225

# S T #

Uebereinkunft betreffend

den Austausch von Geldanweisungen, abgeschlossen

zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Egypten, Frankreich und den französischen Kolonien, Italien, Luxemburg, Norwegen, Niederland, Portugal, Rumänien, Schweden und der Schweiz.

Die Unterzeichneten, Bevollmächtigte der Regierungen der oben aufgeführten Länder, haben, nach Einsicht von Art. 13 der in Paris den 1. Juni 1878 für die Revision des Fundamentalvertrags des allgemeinen Postvereins abgeschlossenen Convention und unter Vorbehalt der Ratifikation folgendes Uebereinkommen abgeschlossen.

Art. 1.

Der Austausch von Geldsendungen mittelst Postanweisungen zwischen denjenigen vertragschließenden Ländern, welche sich für Einführung dieses Dienstzweiges einigen, unterliegt den Bestimmungen der gegenwärtigen Uebereinkunft.

Art. 2.

1. Es wird Geldanweisungen bezahlen und an waltung hat die

im Grundsaze festgestellt, daß der Betrag der in klingender Münze von den Aufgebern einzudie Berechtigten auszubezahlen ist; aber jede VerBefugniß, zu diesem Belaufe für sich selbst Papier-

226 geld, welches in ihrem Lande gesezlichen Kurs hat, zu empfangen und zu verwenden, wobei vorkommenden Falls die Kursdifferenz zu berüksichtigen ist.

2. Keine Anweisung darf die Summe von 500 effektiven Franken oder eine entsprechende Summe in der betreffenden Währung jedes Landes übersteigen.

3. Wenn die betheiligten Verwaltungen nicht eine Vereinbarung in anderm Sinne treffen, so ist der Betrag jeder Anweisung in der Metallwährung des Auszahlungslnndes auszudrüken. Zu diesem Behufe bestimmt die Verwaltung des Ursprungslandes vorkommenden Falls selbst den Saz für die Umwandlung von ihrer Währung in diejenige des Bestimmungslandes.

4. Jedem der vertragschließenden Länder ist das Recht vorbehalten, auf seinem Gebiete die von einem andern dieser Länder herkommenden Anweisungen durch Endossement übertragbar zu erklären.

Art. 3.

1. Die vom Versender für jede Geldanweisung, welche gemäß dem vorhergehenden Artikel gemacht wird, zu bezahlende allgemeine Taxe ist, in Metallwährung, auf 25 Centimen für je Fr. 25, oder auf den entsprechenden Betrag in der betreffenden Währung der kontrahirenden Länder festgesezt.

Die Verwaltungen der vertragschließenden Länder sind indessen ermächtigt, für die Fr. 50 nicht übersteigenden Anweisungen 50 Centimen als Minimum zu beziehen.

2. Die Verwaltung, welche die Anweisungen ausgestellt hat, vergütet derjenigen, welche sie bezahlt, die Hälfte des Ertrags der gemäß vorstehendem Paragraph bezogenen Taxe.

3. Die Geldanweisungen und die auf denselben ertheilten Quittungen . sowie die den Einzahlern ausgestellten Empfangscheine können zu Lasten der Versender oder der Empfänger außer der in § l des gegenwärtigen Artikels vorgesehenen Taxe keiner Gebühr oder Taxe irgend welcher Art unterworfen werden, ausgenommen jedoch die Factagegebühr für die Bezahlung in der Wohnung, wo dies vorkommt.

Art. 4.

1. Die Postverwaltungen der vertragschließenden Länder stellen, an den durch das Ansführungsreglement festgesezten Zeit-

227

punkten, die Rechnungen auf, in welchen alle von ihren betreffenden Bureaux bezahlten Summen und die für die Ausstellung von Geldanweisungen bezogenen Taxen zusammengefaßt werden. Diese Rechnungen werden nach kontradiktorischer Prüfung und Feststellung innert der durch das Reglement festgestellten Frist durch die schuldnerische Verwaltung saldirt und zwar, wenn nicht eine gegentheilige Verabredung besteht, in der Metallwährung des Landes, welches zu fordern hat.

2. Zu diesem Behufe wird, wenn die Ausbezahlung der Geldanweisungen in verschiedenen Währungen erfolgt ist, die schwächere Forderung in die gleiche Währung umgewandelt, auf welche die höhere Forderung lautet, wobei als Umwandlungsfuß der während der Rechnungsperiode sich ergebende mittlere Börsenkurs der Hauptstadt des schuldnerischen Landes anzunehmen ist.

3. Wenn ein Rechnungssaldo innert der festgesezten Fristen nicht bezahlt wird, so wird der Betrag dieses Saldo's zinstragend vom Tage des Ablaufs dieser Fristen bis zum Tage der Bezahlung.

Die Zinse werden zu 5°/0 per Jahr berechnet und auf die nächstfolgende Rechnung zu Lasten der gaumigen Verwaltung getragen.

Art. 5.

1. Den Einzahlern wird für die in Geldanweisungen umgewandelten Summen Garantie geleistet bis zum Augenblike, wo diese Summen den Adressaten oder ihren Bevollmächtigten regelmäßig ausbezahlt worden sind.

2i Der Postverwaltung des Aufgabelandes verbleiben endgültig die Summen, welche sie auf solchen Geldanweisungen einkassirt hat, deren Betrag von den Berechtigten nicht innert den durch die Geseze oder Réglemente des Aufgabelandes festgesezten Fristen verlangt worden ist.

Art. 6.

Die Festsezungen des gegenwärtigen Vertrages beschränken nicht die Befugniß der vertragschließenden Theile, besondere Uebereinkommen unter sich bestehen zu lassen und neu abzuschließen, sowie engere Vereine aufrecht zu erhalten und neu zu gründen zum Zweke des Austausches von Geldanweisungen auf telegraphischem Wege und der Verbesserung des internationalen Geldanweisungsdienstes überhaupt.

228

Art. 7.

Jede Verwaltung kann, unter besondern die Maßregel rechtfertigenden Umständen, den internationalen Geldanweisungsdienst, ganz oder theilweise, vorübergehend aufheben, unter der Bedingung, daß sie hievon unverzüglich, und wenn nöthig mittelst des Telegraphen, der oder den betheiligten Verwaltungen Kenntniß gebe.

Art. 8.

Den Vereinsländern, welche am Abschluß des gegenwärtigen Uebereinkommens nicht theilgenommen haben, ist auf ihr Verlangen gestattet, demselben beizutreten, und zwar in der durch Art. 18 des Vertrages vom 1. Juni 1878 betreffend die Aufnahmen in den Weltpostverein vorgesehenen Form.

Art. 9.

Jede der Postverwaltungen der vertragschließenden Lä7ider bezeichnet, so weit es sie betrifft, die Bureaux, welche die in den vorhergehenden Artikeln erwähnten Geldanweisungen auszustellen und auszubezahlen haben. Die kontrahirendeu Verwaltungen ordnen die Form und den Ueberlieferungsmodus der Geldanweisungen, die Form der in Art. 4 vorgesehenen Rechnungen und überhaupt Alles, was nothwendig ist, um die Vollziehung der gegenwärtigen Uebereinkunft zu sichern.

Art. 10.

In der Zeit zwischen den durch Art. 19 des Vertrages vom 1. Juni 1878 vorgesehenen Zusammenkünften hat jede Postverwaltung der vertragschließenden Länder das Recht, den andern betheiligten Verwaltungen durch Vermittlung des internationalen Postbureau Anträge betreffend den Geldanweisungsdienst zu unterbreiten. Um zum Vollzuge zu gelangen, müssen diese Anträge auf sich vereinigen: 1) Einstimmigkeit, wenn es sich um Abänderung der Art. l, 2, 3 , 4 , 10 und 11 dev gegenwärtigen Uebereinkunft handelt; 23 zwei Dritttheile der Stimmen, wenn es sich um die Abänderung anderer Bestimmungen als derjenigen der Art. l, 2, 3, 4, 10 und 11 handelt; 3) einfache Stimmenmehrheit bei Fragen über Auslegung der Bestimmungen der gegenwärtigen Uebereinkunft.

229 Die gültigen Beschlüsse werden festgestellt : in den ersten zwei Fällen durch eine diplomatische Erklärung, im dritten Falle durch eine administrative Kundgebung, in der durch das lezte Alinea von Art. 20 des Vertrages vom i. Juni 1878 angegebenen Form.

Art. 11.

1) Gegenwärtige Uebereinkunft tritt mit dem 1. April 1879 in Kraft.

2) Dieselbe ist gleichzeitig mit dem Vertrage vom 1. Juni 1878 zu ratifiziren und hat die gleiche Dauer wie lezterer, unbeschadet des jedem Lande vorbehaltenen Rechtes, von dieser Uebereinkunft zurükzutreten auf eine, ein Jahr zum Voraus durch seine Regierung der Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft abgegebene Erklärung.

3) Vom Tage der Vollziehung der gegenwärtigen Uebereinkunft an treten alle früher zwischen den verschiedenen Regierungen oder Verwaltungen der kontrahirenden Theile vereinbarten Bestimmungen außer Kraft, insoweit sie unvereinbar sind mit dem Wortlaute des gegenwärtigen Uebereinkommens, Alles unbeschadet der durch Art. 6 vorbehaltenen Rechte.

4) Gegenwärtige Uebereinkunft ist so bald als möglich zu ratifiziren. Die Ratifikationsurkunden sind in Paris auszuwechseln.

Kraft dessen haben die Bevollmächtigten der obgenannten Länder die gegenwärtige Uebereinkunft unterzeichnet in Paris den vierten Brachmonat eintausend acht hundert und achtundsiebzig.

Für die Schweiz :

Dr Kern.

Ed. Höhn.

Für Deutschland :

Dr Stephan.

Günther.

Sachse.

Für Oesterreich : Dewez.

Für Ungarn:

Gervay.

Für Belgien :

J. Yinchent.

F. Gife.

Für Dänemark :

Schon.

_, _, Für EsyP^ A. Gaillard.

Für Frankreich:

Léon Say.

Ad. Cochery.

A. Besuier.

230 Für die französischen Kolonien : Für Niederland :

E. Boy.

Für Italien: G. B. Tantesiö.

Für Luxemburg: T. de Bcebe.

Für Norwegen: Chr. Hefty.

Hofstede.

Baron Sweerts de LandasWyborgh.

Für Portugal: G. A. de Barros.

Für Rumänien:

C. F. Bobesco.

Für Schweden:

W. Boos.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Uebereinkunft betreffend den Austausch von Geldanweisungen, abgeschlossen zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Egypten, Frankreich und den französischen Kolonien, Italien, Luxemburg, Norwegen, Niederland, Portugal, Rumänien, S...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1878

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

33

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.07.1878

Date Data Seite

225-230

Page Pagina Ref. No

10 010 031

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.