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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend.

Begnadigungsgesuch des gewesenen Wachtmeisters Karl Fischer, von Genf.

(Vom 14. Mai 1878.)

Tit. !

Das Kriegsgericht des I. Divisionskreises verurtheilte unterm 3. Mai abbin den wegen Insubordination eingeklagten Charles Fischer von Genf, Wachtmeister der 3. Kompagnie, des Füsilierbataillons Nr. 11, zu jener Zeit in der Infanterierekrutenschule Nr. l Genf: 1) 2) 3) 4)

zu einer Gefängnißstrafe von einem Jahr ; zur Degradation ; zu einer fünfjährigen Einstellung im Aktivbürgerrecht; zur Tragung von Fr. 32 Kosten für Zeugenentschädigung.

Die thatsächlichen Verhältnisse dieses Falles sind folgende : Am 26. April Nachmittags befand sich der angeklagte Fischer mit seiner Kompagnie bei einer Schießübung auf dem Plan les Ouates. Der die gleiche Kompagnie kommandirende Hauptmann Jules Roy war genöthigt, dem Wachtmeister Fischer wegen eines Disziplinarfehlers eine Freiheitsstrafe von 4 Tagen Cachot zu dik-

817 tiren, worauf dieser sofort aus Reih und Glied heraustrat und troz wiederholter Aufforderung von Seite seines Hauptmanns, seinen Plaz in der Mitte seiner Kompagnie wieder einzunehmen, sich öffentlich und hartnäkig diesem Befehle widersezte, wobei er grobe Beleidigungen und Drohungen gegen seine Vorgesezten ausstieß.

Der Chef der Kompagnie, Herr Hauptmann Roy, konnte diesen Auftritt nicht länger dulden und befahl dem Lieutenant de Vallière, sich mit seiner Sektion des Fischer zu bemächtigen und denselben in's Cachot zu führen. Da aber Fischer sich nicht ergeben wollte und selbst drohte, den ersten, der sich ihm nähere, zu Boden zu schlagen, so war man genöthigt, ihn durch die Mannschaft einschließen und entwaffnen zu lassen; nichts desto weniger fuhr er fort, Hauptmann Roy und Lieutenant de Vallière zu beschimpfen und zu bedrohen.

Infolge dessen wurde Wachtmeister Fischer angeklagt: 1. einem von seinem Hauptmann im Instruktionsdienste an ihn besonders gerichteten Dienstbefehle bewaffnet, öffentlich und beharrlich sich widersezt; 2. zwei seiner militärischen Vorgesezten im Instruktionsdienste am gleichen Tage, in Waffen, absichtlich beschimpft und bedroht zu haben ; worauf das Kriegsgericht, unterm 3. Mai in Genf versammelt, gemäß Art. 61, 63, 65 und 34 des Strafgesezbuches für die eidgenössischen Truppen vom 27. August 1851 das Eingangs erwähnte Urtheil über Fischer ììllltc, welches sodann der Regierung des Kantons Genf zum Strafvollzuge zugestellt worden ist.

Schon wenige Stunden nach seiner Verurtheilung hat Fischer ein Begnadigungsgesuch eingereicht, in welchem er sein Vorgehen bereut und um Milderung der Strafe bittet.

Das Gericht hat den Art. 65, erstes Lemma, des Strafgesezbuches für die eidgenössischen Truppen angewendet und die h ö c h s t e Strafe ausgesprochen, welche nach dieser Gesezesbestimmung ausgesprochen werden konnte, w e n n angenommen werden muß, daß die That im Instruktionsdienst geschehen sei.

Mag man nun vielleicht der Ansicht zuneigen, daß diese Strafe etwas zu hoch gegriffen sei für ein allerdings unbesonnenes Benehmen eines bisdahin unbescholtenen Soldaten, so läßt sich auf der andern Seite eben so wenig in Abrede stellen, daß es im Hinblik auf das unzweifelhaft gravirende Vergehen wenig angemessen wäre, auf das Gesuch ohne weiteres einzugehen, während die gesez-

818 mäßig zuerkannte Strafe nicht einmal angetreten worden ist. Von diesem Standpunkte ausgehend, erlauben wir uns, Ihnen zu beantragen, es sei auf die Petition des Karl Fischer für dermalen nicht einzutreten.

Genehmigen, Sie, Tit., auch bei diesem Anlaß die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 14. Mai 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Begnadigungsgesuch des gewesenen Wachtmeisters Karl Fischer, von Genf. (Vom 14. Mai 1878.)

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1878

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25.05.1878

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816-818

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