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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVII. Jahrgang. IV.

Nr. 41.

18. September 1875.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken, Einrükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Espedition einzusenden.

Druk und Espedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht und Anträge des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend einige Abänderungen in den Entwürfen für Pferdebahnkonzessionen.

(Vom

8. September 1875.)

Tit.!

Durch Beschluß vom 2. Juli abhin haben Sie die Ihnen mit Botchaften vom 28. Juni d. J. vorgelegten Entwürfe für zwei Pferdebahnkonzessionen an uns zurükgewiesen, mit dem Auftrag, Ihnen in Ihrer nächsten Versammlung Bericht und Antrag darüber vorzulegen, ob nicht Artikel 19, betreffend Reduktion der Taxen, und Art. 23, betreffend Rükkauf, in Berüksichtigung des besondern Charakters einer Pferdebahn, besser aus der Konzession weggelassen werden, sowie ob sonstige allfällige Modifikationen der Entwürfe sich als wünschbar erweisen.

Da bezüglich der zwei speziell hervorgehobenen Punkte die betreffenden Kantone und Gemeinden vorzugsweise oder allein interessirt sind, so haben wir über Ihr Postulat vor allem die Vernehmlassungen der Regierungen von Bern und Genf eingeholt.

Leztere benuzte den gebotenen Anlaß, um eine Abänderung er beiden in Frage stehenden, schon bei der Konzessionsverhandlung lebhaft bestrittenen und erörterten Artikel zu beantragen, Bundesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. IV.

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und einigen weitern, vom Verwaltungsrathe der Stadt Genf vorgeschlagenen Modifikationen beizupflichten.

Während früher die soeben genannte Stadtbehörde die Hälfte des 8 °/o übersteigenden Reinertrages als Pachtzins für die in Anspruch genommenen Straßen und Pläze zu Gunsten des Staates und der Stadt Genf reklamirt hatte, wünscht nunmehr der Staatsrath an Stelle von Artikel 19 folgende Bestimmung: ,,Die Pferdebahngesellschaft, weil sie nur vergiinstigungsweise öffentliche Straßen und Pläze benuzt, hat an die Eigen th um er s derselben eine jährliche Gebühr von 100 Pranken per Kilometer oder Bruchtheil eines Kilometers der auf Staats- oder Gemeindeeigeuthum liegenden Linien zu bezahlen. Diese Gebühr hat zum Zweke, zu konstatiren, daß die Bahn nur auf Zusehen hin gestattet ist.

,,Wenn die Unternehmung drei Jahre nacheinander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so wird die jährliche Gebühr auf 300 Franken per Kilometer erhöht.

,,Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals zu deken, so kann der Bundesrath eine Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen. "· Die Petenten erklären sich mit diesem Antrag einverstanden,, indem sie über dessen Sinn immerhin die Bemerkung hinzufügen., es werde nur die Betriebslänge der Linien, ohne Anrechnung der Ausweichgeleise und der Doppelspur, gemeint sein.

Was den Rükkauf anbetrifft, so haben sich schließlich der Staatsrath von Genf, der Verwaltungsrath der Stadt Genf und die Bewerber um die Konzession für die dortigen Pferdebahnen auf folgende Fassung des Artikels 23 verständigt: ,,Der Staat und die Stadt Genf sind befugt, zu jeder Zeit die auf ihrem respektiveu Gebiete erstellten Pferdebahnen gegen gerechte Entschädigung zurükzukaufen. Diese Entschädigung wird durch Schiedsrichter festgestellt, welche in Ermanglung einer Einigung durch das Bundesgericht gewählt werden.

,,Mit Rüksicht auf dieses Rükkaufsrecht werden die Konzessionäre jedes Jahr ein vollständiges Inventar über ihre Aktiven und Passiven auf den 31. Dezember aufstellen und jeder der inleressirten Verwaltungen übergeben.

,,In den ersten 15 Jahren der Konzessionsdauer darf vom Rükkaufsrecht nur Gebrauch gemacht werden, wenn Gründe der öffentlichen Wohlfahrt oder Sicherheit die Beseitigung der Pferdebahnen gebieten würden."

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Von der Ansicht geleitet, daß es wünschbar sei, auch die Pferdebahnkonzessionen möglichst gleichmäßig zu gestalten, haben wir, nachdem der Regieruugsrath des Kantons Bern eine indifferente Stellung zu den vorliegenden Fragen eingenommen, die abgeänderten Artikel (den Artikel 23 in der ursprünglich eingeräumten, jeden Rükkauf in den ersten 15 Jahren ausschließenden Fassung) der Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft von Biel vorgelegt. Sich auf den gemeinnüzigen Charakter ihres Unternehmens berufend, hält dieselbe die gänzliche Streichung dei- fraglichen zwei Artikel für das Angemessenste. Eventuell, wird gesagt, sollte die jährliche Gebühr erst bezogen werden, wenn die Aktionäre 5 % Dividenden erhalten, und das Rükkaufsrecht nur den betheiligten Gemeinden, nicht aber auch dem Staate zustehen.

Schließlich erklärt indessen die Gesellschaftsbehörde, daß sie auch den neu formulirten Artikeln zustimmen könne, in der Erwartung, daß die Konzession in Ihrer nächsten Session ertheilt werde.

Die Pferdebahnen in den bisher besprochenen Richtungen milder als die gewöhnlichen Lokomotivbahnen zu behandeln, resp.

die zwei fraglichen Artikel zu streichen, scheint sich im Hinblik auf ihre vielfach prekäre Lage (Artikel 14, Absaz 2 der Entwürfe), auf ihren Heimfall nach Ablauf der Konzession und die kürzere Dauer der lezteren zu empfehlen. Nach unserer Ansicht überwiegen aber doch die Grunde für die Beibehaltung der Bestimmungen," wie sie im Wesentlichen zulezt vom Staatsrath von Genf vorgeschlagen worden sind.

1. Die Bewerber selbst verlangen die Begünstigung nicht.

(Bei der Konzessionsverhandlung zeigte sich auch die Pferdebahngesellschaft in Biel dem diesfälligen Entwurfe keineswegs abgeneigt.)

O O O O J 2. Die bis jezt bestandene Konzession für die Pferdebahn Genf-Chêne (-Moillesulaz) enthält schärfere Bedingungen (eine Ab, gäbe von 2 % der jährlichen Brutto-Einnahmen und jederzeitiges Rükkaufsrecht).

3. Die ausländische Gesezgebung und Praxis geht fast überall [noch weiter; wir verweisen auf unsere Botschaft vom 28. Juni [betreffend die Bahn Bözingen-Biel-Nidau. Ein im Frühling d. J.

l vom Präsidenten der französischen Republik aufgestellter Gesezentwurf, welcher gestattet, Lokomotiveisenbahnen auf den Reichsstraßen und mit Zustimmung der Departemente und Gemeinden lauch auf andern Straßen und Wegen anzulegen,
enthält die Beistimmung : l "Art. 9. Wie alle behufs Nuznießung des öffentlichen Gutes (domaine public) ertheilten Konzessionen, so ist auch die Genehmigung zur Anlage einer Eisenbahn auf Straßen und Wegen selbst

280 vor dem im Bedingnißheft ausgesprochenen Termin der Koiwessiouserlöschung ganz oder theilvveise widerruf bar."1 4. Die Verhältnisse einer Stadt können sich im Verlaufe weniger Jahre in unvorhergesehener Weise ändern und einen Rükkauf lange vor Ablauf der Konzession wünschbar machen.

5. Es steht nichts im Wege, daß die zum Bezug der stipulirten Gebühr Berechtigten in Anerkennung des gemeinnüzigen Charakters einer speziellen Pferdebahn oder aus andern Gründen auf die Erhebung der Abgabe verzichten.

Wenn wir somit uns für Aufreclithaltung der beiden Konzessionsbedingungen aussprechen müssen, so glauben wir, in konsequenter Festhaltung eines Grundsazes der Normalkonzession, das in den Genfer Vorschlägen komparirende Schiedsgericht durch das Bundesgericht ersezeu zu sollen.

Die andern von den Genferbehürden beantragten und von den Konzessionären acceptirten Abänderungen beziehen sich ausschließlich auf die Konzession für die Genfer Tramways.

Die Konzessionäre sollen nicht von vornherein angehalten werden, zwei Parallellinien zwischen der Place de Bel Air und dem Cours de Rive zu bauen, sondern die Linie durch die Rue du Rhône erst erstellen müssen, wenn der Betrieb der Bahn durch die Rues Centrale, des Allemands, du Marché, de la Croix d'Oi und de Rive schwere Nachtheile mit sich bringt. Im Zusammenhang damit wird auf das im Entwurf den Staats- und Stadtbehörden vorbehaltene Recht verzichtet, den Betrieb der zulezt genannten Bahn während der Marktstunden einstellen zu lassen.

Endlich solleu die Einheitstaxen für das Innere der Stadt schon in der Konzession fixirt werden.

Wir haben bezüglich dieser Vorschläge keine Ausstellungen zu machen und im Uebrigen unseren Botschaften und Entwürfen nichts mehr beizufügen ; einzig die Frist für die Inangriffnahme der Arbeiten an den Genfer Pferdebahnen muß nunmehr, nachdem die Konzession nicht schon im Juni ertheilt worden ist, verhältnißmäßig verlängert werden.

Wenn ein Privatmann von Genf seit unserer Botschaft die Befürchtung ausgesprochen hat, in einigen engen Gassen müßten die Pferdebahnen *eine arge Hemmung des Fahrverkehrs verursachen, so halten wir mit dem Staatsrath von Genf dafür, daß der große Nuzen des neuen Verkehrsmittels für das Gemeinwesen die in gewissem Grade damit verbundenen Inkonvenienzen weit in den Hintergrund dränge.

281 Wir beantragen Ihnen gemäß dem Gesagten: a. Im Entwurfe für die Genfer Tramways folgende Aenderungen anzubringen: 1) Ziffer 3 des Eingangs folgendermaßen zu fassen : ,,von der Eisenbahnbrüke in Montbrillant durch die rue du Montblanc, über den Pont du Montblanc, die Place du Lac und die Place du Molard bis in die rue du Marché; -- eventuell (Artikel 14) auch vom Pont du Montblanc über den Grand Quai, die Place du Rhône, die rue du Rhône und die Place de Bel Air, sowie vom Pont du Montblanc über die Place du Port, durch die rue du Rhône und die rue d'Italie;'1 2) als Termin für den Beginn der Arbeiten den 1. Januar 1876 anzusezen ; .3) im zweiten Absaz des Artikels 14 den Saz: ,,sie sind insbesondere berechtigt, den Betrieb der zweiten der im Eingang angeführten Linien während der für die öffentlichen Märkte bestimmten Stunden einstellen zu lassen," zu streichen und dafür als drittes Lemma einzuschalten: ,,Wenn die Erfahrung zeigt, daß der Betrieb der zweiten der im Eingang angeführten Linien mit Gefahren für die- öffentliche Sicherheit verbunden ist, so haben die Konzessionäre auf ihre Kosten diese Linie durch die in Ziffer 3 des Eingangs eventuell konzedirten zu ersezen.

4) Dem vierten Lemma von Artikel 15 folgenden Saz beizufügen : ,,Für den Verkehr im Innern der Stadt Genf wird schon jezt als Maximum eine Taxe von 10 Rp. per Plaz für das Befahren einer der drei Sektionen, welche von der Place du Molard bis zur Place Neuve, zum Cours de Rive und nach Montbrillant reichen, und eine Taxe von 15 Rp.

für das Befahren zweier Sektionen festgesezt ;"· 5) den Artikel 19 durch folgende Bestimmung zu ersezen : ,,Die Pferdebahngesellschaft hat an die Eigenthümer der von ihr benuzten öffentlichen Straßen und Pläze eine jährliche Gebühr von 100 Franken per Betriebskilometer oder Bruchth eil eines solchen der auf Staats- oder Gemeindeeigenthum liegenden Linien zu bezahlen.

,,Wenn die Unternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so wird die jährliche Gebühr auf 300 Franken per Kilometer erhöht.

282 ,,Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen ;a 6) dem Artikel 23 folgende Fassung zu geben : ,,Der Staat und die Stadt Genf sind befugt, zu jeder Zeit die auf ihrem respektiven Gebiete erstellten Pferdebahnen gegen gerechte, in Ermanglung einer Einigung durch das Bundesgericht zu bestimmende Entschädigung zuriikzukaufen.

,,Mit Rüksicht auf dieses Rükkaufsrecht haben die Konzessionäre jedes Jahr ein vollständiges Inventar über ihre Aktiven und Passiven auf den 31. Dezember aufzustellen und jeder der interessirten Verwaltungen zu übergeben.

,,In den ersten 15 Jahren der Konzessioasdauer darf vom Rükkaufsrecht nur Gebrauch gemacht werden, wenn Gründe der öffentlichen Wohlfahrt oder Sicherheit die Beseitigung der Pferdebahnen gebieten.tó b. Im Entwurf für die Pferdebahn Bözingen-Biel-Nidau die Artikel 20 und 24 durch folgende zu ersezen: Art. 20. Die Pferdebahngesellschaft hat an die Eigenthümer der von ihr benuzten öffentlichen Straßen und Pläze eine jährliche Gebühr von 100 Franken per Betriebskilometer oder Bruchtheil eines solchen der auf Staats- oder Gemeindeeigenthum liegenden Linien zu bezahlen.

,,Wenn die Unternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so wird die jährliche Gebühr auf 300 Franken per Kilometer erhöht.

,,Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.'· Art. 24. Der Kanton Bern und die betheiligten Gemeinden sind befugt, zu jeder Zeit die auf ihrem respektiven Gebiete erstellten Pferdebahnen gegen gerechte, in Ermanglung einer Einigung durch das Bundesgericht zu bestimmende Entschädigung zurükzukaufen.

,,Mit Rüksicht auf dieses Rükkaufsrecht haben die Konzessionäre jedes Jahr ein vollständiges Inventar über ihre Aktiven une

283 Passiven auf den 31. Dezember aufzustellen und jeder der interessirten Verwaltungen zu übergeben.

^In den ersten 15 Jahren der Konzessionsdauer darf vom Rükkaufsrecht nur Gebrauch gemacht werden, wenn Gründe der öffentlichen Wohlfahrt oder Sicherheit die Beseitigung der Pferdebahnen gebieten.a Wir benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den S. September 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

284

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Bericht der

Kommission des Nationalrathes über die Botschaft und Beschlussentwürfe des Bundesrathes, betreffend: a. die Demonetisirung der 20-Rappenstüke ; b. die Prägung von 10- u. 50-Rappenstüken.

(Vom 10. September 1875.)

Tit.!

Von den beiden vom Bundesrathe vorgelegten BeschlussesEntwürfen kann Ihnen die Kommission nur denjenigen sub b über die vorgeschlagenen Neuprägungen, nicht aber denjenigen über Demonetisirung empfehlen. Indem sie ihre daherigen Motive anbringen will, schikt sie voraus, daß nach ihrer Auffassung der auch in der Berechnung des Bundesrathes über das erforderliche Metall zu Grunde gelegte Zusammenhang zwischen Demonetisirung und Neuprägung nicht besteht, sondern daß beide Vorschläge für sich selbständig betrachtet werden können. Von denselben erörtert sie zuerst den von ihr empfohlenen über die Neuprägungen.

L Die Frage der P r ä g u n g von 10- und 50-Rappenstüken ganz von dem Bedürfniß nach diesen Münzsorten abhängig.

ist

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Bericht und Anträge des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend einige Abänderungen in den Entwürfen für Pferdebahnkonzessionen. (Vom 8. September 1875.)

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Jahr

1875

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

41

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.09.1875

Date Data Seite

277-284

Page Pagina Ref. No

10 008 794

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