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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Konzession von Eisenbahnen zwischen Bern und Neuenburg.

(Vom 17. März 1875.)

Tit. !

Im April v. J. wurden folgende Konzessionsbegehren gestellt: 1) von der Gesellschaft der bernischen Jurabahnen für eine Linie von Bargen bei Aarberg (Station der von der nämlichen Gesellschaft gebauten Broyethalbahnsektion Lyß- Fräschelz) über Münt schemier nach Cornaux (Station der Suisse Occidentale) ; 2) von einem Initiativkomite in Ins für eine direkte Linie von Bern über Wyleroltigen, Kerzers, Müntschemier und Ins nach Cornaux ; 3) von einem Initiativ-Kotnite in Laupen für eine Eisenbahn von Thörishaus (Station der Bern-Freiburg-Linie) über Laupen und Kerzers nach Müntschemier und eventuell (auf den Fall nämlich, daß die Jurabahn nicht nach Cornaux bauen würde) von Müntschemier über Ins nach Cornaux.

459 Da diese drei Projekte einander mehr oder minder Konkurrenz machen zu müssen schienen, so hielt es das vorberathende Departement für angezeigt, vorerst die Regierungen der betheiligten Kantone darüber anzuhören, um zu erfahren, ob vielleicht Verweigerung der einen oder andern Konzession beantragt würde.

Bei der zu diesem Zwek veranstalteten Konferenz trat die Regierung von Neuen bürg lebhaft für die direkte Linie ein, immerhin schließlich nur in dem Sinne, daß, wenn nicht alle nachgesuchten Konzessionen neben einander ertheilt werden wollten, dannzumal die direkte Linie entschieden den Vorzug verdiene. Alle Regierungsabordnungen aber stimmten in dem Wunsche überein, daß die Angelegenheit bis in den Winter verschoben werde, damit die einzelnen Petenten ihre Studien vervollständigen und allenfalls mit einander in Unterhandlung treten könnten.

Später ließ sich eine Vereinfachung der Sachlage von der Volksabstimmung im Kanton Bern über die Eisenbahnvorlagen erwarten, wonach den Linien Aarberg-Cornaux und Laupen-Müntschemier, nicht aber der direkten Linie, Subventionen zugesichert sind.

Die Vermuthung hat sich als grundlos herausgestellt. Alle Konzessionspetenten beharren heute auf ihren voriges Jahr gestellten Begehren.

Bei den gemäß Art. 2 des Eisenbahngesezes gepflogenen Verhandlungen hat indessen weder eine Regieruug noch ein Gesuchsteller Ausschließung irgend einer Linie verlangt.

Von Müntschemier aus gegen Osten, resp. Nordosten, erscheinen alle drei Linien als verschiedene, zu selbständiger Existenz "berechtigte Unternehmungen. Die direkte Linie sucht ihre Hauptbestimmung in der Vermittlung des internationalen Verkehrs von Verrières und Besancon-Locle her nach dem Gotthard und in der möglichst kurzen Verbindung von Neuenburg mit der Bundesstadt. Die Linie Laupen-Müntschemier soll zunächst Lokalbahn zur Bedienung der bernischen Aemter Laupen und Erlach, des freiburgischen Seebezirkes und des Wistelachs sein. Die Bahn Cornaux-Aarberg endlich bildet das kürzeste Mittelstük zwischen der Jurabahn, resp. der Nationalbahn und der internationalen Verrières-Linie.

Wenn daneben auch zugestandenermaßen die beiden leztgenannten Projekte ebenfalls danach streben, den von Neuenburg nach Bern tendirenden Verkehr durch Abkürzung des bisherigen Weges an sich zu ziehen, so hat doch jede noch ihren besondern

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Zwek und Verkehr. Nach der bisherigen Praxis der gesezgebenden Behörden und den gesammten schweizerischen Eiseubahnverhältnissen würde sich nicht rechtfertigen, dem einen oder andern Petenten die Konzession zu verweigern.

"S," Was die Streke Müntschemier-Cornaux (11,2 Kilometer lang) betrifft, so liegen hier für wesentlich das gleiche Trace zwei Konzessionsbegehren vor (von der bernischen Jurabahn und dem Komite für die direkte Linie).

Wohl mit Recht hat das eben erwähnte Komite bei der Konzessionsverhandlung hervorgehoben, daß die Streke MüntschemierWyleroltigen-Bern nicht für sich allein gebaut und betrieben werden könne, weil die verhältnißmäßig bedeutenden Baukosten dieser Sektion eine Rendite ausschließen würden. Von einer Verstümmelung der direkten Linie kann also von vornherein nicht die Rede sein.

Es bleibt also noch die Frage, ob das Stük MüntschemierCornaux auch der bernischen Jurabahn zu konzediren sei.

Die Vertretung der Jurabahn hat einen gewissen Mittelweg nahe gelegt, indem sie erklärt: unter der Voraussezung der Reziprozität räume sie den Konzessionären der direkten Linie das Recht ein, die Streke Müntschemier-Cornaux mit zu befahren, gegen eine Entschädigung, welche im Falle der Nichtverständigung das Bundesgericht bestimmen möge. Man könnte vielleicht daran denken, eine entsprechende Bestimmung der Konzession für die direkte Linie einzufügen.

Dies könnte aber jedenfalls nur in dem Falle geschehen, wenn der bernischen Jurabahn die Konzession verweigert würde; die bezügliche Verpflichtung wäre gewissermaßen der Preis, um welchen die direkte Linie von der Konkurrenz der Jura bahn befreit würde.

Ein Rechtsgrund, auch im entgegengesezten Falle diese Klausel zu oktroyiren, ließe sich schwer finden.

Wir können uns indessen nicht entschließen, eine solche Kombination vorzuschlagen; mit derselben wäre möglicherweise weder der einen, .noch der andern Unternehmung gedient. Wir sagen : entweder ist der bernischen Jurabahn die Konzession für Müntschemier-Cornaux zu ertheilen oder aber nicht; entweder ist ihr zu gestatten, ihren Verkehr bis nach Cornaux, resp. von Cornaux an auf ihren eigenen Schienen zu befördern, oder aber Güter und Personen in Müntschemier abzugeben resp. abzunehmen. Derartige

461 Mitbenuzungsverhältnisse werden besser der durch das wechselseitige Interesse gebotenen freien Verständigung anheimgestellt.

Die Hauptfrage selbst beantragen wir zu Gunsten der bernischen Jurabahnen zu entscheiden.

Die Behörden und das Volk des Kantons Bern haben, Zweifel sezend 'in die Lebensfähigkeit der direkten Linie, sich für die Ausführung der Bahn Aarberg-Cornaux ausgesprochen. Ohne zwingende Gründe werden die Bundesbehörden diese Beschlüsse umzustürzen sich nicht berufen fühlen.

Allerdings haben Sie, Tit., bei Anlaß der zwei Gesuche für eine Linie Menaggio-Lugano-Luino entschieden, daß nicht für ein und dasselbe Trace verschiedene Konzessionen ertheilt werden dürfen.

Allein jener Fall war von dem vorliegenden wesentlich verschieden.

Dort bewarben sich zwei Petenten um die Konzession für eine in den Anfangs- und Endpunkten und im ganzen Verlaufe identische Bahn und war von vornherein klar, daß nicht beide Projekte neben einander ausgeführt werden können oder wollen. Unter \rerhältnissen, wie den hier vorhandenen, haben Sie dagegen nie Bedenken getragen, kürzere Streken doppelt zu konzediren. So bestehen resp. bestanden zwei Konzessionen für Baden-Otelfingen, SuhrZofingen, Luzern-Buochs, Wohlhausen-Willisau.

Die Frage, ob, um die Rendite einer neu projektirten, jedoch noch keineswegs gesicherten Linie zu erhöhen, eine bereits bestehende große Gesellschaft gehindert werden solle, direkt an das Nez einer andern großen Gesellschaft (Suisse Occidentale) anzuschließen, ist unsers Erachtens um so leichter zu beantworten, als ja, wie oben konstatirt wurde, von keiner Seite Einsprache gegen die Konzessionirung der bernischen Jurabahn erhoben ist.

Zu dem Schlüsse gelangt, daß die anbegehrten Konzessionen sämmtlich zu bewilligen seien, haben wir im Allgemeinen noch zu konstatiren, daß Abweichungen von den normalen Bedingungen von keinem Petenten beantragt sind, es wäre denn, daß die etwas langen Ausweis- und Baufristen als solche augesehen werden. Die bernische Jurabahn wünscht Hinausrükung der Termine mit Rüksicht auf die muthmaßüche Ze.it der Eröffnung der Nationalbahn (Winteilhur-Zofmgen-Lyß). Laupen-Müntschemier hängt von Muntschemier-Cornaux ab und Bern-Kerzers weist schwierige Bauverhältnisse auf. Irgend welche konkurrirende Interessen werden durch die Länge der Fristen allem Anschein nach nicht verlezt.

462 Die Regierung von Neuenburg hat zu Gunsten der der SuisseOccidentale als Rechtsnachfolgern! des Franco-Suisse zustehenden Prioritätsrechte eine Verwahrung zu Protokoll gegeben. Der bezügliche Bundesbeschluß vom 19. Oktober 1874 enthebt uns jeder weiteren Erörterung dieses Punktes.

Es erübrigt uns nur noch, der Uebung gemäß, über die allgemeinsten Verhältnisse der einzelnen Projekte einige Angaben zu machen.

I. Die von der bernischen Jurabahn projcktirte Linie von Bargen über Siselen, Treiten, Müntschemier, Ins und Gampelennach Cornaux ist 22,5 Kilometer lang. Die Maximalsteigung beträgt bloß 2 %o, der Minimalradius 500 Meter. Die Baukosten sind auf Fr. 2,687,934, oder per Kilometer rund Fr. 120,000 berechnet. Die Entfernung zwischen Bern und Neuenburg über Lyß berechnet sich zu 60,6 Kilometer, 8 Kilometer weniger als über Lyß und Biel.

II. Auf der direkten Linie sind folgende Stationen in Aussicht genommen : Bottigen, Riedbach, Buttenried, GurbrU, Kerzers, Müntschemier, Ins und Zihlbrück. Die Linie zweigt westlich von Bern, bei Weiermannshaus, von der Oronbahn ab. Vor Oberey sind unmittelbar nach einander zwei Tunnel von 1650 und 1500 Meter zu durchbrechen und bei Marfeldingen ist über die Saane.

eine Brüke von 670 Meter Spannweite zu legen.

Die Länge der zu erstellenden Eisenbahn stellt sich auf 35,9 Kilometer, die Maximalsteigung auf 10,4 °/oo, der Minimalradius auf 360 Meter.

Die Kosten der Bahn von Kilometer 8--15 sind auf Fr. 525,000 per Kilometer, auf den übrigen Theilen auf Fr. 125,000-150,000 veranschlagt. Die Gesammtkosten werden auf Fr. 7,490,000 oder per Kilometer Fr. 210,000 berechnet.

Entfernung zwischen Bern und Neuenburg : 44,2 Kilometer.

III. Laupen-Müntschemier. Stationen: Neuenegg, Laupen Bibern-Gümmenen, Kerzers, Müntschemier. Länge 24 Kilometer.

Entfernung zwischen Bern und Neuenburg über Laupen : 52,7 Kilometer. Maximalsteigung: 14°/on. Minimalradius 300 Meter. Die Baukosten sind für die ganze Linie Thörishaus-Müntschemier-Cornaux auf Fr. 5,279,000, oder per Kilometer auf Fr. 150,000 veranschlagt.

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Für die Streke Müntschemier-Cornaux kämen etwa Fr. 682,000 in Abzug, so daß sich die Kosten auf zirka Fr. 4,597,000, oder per Kilometer auf zirka Fr. 191,000 belaufen würden.

Wir gehen nämlich von der Ansicht aus, daß das eventuelle Konzessiousgesuch für die Linie Müntschemier-Cornaux nunmehr, nachdem die Gesellschaft^ der bernischen Jurabahnen für diese Streke die Konzession wirklich verlangt, dahin fällt und daß, wenn jener Gesellschaft die Konzession verweigert werden sollte, die gleichen Gründe auch dazu führen müßten, dem Laupen-Komite die Konzession Müntschemier-Cornaux gleichfalls zu versagen.

Wir beehren uns, Ihnen die Annahme der nachfolgenden Beschlußentwürfe zu empfehlen, und Sie, Tit., bei diesem Anlaß neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 17. März 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Entwurf)

Bundeslbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Aarberg nach Cornaux.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches der Direktion der bernischen Jurabahnen, vom 10. April 1874; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 17. März 1875, beschließt: Der Gesellschaft der bernischen Jurabahnen wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Aarberg nach Cornaux unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. i. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. ' Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom 1. April 1875 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

465 Art. 5. Binnen einer Frist von 20 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. April 1877 ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bis zum 1. April 1878 ist die ganze konzessionirfce Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Trace eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamteri, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sieh aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkte der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede

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Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügeo Wagen aller Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absaz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, .

in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

*· Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2 V Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen mindestens 20°/o niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Per-

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sonentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedirei!. Eia vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nahern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden : Per Stük und per Kilometer für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; ,, Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp.; ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rappen.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über i Rappen, die niedrigste nicht über 5/io Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe . oll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/» des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Eilfraeht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

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Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Festsezung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm; bei "Waaren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm.

Das Mehrgewicht (bei Reisendengepäk und Eilgut über 25, bei Waaren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je 5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von 500 Fr. volle 500 Franken.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch fünf ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besizt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelnheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

469 Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusezen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationeukapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Sofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarif der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der betheiligten Kantone, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rükkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritt desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rükkauf wird der Rükkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstüzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise den Kantonen Bern und Neuenburg abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rükkaufsumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notifizirt

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wird, unmittelbar vorangehen ; sofern der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221/* fachen Werth; wenn der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungsund Reservefonds, betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' leztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rükkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rükkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschäzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 28. Haben die Kantone Bern und Neuenburg den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone Bern und Neuenburg haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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(Entwurf)

Bimdesfoeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Bern über Müntschemier nach Cornaux.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches des Initiativkomite für eine Eisenbahn Bern-Ins-Neuenburg, vom 20. April 1874 ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 17. März 1875, beschließt: Dem Initiativkomite für eine Eisenbahn Bern-Ins-Neuenburg wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Bern über Müntschemier nach Cornaux unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom 1. April 1875 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist in Ins.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

Bnndesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. 1.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 20 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst dea Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. April 1877 ist der Anfang mit den Erdarbeiteii für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bis zum 1. April 1878 ist die Sektion CornauxKerzers und bis zum 1. April 1880 die ganze übrige konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Tracé eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes ,, obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittleren Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen, Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht

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vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absaz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansiize zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2*/2 Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens zwölfmaligen Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die, Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Per-

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sonentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedirei!. Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden: Per Stük und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rappen; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rappen; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rapper«.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über l Rappen, die niedrigste nicht über 5/io Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm odei^S Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportât werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °,
Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

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Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Speziai tarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Festsezung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm; bei Waaren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm. Das Mehrgewicht (bei Reisendengepäk und Eilgut über 25, bei Waaren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je 5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besizt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

'-'ö Art. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

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Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusehen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Sofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daheriges Projekt sammt'dem neuen Tarife der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 2fi. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufrechtes des Bundes, oder wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der betheiligten Kantone, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rükkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rükkauf wird der Rükkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstüzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise den Kantonen Bern, Freiburg und Neuenburg abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältuißmäßiger Betrag von der Rükkaufssumme in Abzug zu bringen.

·c. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die

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dem Zeitpunkte, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; sofern der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 22V2fachen Werth; wenn der Rükkauf zwischen dem i. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem.

Falle weniger, als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unte Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds, betrragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderer etwa damit verbundener Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' leztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsreehnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rükkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rükkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschäzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 28. Haben die Kantone Bern, Freiburg und Neuenburg den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 defmirt worden, jederzeit auszuüben und die Kantone Bern, Freiburg und Neuenburg haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften ·dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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(Entwurf)

Bundeslbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Laupen nach Müntschemier.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches des Initiativkotnite zur Herstellung einer Eisenbahn von Bern nach Neuenburg über Laupen und Ins, von» 12. April 1874; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 17. März 1875, beschließt: Dem Initiativkomite zur Herstellung einer Eisenbahn von Bern nach Neuenburg über Laupen und Ins wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von der Bern-Freiburg-Linie in Thörishaus nach Müntschemier unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom 1. April 1875 an gerechnet, ertheilt.

479 Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. April 1878 ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bis zum 1. April 1880 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Tracé eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeatnten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

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Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absaz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20°/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2*/2 Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

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Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sicli für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden : Per Stük und per Kilometer für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp.; ,, Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp.; ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über l Rappen, die niedrigste nicht über 5 /io Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40°/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werdeil, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen

482 aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Festsezung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm; bei Waaren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm.

Das Mehrgewicht (bei Reisendeogepäk und Eilgut über 25, bei Waaren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je 5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrund ung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besizt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sieh aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es. darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

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Art. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahn Unternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusezen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dein Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Sofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarife der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufrechtes des Bundes, oder wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der betheiligten Kantone, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rükkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rükkauf wird der Rükkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstüzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise den Kantonen Bern, Freiburg und Neuenburg abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältuißmäßiger Betrag von der Rükkaufssumme in Abzug zu bringen.

-c. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des

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durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, dio dem Zeitpunkte, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; sofern der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221 ^fachen Werth; wenn der Rükkauf zwischen dem \. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger, als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds, betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderer etwa damit verbundener Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, r /u welch' leztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rükkaufes irn Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rükkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschäzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 28. Haben die Kantone Bern, Freiburg und Neuentjurg den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben und die Kantone Bern, Freiburg und Neuenburg haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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485

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Formation eines vierten Füsilirbataillons im Kanton Graubünden.

(Vom 12. März 1875.)

Tit.!

Nach der Militärorganisation vom 13. Wintermonat 1874 hat der Kanton Graubünden zum Bundesheer zu stellen im Auszug: 3 Bataillone Infanterie .

.

.

à 774 2322 l Schüzenkompagnie .

.

.

.

à 185 l Gebirgsbatterie .

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.

.

à 170 2677 Rechnet man für diese Truppenkörper 20°/o Ueberzählige mit 535 Mann und für die nach den Art. 27 - 30 zu stellenden eidg.

Truppenkörper weitere 150 Mann, so stellt sich der Totalbedarf an Mannschaft für Graubünden auf 3362 Mann.

Nach einer Mitteilung der Regierung von Graubünden vom 18. Dezember 1874 beträgt die gesammte Mannschaftszahl in den den Auszug bildenden zwölf ersten Jahrgängen 4453, und es ergeben sich somit 1091 Ueberzählige.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Konzession von Eisenbahnen zwischen Bern und Neuenburg. (Vom 17. März 1875.)

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Bundesblatt

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Jahr

1875

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.03.1875

Date Data Seite

458-485

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10 008 555

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