1157

# S T #

Vertrag zwischen

der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Schweiz zur Regelung der Niederlassungsverhältnisse, Befreiung vom Militärdienste und den Militärsteurn, gleichmässige Besteuerung der beiderseitigen Staatsangehörigen, gegenseitige unentgeltliche Verpflegung in Krankheits- und Unglüksfällen und gegenseitige kostenfreie Mittheilung von amtlichen Auszügen aus den Geburts-, Trauungsund Sterberegistern.

Die Schweizerische Eidgenossenschaft einerseits, und Seine Majestät der Kaiser von Gestenreich etc. und Apostolischer König von Ungarn andererseits, haben für gut befunden, einen Vertrag, giltig für die S c h w e i z einerseits, und für die ö s t e r r e i c h i s c h u n g a r i s c h e M o n a r c h i e andererseits, zur Regelung der Niederlassungsverhältnisse, Befreiung vom Militärdienste und den Militärsteuern, gleichmäßiger Besteuerung der beiderseitigen Staatsangehörigen in dem Gebiete des anderen vertragenden Theils, gegenseitige unentgeltliche Verpflegung der mittellosen, erkrankten oder verunglükten Staatsangehörigen und gegenseitige kostenfreie Mittheilung von amtlichen Auszügen aus den Geburts-, Trauungsund Sterberegistern, abzuschließen, und haben zu ihrem Bevollmächtigten ernannt :

1158 Der hohe schweizerische Bundesrath im Namen der schweizerischen Eidgenossenschaft, den Herrn Bundesrath P a u l Ceresole, Chef des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Seine k. und k. Apostolische Majestät Allerhöchst Ihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, Herrn M o r i t z F r e i h e r r n von O t t e n f e l s - Gsch w i n d , welche, nach Auswechslung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen beiderseitigen Vollmachten, über nachstehende Artikel übereingekommen sind: Artikel 1.

Die Angehörigen eines jeden der vertragenden Thcile sollen bei ihrer Niederlassung oder während ihres kürzeren oder längeren Aufenthalts in dem Gebiete des anderen, in Bezug auf Alles, was die Aufenthaltsbewilligung, die Ausübung der durch die Laiidesgeseze gestatteten Gewerbe und Berufe, die Steuern und Abgaben, mit einem Worte sämmtliche den Aufenthalt und die Niederlassung betreffenden Bedingungen anbelangt, den Inländern gleichgehalten werden. Diese Bestimmungen haben jedoch auf das ApothekerGewerbe und den Gewerbebetrieb im Umherziehen keine Anwendung zu finden.

Artikel 2.

In Ansehung des Erwerbes, Besizes und der Veräußerung von Liegenschaften und Grundstüken jeder Art, sowie der Verfügungen über dieselben und der Entrichtung von Abgaben, Taxen und Gebühren für solche Verfügungen, sollen die Angehörigen jedes der vertragenden Theile in dem Gebiete des andern die Rechte der Inländer genießen.

Artikel 3.

Jeder Vortheil in Bezug auf Niederlassung und Gewerbsausübung, den der eine der vertragschließenden Theile irgend einem dritten Staate, auf welche Weise es immer sei, gewährt hätte, oder in Zukunft noch gewähren sollte, wird in gleicher Weise und zu gleicher Zeit gegenüber dem andern Kontrahenten zur Anwendung kommen, ohne daß hiefür der Abschluß einer besonderen .Uebereinkunft nöthisr wäre.

1159 Artikel 4.

Die Angehörigen des einen der vertragenden Theile, welche in dem Gebiete des andern wohnhaft sind, und in die Lage kommen sollten, durch gerichtliches Urtheil, oder durch gesezmäßigangewendete und vollzogene Polizeimaßregeln, oder kraft der Verordnungen über die Sitten- und Armenpolizei, weggewiesen zu werden, sollen sammt Familie jederzeit in ihrer ursprünglichen Heimat wieder aufgenommen werden.

Artikel 5.

Die Angehörigen des einen der kontrahirenden Staaten, welche im andern wohnhaft sind, stehen nicht unter den Militärgesezen des Landes, in dem sie sich aufhalten, sondern bleiben denjenigen ihres Vaterlandes unterworfen.

Sie sind insbesondere von allen Geld- und Natural-Leistungen, welche als Ersaz für den persönlichen Militärdienst auferlegt werden, sowie von militärischen Requisitionen befreit, mit Ausnahme der Einquartierungen und solcher Lieferungen, welche durch deri Besiz bedingt sind.

Ebenso sind sie frei von jedem Dienste in der Nationalgarde, Miliz, Landwehr (Honved), Landsturm sowohl als in den Ortsbürgerwachen.

Artikel 6.

Unter keinen Umständen, weder in Friedens- noch in Kriegszeiten, darf auf das Eigenthum eines Angehörigen des einen der beiden kontrahirenden Theile in dem Gebiete des anderen irgend eirfe andere oder höhere Taxe, Gebühr, Auflage oder Abgabe gelegt oder gefordert werden, als auf das gleiche Eigenthum gelegt oder gefordert würde, wenn es einem Angehörigen des Landes oder einem Bürger oder Unterthan der am meisten begünstigten Nation angehören würde.

Ebensowenig wird einem Angehörigen des einen der beiden vertragenden Theile in dem Gebiete des andern Theils irgend eine andere oder höhere Abgabe auferlegt oder von ihm erhoben, als solche einem Angehörigen des Landes, oder einem Bürger oder Unterthan der am meisten begünstigten Nation auferlegt oder von demselben erhoben wird.

Unter den oberwähnten Abgaben sind die Zölle, sowie die Hafen- und Seegebühren nicht inbegriffen.

Bundesttatt. Jalirg.XXVIL_Bd.IV.|

87

1160 Artikel 7.

Die beiden kontrahirenden Theile verpflichten sich gegenseitig, mittellose Staatsangehörige des andern Theiles, welche auf ihrem Gebiete erkranken oder verunglüken, mit Inbegriff der Geisteskranken, gleich ihren eigenen Angehörigen besorgen und bis zu dem Zeitpunkte verpflegen zu lassen, in welchem die Heimkehr ohne Nachtheil für die Betreffenden oder für Dritte stattfinden kann.

Für die in solchen Fällen, oder für die Beerdigung armer Verstorbener aufgewendeten Kosten findet weder von Seite des Staates oder Landes, noch von Seite der Gemeinden oder andern öffentlichen Kassen eine gegenseitige Vergütung statt; nur der zivilgerichtliche Anspruch gegen den Verpflegten oder gegen dritte Verpflichtete bleibt vorbehalten.

Die kontrahirenden Theile sichern sich auch wechselseitig zu, auf Antrag der betreffenden Behörde, die nach der Landesgesezgebung zuläßige Hilfe zu leisten, damit denjenigen, welche die Kosten bestritten haben, diese nach billigen Ansäzen erstattet werden.

Artikel 8.

In allen Geburts-, Trainings- und Todesfällen österreichischungarischer Staatsangehöriger in der Schweiz und umgekehrt schweizerischer Staatsangehöriger in Oesterreich-Ungarn werden die kompetenten kirchlichen und weltlichen Funktionäre die amtlichen Auszuge aus den Kirchenbüchern, resp. Standesregistern (registres d'état civil), ohne Verzug und kostenfrei ausfertigen und dieselben in Oesterreich-Ungarn an die Gesandtschaft der schweizerischen Eidgenossenschaft in Wien, und in der Schweiz an die k. und k.

österreichisch-ungarische Gesandtschaft in Bern gelangen lassen.

Die Art und Weise der Légalisation dieser Ausfertigungen richtet sich nach den Gesezen des Staates, wo sie zu geschehen haben.

Den in Oesterreich-Ungarn in einer andern als in der deutschen oder lateinischen Sprache ausgestellten Geburts-, Trauungsund Todes-Scheinen ist eine lateinische, von der zuständigen Behörde gehörig beglaubigte Uebersezung beizuschließen ; dagegen sind die in der Schweiz ausgestellten derlei Urkunden, wenn es sich um einen österreichischen Staatsangehörigen handelt, und dio Urkunde in einer andern, als in der deutschen oder lateinischen Sprache ausgefertigt ist, mit einer deutschen oder lateinischen, wenn sie aber einen ungarischen Staatsangehörigen betrifft,, und nicht in der lateinischen Sprache ausgefertigt ist, mit einer lateini-

1161 sehen von der zuständigen Behörde gehörig beglaubigten Uebersezung zu begleiten.

Weder durch die Ausfertigung noch durch die Annahme der Geburtsscheine kann die Frage der Staatsangehörigkeit der Betreffenden präjudizirt werden.

Artikel 9.

Die gegenwärtige Uebereinkunft tritt für den Zeitraum von zehn Jahren in Kraft, und zwar nach vier Wochen vom Tage der Auswechslung der Ratifikationsurkunden an gerechnet. Wenn sechs Monate vor Ablauf dieser Frist keine Aufkündigung von Seite eines der kontrahirenden Theile stattfindet, so dauert die Uebereinkunft so lange fort, als nicht eine Aufkündigung erfolgt, für welche gleichfalls die Frist von sechs Monaten festgesezt wird.

Artikel 10.

Diese Uebereinkunft ist zu ratifiziren und es sollen die beiderseitigen Ratifikationsurkunden innerhalb sechs Monaten vom Tage der Unterzeichnung der Uebereinkunft an gerechnet, oder wo möglich noch früher in B e r n ausgewechselt werden.

Dessen zur Urkunde haben die beiderseitigen Bevollmächtigten die vorstehenden Artikel unterzeichnet und ihre Wappensiegel beigedrükt.

So geschehen in doppelter Ausfertigung in B e r n , am siebenten Dezember eintausend achthundert und fünf und siebenzig.

(L. S.) (Gez.) Ceresole.

(L. S.) (Gez.) Ottenfels.

·0*5«»*«*-

1162

# S T #

Nachtrag zur Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend eine Eisenbahn von Vevey nach Palézieux.

(Vom 6. Dezember 1875.)

Tit. !

Durch Botschaft vom 11. September abbin beantragten wir Ihnen, der Kommission des Gemeinderathes von Vevey die Konzession für eine Eisenbahn von Vevey nach Palézieux zu ertheilen.

Sie haben mit Beschluß vom 16/17. September das Konzessionsbegehren zur Vervollständigung der .Akten an uns zurükgewiesen, mit der Motivirung, daß auf das bloße Gesuch der Kommission einer Gemeindsbehörde und ohne daß das Begehren von zuständiger Oberbehörde gehörig legitimir sei, eine Konzession nicht ertheilt werden könne.

Unser Eisenbahn- und Handelsdepartement theilt diese Schlußnahm unterm 2. Oktober den Petenten mit, damit sie sich definitiv schlüssig machen, für wen die Konzession begehrt werden solle, mit dem Beifügen, daß sie, wenn die Gemeinde Vevey dieselbe zu erwerben wünsche, für die nöthigen Vollmachten zu sorgen haben.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Vertrag zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Schweiz zur Regelung der Niederlassungsverhältnisse, Befreiung vom Militärdienste und den Militärsteurn, gleichmässige Besteuerung der beiderseitigen Staatsangehörigen, gegenseitige un...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1875

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

57

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.12.1875

Date Data Seite

1157-1162

Page Pagina Ref. No

10 008 907

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.