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Aus denVerhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 6. Dezember 1875.)

Der Bundesrath hat sich veranlaßt gesehen, in Sachen der N i e d e r l a s s u n g s b e w i l l i g u n g das nachstehende Kreisschreiben an sämmtliche eidgenössische Stände zu erlassen.

,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Bei Anlaß eines Specialfalles haben wir unterm 22. November abhin die Frage, ob nach Ablauf der vierjährigen Giltigkeit einer Niederlassungsbewilligung die Erneuerung der leztern nöthig sei, und daher die früher zuläßig gewesene Gebühr für die Erneuerung gefordert werden könne, verneinend entschieden, gestüzt auf folgende rechtliche Gesichtspunkte : Nach Art. l und 2 des Bundesgesezes über die Dauer ""1) und die Kosten der Niederlassungsbewilligung vom 10. Dezember 1849 war bis anhin für die Dauer von "vier Jahren eine Kanzleigebühr von Fr. 4 alte Währung, gleich Fr. 15 n. W., und nach Ablauf jenes Termines für die Erneuerung auf gleiche Dauer der nämliche Betrag zu bezahlen.

,,,,2) Gemäß Art. 2 der Uebergangsbestimmungen zu der neuen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 treten jedoch diejenigen Bestimmungen eines Bundesgesezes, welche mit der erstem im Widersprüche stehen, sofort mit Annahme der neuen Bundesverfassung, beziehungsweise mit der Erlassung der darin in Aussicht genommenen Bundesgeseze, außer Kraft.

,,,,3) Das erwähnte Bundesgesez vom 10. Christmonat 1849 steht nun allerdings im Widersprüche mit der neuen Bundesverfassung, indem sich das im Art. 45 derselben vorgesehene Bundesgesez lediglich auf die Feststellung des Maximums der für die Niederlassungsbewilligung zu bezahlenden Kanzleigebühr beschränken muß, und nicht mehr auch die D au er der Niederlassung feststellen darf, wie im Art. 41, Ziffer 3 der Bundesverfassung von 1848 vorgeschrieben war.

1012 ,,,,4) Es fragt sich daher einfach, ob die Bestimmung jenes Bundesgesezes b e z ü g l i c h d e r D a u e r e i n e r N i e d e r l a s s u n g s b e w i l l i g u n g sofort mit der Annahme der neuen Bundesverfassung außer Kraft getreten sei, oder ob dieses erst mit dem Zeitpunkte der Fall sein werde, wo die im Sinne von Art. 45 nöthige Revision jenes Bundesgesezes in Kraft treten wird.

,,,,5) Diese Frage muß im Sinne der erstem Alternative beantwortet werden; denn es liegt ohne Zweifel im Sinn und Geist vom Art. 2 der Übergangsbestimmungen der neuen Bundesverfassung, daß alle Vorschriften der leztern, deren Inhalt positiv und unzweideutig klar ist und nicht erst durch ein besonderes Gesez zur äußern Erkeantniß gebracht zu werden braucht, sofort mit der Bundesverfassung in Kraft getreten sind.

,1T)6) Nun hat nach Vorschrift vom Art. 45 der neuen Bundesverfassung jeder Schweizer unbedingt das Recht, sich innerhalb des schweizerischen Gebietes an jedem Orte niederzulassen, wenn er einen Heimatschein oder eine andere gleichbedeutende Auswcisschrift besizt, ohne daß weitere Bestimmungen und Vorbehalte an die Ausübung dieses Rechtes geknüpft wären, wie dieses in der Bundesverfassung von 1848 der Fall gewesen ist. Es darf daher die Niederlassung nicht mehr auf eine gewisse Zeitdauer beschränkt und ebensowenig deren Erneuerung gefordert werden; denn sie kann, einmal erworben, nicht anders aufhören, als durch den freien Willen des Inhabers oder in den durch Art. 45 vorgeseheneu besondern Fällen.

,,,,7) Es versteht sich von selbst, daß von Seite der Kantone nicht unter dem Titel einer Kontrolgebiihr eingeführt oder festgehalten werden darf, was nach dem Gesagten gemäß der Bunclesgesezgebung nicht mehr gestattet ist.ttKp ,,Wir sehen uns veranlaßt, diesen Entscheid zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, damit, wenn irgend eine Kantonsregierung mit demselben nicht einverstanden sein sollte, sie Gelegenheit hat, dagegen an die Bundesversammlung zu rekurriren. So lange nicht die leztere etwas anderes beschließt, werden wir allfällige ähnliche Beschwerden im Sinne obigen Beschlusses erledigen.

,,Gleichzeitig fügen wir bei, daß wir von der Ansicht ausgehen, es- sei unserem Beschlüsse keine rükwirkende Kraft beizumessen.

Es ist daher im Sinne unsers Beschlusses die Erneuerung einer schon bestehenden
Niederlassung nicht mehr nöthig; aber wenn bis zum Tage dieses Kreisschreibens Jemand diese Erneuerung erhalten und die bezügliche Gebühr bezahlt hätte, so könnte diese nicht zurükgefordert werden.

1013 ,,Wir wissen wohl, daß strenggenommen und in. Anwendung der in den Erwägungen uusers Entscheides vom 22. November 1875 aufgestellten Gesichtspunkte alle Gebühren für Erneuerung von Niederlassungsbewilligungen, welche seit dem 29. Mai 1874 bezahlt worden sind, nicht hätten gefordert werden können. Allein es ist nicht zu übersehen, daß wir in einer Uebergangsperiode waren, und daß daher noch nicht alle Grundsäze, welche in der Bundesverfassung liegen, zur Geltung kommen konnten; auch muß aus praktischen Gründen gewünscht werden, daß keine weitern Abrechnungen eintreten müssen.

,,Wir benuzen beinebens diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, nebst uns in den Schuz des Allmächtigen zu empfehlen."

Von den am 29. v. Mts. zu Landwehroffizieren Ernannten (Seite 905 und 907 hievor) haben die Herren P r o b s t und Feller ihres Alters halber abgelehnt; weßhalb der Bundesrath an deren Stelle wählte: Als Hauptmann für die I. Abtheilung des Trainbataillons III: Hrn. Hauptmann Gottfried Müller, in Renan (Bern); ,, Hauptmann der Parkkolonne der IV. Division : ,, Oberlieutcnant Alfred Eduard Friedrich Zeerleder, in Bern, mit Beförderung zum Hauptmann.

Der Bundesrath hat Genieoffiziere befördert, nämlich : a. «um Hauptmann: Hrn. Oberlieutenant Franz Lindt, in Bern.

b. zu Oberlieutenants: Hrn. Lieutenant Otto Weber, in Zürich; ,, ,, Konrad Bär, in Winterthur; ,, ,, Albert Morlot, in Nidau.

c. zu Lieutenants : Hrn. Eugen Ritter, in Biet; ,, Gottlieb Kramer, in Zürich.

1014 Der Oberfeldarzt der eidg. Armee, Herr Dr. Schuyder, hat aus Gesundheitsrüksichten die Entlassung von seiner Stolle nachgesucht. Diese Entlassung ertheilte ihm der Bundesrath auf Ende Januar kommenden Jahres, unter Verdankung der geleisteten ausgezeichneten Dienste.

(Vom 7. Dezember 1875.)

Das eidg. Militärdepartement hat dem Bundesrath die Abschnitte I, II und III des Entwurfs zu einem Reglement über den Sanitätsdienst bei der eidg. Armee vorgelegt, welcher Entwurf genehmigt wurde.

Der Bundesrath hat beschlossen, es sei spätestens auf den 1. Mai 1876 ein Filialbüreau mit vereinigtem Post- und Telegraphendienst in St. Gallen zu errichten.

(Vom 8. Dezember 1875.)

Der Bundesrath ernannte Hrn. Godefroi Charrière, von Cossonay, in Lausanne, zum Oberstlieutenant der Infanterie.

(Vom 9. Dezember 1875.)

Der Bundesrath genehmigte das zwischen den Kantonen Freiburg, Waadt, Neuenburg und Genf im Monat Mai d. J. abgeschlossene Konkordat betreffend das Placiren von Diensten, von Bonnen, Gouvernanten, Erziehern und Erzieherinnen etc.

1015 Vom Bundesrathe sind gewählt worden: (am 6. Dezember 1875) als Postkommis in Zug: Hr. Franz Dominik Kamer, Postaspirant, von Arth (Schwyz), derzeit in Brenets (Neuenburg) ; ,, ,, ,, Neuenburg: ,, Georges Clemmer, von Chaux du Milieu (Neuenburg), bisher Postkom mis in St. Croix ( Waadt) ; ., ,, ,, Yverdon : ,, Francois Grandchamp, Postaspirant, von Chexbres (Waadt), in Yverdon ; ,, Telegraphist in Brienz: ,, Christian Urfer, von Bönigen (Bern), Posthalter in Brienz; ,, Telegraphistin in Uhwiesen : Jgfr. Anna Spieß, Modistin, von und in Uhwiesen (Zürich); (am 7. Dezember 1875) als TelegraphistinChauxdefonds : Hr. Gottardo Mattoni, Telegraphenaspirant, von Intragna (Tessin), in Luzern; ,, Telegraphistin in Bullet: Jgfr. Eugénie Bonnet, von und in Bullet (Waadt); (am 9. Dezember 1875) als Telegraphistin in Intragna: Frau Maria Baccalà, von und in Intragna.

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