289

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Vevey nach Palézieux.

(Vom 11. September 1875.)

- Tit. !

Während die Stationen Vevey und Palézieux in gerader Richtung nur etwas mehr als 8 Kilometer von einander entfernt sind, haben auf den Schienen der Westbahnen Personen und Güter gegenwärtig 39 Kilometer zu durchlaufen, um von einem dieser Orte zum andern zu gelangen, und demgemäß ist auch diese Distanz zu bezahlen. Das vorliegende Konzessionsgesuch verdankt seine Entstehung dem natürlichen Bestreben, diesen großen Umweg abzuschneiden.

Um den zwischen Vevey und Palézieux bestehenden Höhenunterschied von 283 Metern, welcher für einzelne dazwischen gelegene Stellen sich noch bedeutend steigert (zwischen Attalens und Vevey beträgt er 332 Meter), zu überwinden, wollen die Potenten auf einem Theil der Linie das von Autoritäten, wie Couche, Mac Kershan, sehr günstig beurtheilte System Agudio anwenden, wie es in Lans-le-Bourg am Mont Cenis praktisch ausgeführt ist.

Dasselbe besteht im Wesentlichen aus einem starken Drathseil, welches am obern Ende der Bahn befestigt ist und durch ein am untern Ende angehängtes Gewicht gespannt wird, aus einem

290 schwächeren Seil ohne Ende und einer Zahnstange. Das dünnere Seil (câble moteur) wird durch eine Turbine in rasche Bewegung gesezt; diese trägt sich auf den Tambour des Lokomoteur über und lezterer windet sich (und damit den Zug) am dikeren Seil (câble toueur) hinauf und herab.

Nach dem in erster Linie studirten Projekte würde nach diesem System eine fast ganz im Tunnel liegende Streke von 3,3 Kilometern Länge zwischen Corsi er und Attalens betrieben, indem die Höhe von Corsier mittelst des gewöhnlichen Lokomotivsystems und eines Spizkehrs erstiegen würde. Danach erhielte die ganze Linie eine Länge von 11,5 Kilometern; die Maximalsteigung auf den mit der Dampflokomotive befahrenen Streken Vevey-Corsier und Attalens-Palezieux würde 25°/oo, auf der mittlern Sektion dagegen 10°/o erreichen; der Minimalradius wäre 300 Meter, an einer einzigen Stelle, in der Station Corsier, indessen nur 150 Meter. Der Kostenvoranschlag weist eine Summe von Fr. 6,900,000 oder pro Kilometer Fr. 600,000 auf, worin die Kosten für die hydraulischen Einrichtungen mit Fr. 595,000 enthalten sind.

Da sich seit Ausarbeitung dieses ersten Projektes gezeigt hat, daß das Minimalquantum des verfügbaren Wassers der beiden Veveyses größer sei, als man bisher voransgesezt hatte, so wurde eine Variante entworfen, nach welcher der Tunnel etwas (70 Meter) länger würde, eine Steigung von 12 °/o erhielte, der Spizkehr und die Curve von 150 Meter Radius aber wegfiele, die Länge der Bahn um 2 Kilometer und der Voranschlag um Fr. 900,000 sich kürzen würde.

Von den Konzessionsbedingungen geben nur die Tarife zu Bemerkungen Anlaß. Die Petenten glauben das Zweieinhalbfache der Taxen der Normalkouzession nöthig zu haben, um die Unternehmung finanziell sicher zu stellen können.

Die in unserer Botschaft vom 11. September 1873*) aufgestellte Tabelle über die durch höhere Steigungen gebotenen Taxerhöhungen gibt über einen Fall der vorliegenden Art keine genügende Auskunft , indem sie nur bis zu einer Steigung von 5 °/o und für das gewöhnliche Lokomotivsystem berechnet ist. Ohne sehr schwierige Untersuchungen, für welche zur Zeit genügendes Material nicht vorläge, ist es nicht möglich, das Verhältniß der Betriebskosten der projektirten Bahn zu denen unserer schweizerischen Hauptbahnen klar zu legen, so daß nur die Vergleichung mit bekannten Faktoren zu einem Urtheil über das genannte Begehren führen kann.

*) Siehe Bundesblatt v. J. 1873, Band III, Seite 708.

291

Aus der oben genannten Tabelle notircn wir, daß schon eine Steigung von 5 °/o eine verdreifachte Taxe indizirt.

Der Bergbahn Rorschach-Heiden, welche am meisten Aehnlichkeit mit dem in Rede stehenden Projekte (8,8 °/o Maximalsteigung und bedeutenden Waarenverkehr) hat. sind pro Kilometer folgende Taxen bewilligt: 50 Rappen 34 TI 42 n 25 Rappen 17 v> 21 ., 6,6 Rappen 5,0 ,, 5,8

fl

pro n .n pro n.

.n pro -,,

Person für die Bergfahrt l -n TI TI Thalfahrt in L Klasse.

,n im Durchschnitt ' Person für die Bergfahrt \ il TI n Thalfahrt in II. Klasse, ,, im Durchschnitt ' 50 Kilogramm Waaren in I. Klasse, 50 ,, ,, ,, II.

,,

,, J>0

,,

,,

im Durchschnitt.

Die Uetlibergbahn mit einer Maximalsteigung von 7,3 °/0 und gewöhnlichem System darf pro Kilometer 22,2 Rappen pro Person für die Bergfahrt \ 16 6 > n 7i 11 n n Thalfahrt . in L Klasse.

19,4 ,, ,, ,, im Durchschnitt l 16,6 Rappen pro 'Person für die Bergfahrt i ^1 ,, ,1 i, ,, i, Thalfahrt in n Klasse.

13,8 ,, ,, ,, im Durchschnitt 6,6 Rappen für 50 Kilogramm Reisegepäk und ' 4,4 .n ., 50 ,, Waaren beziehen. Dabei ist zu bemerken, daß die zweite Personenklasse dieser Bahnen der dritten Klasse der Hauptbahnen entspricht.

Vergegenwärtigt man sich noch, daß die Benuzung der projektirten Bahn mit den beantragten Taxen gegenüber den jezigen Taxen für die Streke Vevey - Lausanne - Palézieux immerhin noch eine Ersparniß von ca. 25 °/o ergeben wird, und beruksichtigt man die im Verhältniß zu andern Bahnen sehr großen Baukosten, so erscheinen die verlangten Taxen als annehmbar. Es haben denn auch die Regierungen der zunächst interessirten Kantone keine Opposition dagegen erhoben.

Auf den Fall, daß sie die kürzere Linie zu bauen sich entschliessen, wünschen die Potenten die Taxe noch um weitere 20_°/o

292

zu erhöhen. In Uebereinstimmung mit der Regierung von Freiburg müssen wir uns gegen die Aufnahme einer solchen Klausel erklären; denn die Bau- und Betriebskosten vermehren sich keineswegs im gleichen Verhältniß als die Linie kürzer wird.

· · Wir empfehlen Ihnen die Annahme des nachfolgenden Beschlußentwurfs und versichern Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 11. September 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Eugène Borei.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

293

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Vevey nach Palézieux.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches der Kommission des Gemeinderathes von Vevey,, vom Juli 1875 ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 11. September 1875, beschließt: Der Kommission des Gemeinderathes von Vevey wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Vevey nach Palézieux unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb Ider schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

l Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom 1. Oktober 1875 an gerechnet, ertheilt.

l Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist in Vevey.

l Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

l Bunbesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. IV.

22

294 Art. 5. Binnen einer Frist von 15 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. Mai 1877 ist der Anfang mit den Erdarbeiten, für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bis zum 1. Mai 1881 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Trace eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt. Derjenige Theil der Bahn, welcher eine außergewöhnliche Steigung (circa 10 °/o oder mehr) erhält, wird nach dem System Agudio erstellt und betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

· Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkte der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von 14 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere oder höhere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

295 Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse fcursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug" mit · Personenbeförderung sich* Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absaz 2 keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 25 Rappen, ,, ,, zweiten ,, 18 ,, £ ,, dritten ,, 13 ,, pro Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht wer,den kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 6^2 Rappen pro 50 Kilogramm und pro Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12 maligen Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft 'einen weitern Rabatt bewilligen.

296 Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Ein .vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden: Pro Stük und pro Kilometer: für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 40 Rp. ; ,, Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 20 Rp. ; ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 8 Rappen.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20°/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2,5 Rappen, die niedrigste nicht über 1,25 Rappen pro 50 Kilogramm und pro Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken pro Kilometer höchstens 2 l/z Rappen zu bezahlen sind.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportât werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o "und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirthschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 10 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

297 Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Bilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Festsezung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm; bei Waaren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm.

Das Mehrgewicht (bei Reisendengepäk und Eilgut über 25, bei Waaren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je 5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von 500 Fr. volle 500 Franken.

Ist idie genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch fünf ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besizt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und _die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

298 Art. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusezen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Sofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarif der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der betheiligten Kantone, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rükkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rükkauf wird der Rükkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstüzungsfonds vorbehalten. Zu ,,welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise den Kantonen Freiburg und Waadt abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rükkaufsumme in Abzug zu bringen.

299 e. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; sofern der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 22V2fachen Werth; wenn der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungsund Reservefonds, betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbannunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' leztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rükkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rükkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschäzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende fragen entstehen möchten^ unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 28. Haben die Kantone Freiburg und Waadt den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Artikel 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone Freiburg und Waadt haben unter, den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29.g Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

-----r>tJU<=>~---

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Vevey nach Palézieux. (Vom 11. September 1875.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1875

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

41

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.09.1875

Date Data Seite

289-299

Page Pagina Ref. No

10 008 796

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.