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Bundesblatt

83. Jahrgang.

Bern, den 8. Juli 1931.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 franken im Jahr, 10 Franken im Saltjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : SO Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern

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Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Erneuerungswahl des Nationalrates.

(Vom 7. Juli 1931.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

I. Die künftigen Wahlen in den Nationalrat werden durch die am 15. März 1931 von der Mehrheit des Volks und der Stände angenommenen Abänderungen der Bundesverfassung beeinflusst. Diese Abänderungen sind in der Gesetzsammlung des laufenden Jahres auf S. 425 ff. am 24. Juni 1931 veröffentlicht worden und sofort in Kraft getreten.

Durch die Abänderung des Art. 76 der Bundesverfassung ist die Amtsdauer des Nationalrates auf vier Jahre festgesetzt worden.

Der abgeänderte Art. 72 der Bundesverfassung bestimmt, dass auf je 22,000 Seelen der Gesamtbevölkerung ein Mitglied des Nationalrates entfällt, wobei eine Brechzahl von über 11,000 Seeleu für 22,000 Seelen gerechnet wird. Der Grundsatz, wonach jeder Kanton und bei geteilten Kantonen jeder der beiden Landesteile wenigstens ein Mitglied zu wählen hat, ist dabei nicht angetastet worden. Gemäss den durch Bundesbeschluss vom 20. Juni 1931 als gültig erklärten Hauptergebnissen der Volkszählung vom l, Dezember 1930 (Gesetzsammlung, Bd. 47, 8. 429) sinkt infolge dieser Erhöhung der Vertretungszahl von 20,000 auf 22,000 die Zahl der Nationalratsmandate von 198 auf 187. Sie verteilen sich gemäss Art. l, Abs. 2, des Bundesgesetzes vom 14. Februar 1919 betreffend die Wahl des Nationalrates auf die einzelnen Kantone und Halbkantone wie folgt; 1. Zürich 28 2. Bern 31 3. Luzern 9 4. Uri l 5. Schwyz . 3 6. Obwalden l 7. Nidwaiden l Bundesblatt. 83. Jahrg. Bd. II.

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e 8. G-larue 2 9. Zug 2 10. Freiburg 7 11. Solothurn 7 12. Baselstadt 7 13. Baselland 4 14. Schaff hausen 2 15. Appenzell A.-Rh 2 16. Appenzell I.-Rh l 17. St. Gallen 13 18. Graubünden 6 19. Aargau 12 20. Thurgau 6 21. Tessin 7 22. Waadt 15 23. Wallis 6 24. Neuenburg 6 25. Genf 8 In Wahlkreisen, die nur einen Vertreter zu wählen haben, findet die Wahl nach relativem Mehr statt, d. h. es gilt derjenige Kandidat ale gewählt, der die meisten Stimmen erhalten hat. Die Art. 3 bis 21, 22, Abs. l und 2, und 24 bis 26 des Bundesgesetzes vom 14. Februar 1919 linden in diesen Wahlkreisen keine Anwendung.

II. Die dreijährige Amtsdauer des Nationalrates, die am 3. Dezember 1928 begonnen hat, endigt am 6. Dezember 1931. Gemäss dem Bundesgesetz vom 14. Februar 1919 betreffend die Wahl des Nationalrates hat die ordentliche Gesamterneuerung für die XXIX. Amtsdauer des Nationalrates am 25. Oktober 1931 und, wo nötig, am Vortage, dem 24. Oktober, stattzufinden. Diese neue Amtsdauer erstreckt sich bis zum Sonntag vor dem ersten Montag des Monats Dezember 1935.

Wir laden Sie ein, zur Durchführung dieser Wahlen in Ihrem Kanton gemäss dem Bundesgesetze vom 14. Februar 1919 betreffend die Wahl des Nationalrates (Gesetzsammlung, Bd. 35, S. 359) und der Vollziehungsverordnung des Bundesrates vom 8. Juli 1919 (Gesetzsammlung, Bd. 35, S. 543) die nötigen Verfügungen zu treffen. Neben dem erwähnten Bundesgesetz und der dazu gehörenden Vollziehungsverordnung sind zu beachten die noch in Kraft bestehenden Artikel des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872 betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen (Gesetzsammlung, Bd. 10, S. 915) mit den seitherigen Ergänzungen durch die Bundesgesetze vom 20. Dezember 1888 betreffend erleichterte Stimmabgabe für Militärs etc.

(Gesetzsammlung, Bd. 11, S. 60) und vom 30. März 1900 betreffend Erleichterung in der Ausübung des Stimmrechts und Vereinfachung des

Wahlverfahrens (Gesetzsammlung, Bd. 18, 8.119), sowie die Kreisschreiben des Bundesrates vom 16. März und 3. April 1925 (BB1. 1925, I, 809; 11, 137).

III. Wo die Verhältniswahl Anwendung findet, haben die Kantonsregierungen hauptsächlich folgende Massnahmen zu treffen: 1. Sie bezeichnen diejenige Amtsstelle, der die Leitung des Wahlgeschäfte, insbesondere die Entgegennahme und Bereinigung der WahlVorschläge und die Zusammenstellung der Wahlergebnisse obliegt (kantonales Wahlbureau).

2. Die Regierungen erlassen rechtzeitig an die Stimmberechtigten die Aufforderung zur Einreichung der Wahlvorschläge, wobei die Stimmberechtigten namentlich auf folgende Vorschriften aufmerksam zu machen sind ; a. Die Wahlvorschläge dürfen höchstens soviele Namen wählbarer Personen enthalten, als Vertreter im Wahlkreis zu wählen sind, und keinen Namen mehr als zweimal.

&. Kein Kandidat soll auf mehr als einem Wahlvorschlag des Wahlkreises stehen.

c. Jeder Wahlvorschlag muse von mindestens 15 im Wahlkreis wohnhaften Stimmberechtigten eigenhändig unterzeichnet sein und am Kopfe zu seiner Unterscheidung von andern Wahl vorschlagen eine Bezeichnung tragen. Ein Stimmberechtigter darf nicht mehr als einen Wahlvorschlag unterzeichnen. Er kann nach Einreichung des Wahlvorschlags seine Unterschrift nicht zurückziehen.

d. Die Unterzeichner des Wahlvorschlags haben für den Verkehr mit den Behörden einen Vertreter und einen Stellvertreter zu bezeichnen.

Geschieht dies nicht, so gilt derjenige, dessen Name in der Reihenfolge der Unterzeichner an erster Stelle steht, als Vertreter und derjenige, dessen Name an zweiter Stelle steht, als Stellvertreter.

Der Vertreter oder im Verhinderungsfall sein Stellvertreter ist berechtigt und verpflichtet, im Namen der Unterzeichner die zur Beseitigung von Anständen erforderlichen Erklärungen rechtsverbindlich abzugeben.

e. Der Wahlvorsohlag hat sowohl die Kandidaten als die Unterzeichner der Listen durch Angabe von Vor- und Familiennamen, Beruf und Wohnort (in grösseren Ortschaften Strasse und Hausnummer) zu bezeichnen.

f. Zwei oder mehreren Wahlvorschlägen kann bis spätestens am 12. Oktober 1931 die übereinstimmende Erklärung der Unterzeichner oder ihrer Vertreter beigefügt werden, daes die Wahlvorschläge miteinander verbunden seien (verbundene Listen). Eine Gruppe miteinander verbundener Listen gilt gegenüber andern Listen als eine einzige Liste.

8 Die Regierungen werden ausdrücklich auf das ihnen in Art. 26 des Bundesgesetzes vom 14. Februar 1919 eingeräumte Recht aufmerksam gemacht, mit Genehmigung des Bundesrates die in Art. 3, 6, 7, 8 und 9, letzter Absatz, des Bundesgesetzes festgesetzten Fristen zu verkürzen oder zu verlängern.

3. Die Regierungen erlassen die notwendigen Vorschriften über die Stimmabgabe, wobei zu bestimmen ist: a. ob nichtamtliche gedruckte, mit einer der amtlich veröffentlichten Listen übereinstimmende Wahlzettel gestattet oder ob sämtliche Listen von Amtes wegen den Wählern zur Benutzung als Wahlzettel gedruckt zugestellt werden sollen (Art. 11, Absatz l, des Bundesgesetzes vom 14. Februar 1919} ; ö. welche Wahlzettel, als den kantonalen Vorschriften über Gültigkeit der Stimmabgabe nicht entsprechend, ungültig zu erklären sind (Art. 6, Ziff. 5, der Vollziehungsverordnung vom 8. Juli 1919), Insbesondere soll dafür gesorgt werden, dass von keinem Stimmberechtigten mehr als ein Wahlzettel in die Urne gelegt werden kann.

Es wird daran erinnert, dass die Kantone in allen Fallen den Stimmberechtigten einen leeren Wahlzettel, enthaltend den nötigen Raum für eine Listenbezeichnung und für die Namen der Kandidaten, entweder amtlich zu übersenden oder im Wahllokal zur Verfügung zu stellen haben (Art. 11, Abs. 2, des Bundesgesetzes vom 14. Februar 1919).

IV. 1. Wir erinnern daran, dass Art. 9 der Vollziehungsverordnung vom 8. Juli 1919 zum Bundesgesetz betreffend die Wahl des Nationalrates durch Bundesratsbeschluss vom 6. Juli 1925 folgendermassen ergänzt worden ist: ,,Die Verwendung von Wiederholungszeichen und von Ausdrücken, die eine Wiederholung andeuten (Gänsefüsschen, ,,dito", ,,idem" u. dgl.)

zum Zwecke der doppelten Eintragung eines Kandidatennamens ist ungültig; die Linien, die solche Zeichen oder Ausdrücke enthalten, sind als leere Linien gemass Art. 10 zu behandeln.a 2. Wir weisen überdies auf folgende zur Erzielung einer einheitlichen Anwendung der Artikel 9 und 10 der Vollziehungsverordnung früher schon getroffenen Anordnungen hin: a. Die Streichungen gemäss Art. 9, Ziff. 4, der Vollziehungsverordnuug sollen in folgender Reihenfolge vorgenommen werden: sind die Namen beziffert, so beginnt die Streichung bei dem Namen mit der höchsten Zahl und wird von hier an nach dem Zahlwert abwärts fortgesetzt ;

9 sind die Namen nicht beziffert, so beginnt die Streichung beim untersten Namen und wird nach oben fortgesetzt. Enthält der Wahlzettel mehrere Namenreihen nebeneinander, so beginnt die Streichung beim untersten Namen in der äussersten Reihe rechts und wird in dieser Reihe nach oben fortgesetzt ; wenn nötig, wird die Streichung in derselben Weise bei der zweiten und den folgenden Reihen von rechts fortgesetzt. Namen, die an der Seite der Zeilen- oder Namenreihen senkrecht zu diesen stehen, sind zuerst zu streichen, ebenfalls in der Reihenfolge von rechts nach links.

b. Die Zuzählung der fehlenden Stimmen als Zusatzstimmen einer Liste im Sinne von Art. 10, Absatz l, der Vollziehungsverordnung hat auch dann einzutreten : wenn ein Wahlzettel eine Lislenbezeichnung trägt, die, obgleich sie mit keiner der amtlich veröffentlichten Listenbezeichnungen wörtlich übereinstimmt, doch keinen Zweifel darüber zulässt, dass sie ihrem Inhalte nach mit einer solchen Listenbezeichnung gleichbedeutend ist ; wenn ein Wahlzettel zwar keine oder eine ungültige Listenbezeichnung trägt, wohl aber eine Ordnungsnummer einer amtlich veröffentlichten Listo enthält, V. Die Kantonsregierungen werden ersucht, mit allen ihnen gutscheinenden Mitteln auf eine möglichst rasche und fehlerfreie Ermittlung der Wahlergebnisse zu dringen und uns diese Ergebnisse sofort nach ihrer Ermittlung, und ohne den Ablauf der Rekursfrist abzuwarten, vorläufig mitzuteilen. Zu diesem Behufe wollen Sie die in Ihrem Kanton hierfür bezeichneten Amtsstellen (Gemeinde-, Kreis- und Bezirksbehörden) anweisen, die Wahlergebnisse sofort telephonisch oder telegraphisch an Ihre Staatskanzlei oder eine andere hierfür bestimmte Zentralstelle zu melden. Die Staatskanzlei oder die Zentralstelle hätte dann das Wahlergebnis des Kantons telephonisch der Bundeskanzler anzugeben und umgehend brieflich zu bestätigen.

Die telephonischen oder telegraphischen Meldungen, sowohl die der untern Behörden an die Kantonsbehörden als diejenigen an die Bundeskanzlei, sind gebührenfrei.

Für alle übrigen den Kantonen obliegenden Aufgaben verweisen wir auf die Bestimmungen der einschlägigen Gesetze und der Vollziehungsverordnung vom 8. Juli 1919'1').

*) Bei diesem Anlasse sei auf einen Druckfehler hingewiesen, der sich bei Aufnahme der Vollziehungsverordnung vom 8. Juli 1919 in
die Gesetzsammlung, Bd. 35 (deutscher Text), eingeschlichen hat; es ist dort -- Seite 551 in der Fussnote zu Formular 2 -- statt .,Zählbogen" zu lesen: Z u s a m m e n s t e l l b o g e n

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Schliesslich ersuchen wir Sie, jeden Gewählten bei Zustellung der Wahlanzeige darauf aufmerksam zu machen, dass er sich ohne weiteres Montag, den 7. Dezember 1931, vormittags 10 Uhr, zur Eröffnungssitzung des Nationalrates in der Bundesstadt einzufinden habe.

In Art. 4, Abs. 3, der Vollziehungsverordnung wird bestimmt, dass die für die Wahlverhandlung erforderlichen Formulare (Nr. l bis 5) von den Kantonen hei der Bundeskanzlei zum Selbstkostenpreise bezogen werden können. Beigeschlossen übermitteln wir Ihnen daher eine Zusammenstellung dieser Formulare sowie die Vollziehungsverordnung vom 8. Juli 1919.

Wir ersuchen Sie, bei der Drucksachenverwaltung der Bundeskanzlei bis s p ä t e s t e n s 15. A u g u s t die Formulare zu bestellen und zu diesem Zwecke den ebenfalls beigelegten Bestellschein zu benützen, auf dem genau anzugeben ist, wie viele Exemplare Sie von jedem Formular brauchen.

Wir machen bei diesem Anlasse darauf aufmerksam, dass in dem Zählbogen, Formular 3, die äusserste Kolonne links keinen Vordruck der Listen enthalten wird; diese Kolonne ist von den Gemeindewahlbureaux entsprechend der Vorlage, wie sie Formular 3 im Anhang der Vollziehungsverordnung darbietet, auszufüllen.

Inzwischen benutzen wir diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 7. Juli 1931.

Im Kamen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Motta.

Der Vizekanzler: LeimgrnJber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Erneuerungswahl des Nationalrates. (Vom 7. Juli 1931.)

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08.07.1931

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