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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Revision der Kanzleisporteln.

(Vom 29. November 1878.)

Tit.!

Die Bundesversammlung hat in der Sizung vom 21. Februar 1878 die Einladung an uns gerichtet, eine Revision der Kanzleisporteln vom 19. Juli 1850 (A. 8. II, 37), vorzunehmen und dabei auch eine Kanzleitaxe für die Bewilligung zur Erwerbung eines Schweizerbürgerrechtes in Berüksichtigung zu ziehen.

Wir beehren uns, dieser Einladung nachkommend, folgenden Bericht zu erstatten und damit unsere einzelnen Anträge zu begründen.

Der bisherige Sportelntarif berührt lediglich folgende Punkte : 1) Ausfertigung von Beschlüssen und Entscheidungen der Bundesbehörden an Gemeinden, Korporationen und Privaten. Hiefür soll für jede Ausfertigung, die nicht mehr als eine Seite beträgt, eine Gebühr von 50 Ct. bezogen werden, und für jede weitere Seite 30 Ct.

2) Legalisationen, welche von Gemeinden, Korporationen oder Privaten verlangt werden, und für die je 50 Ct. zu erheben wären.

Dabei wird jedoch im Artikel 3 die ganz richtige Bestimmung getroffen, daß Armen die Gebühren erlassen werden sollen.

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Dieses ist nun der Kreis, um welchen sich unser Sporteintarif dreht, und welcher nach unsern Verhältnissen auch nicht wohl erweitert werden kann.

Es ist zwar allerdings zur Zeit, als es sich um die Erstellung des finanziellen Gleichgewichtes handelte, von den Kommissionen, insbesondere von derjenigen des Stäuderathes, auch die Fruge erörtert worden, ob nicht auch andere Verhältnisse als die bezeichneten kleinern oder größern Sportein unterworfen werden könnten und sollten, wie z. B. die Dazwischenkunl't der Bundesbehörden in reinem Frivatinteresse, oder eine Gebühr für die vom Bundesrathe zu erlassenden Rekursentscheide. Auf diesen Punkten wurde jedoch weiter nicht bestanden, und zwar wohl hauptsächlich aus folgenden Gründen : Die Intervention der Bundesbehörde findet gegenüber von diplomatischen und Konsularagenten, und zwar im Privatinteresse sehr häufig statt, hauptsächlich um über Leben und Tod von ausgewanderten Landesangehörigen Erkundigungen einzuziehen. Es würde nun gegenüber dem bisherigen Verlahren unangenehm auffallen müssen, wenn der Bundesrath für solche Verrichtungen, welche er doch in der Regel auf den Antrag von kantonalen Behörden übernimmt, den Bezug einer Sportel hätte stipulimi lassen wollen, während derartige Korrespondenzen von jeher unentgeltlich besorgt und von den Parteien, die jene Vermittlung anrufen, nur die wirklich gehabten Auslagen, z. B. für Porti, Ausschreibungen u. dgl., zurükerhoben werden.

Was die Gebühr für Rekursentscheide betrifft, so wäre eine solche in Analogie mit den Bestimmungen bezüglich des Bundesgerichtes vielleicht nicht ungerechtfertigt.

Auf der andern Seite aber fällt in Betracht, daß infolge der Reorganisation der Bundesrechtspflege nur noch wenige Rekurse an die Entscheidung des Bundesrathes gelangen, so daß es kaum der Mühe lohnte, dafür eine besondere Sportel aufzustellen und damit von dem seit 30 Jahren geführten unentgeltlichen Verfahren abzugehen.

Im Jahr 1876 zum Beispiel waren allerdings 91 Rekurse angemeldet; in 48 Fällen war aber materiell nicht einzutreten, und was die übrigen 43 betrifft, so wurde in 17 Fällen von den Kantonen den Rekurrenten entsprocheo, und es blieben daher nur 26 Rekurse durch förmlichen Bundesrathsbeschluß zu erledigen. In dem Postulate vom 21. Februar abhin ist denn auch die Bundesversammlung bei der Einladung stehea geblieben, im Allgemeinen

441 eine Revision des Sportelntarifes zu verlangen, jedoch in der Meinung, daß für Bewilligungen zur Erwerbung eines Schweizerbürgerrechtes eine Kanzleitaxe bestimmt aufgenommen werde.

Was den ersten Artikel im Sporteintarife betrifft, nämlich die Taxe für Abschriften für Gemeinden und Privaten, so ist hier allerdings nur wenig zu sagen, da solche Abschriften rein nur im Privatinteresse fast gar nicht vorzukommen pflegen, so daß von daher auch eine irgend erhebliche Einnahme wohl nie erwartet werden kann. Inzwischen mag es den Verhältnissen entsprechen, wenn die Ansäze von 50 auf 100 und von 30 auf 50 Ct. erhöht werden.

Etwas Bedeutendes ist der zweite Punkt, nämlich die Gebühr für Legalisationen, welche ohne weiteres etwas erhöht werden darf.

Die meisten Kantone beziehen jezt schon höhere Gebühren als wir, nämlich von 60 Ct. bis auf Fr. 4 für die einzelne Légalisation.

Wir glauben daher, daß mau, ohne Jemanden zu drüken, die Gebühr auf Fr. l erhöhen dürfe, zumal für die ärmere Klasse der Vorbehalt der Unentgeltlichkeit unbedingt festzuhalten wäre ; wie bisher von Dürftigen, namentlich auch von Pensionirten, die oft jährlich unter Fr. 100 beziehen, keine Legalisationsgebühren erhoben worden sind. Unsere Einnahmen für Legalisationen betrugen im Jahre Ib77 Fr. 1469, und es würde bei der vorgeschlagenen mäßigen Ei-höhung eine Vermehrung der Einnahmen von Fr. 1000 bis 1500 zu erwarten sein.

Entschieden erheblicher ist nun aber die Gebühr für die Bewilligung zur Erwerbung eines Schweizerbürgerrechtes, nach dem Bundesgeseze vom 3. Juli 1876 (A. S. n. F. 510).

Im Jahre 1877 wurden 481 Bewilligungen ertheilt, welche bei einer Taxe von auch nur Fr. 30 eine Einnahme von Fr. 14,430 abgeworfen hätten.

Das Jahr 1877 ist allerdings nicht maßgebend, weil damals viele Bewerber auftraten, welche schon vorher bereits mit den Kantonen unterhandelt hatten, damit aber nicht vollständig zum Abschlüsse gelangt waren und deßbalb dem inzwischen in Kraft erwachsenen Bundesgeseze sich unterziehen mußten.

Die Zahl der ertheilten Bewilligungen betrug aber im laufenden Jahre bis Ende Oktober immerhin 328 und wird vielleicht bis gegen 350 ansteigen, so daß bei der schon erwähnten Taxe doch eine Einnahme von etwa Fr. 10,000 hätte erwartet werden können.

Die Taxe für solche Bewilligungen hängt nun allerdings von dem Ermessen des Gesezgebers ab ; aber eine Gebühr ist unbedingt

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gerecht, weil mit solchen Bewerbungen immerhin vielerlei Schreibereien verbunden sind, deren unentgeltliche Besorgung der Ausländer nicht verlangen kann und der Bund zu gewähren keine Ursache hat.

Genau läßt sich natürlich diese Bemühung nicht taxiren; vielmehr wird es auf den Gesezgeber ankommen, wie er selbst die Sache zu werthen sich veranlaßt finde. Allein da es sich hier um eine Amtsverrichtung handelt, durch welche ein Ausländer des schweizerischen Bürgerrechtes gewürdigt werden soll, um eine Amtshandlung, welche für seine ganze Familie von entschiedener Wichtigkeit und Bedeutung ist, so sollte eine immer noch bescheidene Taxe nicht zu hoch erscheinen, selbst wenn mau annehmen mag, daß der Einzubürgernde von Kantonen und der Gemeinde bereits mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen worden sei.

Gestüzt auf diese Auseinandersezung haben wir die Ehre, Ihnen den nachfolgenden Beschlußentwurf zu unterbreiten und zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 29. November 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes: Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

443 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Bezug von Kanzleisporteln.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Berichtes und Antrages des Bundesrathes vom 29. Wintermonat 1878, beschließt: Art. 1. Für die ordentliche Ausfertigung der Beschlüsse und Entscheidungen der Bundesbehörden, mit Ausnahme der gerichtlichen Behörden, sind keine Gebühren zu beziehen.

Wenn hingegen Gemeinden, Korporationen oder Privaten noch besondere Ausfertigungen verlangen, so bezieht die Bundeskanzlei für jede, die nicht über eine Seite beträgt, Fr. l und für solche, die über eine Seite stark sind, für die erste Seite- Fr. l und für jede folgende 50 Ct.

Art. 2. Für jede Légalisation, welche von Gemeinden, Korporationen oder Privaten verlangt wird, bezieht die Bundeskanzlei eine Gebühr von Fr. 1.

Art. 3. In Fällen von Armuth sind die vorstehenden Kanzleigebühren zu erlassen.

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Art. 4. Für die Ertheilung der Bewilligung zur Erwerbung eines schweizerischen Bürgerrechtes ist eine Kanzleigebühr von Fr. 30 an die Bundeskanzlei zu entrichten.

Art. 5. Die eingehenden Kanzleigebühren fallen sämmtlich in die Bundeskasse.

Art. 6. Mit gegenwärtigen Bestimmungen treten diejenigen über den Bezug von Kanzleisporteln vom 19. Heumouat 1850 außer Wirksamkeit.

Art. 7. Dieser Beschluß wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrath ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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