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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des gewesenen Wachtmeisters Karl Fischer, von Genf.

(Vom20. November 1878.)

Tit. !

Das Kriegsgericht des I. Divisionskreises verurtheilte unterm 3. Mai abhin den wegen Insubordination eingeklagten Karl Fischer von Genf, Wachtmeister der 3. Kompagnie des Füsilierbataillons Nr. 11, zu jener Zeit in der Infanterierekrutenschule Nr. l Genf: 1. zu einer Gefängnißstrafe von einem Jahr; 2. zur Degradation; 3. zu einer fünfjährigen Einstellung im Aktivbürgerrecht ; 4. zur Tragung von Fr. 32 Kosten für Zeugenentschädigung.

Die thatsächlichen Verhältnisse dieses Falles sind folgende : Am 26. April, Nachmittags, befand sich der angeklagte Fischer mit seiner Kompagnie bei einer Schießübung auf dem Plan-lesOuates. Der die gleiche Kompagnie kommandirende Hauptmann Jules Roy war genöthigt, dem Wachtmeister Fischer wegen eines Disziplinarfehlers eine Freiheitsstrafe von 4 Tagen Cachot zu diktiren, worauf dieser sofort aus Reih und Glied heraustrat, und troz wiederholter Aufforderung von Seite seines Hauptmanns, seinen

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Plaz in der Mitte seiner Kompagnie wieder einzunehmen, sich öffentlich und hartnäkig diesem Befehle widersezte, wobei er grobe Beleidigungen und Drohungen gegen seine Vorgesezlen ausstieß.

Der Chef der Kompagnie, Herr Hauptmann Roy, konnte diesen Auftritt nicht länger dulden und befahl dem Lieutenant de Vallière, sich mit seiner Sektion des Fischer zu bemächtigen und denselben in's Cachot zu führen. Da aber Fischer sich nicht ergeben wollte und selbst drohte, den ersten, der sich ihm nähere, zu Boden zu schlagen, so war man genöthigt, ihn durch die Mannschaft einschließen und entwaffnen zu lassen; nichts desto weniger fuhr er fort, Hauptmann Roy und Lieutenant de Vallière zu beschimpfen und zu bedrohen.

Infolge dessen wurde Wachtmeister Fischer angeklagt: 1} Einem von seinem Hauptmann im Instruktionsdienst an ihn besonders gerichteten Dienstbefehle bewaffnet, öffentlich und beharrlich sich widersezt, 2) zwei seiner militärischen Vorgesezten im Instruktionsdienste am gleichen Tage in Waffen absichtlieh beschimpft und bedroht zu haben, worauf das Kriegsgericht, unterm 3. Mai in Genf versammelt, gemäß Artikel 61, 63, 65 und 34 des Strafgesezbuches für die eidgenössischen Truppen vom 27. August 1851, das Eingangs erwähnte Urtheil über Fischer fällte, welches sodann der Regierung des Kantons Genf zum Strafvollzuge zugestellt worden ist.

Unmittelbar nach Ausfällung dieses Urtheils reichte Fischer ein Begnadigungsgesuch ein, auf welches jedoch von Ihnen unterm 13. Juni auf unsern Antrag hin für einmal nicht eingetreten wurde.

Unterm 4. November reichte Fischer ein neues Begnadigungsgesuch ein, in welchem er, neben Berufung auf sein gutes Verhalten in der Strafanstalt, namentlich geltend macht, es dürfte die bereits ausgehaltene Strafe hinreichend sein, das von ihm begangene Vergehen zu sühnen.

Das Gericht hatte den Art. 65, erstes Lemma, des Strafgesezbuches angewendet und die h ö c h s t e Strafe ausgesprochen, welche nach dieser Gesezesbestimmung ausgesprochen werden konnte, wenn angenommen werden muß, daß die That im Instruktionsdienste geschehen sei.

Gegenüber dem richterlichen Ermessen, welches in keiner Weise durch eine harte Gesezesvorschrift beeinträchtigt worden

389 ist, hält es schwer, eine Begnadigung zu befürworten, und wir müssen denn auch um so mehr Abweisung des Gesuches beantragen, als es sich im vorliegenden Falle um ein Vergehen gegen die Disziplin handelt, welches selbst im Instruktionsdienste strenge Ahndung erheischt.

B e r n , den 20. November 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des gewesenen Wachtmeisters Karl Fischer, von Genf. (Vom 20.

November 1878.)

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1878

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07.12.1878

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387-389

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