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Bericht .des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung auf deren Postulat vom 24. Dezember 1874, betreffend das Begräbnisswesen in den Kantonen.

(Vom 24. Mai 1875.)

T i t. !

In Vollziehung des Bundesbeschlusses vom 24. Dezember 1874*), durch welchen der Bundesrath eingeladen wurde, die Kantonsregierungen auf die Bestimmung des Art. 53, Absaz 2, der Bundesverfassung aufmerksam zu machen und Bericht von ihnen zu verlangen, welche Maßregeln getroffen worden seien, um eine schikliche Beerdigung jedes Verstorbenen zu sichern, beehren wir uns, Ihnen nachstehenden Bericht zu erstatten.

Durch Kreisschreiben vom 4. Januar 1875 wurde sämmtlichen Kantonsregierungen von obigem Postulat Kenntniß gegeben und dieselben unter Hinweisung auf die betreffende Bestimmung der Bundesverfassung eingeladen, uns einzuberichten, welche Maßregeln ihrerseits getroffen worden seien, um eine schikliche Beerdigung jedes Verstorbenen zu sichern, namentlich darüber, wie es mit der Beerdigung von Selbstmördern und Verstorbenen anderer Konfessionen gehalten werde.

Für den Fall, daß in den Kantonen das Begräbnißwesen in eint oder anderer Beziehung noch mit Inkonvenienzen verbunden

Siehe Bundesblatt von 1874, Band III, Seite 1092.

sein sollte, welche mit den Anforderungen der Bundesverfassung nicht mehr fortbestehen dürfen, haben wir die Regierungen im Weitern ersucht, uns zu berichten, auf welche Weise und bis zu welchem Zeitpunkt diesfällige Anordnungen zur Abhilfe ihrerseits getroffen werden können.

Nachdem von sämmtlichen Kantonsregierungen diesfällige Vernehmlaßungen eingegangen sind, beehren wir uns, Ihnen in Nachstehendem ein Resumé derselben mitzutheilen.

Die Regierung von Zürich weist zuvörderst darauf hin, daß durch den Gemeindegesezesentwurf vom 7. Brachmonat 1874 (§ 15) die Uebertragung der Verpflichtung zur Anlegung und Unterhaltung der öffentlichen Friedhöfe geregelt werde. Da auf dem Wege der Gesezgebung gleichzeitig auch die Eigenthumsübertragung von der Kirchgemeinde an die politische Gemeinde geregelt werden solle, glaubte die Regierung die Behandlung dieses Entwurfes um so eher abwarten zu können, als der Vorschrift der Bundesverfassung, nach welcher dafür zu sorgen ist, daß jeder Verstorbene schiklich beerdigt werden kann, schon längst Genüge geleistet sei und und daher zur Zeit keine besondern vorsorglichen Bestimmungen zu treffen waren, somit eine dringende Veranlaßung, neben der Behandlung im Gemeindegesez noch besondere Anordnungen zu treffen, nicht vorhanden war.

Seit dieser Antwort der Regierung von Zürich hat der Große Rath das Gemeindegesez wirklich durchberathen ; dasselbe wird der nächsten Volksabstimmung unterbreitet werden.

In Bezug auf B e s t a t t u n g von S e l b s t m ö r d e r n enthält das Regulativ vom '18. Juli 1839 folgende Bestimmungen : ,,§ 1. Selbstmörder werden in allen Fällen ohne Ausnahme ,,auf dem Kirchhofe beerdigt.

,,§ 2. Die Beerdigung findet statt je zu der in der Gemeinde ,,angenommenen Stunde aller Beerdigungen.

,,§ 3. Den Hinterlassenen ist gestattet, auf gewohnte Weise ,,zum Leichenbegleit bitten zu lassen", etc.

In Bezug auf Beerdigung von Personen, welche der Landeskirche nicht angehören, wurde unterm 10. Januar 1870 vom Kirchenrath verordnet : ,,Die Kirchenpflegen werden eingeladen, bei Beerdigung von Personen, welche der Landeskirche nicht angehören, auf Verlangen der Hinterlassenen gottesdienstliche Feierlichkeiten auf den Fried-

6 höfen zu gestatten, auch den Gebrauch der Gloken, wenn derselbe gewünscht wird, nicht zu verweigern"1, etc.

a

Bern

theilt mit, daß das Begräbnißwesen in diesem Kanton bisher in einer Weise geordnet war, daß allerdings bedeutende Uebelstände sich dabei nicht ergaben. Die Verstorbenen jeder Konfession mußten schiklich und auf dem Gottesaker der Gemeinde beerdigt werden, und wo etwa in dieser' Beziehung konfessionelle Intoleranz sich in ordnungswidriger Weise geltend zu machen suchte, schritt die bürgerliche Behörde ein. Auch Selbstmörder werden seit langer Zeit auf den öffentlichen Begräbnißpläzen beerdigt, indem anderweitigen Versuchen die Behörden jeweilen entgegentraten.

Gleichwohl beabsichtige der Regierungsrath, dem Großen Rathe ein Dekret zur Annahme vorzulegen, durch welches in Ausführung diesfälliger Bestimmungen des bernischen Kirchengesezes vom 18. Januar 1874 und der Vorschrift der Bundesverfassung einheitliche und detaillirte Vorschriften über das bürgerliche Begräbnißwesen im Sinn und Geist der angeführten Geseze aufgestellt würden.

O O Ein erster Entwurf zu einem solchen Dekrete sei bereits ausgearbeitet, mit Datum vom 27. Dezember 1874, und liege gegenwärtig einem weitern Kreise zur Prüfung vor.

L u z er n

bemerkt, daß diesfalls seit Erlaß der neuen Bundesverfassung im dortseitigen Kanton keine neuen Maßregeln auf dem Verordnungsweg getroffen worden seien, da die Sache sich im Allgemeinen ausreichend geordnet finde und allfällig sich erhebende Anstände jeweilen durch einfache Weisungen beseitigt werden. Mit der Kirchenpolizei überhaupt unterstehe nämlich auch die Kirchhofs^ Ordnung im Kanton Luzern den politischen Gemeinderäthen, nicht den Kirchenverwaltungen oder Pfarrern der Pfarrgemeinden allein.

Die allgemeine Begräbnißordnung bilde einen Theil des kantonalen Gesundheitspolizeigezes, das zwar gegenwärtig in Revision begriffen sei, in dieser Beziehung jedoch kaum wesentliche Abänderung erleiden werde. Die Handhabung der Gesundheitspolizei in den Gemeinden sei ebenfalls Sache der politischen Gemeinderäthe, so daß auch von diesem Standpunkt aus die Verfügung über die Begräbnißpläze schon längst den bürgerlichen Behörden kraft Gesezes zustund.

Die allgemeine Regel sei die reihenweise Beerdigung der Verstorbenen ; allein in ^vielen Gemeinden enthalten die Kirchhöfe auch Privatbegräbnißsttätten von Familien, Nachbarschaften u. s. w., die

jedoch, wie die übrigen, unter den Vorschriften des Gesezes und unter der polizeilichen Aufsicht stehen.

Was insbesondere die Beerdigung Verstorbener aus andern Konfessionen betreffe, so sei bezüglich der Beerdigung protestantischer Einwohner eine Regierungsverordnung vom 25. Juli 1855 maßgebend. Dieselbe lautet also: ,,Die Beerdigung verstorbener protestantischer Einwohner des ,,Kantons Luzern hat hinfort, wo nicht im Ein verstand niß mit ,,den Protestanten selbst bereits eine andere Uebung besteht, auf ,,dem Friedhofe der Pfarrei in gleicher Reihenfolge mit den Ka,,tholiken zu erfolgen."

Wenn eine in einer Gemeinde zahlreich vertretene Konfession einen eigenen Begräbnißplaz für sich zu haben wünsche, so sei ihr dies gestattet, unter der Bedingung immerhin, daß derselbe der allgemeinen Begräbnißordnung und der polizeilichen Aufsicht des Gemeinderaths unterstellt werde. So habe die protestantische Gemeinde in Luzern seit ihrem Bestehen ihren eigenen Friedhof, und in lezten Jahren sei auch die Anlage eines anglikanischen Privatfriedhofs in der Gemeinde Meggen gestattet worden.

Was die Beerdigung von Selbstmördern betreffe, so bestehen darüber im Kanton Luzern keine besondern Verordnungen. Aus den allgemeinen Polizeivorschriften jedoch ergebe sich, daß keine Leiche außerhalb eines öffentlichen, d. h. unter polizeilicher Aufsicht stehenden Friedhofs begraben werden dürfe. Der frühere Ge*,, brauch, Selbstmörder an besondern Stellen des Kirchhofes zu begraben, sei ohne gesezliches Eingreifen abgekommen, und wo sich in dieser Beziehung noch Anstände ergaben, habe die polizeiliche Dazwischenkunft hingereicht, dieselben zu beseitigen, ohne daß es nöthig war, diesfalls Verordnungen zu erlassen, welche bei der Empfindlichkeit des Volksgefühls für Alles, was die Begräbnisse betreffe, leicht zu unnöthiger Beunruhigung und Aufregung Anlaß bieten könnten.

Die mit dem Begräbniß verbundenen kirchlichen Feierlichkeiten zu ordnen, könne die Regierung nicht als in der Aufgabe der bürgerlichen Behörde liegend erachten. Es sei daher begreiflich, daß ·sie, wenn ein Protestant auf dem Kirchhof einer katholischen Gemeinde begraben werde, den katholischen Geistlichen nicht verpflichten könne, die Leiche zu begleiten und dabei die Gebete des katholischen Rituals zu verrichten; ebensowenig könne sie ihn verpflichten,
dem Verstorbenen nach protestantischem Gebrauch eine Leichenrede zu halten. Dagegen stehe es den Hinterlassenen frei, einen protestantischen Geistlichen von auswärts her für die betrefJ fenden Funktionen kommen zu lassen.

8

Die katholische Geistlichkeit verweigere bei den seltenen Fällen, der Beerdigung von Selbstmördern, bei denen eine momentane Geistesstörung nicht angenommen werden könne, die rituelle Mitwirkung. Die Regierung glaube, auch hiegegen keine Anordnung treffen zu sollen. Es sei auch schon vorgekommen, daß Kranke sich ein kirchliches Begräbniß positiv verbeten haben, und auch in diesem Falle finde eine kirchliche Feierlichkeit nicht statt.

' U r i theilt mit, daß sämmtliche Gemeinderäthe des Kantons durch Kreisschreiben angewiesen worden seien, für schikliche Beerdigung jedes« Verstorbenen in ihren Gemeinden in Gemäßheit des Artikels 53, Absaz 2, der Bundesverfassung die nothwendigen Verfügungen zu treffen, sofern dies nicht schon geschehen wäre, und über das Geschehene Bericht zu erstatten. Einschlägige Gesezesbestimmungen besize der Kanton nicht.

8 chw yz begleitet die kantonale Begräbnißordnung vom 22. Sept. 1849 mit.

dem Bemerken ein, es sei aus derselben ersichtlich, daß die Beaufsichtigung und Anordnung der Begräbnißpläze im Kanton Sache der bürgerlichen Behörden sei, und daß dieselbe in keinerlei Widerspruch mit der gegenwärtigen Bundesverfassung stehe.

Obwalden bemerkt zu den eingesandten Auskunftsertheilungen der Einwohnergemeinderäthe über das Verfahren der Gemeinden des Kantons bei Beerdigungen : es ergebe sich aus denselben im Wesentlichen, daß schon bisher eine schikliche Beerdigung jedes Verstorbenen stattgefunden habe und auch in Zukunft zugesichert werde. Was Engelberg betreffe, wo der Ort der Beerdigung Angehöriger der protestantischen Konfession, namentlich ein Plaz auf dem untern Theile des Kirchhofs, Anlaß zu einer Rüge gegeben zu haben scheine, so sei zu einer solchen kein Grund vorhanden gewesen. Die erste Bestellung auf besagtem Plaze habe nämlich auf Verlangen eines protestantischen Geistlichen stattgefunden. Seither habe man auch eine zweite Leiche dort angereiht, und bald werde dieser Plaz wegen Raummangel auf dem obern Theile des Friedhofs wohl auch für Beerdigungen im Allgemeinen benuzt werden müssen.

Im Weitern erklärt sich die Regierung bereit, dafür zu sorgen, daß in allen Gemeinden des Kantons jeder Verstorbene gemäß den Bestimmungen von Art. 53, Absaz 2, der Bundesverfassung schiklich beerdigt werde.

Nidwaiden meldet, daß der Kanton keine einschlägigen Geseze und Verordnungen besize, und fügt bei : seit Längerem seien die Verstorbenen anderer Konfessionen, wenn ihre Verwandten es nicht vorgezogen hätten, sie auf einem Friedhofe ihrer Konfession in andern Kantonen oder anderswo zu beerdigen, auf dem allgemeinen Kirchhofe der betreffenden Pfarre beigesezt worden. Die Beerdigung der Selbstmörder finde seit Jahren ebenfalls auf dem allgemeinen Friedhofe statt. Es sei also betreffend Beerdigung aller Verstorbenen im Kan. ton schon seit Längerem im Sinn und Geiste des Art. 53, Absa-z 2, der Bundesverfassung verfahren worden, und es werde die Regierung darüber wachen, daß die Beerdigungen stets verfassungsgemäß vollzogen werden.

Gl ar us

erörtert vorerst die I n k o n v e n i e n z e n , welche sich, ohne eigentliches Verstoßen gegen den Inhalt von Art. 53 der Bundesverfassung, aus der bisherigen rein k i r c h l i c h e n Bestattungsweise ergaben, indem z. B., da die katholische Kirche in Glarus alle katholischen Elemente zu pastoriren hat, welche bis in den hintersten Winkel des Kantons sich vorfinden, bisweilen ein Leichenzug einen mehrstündigen Weg zurükzulegen hatte, bevor er zur Stelle war.

Indeß (wird weiter bemerkt) habe die bisherige k i r c h l i c h e Regelung des Begräbnißwesens das Entstehen von Schwierigkeiten aus dem Titel der Konfession von vornherein verhindert, zumal in den beiden Konfessionen keine Parteigegensäze bestehen. Andererseits sei in den seltenen Fällen der Bestattung von Selbstmördern solchen ein durchaus ehrenvolles Begräbniß an ordentlicher Stelle des Friedhofs gewährt worden."

Wenn also hinsichtlich der im lezten Saze des Art. 53 der Bundesverfassung geforderten ,,schiklichen Beerdigung" namhafte Uebelstände sich praktisch nicht fühlbar gemacht hätten, so werde dagegen die andere Vorschrift desselben Artikels, wonach das Begräbnißwesen ausschließlich Sache der b ü r g e r l i c h e n Behörden sein solle, erhebliche Veränderungen im Kanton hervorbringen und die Anordnung zur Folge haben, daß vorbehaltlich besonderer Fälle die Bestattung jeder Person in derjenigen Gemeinde stattfinden müsse, wo sie zu ihren Lebzeiten gewohnt habe. Die Regelung dieser Verhältnisse werde in manche bestehende Gewohnheiten ziemlich tief einschneiden müssen und bei den vielfach verschlungenen Gemeindebildungen des Kantons mit Schwierigkeiten ver-

10 banden sein. Die Standeskommission habe diese Angelegenheit schon im vorigen Jahr in's Auge gefaßt und durch ein Kreisschreiben an die Gemeinderäthe Aufschlüsse über die dermaligen Verhältnisse, sowie die Wünsche und Vorschläge jener Behörden über die Lösung der Frage eingeholt; die diesfälligen Antworten werde man bei Entwerfung eines kantonalen Gesezes als Material benuzen.

Das Bedürfniß einer Ordnung der fraglichen Verhältnisse sei nicht zu bezweifeln; dagegen habe man damit aus einem zweifachen Grunde nicht geeilt, einmal -weil bei der Blöglichkeit des Erlasses bezüglicher Bundesvorschriften ein voreiliges Einschreiten der Kantone um so weniger am Plaze sei, wenn, wie es bei Glarus der Fall, empfindliche Uebelstände nicht bestehen oder doch als solche nicht allgemein empfunden werden; sodann weil die im Wurf liegende Verfassungsrevision ganz besonders neue Bildungen im Gemeindewesen hervorrufen werde und es angemessen erscheine, die Begräbnißordnung seiner Zeit diesen neuen Organisationen anzupassen und also zunächst zu gewärtigen, ob der Verfassungsentwurf werde angenommen werden.

Uebrigens sei (wird schließlich beigefügt) jüngst ein Initiativvorschlag für die diesjährige Landsgemeinde, betreffend den Erlaß eines Gesezes über die fragliche Materie eingelaufen, und es werde also zuvörderst die Würdigung dieses Vorschlages abzuwarten sein.

Die Landsgemeinde hat bekanntlich den Entwurf einer neuen Begräbnißordnung verworfen.

Zug

bringt zur Kenntniß, daß sämmtliche Einwohnerräthe des Kantons durch ein Kreisschreiben angewiesen worden seien, ungesäumt die erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen, damit Art. 53, Absaz 2, der Bundesverfassung in Vollziehung gesezt und jeder Verstorbene ohne Rüksicht auf Todesart und Konfession auf schikliche Weise beerdigt und allfällige mit den Bestimmungen des genannten Artikels nicht im Einklang stehende Inkonvenienzen beseitigt werden.

Freiburg Übermacht 1) das Gesez über Gesundheitspolizei vom 28. Mai 1850, nebst dem dasselbe modifizirenden Beschlüsse vom 2. Juli 1852, 2) den Beschluß vom 25. Januar 1875, betreffend die. Friedhofpolizei. (Durch lez.tern Beschluß wird in Vollziehung von Art. 53 der Bundesverfassung die Verfügung über die Begräbnißpläze, welche vorher den Pfarreiräthen zustund, den bürgerlichen Behörden überwiesen und für Ausübung der Polizei auf den Friedhöfen gesorgt.)

11 Bezüglich des leztern Beschlusses wird vom Staatsrathe darauf hingewiesen, daß Art. 6 desselben den öffentlichen Friedhof jeder im Gebiete einer Gemeinde verstorbenen Person öffnet und der Gemeinde die Verpflichtung auferlegt, nöthigenfalls von Amts wegen vorzugehen; ferner daß Art. 8 vorschreibt, die Gräber in ununterbrochener Linie oder wenigstens in einer unveränderlichen Ordnung anzulegen.

Durch diese Anordnungen glaubt der Staatsrath den Forderungen des - Art. 53 der Bundesverfassung vollständig Genüge geleistet zu haben.

Solothurn beschränkt sich darauf, die im Kanton bestehenden Vorschriften über das Begrabnißwesen mitzutheilen, nämlich : 1) Verordnung vom 10. August 1835 über die Aussezung und Beerdigung von Verstorbenen; 2) Verordnung vom 4. Oktober 1871 über Benuzung der Kirchhöfe durch Niedergelassene. Erstere Verordnung stellt in Beseitigung eingeschlichener Mißbräuche allgemein geltende sanitätspolizeiliche Vorschriften auf und ist laut § 14 von den Oberamtmännern-zu vollziehen; unter Anderai ist vorgeschrieben, daß die Gräber der Reihe nach in einer geraden Linie angelegt werden sollen und eine neue Reihe erst nach Ausfüllung der früheren anzufangen sei. Die zweite Verordnung enthält lediglich die Bestimmung, daß die Niedergelassenen für Benuzung des Kirchhofes nicht mehr zu belasten seien als die Bürger.

Basel-Stadt übermittelt ,,die Begräbnißordnung und Gottesakerverordnung der Stadt Basel nebst den darauf bezüglichen Verordnungen und "Reglementen vom Jahr 1872", mit dem Beifügen, daß in den Gemeinden Riehen-Bettingen und Kleinhüningen das Beerdigungswesen ebenfalls Sache der Gemeinden sei und nach denselben Grundsäzen geregelt werde, wie in der Stadt. Seit 1870 sei auch die Führung der Todtenregister, sowie die Handhabung der Leichenschau finden ganzen Kanton in den Händen des Staates.

Im Fernern werden folgende Aufschlüsse gegeben : Die Leichen von Selbstmördern werden so beerdigt, wie die aller andern Verstorbenen. Zugleich ist durch Beschluß des Kirchenraths vom 20. Januar 1851 festgesezt, ,,daß Beerdigungen von Selbstmördern zujeder für gewöhnliche Leichenbegängnisse üblichen Tagesstunde stattfinden können und daß es dem Ermessen des die Leiche begleitenden Geistlichen anheimgestellt sei, außer dem Leichengebet auch eine Rede bei dem Grabe zu halten." Die bestehenden

12 Gottesäker stehen den Angehörigen aller Konfessionen zur Verfügung und werden auch von allen Konfessionen benuzt, ausgenommen die Israeliten, welche ihre Leichen von jeher nach ihrem eigenen Gottesäker in Hägenheim im Elsaß verbracht haben. -- Die Kosten für das Begräbniß Unvermöglicher werden im Landbezirk aus dem dortigen Armengut bestritten, während in der Stadt vier verschiedene Klassen für die Beerdigungen aufgestellt sind, welche verschieden hohe Taxen zu bezahlen haben. Der Ertrag der höhern Klassen dient zur Dekung der Beerdigungskosten für Unvermögliche.

Basel-Landschaft theilt folgenden Wortlaut der §§ 77 und 82 des Gesezes vom 20. Februar 1865, betreffend das Sanitätswesen, mit: ,,(§ 77) die Kirchgemeinden sind verpflichtet, die in Kirchspielen und deren Bannen verstorbenen oder verunglükten Personen ohne Ausnahme und ohne Rüksicht auf Religion oder Herkunft auf ihren Friedhöfen, dem § 82 gemäß, der Reihenfolge nach aufzunehmen"1 ; ,,(§ 82) die Gräber sollen in fortlaufender Reihe einander folgen, nach der Zeitfolge der Beerdigung."

Der Regierungsrath hält dafür, daß diese Bestimmungen mit Art. 53, Absaz 2, der Bundesverfassung im Einklang stehen, und daß es daher nicht geboten sei, weitere Anordnungen zu treffen, um so weniger, da ihm seit Jahren kein Fall unschiklicher Beerdigung bekannt geworden.

Schaff hausen berichtet im Wesentlichen Folgendes : In der Stadt Schaffhausen werden die Verstorbenen der verschiedenen Konfessionen seit 10 Jahren, d. h. seit Eröffnung eines neuen großen Gottesakers, auf dem gemeinsamen Begräbnißplaze beerdigt. Die einzige paritätische Gemeinde des Kantons, Ramsen, hat für jede Konfession einen besondern Begräbnißplaz. In allen andern Gemeinden des Kantons werden dort verstorbene Katholiken, die meistens Angehörige der benachbarten badischen Gemeinden sind, ohne Anstand auf dem Gemeindebegräbnißplaz begraben; falls jedoch die Angehörigen vorziehen, hiefür den Gottesäker der Heimatgemeinde des Verstorbenen oder einen andern katholischen Begräbnißplaz der badischen Nachbarschaft zu benuzen, so bleibt ihnen das freigestellt.

Was die Beerdigung von Selbstmördern betrifft, so ist durch Schlußnahme des Regierungsrathes vom 5. Mai 1869 die früher

13 bestandene Bestimmung, daß. Verbrecher und andere Personen, welchen die Ehre eines Leichenbegängnisses nicht zu Theil werden könne, an einer besondern Stelle und unter einer besondern Nummerreihe des öffentlichen Begräbnißplazes zu beerdigen seien (Art. 17 der Verordnung vom 29. Januar 1857, betreffend die Begräbnißpläze und die Verrichtungen der Todtengräber), aufgehoben und verordnet worden, daß Selbstmörder bei Tageszeit in gewöhnlicher Weise auf den Gottesaker zu bestatten seien (Verordnung vom 19. Mai 1869).

Es machen sich somit (bemerkt schließlich der Regierungsrath) hierorts in Bezug auf das Begräbnißwesen keinerlei Uebelstände geltend, und es wird der Anforderung des 2. Absazes des Art. 53 der Bundesverfassung im Kanton Schaffhausen längst Genüge geleistet.

A p p e n z e l l A. Rh.

berichtet vorläufig, daß mit Ausnahme einiger weniger sanitätspolizeilicher Bestimmungen im Kanton hinsichtlich der Beerdigungen keine kantonalen Vorschriften, weder in Gesez noch Verordnungen, bestehen und die Gemeinden in Bezug auf den Beerdigungsmodus vollständig frei selber verfügen konnten ; daß daher bei den Gemeindsbehörden Berichte über das Verfahren, betreffend die Beerdigung von Selbstmördern und von Personen anderer Konfessionen, eingeholt und diese Berichte (von welchen eine Zusammenstellung eingeleitet wird) einer engern Kommission zur Prüfung und Begutachtung überwiesen worden seien.

Hieran anknüpfend macht seither die Standeskommission die Mittheilung, daß der Große Rath unterm 22. Februar 1. Js. folgenden von ihr gestellten Antrag zum Beschluß erhoben habe: ,,In sämmtlichen Gemeinden des Kantons sind alle Verstorbenen ohne Ausnahme und ohne Rüksicht auf Konfession und auf Todesart in völlig gleicher Weise zu beerdigen, in dem Sinne, daß mit Bezug auf den allgemein beobachteten Beerdigungsmodus nichts vorgeschrieben, sondern die Bestimmung desselben den Gemeinden selbst überlassen wird."

Hiezu bemerkt die Standeskommission, daß, da in einzelnen Gemeinden des Kantons die Beerdigung im Allgemeinen bereits vereinfacht, z. B. Gesang und Predigt fallen gelassen worden sei, während in den meisten Gemeinden mit jeder Beerdigung erwachsener Verstorbener ein vollständiger Gottesdienst verbunden werde, man hierüber nichts habe vorschreiben wollen, sondern sich mit der Bestimmung begnügt habe, daß, was für die Beerdigung erwach-

14 sener Personen in der Gemeinde überhaupt vorgeschrieben sei, ohne Ausnahme, also auch bei der Beerdigueg von Selbstmördern gelten solle, so daß in derartigen Fällen keinerlei Abweichung vom sonst üblichen Beerdigungsmodus in der Gemeinde stattfinden dürfe.

Die Standeskommission fügt noch bei, anläßlich dieses Traktandums sei im Großen Rathe die Frage aufgeworfen worden, wie es sich mit der bisherigen Uebung verhalte, daß Katholiken, die in einer außerrhodischen Gemeinde sterben, gemäß ihrer lezten Willensäußerung oder dem Wunsche ihrer Angehörigen zur Beerdigung in die nächste benachbarte katholische Gemeinde (von Innerrhoden oder vom Kanton St. Gallen) gebracht werden; ob auch künftighin solchen Wünschen Rechnung getragen werden d ü r f e , oder ob ·jeder Verstorbene in derjenigen Gemeinde, in der er gestorben sei, beerdigt werden m ü s s e ? Die Staatskommission habe diese Frage dahin beantwortet, daß nach ihrer Anschauung kein Grund vorliege, das bisherige Verfahren als von jezt an nicht mehr zuläßig zu erklären.

A p p e n z e l l I. Rh.

theilt mit, daß besondere Geseze, Verordnungen und Réglemente., betreffend das Begräbnißwesen, nicht bestehen, daß aber in der Sizung der Standeskommission vom 22. Januar beschlossen worden sei: 1) Es seien in Zukunft alle Verstorbenen, ohne Rüksicht auf deren Konfession oder Todesart, auf dem gleichen gemeinsamen Kirchhofe derjenigen Kirchgemeinde zu beerdigen, in welcher der Tod erfolgte.

2) Solle die Bestattung unter dem allgemein üblichen Geläute der Kirchengloken stattfinden.

3) Sei dieser Beschluß den betreffenden Kirchenräthen zur genauen Darnachachtung mitzutheilen.

Die Standeskommission spricht die Ansicht aus, daß diese Anordnung der Bestimmung des Art. 53, Absaz 2, der Bundesverfassung zu genügen vermöge.

St. G a l l e n konstetirt, daß im Kanton der Bestimmung von Art. 53, 2. Saz, der Bundesverfassung, wonach die Verfügung über die Begräbnißpläze den bürgerlichen Behörden zusteht und diese dafür zu sorgen haben, daß jeder Verstorbene schiklich beerdigt werden könne, vollständig entsprochen ist, indem das dortseitige Gesez über das bürgerliche Begräbnißwesen vom 24. August 1873 im Art. l die

15 Besorgung und Beaufsichtigung des Begräbuißwesens als Sache der politischen Gemeinden erklärt und im Art. 2 verordnet, daß die Beerdigung aller in der politischen Gemeinde Verstorbenen und der daselbst aufgefundenen Leichen in der Regel auf einem in derselben befindliehen öffentlichen Begräbnißplaze stattzufinden habe.

Im Weitern äußert sich der Regierungsrath dahin : entsprechend obigen Fundamentalbestimmungen gebe die Vollzugsverordnung vom 22. Oktober 1873 die detaillirten Bestimmungen, so daß es als selbstverständlich hingestellt werde, daß Selbstmörder in gleicher Weise, wie andere Verstorbene, in Reihe und Glied, mit Glokengeläute und zu gleicher Zeit bestattet werden (Art. 21, 22 und 24).

Ferner sei der Grundsaz, daß das Begräbnißwesen den bürgerlichen Behörden zustehe, so klar durchgeführt, daß die Beerdigung mit kirchlichen Gebräuchen als eine Zuthat betrachtet werde, für welche die Hinterlassenen selbst zu sorgen haben und die in keiner Weise^ sei es hinsichtlich der Beerdigungszeit oder der Grabstätte selbst, mit den Bestimmungen des Gesezes oder der Verordnung in .Konflikt kommen dürfen (Art. 15).

Aus dem Gesez über das bürgerliche Begräbnißwesen vom 24. Aug. und der bezüglichen Vollziehungsverordnung vom 22. Okt.

1873 (welche beide einbegleitet sind) könne man sich überzeugen, daß im Kanton in keiner Beziehung das Begräbnißwesen mit Inkonvenienzen verbunden sei, welche mit den Anforderungen der Bundesverfassung nicht mehr fortbestehen dürften.

Das Begräbnißwesen sei im Kanton gemäß dem zitirten Geseze und der bezüglichen Verordnung in humanster Weise geregelt, und es stoße auch der Vollzug auf verhältnißmäßig sehr geringe Schwierigkeiten.

Graubünden verweist vorerst auf die in Art. 116--124 der kantonalen Sanitätsordnung (Gesezsammlung III. 149) betreffs des Verhaltens bei Leichenbestattungen und der Begräbnißplaze enthaltenen Bestimmungen, wovon eine Abschrift ein begleitet ist. (In der angeführten Verordnung betrifft Art. 116 die Behandlung und Verwahrung der Leichen, Art. 117 den Termin der Beerdigung, 118 Ausnahmen hievon, 119 das Verbot der Bestattung in Kirchen, 120 das Ausgraben von Leichen, 121 den Leichentransport, 122 die Dimensionen der Gräber, 123 die Anlegung neuer Kirchhöfe, 124 die Beerdigung in fortlaufender Reihe und Familiengräber.)

Im Weitern fügt der Kleine Rath bei, daß er die Angelegenheit der Standeskommission und sodann dem Großen Rathe zum Erlaß einer bezüglichen Verordnung vorzulegen gedenke. Inzwischen

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werde er darüber wachen, daß dem bezüglichen Postulate der Bundesversammlung nachgelebt werde.

A argau

ertheilt folgende Auskunft: Es seien infolge des Art. 53, Absaz 2, der Bundesverfassung im Kanlou keine neuen Maßregeln bezüglich des Beerdigungswcsens getroffen worden und seien auch keine solchen nöthig.

Die bezüglichen kantonalen Vorschriften seien : 1) die Verordnung vom 3. August 1808 über die Begräbnißpläze und Beerdigungen; 2) die Verordnung vom 23. Januar 1833, betreffend die Beerdigung von Selbstmördern.

ö Aus diesen Verordnungen (welche einbegleitet sind) ergebe sich folgendes : 1) Der § 15 ersterer Verordnung bestimme wörtlich: ,,Die Gemeinderäthe und Pfarrer werden bei eigener Verantwortlichkeit über die genaue Beobachtung obiger Vorschriften wachen und im Falle derselben Vollziehung besondere Schwierigkeiten unterworfen sein sollte, die Sache dem betreffenden Oberamtmann (Bezirksamtmann) zu unsern Händen anzuzeigen nicht versäumen.11 Die Ueberwachung der Begräbnißpläze und die Sorge für die Vollziehung der Vorschriften der Verordnung liege also zunächst den Gemeinderäthen ob. Die den Pfarrern verhältnißmäßig eingeräumte Mitwirkung sei mehr eine Vorschrift polizeilicher Natur, wie aus § 14 gleicher Verordnung hervorgehe, wonach todtgeborne Kinder nicht zu frühzeitig und niemals, ohne vorherige Anzeige beim Pfarrer und Todtenbeschauer begraben werden sollen. Ueberhaupt trage die ganze Verordnung den Charakter einer Polizeivorschrift, deren Handhabung den gesezlichen Polizeiorganen, den Gemeinderäthen, den Bezirksämtern, der Polizeidirektion und in oberster Instanz dem Regieriîngsrath übertragen sei.

Die Verfügung über die Begräbnißpläze stehe demnach, wie es Art. 53, Absaz 2 der Bundesverfassung verlange, im Kanton schon jezt den bürgerlichen Behörden zu und werde von diesen in Anwendung der bereits bestehenden Vorschriften ausgeübt.

2) Aus ebenderselben Verordnung vom 3. August 1808 (§ 4) gehe hervor, daß alle Leichen, o h n e U n t e r s c h i e d , der Reihe nach begraben werden sollen. Es sei also betreffs aller Verstorbenen ohne Ausnahme in gleicher Weise für schikliche Beerdigungsart gesorgt. Für die Armen werden die Kosten aus dem Gemeindearmengut bestritten.

17 3) Das sub 2 Gesagte gelte auch von den Verstorbenen anderer Konfessionen. Sie werden, wie die übrigen Leicb1 \n, und zwischen diesen ununterschiedlich der Reihe nach begrabe! \ es wäre denn, daß in paritätischen Gemeinden für die verschieo xen Konfessionen besondere Gottesäker bestünden, oder daß der t îmeinschaftliche Friedhof für die verschiedenen Konfessionen Angehe igen besondere Abtheilungen enthielte. (Lezteres gestattet die Verordnung vom » 3. August 1808, § 5.) Innerhalb einer solchen Abtheilung finde aber die Beerdigung ohne Unterschied wieder der Reihe nach statt.

4) Die Verordnung vom 23. Januar 1833 (§ 1) schreibe vor, daß die Leichen der Selbstmörder auf den gewöhnlichen Begräbnißpläzen beerdigt werden sollen, und zwar müsse ihre Beerdigung ebenfalls wieder der Reihenfolge nach stattfinden, da gemäß der Verordnung vom 3. August 1808 (§ 4) diese Reihenfolge für alle Verstorbenen ohne Unterschied vorgeschrieben sei. Für den Fall, daß der vorgeschriebenen Beerdigung von Selbstmördern Hindernisse in den Weg gelegt werden sollten, seien in der erstem Verordnung (§§ 2 und 3) Strafen vorgesehen. Ueber die Vollziehung dieser Verordnung haben die Bezirksämter zu wachen (§ 4), also wieder die bürgerlichen Behörden.

T hurg au

macht folgende Eröffnungen : Das Beerdigungswesen sei für den Kanton in einer regiminellen Verordnung vom 22. Oktober 1859 regulirt. CGesezsammlung IV.

164 ff. ; ein Separatabdruk ist einbegleitet.} Anderweitige gesezliche oder reglementarische Vorschriften über diesen Gegenstand bestehen nicht : insbesondere sei ein Dekret vom 10. Januar 1827, betreffend die Beerdigung der Selbstentleibten, seit Herausgabe der revidirten Gesezsammlung (von 1865 an) und übrigens schon faktisch außer Kraft getreten.

Es gereiche der Regierung zum Vergnügen, versichern zu können, daß die öffentliche Meinung im Kanton seit vielen Jahren diesfällige absonderliche und inhumane Bestimmungen (gesonderte Beerdigung von Selbstmördern u. s. w.) perhorrescirt habe. Daß auch die Regierung ihrerseits dieser Anschauung Rechnung trage und eine strikte Vollziehung der sachbezüglichen Vorschriften der Begräbnißordnung verlange, sei dem abschriftlich einbegleiteteu Beschlüsse vom 13. Febr. 1874 zu entnehmen, der den einzigen während sechsjähriger Amtsdauer dem Regierungsrathe zur Kenntniß gekommenen Fall Beschläge, ia welchem ein Akt der Intoleranz bei Beerdigungen versucht worden sei. Von Anständen wegen Bundesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. III.

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18 Beeidigung Angehöriger anderer Konfessionen sei nichts bekannt, weßhalb man annehmen dürfe, daß sich die kantonale Begräbnißordnung im Ganzen als zwekentsprechend bewährt habe. Gleichwohl betrachte es die Regierung als selbstverständlich, daß diese Verordnung einer Revision gemäß Art. 53 der Bundesverfassung bedürfe, und es werde sich nur fragen, ob die Regierung zu diesem Behufe von sich aus vorgehen oder ob es nothwendig werde, zur Ausführung des Verfassungsgrundsazes von B u n d e s wegen Vorschriften zu erlassen. Das Leztere werde der Bundesrath nach Eingang der kantonalen Berichte zu beurtheilen im Falle sei. In diesem Sinne fasse die Regierung auch das von der Bundesversammlung laut dem Kreisschreiben des Bundesrathes beschlossene Postulat auf, weil der Nationalrath -- obwohl mit der Tendenz seiner Kommission, daß die Beerdigung o h n e Rü k s i e h t auf die K o n f e s s i o n s a n g e h ö r i g k e i t oder die T o d e s u r s a c h e stattzufinden habe, einverstanden -- das tiefeingreifende Civilstandsgesez nicht auch noch mit dieser Materie habe belasten, wohl aber den Bundesrath veranlaßen wollen, auf Grundlage der kantonalen Berichterstattungen über Vollziehung des Art. 53 das Nöthige vorzukehren oder zu beantragen. Die Regierung verhehle sich dabei nicht, daß die paritätischen Verhältniße des Kantons und seine Gemeindeeintheilung eigenthümliche und nicht unerhebliche Schwierigkeiten darbiete. .Vielfach existiren nemlich im Kanton noch konfessionell getrennte Begräbnißpläze, und die Grenzen der politischen (Municipal-) Gemeinden fallen mit denjenigen der Kirchgemeinden nicht zusammen, so daß die konfessionellen Kirchspiele oft in das Gebiet zweier oder mehrerer Municipalgemeinden hinübergreifen.

Eine sofortige und rüksichtslose Vollziehung des Art. 53 würde daher in vielen Gemeinden großen Unwillen erregen und kaum durchführbar sein. Die Regierung müsse daher diesen Verhältnissen Rechnung tragen, immerhin unter Wahrung des verfassungsmäßigen Verfügungsrechtes der bürgerlichen Behörden, welche nöthigenfalls dafür zu sorgen haben, daß jeder Verstorbene schiklich beerdigt werde. Bei Neubauten nehme die Regierung als selbstverständlich an, dass in Zukunft die bürgerlichen Behördenresp.

G e m e i n d e'r ä th e -zu "verfügen haben, somit neue Kirchhofanlagen durch-die!konfessionellen
Gemeinden nichtmehr zuzugeben seien.

Im Fernern müsse ·' das - Aufsich tsrecht der Gemeinderäthe festgestellt werden, so dass sie bei allfälligen Beerdigungsanständen zu entscheiden resp. in ausserordentlichne Fällen von sich aus die Beerdigung anzuordnen haben. Uebrigenswerde schon durch das Civilstandsgesez . aie bezügliche Contrôle i n d i e Hand der: iwelchenndie Beerdigungg -nichtdurchh den betreffenden-Geistlichen

19 vorzunehmen sei, die nöthigen Anordnungen der bürgerlichen Behörde herbeiführen werden. Wo die territorialen und Gemeindeverhältnisse keine Schwierigkeiten darbieten, werde die vollständige Uebergabe der Begräbnißpläze an die Gemeinderäth ein kürzester Frist bewilligt sein ; einzelne Gemeinden hätten in dieser Richtung bereits die Initiative ergriffen. Wo die Verhältnisse die Ausführung erschweren, werde die Regierung immerhin als Zielpunkt die Bestimmung des Art. 53 im Auge behalten, daß jedem Verstorbenen (ohne Rüksicht auf Todesursache oder Konfession) eine schikliche Beerdigung gesichert sein soll.

Der Regierungsrath fügt noch bei, daß nach seinem Dafürhalten den kantonalen Behörden der Erlaß von Bundesvorschriften in dieser Materie sehr erwünscht sein müsse, weil die Vollziehung in den Kantonen dadurch wesentlich erleichtert und gefördert werden dürfte.

T es sin konstatirt, daß im Kanton infolge der Geseze vom 15. Juni 1833, 13. Juni 1834, 16. Mai 1836 und der Dekrete vom 16. Oktober 1851 und 24. November 1853 (welche Erlaße einbegleitet sind) diejenigen Vorschriften, welche geeignet sind, jedem Verstorbenen, ohne Unterschied der Person, Familie oder Heimat, eine schikliche Beerdigung auf dem Gottesaker zu sichern, bereits in Kraft stehen.

Sodann habe das organische Gemeindegesez vom 13. Juni 1854, Art. 73, die Polizei der Begräbnißpläze ganz der bürgerlichen Behörde anheimgegeben und unter den Verpflichtungen der Municipalitäten auch diejenige aufgeführt, dem Leichnam jedes auf dem Getneindegebiet Verstorbenen ein Begräbniß zu verschaffen. Darin liege ein Ausschluß jeder Restriktion oder Unterscheidung wegen Selbstmord oder abweichender Religion u. s. w.

Der Staatsrath glaubt daher, daß dieser Sachverhalt den Vorschriften des Art. 53 der Bundesverfassung entspreche und dortseits dermalen keine weitere sachbezügliche Verfügung zu treffen sei.

Waadt bemerkt in Uebermittelung des Beschlusses vom 18. Juni 1862, betreffend die Begräbnisse und Friedhöfe, daß derselbe auf die in unser m Kreisschreiben vom 4. Januar gestellten Fragen bezüglich der Begräbnißpolizei .des Kantons in allgemeiner Weise Auskunft gebe. Eine Ausnahme von diesem Beschlüsse sei nur zu Gunsten der israelitischen Kolonie von Lausanne gemacht, welcher .aus Toleranz und infolge wiederholter Gesuche die Ermächtigung ertheilt worden sei, auf einem Theile eines der Kirchhöfe dieser Stadt, der ihnen ausschließlich zugewiesen sei, zu beerdigen.

20 Zwei gemischte Gemeinden, die von Bottens und St. Barthélémy, haben jede zwei Kirchhöfe, den einen für die Katholiken, ·den andern für die Reformirten.

Was die Selbstmörder betreffe, werden dieselben wie alle Leute begraben, indem man die Reihe der Gräber und die Numerirung der Pflöke befolge (Art. 42, 52--54 des citirten Beschlusses).

Wallis berichtet, es bestehen ' im Kanton keine gesezgeberischen Anordnungen über das Begräbnißwesen, ausgenommen was die Sanitätspolizei betreffe, und es seien keine auf den Kult bezügliche Vorschriften vorhanden ; in der üblichen Praxis erhalten jedoch die Personen jeglichen Kults eine schikliche Begräbniß im gleichen abgeschlossenen Raum.

Der Staatsrath hält dafür", daß diese Praxis, deren Nachachtung die Behörde nötigenfalls befehlen würde, den Vorschriften der Bundesverfassung ein Genüge leiste.

Neuen bürg gibt unter Einbegleitung des Polizeireglements vom 7. Dezember 1866, betreffend die Beerdigungen und die Friedhöfe, die Auskunft, daß im Kanton den Vorschriften des Art. 53, Alinea 2 der Bundesverfassung vollständig Genüge geleistet sei, indem die Kirchhöfe der bürgerlichen Behörde angehören, jede Person daselbst schiklich, ohne Unterscheidung der Konfession beerdigt werden soll und die Selbstmörder in der Reihe, wie die übrigen Todten, begraben werden.

Doch wird bemerklich gemacht, daß in den katholischen Gemeinden Landeron und Cressier ein Kirchhof für die Katholiken und einer für die Protestanten bestehe, daß aber diese Kirchhöfe dem Gemeindegesez unterworfen seien.

Genf berichtet, daß keine Maßregel hinsichtlich der Anwendung des Art. 53 der Bundesverfassung, betreffend die Beerdigungen, zu treffen gewesen sei.

Der Art. 372 des allgemeinen Poliîseireglements des Kantons stelle die Begräbnißpläze unter ^ie Verwaltung der Municipalbehörde, und laut Art. 363 des nämlichen Reglements sei der Staatsrath kompetent, jede unschikliche Beerdigung zu verhindern.

Was die in den Gemeinden des Kautons in Kraft bestehenden Réglemente über die Eriedhöfe betreffe,, so habe der Staatsrath nach Prüfung derselben sich überzeugt, daß sie nichts dem Art. 53 der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthalten.

21 Aus vorstehenden Anworten der Regierungen ergibt es sich, daß, wenn auch die Kirchhöfe noch nicht überall vollständig säkularisirt sind, dieses doch in den meisten Kantonen in Wirklichkeit der Fall ist. Andere Kantone besizen entweder noch keine oder ungenügende Vorschriften über das Begräbnißwesen, und zwar sind dieses gerade Kantone, in welchen die Geistlichkeit bisanhin zu: den Beerdigungen mehr zu sagen hatte, als die bürgerlichen Behörden, und in welchen die kirchliche Seite der Beisezung einer Leiche die staatlichen und polizeilichen Rüksichten überragte. Die Regierungen dieser Kantone haben den Gemeinderäthen den Art. 53, Alinea 2 der Bundesverfassung in Erinnerung gebracht und dieselben auf das Kreisschreiben des Bundesrathes aufmerksam gemacht, worin auf genaue Handhabung der eidgenössischen Vorschriften gedrungen wird. Bei dieser Sachlage und da offenbar die öffentliche Meinung in Fragen dieser Art fortwährend eine aufgeklärtere- wird, scheint es uns nicht geboten, auf dem Wege der eidg.

Gesezgebung vorzugehen. Es läßt sich nicht verkennen, daß man in neuerer Zeit weniger von Fällen der Intoleranz hört als früher, und wo einzelne Erscheinungen dieser Art sich zeigten, hat die öffentliche Stimme sich dagegen erhoben und die Regierungen haben meistens ordnend eingegriffen. Einzig die Regierung von Thurgau würde eine Regelung durch eidgenössische Vorschriften vorziehen, was sie mit den schwierigen Verhältnissen motivirt, die bei einer konfessionell gemischten Bevölkerung und der Unischreibung der Kirchgemeinden, die oft in mehrere paritätische politische Gemeinden hinübergreifen, eintreten müssen.

o 7 Wir können dem Art. 53 der Bundesverfassung keine größere Tragweite beilegen, als in den Worten desselben liegt, die sich in Folgendern zusammenfassen läßt : Ueber die Begräbnißpläze haben einzig die bürgerlichen Behörden zu verfügen. Diese haben dafür zu sorgen, daß jeder in der Gemeinde Verstorbene und jede daselbst aufgefundene Leiche schildich beerdigt werde könne, oder mit andern Worten: die Besorgung und Beaufsichtigung des Begräbnißwesens soll ausschließlich Sache der politischen Gemeinden sein. Der Geistlichkeit soll keine Stimmabgabe darüber zustehen, wer auf dem Friedhof seine Ruhestätte zu finden habe. Die Beerdigung mit kirchlichen Gebräuchen ist als eine Zuthat zu betrachten,
mit welches sich die bürgerlichen Behörden nicht zu befassen haben; es soll den Hinterlassenen überlassen sein, dafür zu sorgen. Anderseits haben die Staatsbehörden sich auch nicht darum zu bekümmern, wenn die Geistlichkeit ihre Assistenz verweigert, weil sie nur eine schikliche bürgerliche Beerdigung und keine kirchliche verlangen. Aber auch die bürgerlichen Behörden können nicht nach Belieben das Be-

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gräbnißwesen ordnen, sondern jedem Verstorbenen muß ein schikliches Begräbniß zu Theil werden, was in sich schließt, daß alle in einer Gemeinde Verstorbenen in der Regel der Reihenfolge nach beerdigt werden sollen, und daß weder Stand noch Konfession noch Todesart oder andere Umstände Ausnahmen zulassen. Auch darf in der Zeit und der Art der Bestattung nichts Verlezendes liegen.

"So würde es gegen den Sinn und Geist der Bundesverfassuag verstoßen, wenn z. B. Selbstmörder zu ganz ungewöhnlicher Zeit, etwa in der Nacht, beerdigt würden, oder wenn in einer konfessionell einheitlichen Gemeinde der einer andern Konfession Angehörige zwar wohl auf dem Kirchhof, aber an abgesonderter Stelle begraben würde, wo. die Leichen anderer'Verstorbener nicht eingesenkt werden. Dagegen können wir nicht finden, daß es von Bundes wegen untersagt werden dürfe, daß einzelne Religionsgenossenschaften, wie z. B. die Juden, an Orten, wo sie zahlreich vertreten sind, eigene Kirchhöfe anlegen, oder daß in einer paritätischen Gemeinde mit einem einzigen Kirchhof eine Benuzung der Art stattfinde, daß die eine Hälfte von dieser, die zweite von der andern Konfession benuzt wird. Solche Verhältnisse existiren noch an vielen Orten, und zwar gewöhnlich im allseitigen Einvernehmen.

Wollen die Kantone solche Ausscheidungen gesezlich untersagen, so ist das wohl und gut, aber von Bundes wegen einzugreifen, ist nicht nothwendig. Eine solche Einmischung von Seite des Bundes würde auch vielerorts die Volksansichten, selbst wenn sie gegen die Sache an und für sich nichts einzuwenden hätten, als eine zu weitgehende Maßregel verlezen.

Nach diesen Auseinandersezungen kommen wir zu der Ansicht, es sei von dem Erlaß eines eidgenössischen Gesezes Umgang zu nehmen, der Bundesrath aber einzuladen, die Beobachtung des Art. 53, Absaz 2 der Bundesverfassung zu überwachen.

Anbei benuzen ·wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 24. Mai 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, De r B u n d e s p r ä s i d e n t : c

Sclierer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Entwurf eines Bundesgesezes über die Jagd und den Schuz der nüzlichen Vögel.

(Vom 26. Mai 1875.)

Tit.!

Der Art. 25 der Bundesverfassung lautet : ,,Der Bund ist befugt, gesezliche Bestimmungen über die Ausübung der Fischerei und Jagd, namentlich zur Erhaltung des Hochwildes, sowie zum Schuze der für die Land- und Forstwirtschaft nüzlichen Vögel zu treffen." Nachdem unser Departement des Innern die nöthige Zahl Experten aus verschiedenen Theilen der Schweiz zugezogen und einen von diesen Fachmännern durchberathenen Entwurf uns vorgelegt hat, sind wir nach genommener Kenntniß von demselben und nach eigener Prüfung der Vorlage im Falle, Ihnen den beiliegenden Gesetzentwurf vorzulegen. Bereits liegt auch der Entwurf zu einem Bundesgesez über Fischerei vor, der aber dermalen den Räthen noch nicht unterbreitet werden kann, weil die mit den Rhein- und Bodenseeuferstaaten abzuschließenden Staatsverträge noch nicht perfekt sind. Die Verhandlungen sind inzwischen so weit vorgerükt, daß eine Vorlage auch dieses Gesezes auf die Wintersizung in sichere Aussicht genommen werden darf.

Wir erlauben uns, den vorliegenden Gesezentwurf mit folgenden Erläuterungen zu begleiten.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht .des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung auf deren Postulat vom 24.

Dezember 1874, betreffend das Begräbnisswesen in den Kantonen. (Vom 24. Mai 1875.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

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Foglio federale

Jahr

1875

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.06.1875

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4-23

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