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Botschaft

?

des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Gesuch des Hrn. Professor Zschezsche.

(Vom 21. Christmonat 1875.)

Tit.!

Durch Zuschrift vom 10. d. Mts. richtet Herr Prof. Zschezsche in Zürich an Sie die gehorsamste Bitte um authentische Interpretation einiger Stellen des Bundesgesezes vom 24. Christmonat 1874, resp. um Aufhebung einiger Bestimmungen der bundesräthlichen ,,Vorschriften" vom 17. Herbstmonat 1875. (Amtl. Sammlung, Neue Folge I, S. 719.) Die Zuschrift enthält folgende Gesuche: I. Die hohe B u n d e s v e r s a m m l u n g w o l l e den h. B u n d e s r a t h einladen, b e f ö r d e r l i c h s t Anordn u n g e n z u t r e f f e n , w e l c h e e s d e n Civilstandsbeamten der ganzen Schweiz ermöglichen, nach V o r s c h r i f t v o n Art. 5, a des C i v i l s t a n d s g e s e z e s alle in ihren Kreisen v o r k o m m e n d e n Verkündungen in das betreffende (ohne Zweifel das E h e-) R e g i s t e r gleichförmig eintragen zu können.

Was der Gesuchsteller verlangt, steht wirklich im Art. 5, a des Bundesgesezes, mit Ausnahme des Wortes ,,gleichförmig", welches aus Art. 2 entnommen ist und dort etwas ganz Anderes bedeutet, nämlich die Uebereinstimmung der korrespondirenden

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Doppel. Was aber Art. 5, a vorschreibt, würde am besten durch ein eigenes Verkündregister ausgeführt, dessen Aufstellung aber der Bundesrath im Hinblik auf Art. 2 nicht verlangen konnte, sondern nach Art. 5, f den Kantonen überlassen mußte, von welchen wirklich manche, welche bisher ein solches besaßen, dasselbe beibehielten, gleich wie die eben so nüzlichen, aber durch das Bundesgesez nicht vorgeschriebenen Familienregister.

Der Bundesrath konnte die verschiedenen Eintragungen der Verkündungen nur so anordnen, wie dies im Art. 42, d des Bundesgesezes selbst vorgeschrieben ist, nämlich als einen integrirenden Theil des Trauungsprotokolls, was freilich die Folge hat, daß für die Eintragung von Verkündungen, welchen keine Trauung nachfolgt, Nichts vorgeschrieben ist. Wir konnten aber nicht über das Gesez hinausgehen, was in mehrfacher Hinsicht der Fall wäre, wenn wir den an einem andern Orte von Herrn Zschezsche gemachten bezüglichen Vorschlägen entsprochen hätten. Die Verkündung kann nach dem Geseze nur im Eheregister eingetragen werden und nur so, wie es Art. 42, d vorschreibt.

II. Der Gesuchsteller beantragt ferner: Sie w o l l e n den h. B u n d e s r a t h e i n l a d e n , b e f ö r d e r l i c h die mit B b e z e i c h n e t e n Civilstandsregisterformulare, als dem B u n d e s g e s e z e n i c h t e n t s p r e c h e n d , z urükzuziehen, und (sofern ü b e r h a u p t für die auf G r u n d l a g e a m t l i c h e r M itt h e i l u n g e n n a c h Art. 5, c einzutragenden C i v i l s t a n d s v o r g ä n g e b e s o n d e r e Register noth wendig erachtet werden müßten -- w a s s e h r z u b e z w e i f e l n i s t --) d i e F ü h r u n g dieser Register in g e s e z l i c h e r Form und Volls t ä n d i g k e i t n a c h d e m F o r m u l a r e der R e g i s t e r A a n z u o r d n e n , f e r n e r i n d e n ,,V o r s c h r i f t e n " d i e d e m entsprechenden A b ä n d e r u n g e n v o r z u n e h m e n und das z w e i t e L e m m a des Art. 5 a u f z u h e b e n .

Der Gesuchsteller bestreitet also die Nothwendigkeit besonderer Register (oder Registerabtheilungen) für die außerhalb des Zivilstandskreises vorgekommenen Geburten, Sterbefälle und Trauungen; sodann behauptet er, daß auch unter Annahme derselben doch nicht zweierlei Formulare zuläßig seien (das Wort ,,gleichförmig" im
Art. 2 wird wiederum am unrechten Orte angewendet, ebenso das ,,sowie" im Art. 5, c); endlich tadelt er auch, daß von den B-Registern keine amtliehen Auszüge verabfolgt werden dürfen, sondern nur Abschriften derjenigen Aktenstüke, auf welche hin die Eintragungen stattfanden, wodurch sowohl den B-Registern

1277 selbst, als auch diesen Abschriften die gesezliche Beweiskraft abgehe.

Allerdings hätte unser schweizerisches Gesez über den Zivilstand, wenn man nur die Vorschriften der Nachbarstaaten kopiren wollte, sich auf das im Art. 5, a und d Gesagte beschränken und den ganzen Rest dieses Artikels entbehren können. Das Gesez des deutschen Reichs z. B., sowie das französische verlangen nur die Einschreibung der Geburten, Sterbefälle und Trauungen in einem Zivilstandsregister, nämlicn an dem Orte, wo sie vorgekommen (ausgenommen natürlich die auf See vorkommenden Geburten und Sterbefälle); von einer Mittheilung an Heimatgemeinden und von einem Register B für auswärts vorgekommene Zivilstandsvorgänge ist keine Rede ; von Mittheilungen, wie die nach Art. 5, b unseres Gesezes und Einschreibungen dieser Mittheilungen (Art. 5, c) sprechen die Geseze dieser Staaten gar nicht, und wenn man also vergleichen will, so ist der Mangel nicht auf Seite der Schweiz, welche in Berüksichtigung ihrer eigenthümlicheh Gemeindeverhältnisse nicht bloß wie andere Staaten die Zivilstandsvorfälle da einschreibt, wo sie vorgekommen (Register A), sondern auch noch am Bürgerort oder ordentlichen Wohnsiz der Betheiligten (Register B). Daß aber nur die Register A und die Auszüge aus denselben und nach bestehenden Gesezen verfertigte Abschriften der leztern -- anderwärts wie bei uns -- gesezliche Beweiskraft haben, das hat nicht der Bundesrath gemacht, sondern es liegt in der Natur der Sache.

Die Natur der Sache macht es unmöglich, den Registern B, welche mit Rüksicht auf die Gemeindeadministration durch Art. 5, c geschaffen worden sind, dieselbe Form, dieselbe Bedeutung zu geben, welche die Register A haben müssen.

Wie will man für die in die Register B fallenden Eintragungen, welche ganz von den Mittheilungen von Außen abhängen, noch die vom Bundesgeseze Art. 6 verlangte chronologische Reihenfolge festhalten? Wie will man die in Art. 16 und 22 verlangte eigenhändige Unterschrift der Anzeigenden, welche eben die beiden Originaldoppel (A) als solche auszeichnet, durchführen?

Diese B-Register k ö n n e n also gar nie die Bedeutung von Originalregistern beanspruchen ; sie sind im günstigsten Falle auch nur ,,Abschriften derjenigen Aktenstüke, auf welche hin die Eintragungen stattfinden.11 Sie können aber sehr oft nicht einmal
Abschriften sein; denn da die Mittheilungen von Außen oft in einer andern Sprache erfolgen, als in derjenigen des Zivilstandsregisters, so müssen die Eintragungen in leztere übersezt werden.

Vollends aber dann wären die Eintragungen in die B-Register

1278 den Aktenstüken, auf welche hin sie stattfinden, nicht mehr konform, wenn diese Register nach den Formularen der A-Register geführt würden, wie der Gesuchsteller verlangt; dann müßten ja gerade die Mittheilungen aus dem Auslande, an deren vollständiger Eintragung ihm so sehr gelegen ist, in eine andere Form umgegossen werden, ia welche sie vielleicht passen.

Doch, wie auch immer diese B-Register geführt werden, A u s z ü g e aus diesen können nie den Werth haben, wie ,,Abschriften derjenigen Aktenstüke, auf welche hin die Eintragungen stattfinden."

Diese ganze Polemik gegen die -- bei uns bereits vorhandenen -- Register für auswärtige Zivilstandsvorgänge beweist übrigens, daß der Gesuchsteller z-u-ar die deutsche, nicht aber die schweizerische Registerführung kennt.

ITI. Die hohe Bundesversammlung soll den Bundesrath ferner einladen, den l e z t e n Saz des A r t . 3, s o w i e den Art. 11 d e r ,, V o r s c h r i f t e n b e t r e f f e n d d i e F ü h r u n g d e r Zivilstandsregister, t t als mit der im Art. 7, L e m m a l des Bundesgesezes a u f g e s t e l l t e n Regel n i c h t h a r m o n i r e u d , beförderlich aufzuheben.

Wir geben zu, daß der Saz: ,,Angaben, welche das Gesez nicht vorschreibt, sind nicht in die Register einzutragen" -- etwas kategorisch lautet. Nach dessen strengem Wortlaut erscheint es zweifelhaft, ob an sich zwekmäßige Notizen, z. B. die Anordnung der Zürcher Vollziehungsverordnung, daß am Rande des Todtenregisters die Grabesnummer für die betreffende Person angemerkt werden soll, oder die das Ausziehen der Schul- oder Militärpflichtigen erleichternde Notiz des erfolgten Todes am Rande des Geburtseintrags der betreffenden Personen noch zuläßig seien.

Die Thatsache jedoch, daß der Buudesrath bei Genehmigung der kantonalen Vollziehungsverordnuugen solche Randbemerkungen gestattet hat, beweist hinlänglich, daß er nicht beabsichtigt, das Gesez zu verschärfen.

Wer sollte aber glauben, daß der Gesuchsteller selbst mit dem Begehren, daß Art. 11 der Vorschriften als mit Art 7 des Bundesgesezes nicht harmonirend, beförderlich aufgehoben werde, ähnlichen Notizen, welche, von den Fachmännern verlaugt, vom Bundesrathe zugegeben wurden, entgegentreten werde mittelst einer verschärfenden Auslegung der gesezlichen Vorschrift, ,,es dürfe in die Zivilstandsregister n i c h t s i h r e r B e s t i m m u n g Fremdes eingeschrieben werden"?

1279 Indem der Gesezgeber die Aufnahme der T o d e s u r s a c h e in das Todtenregister nicht bloß zuließ, sondern vorschrieb, durch welche doch gewiß der Zivilstand nicht berührt wird, wollte er die Todtenregister auch für sanitätsstatistische Zweke benuzbar machen ; demselben Zweke dient aber der nur für Ausnahmsfälle berechnete Art. 11 der ,,Vorschriften"', wonach bei Eintragung Verstorbener, welche bloß v o r ü b e r g e h e n d am Sterbeort zugebracht, nach Angabe des leztern dieser umstand zu erwähnen ist.

Hat doch der Petent selbst auf Seite 4 seiner Eingabe die -- vom Geseze vorgeschriebene -- Eintragung aller Fälle in das Register des Ortes, wo sie vorgekommen, ,,ganz unpraktisch" gefunden aus dem Grunde, weil z. B. verstorbene Durchreisende mit den Ortseinwohnern zusammengeworfen werden, ein Uebelstand, welcher gerade durch unsere Vorschriften gehoben wird.

IV. Endlich wendet sich der Gesuchsteller auch gegen die von uns angeordnete Berichtigung eines Drukfehlers im Art. 59 des Bundesgesezes: ,,Von Amtes wegen oder auf Klage hin sind zu bestrafen : 1) Personen, welche den in den Artikeln 14, 15, 20 und 21 vorg e s c h r i e b e n e n A n z e i g e p f l i c h t e n nicht nachkommen a etc. etc.

Von einer Kantonsregierung darauf aufmerksam gemacht, daß durch Art. 21 keine Anzeigepflicht vorgeschrieben werde und daß sich aus einer Verglcichung mit dem entsprechenden Art. 49 des bundesräthlichen G-esezcsentwurfs vom 2. Oktober 1874 deutlich ergebe, daß die Anzeige vorhandener vorehelicher Kinder nach Art. 41 des Bundesgesezes gemeint sein müsse, glaubten wir allerdings, noch vor Erlaß der kantonalen Vollziehungsverordnungen den Drukfeliler berichtigen zu sollen.

Herr Zschezsche behauptet nun, das sei nicht eine bloße Berichtigung eines Drukfehlers, sondern eine erhebliche materielle Abänderung eines vom Volke angenommenen Gesezes; ihm genügt Art. 21 ohne Strafbestimmung gar nicht mehr, während eine solche zu Art. 41 ganz nuzlos sei u. s. w. Demgemäß verlangt er authentische Feststellung der richtigen Lesart durch die Bundesversammlung und macht zugleich einen einläßlichen Vorschlag, in welcher Weise in Zukunft Drukfehler solcher Art zu berichtigen seien.

Wir haben hierauf nur zu bemerken, daß das betreffende Lemma des bundesräthlichen Gesezesentwurfs zuerst von den beiden Räthen auf den Antrag ihrer Kommissionen fallen gelassen, hernach in eilfter Stunde (23. Christmonat 1874) auf den Antrag Bundesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. IV.

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1280 der Minorität der nationalräthlichen Kommission, jedoch mit dem erwähnten Drukfehler, angenommen worden ist. Im Uebrigen stellen wir den Entscheid darüber, ob Sie dem Gesuchsteller entsprechend sich für eine der beiden Lesarten aussprechen und auch noch für die Berichtigung solcher Drukfehler in der Zukunft Anordnungen treffen wollen, ganz Ihrem Ermessen anheim.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 21. Christmonat 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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Bericht des

Schweiz. Generalkonsuls in Washington (Hrn. John Hitz, von Davos-Klosters, Graubünden) über das Jahr 1873.

(Vom 9. Dezember, eingegangen den 26. Dezember 1875.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Als Anfang vergangenen Jahres der dem Handel durch die vorjährige Krisis versetzte Rückschlag sich etwas milderte, glaubte man vieler Orts, daß die ärgsten der Folgen eines durch den Bürgerkrieg unnatürlich aufgeblähten Handels überstanden seien. -- Nicht so -- das Vergehen war umfangreicher, als man ahnte, und es ist nun klar genug ersichtlich, daß eine feste Handelsbasis nur äußerst langsam wieder zu erlangen sein wird.

In erster Linie, darf man annehmen, entzog der fünfjährige Krieg mindestens 2 1/2 Millionen Menschen von der produzirenden Klasse und versetzte dieselben zur konsumirenden. -- Selbstverständlich gab dieses den übrigen einheimischen, sowie auch einer großen Anzahl ausländischer Produzenten einen merklich zunehmenden Absatz.

Woher aber die Mittel nehmen, um den Ausfall einer plötzlich in so großem Maßstabe abgenommenen Produktion zu ersetzen?

Ungleich Frankreich, erwies sich das eigene Land unzulänglich und war es auch mit seinem ausgedehnten, an allen seinen Finanz-

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31.12.1875

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