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Ergänzimgsbotschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Erweiterung des Waffenplazes in Thun.

(Vom 18. November 1875.)

Tit.!

In seiner Botschaft vom 26. Mai 1. J. erstattete Ihnen der Bundesrath einläßlichen Bericht über die Erweiterung der Artillerieschußlinie des Waffenplazes in Thun und unterbreitete Ihnen seine Vorschläge zur Hebung der bisherigen Uebelstände.*) Die zur Prüfung dieses Gegenstandes niedergesezten Kommissionen des National- und Ständerathes, welche an Ort und Stelle den jezigen Zustand der Dinge untersucht hatten, schienen im Prinzip mit den Anträgen des Bundesrathes einverstanden zu sein. Diese Anträge gingen dahin, es sei für den Ankauf von Liegenschaften, Verlegung eines Stükes der Amsoldingen-Thierachernstraße und andere Anlagen eine, Summe von Fr. 320,000 auszuwerfen und dieselbe in 5 Jahren durch Quoten von je Fr. 64,000 zu amortisiren.

Im Kostenvoranschlag waren die Ausgaben für Verlegung oberwähnter Straßenstreke im Betrage von Fr. 98,000 nicht begriffen, weil der Bundesrath von der Voraussezung ausging, die Gefahrlosstellung von Straßen gegen militärische Uebuugen sei, wie die Instandhaltung der mit der Post befahrenen Routen, Sache der betreffenden Kautone, und es liege daher jene Straßen Verlegung der Regierung von Bern ob, welche überdies an der Erhaltung des O

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Siehe Bundesblatt v. J. 1875, Band III, Seite 219.

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681 "Waffenplazes in Thun aus Grund seines hohen Werthes für die dortige Gegend ein großes Interesse habe. Da indessen eine bezügliche Zusicherung von Seite Berns nicht vorlag, so wurde der Gegenstand unterm 2. Juli unter der Einladung an den Bundesrath zurükgewiesen, mit der Regierung von Bern in Betreff ihrer finanziellen Betheiliguug und namentlich der Tragung der Kosten für die Neuerstellung der Amsoldingen-Thierachernstraße eine Verständigung zu treffen. Gleichzeitig erhielt aber der Bundesrath die Ermächtigung, d i e z u r S i c h e r s t e l l u n g d e r P e r s o n e n , sowie zur V e r l e g u n g der Schußlinie notwendigsten Gebäude und Liegenschaften inzwischen anzukaufen.

Auf die hierseits gethanen Schritte erwiederte die bernische Regierung am 14. August : Der Staat sei grundsäzlich geneigt, aa die veranschlagten Kosten einen Beitrag zu leisten ; allein er müsse an seine Betheiligung die Bedingung knüpfen, daß die Sicherstellung des erwähnten Straßenstükes nach dem von der kantonalen und eidgenössischen Kommission adoptirten Plane des Herrn Bezirksingenieurs Zürcher in Thun ausgeführt werde. Im Falle der Annahme dieses Vorbehaltes erkläre sich die Regierung zu der Beitragssumme von Fr. 20,000 bereit, welche nach dem Expertenbefund dem Kanton Bern für Abtretung eines an der Südseite der projektirten, neuen Schußlinie gelegenen, 30^2 Jucharten haltenden Stükes des Kandergrundwaldes zu bezahlen sei ; in größere oder weitere finanzielle Leistungen für den Waffenplaz in Thun -- bemerkte die Regierung -- könnte sie, angesichts der großen, für den eidgenössischen Waffenplaz in Bern gebrachten und noch zu bringenden Opfer, selbst auf den Fall hin nicht eintreten, daß ein Theil der Artillerieübungen nach andern Orten verlegt werden sollte.

In Betreff der den bernischen Staatsbehörden zugemutheten Beseitigung der über die Thun-Allmend führenden öffentlichen Wege, wurde dem Bundesrath entgegnet, eine solche Verpflichtung, die zwischen Dritten bestehenden Privatrechte aufzuheben, könne der Kanton Bern unter keinen Umständen übernehmen; es dürften jedoch dem Bunde aus einer Verständigung mit den Berechtigten in dem Sinne, daß die verschiedenen über die Allmend führenden We°;e auf ein einziges neu anzulegendes Sträßchen rcduzirt würden,i O o O wie dies übrigens von den beiden Expertenkommissionen
bereits vorgeschlagen sei, keine großen Kosten erwachsen.

Was nun die von Bern geforderte, an seine finanzielle Leistung geknüpfte Sicherstellung der Amsoldingen-Thierachernstraße anbelangt, so war zunächst zu untersuchen, ob dieser Zwek vielleicht durch Einschneiden der alten Straße erreicht werden könnte, um dadurch gleichzeitig eine namhafte Kostenersparniß zu erzielen.

682 Behufs dieser Untersuchung wurden die bestehenden beiden Expertenkommissionen abermals zusammenberufen und nach einläßlicher Berathung beschlossen dieselben einstimmig, an dem von Herrn Bezirksingenieur Zürcher ausgearbeiteten Projekte, wonach eine neue, höher als die alte gelegene Straße erbaut werden soll, festzuhalten ; damit aber gleichzeitig der von der Regierung von Bern gestellten Bedingung ein Genüge geleistet werde, so einigte man sich dahin, die Stüzmauer gegen das Manövrirfcld und der vorliegende Damm seien so hoch anzulegen, als die Straße breit ist, d. h. 16 Fuß; wegen ihrer vermehrten Höhe sei die Mauer angemessen zu verstärken. Durch diese Vorrichtung werde der in der Mitte der Straße sich bewegende Mann oder ein Pferd selbst gegen Geschosse gesichert, welche in einem Einfallswinkel von 45° anlangen. Die Mehrkosten sind veranschlagt auf Fr. 22,000, somit würde die Straßenanlage einen Aufwand von Fr. 120,000 erheischen.

In ihrem Schreiben vom 6. November 1. J. trat die Regierung von Bern dem neuen Projekte bei, so daß also dieser Gegenstand soweit geregelt ist. Das Maß der von Bern zugesicherten Betheiligung beziffert sich nach der Kommissionsschäzung auf beiläufig Fr. 40,000, womit sich, nach dem Dafürhalten des Bundesrathes, die Eidgenossenschaft zufrieden geben kann, wenn auch die gehoffte Summe nicht ganz erreicht worden ist.

Die verhältnißmäßig bedeutende Kostenvermehrung für die Straßenversicherung -- bemerken die Experten -- findet in zwei Punkten ihre Begründung. Während bei dem ursprünglichen Projekte angenommen werden konnte, daß ungefähr die Hälfte der zur Mauer erforderlichen Steine an Ort und Stelle gewonnen werde, wird dies bei dem vergrößerten Kubikinhalt der Mauer (170,000 Kub. gegen frühere nur 115,000) unmöglich, und es müssen wenigstens zwei Dritttheile der Mauersteine aus den Brüchen bei Merligen bezogen werden. Sodann erfordert die erhöhte Mauer mehr Arbeit und kostspieligere Gerüstung wegen des größern Vertikalhubes.

Eine weitere Vermehrung des für die Erweiterung des Schießplazes überhaupt veranschlagten Aufwandes wird im Kommissionsbericht darin verzeigt, daß in den ersten Berechnungen für die Erwerbung von Wohn- und andern Gebäuden keine besondere Summe ausgesezt, sondern im Preis von Fr. 1500 per Jucharte begriffen wurde. Dieser Ansaz hat sich nach
den bisherigen Unterhandlungen mit den betreffenden Eigentümern nicht als zureichend erwiesen. Die daherigen Mehrkosten werden indessen die Summe von Fr. 20,000 nicht übersteigen.

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Eine Ersparniß ließe sich nach der Ansicht der Expertenkommission vielleicht dadurch machen, daß man die 3Ql/i Jucharten Wald des Hasliholzes, statt sie anzukaufen, in Servitùtsvertrage fassen würde. Es sprechen hiefür folgende Gründe: Einmal hat die Burgergemeinde Thierachern im Verhältniß zur Zahl der Nuznießer ohnehin sehr wenig Wald, und sie müßte deßhalb einen Verlust von fernem 30l/î Jucharten schmerzlich empfinden, " auch wenn ihr dieselben theuer bezahlt würden; im Weitern kommt auch in Betracht, daß ein großer Theil des Gemeindsbezirkes von Thierachern in den Besiz der Eidgenossenschaft übergeht und also steuerfrei wird, wodurch selbstverständlich die verbleibenden Grundstüke desto höher belastet werden müssen.

Dieses ausnahmsweise Verhältniß muß bei den mit Thierachern demnächst zu führenden Unterhandlungen ins Auge gefaßt und irgend eine Lösung gesucht werden. Vor der Hand glaubt aber der Bundesrath, auf dem Ankaufe des Waldes bestehen zu sollen, und es wird daher der dafür in Aussicht genommene Ansaz beibehalten.

Was die Aufhebung der störenden Wegrechte auf der Allmend anbelangt, so hofft der Bundesrath, durch sofortige Erstellung des projektirten Quersträßchens und der übrigen, die Leichtigkeit der Kommunikation zwischen Thierachern und Allmendingen erhaltenden Verbindungswege die Anstände mit den Betheiligten auf gütlichem Wege zu beseitigen, und dies noch um so mehr, als dabei der Eidgenosserischaft unzweifelhaft die moralische Unterstüzung der bernischen Staatsbehörden zu Theil werden wird.

Von der unterm 2. Juli 1. J. erhaltenen Ermächtigung zum Ankauf der durch das Artilleriefeuer am meisten exponirten Grundstüke wurde bisher nur ein mäßiger Gebrauch gemacht, indem bloß die Besizungen der Känel, Zaugg, Gebrüder Streit und Gebrüder Wenger erworben wurden im Betrage von zusammen Fr. 99,000, wovon aber zirka Fr. 20,000 als Erlös aus der Hälfte des Streit'schen Heirnwesens, welches nur etwa zur Hälfte in die Schußlinie fällt, zurükfließen werden.

684 Gestüzt auf die vorstehenden Erörterungen sind die Kosten für die projektirte Erweiterung der Schußlinie des Waffenplazes zu veranschlagen wie folgt: Die in der hierseitigen Botschaft vom 26. Mai 1. J. verlangte Kreditsumme betrug Fr. 320,000 Dazu kommen nun noch: 1) Sicherstellung der Amsoldingen-Thierachernstraße 2) Kostenanschlag der zu erwerbenden Gebäulichkeiten

,, 120,000 ,, 20,000 Fr. 460,000

Abzuziehen : Der Beitrag des Kantons Bern, beziffert zu

.

,,

40,000

verbleiben Fr. 420,000 in welcher Summe der im Juli d. J. vorläufig bewilligte, nicht bezifferte Kredit begriffen ist. Die Differenz gegenüber der frühern Vorlage liegt somit hauptsächlich in den Ausgaben für die Sicherstellung der Straße.

Der nachstehende Beschlußesentwurf wird der Bundesversammlung angelegentlich zur Annahme empfohlen, damit diese Angelegenheit, welche eben so sehr im Interesse der schweizerischen Artillerie, als im Interesse der Bevölkerung der Umgebung des Waffenplazes liegt, endlich zu einem allseitig befriedigenden Abschluß gebracht werden kann.

B e r n , 18. November 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bundesfoeschluss betreffend

Erweiterung des Waffenplazes in Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 18. November 1875, beschließt: Art. 1. Dem Bundesrathe wird zur Erweiterung des Waffenplazes in Thun ein Kredit von Fr. 420,000 bewilligt.

Art. 2. Diese Summe ist in folgenden Raten auf das Budget zu nehmen und zu verrechnen: 1875 .

.

. Fr. 70,000 1870 . ,, 70,000 1877 . ,, 70,000 1878 .

.

. _, 70,000 1879 . ,, 70,000 1880 .

.

. ,, 70,000 Fr. 420,000 Art. 3. Der Bundesrath ist jedoch ermächtigt, die zum Zwek der Liegenschaftserwerbungen und zur Bestreitung sonstiger Kosten früherhin erforderlichen Summen bis auf den Belauf des Gesammtkredites von Fr. 420,000 vorschußweise aus der Bundeskasse zu erheben.

Art. 4. Dieser Beschluß wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft; der Bundesrath ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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27.11.1875

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