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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Abänderung der Konzessionen für die Zürichsee-Gotthardbahn.

(Vom 8. Dezember 1875.)

Tit.!

Für die Linien Brunnen-Rothkreuz und Rappersweil-Brunnen der Zürichsee-Gotthardbahn bestehen folgende Fristen: Die technischen und finanziellen Vorlagen sind für die erstere bis zum 17., für die leztere bis zum 25. Dezember nächsthin einzureichen; die Erdarbeiten sollen vor dem 1. April 1876 begonnen werden, und der 1. April 1879 ist der Vollendungstermin für beide Linien.

Mit Bezug auf diese Bahnen werden nun folgende Gesuche gestellt : 1} Es möge die Linie Brunnen-Rothkreuz in drei Sektionen: Brunnen-Gersau-Vitznau, Vitznau-Küßnacht und Küßnacht-Rothkreuz zerlegt werden., in dem Sinn und mit der Wirkung, daß das Versäumen der Ausweis- und Baufristen für die eine oder andere dieser drei, Sektionen den Verlust der Konzession nur für die betreffende Sektion oder den nicht ausgeführten Theil derselben, nicht aber für die übrigen Sektionen zur Folge habe.

1182 2) Die Fristen für die Linie Brunnen-Rothkreuz seien um je 18 Monate zu verlängern.

3) Unter Verstattung eines gesonderten Ausweises und Arbeitsbeginns bezüglich der Streke Rappersweil-Pfäffikon mögen die Fristen für den übrigen Theil der Linie Rappersweil-Brunnen um je 12 Monate erstrekt werden.

Die sehr einläßliche Begründung dieser Gesuche resümiren wir mit Folgendem: Seit Juli 1874 wurden abwechselnd 6--20 Ingenieure, Geometer und Zeichner nebst den nöthigen Meßgehilfen für die Aufnahme der Pläne für die Linie Rappersweil-Brunnen beschäftigt.

Die Pläne sind fast vollständig zur Vorlage bereit. Die aufgewendeten Kosten belaufen sich auf nahezu Fr. 120,000. Die gebirgige Natur des Landes und die Unzulänglichkeit der darüber vorhandenen Karten, die Notwendigkeit, als Grundlage für die diesfälligen Verhandlungen mit den Anschlußbahnen vollständige Bahnhofprojekte für die Stationen Rappersweil, Pfäffikon, Biberbrüke und Brunnen auszuarbeiten, die Schwierigkeiten des für Eisenbahn, Fahrstraße und Trottoir kombinirten Seeüberganges bei Rappersweil haben eine Aufgabe gestellt, die in der relativ kurzen konzessionsgemäßen Zeit nur der feste Wille, das Unternehmen durchzuführen, lösen konnte.

Auch auf der Linie Brunnen-Rothkreuz wird unausgesezt gearbeitet; bis Vitznau sind die Katasteraufnahmen beinahe vollendet.

Die Seelinie bietet übrigens weniger große Schwierigkeiten, so daß die Pläne jederzeit rasch vollendet werden können, sobald das Bedürfniß hiefür eintritt.

Weniger günstig als mit dem Vorrüken der technischen Arbeiten steht es mit der Beschaffung des erforderlichen Baukapitals.

Die Bahn kommt wegen des ungünstigen Terrains im Verhältniß zur Länge hoch zu stehen und durchzieht eine Gegend, welche das ganze Kapital nicht beschaffen könnte, selbst wenn sie den Eisenbahnbestrebungen mehr Sympathie entgegenbrächte. Dazu kommt, daß eine neue größere Eisenbahnunternehmung, welche sich zwischen bereits bestehende, mächtige und gut akkreditirte hineinschiebt und sie mehr oder minder mit ihrer Konkurrenz bedroht, auf Mißtrauen und Feindseligkeit stoßen muß. Hauptsächlich hinderlich war aber die ungünstige allgemeine Finanzlage. Unmittelbar auf die Konzessionsertheilung trat der sogenannte Wienerkrach ein. ,,Seitdem folgte auf dem Gebiete des Geldmarktes und der industriellen Schöpfungen des Jahres 1872 eine Enttäuschung der andern. Daneben machten und machen sich für die vorhandenen altern Bahnen und für solche,

1183 welche im Baue begriffen sind, fortwährend eine solche Masse von Geldbedürfnissen geltend, daß es der Anstrengung aller Kräfte bedarf, um sie befriedigen zu können, ja daß sie theilweise gar nicht oder nur zu den onerosesten Bedingungen befriedigt werden können. Der Bau so vieler neuen Bahnen speziell in der Schweiz, die erst allmälig eine Rendite abwerfen werden, hat riesige Kapitalien absorbirt. Das Verdauungsvermögen für all' die neu geschaffenen Papiere ist aber ein begrenztes, so daß nothwendig wieder eine Periode des Stillstandes und des Rükschlagcs eintreten mußte.

Es kann auch nicht geleugnet werden, daß beim Publikum durch allerlei schlimme Erfahrungen und die mit Recht oder Unrecht gegen die Ertragsfähigkeit der Eisenbahnen obwaltenden Zweifel das Vertrauen zu den Eisenbahnpapieren ganz erheblich erschüttert worden ist. Das Publikum zieht sich immer mehr von den Eisenbahnunternehmungen zurük und sucht seine Kapitalien anderweitig zu placiren.a Die Unmöglichkeit, im gegenwärtigen Momente das auf 22 Millionen Franken bezifferte Baukapital für beide Linien aufzubringen, und der Umstand, daß durch die am 19. März d. J. erfolgte Konzession einer Verbindungsbahn mit der Brünigbahn (von Rothschuh über den Vierwaldstättersee nach Stanz) die Zürichsee-Gotthardbahn ihren Anschluß an die Bahnen der Zentral- und Westschweiz in anderer und besserer Weise als ursprünglich (über Küßnacht und Rothkreuz) gefunden hat, bestimmen die Gesellschaft, die Streke Vitznau-Rothkreuz einstweilen aus Finanz- und Bauprogramm fallen zu lassen und ihre Thätigkeit für einmal auf den übrigen Theil der konzedirten Bahn, namentlich die Linie Rappersweil-Brunnen, zu konzentriren.

Da im Ganzen Iß,03jj5 Aktien im Betrage von Fr. 8,019,000 übernommen sind, so wäre das Aktienkapital für die Linie Rappersweil-Brunnen , welches nach den am 4. Januar abbin genehmigten Statuten auf 6l/t Millionen Franken (die Hälfte des Baukapitals) sich beläuft, mehr als vorhanden. Davon sind freilich nur 4 ] /2 Millionen Franken (von den durch einen Generalakkordanten an Zahlungsstatt anzunehmenden 6 Millionen Franken) speziell für die eben genannte Linie bestimmt.

Dagegen ist es der Gesellschaft troz eifrigen Bemühungen nicht geglükt, im In- oder Ausland das Obligationenkapital zu erträglichen Bedingungen zu finden. Sie sieht sich daher
gezwungen, um Verlängerung der Ausweis- und Baufristen auch für die Linie Rappersweil-Brunnen einzukommen.

Auf einen Theil dieser Linie, die Streke Rappersweil-Pfäffikon, erstrekt sich indessen dieses Gesuch nur eventuell, auf den Fall

1184 nämlich, daß nicht gestattet würde, für dieses Stük innerhalb der konzessionsgemäßen Frist den Finanzausweis gesondert zu leisten und die Arbeiten daran zu beginnen. (Die Baupläne haben bereits unsere. Genehmigung erhalten.)

Folgende Gründe sprechen für eine solche ausnahmsweise Behandlung der Streke Rappersweil-Pfäffikon : Sie hat eine selbstständige Bedeutung; die Linien Uster-Rüti-Rappersweil und ChurGlarus-Wesen-Rappersweil der Vereinigten Schweizerbahnen und die künftige rechtsufrige Zürichseebahn werden durch jenes Mittelstük mit der linksufrigen Zürichseebahn und der WädensweilEinsiedlerbah in direkte Verbindung gesezt. Dasselbe begreift auch die seit mehr als einem Jahrzehnt angestrebte und vom Bunde mit Fr. 100,000 subentionirte Seedammbaute von Rappersweil nach Hürden. Mit diesem Hauptbauobjekt muß bei Eintritt des Niederwassers angefangen werden ; wird in diesem Jahr nicht begonnen, so muß unthätig bis zum nächsten Herbst zugewartet werden. Das für die 3,8 Kilometer lange Bahnstreke, inbegriffen die Dammbaute, jedoch ausgeschlossen das Betriebsmaterial (da sie nicht, selbstständig, vieiraehr kraft eines mit den Vereinigten Schweizerbahnen abgeschlossenen Vertrages von leztern betrieben werden wird) auf Fr. 1,400,000 veranschlagte Baukapital könnte ohne Schwierigkeit durch Einzahlung auf die gezeichneten Aktien sofort flüssig gemacht werden.

Was endlich die Theilung der Linie Brunnen-Rothkreuz betrifft, so hat erst die Konzession der Verbindungslinie Rothschuh-Stanz die Veranlaßung dazu gegeben, und es ergibt sich deren Wünschbarkeit aus der verschiedenartigen Bedeutung und Dringlichkeit der drei Sektionen. Das Stük Brunnen-Vitznau stellt sich in erste Reihe, weil es die Verbindung mit der Brünigbahn und durch sie mit Luzern herstellt, wie nicht minder den Anschluß an die Rigibahn schafft. Auch der Bau der Streke Vitznau-Küßnacht ist noch sehr wahrscheinlich, wegen ihrer Bedeutung als Lokalbahn und wegen des Anschlusses an die Gotthardlinien Küßnacht-Meggen-Luzern und Küßnacht-Arth; immerhin erhält sie erst durch die wirklich erfolgte Eröffnung der Gotthardbahn ihre Wichtigkeit. Fraglicher wird die Berechtigung der Sektion Küßnacht-Rothkreuz ; der technische Anschluß, an die Nordostbahn und die aargauische Südbahn vollzieht sich zwar viel geeigneter in Rothkreuz anstatt in Küßnacht
oder Immensee; jedoch müssen erst die andern Sektionen gesichert sein, bevor an diese lezte gedacht werden kann.

So weit auszüglich die Darstellung der gesuchstellenden Gesellschaft.

1185 Die bei der Konzessionsänderung interessirten Kantone erheben ·gegen dieselbe keine Einwendung. Wenn die Regierung von Schwyz bei diesem Anlaße verlangt, daß die von ihr schon früher gestellten.

Forderungen betreffend die Dammhöhe, Breite, Durchfahrten und die Schadloshaltung der durch eine allfällige Stauung des Obersees zu Schaden kommenden Privaten und Gemeinden zur Geltung und Anerkennung gebracht werden, so steht dieses Begehren in keinem nothvvendigen Zusammenhang mit der vorliegenden Angelegenheit und ist, resp. war bei Gelegenheit der Plangenehmigung zu erledigen.

Was die Fristverlängerung und die Theilung der Konzession Brunnen-Rothkreuz betrifft, so enthebt uns die ausführliche und überzeugende Motivirung der Petentin der Nothwendigkeit, weitere Worte darüber zu verlieren ; wir weisen nur noch darauf hin, daß in der einheitlichen Konzession für die Brttnigbahn vom 31. Januar 1874 den einzelnen Sektionen die Unabhängigkeit von einander gegeben ist, wie sie hier gewünscht wird.

Die prinzipiell nicht ganz unwichtige Frage, ob unter Umständen ein theilweiser Finanzausweis abzunehmen sei, bedarf dagegen noch einiger Beleuchtung.

Der Wortlaut und Zwek der gesezlichen Bestimmung, wonach der Konzessionär über den Besiz der nöthigen Mittel für die Fortführung einer Unternehmung sich binnen Frist auszuweisen hat, spricht gegen die Zulassung einer bruchstükweisen Leistung dieses Ausweises. Die Exproprianden, das sich durch Zeichnung von Aktien und Obligationen betheiligende Publikum und die sich an die Spize des Unternehmens stellenden Personen selbst sollen möglichst gegen die Eventualität geschüzt werden, daß der Bau einer Eisenbahn begonnen werde, aber aus Mangel an Mitteln steken bleibe, die vorhandenen Kapitalien also unproduktiv vergraben, resp. in's Wasser geworfen werden. Der Zwek wäre vereitelt, wenn die Mittel für einen kleinen Theil einer Bahn, welcher in der Regel für sich allein keine Befähigung und Berechtigung zur Existenz hat, als vorhanden anerkannt und die Arbeiten auf dieser Streke erlaubt würden, dann aber die Fortsezung der Bahn auf unbestimmte Zeit vertagt werden müßte.

Ausnahmsweise Verhältnisse rechtfertigen indeß wohl auch hier eine Abweichung von der Regel. Solche sind in vorliegendem Falle in seltenem Maße und Zusammentreffen vorhanden : Das Stük Rappersweil-Pfäfflkon
hat als Verbindungsbahn und durch die Kombination mit dem Seedamm eine hohe' selbstständige Bedeutung, die Trennung des Finanzausweises ist durch gewichtige Gründe motivirt : auf der einen Seite schwierige allgemeine Finanzlage und doch hohe Wahrscheinlichkeit, daß binnen der neuen Frist der

1186 Ausweis für den Rest der Linie beigebracht werde, auf der andern Seite Dringlichkeit des Arbeitsbeginns wegen der Jahreszeit und wegen der Größe des Bauobjektes.

Wir nehmen daher keinen Anstand, Ihnen die Fristerstrekung für einen Theil der im Uebrigen ganz und ungetheilt bleibenden Konzession und damit die präjudizielle Bejahung der oben aufgeworfenen Frage, ob unter ganz besondern Umständen ein stükweiser Finanzausweis abzunehmen sei, zu empfehlen.

Sollten Sie gegen die Gutheißung dieses Grundsazes Bedenken tragen, so mögen Sie eventuell der Gesellschaft die Erreichung des wohlberechtigten Zwekes dadurch ermöglichen, daß Sie die Linie Rappersweil-Brunnen ebenfalls in rechtlich von einander unabhängige Sektionen -- Rappersweil-Pfäffikon und Pfäffikon-Brunnen -- theilen und für die leztere Sektion die Fristen gemäß Antrag verlängern.

Indem wir Ihnen die Annahme des nachfolgenden Beschlußentwurfes beantragen, versichern wir Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung.

Bern, den 8. Dezember 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bimdesbeschluss betreffend

Abänderung der Konzessionen für die ZürichseeGotthardbahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches der Direktion der Zürichsee-Gotthardbahn, vom 25. August 1875; 2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 8. Dezember 1875, « beschließt: A. Die durch Bundesbeschluß vom 17. Juni 1874 ertheilte Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Brunnen nach Rothkreuz wird in folgender Weise abgeändert: 1) Die in Art. 5 und 6 angesezten Fristen werden um je 18 Monate verlängert; es sind daher bis zum 17. Juni 1877 dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen einzureichen, bis zum 1. Oktober 1877 die Erdarbeiten zu beginnen und bis zum 1. Oktober 1880 alle Theile der Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

2) Die konzedirte Linie wird in folgende drei Sektionen getheilt : I. Brunnen-Gersau-Vitznau, II. Vitznau-Küßnacht, III. Küßnacht-Rothkreuz, und zwar in dem Sinn und mit der Wirkung, daß das Versäumen der vorstehend erwähnten Fristen für die eine oder andere der drei Sektionen den Verlust der Konzession nur für die betreffende Sek-

1188 tion oder den nicht ausgeführten Theil derselben, nicht aber für die übrigen Sektionen, resp. Theile zur Folge hat.

B. Die in den Artikeln 5 und 6 des Bundesbeschlusses vom 25. Juni 1874, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Rappersweil nach Brunnen angesehen Fristen werden für die Sektion Pfäffikon-Brunnen um je ein Jahr verlängert; für diesen Theil der Bahn gelten daher folgende neue Fristen: 1) Bis zum 25. Dezember 1876 sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen einzureichen ; 2) vor dem 1. April 1877 ist der Anfang mit den Erdarbeiter» für die Erstellung der Bahn zu machen; 3) bis zum 1. April 1880 ist der genannte Theil der Bahn zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

C. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Abänderung der Konzessionen für die Zürichsee-Gotthardbahn. (Vom 8. Dezember 1875.)

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24.12.1875

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