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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den zwischen den Gesellschaften der Zürichsee-Gotthardbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen über den Betrieb der Eisenbahnstreke Rappersweil-Pfäffikon abgeschlossenen Vertrag.

(Vom 14. Februar 1878.)

Tit.!

Der Verwaltungsrath der Zürichsee-Gotthardbahn sucht mit Eingabe vom 5. dies um die Genehmigung eines unterm 17. Novembe1875 und 10./15. Januar dieses Jahres mit den Vereinigten Schweizer bahnen betreffend den Betrieb der Eisenbahnstreke RappersweilPfäffikon abgeschlossenen Vertrages nach, und zwar wünscht er dringend, daß diese Genehmigung schon in Ihrer gegenwärtigen Session ausgesprochen werden möchte, weil gemäß einem zwischen den gleichen Parteien bestehenden Vertrage die Vereinigten Schweizerbahnen verschiedene ihr zur Bewerkstelligung des Anschlusses im Bahnhof Rappersweil obliegende Arbeiten erst nach Genehmigung des Betriebsvertrages an Hand nehmen müssen, nach dem Stand der übrigen Arbeiten aber die Linie Rappersweil-Pfäffikon schon im Anfang des nächsten Juli eröffnet werden könnte, eine Verschiebung der Genehmigung also die Inbetriebsezung jener Streke um eben so lange Zeit verzögern würde.

281 Nachdem die Regierungen der beiden betheiligten Kantone zur Vernehmlassung über das Gesuch eingeladen worden sind, und von ihnen die telegraphische Anzeige vorliegt, daß sie gegen die Genehmigung des Vertrages keine Einwendung erheben, beehren wir uns, Ihnen mit Folgendem Bericht und Antrag zu hinterbringen.

Aus dem Vertrage, welcher offenbar dem in der lezten Session von Ihnen genehmigten Betriebsvertrage betreffend die Linie WaldRüti vom 11. Mai 1876 zum Muster gedient hat, heben wir in kurzer Zusammenfassung hervor, was für die Staatsverwaltung wesentlich in Betracht fällt.

Nach Vollendung der Bahnlinie Rappersweil-Pfäfflkon und nach befriedigendem Befund des Baues und aller Einrichtungen übernehmen die Vereinigten Schweizerbahnen den Betrieb der genannten Linie mit ihrem eigenen Betriebsmaterial und unter Gestattung unentgeltlicher Mitbenuzung ihres Bahnhofes Rappersweil. Sie besorgen die Ausführung von täglich 5 (wenn auch Personenwagen I. Klasse verwendet werden müßten, von täglich 4) Zügen in jeder Richtung; die Zürichsee-Gotthardbahn kann, gegen fest normirte Entschädigung, noch weitere regelmäßige Züge, im Maximum 7, verlangen. Die Vereinigten Schvveizerbahnen besorgen überhaupt den ganzen Fahr- und Zugkraftdienst, sodann auch den gesammten Dienst auf der Station Rappersweil, die Beaufsichtigung und den gewöhnlichen Unterhalt der Eisenbahn und ihrer Zubehörden, inbegriffen gewisse, genau bestimmte Theile des Seedammes, alle auf den Personen-, Gepäck-, Vieh- und Güterverkehr bezüglichen Geschäfte und Angelegenheiten, im Besondern auch, in den Schranken gewisser Hauptregeln, die Erstellung sämmtlicher Tarife; von diesen Regeln glauben wir besonders herausheben zu sollen folgende : ,,Die Betriebsgesellschaft ist nicht verpflichtet, im Güterverkehr Tarife, beziehungsweise Verkehre zu erstellen und einzuführen, wodurch der Verkehr von ihren eigenen Linien abgelenkt werden könnte." -- Die Vereinigten Schweizerbahnen erstellen die Fahrpläne, welche in der "Weise einzurichten sind, daß die Züge der Bahnstreke Rappersvveil-Pfäffikon vorzugsweise mit den in Rappersweil ankommenden und abgehenden Zügen der Vereinigten Schweizerbahnen influirei!.

Die Betriebseinnahmen fallen der Gesellschaft der ZürichseeGotthardbahn zu. Dagegen bezahlt diese den Vereinigten Schweizerbahnen fixe Entschädigungen
pro Jahr und Bahnkilometer, resp.

pro Maschinenkilometer, und vergütet ihnen ferner die Kosten für eine Reihe weiterer, speziell aufgeführter Leistungen. Die Rechnungsstellung und Ausgleichung der Saldi erfolgt allmonatlich.

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Nach Ablauf des Vertrages hat die Betriebsgesellschaft die Bahnstreke Rappersweil-Pfäffikon der Zürichsee-Gotthardbahn in gutem betriebsfähigem Zustand wiederum zu übergeben.

Der Betrieb durch die Vereinigten Schweizerbahnen dauert von dem Tage der Eröffnung der in Rede stehenden Streke an bis zu dem Tage, an welchem die Zürichsee-Gotthardbahn den Betrieb auf der ganzen Linie Rappersweil-Brunnen eröffnen wird, mit dem Vorbehalt der Möglichkeit für jede Gesellschaft, die Abänderung der auf die Zahl der täglichen Züge und die Entschädigung der Vereinigten Schweizerbahnen bezüglichen Bestimmungen zu verlangen.

In Verbindung mit dem Betriebs vertrage und mit Rüksicht auf ihn wurde unter den gleichen Daten noch ein Vertrag über verschiedene bauliche Verhältnisse der Streke Rappersweil-Pfäffikon und über deren Anschluß an die Vereinigten Schweizerbahnen in Rappersweil, resp. über die jeder Gesellschaft behufs Bewerkstelligung dieses Anschlusses obliegenden baulichen und finanziellen Leistungen abgeschlossen.

Dieser leztere Vertrag kommt für die Bundesbehörden nicht in Betracht, da die Gesellschaft der Zürichsee-Gotthardbahn für den Bau ihrer Linie zunächst und einzig verantwortlich bleibt.

Der Betriebsvertrag sodann widerspricht im Allgemeinen jedenfalls den öffentlichen Interessen nicht. Nachdem kraft der bei Genehmigung von Betriebsverträgen üblichen Formel der Konzessionsinhaber in lezter Linie auch für den Betrieb haftbar bleibt, so können, wenn eine alte Gesellschaft es übernimmt, in erster Linie für gewisse Konzessionspflichten einzustehen, die Garantien für deren richtige Erfüllung nur verstärkt werden.

Einen Vorbehalt scheint uns indessen die oben herausgehobene Bestimmung betreffend Tarifbildung nöthig zu machen, weil sie unter Umständen zu Widersprüchen mit dem Artikel 33 des Eisenbahngesezes und Artikel 2 des Transportgesezes führen könnte.

Es empfiehlt sich, den Vorbehalt allgemein zu fassen, damit er gegebenen Falles noch gegen einige andere Bestimmungen gerichtet werden kann, deren Uebereinstimmung mit den Bundesgesezen nicht außer allem Zweifel steh.

Noch nach einer andern Richtung muß unseres Erachtens der Genehmigung des vorliegenden Vertrages von vornherein der präjudizielle Charakter benommen werden. Die Streke RappersweilPfäffikon nämlich bildet nur einen Theil der Linie RappersweilBrimnen. Wenn auch für die Sektion Pfäffikon-Brunnen durch die

283Bundesbeschlüsse vom 16. Dezember .1875 und 27. März 1877 besondere Fristen für Finanzausweis, Bauvorlagen, Baubeginn und Vollendung gewährt worden sind, so haben doch die beiden Sektionen keine selbstständige Existenz erhalten, sind vielmehr durch ein und dieselbe Konzession mit einander verbunden und von ein ander in ihrem Schiksal abhängig, so daß also die Nichterfüllung der Konzessionspflichten (des Finanzausweises z. B.) bezüglich der Linie Pfäffikon-Brunnen auch den Dahinfall der Konzession für die Linie Rappersweil-Pfäffikon zur Folge hätte. Der Bundesrath ist schon mehrfach im Falle gewesen, diesen Thatbestand gegenüber Akten, welche denselben zu verwischen geeignet waren, zu konstatiren ; er glaubt, auch bei dieser Gelegenheit müssen die Parteien an die Sachlage erinnert werden, um so eher, als in dem Schreiben, womit der Verwaltungsrath der Unternehmung der Zürichsee-Gotthardbàhn um Genehmigung nachsucht, bereits die Rede ist von dem Eintreten des Falles, daß die Fortsezung der Linie, die Sektion Pfäffikon-Brunnen, niemals gebaut, daß daher der Betriebsvertrag für die ganze Dauer der Konzession gelten werde.

Gemäß den vorstehenden Erörterungen beantragen wir Ihnen Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes und versichern Sie, Tit., auch bei diesem Anlaße wieder unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 14. Februar 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d en t:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den zwischen den Gesellschaften der Zürichsee-Gotthardbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen über den Betrieb der Eisenbahnstreke Rappersweil-Pfäffikon abgeschlossenen Vertrag.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches des Verwaltungsrathes der Zürichsee-Gotthardbahn vom 5. Februar 1878; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 14. Februar 1878, beschließt: 1. Dem zwischen der Generaldirektion der Vereinigten Schweizerbahnen und der Zürichsee-Gotthardbahn-Gesellschaft am 17. November 1875 abgeschlossenen und durch Uebereinkunft vom 10./15. Januar 1878 ergänzten, resp. theilweise abgeänderten Vertrage über den Betrieb der Bahnstreke Rappersweil-Pfäffikon wird unter folgenden Vorbehalten die Genehmigung ertheilt: a. Durch den Vertrag und dessen Genehmigung kann den durch Bundesgeseze und die Konzessionen begründeten Rechten des Bundes keinerlei Eintrag geschehen.

b. Die Gesellschaft der Zürichsee-Gotthardbahn bleibt auch bezuglich der den Betrieb angehenden gesezlichen und konzessionsmäßigen Pflichten im Sinne von Artikel 28 des Bundesgesezes vom 23. Dezember 1872, betreffend den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, für die Eisenbahnstreke RappersweilPfäffikon verantwortlich.

c. Die Einheit der Konzession vom 25. Juni 1874 für die Linie Rappersweil-Pfäffikon-Brunnen bleibt aufrecht erhalten.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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[Bericht der

Kommission des Ständerathes über den Rekurs des Municipalrathes Delsberg gegen den Beschluss des Bundesrathes vom 7. September 1877 in Sachen der S c h w e s t e r n M a r i a n n a und K a t h a r i n a S c h a c h e r in Delsberg, betreffend Bestrafung wegen Vorkaufs von Lebensmitteln.

(Vom 14. Februar 1878.)

Tit. !

Die Schwestern Marianna und Katharina Schacher, Gemüsehändlerinnen in Delsberg, sind am 25. Juli 1877 vom dortigen Polizeirichter, gestützt auf Artikel 202 des Polizeireglements von Delsberg, wegen Vorkaufs von Lebensmitteln zu einer Buße von 8 Franken und Tragung der Kosten im Betrage von Fr. 7. 60 verurtheilt worden.

Mit Zuschrift vom 3. August rekurrirten die Schwestern Schacher gegen dieses Urtheil an den Bundesrath, welcher durch Schlußnahme vom 7. September 1877 den Rekurs für begründet erklärte und zugleich die Regierung von Bern anwies, für Revision

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23.02.1878

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280-285

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