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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend.

Konzession einer Drathseilbahn vom Brienzersee zum Hotel Giessbach.

(Vom 29. November 1878.)

Tit.!

Die Herren Gebrüder H au s e r, als Eigenthümer des Hotel Gießbach bei Brienz, beabsichtigen dieses Hotel durch eine Drathseilbahn mit der Landungsstelle der Dampfschiffe des benachbarten Brienzersees in Verbindung zu bringen.

Die Entfernung dieser Stelle vom Hôtel beträgt ungefähr 350, die Differenz der Höhenlage zwischen Hotel und See etwa 100 Meter. Die Bahn soll diese Höhe in einer geraden Linie mit einer gleichmäßigen Steigung von 28 °/o erreichen. Unter dieser Voraussezung fallen die ersten 160 Meter derselben auf gewachsenen Boden; für die übrigen 190 Meter aber bedarf es einer Ueberbrükung des hier sehr unregelmäßig ansteigenden Terrains.

Diese Ueberbrükung wird fünf Bogen mit je 38 Meter Spannweite erhalten und aus einer auf Steinpfeilern ruhenden Eisenkonstruktion bestehen. Der Oberbau wird, abgesehen von einer in die Mitte der Bahnlänge fallenden Ausweichvorrichtung, einspurig erstellt. Die Spurweite der Schienen soll l Meter betragen. In eine zwischen denselben anzubringende Zahnstange soll das Rad der einen Achse der -- dreiachsigen -- Transportwagen eingreifen, während die übrigen Räder auf den gewöhnlichen Schienen gehen.

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Die Bahn ist nur für den Transport von Personen und Reisegepäk bestimmt. Die Bewegung dieser Transporte von einem Ende der Bahn zum andern soll, abweichend von dem ursprünglichen Projekt, welches je einen Personen- und einen Gepäkwagen voraussah, durch zwei Personenwagen zu je 48 Sizplä/.en, wovon aber ein kleiner Raum zur Aufnahme des Gepäks ausgeschieden wird, geschehen, in der Art, daß jeder dieser Wagen am Ende eines Drathseiles befestigt wird, das um eine am obern Ende der Bahn fixirte Rolle läuft und daß je das Gewicht des einen -- abwävtsgehenden -- Wagens den andern Wagen aufwärts bewegen soll.

Das für den abwärts gleitenden Wagen nöthige Mehrgewicht kann durch Anfüllung und Entleerung des unterhalb jedem dieser Wagen angebrachten Wasserreservoirs beliebigo reeulirt werden. Die Zuesö O ~ geschwindigkeit soll nicht über 60 Meter per Minute betragen.

Zwei Zahnrad bremsen, die eine bei einem allfälligen Seil bruch automatisch wirkend, von denen jede für sich allein stark genug sein soll, um den Zug zum stehen zu bringen, sind an jedem Wagen angebracht.

Das zu verwendende Drathseil ist unter Annahme einer bei vollständig beseztem Zug vorkommenden Maximalspannung von 3200 Kilogramm auf zwölffache Sicherheit gerechnet.

Ein Expropriationsrecht beanspruchen die HH. Hauser nicht; soweit sie nicht selbst Eigenthümer des für die Ausführung des Unternehmens nöthigen Grund und Bodens sind, haben sie die erforderlichen Rechte bereits vertraglich erworben.

Ihrer ganzen Anlage nach ist die Bahn vorzugsweise für die das Hotel der HH. Hauser und die Gießbachfälle besuchenden Reisenden bestimmt.

Diesem Charakter entsprechend behalten sich auch die Unternehmer die gesammte Organisation des Fahrdienstes (Art. 7 des Konzessionsentwurt's) mit der einzigen Beschränkung vor, daß sie gehalten sind, während des Sommers mit jedem abgehenden oder ankommenden Dampfboot einen Zug in Verbindung zu bringen.

Auch soll nur eine Wagenklasse (Art. 8) mit einer einheitlichen Personentaxe (Art. 10) eingeführt werden, immerhin in der Meinung, daß die in der Konzession angegebene Trausportgebühr als eine Maximaltaxe anzusehen ist und es den Bahninhabern freisteht, dieselbe nach ihrem Ermessen zu reduziren. Eine Gepäktaxe wird nur erhoben, wenn der Inhaber der zu transportirenden Stüke nicht gleichzeitig den Zug benuzt.

Bau und Betrieb der Bahn werden unter die Oberaufsicht des Bundes gestellt (Art. l der Konzessionsbedingungen). Wenn wir

384 dabei sämmtliche das Eisenbahnwesen beschlagenden Geseze und Verordnungen als auf die Drathseilbahn anwendbar zu betrachten erklären, so wissen wir wohl, daß eine wörtliche Ausführung dieses Sazes Absonderlichkeiten mancher Art schaffen könnte; aber wir glauben voraussezen zu dürfen, daß die Behörden jeweilen in vernünftiger Weise prüfen werden, wie weit die allgemeinen gesezlichen Anordnungen auch auf der Gießbachbahn in Vollzug zu bringen sind, und wir erachten die allgemeine Vorschrift in diesem Sinn für richtiger, als eine Spezifikation von Ausnahmebestimmungen, die doch nicht alle Verumständungen vorhersehen können.

Für die unmittelbare Aufsicht über Bau und Betrieb sollen die Bestimmungen der Artikel 3, 5 und 6 gelten.

Die Petenten sind mit allen diesen Vorschriften, ebenso mit der Terminirung der Konzession auf 80 Jahre (Art. 2) einverstanden; auch die Regierung des Kantons Bern erhebt keine Einwendungen.

Weitere Bestimmungen glaubten wir mit Rüksicht auf den Charakter und Umfang des in Frage stehenden Unternehmens in den Entwurf der Konzession nicht aufnehmen zu sollen.

Was die Frage, welche allenfalls noch aufgeworfe'n werden könnte, ob für eine Bahn, wie die von den Petenten projoktirte es ist, überhaupt die Bundesgenehmigung erforderlich sei, anbetrifft, so scheint uns dieselbe schon um der Vorschrift dos Art. l des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872 willen bejahend beantwortet werden zu müssen; nicht weniger aber auch mit Rüksicht darauf, daß die Drathseilbahn am Gießbach, wenn sie auch in der Hauptsache die Zubehörde zu dem dortigen Gasthof ist, doch den Transport für eine große Anzahl von Personen vermitteln wird, so daß eine gehörige Ueberwachung unter allen Umständen auch ihre volle praktische Bedeutung hat.

Wir empfehlen Ihnen demgemäß die Genehmigung des nachfolgenden Beschlußantrages, und benuzen diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 29. November 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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(Entwurf)

Bimdesbeschluss betreffend

Konzession einer Drathseilbahn vom Brienzersee zum Hotel Giessbach.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches der Herren Gebrüder Hauser zum Gießbach bei Brienz, vom 24. Oktober 1878; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 29. November 1878, beschließt: Den Herren Gebrüder Hauser im Gießbaeh bei Brienz wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer mittelst Wasserkraft zu betreibenden Drathseilbahn vom Ufer des Brienzersees bis zu dem Gasthof zum Gießbach unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom i. Januar 1879 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Die Ausführung des ' Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrath vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung zu verlangen, wenn ihm eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebs geboten erscheint.

Art. 4. Bis spätestens am 1. Juni 1880 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

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Art. 5. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwaohuug der Baiin hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, ist behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 6. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche der Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 7. Die Gießbachbahn ist nur zur Beförderung von Personen und Reisendengepäk verpflichtet.

Die Zahl der täglich auszuführenden Züge, sowie deren zeitliche Anordnung ist dem Inhaber überlassen; doch soll während der Sommerperiode (15. Juni bis 15. September) jedenfalls mit jedem abgehenden und ankommenden Dampf boote ein Zug in Verbindung gesezt werden.

Art. 8. Für den Persouentransport besteht nur e i n e Wagenklasse, deren Typus durch den Bundesrath genehmigt werden muß.

Art. 9. Die Fahrgeschwindigkeit darf nicht mehr als 60 Meter per Minute betragen.

Art. 10. Die Taxe beträgt für die Fahrt aufwärts oder abwärts für eine erwachsene Person höchstens l Franken, für ein Kind unter 10 Jahren 50 Rappen. Die Bezahlung dieser Taxe berechtigt innerhalb der gleichen Saison zur einmaligen freien Fahrt in umgekehrter Richtung.

Das Gepäk, welches die die Bahn benuzenden Reisenden mit sich führen, wird unentgeldlich befördere.

Für Gepäk, dessen Inhaber den Zug nicht benuzt, beträgt die Taxe : bis auf 25 Kilogramm Gewicht 25 Rappen, über 25 ,, ,, 50 Art. 11. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession , welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des gewesenen Wachtmeisters Karl Fischer, von Genf.

(Vom20. November 1878.)

Tit. !

Das Kriegsgericht des I. Divisionskreises verurtheilte unterm 3. Mai abhin den wegen Insubordination eingeklagten Karl Fischer von Genf, Wachtmeister der 3. Kompagnie des Füsilierbataillons Nr. 11, zu jener Zeit in der Infanterierekrutenschule Nr. l Genf: 1. zu einer Gefängnißstrafe von einem Jahr; 2. zur Degradation; 3. zu einer fünfjährigen Einstellung im Aktivbürgerrecht ; 4. zur Tragung von Fr. 32 Kosten für Zeugenentschädigung.

Die thatsächlichen Verhältnisse dieses Falles sind folgende : Am 26. April, Nachmittags, befand sich der angeklagte Fischer mit seiner Kompagnie bei einer Schießübung auf dem Plan-lesOuates. Der die gleiche Kompagnie kommandirende Hauptmann Jules Roy war genöthigt, dem Wachtmeister Fischer wegen eines Disziplinarfehlers eine Freiheitsstrafe von 4 Tagen Cachot zu diktiren, worauf dieser sofort aus Reih und Glied heraustrat, und troz wiederholter Aufforderung von Seite seines Hauptmanns, seinen

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend. Konzession einer Drathseilbahn vom Brienzersee zum Hotel Giessbach. (Vom 29. November 1878.)

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Jahr

1878

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54

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07.12.1878

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382-387

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10 010 158

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