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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Postulat über die Ausnützung der Wasserkräfte und

Botschaft zum

Entwurf eines Bundesgesetzes über die Teilrevision des Bundes^ gesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte.

(Vom 24. September 1945.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In der Sitzung des Ständerates vom 22. September 1943 hat sich der Vorsteher des eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements namens des Bundesrates bereit erklärt, ein Postulat Klöti über die Ausnützung der Wasserkräfte- zur Prüfung entgegenzunehmen. Das Postulat wurde sodann vom Ständorat nach einem Abänderungsantrag Weck am 27. September 1943 mit folgendem Wortlaut angenommen: Der Bundesrat wird eingeladen, sobald als möglich darüber Bericht zu erstatten, ob nicht gewisse Massnahmen ergriffen werden könnten, um die Ausnützung der noch verfügbaren Wasserkräfte zu beschleunigen und den Bau oder die Erweiterung von Wasserkraftwerken zu erleichtern.

Der Sprecher des Bundesrates sagte jedoch auch die Prüfung der durch den Wortlaut des Postulates Klöti und einen wieder zurückgezogenen Abänderungsantrag Bührer aufgeworfenen Fragen zu.

Wir beehren uns, Ihnen heute unsern Bericht zu diesem Postulat des Ständerates und unsere Schlussfolgerungen zu unterbreiten, wobei wir es für richtig erachtet haben, einige allgemeine Prägen unserer Wasser- und Energiewirtschaft in den Kahinen unserer Untersuchungen zu ziehen. Der vorhegende

82 Bericht bildet so eine gewisse Ergänzung zu den frühem Berichten des Bundes?

rates an die Bundesversammlung über die schweizerische Elektrizitätswirtschaft vom 27. März 1925 (Bundesbl. 1925, I, 883 ff.), 30. Mai 1928 (Bundesbl. 1928, II, 201 ff.) und 21. Januar 1930 (Bundesbl. 1930, I, 53 ff.).

A. Wortlaut und Merkmale des Postulates Klöti, Weck und Bohrer.

7. Postulat Klöti, Das am 22. Juni 1943 von Ständerat Klöti und Mitunterzeichnern eingereichte Postulat hatte folgenden Wortlaut: Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und beförderlieh zu berichten, ob es nicht geboten sei, dass der Bund zusammen niit den grösseren Elektrizitätsunternehmungen und Verbrauchergruppen ein gesamtschweizerisches Unternehmen ina Leben rufe, das die Aufgabe hätte, die Werke zur Ausnutzung der noch, verfügbaren bedeutenderen Wasserkräfte zu projektieren, in der dem Landesinteresse entsprechenden Reihenfolge zu erstellen und zu betreiben.

Wie Ständerat Klöti anlässlich der Begründung seines Postulates betonte, ist es ihm besonders darum zu tun, dass die noch zur Verfügung stehenden Wasserkräfte der Schweiz in einer dem Interesse des Landes entsprechenden 'Beihenfolge ausgenützt werden und dass der Bau neuer grosser Kraftwerke unter bester Wahrnehmung der Interessen der Allgemeinheit erfolge. Zur Lösung dieser Aufgabe hält Ständorat Klöti die Revision der Gesetzgebung nicht für notwendig, sondern glaubt, eine praktische Lösung auf dem Wege der Freiwilligkeit und der Verständigung zwischen Bund und baulustigen Gesellschaften und den beteiligten Kantonen durch die Bildung einer Gesellschaft, in der auch die Verbrauchergruppen vertreten sein könnten, zu erreichen. Diese Unternehmung würde den Bau neuer Kraftwerke in der rein im Landesinteresse liegenden Beihenfolge prüfen und verwirklichen. Sollte das Ziel auf dem Wege der Freiwilligkeit nicht erreicht werden können, dann hält auch Ständerat Klöti eine eng begrenzte Teilrevision des Wasserrechtsgesetzes für erforderlich.

Ständerat Klöti führte dann eine Beine von Fragen auf, die nach seiner Meinung abgeklärt werden müssen, bevor an den Bau von Grösskraftwerken, wie sie imBheinwald und im Urserental geplant werden, geschritten werden darf.

Sie lauten: 1. Wie hoch ist der Energiebedarf des Landes für die nächsten zwei Jahrzehnte zu schätzen?

2. Durch welche Art neuer Kraftwerke wird er am besten gedeckt?

S. Ist der sofortige Bau eines der beiden Großspeicherwerke Bheinwald und Urseren angezeigt, oder soll man sich zunächst mit dem Ausbau bestehender Werke und der Erstellung bescheidener Speicherwerke begnügen ?

4. Wenn der Bau eines der beiden Großspeicherwerke geboten ist, welches von ihnen verdient unter Berücksichtigung nicht nur der Bentabilität,

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sondern auch der Interessen der ansässigen Bevölkerung und des betreffenden Kantons sowie des Natur- und Heimatschutzes den Vorrang?

5. Besteht Gewähr dafür, dass die Ausnützung der Wasserkräfte, deretwegen eine ansehnliche Zahl von Familien ihre Heinistätten verlassen müssen, restlos in den Dienst des Volkes gestellt wird und nicht Objekt privatmonopolistischer Spekulation wird?

2. Vorschlag Weck.

Auf Antrag von Ständerat Weck wurde am 28. September 1948 dem Postulat Klöti die oben angeführte allgemeinere Fassung gegeben. Ständerat Weck hielt dafür, dass die zur Sicherung einer harmonischen und systematischen Entwicklung der Ausnützung weiterer Wasserkräfte erforderliche Zusammenarbeit schon verwirklicht ist dank der grossen Verbände, die alle schweizerischen Elektrizitätsunternehmungen umfassen. Hingegen wird die Inangriffnahme des Baues neuer Werke durch die gegenwärtigen Verhältnisse, namentlich durch die Teuerung und den Mangel an gewissen Bohstoffen, verzögert. Der Bund sollte sich in erster Linie dieser praktischen Fragen annehmen, d. h. die bereits vorliegende gemeinsame Eingabe des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins (SEV) und des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke (VSE) an den Bundesrat vom 31. Juli 1943, die diese Fragen zum Gegenstand hat, beantworten.

3. Vorschlag Bührer.

Der Antrag Bührer zum Postulat Klöti vom 28. September 1943, der dann zugunsten des Antrages Weck zurückgezogen wurde, hatte gelautet: Der Bundesrat wird eingeladen, beförderlich darüber zu berichten: 1. wie der Bundesrat der Notwendigkeit der raschniögliehsten Inangriffnahme des Baues neuer Kraftwerke Rechnung tragen will und 2, ob und -wie die Wasserrechtsgesetzgebung den heutigen Verhältnissen anzupassen ist.

Ständerat Bührer betonte wie Ständerat Klöti die Forderung nach einer aktiveren Elektrizitätswirtschaftspolitik des Bundes; dieser sollte sich in Wahrung des allgemeinen Wohles schon vor einem allfälligen Entscheid einer Kantonsbehörde für eine rasche Erledigung der nachgesuchten Wasserrechtsverleihungen zu erträglichen Bedingungen einsetzen. Wenn die dem Bunde im heutigen Wasserrechtsgesetz gegebenen Kompetenzen zu einer solchen aktivenEnergiewirtschaftspolitiknicht ausreichen, somuss an eine entsprechende Bevision herangetreten werden.

Die von Ständerat Klöti geforderte Gründung einer gesamtschweizerisohen Unternehmung hielt Ständerat Bührer für überflüssig, da die für den Bau neuer Grosskraftwerke nützliche Zusammenfassung der interessierten Kreise bereits vorhanden sei.

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Zunächst müssen wir uns darüber klar sein, was auf dem Boden des geltenden Hechtes für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte getan werden kann und schon erreicht worden ist.

B. Die Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung nach Verfassung und Gesetzgebung.

1. Der Art. 24bis der Bundesverfassung.

Im Jahre 1891 schlug die Gesellschaft «Freüand» die Aufnahme eines Artikels in die Bundesverfassung vor, der die Gewinnung und Ausbeutung der Wasserkräfte als Monopol des Bundes bezeichnen sollte. Dieser Eingabe wurde von Bundesrat und Bundesversammlung keine Folge gegeben.

Im Jahre 1906 kam eine Initiative zustande, nach deren Text die Gesetzgebung über die Ausnützung der Wasserkräfte und über die Fortleitung und Abgabe der daraus gewonnenen Energie zur Bundessache erklärt wurde. Diesem Text stellte die Bundesversammlung einen Gegenvorschlag gegenüber, nach dem die Bundesgesetzgebung nur die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften aufstellen sollte; unter diesem Vorbehalt bliebe die Regelung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte unter der Oberaufsicht des Bundes Sache der Kantone. Nachdem die Initiative zugunsten des Gegenentwurfes der Bundesversammlung zurückgezogen worden war, wurde dieser in der Volksabstimmung vom 25. Oktober 1908 angenommen; er bildet heute den Art. 24Ws der Bundesverfassung.

Damit hat der Bund nicht ein unbeschränktes Gesetzgebungsrecht mit der Möglichkeit der Errichtung eines Bundesmonopols erhalten, wie z. B. in den Art. 24ter (Schiffahrt), 26 (Eisenbahnen) oder 37tór BV (Luftfahrt). Er besitzt nur ein beschränktes Eechtsetzungsrecht; er darf die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften aufstellen. Damit ist die Regelung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte im einzelnen den Kantonen verblieben.

Das äussert sich namentlich darin, dass die K a n t o n e die Rechte für Ausnützung von Wasserkräften verleihen und nicht der Bund. Diese Kompetenzen der Kantone sind dann allerdings in Art. 24Ms BV noch etwas abgeschwächt worden. So ist die Erteilung von Konzessionen Bundessache, wenn bei der Inanspruchnahme von Gewässerstrecken, die unter der Hoheit mehrerer Kantone,
stehen, sich diese nicht über eine gemeinsame Konzession verständigen können. Ferner ist der Bund zur Verleihung von Wasserrechten an Gewässerstrecken, die die Landesgrenze bilden, zuständig. Die Abgabe von durch Wasserkraft erzeugter Energie ins Ausland darf sodann nur mit Bewilligung des Bundes erfolgen. Schliesslich ist der Bund zum Erlass gesetzlicher Bestimmungen über die Fortleitung und die Abgabe elektrischer Energie befugt erklärt worden, von welcher Befugnis er aber bis heute

85 keinen Gebrauch gemacht hat, weil'immer noch mit den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1902 über die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen auszukommen war, das beispielsweise in seinem Art. 46 das wichtige faktische Monopol der Gemeinde auf dem Gebiete der Elektrizitätsversorgung ermöglicht hat.

Neben allen diesen Aufgaben steht dem Bunde das allgemeine Oberaufsichtsrecht über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu.

2. Das Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte.

Mit Botschaft vom 19. April 1912 (Bundesbl. 1912, II, 669 ff.) legte der Bundesrat der Bundesversammlung einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vor. Dieser Entwurf ging in der Übertragung von Kompetenzen an den Bund erheblich weiter als das heutige Gesetz. Für den Geist des Entwurfes spricht besonders der Wortlaut des Art. 9, der unter dem Marginale «Rechte des Bundes», Ziffer 5, «Verfügung über unbenutzte Gewässer», sagte: Wenn das verfügungsberechtigte Geineinwesen ein Gewässer trotz billiger Ausnutzungsangebote während längerer Zeit ohne wichtigen Grund weder selbst nutzbar macht noch durch andere benutzen lässt, kann der Bundesrat in dessen Namen das Benutzungsrecht verleihen.

In den eidgenössischen Eäten begegnete der Entwurf einer heftigen Opposition. Man warf ihm namentlich vor, er gehe über den Rahmen der Verfassungsbestimmung hinaus und enge die Zuständigkeit der Kantone zu sehr ein.

Äusserst umstritten war namentlich der vorerwähnte Art. 9, der in der Fassung des bundesratlichen Entwurfes an der hartnäckigen Ablehnung des Ständerates scheiterte. Der Nationalrat hielt in zwei Abstimmungen am bundesratlichen Entwurf fest, gab jedoch, ohne von der Richtigkeit der Gegenargumente überzeugt zu sein, nach, nachdem der Ständerat dreimal mit grossem Mehr einem Gegenentwurf zugestimmt hatte, wonach nur der Kanton seine Gemeinden, wo diesen das Verfügungsrecht zusteht, zur Gewährung von Wasserrechten zwingen kann, nicht aber der Bund einen Kanton.

Vier Jahre dauerten die parlamentarischen Beratungen über das Gesetz, wobei die zentralistischen und föderalistischen Tendenzen heftig aufeinander stiessen. Oft konnten die Bedenken der letzten Richtung nur durch die Beteuerung des Vertreters des Bundesrates, der Bund werde bei der Ausübung der ihm aus dem Gesetze zufliessenden Rechte immer enge mit den Kantonen zusammenarbeiten und ihre Souveränität auf dem Gebiete des Wasserrech tes achten, zerstreut werden.

Angesichts dieser Tatsachen ist es nicht verwunderlich, dass das Gesetz nur dank zahlreicher Kompromisse zustande kam und dabei leider in gewissen Teilen seinen logischen Zusammenhang verloren hat.

Das Gesetz ist am 1. Januar 1918 in Kraft getreten.

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In den nächsten Abschnitten sollen die Eechte dargestellt werden, die der Bund heute auf dem Gebiete des Wasserrechtes auf Grund des Art. 24 bis B V und des Gesetzes hat.

3. Das Recht des Bundes zur Oberaufsicht und nur Rechtsetzung.

a. Nach Art. 24bi B V1) untersteht die Nutzbarmachung der Wasserkräfte der O b e r a u f s i c h t des Bundes. Was ist unter diesem Begriff der Oberaufsicht zu verstehen ? Über diese Frage haben wir bei Professor Dr. A. Hornberger in Bern einRechtsgutachtenn eingeholt, dem wir folgendes entnehmen: Nicht nur das eidgenössische Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916 ermangelt in mancher Frage der Klarheit und Präzision ; es fehlen diese leider auch bereits in der Verfassungsbestimmung, Art. 24 bis BV. Gerade der einleitende und, wie man meinen müsste, grundlegende Satz dieses Artikelslässtt verschiedene Fragen offen.

Er unterstellt die Nutzbarmachung der Wasserkräfte der «Oberaufsicht» des Bundes.

Der Ausdruck ist hier nicht ohne weiteres verständlich. Der Begriff der Aufsicht oder in der höheren Stufe der Oberaufsicht hat sonst in der Rechtsordnung den Sinn, dass ein Organ als Aufsichtsbehörde über die Einhaltung bestehender Bestimmungen wachen solle, während die Aufstellung der Bestimmungen selbst nicht alsAufsichts-funktion, sondern als Rechtsetzung gilt. Es stellt sich zunächst die Frage, ob Art.24 biss BV dem Worte Oberaufsicht diesen Sinn beilegen will.

Welches wären nun die Bestimmungen, deren Einhaltung die Verfassung mit der Oberaufsicht gemäss Art. 24*18, Abs. l, BV, gewährleisten will? Dreierlei ist hier denkbar. Einmal könnte der Bund die Kompetenz erhalten, für Einhaltung der kantonalen Wasserrechtsvorschriften zu sorgen. Gründe für diesen Sinn liegen meines Erachtens nicht vor. Die Kantone haben ihre eigene Rechtsschutzorganisation und bedürfen des Bundes zur Verwirklichung ihres eigenen Rechts in solchen Fällen nicht.

Der Bund hätte ein Interesse an einer solchen Aufsicht nur dann, wenn die kantonalen Bestimmungen ausreichend wären, ihre Anwendung aber zum Schaden der Wasserrechtsinteressen in Frage stände. Zum zweiten könnte die Oberaufsicht den Sinn haben, dass der Bund die Anwendung der von ihm selbst erlassenen Bestimmungen beaufsichtigen soll. Dann wäre einmal die Reihenfolge im Aufbau von Art. 24 bis BV unrichtig; denn es müsste in diesem Falle wohl Abs. 2 vorausgehen, der dem Bund die Kompetenz zur Rechtsetzung gibt, und es hätte das Recht zur Aufsicht nachzufolgen.

Entscheidend für die Ablehnung dieser Auslegung erscheint mir aber, dass diese Art von Aufsicht bereits aus den allgemeinen Bestimmungen über die Verwirklichung des Bundesrechtes folgt und in Art.24 biss BV nichts anderes als eine unnötige Wieder1

) BV Art. 24 bis Abs. l bis 4: Die Nutzbarmachung der Wasserkräfte steht unter der Oberaufsicht des Bundes.

Die Bundesgesetzgebung stellt die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften auf. Dabei ist auch die Binnenschiffahrt nach Möglichkeit zu berücksichtigen.

Unter diesem Vorbehalt steht die Regelung der Nutzbarmachung der Wasser-, kräfte den Kantonen zu.

Wenn jedoch eine Gewässerstrecke, die für die Gewinnung einer Wasserkraft in Anspruch genommen wird, unter der Hoheit mehrerer Kantone steht und sich diese nicht über eine gemeinsame Konzession verständigen können, so ist die Erteilung der Konzession Sache des Bundes. Ebenso steht dem Bunde unter Beiziehung der beteiligten Kantone die Konzessionserteilung an Gewässerstrecken zu, die die Landesgrenze bilden! i

87 holung wäre. Art. 102, Ziff. 2 und 5, überbinden der eidgenössischen Exekutive die Pflicht, für die Beobachtung der bundesrechtlichen Vorschriften zu sorgen und damit die Erlasse und Beschlüsse des Bundes EU vollziehen. Eine dritte Auslegung wäre schliesslich die, dass der Bund mit, der Oberaufsicht auch das Recht erhält, Bestimmungen aufzustellen, deren Einhaltung er dann eben beaufsichtigen müsste Es -würde sich dann um eine primäre Rechtsetzungskompetenz handeln, die stillschweigend aus der ausdrücklich eingeräumten, aber sekundären Aufsichtskompetenz folgt. Würde Art. 241318 nur den Abs. l enthalten, so könnte eine solche Auslegung möglich sein.

Nun umschreiben aber hier die folgenden Absätze die Rechtsetzungskompetenz des Bundes des nähern, so dass es nicht erforderlich und auch nicht zulässig wäre, diese Kompetenz aus Abs. l abzuleiten. Soweit sich diese Kompetenz aus den folgenden Absätzen ergibt, wäre es unnötig, das gleiche aus Abs. l abzuleiten, und, soweit sie darüber hinausgehen sollte, wäre es unzulässig, weil eine indirekte Kompetenzerteilung dieser Art niemals eine ausdrücklich erteilte zu modifizieren oder gar zu erweitem vermöchte.

Der Ausdruck Oberaufsicht in der einleitenden Bestimmung von Art. 24 bis Bundesverfassung lässt sich wohl a m besten geschichtlich erklären. D i e die Ausnutzung der Wasserkräfte und über die Fortleitung und Abgabe der daraus gewonnenen Energie d e m Bunde übertragen. Die i n d e r Folge durchgeführte undff., umschriebene Rechtsetzungskompetenz. Das Oberaufsichtsrecht kann unter diesen Umständen kaum einen andern Sinn haben als den, dass der Bund ein Mitsprache- undMitberatungsrecht habe, wo ihm die eigentliche Kompetenz zur Rechtsetzung fehlt. Geht m a n weiter u n d wird d e r «Oberaufsicht» d e r Sinn ten Bundeskompetenz i. S. der nicht verwirklichten Initiative kaum mehr zu finden, und räumt man der «Oberaufsicht» nicht wenigstens diesen Sinn ein, so hat die Bestimmung überhaupt keine selbständige Bedeutung mehr.

Anschliessend an diese Schlussfolgerung macht Professor Hornberger ausdrücklich darauf aufmerksam, dass trotz dieser Einschränkung des Oberaufsichtsrechts dem Bunde aus Art. 24bis BV weitreichende Kompetenzen zur R e c h t s e t z u n g zustehen. Denn Abs. 2 verwendet eine recht weit gespannte Formulierung. Das ganze Wasserrecht steht
direkt oder indirekt im Dienste der «Wahrung der öffentlichen Interessen» und der «Sicherung der Zweckmassigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte».

Da die Abs. 8 und 4 des Art. 24 bis BV den Kantonen einen Teil deRecht-tsetzung belassen, stellt sich d i e schwierige Frage, w o d i e Grenze zwischen ist. Als festes Kriterium hierfür dient der Ausdruck «allgemeine Vorschriften» in Abs. 2. Daraus ergibt sich, dass der Bund nichRechtsvorschriftenen aufstellen darf, die auf eineeinzelnenn'Fall, d, h. auf die Errichtung eines einzelnen Kraftwerkes, abzielen. Solche gesetzgeberische Bestimmungen könnten nicht als «allgemeine Vorschriften» angesehen werden. Sie dürfen in das Gebiet der Behandlung des einzelnen Falles hineinreichen, das durch Abs. 8 den Kantonen überlassen bleibt. Allgemeine Vorschriften sind nur solche, die in genereller Weise für daganzese Gebiet der Schweiz zur Anwendung gelangen, nicht für einen einzelnen Fall, wenn selbstverständlich in einer solchen allgemeinen Regelung auch besondere Vorschriften für einzelne Kategorien aufgestellt werden können.

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Auch so ist die Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen noch sehr vage. Der Bund hat die Kompetenz zur Bechtsetzung, sobald eine Frage der allgemeinen Eegelung fähig ist und die Wahrung .der öffentlichen Interessen sowie die Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte betrifft. Sein gesetzgebendes Organ, die Bundesversammlung, muss dabei nach eigenem Urteil entscheiden, ob in einem gegebenen Zeitpunkt diese Voraussetzungen vorliegen. Dabei ist die Bundesversammlung nicht an das gebunden, was sie in den Jahren 1908 und 1916 unter «öffentlichem Interesse» verstanden hat, sondern interpretiert, was heute unter diesen Begriff fällt.

Ebenso kann heute die Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom Bunde andere allgemeine Vorschriften verlangen als vor dreissig Jahren.

Aus diesen Betrachtungen, die dem erwähnten Gutachten von Professor Hornberger entnommen sind, ergibt sich, dass aus Art. 24Ms BV für den Bund noch Kompetenzen zur Eechtsetzung geschöpft werden können, die das eidgenössische Wasserrechtsgesotz von 1916 ihm nicht zuerkannt hat.

b. In den Art. l und 5 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes (WEG)1) hat der Ausdruck «Oberaufsicht» einen etwas andern Sinn als in Art. 24Ws, Abs. l, B V. Professor Hornberger hat sich in seinem Gutachten auch zu dieser Frage geäussert. In Art. l WEG hat die Oberaufsicht des Bundes die Bedeutung der Kontrolle über die Einhaltung der bundesrechtlichen Bestimmungen, nachdem dieses selbe Gesetz diese Bestimmungen aufgestellt hat. Art. l WEG will also sagen, der Bund übe das Oberaufsichtsrecht aus nach Massgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes.

Auch Art. 5 WEG darf nicht aus dem Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzes herausgenommen und für sich allein betrachtet werden; sonst hätte sich der Bund auf dem Gebiete des Wasserrechtes fast unbeschränkte Kompetenzen eingeräumt. Aus dem Zusammenhang des Art. 5 mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzes ergibt sich, dass Art. 5 dem Bund nur bestimmte Vollxugskompetenzen gibt. Der Bundesrat kann also Bestimmungen, die im Gesetz enthalten sind, auf diesem Weg näher ausgestalten und zur Durchführung bringen.

In Anwendung der Art. l, Abs. l, und 5 WEG hat der Bundesrat am 28. März 1918 an sämtliche Kantonsregierungen ein Kreisschreiben über die J

) WEG Art. l, Abs. 1: Der Bund übt die Oberaufsicht aus über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte der öffentlichen und privaten Gewässer.

WKGAj-t. 5: Der Bundesrat erlässt die allgemeinen Bestimmungen, die erforderlich sind, um die zweckmässige Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu fördern und zu sichern.

Er kann überdies für bestimmte Gewässer oder Gewässerstrecken besondere Vorschriften erlassen.

Er ist befugt, die Pläne der anzulegenden Werke daraufhin zu prüfen, ob sie in ihrer generellen Anlage der zweckmässigen Nutzbarmachung .der Wasserkräfte entsprechen.

89 Einsendung der Pläne der anzulegenden Wasserwerke gerichtet und sie eingeladen, dafür besorgt zu sein, dass in den Kantonen keine Wasserrechtsverleihungen erteilt werden, bevor die Bundesbehörden die Pläne der projektierten Werke geprüft und sich mit der generellen Anlage einverstanden erklärt haben. Die von den Bundesbehörden gestützt auf das Oberaufsichtsrecht des Bundes ausgesprochene Genehmigung der generellen Anlage des projektierten Werkes soll für alle Verleihungen die unerlässliche Toraussetzung für die Eechtsgültigkeit der Verleihung bilden.

Nach Art. 5 WEG beschränkt sich die Prüfung der von den Kantonen eingereichten Projekte durch den Bund darauf, ob die vorgeschlagene Anlage in einen allgemeinen Ausbauplan für das betreffende Gewässer oder die betreffende Gegend passt und ob die vorgesehene Wasserkraftnutzung zweckmassig ist, Die Genehmigung der Pläne kann vom Bundesrat nur verweigert werden, wenn die vorgesehene Ausnützung unzweckmassig ist. Hingegen besteht heute keine Möglichkeit, auf diesem Wege die Verwirklichung derjenigen Projekte, die der Bund sowohl im öffentlichen Interesse als in demjenigen der Beteiligten als die besten erachtet, zu erzwingen.

Im Sinne der Vorschriften des Art. 5, Abs. 2, WEG hat der Bund ein Projekt für den Ausbau der Wasserkräfte und der Schiffahrtsstrasse des Eheins zwischen Basel und Bodensee aufgestellt; ein ähnliches Projekt für die Ehone unterhalb Genf ist in Arbeit. Ebenso besteht ein Projekt des Bundes für den Ausbau der Wasserkräfte des Doubs. In all diesen Fällen kann der Bund zur Verwirklichung dieser Projekte beitragen, weil er für diese Grenzgewässer Konzessionsbehörde ist.

Daneben hat der Bund auch systematische Studien, die allerdings mehr generellen Charakter haben, über die Möglichkeit der Schaffung von Stauseen für die Erzeugung von Winterenergie gemacht und sie bis heute in 5 Bänden veröffentlicht. Diese sollen den Kantonen und Interessenten als Basis für ihre weitern Arbeiten und Konzessionsverhandlungen dienen.

Aus dem Oberaufsichtsrecht des Bundes ergibt sich auch die selbstverständliche Kompetenz des Bundes zur Aufstellung eines Gesamtplanes für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte, Die heutigen gesetzlichen Bestimmungen bieten aber, wie bereits gesagt, die Möglichkeit zu einer Erzwingung der Durch führung eines solchen
Planes nicht.

4, Die weitern Beeilte des Bundes.

a. Art. 6 und 88, Abs. 2, WEG (interkantonale Gewässer)1).

Können sich bei der Verleihung eines Wasserrechtes an einer Gewässerstrecke, die im Gebiete mehrerer Kantone liegt, oder bei der Nutzbarmachung mehrerer Gewässerstrecken, die in verschiedenen Kantonen liegen, in ein und x

) WEG Art. 6: Soll eine Gewässerstrecke, die im Gebiete mehrerer Kantone liegt, oder sollen in ein und demselben Wasserwerk mehrere Gewässerstrecken, die in verschiedenen

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demselben Work die beteiligten Kantone nicht einigen, so entscheidet der Bundesrat. Dieser hat bei der Verleihung die Gesetzgebung der Kantone und die Vor- und Nachteile des Werkes für sie in billiger Weise zu berücksichtigen.

Er handelt zwar im eigenen Namen, aber für die Kantone, die sich nicht einigen können.

Den Bedenken einiger kleinerer Kantone, die befürchteten, es könnten durch die Erstellung von Stauseen ein beträchtlicher Teil ihres urbaren Landes oder ganze Gemeinden unter Wasser gesetzt werden (man hatte bei der Beratung in erster Linie das Lankseewerk im Auge, dessen Stausee tatsächlich relativ beträchtliche Teile des Kantons Appenzell-Innerrhoden der landwirtschaftlichen Bebauung entzogen hätte), wurde in der Beratung des Gesetzes in der Bundesversammlung durch den Art. 6, Abs. 8, Eechnung getragen, wonach die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ansiedlung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons nicht erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen darf ohne Zustimmung dieses Kantons. Ob eine Beeinträchtigung erheblich und unverhältnismässig ist, entscheidet der Bundesrat.

b. Art. 7 und 38, Abs. 3, WEG (internationale Gewässer)1).

Bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, erteilt der Bundesrat die Konzessionen, wobei er vorher die beteiligten Kantone anzuhören hat. Für die Ausnützung der Wasserkräfte an Grenzgewässern (gemeint sind nicht nur Gewässer, die die Landesgrenze bilden, sondern auch Gewässer, Kantonen liegen, nutzbar gemacht werden und können sich die beteiligten Kantone nicht einigen, so entscheidet nach Anhörung der Kantone der Bundesrat.

Er hat die Gesetzgebung der Kantone und die Vor- und Nachteile des Werkes für sie in billiger Weise zu berücksichtigen^.

Wenn die geplante Wasaerwerksanlage durch die Veränderung des Wasserlaufo oder durch die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ansiedelung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen würde, so soll der Bundesrat die Verleihung nur mit Zustimmung dieses Kantons erteilen. .

WEG Art. 38, Abs. 2: Wasserrechte an Gewässeratrecken, die in verschiedenen Kantonen liegen, werden durch die beteiligten Kantone im gemeinsamen Einverständnis verliehen.

Können sich die Kantone innert angemessener Frist nicht einigen, so
erteilt der Bundesrat die Verleihung. Er entscheidet ebenfalls, wenn sich die Kantone über den Umfang oder über die gemeinschaftliche Ausübung ihrer Rechte aus der Verleihung nicht einigen können.

.

.

. .

i) WEG Art. 7: ' Bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, steht es dem Bundes rate zu, nach Anhörung der beteiligten Kantone die Nutzimgsrechte zu begründen oder die Nutzbarmachung der Wasserkräfte durch den Verfügungsberechtigten selbst zu bewilligen.

WEG Art. 88, Abs. 3: Im weitem verleiht der Bundesrat die Wasserrechte an Gewässerstrecken, die die Landesgrenze berühren.

91 welche von der Grenze durchschnitten werden) sind Verhandlungen mit den ausländischen Staaten notwendig. Diese Verhandlungen führt der Bundesrat, der auch die betreffenden Verträge abschliesst, ohne sie der Bundesversammlung vorlegen zu müssen. Auch hier handelt der Bund im eigenen Namen, aber auf Bechnung und im Interesse der beteiligten Kantone (vgl. Art. 52 WBG).

c. Art. 11 WEG (unbenutzte Gewässer) *).

Wie bereits in Abschnitt B, Ziffer 2, erwähnt worden ist, wurde bei der Beratung des Gesetzesentwurfes im Parlament das Eecht des Bundes, über ein Gewässer zu verfügen, das ein Kanton trotz billigen Angebotes während langer Zeit ohne wichtigen Grund unbenutzt lässt, zu einem blossen Eecht des Kantons, seine Gemeinden, wo diesen das Verfügungsrecht zusteht, zur Gewährung von Konzessionen zu zwingen, und zu einem entsprechenden Kekursrecht an den Bundesrat.

So gelangt der Artikel heute nur noch auf die wenigen Kantone zur Anwendung, in denen die Bezirke, Gemeinden oder Uferanstösser verfügungsberechtigt sind (Schwyz, Glarus, Graubünden und Wallis). Er wirkt sich also höchst ungleich aus, weil der Bund in allen andern Fällen, in denen der Kanton allein verfügungsberechtigt ist, nicht als Bekursinstanz angerufen werden kann.

Zudem bietet er nicht geringe Auslegungsschwierigkeiten.

So stellt sich namentlich die Frage, was unter dem «wichtigen Grund» zu verstehen ist, bei dessen Vorliegen dem verfügungsberechtigten Gemeinwesen eine Konzession nicht aufgezwungen werden darf. Ist es das öffentliche Interesse dieses Gemeinwesens an der Nichterteilung der Konzession ? Wie steht es dann aber, wenn andere öffentliche Interessen für die Erteilung der Konzession sprechen? In diesem Falle müssen die Interessen an der Ausnützung einer Wasserkraft und die entgegenstehenden Interessen des verleihungsberechtigten Gemeinwesens gegenseitig abgewogen werden, und zwar vermögen die Interessen dieses Gemeinwesens die Verweigerung einer Konzession dann zu rechtfertigen, wenn sie im Vergleich zum entgegenstehenden Interesse an der Nutzbarmachung des Gewässers als wichtig gelten müsBen. Je bedeutender daß Interesse an der Ausnutzung einer Wasserkraft ist, desto höhere Anforderungen sind an die vom Gemeinwesen vorgebrachten wichtigen Gründe zu stellen.

Was dem Art. 11 aber namentlich seine praktische Bedeutung
genommen hat, ist die Abschwächung des Verfügungsrechtes des Bundes in ein blosses Bekursrecht an den Bundesrat. Es steht dem Bundesrat nach der ab*) WRG Art. 11: Wenn verfügungsberechtigte Bezirke, Gemeinden oder Körperschaften ein Gewässer trotz angemessener Angebote während langer Zeit ohne wichtigen Grund weder selbst nutzbar machen noch durch andere benutzen lassen, so kann die kantonale Begierung in deren Namen das Nutzungsrecht erteilen.

Gegen die Entscheidung der kantonalen Regierung können die Beteiligten innert sechzig Tagen an den Bundesrat rekurrjeren.

92 geschwächten Passung dieses Artikels das Eeeht nicht zu, im Falle des Eekurses die Verleihung im Namen des Kantons zu erteilen. Der Bundesrat kann wohl entscheiden, die kantonale Regierung habe zu Unrecht die Verweigerung der Konzessionserteilung durch einen Bezirk, eine Gemeinde oder eine andere Körperschaft geschützt: er kann jedoch höchstens den Kanton einladen, auf seinen Entscheid zurückzukommen und das Nutzungsrecht zu erteilen; einen .Zwang ausüben kann er nicht.

d. Art. 12 WEG (Inanspruchnahme für Bundeszwecke)1).

Für die ihm obliegenden Aufgaben darf der Bund auf Grund des Art. 12 WEG die Benützung eines Gewässers in Anspruch nehmen, ohne dass er sich das Verfügungsrecht durch eine kantonale Verleihung geben lassen muss oder auf den Weg der Enteignung angewiesen ist. Die Schadloshaltung des verfügungsberechtigten Gemeinwesens und des betreffenden Kantons für den Ausfall an Konzessionsgebühren, Wasserzins und Steuern ist in den Art. 13 und 14 des Gesetzes geregelt.

Zu den staatlichen Aufgaben, die den Bund zur Inanspruchnahme von Wasserkräften berechtigen, zählte man bei der Schaffung des Art. 24bls BV und des Wasserrechtsgesetzes vor allem die Elektrifikation der Schweizerischen Bundesbahnen. Da diese sich jedoch schon vorher die für diese Grossunternehmung erforderlichen Wasserkräfte gesichert hatten, ist Art. 12 WEG bis heute für diesen Zweck erst einmal angewendet worden (Bundesratsbeschluss vom 11. Juli 1919 betreffend die Inanspruchnahme der Aare von Aarau bis Wildegg).

Für andere staatliche Aufgaben hat der Bund bis heute keine Wasserkräfte in Anspruch genommen. Auf Grund der heute geltenden Verfassungsbestimmungen sind neben der Elektrifikation der Bundesbahnen auch nur wenige Fälle denkbar, in denen der Bund für eigene Zwecke Wasserkräfte benötigt. Vor allem ist die Landesversorgung mit elektrischer Energie heute keine Aufgabe des Bundes. Sollte sie es je werden, so käme naturgemäss dem Art. 12 WEG eine ganz andere Aufgabe zu als jetzt.

Es ist in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen worden, ob nicht Art. 23 der Bundesverfassung dem Bund das Eecht gibt, selber ein Kraftwerk zu bauen oder einen solchen Bau zu unterstützen. Wäre er hiezu berechtigt, so könnte er die erforderlichen Wasserkräfte ohne weiteres auf Grund von Art. 12 WEG in Anspruch nehmen. Art. 28 BV ermächtigt
den Bund, auf Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werke zu errichten oder ihre Errichtung zu unterstützen, wenn dies im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils derselben liegt. Zu Werken in diesem Sinne zählt Burckhardt (Kommentar zur Bundesverfassung, 8. Auflage, S. 155) die Wasserwerke nicht, weil er als *) WEG Art. 12, Abs. 1: .

.

Der Bund ist berechtigt, für die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Benutzung eines Gewässers in Anspruch, zu nehmen.

,

93 Öffentliches Werk nur ein Bauwerk anerkennt, «dessen Zweck wesentlich in der Umgestaltung eines Stückes Boden besteht». Nachdem bis heute Strassen, Brücken, See- und Flussregulierungen, Schiffahrtsanlagen und ähnliche Bauten als öffentliche Werke im Sinne des Art. 28 BV anerkannt worden sind, würden wir ohne Bedenken auch einem modernen Kraftwerk mit seinen grossen Stauanlagen, Zuleitungsstollen und Kanälen diesen Charakter zuerkennen, wenn nicht neben Art. 23 Art. 24tte stehen würde. Dieser Artikel bildet die verfassungsmässige Grundlage für die Wasserrechtsordnung in der Schweiz; er grenzt die verschiedenen Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen ab.

Ohne Zweifel stellt er gegenüber Art. 23 die lex specialis dar und beansprucht für Wasserwerke den Vorrang vor Art. 23. Nun gibt aber Art. 24bls dem Bunde das allgemeine Eecht zur Inanspruchnahme von Wasserkräften nicht.

Er darf lediglich die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur. Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften aufstellen. Er hat das Becht zur Eegelung im öffentlichen Interesse, nicht aber das allgemeine Eecht zur Inanspruchnahme. Das geht ohne Zweifel nicht nur a:us dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte des Verfassungsartikels hervor. Zur Übertragung der Aufgaben der Versorgung des Landes mit elektrischer Energie wäre deshalb eine Verfassungsänderung notwendig. Diese Meinung vertritt auch Prof. Hornberger in seinem schon mehrfach erwähnten Gutachten.

e. Art. 15/16 WEG (Abflussregulierung)1).

Unter dem Marginale «Ausgleich des Abflusses» wurde in Art. 15 des Wasserrechtsgesetzes die Bestimmung aufgenommen, dass der Bund im Interesse einer bessern Ausnützung der Wasserkräfte und der Schiffahrt Arbeiten zur Eegulierung des Wassorstandes und des Abflusses der Seen sowie die

i) WRG Art. 15: Der Bund kann, nach Anhörung der beteiligten Kantone, im Interesse einer bessern Ausnutzung der Wasserkräfte und der Schiffahrt Arbeiten zur Eegulierung des Wasserstandes und des Abflusses der Seen, sowie die Schaffung künstlicher Sammelbecken anordnen. Wenn die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ansiedjung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen würde, so soll die Erstellung nur mit Zustimmung dieses Kantons erfolgen.

Über die Ausführung solcher Werke und die Verteilung der Kosten auf Bund und Kantone entscheidet die Bundesversammlung.

Sind mehrere Kantone daran beteiligt, so wird der Anteil eines jeden im Verhältnis seines Interesses bestimmt.

Beteiligte Gemeinden, Körperschaften und Private können von der zuständigen kantonalen Behörde im Verhältnis der Vorteile, welche ihnen aus der Ausführung dieser Werke erwachsen, zu den Kosten herangezogen werden. Entsteht über die Verteilung der Kosten Streit, so entscheidet das Bundesgericht als Staatsgeriohtshof.

WRG Art. 16: Der Bund ist berechtigt, den Abfluss der Seen und der unter seiner Mitwirkung geschaffenen Sammelbecken zu regulieren, ßundeablatt. 97. Jahrg. Bd. II.

7

94

Schaffung künstlicher Sammelbecken anordnen könne. Um die Befürchtung einiger kleinerer Kantone, es könnte für die Erstellung derartiger Stauseen ein erheblicher Teil ihres urbaren Landes in Anspruch genommen werden, zu zerstreuen, wurde in Art. 15 die gleiche Einschränkung wie in Art. 6 WEG aufgenommen, dass die Erstellung eines Ausgleichsbeckens nur mit Zustimmung des Kantons erfolgen darf, «wenn die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ahsiedlung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen würde». Hier wie dort entscheidet nicht der Kanton darüber, ob diese Beeinträchtigung erheblich und unverhältnismässig sei, sondern die Entscheidung darüber liegt bei den Bundesbehörden.

Diese Artikel, die hei ihrer Beratung in den eidgenössischen Bäten so viel zu reden gaben, haben bis heute praktisch keine Anwendung gefunden. Zwar hat der Bund schon die Eegulierung der Wasserstände der schweizerischen Seen durch Bundesbeiträge unterstützt. Die entsprechenden Bundesbeschlüsse stützten sich aber in erster Linie auf Art. 28 BV (so der Bundesboschluss vom 20. September 1935 über die Bewilligung eines Beitrages an den Kanton Bern für die Erstellung einer neuen Wehranlage in Nidau-Port und der Bundesbeschluss vom 24. Juni 1988 über die Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Zürich für eine Limmatkorrektion sowie die Erstellung eines neuen Wehres in Zürich zwecks Eegulierung der Wasserstände des Zürichsees). Denn die Eegulierung der Wasserstände unserer Seen, berührt nicht nur die Interessen der bessern Ausnützung der Wasserkräfte und der Schiffahrt, welche Art. 15 WEG allein berücksichtigt, sondern greift viel weiter in Gebiete der allerverschiedensten Interessen ein. Erwähnt seien diejenigen der Landwirtschaft (Entwässerung des Grossen Mooses, der Linthebene), der Fischerei, der Hygiene (Einleitung der Abwasser), des Städtebaues.

Es steht ausser Zweifel, dass der Bund gestützt auf Art. 15 WEG berechtigt wäre, auf eigene Kosten oder mit Beteiligung der Kantone, Stauseen auch grössten Ausmasses zu errichten, die geeignet wären, den Wasserhaushalt der schweizerischen Flüsse im Sinne eines bessern Ausgleiches der Wasser. führung im Sommer und im Winter gewaltig zu verbessern. Aber ebenso klar ergibt es.sich aus Art. 24bls BV und dem
Wasserrechtsgesetz, dass für die Ver-.

leihung der Eechte auf Nutzbarmachung der aus diesem künstlichen Staubecken .sich ergebenden Wasserkräfte keine andern Eegeln gelten als für alle andern 'Wasserkräfte; also grundsätzlich Zuständigkeit des Kantons, sofern nicht die erwähnten Ausnahmen zugunsten des Bundes zur Anwendung gelangen (Art. 6, 7 und 12 WEG).

Es ist allerdings schon gefolgert worden, wenn nach Art. 15 WEG der Bund Massnahmen zum bessern Ausgleich des Abflusses der Gewässer anordnen oder unterstützen könne, so sei er auch berechtigt, für die Durchführung dieser Massnahme auf Grund von Art. 12 WEG die Benützung dieser Gewässer in Anspruch zu nehmen.' Diejenigen, die das Wasserrechtsgesetz so auslegen wollen, übersehen, dass dieser Ausgleich des Abflusses erreicht wird, ohne dass

95 dafür die Ausnutzung der sich aus diesem Abfluss ergebenden Wasserkräfte notwendig wird.

C. Die Entwicklung der Wasserkraftnutzung und der Elektrizitätswirtschaft unter der bisherigen Rechtsordnung.

1. Gesamte Elelctrizitötserzeugung durch die Kraftwerke der allgemeinen Versorgung sowie die bahn- und industrieeigenen Kraftwerke.

Die Anfänge der Elektrizitätsversorgung in der Schweiz gehen auf die Mitte der 1880er Jahre zurück. Bern erhielt im Jahre 1891, Zürich 1892 das erste Elektrizitätswerk. Seit diesen bescheidenen Anfängen hat die Erzeugung elektrischer Energie einen gewaltigen Aufschwung erfahren. Unser Land steht mit Norwegen und Kanada in der Reihe der Länder, die den höchsten Elektrizitätsverbrauch pro Einwohner aufweisen.

Gesamte jährliche Erzeugung elektrischer Energie in der Schweiz.

a Gesamterzeugung b Inlandverbrauch b bis a Energieausfuhr

96 Grosse wirtschaftliche Veränderungen haben auch der Entwicklungskurve der Elektrizitätserzeugung (Fig 1) ihren Stempel aufgedrückt. Dem durch die Knappheit und Teuerung der Brennstoffe geförderten Anstieg während des ersten Weltkrieges folgte in der Nachkriegsdepressi vorübergehend ein Stillstand, der in den Jahren der Hochkonjunktur durch einen neuen raschen Anstieg abgelöst wurde. Die Weltwirtschaftskrise von 1930--1936 verursachte, hauptsächlich durch den geringeren Bedarf der elektrochemischen Industrie, einen kleinen Verbrauchsrückgang, dessen rasche Einholung durch die damaligen tiefen Preise der festen und flüssigen Brennstoffe erschwert war, die den vermehrten Verbrauch der Elektrizität zu Wärmezwecken hemmten. Mitte der dreissiger Jahre war der Bückgang des Verbrauches wieder aufgeholt, und das Jahr 1986/37 brachte infolge der industriellen Belebung eine erneute starke Verbrauchssteigerung, Schliesslich haben die wirtschaftlichen Folgen des zweitenWeltkrieges, insbesondere die Knappheit und Teuerung aller Brennstoffe, dem Elektrizitätsverbrauch einen neuen, nie gesehenen Auftrieb gegeben.

Seit dem Jahre 1930/31 liegen vergleichbare Erhebungen über den Energiekonsum der verschiedenen Verbrauchergruppen vor. Die nachfolgende Tabelle zeigt die bereits erwähnte Stagnation des industriellen Verbrauches von 1980/31 bis 1935/36, die Vorkriegsbelebung bis 1938/39, die bei allen Verbraucherkategorien erkennbar, aber bei der Elektrochemie am stärksten ist, und schliesslich den neuerlich starken Anstieg seit Kriegsausbruch, der bei der Gruppe Haushalt und Gewerbe besonders ausgeprägt ist (vgl. auch graphische Darstellung des Energieverbrauches 1930 bis 1944 in der Beilage).

Verwendung der gesamten erzeugten Energie.

HydrograJahrscheOkt.Hr

( , . 0«. bis 3 0 . Sep,)

Häushalt und Gewerbe *) Elektrische Bahnen . . . . . . . .

Industrie ohne Elektrokesse2) . . .

davon: Allgemeine Anwendungen. . .

Elektrochemie etc Elektrokessel Übertragungsverluste Speicherpumpen

1 9 3 1 9 3 1 9 4

1098 578 1583 745 838 155 597 34

1242 640 1547 662 885 501 634 24

1411 722 2223 819 1404 506 687 64

2140 815 2647 1023 1624 786 949 95

3856

4063

5043

6551

4045 1012

4588 1467

5618 1563

7482 1151

Total

5057

6055

7176

8583

Davon wurden e i n g e f ü h r t . . . . . .

8

4

42

64

Inlandverbrauch ohne Elektrokessel und Speicherpumpen Inlandverbrauch mit Elektrokessel und Speicherpumpen Energieausfuhr. .

97 Im laufenden Betriebsjahr (vom 1. Oktobe'r 1944 bis 30. September 1945), das im Winter durch eine sehr günstige Wasserführung ausgezeichnet -war, wird die Gesamterzeugung schätzungsweise 9,5 Milliarden Kilowattstunden erreichen, etwas mehr als das Dreifache derjenigen zu Ende des ersten Weltkrieges.

Der Anteil der Energieausfuhr an der Gesamterzeugung erreichte im Jahre 1935/36 das Maximum und ist seither ständig zurückgegangen. Er betrug: 1920 1930/31 1935/36 1940/41 1943/44 18% 20% 24% 20% 18% Im laufenden Betriebsjahr wird er nochmals niedriger sein; der vorzeitige Ausbau von Kraftwerken für die Energieausfuhr erweist sich nun als wertvolle Reserve für die Verbesserung der Inlandversorgung.

Allgemeine Erhebungen über die "Verwendung der Energie für die Erzeugung von Licht, Kraft, Wärme und elektrochemische Zwecke fehlen. Aus Sonderermittlungen ergeben sich für das Jahr 1943/44 schätzungsweise folgende Zahlen : Verwendung Licht Kraft einschliesslich Bahnen Bahnen allein Elektrochemie Wärme

ÎSMTÏ 6% 30 % 12 % 14% 50%

Etwa die Hälfte der verbrauchten elektrischen Energie wird zu Wärmezwecken verwendet, wobei aber neben der Dampferzeugung im Sommer in erster Linie an die ganzjährigen Warmeanwendungen in Industrie und Gewerbe (zum Schmelzen, Glühen, Brennen) sowie im Haushalt (zum Kochen und Bereiten von Heisswasser) zu denken ist. Die elektrische Baumheizung, die 1948/44 eingeschränkt war, ist daran nur geringfügig beteiligt. Im laufenden Betriebsjahr wird der Wärmeanteil zum Teil auch wegen der vermehrten elektrischen Baumheizung im letzten Winter 50 % merklich überschreiten.

Für den Bau der Kraftwerke, Ubertragungs- und Verteilanlagen wurden bis Ende 1948 in der Schweiz insgesamt rund 8100 Millionen Pranken aufgewendet. Die Einnahmen aus der Energieabgabe und der Wert der von Bahn- und Industrieunternehmen für den eigenen Verbrauch erzeugten Energie belaufen sich im Jahre 1943 auf insgesamt rund 860 Millionen Franken.

1 ) Eirischliesslich Bureaux, Geschäftshäuser, Hotels, Spitäler, öffentliche Beleuchtung, Wasserversorgung, Landwirtschaft usw.

2 ) Betriebe, die dem Fabrikgesetz unterstellt sind und mehr als 20 Arbeiter beschäftigen.

98 Alle die vorstehenden Angaben beziehen sich auf die Gesamtheit aller Werke. Im Hinblick auf die in diesem Bericht behandelten Fragen interessiert besonders die Entwicklung der Elektrizitätswerke der allgemeinen Versorgung, d. h. der Unternehmen, die gewerbsmässig Strom an Dritte abgeben. Auf diese und die bahn- und industrieeigenen Kraftwerke verteilte sich im Jahre 1948/44 die Gesamterzeugung folgendermassen: Anteil in Prozenten

Elektrizitätswerke der allgemeinen Versorgung . . .

Bahn- und industrieeigene Kraftwerke

79 21 100

2. Dia Elektrizitätswerke der allgemeinen Versorgung, d. Organisation.

Mit der allgemeinen Elektrizitätsversorgung, d. h. mit dem Stromverkauf an Dritte, befassten sich 1948 insgesamt 275 Unternehmungen mit eigenen Kraftwerken und 948 Unternehmen ohne solche, d. h. Unternehmen, die lediglich die Energieverteilung besorgen. Bei der Vielzahl handelt es sich um sehr kleine Unternehmen. Die 25 Unternehmen mit den grössten versorgten Einwohnerzahlen bedienen z. B. bereits 60 % der Gesamtbevölkerung und die 25 Unternehmen mit der grössten Energieerzeugimg verfügen über 90 % der Gesamterzeugung.

Zeitlich haben sich zuerst die G e m e i n d e - E l e k t r i z i t ä t s w e r k e entwickelt, die etwas mehr als die Hälfte der schweizerischen Bevölkerung bedienen. Es bestehen heute 614 Gemeindeunternehmen, wovon 98 über eigene Erzeugungsanlagen verfügen, während 516 Unternehmen nur die Energieverteilung besorgen und die benötigte.Energie von kantonalen und zu einem kleinen Teil auch von privaten Uberlandwerken beziehen.

Die kantonalen und i n t e r k a n t o n a l e n E l e k t r i z i t ä t s w e r k e sind grösstenteils erst später, und zwar mit Ausnahme derjenigen von Freiburg (1902) und Nidwaiden (1934) zwischen 1908 und 1915 entstanden, und es verblieben ihnen verhältnismässig wenig grössere Ortschaften zur direkten Versorgung. Von den Kantonshauptorten werden z. B. nur Freiburg und Stans von kantonalen Unternehmen versorgt.

Bei den 487 E l e k t r i z i t ä t s - G e n o s s e n s c h a f t e n handelt es sich sozusagen restlos um Verteilunternehmen und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, um sein: kleine Betriebe.

Die Betätigung der p r i v a t e n G e s e l l s c h a f t e n , denen in der ersten Entwicklungszeit vielfach die Überland-Elektrizitätsversorgung zu verdanken ist, liegt .heute mehr auf dem Gebiete der Energieerzeugung und des Energieexportes.

Die verschiedenen Unternehmungsformen waren im Jahre 1943 an der allgemeinen Elektrizitätsversorgung in folgender Weise beteiligt: Anteil an direkt bedienten

Art des Unternehmens

EnergieprodukEinwohnern tionsmöglichkeit in Prozenten

Kommunale Unternehmen Kantonale Unternehmen Zusammen Gemischte Unternehmen Genossenschaften Private Unternehmen Total

56 19

29 31

75

60

4 8 13

7 0 38

100

100

Die Elektrizitätsversorgung ist also weit überwiegend in der off entheben Hand, denn kommunale und kantonale Unternehmen versorgen % der Bevölkerung und verfügen über 60 % der Energieproduktionsmöglichkeit für die Stromabgabe an Dritte.

b. E n e r g i e w i r t s c h a f t .

Verbrauchszunahme. Über die Verbrauchszunahme seit Kriegsausbruch und in der gleichen ihm vorangehenden Zeitspanne gibt, getrennt für das Winter- und Sommerhalbjahr und die verschiedenen Verbraucherkategorien, die Tabelle l Auskunft. Da im Winter 1944/45 dank der aussergewöhnlich günstigen Wasserführung erstmals seit 1940/41 kerne Einschränkungen im normalen Verbrauch notwendig waren, entspricht die Energieabgabe dem damaligen Bedarf.

Aus den Zahlen der Tabelle ergibt sich die folgende Verbrauchssteigerung der normalen Inlandabgabe (d. h. der Abgabe ohne Elektrokessel und Speicherpumpen) : Verbrauchszunahme Im Laufe von 6 Winterhalbjahren 5 Sommerhalbjahren in Millionen Kilowattstunden

vor Kriegsausbruch seit Kriegsausbruch

434 1219

374 814

Um einen Begriff von der Bedeutung der seit 1938/39 eingetretenen gewaltigen Verbrauchszunahme (die im Winterdurchschnitt 67 % und in einzelnen Wintermonaten sogar bis 83 % erreichte) zu vermitteln, sei vergleichsweise erwähnt, dass sie beinahe zweimal so gross ist, wie die Produktion der Hinterrheinwerke sein würde.

100 Energieerzeugung und -Verwendung dei Elektrizitätswerke der allgemeinen Versorgung in Millionen Kilowattstunden.

Tabelle 1.

Art der Erzeugung bzw. Verwendung

Winterhalbjahr (1.X.-- 31.111.)

Sommerhalbjahr (1. IV.- 30. IX.)

1932/33 1938/39 1944/45 1934

1939 1944

Energieerzeugung

Wasserkraftwerke hievon: aus Speicherwasser . . .

Wärmekraftwerke . .

. . .

Bezug l) Einfuhr Total

1882 280 6 29 4 1871

2554 3797 5SS 704 15 1 19 182 40 53 2628 8983

2099 2893 10 28 2 2 39 23 0 2 2140 2920

8728 5 1 138 5 3872

Energie v er Wendung Haushalt Gewerbe 2) . .

Bahnen * . . . . . . .

3 Industrie ) ohne Elektrokesse . .

davon: Allgemeine Anwendungen .

Elektrochemie usw. . . .

Elektrokesse . . . . . . . . . .

Übertragungsverluste Speicherpumpen . . . .

. . . .

Inlandverbrauch ohne Elektrokessel und Speicherpumpen .

Inlandverbrauch mit Elektrokessel u n d Speicherpumpen . . . . . .

Total

637 122 868 285 83 49 267 14

748 1416 168 224 607 912 350 S2S 257 387 110 481 305 495 19 15

549 103 410 291 119 113 253 42

1394

1828 3047

1315

1689 2503

1457 414 1871

1957 3543 671 440 2628 3983

1470 670 2140

2028 3146 892 726 2920 8872

651 130 614 331 283 295 294 44

990 161 909 441 468 579 443 64

1

) Aus Bahn- und Industriekraftwerken.

) Inklusive Bureaux, Geschäftshäuser, Hotels, Spitäler, öffentliche Beleuchtung, Wasserversorgung, Landwirtschaft usw.

3 ) Betriebe, die dem Fabrikgesetz unterstellt sind und mehr als 20 Arbeiter beschäftigen.

2

In den vorstehenden Angaben ist der Mehrverbrauch der sogenannten Elektrokessel, in denen Dampf oder Heisswasser mit elektrischer Energie statt mit Kohle erzeugt wird, nicht berücksichtigt, weil die Beschaffung von Winterenergie für diesen Verwendungszweck wirtschaftlich kaum möglich ist.

101 Damit die Erzeugung von Dampf oder Heisswasser nicht teurer kam als mit Kohle, musate die elektrische Energie (zum Ersatz von l kg guter Importkohle sind bei industriellen Elektrokesselanlagen 6 bis 7 kWh notwendig) vor dem Kriege weit unter l Rp./kWh abgegeben werden. Durch die Erhöhung der Preise für Importkohle ist der äquivalente Energiepreis wohl gestiegen, gleichzeitig haben sich aber auch die Erstellungskosten neuer Kraftwerke erhöht. Die Belieferung der Elektrokessel beschränkt sich daher auf den Sommer und besonders nasse Winter, während in der übrigen Zeit die Brennstoffkessel in Betrieb sind.

Heutige Versorgungslage. Durch die Erstellung neuer und die Erweiterung bestehender Kraftwerke wird die mittlere Produktionsmöglichkeit im W i n t e r h a l b j a h r 1945/46 gegenüber dem Stand von 1988/89 eine Steigerung von rund 600 Millionen Kilowattstunden erfahren. Diese immerhin beachtliche Produktionssteigerung erreicht aber kaum die Hälfte der oben festgestellten Bedarfszunahme von 1219 Millionen Kilowattstunden, die zweifellos im nächsten Winter noch höher sein wird. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich mit aller Deutlichkeit die Verschlechterung der Versorgungslage, die im letzten Winter nur deshalb nicht zum Ausdruck kam, weil die Wasserführung und damit die Energieproduktion ganz aussergewöhnlich hoch waren.

Nachdem die Kohlenlieferungen von Seiten Deutschlands ausgeblieben waren, haben sich die Bundesbehörden bereits zu Beginn dieses Jahres veranlasst gesehen, ihrerseits die kurzfristigen Bewilligungen für die Ausfuhr elektrischer Energie nach diesem Lande zurückzuziehen und die langjährigen Bewilligungen, gestützt auf die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes, aus Gründen des öffentlichen Wohles bis auf weiteres ausser Kraft zu setzen.

Die vor dem Kriege entwickelte Energieausfuhr, ohne die die Kraftwerke, auf deren Produktion man jetzt zurückgreifen kann, nicht gebaut worden wären, erweist sich heute als sehr beachtliche Reserve für die Verbesserung der Inlandversorgung. Ohne diese Reserve würde schon bei mittleren Wasserverhältnissen ein beträchtliches Energiemanko bestehen.

Beim Ausbauzustand der Werke, wie er am 1. Oktober 1945 sein wird, steht für die allgemeine Versorgung bei mittleren Wasserverhältnissen im Winterhalbjahr eine Produktion von rund 8600 Millionen
Kilowattstunden zur Verfügung, wovon rund % mit den im Sommer in den Stauseen aufgespeicherten zum voraus bekannten Wassermengen und die übrigen % mit den im voraus nicht bekannten natürlichen Zuflüssen erzeugt werden, die in einem trockenen Winter sehr stark zurückgehen und in einem nassen Winter sehr stark ansteigen können. Die gesamte verfügbare Energie ist daher je nach Wasserführung sehr grossen Schwankungen ausgesetzt.

Verfügbare Energie im Winterhalbjahr in Millionen Kilowattstunden: Extrem trocken Mittel Extrem nass 2950 8600 4200

102 Bei mittleren Wasserverhältnissen und weitgehender Einschränkung der Energieausfuhr könnte der im nächsten Winter zu erwartende normale Bedarf vielleicht knapp gedeckt werden. Bei unterdurchschnittlicher Wasserführung wird dies nicht möglich sein. Selbst wenn man aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht verlangen wird, dass die Versorgung auch für den Fall extremer Trockenheit, wie sie etwa alle 25 Jahre eintritt, unbedingt gesichert sein müsse, sondern für einen solchen unwahrscheinlichen Fall gewisse Einschränkungen in Bechnung setzen wird, kann doch festgestellt werden, da.ss schon für eine einigermassen sichere Deckung des heutigen Bedarfes im Winter ein beträchtliches Produktionsmanko besteht.

Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren nicht verbessern, denn durch die im Bau befindlichen Werke (Lucendro, Kossens, Plessur und Julia) wird die verfügbare Energie von 1945/46 bis 1949/50 pro Winter nur um ca. 50 Mio kWh, im Verhältnis zur erwarteten Bedarfssteigerung also sehr bescheiden zunehmen. Die Erstellung eines grössern Speicherwerkes oder einer Gruppe von Speicherwerken drängt sich daher zweifellos auf. Solange die Kohlenknappheit anhält und solange kein grösseres Speicherwerk in Betrieb kommt, wird man im Winter bei unterdurchschnittlicher Wasserführung mit grösseren oder kleineren Einschränkungen im Energieverbrauch zu rechnen haben.

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass von der Elektrizitätsseite keine Lösung der akuten Kohlenkrise erwartet werden darf.

Auf dem G-ebiet der Elektrizitätsversorgung ist mit Bücksicht auf die mehrjährige Bauzeit für grössere Kraftwerke, im Gegensatz zu unseren übrigen einheimischen Energieträgern wie Holz, Kohle oder Torf, keine rasche Anpassung an eine kriegsbedingte Verbrauchssteigerung möglich. Die Probleme, die uns hier beschäftigen, haben daher auch nicht die Überwindung der heutigen Kohlenkriso, sondern die Deckung des' zukünftigen Eloktrizitätsbedarfes im Auge.

Die obenstehenden Zahleiiangabeii über die gewaltige Schwankung der Produktionsmöglichkeit erklären, warum zur guten Ausnutzung der Produktionsaiilagon neben der sogenannten normalen Energieabgabo, die natürlich in gewöhnlichen Zeiten nicht eingeschränkt werden kann, auch fakultative Energieabnehmer vorhanden sein müssen, die je nach Produktionsverhältnissen mehr
oder weniger stark beliefert werden, wie z. B. die bereits erwähnten Elektrokessel. Eine ähnliche Bedeutung hat auch die Energieausfuhr nach Ländern mit thermischen Energieerzeugungsanlagen, wohin die Lieferungen bei ungünstigen Wasserverhältnissen ebenfalls eingeschränkt werden können.

Im S o m m e r h a l b j a h r kann mit der heute verfügbaren Produktion von rund 4300 Millionen Kilowattstunden neben der vollen Deckung des normalen Inlandbedarfes und der vollen Belieferung der Elektrokessel noch ein beachtlicher Teil der Vorkriegsausfuhr aufrecht erhalten werden. Die Bereitstellung genügender Sommerenergie durch den Bau neuer Werke wird auch weiterhin keinen Schwierigkeiten begegnen..

103

c. F i n a n z w i r t s c h a f t .

Für die Beurteilung der Entwickhmgsaussichten der Elektrizitätsversorgung ist die Kenntnis ihrer finanziellen Lage von Bedeutung, so dass einige Angaben hierüber angezeigt sind.

Die Investitionstätigkeit, worüber Fig. 2, getrennt für den Bau von Kraftwerken einerseits und Ubertragungs- und Verteilanlagen anderseits, Aufschluss gibt, weist in den Jahren 1980 bis 1933, ausgelöst durch die vorangehende günstige Wirtschaftskonjunktur, ihr bisheriges Maximum auf. Die mit der folgenden Weltwirtschaftskrise verbundene Absatzhemmung hatte darauf eine Periode grösster Zurückhaltung zur Folge, so dass die Bauaufwendungon für neue Kraftwerke vorübergehend beinahe so tief waren wie in den Jahren vor 1918. Erst die Zunahme des Energieabsatzes in der unmittelbaren Vorkriegszeit und seit Kriegsausbruch hat wieder zur Inangriffnahme grosser Bauten geführt, die nun aber wiederum, wie im ersten Weltkrieg, mit einer bedeutenden Teuerung belastet sind.

Millionen Fr.

150

Millions de Frs.

150

1910

40

Fig. 2.

Jährliche Investitionen.

a Gßsamte jährliche Bauausgaben b Bauausgaben für Kraftwerke ft--a Bauausgaben für Ubertragungs- und Verteilanlagen

50

104 Gesamt-Netto-Bilan aller Elektrizitätswerke dei allgemeinen Elektrizitätsversorgung in Millionen Franken.

Aktiven und Passiven

Tabelle 2.

1930

1940

1943

Aktiven Erstellungskosten , Bisherige Abschreibungen, gungen .

* . , Anlagen * * . . .

Material und Warenvorräte

. * * * Rückstellungen, Til, . , . * ,

Saldo von Debitoren und Kreditoren, Banken, Diverses , Total

1690

2350

2605

709 981 20 21

1840 1010 30 54

1588 1017 40 79

71 1093

70 1164

65 1201

Passiven Aktienkapital im Besitze von Dritten 2) . . . .

a. im Besitze der Schweizerischen Bundesbahnen b. » » von Kantonen . . . . . . . .

c. » ,, » Gemeinden d. » » » Finanzgesellschaften, Banken und Privaten. . . . . .

Dotationskapital .

ct. der kantonalen Elektrizitätswerke b. » kommunalen Elektrizitätswerke Obligationenkapital a. der kantonalen und interkantonalen Elektrizib. » kommunalen Elektrizitätswerke . . . .

c. » staatlichen, kantonalen und kommunalen Gemeinschaftswerke . . . . . : . .

d. » gemischtwirtschaftlichen Werke . . . .

Dividende an Dritte Reservefonds und Saldovorträge Total

234

265

262

98 9

97 9

137 295 85 210 3 507

147 285 50 235 3 5S8

142 293 43 250 3 560

195 30

138 28

109 25

71 103 106 15 39 1093

125 127 120.

14 59 1164

146 127 153 15 68 1201-

--

92 5

n

u

*) Ohne Beteiligungen bei Elektrizitätswerken von 211 Millionen Pranken per Ende 1948.

2 ) D. h. ohne das im Besitze der Elektrizitätswerke befindliche Aktienkapital "von 211 Millionen Franken per Ende 1943.

105 Die gesamten bisher aufgewendeten Baukosten betrugen: 1910

1920

410

970

1940

1943

In Millionen Franken 1690 2350

1930

2605

Von diesen Baukosten -wurden etwas weniger als die Hälfte für Kraftwerke aufgewendet. Die Mittel für die bedeutenden Aufwendungen konnten dank der sorgfältigen Finanzgebarung zum grossen Teil aus den bisherigen Abschreibungen, Bückstellungen und Tilgungen, also aus den Betriebseinnahmen bereitgestellt werden.

Die Gesamt-Netto-Bilanz der Elektrizitätsversorgung, d. h. die Bilanz, die sich ergeben würde, wenn alle Unternehmen in einem einzigen vereinigt wären, ist in Tabelle 2 wiedergegeben.

Sie lässt auf der Aktivseite die eben erwähnte starke Selbstfinanzierung erkennen, die für die gesunde Entwicklung ausserordentlich bedeutungsvoll war, da der grösste Teil dieser Gelder keine Verzinsung erfordert. Der Bilanzwert der Anlagen (Baukosten abzüglich Abschreibungen, Bückstellungen und Tilgungen) hat sich von 1930 bis 1948 trotz Neuinvestierungen im Betrage von 915 Millionen Franken nur ganz unwesentlich, von 981 auf 1017 erhöht.

Die Elektrizitätsversorgung ist, wie die Passivseite der Bilanz zeigt, zu rund 85 % mit Obligationen, also festverzinslichen Geldern, finanziert ; denn auch das im Besitze der Schweizerischen Bundesbahnen, der Kantone und Gemeinden befindliche Aktien- und Dotationskapital ist durch Obligationengelder aufgebracht worden. Die überwiegende Bedeutung der Gemeinwesen in der schweizerischen Elektrizitätsversorgung (vgl. S. 99) kommt auch in der Finanzierung zum Ausdruck, indem vom gesamten Kapitalaufwand rund 70 % auf die Unternehmen der öffentlichen Hand entfallen.

Die gesamte Gewinn- und Verlustrechnung der Elektrizitätsversorgung ist aus Tabelle 3 ersichtlich. Die Steigerung des Absatzes von 1930 bis 1943 um rund 90% ergab eine Einnahmenvermehrung von nur 38%. Die durchschnittlichen Einnahmen aus der normalen Inlandabgabe (ohne Elektrokessol) beim Abonnenten betrugen: 1931

ca. 9,7

1938

ca. 7,8

1943

ca. 7,0 Bp./kWh

Der Bückgang der mittleren Einnahmen ist bis 1938 zum grössten Teil auf die vorgenommenen Tarifreduktionen, der seitherige Eückgang auf die stärkere Zunahme der niedrig tarifierten Energieabgabe zurückzuführen.

Für die Beurteilung der Erwerbsverhältnisse der Elektrizitätswerke gibt die Höhe der Einnahmen im Vergleich zu den Anlagekosten, in Anbetracht der ausgesprochenen Fixkostenstruktur der Elektrizitätsversorgung, einen guten Maßstab. Die Einnahmen erreichten: 1920

1930

1940

15,3%

15%

12,4%

1943

13,1%

der Anlagekosten, sind also im Verhältnis zu diesen immer noch etwas geringer als 1930.

106 Gesamte Gewinn- und Verlustrechnung aller Elektrizitätswerke der allgemeinen Versorgung in Millionen Franken, Einnahmen und Ausgaben

Tabelle 3.

1930

1940

1943

Einnahmen Inlandabgab . . . .

Energieausfuhr . . .

Ausserordentliche . .

Total

205 20 · 1,3 '

244 26 3

286 24 2

226,3

273

312

Ausgaben Verwaltung, Betrieb, " Unterhalt Steuern und Wasserzinse .

Abschreibungen, Rück Stellungen usw. .

Zinse nach Abzug der Aktivzinse , . .

Dividende . , Abgabe an öffentliche Kassen

. .

. .

. .

. .

Total

76,5 9,5 61 32,3 15 82

77 19 79 35 14 49

97 23 90 38 15 54

226,3

273

312

Bei den Ausgaben fällt die absolut und relativ starke Erhöhung der fiskalischen Belastung durch "Wasserzinse, Steuern und Abgaben an öffentlichen Kassen auf. Während die Gesamteinnahmen von 1980 bis 1948 nur um 88 % gestiegen sind, erhöhten sich die genannten Abgaben um 85 %.

Die Abschreibungen, Bückstellungen und Tilgungen müssen im Verhältnis zu den Anlagekosten beurteilt werden. Sie betrugen 1930

1940

4,0 %

3,6 %

1943 3 A 3,8 %

derselben, sind also im Jahre 1948 noch etwas niedriger als 1930.

Die gesamten Zinslasten haben sich von 1930 bis 1943, trotz der inzwischen erfolgten bedeutenden Erhöhung der Anlagekosten um 915 Millionen Franken, dank der bereits erwähnten hohen Selbstfinanzierung nicht erhöht. Eine Zinsersparnis von einigen Millionen Franken brachte die Senkung des durchschnittlichen Zinsfusses der Obligationenanleihen von 5,0 % im Jahre 1930 auf 4,2 % im Jahre 1940 und 3,8 % im Jahre 1948.

107 Einen interessanten Einblick in den Kostenaufbau vermittelt die nachstehende Aufstellung über den Anteil der verschiedenen Ausgabenposten an den Gesamtausgaben.

Anteil an den Gesamtausgaben, in Prozenten.

i k Jahr

1910 1920 1930 1940 1943

nfr^k'".^ untataTM

Abschreibungen, Rückstellungen

Zinse und Dividende

Wasserzinse und Steuern

31,4 88,4 34,0 28,2 31,1

26,8 21,8 26,5 29,0 28,8

31,8 23,3 21,0 17,9 15,4

2,7 3,7 4,3 7,0 7,4

Abgaben an offen«. Kassen

7,3 12,8 14,2 17,9 17,3

Der Anteil der Betriebskosten erreichte im Jahre 1920 seinen höchsten Wert und konnte dann merklich herabgesetzt werden, weist aber im Jahre 1943, infolge der Teuerung, wieder eine Zunahme auf. Abschreibungen und Fondseinlagen haben sich mit Ausnahme des Jahres 1920 nur wenig verändert.

Der Anteil der Zinsen und Dividenden ist ständig zurückgegangen und betrug 1943 nur noch 15,4 %, während er bei einem neuen Unternehmen, das noch keine Abschreibungen aufweist, etwa 50 % betragen würde.

Im Gegensatz zu den Zinsen und Dividenden beanspruchen die Steuern und Wasserzinsen sowie die Abgabe an öffentliche Kassen einen immer grösseren Anteil der Einnahmen. Der Bückgang an Zinsen und Dividenden ist, wie die Tabelle zeigt, jeweilen gerade durch eine entsprechende Erhöhung der fiskalischen Lasten ausgeglichen worden.

Zusammenfassung. Das in den vorstehenden Ausführungen gezeichnete Bild der finanziellen Entwicklung zeigt die schweizerische Elektrizitätsversorgung -- als Ganzes betrachtet -- in durchaus gesunder Verfassung ; natürlich ist die Lage nicht überall dieselbe. Dank der früheren sorgfältigen Finanzgebarung, insbesondere einer vorsichtigen Abschreibungspolitik und der in den letzten Jahren eingetretenen sehr guten Ausnützung der Anlagen, konnte der Preisstop für elektrische Energie aufrecht erhalten werden, ohne dass dadurch bisher die gesunde Finanzlage beeinträchtigt wurdet Die mit Rücksicht auf die gespannte Versorgungslage geforderte Erstellung eines grösseren Speicherkraftwerkes wird infolge der starken Teuerung der Baukosten die Finanzlage natürlich etwas ungünstiger gestalten, erscheint aber tragbar, sofern daran ein entsprechend grosses Absatzgebiet interessiert wird.

108 D. Erwartungen hinsichtlich der weitern Entwicklung.

l. Zukünftiger

Bedarf.

Der Energieverbraucher (Energie hier im allgemeinen Sinne verstanden) benötigt a priori weder Elektrizität noch Kohle oder Öl usw., sondern die Nutzformen dieser Energie, nämlich Licht, Kraft, Wärme oder chemisch gebundene Energie.

Der Licht- und Kraftbedarf (letzterer mit Ausnahme des Strassenverkehrs) wird schon heute praktisch vollständig mit elektrischer Energie gedeckt.

Die künftige Verbrauchssteigerung, mit der gerechnet werden darf, wird nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich ohne Schwierigkeiten mit elektrischer Energie befriedigt werden können.

Bei der Deckung des Wärmebedarfes hingegen ist die Schweiz weitgehend auf ausländische Brennstoffe angewiesen. Vom gesamten Wärmebedarf wurde im letzten normalen Jahr 1988 nur etwa */6 durch elektrische Energie gedeckt, obschon hiefür die Hälfte des Gesamtverbrauches an elektrischer Energie aufgewendet wurde (vgl. Tabelle Seite 97). Sofern sie die Wärme zu wettbewerbsfähigen Preisen liefern kann, steht der Wasserkraftelektrizität also hier noch ein weites Feld offen. Die Frage der Konkurrenzfähigkeit hängt hauptsächlich von zwei Faktoren ab, auf die die Schweiz sehr wenig Einfluss ausüben kann ; das sind einerseits die künftige Entwicklung der Kohlen- und ölpreise und anderseits die Entwicklung der Baukosten der Kraftwerke und Verteilanlagen. Beide Faktoren sind so schwer abzuschätzen, dass wir uns einer Prognose dieser Entwicklung enthalten wollen. Immerhin rechnen die Werke auf Grund eingehender Untersuchungen damit, dass auf gewissen Gebieten die Zunahme des Energieverbrauches für Wärmezwecke anhalten wird. Dabei denkt man z. B. an die vermehrte Verwendung der Elektrizität im Haushalt und in der Landwirtschaft. Gewerbe und Industrie ihrerseits werden, auch bei wieder normaler Kohlenversorgung, elektrische Energie zu Wärmezwecken dort verwenden, wo sie zu einer Verbesserung der Produkte oder zu einer rationelleren Arbeitsweise beiträgt.

Es ist bereits bei der Erörterung der heutigen Versorgungslage in Abschnitt C, Ziffer 2, darauf hingewiesen worden, dass schon der jetzige Bedarf die sofortige Inangriffnahme eines grosseren Speicherkraftwerkes oder einer Gruppe von Speicherwerken verlangt. Selbst wenn vielleicht ein gewisser durch die gegenwärtige Mangelwirtschaft bedingter Verbrauch wieder zurückgehen sollte, ergibt sich die
Notwendigkeit hiefür, wenn man an die zukünftige Entwicklung des Energiebedarfes denkt.

Bei der Prüfung der künftigen Entwicklung des Bedarfes an elektrischer Energie darf auch die Wiederaufnahme der heute in den Wintermonaten weitgehend eingestellten Energieausfuhr in Eechnung gezogen werden, soweit sich diese der veränderlichen Produktion unserer Laufkraftwerke anpassen lässt. Gerade die Kriegsjahre haben jedem Schweizer eindeutig den Wert eines Aussenhandelskompensationsobjektes wie die elektrische Energie be-

109

·wiesen. Hätte die Schweiz in ihren Wirtschaftsverhandlungen mit dem Ausland nicht unseren einzigen Bohstoff, der uns zur Ausfuhr zur Verfügung steht, in die Waagschale werfen können, so wären wir schon früher von der Zufuhr nötigster Betriebsstoffe abgeschnitten worden. Aber auch in Friedenszeiten ist die elektrische Energie ein wertvolles Gut unseres Aussenhandels. Unsere Ausfuhrpolitik geht nach der Bichtung, vorwiegend Sornniörenergie namentlich an Länder . abzugehen, die ihre elektrische. Energie in Dampfkraftwerken erzeugen müssen ; sie wird sich im übrigen auch nach der Kohlenpolitik richten.

Die Ausfuhr von Winterenergie wird künftig noch ausschliesslieher als bisher an den Vorbehalt geknüpft werden, dass der Export in trockenen Wintern eingeschränkt werden kann ; . so bildet die Energieausfuhr wie die Energieabgabe an Elektrokessel ein Mittel für die jederzeit möglichst vollständige Verwertung der verfügbaren Energie.

?·. Verfügbare

Wasserkräfte.

FJs hält ausserst schwer, bestimmte Ziffern über den Umfang der Wasserkräfte, die noch ausgenützt werden können, zu nennen, und zwar aus technischen und wirtschaftlichen Gründen.

Die Untersuchungen, auf welche Art die Wasserkräfte einer bestimmten Gegend am besten ausgenützt werden, führen oft zu wesentlich anderen Lösungen, als ursprünglich beabsichtigt war. Man sollte deshalb, um feste Zahlen für den Umfang der ausnütsjbaren Wasserkräfte nennen zu können, schon die genauen Pläne für den Ausbau kennen. Das ist aber für viele Ausbaustufen nur in generellster Weise der Fall.

Ferner ist es technisch möglich und von Vorteil, die Leistungen der vorhandenen Werke erheblich zu verbessern, sei es durch verbesserte maschinelle .Einrichtungen oder durch Vergrösserung des Stauvolumens, durch neue Wasserzuführungen u. a. Die Erhöhung der Staumauern bleibt in diesem Eahmen ein sehr interessantes technisches Problem.

Die Abdichtung natürlicher Seen, die bis jetzt wegen ihrer Undichtigkeit nicht als Stauseen benutzt werden konnten, ist ein weiteres Problem, das noch der Lösung harrt.

Zur Frage der Ausbauwürdigkeit einer Wasserkraft spielen nicht nur die Kosten für die Erstellung des Werkes eine Eolle. Von Belang sind auch noch die Kosten für die Zuführung der Energie vom Ort ihrer Erzeugung bis zum Orte des Verbrauches. Dass beim Verbraucher für die Nachfrage nach elektrischer Energie der äquivalente Preis fester oder flüssiger Brennstoffe eine ausschlaggebende Eolle spielt, ist bereits ausgeführt worden.

Für die Landesausstellung von 1914 machte das eidgenössische Amt für Wasserwirtschaft Studien über die noch zur Verfügung stehenden Wasserkräfte, die sich auf wirkliche Projekte stützten. Natürlich waren diese Projekte sehr generell und konnten der wirtschaftlichen Seite keine Eechnung tragen.

Diese Studien führten zu folgendem Ergebnis über die noch verfügbaren Wasserkräfte: Bundcsblatt. 97. Jahrg. Bd II.

8

110 bei gewöhnlicher minimaler Wasserführung ungefähr . . . .

875 000 PS bei beständiger Wasserführung mit Hilfe von Speicherseen ungefähr . . . '.

2175 000 PS Damals betrug die Leistungsfähigkeit der schon erstellten Kraftwerte 750 000 Pferdekräfte.

Später widmete sich das eidgenössische Amt für Wasserwirtschaft eingehenden Studien über die Speichermöglichkeiten für die Erzeugung von Winterenergie unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit. Im Zusammenhang mit diesen Studien -wurden im Jahre 1939 Schätzungen über Prodüktionsmöglichkeiten der gesamten noch zur Verfügung stehenden Wasserkräfte vorgenommen. Dabei -wurden von den Speicherwerken nur diejenigen berücksichtigt, bei denen der Gestehungspreis der Winterenergie niedriger als 6 Happen pro kWh ausfiel. Man kam so auf eine Schätzung der noch zur Verfügung stehenden Wasserkräfte von 12 Milliarden kWh, was bei einer mittleren Betriebsdauer der Werke von 5000 Stunden, im Jahr einer totalen Leistung von ungefähr 3 500 000 Pferdekräften entspricht. Die Leistungsfähigkeit der im Jahre 1939 vorhandenen Werke betrug 2 800 000 Pferdekräfte.

Diese Schätzungen umfassen nicht alle in letzter Zeit genannten Grossspeicherwerke. Wenn sie mitberücksichtigt werden, so dürfen die Schätzungen von 1989 um mehrere Milliarden kWh erhöht werden.

E. Notwendigkeit einer aktiveren Elektrizitätswirtschaftspolitik des Bundes.

Heute ist in der Schweiz ein grosser Teil der wirtschaftlichen Wasserkräfte ausgebaut. Die künftige Entwicklung des Bedarfes an elektrischer Energie ist besonders auf dem Gebiete der Verwendung zur Erzeugung von Wärme zu erwarten. Auf diesem Gebiete konkurriert die elektrische Energiemit den aus dem Auslande kommenden festen und flüssigen Brennstoffen.

Die Energiepreise können deshalb nicht beliebig hoch sein. Das wird zur Folge haben, dass die Interessenten für den Bau neuer Werke noch mehr als bisher nur die nach ihrer Auffassung wirtschaftlichsten Wasserkräfte ausnützen, wollen. Diese Tendenz führt unweigerlich zu Interessenkonflikten mit den Kantonen, welche die Konssessionshoheit besitzen. Entweder drängen diese darauf, dass diese Wasserkräfte in der von ihnen gewünschten Beihenfolge ausgenützt werden, wozu ihnen aber gewöhnlich die Machtmittel fehlen, oder die Kantone sind selber an Elektrizitätsunternehmungen beteiligt, die sich mit andern um die Verleihung von Wasserrechten bewerben. Dann sind sie bei der Erteilung von Verleihungen nicht mehr frei, sondern haben naturgemäss in erster Linie die Interessen der Gesellschaften, aii denen sie beteiligt sind, zu berücksichtigen.

Unsere Elektrizitätswerke sind zum Teil schon heute ausserstande, sich 2ur konstanten Lieferung grösserer Strommengen für das ganze Jahr zu verpflichten, weil schon in nicht einmal sehr trockenen Wintern die Energieabgabe eingeschränkt werden muss. Die Elektrizitätswerke sind deshalb gezwungen,

Ili vorerst neue Speicherwerke zu schaffen, bevor sie an den Bau neuer Laufwerke herantreten können. Wenn die Speicherwerke nicht erstellt werden, resultiert für den Winter ein Energiemangel, der sich für die Wirtschaft des ganzen Landes ungünstig auswirkt. In den Kriegszeiten verstand der Energieverbraucher Einschränkungsmassnahmen und nahm sie ·willig auf sich. In normalen Zeiten wird er von den Werken verlangen, dass sie sich genügend und beizeiten vorsehen, um auch in trockenen Wintern ihre Lieferungaverpflichtungen erfüllen zu können. Entgegen frühern Befürchtungen hat sich erwiesen, dass die Werke auch gewillt sind, diese Vorsorge zu treffen. Heute stossen sie aber teilweise auf Schwierigkeiten bei der Suche nach ausbauwürdigen Speichermöglichkeiten.

Wir erachten es deshalb als Pflicht des Bundes, sich für die Behebung solcher Schwierigkeiten einzusetzen, um einem Energiemangel zu steuern. Heute, da jeder Industriebetrieb, jeder Gewerbetreibende, jeder Landwirt, ja fast jede Haushaltung elektrische Energie konsumiert, würde sich ein Energiemangel zu ihrer aller Nachteil auswirken und der Förderung der geineinsamen Wohlfahrt aller Eidgenossen, die nach Art. 2 der Bundesverfassung einer der Zwecke der schweizerischen Eidgenossenschaft ist, abträglich sein.

F. Was kann der Bund für den weitern Ausbau der Wasserkräfte tun P 7. Wasser- und cnergiewirtsohafthche Untersuchungen.

Die eidgenössischen Ämter für Wasserwirtschaft und Elektrizitätswirtschaft werden auch in Zukunft ihre Arbeiten für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte und die Verwendung der produzierten Energie fortsetzen und intensivieren. Insbesondere wird das Amt für Wasserwirtschaft als Zusammenfassung seiner bisherigen Einzelbearbeitungen einen Gesamtplan für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte aufstellen, der für die Zukunft das Programm des Bundes sein soll, an das sich die Kantone bei der Erteilung von Verleihungen und die Werke beim Bau zu halten haben. Selbstverständlich wird dieser Plan kein starrer sein, er wird sich jederzeit den neuen Gegebenheiten und Erkenntnissen der Technik und der Wirtschaft anpassen müssen. Sehr oft ergeben sich erst bei der Prüfung der Projekte neue Ideen für die Ausnützung.

Auf semer Seite wird das Amt für Blektrizitätswirtschaft auf Grund seiner Statistiken über die Elektrizitätserzeugung
und den Elektrizitätsverbrauch die Verhältnisse auf diesem Gebiete weiter verfolgen und daraus die Schlüsse für eine rationelle Entwicklung der schweizerischen Eloktmitätswirtschaft ziehen.

Z. Beeinflussung der interessierten Unternehmungen und Kantone.

Bis heute haben die Elektrizitätsunternehmungen und Ingenieurbureaus ihre Projekte für den Bau von Elektrizitätswerken aufgestellt und oft auch an die Öffentlichkeit gebracht, ohne dass die zuständigen Instanzen der Bundesverwaltung Gelegenheit erhielten, dazu Stellung zu nehmen, bevor sie ihnen von den Kantonen vorgelegt wurden. Es wäre wünschenswert, dass inskünftig

112 baulustige Unternehmungen und Ingenieurbureaus von ihren Projekten die eidgenössischen Behörden in Kenntnis setzten. Diese erhielten damit die Möglichkeit, beizeiten zu prüfen, ob diese Projekte den allgemeinen Plänen für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte entsprechen. Ist das der Fall, so könnten die zuständigen eidgenössischen Ämter mit den betreffenden Kantonen in Verbindung treten.

Auch die Kantone können eingeladen werden, ihrerseits für ihr Kantonsgebiet einen Ausbauplan aufzustellen und dem Bunde mitzuteilen, welche Wasserkräfte sie zur Verfügung stellen würden. So würde es möglich, die Interessenten zusammenzuführen, ihnen Vorschläge zu unterbreiten, kurz, Verleihungen zu vermitteln, ohne dass vorher grosse und 'oft fruchtlose öffentliche Kampagnen durchgeführt werden müssen und mit, viel Geld Projekte ausgearbeitet werden, mit deren Verwirklichung nie zu rechnen ist.

Dass dieser Weg gangbar ist, haben die jüngsten Verhandlungen mit den Kantonen Graubünden und Tessin gezeigt. Die an der Erstellung eines Kraftwerkes Hinterrhein interessierten Unternehmungen wurden darauf hingewiesen, dass diese Kantone noch andere unausgenützte Wasserkräfte aufweisen und zu Verleihungen geneigt wären; die Kantone wurden ersucht, mit den Unternehmungen in Verhandlungen zu treten. Das eidgenössische Amt für Wasserwirtschaft hat seine Dienste für die Aufstellung von summarischen Vorschlägen zur Verfügung gestellt ; wir haben eine Expertenkommission bestellt, die prüfen soll, ob die Stellungnahme einiger interessierter Unternehmungen zu den ihnen vorgelegten Projekten richtig ist. Die Verhandlungen und Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Wir hoffen aber bestimmt, dass sie greifbare Ergebnisse zeitigen werden.

3. Erweiterung der besteilenden eidgenössischen Wasserwirtschaftskommission und Verschmelzung mit der eidgenössischen Kommission für die Ausfuhr elektrischer Energie, Art, 73 des Wasserrechtsgesetzes sieht eine Kommission zur Vorberatung und Begutachtung von Fragen und Geschäften aus dem Gebiete der Wasserwirtschaft vor. In unserer Verordnung vom 14. September 1917 sind die Befugnisse und die Organisation dieser Wasserwirtschaftskommission geregelt. Die Kommission soll sich aus Sachkundigen auf dem Gebiete der Technik, des Eechts und der Verwaltung zusammensetzen unter möglichster
Berücksichtigung der verschiedenen Landesgegenden. Aufgabe der Kommission soll aein, allgemeine und spezielle Fragen auf dem Gebiete der Nutzbarmachung der Wasserkräfte, der Verwendung der Elektrizität und der Schiffahrt zu begutachten und gesetzgeberische Erlasse über diese Materie vorzubereiten. Entscheidungskornpetenzen stehen der Kommission nicht zu; sie hat nur beratende Funktionen. Die Kommission zerfällt in eine Abteilung für Wasserkräfte und für Schiffahrt. Präsidiert wird sie vom Vorsteher des eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements.

113

Neben der eidgenössischen Wasser-Wirtschaftskommission besteht auf Grund von Art. 2 unserer Verordnung vom 4. September 1924 über die Ausfuhr elektrischer Energie ebenfalls unter dem Vorsitz des Vorstehers des eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements eine fünfgliodrige Kommission, in der die. Produzenten und Konsumenten elektrischer Energie gleichmässig vertreten sind, mit der Aufgabe, die Gesuche um Ausfuhr elektrischer Energie sowie allgemeine damit in Zusammenhang stehende Fragen zu begutachten.

Wir beabsichtigen, die eidgenössische Wasserwirtschaftskommission zu einer eidgenössischen Wasser- und Elektrizitätswirtschaftskommission auszubauen und mit der eidgenössischen Kommission für die Ausfuhr elektrischer Energie zu verschmelzen, wobei sich die neue Kommission wie die bisherigen in verschiedene Sektionen gliedern wird.

Die Aufgaben der Kommission sollen gegenüber den bisherigen ausgebaut werden. Sie soll den Bundesrat in allen Fragen der Nutzbarmachung der Wasserkräfte, der Verwendung der elektrischen Energie, ihrer Ausfuhr, der Schifffahrtswege beraten. Sie soll den Plan für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte, allfällige Rekurse gegen die Verweigerung von Wasserrechtskonzessioncn durch einen Kanton, die Gesuche um Ausfuhrbewilligungen usw.

begutachten; sie wird zu gesetzgeberischen Erlassen auf diesen Gebieten Stellung nehmen usw.

In allen Zweigen der Bundesverwaltung hat sich der Bundesrat die wertvolle Mitarbeit beratender Kommissionen gesichert. Wir sind davon überzeugt, dass eine solche Kommission auch auf dem Gebiete der Elektrizitätswirtschaft grosse Dienste leisten wird.

4, Revision der Verfassung?

Es scheint uns symptomatisch zu sein, dass niemand bei der parlamentarischen Beratung des Postulates Klöti die Eevision des Art. 24Ma der Bundesverfassung oder den Erlass eines neuen Verfassungsartikels zur Erweiterung der Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiete des Wasserrechtes und der Elektrizitätsversorgung angeregt hat. Es ist allen eingeweihten Kreisen bewusst, dass eine Verfassungsrevision nicht nur lange Zeit in Anspruch nimmt, sondern dass sie gerade auf diesem Gebiete zu Diskussionen über das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen führen müsste, die heute nicht opportun sind. Wir möchten um so weniger eine Verfassungsrevision empfehlen, als, wie wir im nächsten
Abschnitt darlegen werden, der jetzige Verfassungsartikel dem Bunde genügend Möglichkeiten - bietet, auf dem Gebiete der Elektrizitätspolitik aktiver als bisher einzugreifen.

5. Eevision des Wasserrechtsgeselzes (Vorschlag Bührer), Ständerat Bührer hat in seinem ursprünglichen Abänderungsantrag zum Postulat Klöti vom Bundesrat einen Bericht gewünscht, ob und wie die gegenwärtige Wasserrechtsgcsotzgebung den heutigen Anforderungen angepasst werden könnte.

114 Wir haben im Abschnitt B dieses Berichtes dargelegt, dass das geltende Wasserrechtsgesetz wegen der zahlreichen Kompromisse, die zwischen den zentralistischen und den föderalistischen Anschauungen abgeschlossen werden mussten, manche logische und andere Mängel aufweist. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, würde sich eine G-esamtrevision des Gesetzes aufdrängen.

Hiezu gilt aber dasselbe, was von einer Verfassungsrevision gesagt worden ist : das Revisionsverfahren nähme viel zu viel Zeit in Anspruch (das Gesetz von 1916 lag vier Jahre bei den eidgenössischen Bäten), zu viel Probleme würden aufgeworfen und mussten erst eingehend geprüft werden. Das geltende Gesetz weist einen deutlich föderalistischen Charakter auf, an dem wir grundsätzlich nicht rütteln möchten, da er dem Wesen und Aufbau der schweizerischen Eidgenossenschaft entspricht. Wenn das Gesetz einer Gesamtrevision unterzogen würde, so würden wie in den Jahren 1912 bis 1916 weit auseinandergehende Interessen aufeinanderprallen. Wie damals wäre es nur'durch Abschluss von Kompromissen möglich, diese entgegengesetzten Interessen zu berücksichtigen, so dass mit Bestimmtheit damit gerechnet werden darf, dass auch ein neues Wasserrechtsgesetz nicht aus einem Gusse sein würde.

Wir halten es deshalb für richtiger, dass das Gesetz nur in den wenigen Punkten revidiert wird, die dem Bunde eine aktivere Elektrizitätspolitik ermöglichen durch Erweiterung der Kompetenzen des Bundes, soweit es der Eahmen des Art. 24Ms BV erlaubt. Dabei denken wir an die vier folgenden Punkte : a. A u f s t e l l u n g eines verbindlichen Ausbauplanes. Schon das in Abschnitt B, Ziffer 3, lit. Ì), erwähnte Kreisschreiben vom 28. März 1918 legte Art. 5 WEG dahin aus, dass Kantone nur Konzessionen verleihen dürfen für Werke, deren Pläne vom Bunde genehmigt sind. Dieser Grundsatz sollte ins Gesetz aufgenommen und verallgemeinert werden. Es sollen inskünftig Werke nur gebaut werden dürfen, wenn sie dem von den Bundesbehörden aufgestellten allgemeinen Plan für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte entsprechen.

Dieser Plan wird selbstverständlich so elastisch und generell sein, dass die Kantone trotzdem noch über den ihnen zukommenden Spielraum, innerhalb dessen sie die Verleihung erteilen, verfügen können.

b. Bekursrecht an den B u n d e s r a t bei der
Verweigerung der Verleihung eines Wasserrechts von nationalem Interesse durch einen Kanton und Erteilung der Verleihung im B e k u r s f a l l e durch den B u n d e s r a t , d. h. Ausdehnung des heute schon bestehenden Eekursrechtes des Art. 11 WEG auf alle Kantone, statt nur auf die, in welchen Gemeinden, Bezirke oder Uferanstösser verfügungsberechtigt sind. Bei Gutheissung des Eekurses wird dann der Bundesrat wie im Falle der interkantonalen Gewässer die Verleihung im Namen des Kantons geben. Damit würde der Gedanke wieder aufgenommen, den der Bundesrat in seinem ursprünglichen Gesetzesentwurf von 1912 vertrat (vgl. oben Abschnitt B, Ziffer 2). Er wurde bekanntlich damals leidenschaftlich bekämpft, weil darin ein Übergriff über die Verfassungsbestimmnng des Art. 24bls hinaus erblickt wurde.

115 Das Eecht des Bundes, gegen die Verweigerung der zweckmässigen Nutzbarmachung eines Gewässers durch den Kanton zur Wahrung der öffentlichen Interessen einzuschreiten, lässt sich aus Art. 24Ms, Abs. 2 und 3, BV, ableiten. Den Kantonen steht die Begelung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte nur unter dem Vorbehalt der vom Bunde erlassenen allgemeinen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu. Kommt der Bundesgesetzgeber zum Schlüsse, dass zur Erfüllung dieser Aufgabe es nicht mehr den Kantonen überlassen werden kann, in letzter Instanz über die Verleihung eines Wasserreohtes von nationalem Interesse zu entscheiden, so kann er ohne Verletzung der Verfassung diese Konzessionskompetenz dem Bunde vorbehalten.

Es wurde seinerzeit behauptet, es liege ja im ureigensten Interesse der Kantone selber, Verleihungen zu gewähren, weshalb es gar nicht vorkommen werde, dass sich ein Kanton gegen eine zweckmässige Nutzbarmachung seiner Wasserkräfte sperren werde. Diese Behauptung traf solange zu, als noch Wasserkräfte im Überfluss zur Auswahl standen. Je mehr sich aber der Ausbau der Wasserkräfte auf die noch vorhandenen besonders wirtschaftlichen konzentriert, häufen sich die Schwierigkeiten, denen sich ein Kanton bei der Verleihung gegenüber sieht. Es zeigen sich namentlich Hindemisse politischer Art, die einen Kanton zwingen können, den Interessen einer bestimmten Kantonsgegend Zugeständnisse zu machen, die den allgemeinen schweizerischen öffentlichen Interessen widersprechen. Für solche Fälle muss eine Bundesinstanz da sein, die nicht nur entscheidet, ob der Kanton zu Eecht oder Unrecht die Konzession verweigert hat, sondern die ira Falle der Gutheissung der Beschwerde auch gleich die Konzession im Namen dos Kantons erteilt. Wir haben auch anderweitig schon die Erfahrung gemacht, dass Kantone in derartigen Fällen den Entscheid ganz gerne den Bundesbehörden überlassen. Damit im Emzelfall «in gewisser Anhaltspunkt besteht, wann ein Kraftwerk oder eine Kraftwerkgruppe nationales Interesse beanspruchen kann, wird im Entwurf für eine Novelle zum Wasserrechtsgesetz eine Mindestproduktionsmöglichkeit von 100 Millionen Kilowattstunden im Jahr vorgesehen.

c. Hinfall n i c h t a u s g e n ü t z t e r Konzessionen. Art. 54 WEG schreibt
für Verleihungen über mehr als 50 Pferdekräfte die Aufnahme von Bestimmungen über die Fristen für den Anfang der Bauarbeiten und die Eröffnung des Betriebes obligatorisch vor. Art. 65 WEG überlässt es dann aber wieder der Verleihungsbehörde, d. h. in den meisten Fällen den Kantonen, die Verleihung als verwirkt zu erklären, wenn diese Fristen nicht eingehalten werden.

Die Praxis hierüber ist in den verschiedenen Kantonen ungleich. Es gibt Kantone, die sich bis heute nicht d:,zu entschliessen konnten, Verleihungen als verwirkt zu erklären, obschon während Jahrzehnten nichts für den Bau des betreffenden Werkes unternommen wurde. Es braucht nicht näher ausgeführt zu werden, zu welch unhaltbaren Zuständen eine derartige Praxis führt. Wir halten deshalb dafür, dass die Kantone in den Fällen des Art. 65 WEG künftig

116

die Verleihung verwirkt erklären müssen. Lit. a des Artikels trägt der Möglichkeit, Fristverlängerungen zu gewähren, genügend Rechnung.

Diese obligatorische Verwirkterklärung soll sich auf alle auf Grund des bestehenden Gesetzes bereits erteilten Verleihungen ausdehnen. Das verstösst nicht gegen den Grundsatz des Schutzes wohlerworbener Eechte, da dieser Schutz sich nur innerhalb des Rahmens der jeweiligen Rechtsordnung bewegt.

d. A n s e t z u n g von Fristen für die Behandlung von Konzessionsgesuchen. Es wird von den Konzessionsbewerbern immer wieder gerügt, dass ihre Konzessionsgesuche bei den Verleihungsbehörden viel zu lange liegen bleiben. Dasselbe sei der Fall bei Rekursen in Kantonen, in denen dieser Beschwerdeweg gegen verfügungsberechtigte Gemeinden 'und Bezirke möglich ist.

Dieser Vorwurf mag da und dort berechtigt sein, so dass grundsätzlich für die Behandlung von Verleihungsgesuchen eine Maximalfrist von beispielsweise zwei Jahren in Art. 60 des Gesetzes aufgenommen werden sollte. Die Bestimmung kann aber nicht mehr als eine Anweisung an die zuständigen Behörden bedeuten, irgendwelche Folgen würden sich an die Nichteinhaltung der -Frist nicht knüpfen.

6. Gründung einer gemeinwirtschaftlichen Unternehmung (Postulat Klöti).

In seinem ursprünglichen Postulat schlug Ständerat Klöti die Schaffung eines gemeinwirtschaftlichen Unternehmens mit Beteiligung von Bund, grössern Elektrizitätsunternehmungen und Verbrauchergruppen zur Projektierung, Erstellung und zum Betrieb der noch auszubauenden grossen Elektrizitätswerke vor. Obschon der vom Ständerat angenommene Wortlaut des Postulates diesen Programmpunkt nicht enthält, wollen wir doch eingehend auf diesen Vorschlag eintreten, weil er nach den Gedankengängen seines Urhebers allein geeignet sein soll, einen Ausweg aus dem gegenwärtigen Dilemma, zu zeigen.

a, Ständerat Klöti knüpft an die von ihm vorgeschlagene gemeinwirtschaftliche Unternehmung folgende E r w a r t u n g e n : Durch die Zusammenfassung aller am Bau grosser Kraftwerke interessierten Kreise in einer gemeinsamen Unternehmung wird die heutige ungesunde und kostspielige Rivalität in der Aufstellung von Projekten vermieden; die gesamtschweizerischen öffentlichen Interessen können von einer Unternehmung, an der der Bund massgebend beteiligt ist, besser gewahrt werden als von
rein privaten Interessenvereinigungen. Aus der Tatsache der Beteiligung des Bundes ergibt sich eine Erhöhung der Verständigungsmöglichkeit mit den kantonalen.

Verleihungsbehörden, die in den privaten Verleihungsbewerbern sehr oft rein profitwirtschat'tlich eingestellte Kreise vermuten.

Ì). Wir haben oben unter Abschnitt B, Ziffer 4, lit. d ausgeführt, dass die geltenden V e r f a s s u n g s b e s t i m m u n g e n dem Bunde die Möglichkeit einer Beteiligung an der Versorgung des Landes mit elektrischer Energie nicht geben.. Dem.

Art. 28 BV, der denBund berechtigt, im Interesse der Eidgenossenschaft ein öf f ent-

117

liebes Werk zu errichten oder seine Errichtung zu unterstützen, steht als lex specialis der Art. 24blB BV gegenüber, der die Kompetenzen des Bundes auf dein Gebiete des Wasserrechtes gegenüber den Kantonen streng abgrenzt.

Zur Gründung einer allgemeinen schweizerischen Elektrizitätsunternehmung des Bundes und der damit verbundenen Verschiebung von sehr grossen Interessen aus der Domäne der Kantone in diejenige des Bundes wäre eine Verfassungsänderung notwendig. Ob eine solche Verfassungsänderung heute Aussicht auf Erfolg hat, bezweifeln wir. Auf jeden Fall kommt sie zur Lösung der gegenwärtigen Probleme, wie wir bereits unter Abschnitt E, Ziffer 8, gesagt haben, nicht in Frage.

c. Die Schaffung einer allgemeinen schweizerischen Elektrizitätsunternehmung des Bundes ist aber auch aus andern Gründen nicht erstrebenswert : aa, Müsste diese gemeinwirtschaftliche Unternehmung sich um eine kantonale Wasserrechtskonzession bewerben, so könnte der Fall eintreten, dass der Bund gleichzeitig Partei und Eichter wäre (Art. 11 WEG). Auch in der Ausübung seiner Oberaufsicht auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung wäre der Bund nicht mehr unparteiisch. Eine derartige unerfreuliche Stellung sollte für den Bund auf alle Falle vermieden werden.

Hb. Der Bund müsste sich mit namhaften finanziellen Mitteln an der allgemeinen schweizerischen Blektrizitätsunternehmung - beteiligen. Es könnte ihm nicht zugemutet werden, dass er als Minorität keinen massgebenden Einfluss in der Verwaltung der Gesellschaft erhält. Ob er bei den ihm durch den Krieg und die Nachkriegsaufgaben aufgebürdeten Lasten weitere grosse Mittel für neue Aufgaben zur Verfügung stellen kann, ist fraglich.

cc. Aber sogar bei einer namhaften finanziellen Beteiligimg des Bundes an der Gesellschaft stünde er seinen Partnern in der Gesellschaft nicht auf gleichem Fusse gegenüber. Diese verfügen als Verleihungsbehörde (Kantone) oder als monopolartige Besitzer von Energieabsatzgebieten (75 % der Einwohner der Schweiz werden von kantonalen und Gemeindewerken mit elektrischer Energie beliefert, 25 % von Genossenschaften, gemischtwirtschaftlichen und privaten Unternehmungen) über Druckmittel, die dem Bunde nicht zur Verfugung stehen. So könnte der Einfluss durch die übrigen an der Gesellschaft Beteiligten mit diesen Druckmitteln erheblich gelähmt werden.

d. Der
Zweck des Postulates Klöti lässt sich nur erreichen, wenn dem Bund auf dem Gebiete des .Wasserrechtes vermehrte Kompetenzen gegeben werden, sei es nun durch eine Eevision der Verfassung oder des Gesetzes. Die Gründe, die für und gegen derartige Eevisionen sprechen, haben wir bereits dargelegt.

e. Für die Beantwortung der von Ständerat Klöti bei der Behandlung seines Postulates gestellten Fragen sind uns gewisse Eeserven auferlegt, da der Bekurs des Konsortiums Kraftwerke Hinterrhein gegen den Kleinen Eat des Kantons Graubünden betreffend Verweigerung der Konzession für den Stausee Splügen noch nicht entschieden ist.

118 Die Fragen l und 2 über die Höhe des künftigen Energiebedarfes und seine Deckung sind durch die Ausführungen im Abschnitt D beantwortet worden.

Auf die Fragen 3 und -i, ob man a-n den Bau ganz grosser Speicherwerke herantreten solle oder sich mit dem Ausbau kleinerer Werke begnügen kann und welches der beiden grossen Werke Kheinwald und Urseren allenfalls den Vorzug geniesst, wollen wir heute noch nicht eintreten. Im Zusammenhang mit dem erwähnten. Eekursverfahren ist, worauf bereits auf S. 112 dieses Berichtes hingewiesen worden ist, eine Expertenkommission bestellt worden, die uns darlegen soll, ob wirklich der Bau. anderer Speicherwerke als der Hinterrheinwerke im Kanton Graubünden und den angrenzenden Teilen des Kantons Tessin unter den heutigen Verhältnissen nicht wirtschaftlich ist. Diese Expertenkommission hat ihr Gutachten noch nicht abgegeben. Wenn wir uns aber die Zahlen über den in den nächsten Jahren im Winter zu deckenden Energiebedarf vorlegen,. liegt der Schluss nahe, dass nur der Bau grosser Speicherwerke uns für längere Zeit von der Kalamität periodischen Energiemangels in trockenen Wintern .befreien kann.

Auch die letzte Frage, ob Gewähr dafür bestehe, dass die Ausnutzung von Wasserkräften,. deretwegen eine ansehnliche Zahl von Familien ihre Heimstätten verlassen müssen, restlos in den Dienst des Volkes gestellt werden und nicht privatmonopolistischer Spekulation dienen, kann hier nicht beantwortet werden. Darüber hat die Verleihungsbehörde zu entscheiden, der die Zusammensetzung der Interessenten an der Verleihung bekannt ist. Bis jetzt vertraten wir immer den Standpunkt, es liege schon allein die Ausnützung der schweizerischen Wasserkräfte im Interesse unseres Landes und Volkes. Es haben auch Kantone und Gemeinden Elektrizitätsunternehmungen gebildet, die heute einen wesentlichen Teil unserer Energieproduktion beherrschen und denen in keiner Weise Spekulation im Interesse privater Kapitalkreise vorgeworfen werden kann. Sie sind an der gesamten Energieproduktion für den Verkauf mit 60 % beteiligt.

7. Andere Massnahmen (Vorschläge Weck).

Ständerat Weck hat uns ersucht, bei der Beantwortung des Postulates auch auf die Eingabe des Schweizerischen elektrotechnischen Vereins (SEV) und des Verbandes schweizerischer Elektrizitätswerke (VSE) vom 81. Juli 1948 .auf Förderung des
Ausbaues der schweizerischen Wasserkräfte durch den Bund einzutreten. Wir sind hiezu bereit, soweit die gestellten Fragen in der Zwischenzeit bereits abgeklärt werden konnten. Die Eingabe des SEV und VSE bezieht sich auf folgende Punkte: a. Förderung der Wasserrechtsverleihungen.

Wir haben bereits in Abschnitt F, Ziffer 2, auf unsere Bemühungen bei den Kantonen für eine beförderliche Erledigung der Verleihungsgesuche und unsere Bereitschaft zur Vermittlung zwischen den am Bau neuer Werke interessierten

119 Kreisen und den Verleihungsbehörden hingewiesen. Wir wiederholen hier, dass wir jederzeit unsere Mitarbeit in dieser Sichtung zur Verfügung stellen.

6. Tiefe Ansetzung der kantonalen Konzessionsgebühren.

Die kantonalen Abgaben für die Verleihung von Wasserkräften sind im WEG- maximal begrenzt. Bis heute haben sie kein Hindernis für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte gebildet. Sie bilden auch keinen entscheidenden Kostenfaktor, wenn sie auch im einzelnen ganz respektable Höhen erreichen und für den Finanzhaushalt der betreffenden Kantone eine wichtige Eolle spielen.

c. Bekämpfung der Schwierigkeiten in der Beschaffung der Baustoffe und Arbeitskräfte.

Es ist selbstverständlich und braucht hier nicht näher dargelegt zu werden, dass wir uns nach wie vor aufs äusserste anstrengen, allgemein diese Schwierigkeiten zu bemeistern, nicht nur auf dem Gebiete der Energiewirtschaft. Das eidgenössische Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt und alle seine Sektionen bemühen sich dauernd, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Heute bereitet uns namentlich die Beschaffung des für die Erstellung grosser Stauwerke in gewaltigen Mengen erforderlichen Zements grosste Sorge.

d. Bekämpfung der Erhöhung der Baukosten, Hier dürfen wir auf die grossen Anstrengungen der eidgenössischen Preiskontrollstelle seit Beginn des Krieges hinweisen, die alles daran setzt, nicht nur die Kosten der Lebenshaltung, sondern auch die Baukosten nicht weiter steigen zu lassen, ja nach Möglichkeit auch Preissenkungen zu erreichen.

e. Lockerung des Preisstops für die Abgabe elektrischer Energie.

Diese Forderung steht im Gegensatz zur vorhergehenden. Bis heute vertrat die eidgenössische Preiskontrollstelle mit Eecht den Standpunkt, es könne den schweizerischen Elektrizitätswerken bei ihrer gegenwärtigen finanziellen Lage und den jetzigen Verhältnissen, da sie die letzte kWh verkaufen können, zugemutet werden, auf eine generelle Erhöhung der Energiepreise zu verzichten.

Sollte der Bau neuer Anlagen bei den heutigen hohen Gestehungskosten die Werke derart belasten, dass dieser Standpunkt nicht mehr vertreten werden kann, wird die Preiskontrollstelle das Problem neu prüfen. Der Nachweis, dass neue Werke nur gebaut werden können, wenn Erhöhungen der geltenden Energietarife gestattet werden, scheint uns aber noch nicht erbracht
worden zu sein.

/. Fiskalische Erleichterungen.

Die eidgenössische Steuerverwaltung wird mit Bezug auf die steuerrechtliche Erfassung der Abschreibungen der durch die Kriegsteuerung überhöhten Anlagekosten den Elektrizitätsunternehmung :.,n gleich wie allen andern Industrieunternehruungen entgegenkommen. Bis heute haben die Elektrizitätswerke nicht darzutun vermocht, dass sie wegen der Behandlung durch die eidgenössischen Steuerbehörden ausserstande gesetzt worden wären, auch während des Krieges bauen zu können.

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g. Erleichterung in der Kapitalbeschaffung.

Die schweizerischen Elektrizitätsunternehinungen sind in der Lage, neue Investitionen mit den aus den jährlichen Abschreibungen und Eücklagen frei gewordenen Mitteln weitgehend selber zu finanzieren. Soweit sie für den Bau neuer Werke fremde Mittel benötigen, werden ihnen die heutige flüssige Geldmarktlage und ihre Kreditwürdigkeit erlauben, diese Mittel ohne grosse Schwierigkeiten aufzubringen.

G. Schlussîolgerungen.

1. Unter der geltenden Gesetzgebung hat die schweizerische Elektrizitätswirtschaft eine stete und erfreuliche Entwicklung genommen. Der Verbrauch an elektrischer Energie ist besonders in den Kriegsjahren, zum Teil veranlasst durch den Mangel an festen und flüssigen Brennstoffen, gewaltig gestiegen.

Die Elektrizitätswerke der allgemeinen Versorgung haben irn letzten Winterhalbjahr (1944/45) für den normalen Inlandverbrauch ohne Elektrokessel 67 % mehr Energie abgegeben als im letzten Eriedenswinter (1938/39).

2. Es darf damit gerechnet werden, dass der Energiekonsum auch nach dem Kriege nicht wesentlich zurückgehen, sondern eine weitere Entwicklung nehmen wird, allerdings in einem ruhigeren Tempo als in den letzten sechs Jahren.

Vorauszusehen ist hauptsächlich ein künftiger Mehrverbrauch für die Erzeugung von Wärme. Damit wird in Zukunft noch mehr als bisher Winterenergie gesucht sein.

3. Die Hauptaufgabe der schweizerischen Elektrizitätswirtsehaft besteht darin, durch den Bau grösserer Speicherwerke aus unsern Wasserkräften möglichst viel konsumangepasste Energie zu gewinnen..Diese planraässige Erweiterung des Ausbaues der Wasserkräfte begegnet Schwierigkeiten, weil die Möglichkeiten für die Schaffung wirtschaftlicher, grosser Speicherwerke nicht sehr zahlreich sind.

4. Diese Schwierigkeiten können durch die Gründung eines gemeinwirtschaftlichen Unternehmens in i t, Beteiligung des Bundes nicht aus dem Wege geschafft werden.

5. Die Vorschläge des Schweizerischen elektrotechnischen Vereins und des Verbandes schweizerischer Elektrizitätswerke zur Behebung dieser Schwierigkeiten sind mur Palliativmittel.

G. Der Bund ist am ehesten in der Lage, diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wenn er seme Kompetenzen zur Bechtsetzung auf dem Gebiete des Wasserrechts, die ihm durch Art. 24We der Bundesverfassung gegeben, werden, extensiver als
bisher interpretiert.

7. Diesem Zweck genügt neben der Intensivierung der bereits von den eidgenössischen Ämtern für Wasser- und Elektrizitätswirtschaft verfolgten Arbeiten eine Teilrevision des bestehenden Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 in folgenden Punkten :

121 a. Die Kantone dürfen Verleihungen nur erteilen für Werke, deren Pläne vom Bunde genehmigt sind. Die Projette müssen einem vom Bunde für den Ausbau der gesamten schweizerischen Wasserkräfte aufgestellten generellen Plan entsprechen.

o. Gegen die Verweigerung der Verleihung für ein Werk oder eine Werkgruppe von nationalem Interesse durch einen Kanton ist der Eekurs an den Bundesrat möglich. Bei G-utheissung des Eekurses erteilt der Bundesrat die Konzession im Namen des Kantons und auf Grund der kantonalen Vorschriften.

c. Nicht ausgenützte Konzessionen verfallen nach einer bestimmten Zeit obligatorisch.

d. Für die Behandlung von Konzessionsgesuchen durch die Verleihungsinstanzen werden Fristen angesetzt.

Wh- beantragen Ihnen, !.. von diesem Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen und 2. den Entwurf für eine Teilrevision des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte anzunehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. September 1945.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ed. v. Steiger.

Der Bandeskanzler: Leimgruber.

Beilagen : Gesetzesentwurf.

Darstellung des Energieverbrauches 1930 bis 1944.

122

(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte,

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 24. September 1945, beschliesst :

Art. 1.

Die Art. 5, Abs. 2 und 3, 11 und 65. erster Satz, des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art, 5, Abs. 2 und 3. Der Bundesrat ist befugt, einen verbindlichen allgemeinen Plan für den Ausbau der schweizerischen Wasserkräfte aufzustellen. Für bestimmte Gewässer und Gewässerstrecken kann er überdies besondere Vorschriften erlassen.

Wasserrechte dürfen nur verliehen werden für Werke, deren Pläne zuvor vom Bunde geprüft und genehmigt worden sind. Dasselbe gilt für den Bau eigener Werke durch die verfügungsberechtigten Gemeinwesen, Die projektierten Anlagen müssen einer zweckmassigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte und dem generellen Ausbauplan des Bundes entsprechen.

7- Verfügung nutitfTof wässci.

Ari. 11. Wenn ein verfügungsberechtigtes Gemeinwesen die Erteilung einer Wasserrechtsverleihung für ein Werk oder eine Werkgrappe mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von mindestens hundert Millionen Kilowattstunden verweigert oder an Bedingungen knüpft, die einer Verweigerung gleichkommen, so kann der Bundesrat im Namen dieses Gemeinwesens das Nutzungsrecht verleihen, sofern die Verleihung im Interesso der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles des Landes liegt.

123

Art. 65, erster Satz Die Verleihung wird durch die Verleihungsbehörde als verwirkt erklärt: a. ...

b. . . .

c. ,..

Art. 2.

Art. 60 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 wird durch einen Abs. 3bis folgenden Wortlautes ergänzt: Art. 60, Abs. 3 bis Über Gesuche um Verleihungen ist innerhalb einer Frist von höchstens zwei Jahren zu entscheiden.

Art. 3.

Auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 vor Inkrafttreten dieser Teilrevision verliehene Wasserrechte, für die die Fristen des Art. 65 verstrichen sind und deren Ausnutzung bis zum 81. Dezember 1950 nicht aufgenommen wird, werden von der Verleihungsbehörde als verwirkt erklärt. "Wenn die Umstände es billigerweise verlangen, kann diese Frist verlängert werden.

Art, 4.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

5942

124 Entwicklung des jährlichen Energieverbrauches von 1930/31 bis 1943/44.

(Hydrographisches Jahr, jeweilen vom 1. Okt. bis 30. Sept.)

Milliarden kWh

Milliard de kWh

a. Erzeugung der Bahn- und Industrieunternehmen für den eigenen Bedarf b Abgabe der Elektrizitätswerke der Allgemeinversorgung c Gesamter Energieverbrauch (Der voraussichtliche Verbrauch im laufenden Be" triebsjahr 1944/45 ist hier punktiert eingezeichnet; die Aufteilung des Gesamtverbrauches von 1944/45 auf a und b ist noch nicht möglich) Legende : V Übertragungsverluste Ch Elektrochemische, metallurgische und H Haushalt und Gewerbe 1) thermische Anwendungen 3) Bahnen K Elektrokessel J Allgemeine Industrie 2 ) E Energieausfuhr 1 ) Einschiesslich Bureaux, Geschäftshäuser, Hotels, Spitäler, öffentliche Beleuchtung,2 Wasserversorgungen, Landwirtschaft etc.

) Betriebe, die dem Fabrikgesetz unterstellt sind und mehr als 20 Arbeiter beschäftigen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Postulat über die Ausnützung der Wasserkräfte und Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte. (Vom 24. September 19...

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Jahr

1945

Année Anno Band

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20

Cahier Numero Geschäftsnummer

4841

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.09.1945

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81-124

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