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Bundesrathsbeschluss in

Sachen des Rekurses von Peter Dahinten, von Entlebuch, betreffend dessen Wegweisung aus dem Kanton Nidwaiden.

(Vom 11. August 1875.)

Der schweizerische Bundesrath hat in Sachen des Peter D a h i n t e n , von Entlebuch (Luzern), betreffend Ausweisung; nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben: I. Mit Eingabe an den Bundesrath vom 7. Juli a. c. beschwerte sich Hr. Fürsprecher Dr. Joh. Winkler in Luzern, Namens des Rekurrenten, über einen Beschluß der Regierung des Kantons Unterwaiden nid dem Wald vom 5. Juli 1875, womit Dahinten aus diesem Kantone weggewiesen worden ist.

Zur Unterstüzung dieser Beschwerde machte Hr. Fürsprecher Winkler geltend: Der Rekurrent sei viele Jahre in Hergiswyl niedergelassen gewesen. Seine Ausweisung werde nun damit motivirt, daß er 1870 wegen Fallimentes von dem Geschwornengericht von Nidwaiden zum Verluste der bürgerlichen Rechte und Ehren verurtheilt worden sei. Allein der Art. 45, Lemma 2 der Bundesverfassung treffe hier nicht zu, denn es falle dem Rekurrenten

17» kein Vergehen zur Last; er habe bloß einige Schulden nicht bezahlen können. Der Grund des Entzuges der Ehrenrechte liege also nicht in strafrechtlichen, sondern lediglich in ökonomischen Verhältnissen. Aus ökonomischen Gründen könne aber nur Derjenige ausgewiesen werden, welcher dauernd der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last falle, was dem Rekurrenten nicht vorgeworfen werden könne.

II. Die Regierung von Nidwaiden antwortete mit Zuschrift vom 23. Juli 1875 wie folgt: Dahinten sei allerdings seit Juni 1864 in der Gemeinde Hergiswyl niedergelassen gewesen. Am 26. November 1870 habe jedoch das Geschwornegericht geurtheilt, daß derselbe wegen Fallimenten mit einer unbezahlten Schuldenlast von Fr. 705. 95 auf so lange in den bürgerlichen Rechten und Ehren eingestellt, sowie aus dem Kanton verwiesen sei, bis er seine Schulden bezahlt habe und rehabilitirt sei. In Folge dessen habe er im Dezember 1870 den Kanton verlassen. Im Laufe des Jahres 1874 sei ihm aber auf Wohlverhalten hin der Aufenthalt momentan wieder gestattet, worden. Allein da er in betrunkenem Zustande wiederholt gegen einzelne Gemeindebürger und auch gegen den Polizisten grob sich benommen habe, so sei von der Regierung am 21. Juni 1875 der Vollzug der Ausweisung nach Maßgabe des erwähnten Urtheiles beschlossen worden. Erst jezt habe Hr. Dr. Job. Winkler an die Regierung das förmliche Gesuch gestellt, es möchte dem Dahinten die Niederlassung bewilligt werden. Sie habe jedoch unterm 5. Juli ihre erste Schlußnahme bestätigt mit der Weisung an den Rekurrenten, den Kanton bis zum 8. Juli zu verlassen.

Dieser Entscheid sei gerechtfertigt. Der Rekurrent sei s t r a f g e r i c h t l i c h seiner bürgerlichen Rechte und Ehren verlustigerklärt worden, in Anwendung von §§ 55 und 58 der kantonalen Verfassung und von § 2 des Fallitenstrafgesezes von Nidwaiden.

Die Frage, ob die Beurtheilung eines Fallimentes strafrichterlicher Natur sei oder nicht, sei nicht weiter zu erörtern, zumal in dieser Materie gegenwärtig noch das kantonale Recht gelten müsse. Essei also gegen Dahinten genau nach Maßgabe von Art. 45, Lemma 2 der Bundesverfassung verfahren worden.

In E r w ä g u n g : Daß nach Art. 45, Lemma 2 der Bundesverfassung die Kantone berechtigt sind, einem Bürger, der infolge eines Strafurtheils nicht im Besize der bürgerlichen Rechte ist, die Niederlassung zu entziehen ;

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daß jener Artikel keinen Unterschied macht zwischen den verschiedenen Arten von Strafurtheilen oder zwischen verschiedenen Motiven für, den Entzug der bürgerlichen Rechte.

daß bis zum Erlaß des im Art. 66 der Bundesverfassung vorgesehenen Bundesgesezes die Kantone das Recht haben, betreffend Entzug der bürgerlichen Rechte die ihnen angemessen scheinende Gesezgebung anzuwenden ; daß gegen Peter Dahinten, Bürger des Kantons Luzern, unterm 26. November 1870 vom Geschwornengericht von Nidwaiden ein Strafurtheil erlassen wurde, und daß mit diesem Urtheile, in Gemäßheit der in jenem Kanton bestehenden Geseze, die bürgerlichen Rechte entzogen worden sind, beschlossen: 1. Der Rekurs wird abgewiesen.

2. Dieser Beschluß ist der Regierung des Kantons Unterwaiden nid dem Wald, sowie Herrn Fürsprecher Dr. Joh. Winkler in Luzern, als Anwalt und zuhanden des Rekurrenten, mitzutheilen.

B e r n , den 11. August 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Bericht des

Bundesrathes an den Schweiz. Nationalrath, betreffend den Druk der Entwürfe zu Bundesgesezen und Bundesbeschlüssen in italienischer Sprache.

(Vom 20. August 1875.)

Tit. !

Auf den Antrag eines Mitgliedes Ihrer Behörde haben Sie unterm 15. Juni abhin uns eingeladen, darüber zu berichten, ob nicht die Entwürfe zu Bundesgesezen (und wohl auch diejenigen zu organischen Bundesbeschlüssen) in allen drei Landessprachen der Bundesversammlung zur Berathung vorgelegt werden sollten.

Dieser Antrag des Hrn. C e n s i enthält nach unserer Ansicht durchaus nichts Unbilliges, vielmehr verdient derselbe ohne weiteres in nähere Erwägung gezogen zu werden.

Es wird nemlich darin nicht verlangt, daß gleichzeitig mit den Gesezentwürfen auch alle, mitunter sehr weitläufigen Botschaften des Bundesrathes in italienischer Uebersezung vorgelegt werden sollen, was jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten und großen Kosten verbunden wäre, sondern es beschränkt sich die Motion lediglich darauf, daß die gedachten Entwürfe, wie in deutscher und französischer, so auch in italienischer Sprache der Berathung in den eidgenössischen Räthen vorliegen möchten.

Sie geht mithin nicht über das hinaus, was mit Rüksicht auf Bundesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. IV.

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Bundesrathsbeschluss in Sachen des Rekurses von Peter Dahinten, von Entlebuch, betreffend dessen Wegweisung aus dem Kanton Nidwalden. (Vom 11. August 1875.)

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1875

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04.09.1875

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178-181

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