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Schweizerisches Bundesblatt.

30. Jahrgang. IV.

Nr. 56.

21. Dezember 1878.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Kp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk nnd Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die am 5. November 1878 in Paris unterzeichneten Münzkonventionen.

(Vom 6. Dezember 1878.)

Tit.!

Der Bundesrath hat die Ehre, den hohen gesezgebenden Räthen zur Ratifikation zu unterbreiten: 1) den Münz vertrag abgeschlossen zwischen der Schweiz, Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien und unterzeichnet in Paris am 5. November d. J. ; 2) das Uebereinkommen betreffend die italienischen Silberscheidemünzen, und 3) die Erklärung betreffend Sistirung der Ausprägung silberner Fünffrankenstüke während des Jahres 1879, als des lezten Jahres der in Kraft bestehenden Münzkonvention von 1865.

Die beiden leztern tragen ebenfalls das Datum vom 5. November 1878.

Die genannten drei Dokumente beehrt sich der Bundesrath mit folgender erläuternder Botschaft zu begleiten: Bundesblatt. 30. Jahrg. Bd. IV.

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L Einleitung.

1. Historischer RUkblik.

Der Vertrag von 1865, welcher unter dem Vorsize des Herrn B. de Parieu, damaligem Vizepräsident des Staatsraths, und unter dem Einflüsse liberaler internationaler Ideen abgeschlossen worden, ist Gegenstand vieler Sympathien, aber auch mancher Kritik gewesen. Die Frage, ob die Freunde oder die Gegner dieser wirthschaftlichen Allianz Recht hatten, scheint heute gelöst. Die Delegirteu der fünf betheiligten Staaten haben nach sehr einläßlicher Untersuchung diesen Vertrag erneuert, daran jedoch die durch den Gang der Ereignisse vorgezeichneten Abänderungen vorgenommen. Diese Modifikationen waren übrigens durch die seit 1874 alljährlich ausgewechselten Deklarationen und schriftlichen Verkommnisse angebahnt.

Die sog. lateinische Union hat sich im Jahre 1868 durch den Beitritt Griechenlands erweitert;- doch äußerte dieser Beitritt ers>t 1875 seine volle Wirksamkeit, zu welcher Zeit die hellenische Regierung anfing, mit dem Vertrag übereinstimmende Silbermüuzen ausprägen zu lassen und an den gemeinsamen Berathungen Theil zu nehmen.

Die Thätigkeit der Union, in ihrer Gesammtheit betrachtet, wurde bis Ende 1873 durch keine Zwischenfälle unterbrochen, mit einziger Ausnahme der Schwierigkeiten, welche im Laufe des Jahres 1866 die Einführung des Zwangskurses in Italien hervorrief. Wir werden in einem eigenen Kapitel die Maßnahmen besprechen, welche in der Absicht getroffen wurden, dem römischen Kabinete die Wiederaufnahme der Metallzahlungen zu erleichtern und die den übrigen Staaten durch den italienischen Zwangskurs erwachseneu Nachtheile zu verringern.

Ende 1873 machte eine andere Störung die Ergreifung besonderer Maßnahmen nothwendig. Das Silber begann im Werthe zu sinken, und diese Entwerthung nahm rasch zu. Heute beträgt sie, nachdem sie verschiedene Schwankungen erlitten, ungefähr 20 °/o.

Wir wollen die muthmaßlichen Gründe und die voraussichtliche Dauer dieser Entwerthung nicht neuerdings darlegen. Es genügt uns, daran zu erinnern, daß die lateinische Union, indem sie 1874, 1875, 1876 und 1877 die Ausprägung der Fünf franken thaï er beschränkte und sie von 1878 an, mit Ausnahme eines sehr schwachen Kontingentes für Italien, gänzlich einstellte, dadurch die Aufuhr eines Theiles ihres Goldvorrathes nach Deutsschland und

499 dessen Ersezung durch deutsches Silber in einem 15 Va Mal größeren Gewichte verhinderte. Mit andern Worten: Die deutsche Münzreform hätte sich auf unsere Kosten vollzogen und wir wären ein Land mit Silberwährung geworden, während unsere Wechselkurse Goldkurse waren. Die Schweiz hat schon 1873 die Versammlung einer Konferenz veranlaßt, um den G-oldvorrath der Union sicher zu stellen.*) Sie ergriff die Initiative in dieser Frage; ihre auf gänzliche Unterdrükung der Silberprägung gehenden Anträge wurden nach und nach als eine Nothwendigkeit durch alle ihre Münzverbündeten anerkannt.**} Die Konferenz von 1878 befand sich daher in Wirklichkeit nicht mehr vor dem Vertrage von 1865, welcher die unbeschränkte Ausprägung silberner Fünffrankenthaler gestattete, sondern der gänzlichen Einstellung der Silberprägungen in Belgien, Frankreich, Griechenland und in der Schweiz gegenüber, da nur Italien berechtigt war, im Jahre 1878 für 9 Millionen silberne Fünffrankenthaler schlagen zu lassen.

Sollte die Münzunion von 1865, welche auf eine 15jährige Dauer abgeschlossen worden war und auf eine neue 15jährige Periode stillschweigend verlängert werden konnte, beibehalten werden ?

Bot sie den verschiedenen Vertragsparteien hinreichende Vortheile als Ersaz der Beschränkung ihrer Münzfreiheit? Konnte man Italien, dessen Metallgeld durch Papier verdrängt worden ist, auch fernerhin in der Union verbleiben lassen ? Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, falls ein anderer Staat der Union den Zwangs*) Folgendes waren die allmäligen Einschränkungen der Silberprägungen: 1874 Totalkontingent der vier Vertragsstaaten .

.

. Fr. 120,000,000 1875 ,, ,, ,, ,, .

,, 150,000,000 (die Schweiz verzichtete auf die Ausprägung ihres Betreffnisses von fr. 10,000,000) 1876 Totalkontingent der vier Vertragsstaaten und Griechenlands ,, 120,000,000 (die Schweiz verzichtete auf die Ausprägung ihres Betreffnisses von Fr. 7,200,000) 1877 Totalkontingent, Inbegriffen Griechenland, auf dem Korrespondenzwege festgestellt ,, 65,000,000 (die Schweiz verzichtete wiederum auf ihren Antheil von Fr. 3,600,000) 1.878 gänzliche Einstellung auf dem Korrespondenzwege, außer für Italien ,, 9,000,000 **) Siehe die Berichte der schweizerischen Delegirten an die Münzkonferenzen in Paris in den Jahren 1874, 1875 und 1876. Bundesbl. 1874, I, 1031; 1875, III, 161; 1876, II, 978.

5ÖÖ kurs einführen würde? Welche Veränderungen in dem gemeinschaftlichen Münzsystem waren angesichts der fortdauernden Silberentwerthung angezeigt?

2. Vorbereitung der Konferenz. Instruktionen der Delegirten.

Während der sog. amerikanischen Konferenz, die Anfangs August in Paris tagte, hatten die Delegirten der zur lateinischen Union gehörenden Staaten verschiedene offiziöse Vereinigungen, die zur Redaktion eines ersten Vorprojektes führten, das jedoch eines offiziellen Charakters entbehrte und mehr nur eine Art Skizze, ein Schema war. Es wurden darin die Wünsche der Länder mit Metallzirkulation aufgenommen. Allein in der ersten offiziellen Sizung erklärten die Delegirten Italiens, daß sie keine Instruktionen besäßen, und sie verlangten eine Frist von einem Monat, um dieses offiziöse Vorprojekt ihrer Regierung vorzulegen.

Es konnten daher die eigentlichen Verhandlungen erst am 1. Oktober beginnen.

Wir lassen hier den Hauptinhalt der Instruktionen der verschiedenen Delegirten folgen: B e l g i e n verlangte im Wesentlichen die absolute Einstellung der Silberprägung in den fünf Staaten ; es erklärte sich bereit, den Goldstüken der Union gesezlichen Kurs zu geben, widersezte sich dagegen dem gesezlichen Kurse des Silbergeldes und zeigte wenig Neigung zum Abschlüsse eines Vertrages auf eine gewisse Dauer, um sich die Möglichkeit vorzubehalten, im geeigneten Augenblike zur ausschließlichen Goldwährung überzugehen.

Da das gegenwärtige belgische Kabinet zur Goldwährung hinneigt, so beschikte Belgien die Konferenz in einem ganz andern Sinne, als ihn seine Delegirten bei den Vereinigungen von 1874, 1875 und 1876 an den Tag legten.

Belgien legte in Weitern darauf ganz besondern Nachdruk, daß die italienischen Silberscheidemünzen zuriikgezogen und Italien untersagt werde, neues Papiergeld auszugeben, daß ferner die Einführung des Zwangskurses als eine förmliche Verlezung jeder Münzkonvention erklärt und daß endlich bindende Vorschriften für die Abrechnung aufgestellt werden, damit im Falle der Auflösung der Union die Fünffrankenthaler zur gegenseitigen Auswechslung gelangen.

F r a n k r e i c h gab die Absicht kund, sich jeder Ausprägung silberner Fünffrankenthaler zu widersezen. Es erblikte darin eine

501 Schädigung seiner Interessen, daß die Gesammtsumme der italienischen Silberscheidemünzen sich außerhalb Italien befinde, und drang eben so nachdrüklich als Belgien auf Annahme einer Abrechnungsklausel, wonach nach Ablauf des Vertrages der jedem Staate nach Auswechslung der betreffenden Münzen herausschuldige Saldo in Gold bezahlt werden sollte.

Die S c h w e i z wünschte .den- gesezlichen Kurs der Gold- und Silbermünzen in den verschiedenen Ländern der Union, die Einstellung jeder Silberprägung, die Zurükziehung der kleinen italienischen Papiergeldabschnitte unter Fr. 5 und die Bezeichnung bestimmter Vorkehren zum Zweke der allmäligen Einschränkung der gesezlichen Zahlungsfähigkeit des Silbers auf Fr. 1000.

Die schweizerischen Delegirten waren außerdem ermächtigt, sich einer Liquidationsklausel anzuschließen, falls eine solche von den andern Staaten angenommen werden sollte.

I t a l i e n endlich widersezte sich jeder Liquidationsklausel und stellte in Abrede, daß der Zwangskurs ihm schließlich die Verpflichtung zur Liquidation der Fünffrankenthaler auferlege, weil diese Frage im Vertrage von 1865 mit Stillschweigen übergangen worden sei; endlich beanspruchte es das Recht, ein starkes Kontingent silberner Fünffrankenthaler zu schlagen.

Dies waren in großen Zügen die Instruktionen der verschiedenen Delegirteu. Mit andern Worten, die Konferenz suchte folgende Fragen zu lösen : 1) Zirkulation der Goldmünzen; 2) Einstellung der Ausprägung silberner Fünffrankenthaler: 3) gesezlicher Kurs der Münzen der Union in allen zu ihr gehörenden Staaten ; 4) italienische Silberscheidemünzen; 5) Liquidationsklausel und Vertragsdauer; 6) Beitritt zur Union.

Wir werden jeden dieser Punkte im nächsten Kapitel gesondert behandeln.

II. Ergebnisse der Konferenz.

1. Goldmünzen.

Die einzige Neuerung besteht darin, daß Frankreich und Belgien die Einstellung der Prägung goldener Fünffrankenstüke ver-

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langten, welche sich sehr scimeli abnuzen, deren Herstellung theuer ist und die den silbernen Fünffrankenstüken, mit denen die Union überschwemmt ist, Konkurrenz machen. Wir sind bei dieser Frage nicht betheiligt.

Da die Direktoren der Pariser und Brüsseler Münzstätten seit mehreren Jahren mit einer Fehlergrenze von Viooo des Feingehalts gearbeitet und die dabei erhaltenen Resultate im Durchschnitt beinahe die absolute Richtigkeit des Gehalts ergeben haben, wurde der Antrag von 1876 wieder aufgenommen und die Fehlergrenze l v des Feingehalts für die Goldmünzen auf Viooo festgesezt.

o 2. Silberne Fünffrankenthaler.

Um sieh jeder neuen Silberprägung zu widersezen, erinnerten die Delegirten der meisten Staaten daran, daß, wären nicht seit 1873 schüzende Vorkehren getroffen worden, das Silber Deutschlands in Fünffrankenstüke der Union umgewandelt worden wäre und diese leztere dagegen Deutschland 'das nöthige Gold geliefert haben würde.

Der erste Delegirte Frankreichs, der Finanzminister, sezte auseiuander, daß die Bank von Frankreich, in deren Kasse sich im Januar 1875, ungeachtet der getroffenen schüzenden Maßnahmen, zirka 310 Millionen Silber befunden haben, Ende September 1878 den kolossalen Silbervorrath von einer Milliarde und 12 Millionen besaß, wovon 925 in Fünffrankenthalern (655 französische und 270 fremde) und 87 in Scheidemünzen bestanden. Er fügte bei, daß troz des konstanten Zuflusses des entwertheten Metalls die übrige Welt die lateinische Union im glüklicheri Besize einer Goldzirkulation schäze; daß wir vielleicht die Grenze erreicht haben, und daß, wenn neue Silberprägungen erfolgen sollten, der so be- ' deutende Silbervorrath der Bank dabei möglicherweise in Berüksichtigung fallen würde; daß man sich daher mit Recht fragen könne, ob man uns nicht nach und nach als ein Land mit Silberwährung betrachten würde, und ob dann die Folgen davon nicht die Ausfuhr des Goldes und bedauerliche Schwankungen des Diskonto's wären. Der Minister theilte ein Schreiben der Bank von Frankreich vom 5. Oktober mit, worin diese erklärte, daß sie fremde Fünffrankenthaler angenommen habe, weil sie sich durch das gemeine Recht geschüzt glaubte, daß sie aber sowohl dagegen, daß ihnen gesezlicher Kurs verliehen werde, als auch gegen jede weitere Ausprägung solcher Stüke protestire und sich nöthigenfalls vorbehalte, die 270 Millionen fremder Fünffrankenthaler, die sie gegenwärtig besize, an den Staatsschaz abzuliefern.

503 Man bemerkte, auf den Gedankengang des Herrn Say eingehend, daß seine "Vermuthungen weniger fern liegen, als man es glauben könnte ; die Goldausfuhr von Frankreich nach England könne mit Gewinn bewerkstelligt werden, wenn der Kurs von Paris auf London ungefähr 25.33 betrage. Im Oktober stand der Kurs mehrmals auf 25.32 und 33, und am Tage, wo diese Frage in der Konferenz zur Sprache kam, wurden 25 Millionen in Gold von Paris nach London gesandt.

Man muß auch daran erinnern, daß Frankreich in diesem Jahre den Vereinigten Staaten eine bedeutende in Gold zahlbare Summe für in Amerika gekauftes Getreide schuldig geworden ist. Wenn die Ernte in Westeuropa zwei oder drei Jahre nach einander schlecht ausfällt und der amerikanische Markt sich unsern industriellen Produkten mehr und mehr zu verschließen fortfährt, so ist es durchaus nicht unmöglich, daß England und Frankreich dahin gelangen, beträchtliche Summen Goldes in die Vereinigten Staaten auszuführen.

Angesichts dieser, wie wir hoffen, zu weit gehenden Befürchtungen ist die mit einer Vermehrung unseres Silbervorrathes verknüpfte Gefahr so augenscheinlich und der Nachtheil, welchen diese Vermehrung für Belgien, Frankreich und die Schweiz mit sieh bringen würde, liegt so klar am Tage, daß die Delegirten Italiens, die nicht umhin konnten, zuzugeben, es würde d'is in ihrem Lande auszuprägende Silber sofort nach den andern Staaten der Union abströmen, auf das Begehren des Kabinets von Rom, die Ermächtigung zur Prägung von Fünffrankenthalern zu erhalten, Verzicht leisteten.

Sie verlangten verschiedene Kompensationen, deren hauptsächlichste unter Ziffer 5 behandelt werden wird, und es wurde ihnen für das Jahr 1879 ein außerordentliches Kontingent gestattet, wovon in Kapitel IV die Rede sein wird.

Der Vertrag von 1865 gestattete die unbeschränkte Prägung von grobem Silber, Derjenige von 1878 untersagt diese Prägung.

Um in Bezug auf den Preis des Silbers nicht Meinungen entstehen zu lassen, welche der Konferenz durchaus ferne lagen, wurde dieses Prinzip in einer gemilderten Fassung niedergelegt, indem man im Artikel 9 des Vertrages bestimmte: ,,Die Ausprägung von ,,silberneu Fünffrankenstüken bleibt vorläufig eingestellt. · Dieselbe ,,kann wieder aufgenommen werden, sobald ein gegenseitiges Ein,,verstäodniß Seitens der Vertragsstaaten in dieser Beziehung eingetreten sein wird.a

504.

3. Frage des gesezlichen Kurses.

Wie bereits die Schweiz im Jahre 1865, verlangte Italien für die Gold- und Silbermünzen in allen Staaten der Union gesezlichen Kurs.

Belgien erklärte sich bereit, ihn für das Gold anzunehmen.

Der Minister Léon Say theilte diese Ansicht, soweit es Frankreich betrifft; allein nachdem er die Bank und das Justizministerium zu Rathe gezogen, widersezte er sich dem gesezlichen Kurs sogar für das Gold mit dem Einwürfe, daß ein Staat der Fabrikation seines eigenen Geldes immer sicher sei, während dies in Bezug auf die anderwärts vorgenommene Fabrikation weniger der Fall wäre, und daß übrigens die Frage des gesezlichen Kurses keinen praktischen, sondern nur einen platonischen Werth mehr habe von dem Augenblike an, wo die öffentlichen Kassen und die Bank von Frankreich alle Münzen der Union annehmen.

Die schweizerischen Delegirten drangen, wie auf den frühem Konferenzen, darauf, daß die Geldstüke eines Vertragsstaates in allen andern gesezlichen Kurs erhalten, und wir erinnerten daran, daß, nachdem die Bank von Frankreich im Jahre 1873 einige Zeit long die Annahme der italienischen Stüke verweigert habe, die Frage des gesezlichen Kurses sicher eine praktische Bedeutung habe.

Man braucht heute nicht mehr zu befürchten, daß die fremden Münzen vom Publikum zurükgewiesen werden, sondern vielmehr, daß die Bank von Frankreich sie zurükweise.

Um die Luke in Hinsicht des gesezlichen Kurses auszufüllen, theilte Herr Léon Say mit, daß er eine von der Bank von Frankreich eingegangene Verpflichtung, die groben Geldsorten aller Staaten der Union in jeder beliebigen Quantität während der ganzen Dauci1 des neuen Vertrages anzunehmen, vorlegen werde.

Die belgische Nationalbank hat die nämliche Verpflichtung übernommen, und es liegen die Schreiben der beiden Finanzinstitute bei den Protokollen.

Die schweizerischen Delegirten mußten sich, sobald die italienischen Delegirten nicht länger auf ihrem Begehren beharrten, mit diesen Erklärungen begnügen. Doch ist zu bemerken, daß die Sachlage nicht auf beiden Seiten gleich ist, indem Frankreich und Belgien nur an ihren öffentlichen Kassen die schweizerischen und italienischen Stüke annehmen, während Italien den gesezlichen Kurs der Münzen der ganzen Union stillschweigend gestattet und die Schweiz ihn dekretirt hat.

505 4. Zwangskurs in Italien. Ausschluss der italienischen Silberscheidemünzen aus dem internationalen Kurs.

Die Einführung des Zwangskurses in Italien hat seit dem Bestände der Union von 1865 vielfache und bedeutende Schwierigkeiten hervorgerufen.

Die Emigration der italienischen Münzen und ihre Anhäufung in gewissen Kassen haben beständige Reklamationen zur Folge gehabt. Namentlich in Hinsicht der Scheidemünzen tritt die abnorme Situation Italiens hervor.

Es ist festgesezt, daß Scheidemünzen bis zum Betrage von Fr. 6 per Einwohner geschlagen werden dürfen. Italien hat sein Kontingent geprägt (156 Millionen ohne die päpstlichen Münzen); diese Münzen befinden sich zum großen Theile bei den Münzverbündeten Italiens, welches außerdem noch eine Emission von 135 Millionen in Papiergeldabschnitten zu 50 Rappen, \ und 2 Franken besizt, wovon gegenwärtig 112 Millionen in Zirkulation sich befinden.

Die Basis der Zirkulation der Silberscheidemünzen ist daher verschoben ; statt für Fr. 6 per Kopf befinden sich für Fr. 9 solcher Münzen in Belgien, Frankreich und in der Schweiz. Die italienische Regierung hat bei der Fabrikation der 156 Millionen mit 835 /iooo Feingehalt gewonnen, mit denselben die andern Staaten der Union überschwemmt und gleichwohl noch kleine Papiergeldabschnitte unter 5 Franken ausgegeben.

Die im Vertrage von 1865 stipulirte fakultative Auswechslung dieser Scheidemünzen hat sich als eine illusorische Maßregel herausgestellt ; die Kosten dieser kleinen theilweisen Auswechslungen waren ganz zweklos, da diese Münzen beständig wieder aus Italien zurükströmten.

Italien fühlte daher selbst, daß deßhalb eine durchgreifende Maßregel getroffen werden müsse.

Es verlangte, daß ihm seine Silberscheidemünzen zurükgegeben werden, und es selbst stellte das Begehren, daß dieselben, einmal nach Italien zurükgekehrt, außerhalb des Königsreichs nicht mehr kursiren sollen. Es war in der That nicht zuläßig, daß die Spekulanten ungefähr 10 °/o auf der Wiederausfuhr dieser Geldstüke gewinnen konnten, nachdem leztere von der italienischen Regierung mit großen Kosten znrükgebracht worden; das einzige wirksame Mittel dagegen, wenn überhaupt ein solches existirt, bestand darin, sie für die Dauer des Zwangskurses in Italien von der Union auszuschließen.

506 Nachdem dieser Punkt zugestanden war, mußte man sich fragen, wie wir diese Stüke aus unserer Zirkulation zurükzieheu und wie Italien sie uns bezahlen solle.

Da Italien uns nicht auf einmal den Gegenwerth aller dieser Stüke erstatten kann, so mußte man nacheinander verschiedene Zahlmethoden prüfen.

Die erste bestand darin, daß man die Zurükziehuug in Kategorien nach dem Werthe der Stüke bewerkstelligen, indem man mit den Fünfzigrappenstükeu anfangen, im folgenden Jahre mit den Einfrankenstüken fortfahren und schließlich mit den Zweifrankenstüken die Operation beendigen würde. Diese Methode schien nicht praktisch.

Die italienische Regierung hatte die Mittheilung gemacht, daß sie im ersten Jahre 30 Millionen und in den folgenden 3--4 Jahren jährlich 20 Millionen zahlen könne.

Da von den ausgegebenen 156 Millionen Scheidemünzen am 30. Juni 1878 43 Millionen sich in den öffentlichen Kassen und in den Emissionsbanken Italiens befanden, wurde die im Auslande befindliche Summe auf höchstens 100 Millionen gcschäzt. Allein die Schweiz, Griechenland und Belgien, die erstere aus gesezlichen Gründen, konnten nicht darauf eingehen, Italien ein Darlehen auf fünf Jahre zu machen.

Man mußte eine andere Kombination ausfindig machen, welche in dem Zusazübereinkommcn niedergelegt ist und auf folgender Grundlage beruht : Frankreich centralisirt die Operation, es zahlt Belgien, Griechenland und der Schweiz den Betrag aller in diesen Staaten zurükgezogenen italienischen Stüke in Baar aus und vergütet ihnen ihre Kosten zurük.

Nach Beendigung der Abrechnung zwischen Frankreich und den drei andern Vertragsparteien bereinigt ersteres sein Verhältnis zu Italien. Die daherige Rechnung, die uns nicht berührt, soll in 4 Jahren bereinigt sein. Wir werden die kleinen italienischen Münzen gegen Ende 1879 zurükziehen. und ihr Werth wird uns im Januar 1880 zurükvergütet werden. Der ganze übrige Theil der Operation wird zwischen Frankreich und Italien bewerkstelligt.

Dieser Zusazvertrag ebnet der italienischen Regierung den Weg zur Wiederaufnahme der Metallzahlungeu.

5. Dauer des Vertrags. Liquidationsklausel.

Die Dauer des Vertrages mußte sieh wesentlich nach dem Inhalte desselben richten. Wenn alle Staaten mit der Aufhebung der

507 Silberausprägung einverstanden waren, so konnte dies diejenigen Staaten, welche im Grundsaze der ausschließlichen Goldwährung zugeneigt waren, zur Annahme einer ziemlich langen Vertragsdauer bestimmen.

Sollte man aber über die Silberfrage sich nicht einigen, so mußte es nothwendig werden, für das Gold einen entferntem Termin anzunehmen und dann für das Silber auch feruorhiu alljährlich eine Verständigung zu treffen.

Endlich war es namentlich die von Belgien und Frankreich verlangte sogenannte Liquidationsklausel, welche die Frage komplizirte. Diese beiden Staaten wollten von Italien Garantien für die Zukunft verlangen. Sie bemerkten, beim Auslauf des Vertrages könnte Italien entweder einen drükendern Zwangskurs haben oder aber die Absicht hegen, mittelst Ersezung des Papiers durch auf Silber geprägte Scheine zur Silberwährung überzugehen; in beiden Fällen sei es gewiß, daß Italien aus der Union austreten müßte und daß die in den andern Staaten zirkulirenden italienischen Stüke eine Entwerthung erleiden würden. Die Delegirten Frankreichs und Belgiens wollten ihre Staaten diesem Verluste nicht ausgesezt wissen ; sie verlangten, daß im Falle der Auflösung der Union Italien die im Königreich zirkulirenden französischen Münzen zurükgebe, dagegen die in andern Staaten zirkulirenden italienischen Thaler zurüknehme und den Saldo in Gold (oder, was aufs Gleiche hinausläuft, in Tratten auf Paris, Brüssel oder Bern) auszahle. Natürlich würde die Differenz Italien für eine beträchtliche Summe belasten.

Eventuell verlaugten die Delegirten Frankreichs und namentlich diejenigen Belgiens, daß Italien sich verpflichte, kein Papiergeld mehr auszugeben; sie wollten ihm ferner die Verpflichtung auferlegen, unter allen Umständen den Bestimmungen des Vertrages (Aufhebung der Silberausprägungen etc.) bis zur Wiederaufnahme der MétalIzahhingen nachzukommen, und zwar selbst im Falle der Auflösung der Union.

Die Delegirten Italiens wandten ein, daß der Vertrag von 1865 nur für die Silberscheidemünzeu die Auswechslung stipulirt liabe; da der Vertrag den Zwangskurs unerwähnt gelassen habe, so liege nach ihrem Dafürhalten für Italien keine Verpflichtung vor, einer Liquidationsklausel beizustimmen. Sie fügten bei, daß die Verwerfung des Vertrages durch das italienische Parlament in ziemlich sicherer Aussicht stehe,
wenn man ihnen eine Verpflichtung auferlege, die auf unbestimmte Zeit und für Italien allein die Finanzhoheit und die Souveräuctät des Staates beschränke. Sie machten geltend, daß Italien übrigens ein größeres Interesse als seine

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Vertrags;G-enossen an der Wiederaufnahme der Metallzahlungen, diesem Zielpunkt aller Parteien und aller Ministerien Italiens, habe, und sie schloßen mit der Erklärung, daß sie unmöglich die Verbindlichkeit eingehen können, keine neue Papiergeldabschnitte mehr auszugeben, im Falle Italien z. B. einen Defensivkrieg zu führen hätte.

Um zwischen diesen so auseiuandergehenden Forderungen eine Einigung zu erzielen, legten unsere Delegirten denjenigen Belgiens und Frankreichs dar, daß es nichts nü/e, unausführbare und vor einem Parlament nicht haltbare Bestimmungen in einen Vertrag aufzunehmen; denn entweder werde der Vertrag nicht ratifizirt, oder aber nicht ausgeführt. Unsere Delegirten riethen dazu, Italien Zeit zur Aufhebung des Zwangskurses zu gewähren und es in seinen Bestrebungen zu unterstüzen.

Unsere Delegirten schlugen daher vor, den Vertrag auf 5 bis 6 Jahre abzuschließen, mit der Hoffnung, daß nach dieser Frist der Kurs des italienischen Papiergeldes sieh der Parität genähert haben und damit die Liquidation sieh dann von selbst machen werde.

Es befinden sich gegenwärtig für Fr. 2500 Millionen Fünffrankeuthaler in den Vertragsstaaten, und davon liegen 925 Millionen in dea Gewölben der Bank von Frankreich. Wenn während der Dauer des neuen Vertrages Italien die Metallzirkulation wieder herstellen kann, bilden die 2500 Millionen nicht mehr eine so große Schwierigkeit wie heute, weil sie sich dann nicht mehr auf eine Bevölkerung von 49--50 Millionen, sondern auf eine solche von 78 Millionen vertheilen. Die dadurch entstehende Verbreitung würde es dann möglieh machen, die Frage der Beschränkung der gesezlichen Zahlungsfähigkeit des Silbers mit Erfolg an die Hand zu nehmen, auf welche Beschränkung auch die Instruktionen der schweizerischen Delegirten hinweisen.

Die französischen und belgischen Delegirten schlössen sich dieser Ansicht an. Man kam überein, die Frage der Zeit zu überlassen, und die Dauer des neuen Vertrages wurde auf sechs Jahre fixirt. Derselbe wird daher mit dem I.Januar 1886 zu Ende gehen.

Immerhin machte Belgien seine Vorbehalte für den Fall, daß Italien die gegenwärtige Situation erschweren, sowie auch für den Fall, daß ein weiterer Staat den Zwangskurs einfuhren sollte. Man kam überein, daß aus der Abwesenheit eines besondern Artikels in dem neuen Vertrage durchaus nicht solle gefolgert werden können, es sei der Zwang.skurs eine regelmäßige und dem Vertrage entsprechende Maßnahme. Von diesem Vorbehalte, den sieh Jeder wird zu Nuze

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machen können, wurde für Belgien Akt genommen. Die französischen Delegirten gaben die Erklärung ab, daß sie zwar fühlen, es habe dieser Vorbehalt ihr Land, welches den Zwangskurs besessen hatte, im Auge, daß sie sich aber nicht veranlaßt finden, Opposition zu erheben.

6. Beitritt.

Im Jahre 1865 wollte man die Thüre zur Union weit offen lassen. 1878 kam man überein, daß die Zustimmung aller zur Union gehörenden Staaten zur Aufnahme neuer Mitglieder erforderlich sei. Die Kontrole, welche über die Münzfabrikation in Bezug auf die moralische Seite ausgeübt werden muß, ließ diese bereits durch den Zusazvertrag von 1874 eingeführte Beschränkung nothwendig erscheinen.

III.

Accessorische Fragen.

1. Falschmünzerei.

Die Herren Direktoren der Münzen in Paris und Brüssel machten konfidentielle Mittheilungen über die technischen Vervollkommnungen, welche die Falschmünzer in der Herstellung falscher Münzen eingeführt haben.

Die Fabrikation falscher Goldmünzen mittelst Platin wird in Katalonien noch immer schwunghaft betrieben. Der Bericht der schweizerischen Delegirten von 1876 hat darüber gewisse interessante Details mitgetheilt. Diese Falschmünzerei dauert fort, und noch kürzlich konnten die Spuren der in Circulation gesezten falschen Stüke bis in die Vorstädte von Paris verfolgt werden. In Bezug auf die Ausführung dieser falschen Münzen ist eine Veränderung vorgenommen worden. Die Platinscheibe, welche zur Erlangung des spezifischen Gewichtes des gemünzten Goldes mit Kupfer oder mit andern Metallen legirt und sodann vergoldet wurde, ist durch eine Platinscheibe von kleinerem Durchmesser ersezt worden, die dann in einen goldenen Ring gefaßt wird. Die Prägung findet nach der Fassung des Goldringes statt. Diese Münzen kommen auf Fr. 12 das Zwanzigfrankenstük zu stehen, allein die Fälschung wird weniger leicht entdekt, weil, wie der Konferenz mitgetheilt wurde, die Proben gewöhnlich am Rande des Ringes gemacht werden.

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ö

Unsere Delegirten drangen darauf, daß man vom Standpunkt
510 Luke in der Gesezgebung Englands aufmerksam, welches im Allgemeinen für die von einem Engländer außerhalb des Vereinigten Königreiches begangenen Verbrechen keine Strafverfolgung eintreten läßt; endlich machten sie aufmerksam auf die Situation Spaniens, wo das Gesez in gewissen Fällen die Ausgabe falscher Münzen nur bestraft, wenn die in Circulation gesezte Summe Fr. 125 übersteigt.

Die französische Regierung hat vor Kurzem eine Kommission aus Justiz-, Zoll-, Polizei-, Münz- und andern Beamten niedergesezt, welche die Frage der Falschmünzerei, sowie die Frage, ob nicht gewisse Industrien unter Aufsicht gestellt werden sollen, einläßlich prüfen und die geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung der Gesezgebung oder zur Sicherung der Unterdrükung vorschlagen soll.

Es wurde bei der Konferenz anerkannt, daß jedem Staate das Recht gelassen werden müsse, sein Strafgesezbuch aufzustellen, daß es aber der Fall sei, die verschiedenen Meinungen in der Frage gegenseitig zur Sprache zu bringen.

2.. Abgenuzte Münzen.

Die Konferenz hat sich vielfach mit der Frage der Abnuzung der Goldmünzen beschäftigt, um sich einerseits über die Integrität des Goldumlaufes in der Union und andererseits über die Kosten Rechenschaft zu geben, welche die zum Zweke der Wiederherstellung dieser Integrität vorzunehmende Zurükziehung und das Umschmelzen derjenigen Stüke erfordern würde, deren Gewicht 1 /2 °/o unter die Fehlergrenze gesunken ist (Art. 2 des Vertrages).

Ueber diese Frage besizt man folgende Daten : 1) Versuche, die im Januar und Februar 1868 unter der Leitung des Herrn Feer-Herzog von mehreren Banken in der Schweiz angestellt wurden.

Dieselben haben folgendes Resultat geliefert: a. Die jährliche Abnuzung der Zwanzigfrankeustüke aus den beiden Dezennien 1848 bis 1867 beträgt im Durchschnitte 200 Millionstel oder 2 Zehntausendstel des gesezlichen Gewichts. Diese jährliche Abnuzung ist nicht eine konstante ; sie vermindert sich, wenn die hervorspringendsten Theile des Stükes abgenuzt sind.

Es sind daher zu einer Gewichtsverminderung von */2 °/o durchschnittlieh wenigstens 30 Jahre erforderlich.

b. Die jährliche Abnuzung der Zehnfrankenstüke von 1830 bis 1867 schwankt zwischen 401 und 467 Millionstel. Nimmt

511 man eine Abnuzung im gleichen Verhältnisse wie bei den Zwanzigfrankenstücken an, so würden 13 bis 15 Jahre erforderlich sein, um einen Gewichtsverlust von lk °/o herbeizuführen.

c. Die jährliche Abnuzung der Fünffrankenstüke (1855 bis 1867) scheint 620 Millionstel zu betragen.

2) Versuche, die von Herrn Froste in der Straßburger Münze angestellt wurden.

Diese Versuche haben sich auf 30,000 Zwanzigfrankenstüke, die sich gleichmäßig auf die Jahrgänge 1851 bis 18(50 vertheilten, erstrekt und ergaben ein in bemerkenswerther Weise mit den schweizerischen Versuchen übereinstimmendes Resultat, nämlich 209 Millionstel mittlerer jährlicher Abnuzung.

Herr Froste, indem er diesen durch Abnuzung entstandenen Verlust zu der gesezlichen Gewichtstoleranz addirte, sagt, daß ein Zwanzigfrankenstük durchschnittlich nach einer 33jährigen Circulation in den Zustand gelange, in dem es gemäß Art. 2 des Vertrages ausgeschlossen werden müsse.

3) Versuche, die unter der Leitung des Herrn Dumas, gewesenen Präsidenten der Commission des monnaies auf der Bank von Frankreich, im Jahre 1868 angestellt wurden.

Diese mit sehr großer Genauigkeit an 10,000 Zwanzigfrankenstüken vorgenommenen Versuche ergaben folgende Resultate : D u r c h s c h n i t t l i c h e V e r m i n d e r u n g d e s r i c h t i g e n Gewichts in T a u s e n d s t e l n : Erstes Kaiserreich Louis XVin Charles X .

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Louis-Philippe .

1848--1852 1853--1857 1858--1862 1863--1867

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.5,8 5,7 .6 , 3 . 4 , 9 3,o 2,6 1,7 0,6

Aus diesen Versuchen läßt sich offenbar das gleiche Gesez, wie aus den beiden andern herleiten, nämlich eine jährliche Abnuzung von ungefähr 2 Zehntausendstel des richtigen Gewichts, welche mit der Zeit sich vermindert und nach 50 bis 60jähriger Circulation sich ungefähr um die Hälfte reduzirt.

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Es ergibt sich ferner daraus, daß der Durchschnitt der Stüke jeder Periode über der Grenze der Abnuzungstoleranz geblieben ist, welche nach Art. 2 des Vertrages 7 Tausendstel beträgt.

1,82 % sämmtlicher Stüke ist unter dieser Grenze. Nehmen wir statt dieses Resultats die runde Ziffer von 2 °/o, so finden wir, daß zur vollständigen Wiederherstellung der Integrität eines Münzkapitals von 4 Milliarden in Zwanzigfrankenstüken eine Summe von i Million erforderlich wäre, wovon slt auf die Prägungskosten und 1 k auf das zuzusezende Gold fallen.

Die Hauptfrage wird schließlich immer bleiben, wer den durch Abnuzung entstandenen Verlust tragen soll.

Das englische und das italienische Gesez, sowie das schweizerische Gesez über die Goldmünzen legen diesen Verlust dem Inhaber auf; das deutsche und das skandinavische Gesez und das schweizerische Gesez über die Silbermünzen von 1850 bestimmen, daß der Staat ihn zu tragen habe. In Frankreich, Belgien und in den Vereinigten Staaten übergeht das Gesez diesen Punkt mit Stillschweigen.

Da die Goldmünzen ihrer Natur nach wesentlich kosmopolitische Münzen sind, indem sie beständig auf der Wanderung sich befinden, und da der Staat, der sie schlägt, sich einfach auf den Bezug der Prägungskosteu beschränkt und keinen Gewinn oder Schlagschazgebühr dabei realisirt, so scheint es uns das Richtigste zu sein, daß der Inhaber den durch Abnuzung entstandenen Verlust trage.

IV. Erklärung über die Silberfabrikation im Jahre 1879.

Der neue Vertrag tritt erst mit dem 1. Januar 1880, auf welchen Zeitpunkt der Vertrag von 1865 auslaufen wird, in Kraft.

Die im Jahre 1876 zum Zweke der Reduktion der Ausprägung von Fünffrankenthalern getroffenen Vereinbarungen hatten für ein Jahr Geltung. Man hatte sich einfach auf dem Korrespondenzwege dahin verständigt, daß man im Jahre 1877 «ich auf die Münzscheiue beschränken wolle, welche für die Hälfte des Kontingents von 1876 zum voraus ausgegeben worden waren, und daß 1878 kein Silber ausgeprägt werden solle, mit Ausnahme eines außerordentlichen Kontingents von 9 Millionen, welches zu Gunsten Italiens bewilligt wurde. Es mußte daher noch die Situation von 1879 geregelt werden.

513 Indem das Kabinet von Rom erklärte, daß es in die Einstellung der Silberausprägung in -den Jahren 1880 bis 1886 einwillige, verlangte es als unumgänglich nothwendig ein Kontingent von 20 Millionen für 1879. Dieses Begehren, wurde damit begründet, daß man wünsche, Fünffrankenthaler mit dem Bildnisse des neuen Souveräns von Italien zu schlagen, daß man in Paris Zahlungen für die auswärtige Schuld zu machen habe, und namentlich daß eine gewisse Zahl alter bourbonischer Münzen umgeschmolzen werden müsse. Die Delegirten Italiens waren beauftragt, zu erklären, daß noch für 80 bis 100 Millionen solcher Münzen existiren.

Es wurde bemerkt, daß im Jahre 1874 die bourbonischen Münzen von Herrn Senator Magliani, damaligem Kommissär Italiens bei der Konferenz, auf 40 Millionen geschäzt worden seien, und daß man seither Italien bereits mehrere Kontingente zum Zweke des Rükzugs dieser Münzen bewilligt habe. Man fügte bei, daß die Union Gründe haben könne, die bourbonischen Münzen, die nur in Italien kursiren, den Dezimalmünzen vorzuziehen, welche in den fünf Staaten zirkuliren können. Es wurde Italien angerathen, zuerst diese Münzen definitiv zurükzuziehen und nach erfolgtem Rükzuge ihre Summe anzugeben. Man erklärte sich auch bereit, der italienischen Regierung für 20 Millionen alte Fünffrankenthaler abzutreten, welche dann mit dem Bildnisse des Königs Humbert I geschlagen werden könnten. Diese ziemlich plausibeln Argumente drangen nicht durch, und da es sich um eine Frage handelte, die im Vergleich zu dem erreichten allgemeinen Ergebnisse von untergeordneter Bedeutung war, bewilligte die Konferenz Italien für 1879 ein spezielles Kontingent von 20 Millionen. Alle übrigen Staaten werden auch fernerhin von einem Gewinn auf der Silberausprägung absehen.

V. Schlüsse.

Der neue am 5. vorigen Monats unterzeichnete Vertrag scheint uns die meisten Punkte zu enthalten, welche unsere Delegirten unserm Auftrage gemäß verlangen sollten.

1) Er behält die Union im Allgemeinen bei; 2) seine Dauer ist in einer Weise bestimmt, die ebensowohl der provisorischen Sachlage als den Anforderungen entspricht, welche die kontrahirenden Staaten im Interesse ihrer freien Bewegung stellen müssen ; Bundesblatt. 30. Jahrg. Bd. IV.

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514 3) er entscheidet in keiner Weise über die Währungsfrage und läßt eine Situation unberührt, in Bezug auf welche man nach Ablauf des Vertrages definitive, auf dem Marktpreise der edeln Metalle beruhende Schlußnahmen fassen kann; 4) er stellt während seiner ganzen Dauer die Ausprägung der Silberthaler ein und trägt dadurch zur Erhaltung des Goldvorrathes der lateinischen Union bei; 5) er erleichtert die Wiederherstellung regelmäßiger Zustände in Bezug auf die italienischen Silberscheidemünzen, welche aus unserer Zirkulation ausgeschlossen werden, damit sich ihr Umlauf auf Italien beschränken müsse.

Wir glauben daher, Ihnen den Hauptvertrag, sowie auch die Erklärung und das Uebereinkommen, welche ihm beigegeben sind, zur Genehmigung empfehlen zu dürfen, da dieselben mit unsern Interessen und mit den von der hohen Bundesversammlung wiederholt gebilligten Grundsäzen unserer Politik in Münzangelegenheiten im Einklänge stehen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 6. Dezember 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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(Entwurf)

Bimdesbeschluss betreffend

die Genehmigung von Münzverträgen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. Christmonat 1878, beschließt: 1. Es wird die vorbehaltene Genehmigung ertheilt : a. dem Münzvertrag, b. dem Uebereinkommen betreffend Vollziehung des Art. 8 des Münz Vertrages, c. der Deklaration betreffend die Prägung von SiJbermünze (Fünffrankenstüken) während des Jahres 1879, abgeschlossen in Paris unterm 5. Wintermonat 1878 zwischen der Schweiz, Belgien, Prankreich, Italien und Griechenland.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die am 5.

November 1878 in Paris unterzeichneten Münzkonventionen. (Vom 6. Dezember 1878.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1878

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

56

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.12.1878

Date Data Seite

497-515

Page Pagina Ref. No

10 010 177

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