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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über eine Beschwerde der Elisabetha Baumann in Rechthalten (Freiburg), und anderer Schweiz. Aufenthalter, betreffend Aufenthaltsgebühren.

(Vom 10. Mai 1878.)

Tit.!

Im September vorigen Jahres haben mehrere Angehörige des Kantons Bern, an deren Spize eine E l i s a b e t h a Baumann von U e t e n d o r f , welche als Knechte und Mägde im Kanton Freiburg sich aufhalten, darüber sich beschwert, daß sie jedes Jahr ihre Aufenthaltsbewilligungen erneuern und dafür eine Gebühr von Fr. 3. 30 bezahlen müssen, während ihre Papiere in Ordnung seien und dem Kanton Freiburg eben so gut Sicherheit gewähren, als diejenigen der Niedergelassenen. Sie glaubten daher, daß sie auch Anspruch haben auf die Vortheile, welche die Niedergelassenen in Folge der neuen Bundesverfassung und unserer Entscheide über die Anwendung von Art. 45 derselben genießen, wonach die Niedergelassenen die Niederlassungsbewilligung nicht mehr erneuern müssen und nur im Falle eines Domizilwechsels im gleichen Kanton eine Kanzleigebühr zu bezahlen haben. (Kreisschreiben vom 6. Dezember 1875 und 31. Januar 1876, Bundesblatt 1875, IV, 1011 , und 1876 I, 245.)

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Nachdem die Regierung des Kantons Freiburg von dieser Beschwerde Kenntniß erhalten und die soeben erwähnten Entscheide, sowie noch von einigen andern (Bundesbl. 1876 II, 267, Zif'f. 13, und 1877 II, 526, Ziff. 11) mit der freiburgischen Gesezgebung verglichen hatte, machte sie von der am 11. Mai 1875 vom Großen Rathe erhaltenen allgemeinen Vollmacht, die kantonalen Vorschriften mit dem neuen Bundesrechte in Uebereinstimmung zu bringen, Gebrauch, indem sie die von den Aufenthaltern jährlich zu bezahlende Gebühr auf Fr. 1. 50 reduzirte, aber damit auch gleichzeitig an der jährlichen Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung festhielt. Der Große Rath des Kantons Freiburg genehmigte später diese Schlußnahme.

Indem wir den Petenten hievon Mittheilung machten, eröffneten \vir ihnen zugleich, daß wir in Sachen nichts weiter thun können, da ihnen bezüglich der Taxen im Sinne der gegenwärtigen bundesrechtlichen Praxis entsprochen worden sei, und die Frage betreffend die Dauer der Gültigkeit einer Aufenthaltsbewilliffunu; nicht nach O O C Vorschriften der Bundesverfassung erledigt werden könne, sondern nur durch ein Bundesgesez, das aber noch nicht in Kraft sei.

s Die Petenten glaubten jedoch hie hei sich nicht beruhigen, sondern unsern Entscheid auch noch an die Bundesversammlung ziehen zu sollen. In ihrem bezüglichen Mémoire beharren sie auf dem Begehren, daß die jährliche Erneuerung und daher auch die jährliche Bezahlung der Aufeuthaltsbewilligung wegfallen müsse, so daß die einmal erworbene AufenthaUsbewilligung so lange dauern müßte, als die Legitimationspapiere gültig wären. Sie glauben zur Unterstüzung dieser Ansicht noch den Art. 60 der Bundesverfassung anrufen zu können, indem die Bürger des Kantons Freiburg, welche in einer andern Gemeinde des Heimatkantons als Aufenthalter wohnen, auch befreit worden seien und sie gleich diesen behandelt werden müss3n.

Der Staatsrafh des Kantons Freiburg bestreitet in seiner Jezlen Antwort,' daß diese StellungO der Freiburger, welche Aufenthalter O t in einer andern Gemeinde des Kantons seien, neu geschaffen worden.; dieses Verhältniß bestehe schon lange. Er findet im Uebrigeh, daß die kantonsfremden Aufenthalter keinen Anspruch haben auf gleiche Behandlung wie die freiburgischen Aufenthalter. Ebenso können sie nicht auf die Rechte der Niedergelassenen Anspruch
machen, da die Bundesverfassung selbst einen Unterschied aufstelle zwischen den Niedergelassenen und Aufenthaltern. Uebrigens können die k'ztern auch Niedergelassene werden, sobald sie es wünschen.

Der Staatsrat h beantragt daher die Bestätigung des Bescheides, den wir den Petenten s;ejTeben haben.

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Wir schließen uns diesem Antrage an, weil gegenwärtig jede positive Vorschrift mangelt, worauf ein anderer Entscheid basirt werden könnte. Thatsache ist es, daß die Bundesverfassung bezüglich der Aufenthalter keine Bestimmungen enthält, sondern hierüber ein Gesez in Aussicht stellt, das zurzeit noch nicht besteht.

Das hier allein maßgebende freiburgische Gesez ist bereits in einem den Petenten günstigen Sinne geändert, und auf völlige Gleichstellung mit den freiburgischen Aufenthaltern haben sie keinen Anspruch, weil der Art. 60 der Bundesverfassung weder auf die Niederlassungs- noch auf die Aufenthaltsverhältnisse Bezug hat, da für jene im Art. 45 spezielle Bestimmungen bestehen und für diese in dem zu erwartenden Gesez ebenfalls besondere Vorschriften vorzusehen sind. Endlich scheint uns ein Entscheid, dessen Inhalt Bestandtheil eines Gesezes bilden muß und bilden wird, nicht auf dem Wege eines Rekurses gegeben werden zu können.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten -Hochachtung.

B e r n , den 10. Mai 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

iDer Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über eine Beschwerde der Elisabetha Baumann in Rechthalten (Freiburg), und anderer schweiz. Aufenthalter, betreffend Aufenthaltsgebühren. (Vom 10. Mai 1878.)

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18.05.1878

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