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Bericht der

ständeräthlichen Kommission über das Bundesgesez betreffend den Militärpflichtersaz.

(Vom 21. Mai 1878.)

Tit.!

Der dritte Entwurf, welcher den Räthen über diesen Gegenstand vorgelegt wird, unterscheidet sich von den beiden frühern hauptsächlich dadurch, daß die Progression weggelassen wurde, und statt der Besteurung der Anwartschaft 5 Klassen von 6--50 Fr. für die Personaltaxen aufgestellt wurden. Ueber den ersten Punkt war die Commission getheilter Ansicht. Die Mehrheit sprach sich prinzipiell für das System der Progression aus, und hätte sie auch in den neuen Entwurf wieder aufgenommen, wenn nicht das Verwerfen der beiden ersten Gesetze der Aufnahme der Progression zugeschrieben worden wäre. Wir sind genöthigt, den Verhältnissen und den Anschauungsweisen, die sich in der Abstimmung kund gegeben haben, Rechnung zu tragen. Es wäre vielleicht richtiger gewesen ; wenn mit Erlaß eines Gesetzes noch einige Zeit zugewartet worden wäre, bis die Meinungen darüber sich mehr abgeklärt haben. Es wäre dann eine Einigung der verschiedenen- Anschauungsweisen auch weit leichter gewesen. In der Zwischenzeit hätte durch ein Provisorium der Ausfall gedeckt werden können.

Da nun statt dessen aber das Gesetz vorliegt, wollen wir in das-

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selbe eintreten, indem der gegenwärtige ungerechte Zustand nicht länger geduldet werden darf. Wir wollen auch von der Einführung der Progression abstrahiren, um zu sehen, ob auf diese Weise das Gesetz eher Anklang findet.

Dieß war der Grund, warum der vom Bundesrath angenommene Grundsatz der proportionalen Besteurung nicht geändert wurde.

Der zweiten hauptsächlichsten Aenderung : die einheitliche Personaltaxe und die Besteurung der Anwartschaft fallen zu lass.'n,, können wir nicht beistimmen.

Der Bundesrath schlägt hierüber Folgendes vor: Für die Personaltaxe werden 5 Klassen von 6--50 Fr. aufgestellt. Wir müssen hier vor Allem bemerken, daß dieß nicht mehr eine Personaltaxe ist, sondern auch eine Taxe auf das Vermögen oder Einkommen der Eltern; eine Taxe aber, welche so bestimmt wird, daß die Ausführung zu den größten Ungleichheiten und Willkürlichkeiten führen muß. Will eine Skala von nur 5 Klassen aufgestellt werden, so muß doch nothwendig im Gesetz bestimmt werden, nach welchen Grundsätzen die Einreihung in die verschiedenen Klassen stattfinden soll ; statt dessen wird die Eintheilung den Taxatoren gänzlich überlassen, und zwar nach Erwerbsfähigkeit und Familienverhältnissen des Pflichtigen und der Eltern, sowie nach Vermögen der Eltern.

Es ist dieser Begriff zu vag und würde in den verschiedenen Kantonen die verschiedenste Anwendung finden. Ein Ersatzpflichtiger^ dessen Vater 100,000 Fr. Vermögen hat, würde im Kanton Uri vielleicht in die oberste Klasse versetzt, währenddem im Kanton Baselstadt in die oberste Klasse nur der Millionär käme. An einem Orte würde man alle bis zum Vermögen von z. B. 10,000 Fr. in die erste Klasse versetzen, an einem andern würde man die erste Klasse nur für solche annehmen, welche gar keine Anwartschafthaben. Kurz, wir fanden für die Hauptsache, die Bestimmung: ,, w i e v i e l E i n e r b e z a h l e n m u ß a , keinen festen Anhaltspunkt. Man könnte uns vielleicht einwenden, daß im Gesetz hiefür durch die Bestimmung gesorgt sei, daß dem Bundesrath in § 17 die Vollmacht eingeräumt ist, zum Zweck gleichmäßiger Durchführung des Gesetzes Entscheidungen zu treffen. Es müßte der Bundesrath eine Verordnung erlassen, nach welchen Grundsätzen die Einreihung stattzufinden hätte. Dieß aber würde zu vielen Mißdeutungen Anlaß geben, und wird zu größern Bedenken führen, als die Aufnahme eines bestimmten Grundsatzes. Das erste Erforderniß eines Steuergesetzes ist, daß klar darin erklärt wird, wie viel bezahlt werden muß.

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Beim bundesräthlichen Entwurf wird aber kein des Rechnens noch so Bewanderter ausfindig machen können, wie viel ein zu Besteuernder zahlen muß. Wir erachten dieß als einen großen Fehler und ziehen es vor, den im früheren Gesetz enthaltenen Grundsatz der Besteuerung der Anwartschaft mit einer für alle gleichen Personaltaxe anzunehmen. Es bietet diese Rechnungsweise den Vortheil, daß genau und einheitlich die Steuer jedes Einzelnen bestimmt werden kann. Die Besteuerung der Anwartschaft ist uns in der Schweiz- auch nichts Fremde. Weitaus die größte Zahl der Kantone besitzt sie in ihren Gesetzen und die Verwerfung der zwei letzten Gesetze ist nicht der Abneigung vor Besteuerung der Antwartschaft zuzuschreiben. Wir heben noch hervor, daß bei Besteuerung der Anwartschaft nur die Hälfte des Vermögens in Berücksichtigung gezogen wird.

Wehrpflichtige, welche mindestens 8 Jahre Dienst geleistet haben, und für den Rest ganz oder temporär dispensili worden, sollen nach dem bundesräthlichen Entwurf nur die Hälfte der ihnen nach Artikel 4 und 5 des Entwurfes auffallenden Ersatzbetrages leisten, also die Hälfte der Steuer des auszugspflichtigen Alters.

Die durch diesen Artikel gewährte Begünstigung käme somit nur den Jüngern zu Statten. Die altern, welche im land wehrpflichtigen Alter sind und 12, ja mehr Jahre im Dienst waren, erhalten keine Begünstigung. Sie sind gleichgehalten wie jene, welche nie Dienst gethan hüben, was nicht als billig erachtet werden kann. Das Gesetz wollte, daß die gemachte Dienstzeit eine Vergünstigung erhake, und so gut als dieß beim auszugspflichtigen Alter geschieht, soll es, und zwar mit noch mehr Recht, auch bei der Landwehr geschehen. Wir haben deßhalb die Bestimmung aufgenommen, welche im Gesetz vom 27. März 1877 enthalten war, daß diese Wehrpflichtigen, welche befreit werden, die Hälfte der f ü r d i e b e t r e f f e n d e A l t e r s k l a s s e festgesetzten Steuer za entrichten haben. -- Wir erachten dieß als ein Gebot der Billigkeit.

Den vom Bundesrath bei § 16 gemachten Zusatz, daß die Bundesversammlung bestimmen soll, welche Quote des der Bundeskasse zufließenden Bruttoertrages jeweilen zur Aeufnung des Militärpensionsfondes zufliessen soll, haben wir gestrichen. Wir glauben, es werde im Hinblick auf unsere Rechnung und das Budget in nächster Zeit die Bundesversammlung
schwerlich in den Fall kommen, hier wesentliche Beiträge .zu beschließen.

Die übrigen im neuen Entwurf enthaltenen Bestimmungen sind den alten Gesetzen entnommen, und dort schon in 2 Sitzungen

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erschöpfend durchberathen worden, so daß ein näheres Eintreten von unserer Seite nicht mehr nöthig ist.

B e r n , den 21. Mai 1878.

D i e K o m m i s s i on des

S t ä n d er a t h es:

Vigier, Präsident.

Hold.

Kopp.

Cornaz.

Zangger.

Abänderungsanträge der Kommission.

Drittes Alinea von Art. l : Wehrpflichtige, welche nach persönlicher Dienstleistung während mindestens acht Jahren für den Rest des militärpflichtigen Alters dienstuntauglich oder nach Art. 2 des Gesezes über die Militärorganisation temporär befreit werden, haben die Hälfte des für die betreffende Altersklasse festgesezten Ersazes zu leisten, sofern lezterer ihnen nicht nach den Bestimmungen des Art. 2 ganz erlassen werden muß.

Art. 3. Der Militärpflichtersaz besteht in einer P e r s o n a l t a x e von 6 Franken und in einem dem V e r m ö g e n und dem E i n k o m m e n entsprechenden Z u s c h l a g .

Art. 4 des bundesräthlichen Entwurfs gestrichen.

Art. 6.

Bei der Ermittlung etc. nach Entwurf.

A. Vermögen.

1) Unter dem reinen Vermögen etc. nach Entwurf.

Der Werth etc. nach Entwurf, Bundesblatt. 30. Jahrg. Bd. II.

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2) Ferner wird die Hälfte des Vermögens der Eltern, oder wenn diese, nicht mehr leben, der Großeltern, im Verhältniß der Zahl der Kinder, beziehungsweise der Großkinder, in Berechnung gebracht; den Fall jedoch ausgenommen, wenn der Vater des Steuerpflichtigen persönlichen Militärdienst leistet oder die Ersazsteuer bezahlt.

Art. 16, drittes Alinea des bundesräthlichen Entwurfs zu streichen.

Art. 20. Das erste Ersazjahr ist das Jahr 1878. Beträge, welche von den Kantonen über den 1. Jänner 1878 hinaus bezogen wurden etc. nach Entwurf.

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01.06.1878

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