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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Schuz des Erfindungseigenthums in der Schweiz.

(Vom 22. November 1875.)

Tit.!

Mit Schlußnahme vom 25. Juni abhin hat uns der Nationalrath ein Gesuch des Hrn. Jean B ü h l m a n n in Hochdorf, Kts. Luzern, zum Bericht überwiesen. Petent verlangt die Erlassung eines Gesezes zum Schuz des Erfindungseigenthums und motivirt sein Begehren mit den bekannten Gründen über die Notwendigkeit der Erfindungspatente.

Wir glauben uns in unserer Berichterstattung auf das beschränken zu dürfen, was über die gleiche Frage bereits in früherer Zeit im Schöße Ihrer Behörde verhandelt wurde, indem wir annehmen, es werden sich die Ansichten seither nicht geändert haben.

Im Protokoll des Nationalrathes vom 7. Juli 1864 finden wir folgenden Vorgang : Theodor Zuppinger, von Männedorf, Kts. Zürich, stellte mit Eingabe vom 11. Dezember 1863 an die Bundesversammlung das Gesuch: ,,Es möchte die Frage, ob die Ehre und die Interessen der Schweiz nicht gebieten, dem Erfindungseigenthum gesezliche Sicherheit zu verleihen, einer sorgfältigen und ernsten Prüfung unterworfen werden."

Die Petitionskommission, an die auch dieses Petitum zu näherer Prüfung und Antragstellung überwiesen wurde, hat sich beim Nachschlagen in den Protokollen des Nationalrathes überzeugt, daß ein gleiches Gesuch vom gleichen Potenten und Konsorten am 11. Dezember 1851 eingereicht, an den Bundesrath überwiesen und von diesem, gestüzt auf eine am 4. Mai 1849 im Schöße des National-

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Tathes gestellte und von diesem mit Tagesordnung erledigte Motion gleichen Inhalts, abgewiesen worden ist.

Einer Petition von Lambelet aus Verrières, welche unterm 13/16. Dezember 1854 verlangte,- es möchte behufs Einführung von Erfindungspatenten ein Konkordat unter den Kantonen abgeschlossen werden, wurde dasselbe Loos der Abweisung zu Theil.

Nicht besser erging es einer im Schöße des Nationalrathes .am 13. Januar 1863 erneuerten sachbezüglichen individuellen.

Motion.

Damit hat der Nationalrath in verschiedenen Epochen nach wiederholter Sachenbehandlung den beharrlichen Willen ausgesprochen, daß er in die in dem Zuppingor'schen Petitum erneuert angeregte Materie weder in dieser noch jener Weise eintreten wolle.

Nachdem seither Staatsökonomen von erster Autorität und ersten Ranges aus Ländern, wo der Patentschuz durch die Gesezgebung seit Jahren gewährt erscheint, das Prinzip des Patentwesens als ein verderbliches und verwerfliches bezeichnen, und die einstigen Industriellen selbst nach vielfachen Schlimmen Erfahrungen für Aufhebung der daselbst bestehenden ErfindungsPatentgesezgebung energische Reklamationen erhoben haben, so konnte die Petitionskommission um so weniger annehmen, daß der Nationalrath von seinen frühem wiederholten Beschlüssen in Sachen zurükkommen werde.

Die Petitionskommission hat daher den Antrag gestellt: Es wolle der Nationalrath über die Petition des Theodor Zuppinger von Männedorf, d. d. 11. Dezember 1863, betreffend die Einführung von Erfindungspatenten, einfach zur Tagesordnung übergehen.

Entgegen dem auf Tagesordnung lautenden Antrage der Kommission wurde vorgeschlagen, die Petition für erheblich zu erklären und zur nähern Prüfung dem Bundesrathe zu überweisen.

Mit überwiegender Mehrheit ist jedoch der Antrag der Kommission zum Beschlüsse erhoben worden.

Auch bei den Revisionsberathungen im Jahr 1872 kam die Frage wieder zur Sprache. Herr Nationalrath Joos stellte damals den Antrag : ,,Dem Bunde steht das Recht der Gesezgebung über Erfindungspatente zu u , und begründete denselben folgendermaßen : Ein solcher Sohuz erweise sich um so mehr als eine Nothwendigkeit, da derselbe auch in allen andern wichtigem Staaten, selbst in Amerika, bestehe, und daher die Schweiz ohne Nachtheil für ihre Angehörigen davon nicht länger absehen dürfe.

Auf der andern Seite sei es nur billig, daß derjenige, welcher .auf eine Erfindung Zeit, Mühe und Kosten verwende, dafür auch.

1234 eine etwelche Belohnung erhalte, welche ihm durch den zeitweiligen Schuz seiner Erfindung gegenüber unbefugter Nachmachung geboten werden solle.

Gegen den Antrag wird jedoch eingewendet, daß unser Gebiet zu klein sei, um den Patentschuz einzuführen, und daß ferner in einzelnen Zweigen der Industrie Tausende von Arbeitern nicht beschäftigt werden könnten, wenn es dem Erfinder gestattet wäre, seine Erfindung beliebig auszubeuten. Ueberdies beruhe ein großer Theü der sogenannten Erfindungen auf bloßem Zufalle, weßhalb es nicht billig erscheine, wenn hier der Eine belohnt würde, während Andere, die dazu auch mitgewirkt, ohne schließlich das Ziel erreichen zu können, leer ausgehen müßten.

In dem Sinne, wie die öffentliche Meinung gewöhnlich annehme, gebe es keine Erfindungen, indem diese regelmäßig nur die lezte Ausführung eines Gedankens seien, an dem Andere schon lange vorher gearbeitet haben. Somit komme der Schuz einer sogenannten Erfindung häufig nur demjenigen zu gute, welcher denselben gar nicht verdiene, während seine Mitarbeiter jeder Begünstigung oder Entschädigung verlustig gingen.

Zudem sei diese Angelegenheit auch früher schon im Schöße der Räthe einläßlich erörtert worden und habe eine in ganz.

Europa berühmt gewordene, von dem am 3. August 1870 verstorbenen Professor Bolley ausgearbeitete Broschüre zur Folge gehabt, welche sich mit tiefer Sachkenntniß entschieden gegen solchen Patentschuz ausspreche.

In der Abstimmung wurde hierauf der Antrag mit Mehrheit gegen fünf Stimmen verworfen.

In Uebereinstimmung mit den frühern Schlußnahinen stellen wir den Antrag: Es wollen die hohen gesezgebenden Räthe über das Gesuch des Hrn. J. Bühlmann einfach zur Tagesordnung schreiten.

Anbei benuzen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. November 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

"Schiess.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die Motion des Hrn. Nationalrath L a m b e l e t , betreffend Schuz des Fischlaichs.

(Vom 22. November 1875.)

Tit.!

Mit Schlußnahme vom 17. September abhin haben Sie eine Motion des Herrn Nationalrath Lambelet, dahin lautend: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, zu prüfen, ob man nicht den Fischlaich gegen einzelne Thiere des Hühnerhofes schüzen und bejahendenfalls angemessene Bestimmungen zu diesem Zweke erlassen sollte, erheblich erklärt und uns eingeladen, darüber Bericht zu erstatten.

Wir kommen diesem Auftrag nach und lassen dem Schlußantrag folgende Erörterung vorausgehen.

Die noch ziemlich weit verbreitete Uebung, Hofgeflügel frei zirkuliren zu lassen, ist zu betrachten als ein Rest der ursprünglich allgemein verbreiteten und zu Recht bestehenden Gewohnheit, den Hausthieren während des Tages freien Laut zu lassen und sie nur während der Nacht, soweit es deren Schuz unerläßlich machte, einzuschließen oder auf andere Weise unter Hut zu stellen. In einigen gesezgeberisch und zivilisatorisch hoch entwikelten, aber noch dünn bevölkerten Ländern (Staaten von Nordamerika) ist heute noch der freie Weidgang der Hausthiere nur durch die Befugniß der Privatgrundbesizer beschränkt, ihre Grundstüke gegen dieselben durch Einzäunung" abzuschließen, und die Gesezgebung

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Schuz des Erfindungseigenthums in der Schweiz. (Vom 22. November 1875.)

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1875

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24.12.1875

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