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BundesTersammlung.

Die gesetzgebenden Räte sind am 14. September 1931, um 18 Uhr, zur 13. Tagung der 28. Legislaturperiode zusammengetreten.

Im N a t i o n a l r a t e eröffnete der Präsident, Herr Dr. Strami, die Tagung mit folgender Ansprache: Zu meinem Leidwesen liegt mir die betrübliche Pflicht ob, auch diese Session mit einem Nachruf auf einen verstorbenen Kollegen zu eröffnen.

Am 27. Juli ist in seinem Heim in MüHheira-Thurgau Dr. h. c. Carl Eigenmann verschieden.

Eine knorrige Eiche ist im Thurgauer Wald gefallen. Trotzig hat sie den Stürmen des Lebens standgehalten, bis der letzte sie entwurzelte.

Eigenmann hat nicht nur die 70 Jahre erreicht, die die heilige Schrift dem Menschen verheisst, er hat sogar die 80 Jahre überschritten, die sie dem Menschen zubilligt «wenn's hoch kommt)). Er ist im 82. Altersjahr verschieden.

Aber auch das trifft zu, was der Psalmist an seine Voraussage knüpft: sein Leben war köstlich, weil es voll Mühe und Arbeit war. Jahrzehnte lang übte er den strengen Beruf des Tierarztes aus. der ihn bei Sonne, Wind und Wetter über Land führte. Dadurch kam er in täglicho Fühlung mit der Bauernsame seines Landes. Er .kannte ihre-Lebensbedingungen und Sorgen und ward so ihr bevorzugter Berater und Vertrauensmann, Die thurgauiache Landwirtschaft hat mit Eigenmann einen warmen Freund und tatkräftigen Förderer verloren. Er stand in vorderster Linie bei der Schaffimg der obligatorischen Viehversicherung, die sein Kanton als einer der ersten im Schweizerland einführte. Er war der Schöpfer eines kantonalen Gesetzes über die Förderung der Viehzucht. Als vorzüglichen Tierkenner fand man ihn als Experten auf allen grossen Viehschauen. Er war auch der Gründer und Präsident der ostschweizerischen Fleckvieh-Zuchtgenossenschaft. Als 1922 im Thurgau die Stelle eines Kantonstierarztes geschaffen wurde, war er der gegebene erste Inhaber des Amtes. Und in ehrenvollster Weise wurde seiner Verdienste um sein Fach und um die Landwirtschaft gedacht, als die Veterinär-medizinische Fakultät der Hochschule Zürich ihm 1920 ehrenhalber den Doktorhut verlieh.

Aber Eigenmann war nicht einseitig eingestellt. Insbesondere für öffentliche Dinge zeigte er von jungen Jahren-an lebhaftes Interesse. Seit dem Jahr 1884 gehörte er dem thurgauischen Grossen Bäte an, zu dessen Vorsitzendem er zweimal gewählt wurde. Auch als
.Mitglied eines Bezirksgerichtes und des Obergerichtes leistete er seinem Heimatkanton-geschätzte Dienste.

Mehr als 80 Jahre lang, seit 1899, gehörte Eigenmann dem Nationalrate an. In den letzten Jahren war er der Senior unseres Eates, und zweimal hat er ihn als Alterspräsident eröffnet. Sie erinnern sich an die originellen, offenherzigen

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Ansprachen, die er, bei diesen Gelegenheiten hielt.. Wir hatten den Eindruck, er sei der typische Vertreter des Thurgauervolkes : klar und nüchtern, einfach und sparsam, gewissenhaft und arbeitsfreudig, ausdauernd und zäh. Aufmerksam verfolgte er die Verhandlungen des Rates, und wer mit ihm ins Gespräch kam, konnte aus seinen treffenden, oft kritischen, oft ironischen Bemerkungen erkennen, -wie gut er bei allen wichtigem Geschäften orientiert war. Als Eedner trat er nicht oft auf. Aber er sprach mit Sachkenntnis und klarer Buhe, besonders über Fragen seines Faches und der Landwirtschaft.

Dr. Eigenmann war ein angenehmer Kolloge ; immer hatte er ein freundliches Wort oder eine witzige Bemerkung bereit. Gerne erzählte er etwa von den Ereignissen seines langen Lehens, das bald nach der Schaffung unseres heutigen Bundesstaates -- 1849 -- seinen Anfang genommen hatte und das in eine Zeit ausserordentlicher, fast unglaublicher wirtschaftlicher und technischer, aber auch politischer, sozialer und kultureller Entwicklung fiel.

Wir bewahren unserem Alterspräsidenten ein ehrenvolles Andenken!

Meine Herren! Ich bitte Sie, sich zu Ehren des verstorbenen Kollegen von Ihren Sitzen zu erheben.

Die Ansprache des Präsidenten des S t ä n d e r a t s , Herrn Charmillot, ist in der französischen Ausgabe des Bundesblattes (1931, Bd. II, S. 229) veröffentlicht worden.

In den N a t i o n a l r a t ist neu eingetreten: Herr Jakob Z in gg, Landwirt, von und in Eürglen (Thurgau), an Stelle des verstorbenen Herrn Dr. C. Eigenmann.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 8. September 1931.)

Als Kasernenverwalter I. Klasse in Thun wird gewählt; Hauptmann Senn, Werner, von Unterkulm und Dürrenäsch, bisher Kanzlist des Oberkriegskommissariats.

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(Vom 10. September 1931.)

Der luzernischen Verordnung betreffend die Ausübung der Patentjagd im Jahre 1931/1932 wird die Genehmigung erteilt.

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16.09.1931

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