebuch zu Fr. 260 Busse.

Häfliger, der ohne Bewilligung Holz geschlagen hat, ersucht um Erlass der Strafe, soweit sie im Wege der Umwandlungshaft nicht bereits getilgt sei.

Der Gemeinderat BOÄIOOS äussert sich über die Verhältnisse des Gesuchstellers und beantragt, die verbleibenden 18 Tage der Gefängnisstrafe zu erlassen. Im Interesse der unmündigen Kinder stellt das Kreisforstamt Entlebuch den gleichen Antrag, ebenso die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und das kantonale Justizdepartement.

Mit Bücksicht auf den sonst guten Leumund, und die bedrängte Lage Häfligers beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei desgleichen den Erlass der Beststrafe.

31. Johann Bieri, verurteilt am 16.--24. Juli 1980 vom Amtsgericht Entlebuch zu Fr. 1176 Busse.

Bieri hat in seinen Schutzwaldungen ohne Bewilligung beträchtliche Schläge vorgenommen und sich ferner des widerrechtlichen Beseitigen? von Aufwuchs schuldig gemacht.

Der Verteidiget des Verurteilten hat die Appellation an das kantonale Obergericht zurückgezogen, wogegen er nunmehr ersucht, Bieri Busse und Kosten im Gnadenweg zu erlassen. Die zehnseitige Eingabe erweist sich als Verteidigungsschrift^ die eingehend die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten bespricht, die Lage seines Bergheimwesens erörtert und dann namentlich in auffällig scharfer Form die Stellung der Behörden zu den Schlaggesuchen anficht. Für Einzelheiten verweisen wir auf das Gesuch selbst, sowie seine Beilagen.

Das Kreisforstamt Entlebuch äussert sich zu don Gesuchsanbringen in einer sorgfältigen Gegenschrift, die in wesentlichen Punkten eine deutliche Berichtigung der Gesuchsdarlegungen bedeutet und die Abweisung des Gesuches
bezweckt. Der Gemeinderat Marbach erklärt, es liege auf der Hand, dass bei einer Begnadigung Bieris «bedenkliche Folgen der Nichtbeachtung der Forstgesetze eintreten können».

Das Kreisforstamt legt ferner die Erklärung eines Mitgliedes des Nationalrates bei, worauf verwiesen sei.

575

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und das Statthalteramt Entlebueh beantragen Abweisung, ebenso das kantonale Justizdepartement, das einen Beschwerdeentscheid der Kântonsregierung vom 26. Dezember 1929 beilegt.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Wie die kantonale Staatsanwaltschaft bemerkt, darf der Hinweis auf die ungünstige Finanzlage nicht von Strafe befreien, sofern wenigstens einer rücksichtslosen Holzerei entgegengearbeitet werden soll. Die Angelegenheit eignet sich deshalb nicht zur Begnadigung, weil die Holzschläge in ausgesprochenen Schutzwaldungen einer, wie gesagt wird, eigentlichen Verhöhnung der Forstpolizei gleichkommen. Von vornherein kann es nicht Sache der Begnadigungsbehörde sein, des nähern auf die Angriffe gegen die zuständigen Kantonsbehörden und die Art dieser Angriffe einzutreten.

32. Albert Bohr, 190S, Maschinist, Windisch (Aargau), 33. Gottfried Schutz, 1891., Waldarbeiter, Zurzach (Aargau).

(Fischereipolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend, die Fischerei vom 21. Dezember 1888 sind verurteilt worden: 32. Albert Bohr, verurteilt am 22, Januar 1931 vom Bezirksgericht Baden zu Fr. 50 Busse.

Bohr hat als Vorarbeiter in einer Kiesgrube den Schlammsammler geöffnet, um Wasser ablaufen zu lassen, und aus Vergesslichkeit den Auslauf zu spät geschlossen, so dass durch den Schlamm ein Fischgewässer verunreinigt wurde.

Bohr ersucht, ihm die Busse mindestens zur Hälfte zu erlassen. Die Bezahlung des ganzen Betrages mache ihm Mühe.

Das urteilende Gericht befürwortet die Teilbegnadigung bereits in den Urteilserwägungen und neuerdings im Wege der Begutachtung des Gesuches.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir unter den obwaltenden Umständen die Busse um die Hälfte, mithin bis zu Fr. 25 zu ermässigen.

33. Gottfried Schutz, verurteilt am 3. September 1930 vom Bezirksgericht Zurzach zu Fr. 200 Busse.

Schutz und ein anderer haben zum Fischfang Sprengpatronen verwendet, -wobei Fische im Werte von über Fr. 100 getötet wurden.

Schutz ersucht um gänzlichen oder allenfalls bedingten Erlass der Busse, ·da er ohne Vorstrafe sei, unter der Arbeitslosigkeit leide und für die betagte .Mutter zu sorgen habe.

576 Das urteilende Gericht stellt den Entscheid der Begnadigungsbehörde anheim. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir beantragen Abweisung zurzeit, in der Meinung, Schutz solle zunächst in Teilzahlungen Fr. 100 aufbringen. Fischfrevler dieser Art müssen bestraft werden. Zugunsten des Schutz spricht der gute Leumund, ferner dürfte einigermassen in Betracht gezogen werden, dass der Mitverurteilte als der eigentliche Urheber erscheint.

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Alois Bauer, 1891, Schreinermeister, Niedererlinsbach (Solothurn), Rudolf Mäder, 1869, Landwirt, Staufen (Aargau), Gustave Joray, 1865, Taglöhner, Belprahon (Bern), Friedrich Kobi, 1890, Landwirt, Grenchen (Solothurn), Pierre Mondiny, 1908, Techniker, Holderbank (Aargau), Rudolf Burkhardt, 1879, Landwirt, Gals (Bern), Aurèle Voumard, 1889, Uhrmacher, Tramelan-Dessous (Bern), Josef Kohler, 1878, Landwirt, Hermann Kohler, 1912, Landwirt, beide Vättis (St. Gallen), Werner Kipfer, 1911, Lehrling, Bern,

44. Peter Jordan, 1911, 45.

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Leo Jordan, 1914, beide Zwischbergen (Wallis), Fritz Neuenschwander, 1906, Landwirt, Wyssachen (Bern), Hans Husistein, 1910, Handlanger, Niederlenz (Aargau), Ernest Sémoroz, 1898, Landarbeiter, Lueens (Waadt), Arnold Treuthardt, 1901, Landwirt, Boltigen (Bern), Joseph Anklin, 1897, Fischer, Zwingen (Bern), Albert Frutiger, 1908, Landarbeiter, Goldswil (Bern), Gottfried Meier, 1914, Landarbeiter, Gottfried Meier, 1879, Landwirt, beide Nänikon-Uster (Zürich), Arthur Zbinden, 1907, Drogist, Burgdorf (Bern), Fritz Brunner, 1888, Schnitzler, Iseltwald (Bern), Johann. Tremp, 1896, Drechsler, Fellhändler, Maseltrangen (St, Gallen), Andreas Tarnutzer, 1908, Landwirt, Schiers (Graubünden), Arnold Hänzi, 1914, Lehrling, Hans Hänzi, 1912, Lehrling, beide Court (Bern), Johann Bolli, 1893, Giessereiarbeiter, Bauma (Zürich), Jakob Bertschinger, 1899, Holzer und Knecht, Steg-Fischenthal (Zürich),

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Johann Zwyer, 1901, Landwirt, Sisikon (Uri), Alois Planzer, 1895, Metzgermeister, Altdorf (Uri), Franz Vogel, 1866, Landwirt, Flühli-Sörenberg (Luzern), Edgar Buricod, 1908, Seiler, Vaulion (Waadt), Jean Hämmerly, 1904, Fabrikarbeiter, Savagnier (Neuenburg), Jakob Gisiger, 1905, Landwirt, Mümliswil (Solothurn), Alcide Seiler, 1903, Portier, Interlaken (Bern), Jean Blum, 1898, Jagdaufseher, Buch (Schaffhausen), Josef Bättig, 1881, Landwirt, Bickenbach (Luzern), Johann Wey, 1892. Bäcker, Rickenbach (Luzern), Gustav Baillif, 1878, Bahnangestellter, Villeneuve (Waadt), Alfred Fringeli 1904, .Landwirt, Bärschwil (Solothurn), Adolf Mathis, 1906 Holzarbeiter, Engelberg (Obwalden).

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 sind verurteilt worden : 34. Alois Bauer, verurteilt am 14. August 1980 vom Amtsgericht OltenGösgen gemäss Art. 89, Abs. 3, und 55, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 10 Busse.

Bauer hat im Wald einen jungen, geschützten Mäusebussard eingefangen und ihn gleichen Tags zum Kauf angeboten. Als ihm ein Jäger bemerkte, er setze sich damit einer Strafe aus, verbrachte Bauer den Vogel in den Wald zurück und setzte ihn wieder in Freiheit.

Bauer ersucht um Erlass der Busse; nach sachgemässer Aufklärung habt» er dementsprechend gehandelt.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt den Erlass der Busse, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir beantragen angesichts der Geringfügigkeit des Vorfalles, dessen Verlauf von einer Strafanzeige hätte abhalten können, den Erlass der Busse.

35. Eudolf Mäder, verurteilt am 13. März 1931 vom Gerichtspräsidenten von Lenzburg gemäss Art. 45, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 30 Busse.

Mäder ist wegen Jagenlassens seines Hundes, der ein Beh jagte, bestraft worden, Mäder ersucht um Erlass der Busse. Der Hund gehöre nicht ihm, er sei ihm zugelaufen und am Tage des Vorfalles zum Jagen entwichen. Die Bezahlung der Busse falle ihm schwer.

Der Gemeinderat Staufen schreibt, Mäder sei als Kleinbauer mit seinen finanziellen Verpflichtungen im Bückstand. Der urteilende Richter überlässt die

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Präge der Teilbegnadigung dem Entscheid der Begnadigungsbehörde. Mäder könne sich der Verantwortlichkeit für den Hund nicht entschlagen, nachdem er ihn mehrere Monate lang bei sich gehalten habe. Das Jagen durch "Wolfshunde und deren Abarten nehme zum Schaden des Wildbestandes immer zu.

Im Begnadigungswesen werde es nachgerade zur Unsitte, dass der Bestrafte das Urteil annehme und hernach Begnadigung verlange; dadurch würden die Gerichtsurteile immer mehr durch die Begnadigungsinstanz korrigiert.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir, das Gesuch abzuweisen. Wir beziehen uns hierbei auf die Hinweise im Bericht des urteilenden Richters.

86. Gustave Joray, verurteilt am 23. September 1980 vom Gerichtspräsidenten von Münster gemäss Art. 48 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse, Fr. 20 Wertersatz und Fr. 5 Kosten.

Joray hat einen von ihm aufgefundenen Hasen behändigt, den ein Hund zerbissen hatte.

Joray ersucht um Erlass der Busse und übrigen Beträge, wozu er sein Alter und die bescheidenen Verhältnisse geltend macht. Er habe gutgläubig gehandelt, sei kein Fre/ler und ohne jede Vorstrafe.

Der urteilende Richter befürwortet Herabsetzung der Busse bis auf Fr. 20, unter der Bedingung, dass dieser Betrag innert 8 Tagen bezahlt werde. Der Ortsgemeinderat schließet sich dem Antrag im Sinne einer fühlbaren Bussenermässigung an. Der Vize-Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet das Gesuch. Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen Herabsetzung bis Fr. 20, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bis Fr. 10.

Aus den von der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei geltend gemachten Erwägungen und da eine schuldhafte Handlung fehlen dürfte, beantragen wir, die Busse gänzlich zu erlassen. Mit dem Wertersatz und den Kosten hat sich die .Begnadigungsbehörde nicht zu befassen.

37. Friedrich Kobi, verurteilt am 24. Dezember 1930 vom Amtsgericht Solothurn-Lebern gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse, Fr. 20 Wertersatz und Fr. 10. 55 Kosten.

Kobi hat beim Mähen einen jungen Hasen verletzt, den er gefangen hielt in der Absicht, das Tierchen, das dann verendete, zu pflegen und aufzuziehen.

Kobi wendet sich gegen die als zu hoch bezeichnete Busse und den Wertersatz.
Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn erklärt das Urteil für unbefriedigend und äussert sich zum Erlass des Wertersatzes, der aber nicht Sache der Begnadigungsbehörde ist, indem ihm nicht die Eigenschaft einer Strafe zukommt.

579 Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Er. 5; hätte Kobi die Angelegenheit gemeldet, wäre sie in Ordnung gewesen.

38. Pierre Mondiny, verurteilt am 18. Dezember 1930 vom Bezirksgericht Lenzburg geinäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Mondiny hat einen Dachs, der in einen Fabrikschacht gefallen war, nach Hause genommen, gepflegt und einem zoologischen Garten geschenkt.

Mondiny ersucht angesichts des Sachverhaltes um Erlass der Busse.

Das urteilende Gericht beantragt die Begnadigung, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die Herabsetzung der Busse bis Fr. 5.

Wir beantragen desgleichen Herabsetzung der Busse bis Fr. 5.

39. Rudolf B u r k h a r d t , verurteilt am 4. September 1930 vom Gerichtspräsidenten von Erlach gemäss Art. 39, Abs. 3, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Burkhardt hat zugelassen, dass seine beiden Knaben einen Mäusebussard fingen und eine Nacht gefangen hielten, obschon er wusste, dass es sich um einen geschützten Vogel handelte. Andern Tags liess Burkhardt den Vogel wieder frei.

Der urteilende Eichter ersucht von sich aus, Burkhardt die Busse teilweise, d.h. bis zum Betrage von Fr. 10,zu erlassen. Die Busse verletze das Rechtsempfinden und Billigkeitsgefühl. Der Vogel sei eingefangen worden, um ihn dem Lehrer zu bringen. Der Geineinderat Gals empfiehlt den ganzen oder doch teihveisen Erlass.

Mit den Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10, so -wie dies der urteilende Eichter nachsucht.

40. Aurèle V o u m a r d , verurteilt am 28. Oktober 1930 vom Gerichtspräsidenten der Freiberge gemäss Art. 39 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Voumard hat versucht, mit Leimruten Distelfinke zu fangen.

Voumard ersucht um Erlass der Busse. Er habe mit seinem Vorhaben der damals im Gemute niedergedrückten Ehefrau einen Gefallen tun wollen, um .sie etwas aufzuheitern. Infolge langer Arbeitslosigkeit sei er ausserstande, die Busse aufzubringen. Er habe für Frau und Kind zu sorgen. Man möge seinen unbescholtenen Leumund und die Gesetzesunkenntnis berücksichtigen.

Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes erachtet die Gesuchsanbringen als
wahrheitsgemäss und beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen die gänzliche Begnadigung, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Herabsetzung bis Fr. 20.

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Wir b e a n t r a g e n Herabsetzung der Busse bis Fr. 10, Der gänzliche Erlass sollte unterbleiben; denn die Vogelstellerei macht Strafen notwendig.

41. und 42. Joseph und Hermann Kohler, vom Bezirksammann von Sargans am 11. November 1930 gemass Art. 10, Abs. 2, des Bundesgesetzes je mit Fr. 55 gebüsst.

Eine Haussuchung in der Alp führte zur Entdeckung zweier Murmeltierfelle, die von gefrevelten Tieren stammten.

Kohler, "Väter, ersucht um Erlass der Bussen, wozu er die schweren Familienlasten und ärmlichen Verhältnisse geltend macht.

Der Wildhüter wendet sich gegen die Begnadigung. Der Bezirksammann von Sargans beantragt Herabsetzung der Bussen bis je zu. Fr, 30. Das Justizdepartement des Kantons St. Gallen schliesst sich diesem Antrag aus Kommiseratioiisgründen an.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir bei Kohler, Vater, Abweisung. Bei Kohler, Sohn, wo Herabsetzung bis Fr. 80 befürwortet wird, berücksichtigen wir die Jugendlichkeit und beantragen Heraboetzung bis Fr. 10.

43. Werner K i p f e r , verurteilt am 14. November 1929 vom Gerichtspräsidenten von Bern gemass Art. 24 des Bundesgesetzes und kantonalem Jagdrecht zu Fr. 60 Busse.

Kipfer hat wiederholt geschützte und jagdbare Vögel geschossen.

Kipfer ersucht um Erlass der Busse, wozu er auf seinen bescheidenen Lohn und die einfachen Verhältnisse der elterlichen kinderreichen Familie verweist.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern und der B.egierungsstatthalter I des Amtsbezirkes beantragen Ermässigung der Busse um die Hälfte.

Mit den Forst- und Polizei direktionen des Kantons Bern und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir angesichts der andauernden Vogelschiesserei Abweisung.

44. und 45. Peter und Leo Jordan, vom Departement des Innern des Kantons Wallis am 11. November 1980 gemass Art. 41 und 48, Ziff. 5, Abs. 2, des Bundesgesetzes je mit einer Busse von Fr. 100 bestraft.

Peter und Leo Jordan sind an einem Oktobersonntag 1930 im Zwischbergental mit Repetierwaffen angehalten worden.

Beide ersuchen um Erlass der Bussen. Vom Vater mit dem Suchen vermisster Ziegen beauftragt, seien sie offen auf der Landstrasse marschiert; die Gewehre hätten sie mitgenommen, um Schiessübungen vorzunehmen, jedoch ohne Jagdabsicht. Sie seien Angehörige
einer kinderreichen, gaitó armen Familie.

Der Präsident der Gemeinde Zwischbergen ist überzeugt, dass die Bestraften keine bösen Absichten gehabt hätten; sie seien keine Jagdfrevler und-die.

581 grösste Milde erscheine am Platz, Die Familie Jordan sei die ärmste Familie der Gegend, dabei sehr brav. Der ältere Sohn erweise sich als Stütze der kränklichen Eltern. Die Bussen könnten nicht bezahlt werden, ohne eine Schuld aufzunehmen, und es sei fraglich, ob sich jemand fände, um die Beträge vorzusehiessen.

Das Departement des Innern des Kantons Wallis erklärt, an den Bussen festzuhalten. .Die eidgenössische Inspektion für Porstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung bei Jordan, Peter, und Herabsetzung bis Fr. 20 bei Jordan, Leo.

Unserseits bemerken wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, dass ein motivierter Strafentscheid fehlt. Die wesentliche Frage, ob die Jagdabsicht bewiesen sei, steht offen. Die Jugendlichkeit der beiden Bestraften, namentlich aber die Auskunft des Gemeindepräsidenten, legt ein Entgegenkommen nahe.

Wir beantragen bei beiden Gesuchstellern Herabsetzung der Bussen, und zwar bei Jordan Peter bis Fr. 25, bei Jordan Leo bis Fr. 10.

46. Fritz Neuenschwander, verurteilt am 14. August 1930 vom Gerichtspräsidenten von Trachselwald gemäss Art. 43, Ziff. 5 des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse.

Neuenschwander hat im Wald, der an seinen Acker stösst, aus einem Flobert zwei Schüsse auf Krähen abgegeben.

Neueuschwander ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Er habe sich durch die Umstände verleiten lassen, statt im Feld am Waldrand zu schiessen.

Die Krähen hätten im Kartoffelacker gewaltig geschadet. Eine Eingabe der Einwohnerschaft von Wyssachen bescheinigt die grosse Krähenplage.

Der Gemeinderat Wyssachen bestätigt die Gesuchsanbringen und empfiehlt das Gesuch. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet den teilweisen Erlass der hohen Mindestbusse. Die Porst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen Herabsetzung der Busse um die Hälfte ; unter diesen Betrag sei nicht zu gehen, um der Vorschrift, dass der Krähenabschuss im Walde eine Bewilligung erfordere, ^Nachachtung zu sichern. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt desgleichen Herabsetzung bis Fr. 50. Die Busse sei so hoch ausgefallen, weil der Eichter Verwendung eines verbotenen Floberts auf der Jagd angenommen habe. Die scharfe Strafandrohung sei aber auf Fälle dieser Art kaum anwendbar. Die kantonale Forstdirektion
bemerkt ähnlich, von Jagdausübuug könne hier nicht wohl gesprochen werden; es liege blosser, verbotener Krähenabschuss vor.

In Berücksichtigung der Gesuchsanbringen beantragen wir Herabsetzung der Busse bis zu einem Viertel, d. h. bis Fr. 25.

47. Hans Husistein, verurteilt am 20. November 1930 vom Bezirksgericht Lenzburg gemäss Art. 40, Abs. 2 und 8 und Art. 43, Ziff. 5, zu Fr. 100 Busse.

582 Husistein hat in der Nähe der Wohnung mit einem Flobertgewehr einen Eichelhäher und -wiederholt Sperlinge abgeschossen.

Husistein ersucht um Herabsetzung der Busse bis Fr. 20, wozu er ärmliche Verhältnisse und bescheidenen Verdienst geltend macht; dass die Verwendung eines Floberts eine schärfere Strafe nach sich ziehe, habe er nicht gewusst.

Das urteilende Gericht beantragt die teilweise Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 30; es handelt sich kaum um eigentliche Jagdausübung mit einer verbotenen Waffe, sondern um den unerlaubten Abschuss von Vögeln.

48. Ernest Sémoroz, vom Statthalter von Moiidon am 22. April 1980 geinäss Art. 48, Ziff. 3, des Bundesgesetzes mit Fr. 100 gebüsst.

Sémoroz war im Jahre 1929 beim Ausräuchern eines Dachses mitbeteiligt.

Sémoroz, der Fr. 15 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Restbusse, wozu er den Vorgang in einer Weise schildert, die dartun soll, dass er daran nicht beteiligt gewesen sei.

Der Statthalter von Moudon, die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt und das kantonale Justizdepartement beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Sémoroz hatte die Möglichkeit, ein richterliches Urteil zu verlangen, wovon er absah. Er ist schlecht beleumdet.

49. Arnold T r e u t h a r d t , verurteilt am 4. August 1980 vom Gerichtspräsidenten von Obersimmental gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes zu Fr. 120 Busse.

Treuthardt ist mit einer doppelläufigen Flinte, die noch eine Patrone enthielt, in Banngebiet betroffen worden; nach den besonderen Umständen durfte er an sich das Gebiet mit der entladenen Waffe durchschreiten.

Treuthardt ersucht um Erlass der Busse. Die Strafanzeige sei «ganz spitz, ja schikanös» gewesen; denn er habe das Gewehr gänzlich entladen wollen, dies jedoch nicht zustande gebracht und den Wildhüter hiervon verständigt.

Der Gemeinderat Boltigen befürwortet das Gesuch, der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt die teilweise Begnadigung, die Forstund Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen die Herabsetzung der Busse bis Fr. 60.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung. Der urteilende Richter habe ein
fahrlässiges Verhalten angenommen, sei mithin in der Strafbemessung frei gewesen; neue, dem Richter unbekannte Begnadigungsgründe würden nicht angebracht. Treuthardt weise zwei Vorstrafen auf.

Angesichts der zwei Strafen wegen Jagdvergehen von 1927 und 1928 sehen wir davon ab, des nähern auf den Sachverhalt einzutreten und beantragen Abweisung.

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50. Joseph Anklin, verurteilt am 20. Dezember 1930 von der Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern geinäss Art. 40 und 58, Abs. 4, des Bundesgesetzes zu Fr. 150 Busse und aum Ausschluss von der Jagdberechtigung während 7 Jahren.

Anklin hat im Juli 1930, mithin zu geschlossener Jagdzeit, einen Hasen erlegt.

Anklin ersucht um «Aufhebung des Urteils», da er zu Unrecht bestraft worden sei.

Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir angesichts der Beihe von Vorstrafen ohne weiteres Abweisung.

51. Albert Frutiger, verurteilt vom Gerichtspräsidenten von Interlaken, am 28. November 1930 gemäss Art. 42 des Bundesgesetües zu Fr. 150 Busse; am 28. Januar 1931 gemäss Art. 44 des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse.

Das erste Urteil betrifft den Abschuss einer Gemse durch einen Wilderer, der im Bannbezirk Harder zugegebenermassen 68 Gemsen gefrevelt hat; Frutiger, der mit dem andern holzte, half die Gemse wegtragen. Das zweite Urteil bezieht sich auf den Ankauf einer zusammenlegbaren Jagdwaffe.

Frutiger ersucht um Erlass der Fr. 250. Er sei in Wilderergesellschaft geraten und fehlbar geworden, sei aber sonst ohne Vorstrafe. Die Bussen könne er nicht aufbringen. Müsse er die Umwandlungsstrafe verbüssen, so halte es ihn nicht mehr zu Hause, obschon er die Stütze der Mutter sei.

Der urteilende Bichter bemerkt, wenn die beiden, zeitlich nicht weit auseinanderliegenden Fälle zu einer Gesamtbusse geführt hätten, so wäre di& Mindestbusse von Fr. 150 nur wenig erhöht worden. Er beantragt, die Bussen bis Fr. 150 zu ermässigen. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes pflichtet diesem Antrag bei, ebenso die Forst- und die Polizeidirektionen des Kanton» Bern.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Ermässigung der beiden Bussen bis zum Betrag von Fr. 150. Der Hinweis des Bichters über die Zweckmässigkeit einer Gesamt strafe, sowie das ausnehmend gute Leumundszeugnis können berücksichtigt werden.

52. und 53. Gottfried Meier, Vater und Adoptivsohu, verurteilt am 17. Juni 1980 vom Obergericht des Kantons Zürich gemäss Art. 89, Abs. 2, des Bundesgesetzes, bzw. wegen Begünstigung, diesen zu Fr. 200, jenen zu Fr. 100 Busse.

Meier, Sohn, hat ein Beh abgeschossen, dessen Fleisch im väterlichen Haushalt verspiesen wurde.

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Meier, Sohn, ersucht um Erlass von Bussen und Kosten. Das Urteil gehe auf die Aussagen eines stark verfeindeten Zeugen zurück. Die Bussen seien lediglich unter dem Zwang des Verhaf tsbef ehls entrichtet worden ; der Betrag habe entlehnt werden müssen.

In den Akten befindet sich ein aufschlussreicher Polizeibericht.

Das Statthalteramt Uster und die Direktion der Justiz des Kantons Zürich erachten die Gesuchsteller als einer Begnadigung unwürdig. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir beantragen Nichteintreten, da davon abgesehen werden sollte, auf den erledigten Bussenvollzug zurückzukommen. Im Falle des Eintretens wäre die Abweisung nach der Lage des Falles geboten.

54. und 55. Arthur Zbinden und Fritz Brunner, verurteilt am 1. September 1930 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 40 des Bandesgesetzes, in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht, Zbinden zu Fr. 200 Busse, Brunner zu Fr. 50 Busse.

Zbinden trug seinem Stiefvater Brunner, einem Patentjäger, der sich auf die Gemsjagd begab, den Eucksack. Der Bichter erblickte darin eine verbotene Teilnahme an der Jagd; Brunner, der das Tragen des Bucksackes zugelassen habe, soll sich hiermit der Gehilfenschaft schuldig gemacht haben.

Beide ersuchen um Erlass der Bussen. Zbinden hält dafür, er hätte höchstens auf Grund einer Spezialbestimmung des kantonalen Jagdrechtes, über « Verwenden von nicht patentierten Personen bei der Jagd», bestraft werden können. Als Angestellter falle ihm die Entrichtung der hohen Busse schwer.

Brunner erklärt, das Nachtragenlassen des Eucksaekes für erlaubt gehalten au haben.

Der urteilende Eichter empfiehlt bei Zbinden den gänzlichen Erlass, bei Brunner Abweisung; jener sei in Jagdsachen gänzlich unbewanderrt, wogegen dieser als Jäger die Bestimmungen zu kennen habe. Der Amtsverweser des Amtsbezirkes pflichtet dieser Stellungnahme bei. Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen, das Gesuch Brunners abzuweisen und die Busse Zbindens bis zu Fr. 50 zu ermässigen. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt in beiden Fällen die gänzliche Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei lässt sich sagen, dass die Anwendung der bundesrechtlichen Jagdbestimmungen nicht befriedigt. Das
blosse Tragen des Bucksackes erweist sich im Sinne des Bundesgesetzes kaum als Jagdhandlung; ob in Wirklichkeit kantonales Jagdrecht übertreten worden sei, kann offen bleiben. Vorausgesetzt, es liege ein Tatbestand des kantonalen Jagdrechtes vor, scheint es naheliegend, denjenigen Standpunkt der Kantonsbehörden zu übernehmen, der den Gesuchstellern am günstigsten ist; dies trifft für den Antrag des urteilenden Eichters zu.

Wir beantragen, Zbinden gänzlich zu begnadigen und Brunner abzuweisen.

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56. Johann Tremp, verurteilt am 29. Dezember 1980 von der Gerichtskommission Gaster gemäss Art. 48, Abs. 2, und Art. 40, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 200 Busse und Fr. 86. 80 Kosten.

Tremp hat ein Rehfell und vier Eehfüsse erworben, obschon er annehmen musste, dass ein Jagdfrevel vorliege.

Tremp, der an Busse und Kosten Fr. 100 bezahlt hat, ersucht um Erlass der verbleibenden Fr. 186. 80. Es sei zweifelhaft, ob es sich beim Erwerb blosser Teile eines Tieres um eine Gesetzesübertretung handle. Die Mindestbusse erweise sich im vorliegenden Falle als viel zu hoch. Das Gericht habe übersehen, dass es bei Fahrlässigkeit nicht an den Bussenrahmen gebunden sei. Die Begnadigung erweise sich als angebracht. An Stelle zweier Vorstrafen wegen Jagdvergehen von 1925.hätte damals eine Gesamtstrafe ergehen sollen; der Leumund sei im übrigen gut.

Das Bezirksamt Gaster und die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragen Herabsetzung der Busse um Fr. 100, im wesentlichen mit dem Hinweis auf das Missverhältnis zwischen dem Wert des erhandelten Felles und der Busse.

Mit dem Justizdepartement des Kantons St. Gallen und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, auf deren Berichte wir verweisen, beantragen wir Abweisung. Die Vorstrafen lassen auch eine Teilbegnadigung als unangebracht bezeichnen.

57. Andreas Tarnutzer, verurteilt am 16. Mai 19SO vom Kreisgerichtsausschuss Schiers gemäss Art. 40, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 250 Busse.

Die beim Kleinen Eat des Kantons Graubünden eingereichte Kassationsbeschwerde ist abgewiesen worden.

Tarnutzer soll aussergerichtlich drei Personen, von denen freilich zwei ihre vom Landjäger geltend gemachten Aussagen hernach bestritten, den Abschuss eines Rehes zugegeben haben. Die Verurteilung stützte sich namentlich auf die Aussagen des dritten Zeugen, der seine Aussagen schriftlich aufrecht hielt.

Der Kleine Eat erachtet die voihandenen Indizien als zum Beweis genügend.

Für Tarnutzer ersucht der Verteidiger um Erlass der Busse. Wie im Kassationsverfahren wird die Verurteilung als Justizirrtum hingestellt. Der Landjager habe durch .Drohungen Aussagen -wider ' besseres Wissen erwirkt. Der Hauptbelastungszeuge sei der Schlussverhandhmg fern geblieben und habe nicht konfrontiert werden können. Die gänzliche Ausschaltung eines Entlastungszeugen
erweise sich als willkürliche Beweiswurdigung und bedenkliche Gesetzesverletzung. Dem Kreisgerichtsausschuss falle eine leichtfertige Behandlung zur Last, die auf Unwahrheit beruhe. Die ganze Untersuchung sei gesetzwidrig und mangelhaft. -- Für Einzelheiten verweisen wir auf die längere Eingabe selbst.

Der Gemeindevorstand von Schierg äussert sich über den Leumund Tarnutzers. Das Kreisamt Schiers nimmt zum Gesuche nicht Stellung. Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden beantragt Abweisung.

Bundesblatt. 83. Jahrg. Bd. I.

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586 Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Das Gesuch erweist sich ohne weiteres als Art Rechtsmittelersatz, auf dessen Begründung im Begnadigungswege nicht eingetreten werden kann. Der staatsrechtliche Rekurs an das Bundesgericht stand dem Verurteilten offen. Es kann nicht angehen, dass ein Begnadigungsgesuch, das sich in Wirklichkeit als überaus heftiger Angriff auf das ergangene Strafverfahren und die beteiligten Behörden kennzeichnet, an Stelle einer Willkürbeschwerde trete, 58. und 59. Arnold und Hans Hänzi, verurteilt am '29. Oktober 1930 vom Gerichtspräsidenten von Münster gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes, jener ausserdem nach Art. 54, zu Fr. 100 Busse, dieser zu Fr. 800 Busse.

Die Brüder Hänzi haben mit einem Dritten in Banngebiet auf Eichhörnchen gejagt.

Beide ersuchen in getrennten Eingaben um Erlass der Bussen, wozu sie ihre Jugendlichkeit und den geringen oder fehlenden Verdienst geltend machen.

Der Gemeinderat Court stellt den Brüdern Hänzi sehr gute Zeugnisse aus.

Die Begnadigung wird empfohlen und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes schliesst sich dieser Stellungnahme an.

Mit den Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir in beiden Fällen Herabsetzung der Bussen bis zu Fr. 50. Die Jugendlichkeit der Gesuchsteller in Verbindung mit den guten Auskünften legen die Teilbegnadigung nahe.

60. Johann Bolli, vom Statthalteramt. Pfäffikon am 9. Februar 1981 gemäss Art. 40, Abs. l, und 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes mit Fr. 300 Busse bestraft.

Bolli hat mit einem zusammenschraubbaren Flobertgewehr einen Beh-.

bock geschossen.

Bolli ersucht um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse, wozu er Armut und schwere Familienlasten geltend macht. Die Busse könne er unmöglich aufbringen.

In den Akten befindet sich ein aufschlussreicher Poh'zeibericht.

Das evangelische Pfarramt Bauma empfiehlt das Gesuch mit einlässlicher Begründung. Der Gemeinderat Bauma bestätigt die Gesucheanbringen.

Das Statthalteramt Pfäffikon hält den Erlass oder doch die Herabsetzung auf ein Mindestmass für angezeigt. Die Direktion der Justiz des Kantons Zürich schliesst sich dem Statthalteramte an.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen,
Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, unter, Zubilligung von Teilzahlungen nach dein Ermessen der Vollzugsbehörden, Damit sind die Kommiserationsgründe weitgehend berücksichtigt.

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61. Jakob Bertschinger, vom Statthalteramt Hinwil am 20. November 1930 gemäss Art. 42, Abs. l, des Bundesgesetzes mit Fr. 800 gebüsat.

Bertachinger hat in Banngebiet eine Schusswaffe versteckt aufbewahrt.

Bertschinger ersucht um Erlass der Busse. Er habe als Waldarbeiter für Frau und sechs Kinder zu Borgen. Bezahlen könne er nicht und im XJmwandlungsfalle müsse die Armenpflege vom ersten Tage an für die Angehörigen sorgen.

In den Akten befindet sich ein ausführlicher Polizeibericht.

Der Gemeinderat Fischenthal befürwortet das Gesuch. Das Statthalteramt Hinwil und die Direktion der Justiz des Kantons Zürich empfehlen die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörden. Die Verhältnisse des Gesuchstellers sind ähnlich wie im Falle Bolli.

62. und 68. Johann Zwyer und Alois Plan z er, verurteilt vom Landgericht Uri je zu Fr. 800 Busse, jener am 6. Oktober 1980 gemäss Art. 39 des Bundesgesetzes, dieser am 1. Dezember 1980 gemäss Art. 48, Abs. 2, dea Bundesgesetzes, Zwyer hat eine Gemse geschossen, die sich als säugendes Muttertier erwies.

Planzer hat die Gemse gekauft.

Beide ersuchen, in getrennten Eingaben, um Erlass oder doch Ermässigung der Bussen. Zwyer macht geltend, die Gemse sei von keiner Kitze begleitet gewesen, und er habe nicht sehen können, dass sie säugend war; ansonst hätte er als patentierter Jäger sicher nicht geschossen. Für Planzer wird angebracht, er habe als Metzger die Gemse erstanden, ohne irgendwie die Begehung eines Jagdvergehens zu ahnen.

Das Landgericht Uri empfiehlt sowohl Zwyer wie Planzer zur Begnadigung.

Bei Zwyer beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Uri die Minderung der Busse um einen Drittel, der Kegierungsrat um wenigstens einen Drittel.

Bei Planzer empfiehlt der Begierungsrat die namhafte Herabsetzung, d. h., wenigstens bis zu einem Drittel. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt bei Zwyer den Erlass eines Drittels, bei Planzer den Erlass von zwei Dritteln der Busse.

Abschliessend beantragen wir bei Zwyer Herabsetzung um die Hälfte, d. h. bis Fr. 150, und bei Planzer bis zu einem Viertel, d. h. bis Fr. 75, womit in beiden Fällen die Anträge des Begierungsrates
Uri zum Ausgangspunkt genommen werden. Hätte das Landgericht Art. 55, Abs. 2, des Bundesgesetzes herangezogen, so wäre es angesichts der in beiden Fällen angenommenen Fahrlässigkeit an die gesetzlichen Mindestbussen nicht gebunden gewesen.

64. Franz Vogel, verurteilt am 4. Februar 1980 vom Amtsgericht Entlebuch gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes zu Fr. 800 Busse,

-588 . Vogel hat.in Banngebiet eine Schusswaffe, aufbewahrt. In der Eichtung von Drittpersonen, die bei seinen Schafen waren, gab er einen Schuss ab.

Der Vormund Vogels ersucht um Brlass der Busse, bzw. der an ihre Stelle getretenen Umwandlungsstrafe. Vogel. erkläre noch heute, nicht geschossen, sondern zwei Eaketen abgefeuert zu haben. Es handle sich um einen 6äjährigen, heute wegen Misswirtschaft bevormundeten Landwirt, dessen überschuldete Liegenschaften den noch minderjährigen Kindern überschrieben worden seien.

Die Umwandlungsstrafe würde eine Härte bedeuten. Das Verhalten Vogels sei einigermassen erklärlich, da es ihn aufgeregt habe, dass Dritte am Bettag Schafe zusammentrieben.

Das Statthalteramt Entlebuch beantragt die teilweise Begnadigung, die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzem kann das Gesuch nicht empfehlen, das kantonale Justizdepartement beantragt Ermässigung der Busse um die Hälfte oder doch um einen Drittel. Die.eidgenössische Inspektion fur Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt letzteres, mithin Ermässigung der Busse um Fr. 100.

Da es dermalen in erster Linie um die angeordnete Umwandlungsstrafe zu tun ist, beantragen wir angesichts des Alters des Gesuchstellers und der anderweitigen persönlichen Verhältnisse, die Eückumwandlung in Busse kommiserationsweise zu gewähren, unter der Bedingung, dass der Strafvollzug bis Ende Jahres beendigt wird, und im übrigen die Angelegenheit im Wege einer Bussenermässigung von Fr. 150 zu erledigen.

65. Edgar Buricod, vom Statthalter von Orbe am 22. Dezember 1980 und 19. Januar 1931 gemäss Art. 46, Ziff. 2, des Bundesgesetzes mit Fr. 300 gebüsst, nebst 3 Jahren Ausschluss von der Jagdberechtigung.

Buricod hat zum Fang eines Fuchses eine Falle gestellt.

Buricod ersucht um Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Die Falle habe er gestellt, um den Hühnerbestand des Grossvaters zu schützen. Die Busse könne er unmöglich aufbringen, namentlich nicht angesichts der jetzigen Arbeitslosigkeit. Die Umwandlungsstrafe treffe ihn besonders hart.

Der Statthalter von Orbe, die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt und das kantonale Justiz- und Polizeidepartement beantragen einhellig Herabsetzung der Busse um die Hälfte, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung.

Angesichts des ungünstigen Leumundsberichtes beantragen wir
Abweisung zurzeit, in der Meinung, Buricod solle zunächst die Hälfte der Busse, mithin Fr. 150, aufbringen, wozu ihm nach dem Ermessen der Vollzugsbehörden Teilzahlungen zugebilligt werden können.

66. Jean Hämmerly, verurteilt am 81. Januar 1931 vom Polizeigericht von Val de Euz gemäss Art. 43, Ziff. 2, zu Fr. 300 Busse.

Hämmerly hat zum Fang eines Fuchses eine Falle gestellt ; ein Einwohner von Savagnier geriet mit einem Arm in das Fanggerät und wurde leicht verletzt.

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589 Hämmerly ersucht um Herabsetzung der Busse, deren Entrichtung ihm unmöglich sei, besonders bei dermah'ger Arbeitslosigkeit. .

Der Gerichtspräsident von Val de Euz hält dafür, das Gesuch rechtfertige eine wohlwollende Behandlung. Das Polizeidepattement des Kantons Neuenburg erachtet die Teilbegnadigung als angemessen. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung; Hämmerly solle zunächst Teilzahlungen leisten.

Aus denselben Erwägungen wie bei Buricod beantragen wir Abweisung zurzeit, in der Meinung, Hämmerly solle zunächst die Hälfte der Busse, mithin Fr.150, aufbringen, wozu ihm nach dem Ermessen der Vollzugsbehörden Teilzahlungen zugebilligt werden können.

67.. Jakob Gisiger, verurteilt am ,27. Januar 1931 vom Amtsgericht von Baisthal gemäss Art. 43, Ziff. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 800 Busse.

Gisiger hat im Januar 1981 nahe beim elterlichen Bauernhaus eine Tellereisenfalle gelegt.

Gisiger ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Er sei kein Wilderer und habe die Falle zum Schutze des Hühnerbestandes gelegt.

Die Anzeige sei ein Bacheakt. Die Busse könne er nicht aufbringen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Abweisung.

Wir beantragen Abweisung zurzeit. Bevor mindestens eine Buseenhälfte bezahlt ist, sollte eine Teilbegnadigung nicht erfolgen. Ärmliche Verhältnisse bestehen jedenfalls nicht.

68. Aloide Seiler, verurteilt am 6. November 1930 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 42 und 48, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 810 Busse.

Seiler hat an einem Dezembersönntag 1980 mit zw^i Jüngern Brüdern in Banngebiet gejagt; vom Wildhüter gesichtet, ergriff er die Flucht, jedoch wurde die von ihm versteckte, verbotene Kepetierschrotflinte entdeckt.

Seiler ersucht um Erlass der Busse. Er habe nur ein Eichhörnchen jagen wollen. Da er an Stelle des erblindeten Vaters die Stütze der elterlichen Familie sei, wirke sich die Busse auf die ganze Familie aus. Die Kosten sind bezahlt.

Der Gemeinderat Bönigen bestätigt, dass die Eltern Seiler auf den Verdienst der Söhne angewiesen seien und dass diese ihnen beistehen; von zehn Kindern sind noch sechs unmündig. Das Gesuch wird empfohlen.

Der urteilende Eichter bemerkt, die Art der Jagdhandlung
würde an sich eine Teilbegnadigimg rechtfertigen, das Verhalten Seilers im Strafverfahren sei aber in hohem Masse verwerflich gewesen. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes bestätigt die Bezahlung von Fr. 156 Kosten und empfiehlt die Herabsetzung der Busse. Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern können einer Herabsetzung bis zu Fr. 200 beipflichten. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir beantragen desgleichen Abweisung. Die Akten ergeben, dass Seiler seine schulpflichtigen Brüder zu unwahren Aussagen anhielt und dass er es zur Verurteilung eines weiteren Bruders kommen liess, bis dann in anderer Sache der wahre Saohverhalt bekannt wurde, worauf in Wiederaufnahme des gegeu die Brüder Seiler durchgeführten Verfahrens der jetzige Gesuchsteller verurteilt wurde. Allfällige Kommiserationsgründe werden durch den schlechten Eindruck, den das Verhalten Seilers erwecken muss, aufgewogen. Mindestens sollte Abweisung zurzeit erfolgen und zunächst die Bussenhälfte bezahlt werden.

69. Jean El uni, von der Polizeidirektion des Kantons Schaff hausen am 24. Februar 1930 gemäss Art. 48, Ziff. 2, des Bundesgesetzes mit Fr. 800 gebüsst.

Blum hat als Jagdaufseher zwei Tellereisen gelegt, um einen Marder zu fangen; er bezweckte den Schutz der im Revier angesiedelten Fasanen. In der Folge verfing sich in einer der Fallen ein Beh, das sich derart verletzte, dass es abgetan werden musste.

Blum ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse, mit dem Hinweis auf den Beweggrund seines Verhaltens. Die erforderliche Bewilligung habe er nicht eingeholt, weil die Zeit drängte. Die Busse treffe ihn ausserordentlich schwor, Der Präsident der Ortsgemeinde empfiehlt die Bussenermässigung. Die Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen kann sich mit einer allfälligen Teilbegnadigung einverstanden erklären.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. In Wirklichkeit hätte ihn als Jagdpolizeibeamten die verdoppelte Bussenandrohung, mithin Fr. 600, betroffen. Die Grausamkeit des Fanggerätes zeigt sich im vorliegenden Falle deutlich.

70. und 71. Josef Bättig und Johann Wey, verurteilt ani 7. Oktober 1980 vom Obergericht des Kantons Luzern gemäss Art. 48, Ziff. 2, jener zu Fr. 400, dieser zu Fr. 800 Busse. Das Amtsgericht Sursee, hatte die Beklagten freigesprochen.

Bättig und Wey, beide Patentjäger, haben bei einer Fuchsjagd ein Netz verwendet, das sie über dem einen Ausgang des Fuchsbaues ausbreiteten, wonach sie durch den andern Zugang einen Dachshund hinein Hessen.

Die beiden ersuchen in einer vom Verteidiger verfassten Eingabe um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Bussen. Wie im Strafverfahren, und unter Bezugnahme auf das freisprechende
Erkenntnis der ersten Instanz, wird die Strafbarkeit der Handlung bestritten; in materieller Beziehung scheine es gerechtfertigt, das Urteil des Obergerichtes auf dem Begnadigungsweg zu korrigieren.

Die Bezahlung der Bussen mache Schwierigkeiten.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern kann die Begnadigung nicht empfehlen und das kantonale Justizdepartement beantragt Abweisung, allenfalls eine Teilbegnadigung.

591 Mit der eidgenössischen Inspektion für Porst wesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Nach ihrer Auffassung entspricht die Verurteilung dem Bundesrecht. Die Überprüfung des Urteils ist zudem nicht Sache der Begnadigungsbehörde; den Verurteilten wäre die Anrufurig des Bundesgerichtes offen gestanden. Beide Gesuchsteller sind vorbestraft, besonders Bättig, der auch seither verzeigt werden musste. Genügende Kommiserationsgründe fehlen.

72. Gustav Baillif, vom Statthalter von Aigle vom 15. Oktober 1929 auf Grund des kantonalen Jagdgesetzes mit Fr. 400 gebüsst, nebst Ausschluss von der Jagdberechtigung während 5 Jahren.

Baillif ist wegen Jagens an einem Sonntag, zur Nachtzeit, mit einer zusammenschraubbaren Flinte, mit Verwendung eines Hundes und wegen unbefugten Betretens von offenem Jagdgebiet bestraft worden, Baillif, der die Busse bezahlt hat, ersucht um Aufhebung des Ausschlusses von der Jagdberechtigung.

Der Strafentscheid des Statthalters von Aigle enthält keine ausführlichen Erwägungen; der Ausschluss von der Jagdberechtigung ist aber, wie den Akten zu entnehmen ist, vor allem aus wegen Tragens einer verbotenen Waffe ergangen.

Er kann nicht anders erfolgt sein als auf Grund von Art. 38, Ziff. 3 des kantonalen Jagdgesetzes; dieser aber ist die Ausführung der in Art. 58, Schlussabsatz, des Bundesgesetzes niedergelegten Ermächtigung, wonach die Kantone unter gewissen Voraussetzungen «bestimmen können, das s schon bei erstmaliger Verurteilung der Ausschluss von der Jagdberechtigung verhängt werden kann».

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, die Bundesanwaltschaft und die Justizabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes stimmen in der Auffassung überein, dass bei der vorhandenen Sach- und Eechtslage die Nebenstrafe des Ausschlusses von der Jagdberechtigung dem kantonalen Rechte angehört, mithin die Zuständigkeit der eidgenössischen Begnadigungsbehörde nicht zutrifft.

Demgegenüber vertritt das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt, das mit dem Statthalter von Aigle Abweisung beantragt, den Standpunkt, die Begnadigung sei deshalb Sache der Bundesversammlung, weil die von Baillif begangenen Handlungen auch vom Bundesgesetz mit Strafe, nämlich Busse, bedroht seien; wenn Art. 58 des Bundesgesetzes die Kantone zur weitergehenden
Anwendung des Jagdberechtigungsentzuges ermächtige, so gehöre diese grundlegende Rechtsnorm dem Bundesrecht an. Den Rechtsgründen fügt das waadtländische Regierungsdepartement Zweckmassigkeitserwägungen an: Im Gebiet des Jagdrechtes sei die Zuweisung der Begnadigungskompetenz an die Bundesbehörden erwünscht ; denn andernfalls musste die Handhabung der Begnadigung bei Jagdfrevlern notwendigerweise zu schwerwiegenden Unterschieden führen. Der eine Kanton würde sich viel zurückhaltender zeigen als ein anderer und es entstünde eine grosse Ungleichheit der Behandlung. Noch

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schwerwiegender wäre, dass die einen Kantone das Begnadigungsrecht in derartigen Jagdsachen kennten, andere, wie der Kanton Waadt, dagegen nicht.

Unserseits machen wir folgendes geltend : So bemerkenswert die Bemängelung des in den Kantonen in der Tat verschieden gearteten und mit grossen Unterschieden gehandhabten Begnadigungsrechtes und die lebhafte Befürwortung der einheitliehen Gestaltung erscheinen mag, so ist doch für die Entscheidung der Zuständigkeitsfrage richtigerweise auf die rechtlichen Grundlagen der Begnadigung zurückzugreifen. Danach ist für den Bereich der Begnadigung, wie es des nähern in Antrag l dieses Berichtes, i. S, Frischknecht, ausgeführt wird, der Straf- bzw. Vollstreckungsanspruch massgebend. Die Strafe ist aber i. S. Baillif, soweit der Ausschluss von der Jagdberechtigung in Betracht fällt, zweifellos im kantonalen Recht begründet; denn hätte nicht das Jagdgesetz des Kantons Waadt auf das erstmalige Wildern mit zusammenlegbarer Feuerwaffe den Ausschluss von der Jagdberechtigung als Nebenstrafe festgesetzt, so hätte Baillif für dieses erste Vergehen nicht damit bestraft werden können.

Sind auch die Strafandrohungen für Jagdvergehen grundsätzlich im Bundesrecht enthalten, so lässt doch immerhin das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz den Kantonen die Freiheit, ihrerseits für Jagdvergehen, die unter bestimmten Voraussetzungen verübt worden sind, bestimmte Nebenstrafen anzudrohen, die von Bundesrechts wegen in diesen Fällen nicht ausgesprochen werden könnten. In dieser den Kantonen eingeräumten Freiheit sehen wir ein vom Bund den Kantonen überlassenes, wenn auch beschränktes Gebiet der Strafrechtskompetenz in der Vollziehung der eidgenössischen Bestimmungen über Jagd und Vogelschutz. Daraus, dass den Kantonen gestattet wird, von dieser Kompetenz nach eigenem Ermessen Gebrauch zu machen oder nicht, geht hervor, dass der Anspruch auf diese Strafen, auch wenn es bloss Nebenstrafen sind, den Kantonen anheimgestellt ist, also grundsätzlich ihnen zusteht.

Träger des Begnadigungsrechts ist aber nach geltendem Recht der strafanspruchsberechtigte Staat, demnach für die auf Grund von Art. 58, Schlussabsatz, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz erlassenen Bestimmungen der Kanton.

Demgemäss beantragen wir, auf das von Baillif eingereichte -Begnadigungsgesuch mangels
Zuständigkeit nicht einzutreten.

73. Alfred Fringeli, verurteilt am 30. Dezember 1930 vom Amtsgericht von Dorneck-Thierstein gemäss Art. 89, Abs. 2, 56, Ziff. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 600 Busse und Ausschluss von der Jagdberechtigung während 8 Jahren.

Fringeli, Inhaber des solothurnischen Jagdpatentes, hat eine Rehgeiss geschossen; damals war im Kanton der Abschuss von Eehgeissen überhaupt verboten, zudem die Rehjagd nicht mehr offen.

Fringeli ersucht um teilweisen Bussenerlass, da er die hohe Summe, nebst Kosten, nicht aufbringen könne. Er sei unschuldig verurteilt worden.

593 In den Akten befindet sich ein Polizeibericht.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn, auf dessen Bericht wir verweisen, und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Fringeli weist wegen Jagdvergehen zwei Vorstrafen auf.

74. Adolf Mathis, verurteilt am 28. Januar 1929 vom Gerichtsausschuss des Kantons Unterwaiden ob dem Wald gemäss Art. 42, 56, Ziff. l, 57, Ziff.l, und 58 des Bundesgesetzes zu Fr. 620 Busse und Ausschluss von der Jagdberechtigung während drei Jahren.

Mathis ist mit einem andern an einem Sommersonntag 1929 in Banngebiet mit einer Schusswaffe betroffen worden.

Mathis ersucht um Erlass der Busse, deren Entrichtung ihm unmöglich sei. Die Kantonsbehörden hätten mit dem Vollzüge zugewartet, da sie einsähen, dass er Gefahr laufe, sein kleines Heimwesen aufgeben zu müssen.

Er versichere, sich nie mehr gegen das Jagdgesetz verfehlen zu wollen. Im übrigen beziehe er sich auf den unbescholtenen Lebenswandel. Die Begnadigung ermögliche ihm, sich und die Ehefrau fortan ehrlich durchzubringen.

Die Kantonsbehörden nehmen nicht Stellung. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir beantragen Abweisung zurzeit, unter Zubilligung von monatlichen Teilzahlungen nach dem Ermessen der Vollzugsbehörden. Bei dem vorhandenen Eückfall kann die gänzliche Begnadigung von vorneherein nicht in Betracht fallen. Mathis soll zunächst mindestens einen Bussendrittel aufbringen.

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Joseï Heeb, 1907, stud. rned. von Appenzell I.-Eh.

Reymond Jaquemoud, 1888, Mechaniker, Genf, Albert Schweizer, 1906, Bühnenarbeiter, Luzern, Alfred Poulin, 1894, Handelsmann, Schriftsteller, Genf, Paul Schneider, 1899, Farmer, Mt. Ossa (Australien), Jacques Müller, 1887, Milchhändler, Chaumont (Frankreich), Max Wieland, 1898, Confiseur, Cambridge (England), Lambert Jöhri, 1896, Bauarbeiter, Köln (Preussen), Robert Schümperli, 1891, Mechaniker, Niederbipp (Bern), Emil Müller, 1891, Landwirt, Niederbipp (Bern), Heinrich Dutli, 1905, Telephonrnonteur, vormals Courfaivre (Bern), Robert Weiss, 1900, Schreiner, vormals Eossemaison (Bern), Numa Dubois, 1909, Uhrmacher, Locle (Neuenburg), Emil Ryter, 1900, Sehreiner, Schottland (Aargau),

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Paul Wirz, 1897, Elektroinstallateur, Basel, Sebastian Albrecht, Angestellter, Chur (Graubünden), Aldo Gianferrari, 1898, Taglöhner, Monteggio (Tessin), Adrien Dick, 1905, Landwirt, Grandfontaine (Bern), Martin Stieger, 1892 ,Monteur, Wollerau (Schwyz), Lukas Brügger, 1904, Elektrotechniker, Solothurn, Boger Häuser, 1902, Mechaniker, Genf, Werner Hostettler, 1905, Handlanger, Trimbach (Solothurn), Karl Tschan, 1890, Coiffeur, Basel, Paul Müller, 1899, Photograph, Basel, Friedrich Häusermann, 1898, Schlosser, Nancy (Frankreich), Hans Bickli, 1891, Mechaniker, Zuchwil (Solothurn).

(Militärpflichtersatz.)

Gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 über den Militärpflichtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden: 75. Josef Heeb, verurteilt am 29. April 1980 vom Bezirksgericht Appenzell, Innerer Landesteil, zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 12.80 für 1929 und 1928, Bestanz, betreffend.

Für Heeb ersucht der Verteidiger um Erlass der Haftstrafe. Wie im bisherigen Verfahren, namentlich in Heranziehung einer staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht und der damaligen Beilagen, wird geltend gemacht, Heeb habe den Pflichtersatz in Freiburg entrichtet, so dass er sich mit Becht habe weigern können, in Appenzell nochmals zu zahlen. Es handle sich um ein Fehlurteil. Der Strafvollzug \vurde zum Verhalten des Gesuchstellers, der ein integrer Charakter sei, in einem argen Missverhältnis stehen.

Die Polizeidirektion des Kantons Appenzell I.-Bh. beantragt, dem Gesuche zu entsprechen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, die des nähern auf die nicht einwandfreie Handhabung der einschlägigen Bestimmungen des Bundesrechtes durch die Kantonsbehörden Bezug nimmt, beantragen wir desgleichen den gänzlichen Erlass der Hat'tstrafe.

76. Baymond Jaquemoud, verurteilt am 2. Oktober 1930 vom Polizeigericht von Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 208.75 für die Jahre 1924--1928 betreffend.

Jaquemoud ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er namentlich auf die infolge verbesserter Verhältnisse möglich gewordene Eegelung der Bückstände verweist.

595 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf befürwortet die bedingte Begnadigung.

Da Jaquemoud dermalen nicht mehr ersatzpflichtig ist, beantragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung den gänzlichen Erlass der Haftstrafe.

77. Albert Schweizer, verurteilt am 16. Oktober 1930 vom Amtsgericht Luzern-Stadt zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 39 für 1927 betreffend.

Schweizer, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er ist heute Sanitätsgefreiter und war für 1927 ersatzpflichtig, weil er damals die Bekrutenschule nicht bestehen konnte. In der Folge will er der Ehefrau den Betrag für den Pflichtersatz wiederholt übergeben haben, jedoch habe sie das Geld jeweils anders verwendet, was dazu beitrug, gegen die Ehefrau das Verfahren nach Art. 169 des Zivilgesetzbuches durchzuführen. Heute seien die Verhältnisse besser, zudem habe er eine dauernde Anstellung, die aber durch den Strafvollzug gefährdet würde.

Ein Polizeibericht bestätigt die Gesuchsanbringen und die heute noch ärmliche Lage der Familie. Der Staatsanwalt des Kantons Luzern, die kantonalen Militär- und Jußtizdepartemente beantragen die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den gänzlichen Erlass der Haftstrafe.

78. Alfred Poulin, verurteilt am 30. Oktober 1930 vom Polisseigericht Genf zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 804.90 für 1922--1926 betreffend.

Poulin ersucht um Erlass der Haftstrafe. Seine schlechte Geschäftslage habe ihn gezwungen, sich von Wiederholungskursen dispensieren zu lassen, ferner seien seine Verhältnisse im Zeitpunkt des Strafverfahrens gänzlich zerrüttet gewesen. Er habe den ganzen Aktivdienst geleistet.

Ein Polizeibericht enthält Einzelheiten über den Gesuchsteller.

Der Staatsanwalt des Kantons Genf befürwortet das Gesuch, da es sich in "Wirklichkeit um eine hinsichtlich der Strafverfolgung verjährte Sache gehandelt habe, die irrtümlich beurteilt worden sei.

Die eidgenössische Steuerverwaltung äussert sich ebenfalls zur Frage der Verfolgungsverjährung.

Angesichts der wirtschaftlich ganz schlimmen Lage des Gesuchstellers und der verfahrensrechtlichen Mängel beantragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, Poulin, der 950 Diensttage aufweist, die Haftstrafe gänzlich zu erlassen.

79. Paul Schneider, verurteilt am 28. Mai 1930 vom Obergericht des Kantons Aargau zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 108 für 1926--1928 betreffend.

596 Schneider, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erjass der Gefängnisstrafe, wozu er namentlich geltend macht, die Zahlungsverspätung hange mit dem Unterbruch in der Besetzung des Konsulates Brisbane zusammen.

Das Bezirksgericht Lenzburg, das den Beschuldigten freigesprochen hatte, befürwortet die Begnadigung. Die eidgenössische Steuerverwaltung äussert sich näher über die Konsulatsverhältnisse und auch darüber, dass immerhin ein schuldhafter Zahlungsverzug vorliege.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir, dem im Ausland lebenden Mitbürger die Haftstrafe gänzlich zu erlassen. Das Verfahren zeitigte u. a. die heilsame Folge, dass der Ersatz für 1930 frühzeitig beglichen worden ist.

80. Jacques Müller, vom Bezirksamt Untertoggenburg am 14. März 1929 mit einer Freiheitsstrafe von 4 Tagen bestraft, den Militärpflichtersatz von franz. Fr. 273. 35 für 1925--1927 betreffend.

Müller ersucht um Erlass des Strafe. Geschäftliche Schwierigkeiten hätten ihm die rechtzeitige Bezahlung trotz bestem "Willen verunmöglicht. Das Schicksal habe ihn schwer mitgenommen und die Steuern seien schliesslich; um dem Gesetz zu entsprechen, von einem Bruder bezahlt worden.

Das Polizeidepartement des Kantons St. Gallen beantragt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen den gänzlichen Erlass der Strafe. Müller, der 748 Tage Militärdienst aufweist, ist heute nicht mehr ersatzpflichtig.

81. Max Wieland, verurteilt am 6. April 1927 vom Bezirksgericht Eheinfelden zu 6 Tagen Gefängnis, den Militärpfh'chtersatz von £ 14.18.6 für 1919 bis 1924 betreffend.

Wieland ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er sei 1916 von London her zum Aktivdienst eingerückt, 1917 nach England beurlaubt worden und habe grosse Auslagen gehabt. Während langen Jahren sei er ohne regelmäßige Arbeit gewesen und infolge von Krankheit in der Familie wirtschaftlich zurückgekommen.. Die Ersatzabgaben habe er nunmehr bezahlt.

Das urteilende Gericht sieht von einer Stellungnahme ab.

Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt, die Gefängnisstrafe mindestens bedingt zu erlassen.

Auf Grund der Gesuchsanbringen beantragen wir, dem im Ausland lebenden Mitbürger, der erklärt, kaum jemals in die Heimat zurückkehren zu können, jedoch gewillt ist, die Beziehungen nicht abzubrechen, die
Gefängnisstrafe gänzlich zu erlassen.

82.'Lambert Jöhri, verurteilt am 2. März 1928 vom Bezirksgerichtsausschuss Thusis zu 4 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Mk. 82. 40 für 1916--1926 betreffend.

597 Jöhri ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, da er seit langer Zeit arbeitslos sei, aus Bundesmitteln unterstützt werde und die Abgaben ihm seither zum grosseu Teil erlassen worden seien.

Mit dem schweizerischen Generalkonsulat Köln und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe.

Es handelt sich um einen Mitbürger, der durch Vermittlung des kantonalen Arbeitsamtes mit der Familie wieder in der Heimat untergebracht werden soll.

83. Kqbert Schümperli, verurteilt am 19. November 1980 vom Gerichtspräsidenten von Wangen a. A. zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 31. 60 für 1930 betreffend.

Schümperli, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe, deren Vollzug für ihn schwere, moralische Nachteile haben und möglicherweise zum Stellenverlust führen müsste.

Der Gemeinderat Mederbipp, der urteilende Eichter und gleichzeitige Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch ; der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung und der Mehrzahl der Kantonsbehörden beantragen wir, Schümperli die Haftstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen, unter der Bedingung, dass er den letzten, noch zuzahlenden Pflichtersatz ordnungBgemäss entrichte. Schümperli, der Vorarbeiter in einer Waffenfabrik ist, erfährt damit ein weitgehendes Entgegenkommen, das sich jedoch u. a. damit begründen lässt, dass er lediglich noch dieses Jahr ersatzpflichtig ist.

84. Emil Müller, verurteilt am 3. Dezember 1930 vom Gerichtspräsidenten von Wangen a. A. zu einem Tag Haft, den Müitärpflichtersatz von Fr. 60 für 1930 betreffend.

Müller, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er räumt ein, dass die Erledigung der Angelegenheit aus Vergesslichkeit unterblieben sei. Er habe bis zu dieser vorletzten Ersatzabgabe stets ordnungsgemäss bezahlt. Sein Lebenswandel sei einwandfrei.

Der Gemeinderat Niederbipp empfiehlt das Gesuch, ebenso der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes, wogegen der Kantonskriegskommissär Abweisung beantragt.

Mit der Polizeidirektion des Kantons Bern und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir, dem nur noch dieses Jahr Ersatzpflichtigen die Haftstrafe bedingt zu
erlassen, unter der Bedingung, dass er den letzten Pflichtersatz ordnungsgemäss entrichte.

85. Heinrich D ut li, verurteilt am 20. Januar 1981 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 84.10 Restbetrag für 1930 betreffend.

598 Dutli, der die Bestsurame nachträglich bezahlt hat, ersucht um bedingte Begnadigung. Die rechtzeitige Begleichung der Schuld sei ihm heim besten Willen nicht möglich gewesen.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes kann das Gesuch nicht empfehlen. Der Kantonskriegskommissär beantragt, am Urteil festzuhalten. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von einem Tag, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Dutli während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die rechtzeitige Entrichtung des Militärpflichtersatzes schuldhaft unterlasse.

Die Art der Vornahme von Teilzahlungen spricht zugunsten des Gesuchstellers.

86. Eobert "Weiss, verurteilt am 22. Januar 1981 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 40. 60 für 1980 betreffend.

"Weiss, der dem Urteil vorgängig bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Arbeitslosigkeit habe ihn inzwischen gezwungen, den Kanton Bern zu verlassen, und der Wohnsitzwechsel habe grosse Auslagen verursacht.

Er sei Vater von vier Kindern.

Der BegierungBstatthalter befürwortet die Begnadigung. Der Kantonskriegskominissär beantragt Abweisung, ebenso die Polizeidirektion des Kantons Bern. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Begnadigung oder doch die bedingte Begnadigung.

Wir beantragen den bedingten Erlass der Haftstrafe von einem Tag unter denselben Bedingungen wie bei Dutli. Weiss ist im Jahre 1926 bereits mit 2 Tagen Haft bestraft worden, weshalb die Abweisungsanträge der obem Kantonsbehörden verständlich sind. Hinwiederum ist zu berücksichtigen, dass die schlechten Arbeitsverhältnisse Weiss neuestens genötigt haben, sich den Lebensunterhalt anderwärts zu verdienen. Es handelt eich für die AntragStellung um einen Grenzfall, den wir aus denselben Erwägungen wie die eidgenössische Steuerverwaltung im Wege der bedingten Begnadigung erledigen möchten.

87. Numa Dubois, verurteilt am 24. April 1981 vom Polizeigericht Le Locle zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. .31, Restbetrag für 1930 betreffend.

Dubois, der eine erste Anzahlung rechtzeitig und den Bestbetrag
am Tage vor dem zweiten Urteilstermin, bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Er bezieht sich auf einen Lohnausweis und die erstmals vorgelegte Bescheinigung über Arbeitslosigkeit und Unterstützung.

Der Gerichtspräsident von Le Locle erklärt, infolge der Wirtschaftskrisis seien alle Beschuldigten freigesprochen worden, die nachweisbar nicht über das

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betreibnngsrecbtlich anerkannte Existenzminimum verfügt hätten. Wäre Dubois mit den jetzigen Belegen bereits vor den Eichter getreten, so wäre er sicherlich auch freigesprochen worden.

Das Justizdepartement des Kantons Neuenburg erachtet die Begnadigung als zulässig.

Mit der eidgenössischen St euerVerwaltung beantragen wir, die Haftstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Dutli. Dem Gesuchsteller fällt im wesentlichen zur Last, sich über die teilweise Arbeitslosigkeit nicht rechtzeitig ausgewiesen zu haben.

88. Emil Byter, verurteilt am 30. September 1930 vom Bezirksgericht Kulm zu einem Tag Gefängnis, den Militärpfliehtersatz von Fr, 16. 50 für 1930 betreffend.

Eyter, der nachher bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe.

Er bezieht sich auf das Ohrenleiden, das seine Ausmusterung bewirkte und welches er auf den Militärdienst zurückführt.

Das urteilende Gericht empfiehlt die Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von einem Tag unter denselben Bedingungen wie bei Dutli. Die Steuerverwaltung berichtet eingehend über die Ablehnung der Entschädigungsansprüche durch die Militärversicherung. Der einfache Mann hat es als Härte empfunden, dass er nach Bestehen der Wiederholungskurse nachträglich noch ersatzpflichtig geworden ist.

89. Paul Wirz, verurteilt am 25. November 1930 vom Appellationsgericht Baselstadt zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 832 Bestbetrag für 1927--1929 betreffend.

Wirz ersucht um Erlass der Haftstrafe. Hierzu werden die Steuerverhältnisse der InstalJationsfirma Gebrüder Wirz des nähern erörtert, um zu erbringen, dass die Auseinandersetzungen mit den Behörden die Firma zeitweise in eine heikle Lage versetzt hätten. Vom Schreinerstreik sei die Firma ebenfalls schwer betroffen worden. Nach Eingang von grösseren Zahlungen habe Wirz eine erste Teilzahlung von Fr. 500 geleistet und die verbleibenden Fr. 832 am Tage nach dem Strafbefehi entrichtet. Das Vorgehen der kantonalen Steuerverwaltung erscheine bei den heutigen Verhältnissen als alku schroff.

Ferner wird auf den ungetrübten Leumund des Gesuchstellers hingewiesen.

Das Polizeidepartement des Kantons Baselstadt beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen
Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von zwei Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Dutli. Die Steuerverwaltung äussert sich näher zum Vorgehen der Kantonsbehörden.

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90. Sebastian Albrecht, verurteilt am 29, November 1930 vom Polizeigericht B.UÌS zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 72. 50 für 1928/29 betreffend.

' .

Albrecht, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er ausführlich auf den Straffall eintritt und seine schlechte Lage mit dem im August 1929 über ihn eröffneten Konkurs zu belegen sucht. Der Strafvollzug gefährde seine jetzige Anstellung und bringe die Familie in schwere Not.

Das Kreiskommando Chur kann das Gesuch nicht befürworten, wogegen das Bau- und Forstdepartement und das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden die Begnadigung deswegen als gerechtfertigt erachten, weil Albrecht als derzeitiger Kanzlist befriedige, wogegen ihn der Strafvollzug in dieser Stelle unmöglich machen müsste.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir aus den von den kantonalen Eegierungsdepartementen geltend gemachten Erwägungen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von 2 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Dutli.

91. Aldo Gianferrari, verurteilt am 7. Oktober 1980 vom Prätor von Lugano-Campagna zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 42 für 1928/29 betreffend.

Gianferrari, der nachträglich bezahlt hat, ersucht unter Darlegung seiner bescheidenen Erwerbsverhältnisse und der vorhandenen Familienlasten um Erlass der Haftstrafe.

Der Gemeinderat Monteggio befürwortet das Gesuch. Das Pohzeidepartement des Kantons T essin hat gegen die Begnadigung nichts einzuwenden.

Die eidgenössische Steuerverwaltung schliesst sich den Anträgen an.

Wir beantragen den bedingten Erlass der Haftstrafe von 3 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Dutli. Ärmliche. Verhältnisse liegen vor; die Abgabe für 1930 ist bezahlt, . 92. Adrien Dick, verurteilt am 8. November 19SO vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 37. 60 für 1930 betreffend.

Dick ersucht um Erlass der Haftstrafe. Es liege Vergesslichkeit vor; zwei Tage nach der Verurteilung habe er bezahlt.

Der Gemeinderat Grandfontaine befürwortet das Gesuch, ebenso der Sektionschef. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung.

Angesichts der auffälligen
Saumseligkeit, die auch im Begnadigungsgesuch nicht entschuldigt werden kann, fällt der gänzliche Erlass der Haftstrafe ausser Betracht und liegt die bedingte Begnadigung nicht nahe. Wir beantragen immerhin Herabsetzung der Haftstrafe bis zu einem Tag.

601 93. Martin Stieger, verurteilt am 7, Januar 1981 vom Bezirksgericht Höfe zu Pfäffikon zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 21 für 1980 betreffend.

Stieger, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Dem Sektionschef falle zur Last, dass or die Zahlung den Gerichtsbehörden nicht mitgeteilt habe. Auf die Appellation sei wegen Verspätung nicht eingetreten worden. Er sei zu Unrecht verurteilt.

Das Militärdepartement des Kantons Schwyz beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Herabsetzung der Haftßtrafe bis zu einem Tag. Hätte Stieger die Tatsache der Zahlung zur Kenntnis gebracht, so wäre ihm diese gewiss strafmindernd angerechnet worden, was hier kommiserationsweise geschehen mag.

94. Lukas Brügger, verurteilt am 16, November 1929 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 42. 60 für 1929 betreffend.

Brügger ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Geschäftliche Inanspruchnahme und der unglückliche Umstand, dass er die Zahlungsaufforderung verlegt habe, seien die Gründe der verspäteten Begleichung. Der Strafvollzug würde seiner Stellung sehr schaden.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothum beantragt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Neuere Erhebungen ergaben, dass Brügger im Jahre 1930 wiederum säumig war. Der Aufforderung der Steuerverwaltung, sein Dienstbüchlein einzusenden, ist er bis heute nicht nachgekommen. Die Verurteilung hat keine bessere Pflichterfüllung bewirken können.

95. Eoger Hauser, verurteilt am 2. Oktober 1980 vom Polizeigericht von Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 132 für 1926--1929 betreffend.

Hauser ersucht um Erlass der Haftstrafe, die seines Erachtens irrtümlich ergangen sei, weil er ein Arztzeugnis nicht der richtigen Amtsstelle eingesandt habe. Er müsse für Frau und Kind sorgen.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf befürwortet die bedingte Begnadigung, da es sich um einen gesundheitlich beeinträchtigten Mann handelt, wogegen die kantonale Steuerverwaltung die Abweisung für angezeigt erachtet, indem Hauser in augenfälliger Weise schlechten Willens sei.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

An die Ausstände der
Jahre 1926--1929 ist noch kein Eappen bezahlt und für 1930 steht die Überweisung an den Kichter bevor.

96. Werner Hostettler, verurteilt am 80. Dezember 1930 vom Gerichtsstatthalter von Ölten-Gösgen zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 26.10 für 1930 betreffend.

Bundesblatt. 83. Jahrg. Bd. I.

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602 ITostettler ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er namentlich zeitweilige Arbeitslosigkeit geltend macht.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung. Hostettler gilt als trag und arbeitsscheu. Er ist vorbestraft, 97. Karl Tschan, verurteilt am 9. Februar 1981 vom Polizeigerichtapräsidenten Baselstadt zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 20. 50 Bestbetrag für 1929 betreffend.

Tschan ersucht um Erlass der Haftstrafe. Bei den bescheidenen Erwerbsverhältnissen, den vorhandenen Familienlasten und dem Zahlungswillen möge man Bücksicht nehmen.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Baselstadt und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir angesichts des schlechten Leumundes Abweisung.

98. Paul Müller, verurteilt am 80. Oktober 1930 vom Polizeigerichtspräsidenten Baselstadt zu 8 Tagen Haft, den Müitärpflichtersatz von Fr. 148. 50 für 1929 betreffend.

Für Müller ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Haftstrafe oder doch um Gewährung des militärischen Strafvollzuges. Hierzu werden die Anstände Müllers mit den kantonalen Steuerbehörden erörtert; angesichts der zu hohen Veranlagung liege keine schuldhafte Nichtentrichtung vor. Der Strafvollzug sei für Müller eine schwere Beeinträchtigung, Mit dem Polizeidepartement des Kantons Baselstadt beantragen wir Abweisung. Müller ist wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Müitärpflichtersatzes vorbestraft, ferner liegt schwere Saumseligkeit vor. Die Ersatzabgabefür 1929 ist heute noch unbezahlt und für 1930 musste Müller bereits wieder gemahnt werden. Unter diesen Umständen drängt sich auch die Teilbegnadigung nicht auf. -- Der militärische Strafvollzug kann auf Haftstrafen nach dem Ergänzungsgesetz keine Anwendung finden,

d.

Häusermann wandte sich im März 1980 nach seiner Verurteilung mit Eingaben an das Gericht, das sie im Begnadigungsweg weiter leitete. Häusermann erörtert die äusserst prekären Familienverhältnisse, bezieht sich auf den geleisteten Aktivdienst und ersucht um Zubilligung von Teilzahlungen.

Da der schweizerische Konsul die ärmlichen Verhältnisse bestätigte und.

die wohlwollende Behandlung der Angelegenheit befürwortete, war es angezeigt, mit der Antragstellung zuzuwarten, um Häusermann Gelegenheit zu geben,, zunächst seinen Zahlungsversprechen nachzukommen. hat aber seither sämtliche Zuschriften unbeantwortet gelassen und den Vorladungen-

603 des Konsulates keinerlei Folge geleistet, auch ist er die ganze Summe schuldig geblieben. Unter diesen Umstanden beantragt die eidgenössische Steuerverwaltung, entgegen einem früheren ersten Antrag zugunsten der bedingten Begnadigung, nur noch Herabsetzung der Haftstrafe bis zu einem Tag.

Unserseits beantragen wir Abweisung zurzeit, in der Meinung, Häusermann solle sich zunächst mit den Behörden in Verbindung setzen, was ihm zu eröffnen ist.

100. Hans Bickli, verurteilt am 11. Oktober 1930 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpilichtersatz von Fr. 26. 10 für 1930 betreffend.

Eickli ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Wegen Arbeitslosigkeit befinde er sich in sehr schlechten Verhältnissen. Wirtschaften halte er sich gänzlich fern. Er finde es bemühend, einen armen Kerl noch ärmer zu machen und kurzerhand ins Gefängnis zu bringen.

Demgegenüber beantragen wir mit dem Polizeideparternent des Kantons Solothurn und der eidgenössischen Steuerverwaltung Abweisung. Wir beziehen uns auf die Eeihe schwererer Vorstrafen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Mai 1931.

Im Namen des Schweiz. Eundesrates, Der Bundespräsident: Häberlin.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1931). (Vom 15. Mai 1931.)

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