975 # S T #

zu

4195

II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1941.)

(Vom 21. November 1941.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 12 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

(Betäubungsmittelgesetz.)

Baden gemäss Art. l, 11 und 20 des Bundesgesetzes vom 2. Oktober 1924 betreffend Betäubungsmittel zu 14 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse verurteilt worden, weil er im April 1941, als er einen aargauischen Arzt vertrat, sich Kokain zu persönlichem Gebrauch zu verschaffen versuchte, indem er ein fingiertes Eezept herstellte.

Der Verurteilte ersucht um bedingten Erlass der Freiheitsstrafe, wozu er versichert, er habe noch nie ein Rauschgift in irgendeiner Form benutzt. Er habe damals in der Verwirrung gehandelt, unter dem Drucke einer grossen, durch äussere Umstände verursachten moralischen Depression. Er habe sich lediglich für einen Augenblick anregen wollen, um seine beruflichen Pflichten weiter erfüllen zu können. Er bereue diese unüberlegte Tat sehr. Die Strafe habe er verdient; allein der Strafvollzug würde ihn als Arzt unmöglich machen.

Das urteilende Gericht kann den Verurteilten zur Begnadigung empfehlen, wogegen die Justizdirektion des Kantons Aargau die Gesuchsabweisung beantragt.

Die im Begnadigungsgesuch enthaltenen Behauptungen scheinen glaubwürdig. Ausserdem kann man aus den Strafakten und den Verumständungen ist. Abgesehen von einer Busse wegen Körperverletzung weist er keine Vor-

976

strafen auf. Sein Leumund ist ungetrübt. Er besitzt im übrigen die besten Zeugnisse von Ärzten und Spitälern, aus denen hervorgeht, dass er ein tüchtiger Chirurg ist. Der Einwand, dass die Verbüssung der Gefängnisstrafe den Verurteilten in der Ausübung seines Berufes beeinträchtigen und ihn bei den Fachleuten unmöglich machen würde, ist stichhaltig. Aus diesen Gründen beantragen wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, auf dessen Mitbericht wir insbesondere verweisen, den bedingten Erlass der Freiheitsstrafe, unter Auferlegung einer Probezeit von 2 Jahren, und heben als besondere Bedingung hervor, dass der Verurteilte während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und sich auch nicht neuerdings einer Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig mache.

104. Oscar Cornu, 1901, Maurer, Boudry (Neuenburg).

(Verweigerung der Arbeitsdienstpflicht.)

104. Oscar Cornu ist am 10. September 1941 vom Polizeigericht von Boudry gemäss Art. 5 und 20 der Verordnung vom 17. Mai 1940 über die Arbeitsdienstpflicht zu 30 Tagen Gefängnis verurteilt worden, weil er der Weisung der zuständigen kantonalen Behörde zum Arbeitsantritt bei einem Landwirt nicht nachgekommen war.

die Schuldfrage aufwirft. Er sei Vater von vier Kindern und habe zur Zeit, als er das Aufgebot erhielt, regelmässig Arbeit bei einem Bauunternehmer gehabt.

Das urteilende Gericht stellt fest, dass der Verurteilte die Arbeitsdienstpflicht systematisch verweigert hat. Es kann somit keine Begnadigung befürworten.

Wir verweisen auf den Auszug aus dem Strafenregister, woraus einwandfrei hervorgeht, dass er einer Begnadigung nicht würdig ist. Unter Hinweis auf die Ausführungen des Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amtes vom 7. November 1941 beantragen wir mit dieser Behörde und dem kantonalen Justizdepartement ohne weiteres Abweisung.

(Widerrechtliche Verwendung von Mahlprodukten.)

rechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes gemäss Bundesratsbeschluss vom 19. September 1939 über die Verarbeitung von Weizen usw., in der neuen Fassung vom 15. März 1940, zu Fr. 130 Busse verurteilt worden, weil er im Februar 1941 wesentlich zu helles Mehl hergestellt hatte.

977 Er habe sonst mit der eidgenössischen Getreideverwaltung noch nie Anstände gehabt. Die betreffende Widerhandlung sei lediglich auf Fahrlässigkeit zurückzuführen. Die Busse treffe ihn hart.

Alle etwa vorhandenen Milderungsgründe sind bereits von der urteilenden Behörde berücksichtigt worden. Da im übrigen keine eigentlichen Begnadigungsgründe geltend gemacht werden, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

(Verbotene Veräusserung eines Pikettpferdes.)

thal gemäss Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 betreffend die Kriegsmobilmachung der Armee, in Verbindung mit der Verordnung des eidgenössischen Militärdepartementes vom 21. September 1939 betreffend Ausfuhr und Veräusserung von Pferden usw. zu Fr. 100 Busse verurteilt worden, weil er ein auf Pikett gestelltes Pferd widerrechtlich veräussert hatte.

Meister ersucht um Begnadigung, wozu er den Sachverhalt schildert und die Schuldfrage erneut aufwirft.

Die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers sind gut. Eigentliche Begnadigungsgründe fehlen. Wir beantragen daher mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn Abweisung.

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 sind verurteilt worden: Gösgen, gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse wegen widerrechtlichen Fallenstollens.

Für den Verurteilten ersucht ein Bechtsanwalt um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse, die er als im Verhältnis zur Geringfügigkeit der Verfehlung übersetzt bezeichnet. Peyer habe die Falle nur zum Schütze der Hühner gestellt.

Bundesblatt. 93. Jahrg. Bd. I.

73

978 Bauernsohn genannt wird, beantragt das Polizeidepartement des Kantons Solothurn entschieden Abweisung.

ersten Berichtes) beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die teilweise Begnadigung im Wege der Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 200. Fin weiteres Entgegenkommen betrachten wir im Hinblick auf die guten Verhältnisse des Gesuchstellers als nicht angebracht.

denten des Glanebezirkes gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse, weil er wiederholt eine Falle gestellt hatte, in welche ein wertvoller Jagdhund geriet.

dass er infolge einer falschen Zeugenaussage verurteilt worden sei. Seine finanziellen Verhältnisse erlauben ihm nicht, einen so grossen Betrag aufzubringen.

Das urteilende Gericht und die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Freiburg haben gegen die Ermässigung der Busse auf Fr. 200 nichts einzuwenden.

Der Staatsanwalt hingegen beantragt entschieden Abweisung.

Wir stellen fest, dass Maillard in den Strafakten als unverbesserlicher Wilderer bezeichnet wird. Er hat wiederholt Fallen gestellt und damit Menschen und Tiere gefährdet. Die im Begnadigungsgesuch enthaltenen Behauptungen sind nicht nachgewiesen. In Würdigung der ganzen Aktenlage beantragen wir mit, der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung.

gericht Dornach-Thierstein gemäss Art. 39, Abs. 2, und 40 des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse wegen wiederholten widerrechtlichen Jagens, wobei eine Eehgeiss erlegt wurde.

Knecht mit bescheidenem Lohn könne er nicht die ganze Busse aufbringen.

Ein zuhanden der Begnadigungsbehörde verfasster Polizeibericht bezeichnet den Gesuchsteller als bekannten Wilderer, der übrigens sehr wohl in der Lage sei, die ganze Busse zu bezahlen. Büttiker ist ausserdem rückfällig. Unter Hinweis auf die Akten beantragen wir mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei ohne weiteres Abweisung.

am 29. Dezember 1939 vom Bezirksgericht Werdenberg gemäss Art. 40, Abs. l, und 56, Ziffer 4, des Bundesgesetzes zu Fr. 350 Busse und dreijährigem Ausschluss von der Jagdberechtigung, der zweite am 17. Februar 1940 vom Be-

979 zirksamt Werdenberg zu Fr. 250 Busse, weil sie am 1. Oktober 1939, als die Jagd im Kanton St. Gallen noch geschlossen war, auf Gemsen gejagt hatten.

In einer gemeinsamen Eingabe ersuchen beide Verurteilte um Erlass der Bussen. Als am 30. September 1939 bekanntgegeben worden sei, dass die Jagd in der ganzen Schweiz bewilligt wurde, seien sie ohne Hintergedanken auf die Jagd gegangen.

Das Justizdepartement des Kantons St. Gallen teilt mit, dass die Verurteilten trotz vielfacher Mahnungen bis jetzt nur kleine Teilzahlungen an die Bussen geleistet haben, obschon sie zweifellos in der Lage gewesen wären, grössere Beträge aufzubringen. Es beantragt daher Abweisung.

Die in der Eingabe enthaltene Behauptung entspricht nicht .den Tatsachen.

Da im übrigen keine stichhaltigen Begnadigungsgründe geltend gemacht werden, beantragen wir unserseits mit der Kantonsbehörde und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung.

, verurteilt am 21. August 1941 vom Bezirksgericht Laufenburg gemäss Art. 40, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 500 Busse wegen widerrechtlichen Erlegens einer Eehgeiss.

ersucht um möglichst weitgehenden Erlass der Busse, deren hohen Betrag er als Hilfsarbeiter nicht aufbringen könne. Er schildert den dem Urteil zugrunde liegenden Tatbestand und versichert, er habe nur fahrlässig gehandelt.

Das urteilende Gericht kann kein Entgegenkommen befürworten.

Ein Polizeibericht bestätigt die bescheidenen Verhältnisse des im übrigen gut beleumdeten Verurteilten. Mit der nämlichen Begründung wie im Falle Gerber (Antrag 47 des ersten Berichtes) beantragen wir die teilweise Begnadigung im Wege der Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 200.

(Bern).

(Militärpflichtersatz.)

Gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 über den Militärpflichtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden : des Kantons Genf zu drei Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 30 für 1936 betreffend.

ersten Verhandlung zur Begleichung des schuldigen Ersatzbetrages eine Frist bis zum 15. September 1941 gewährt. Trotzdem er den ganzen Betrag am 13. September der Post übergab, wurde er vom Gericht verurteilt, weil dieses von der erfolgten Einzahlung noch keine Kenntnis erhalten hatte.

Der vom Verurteilten geltend gemachte Umstand entspricht der Wahrheit.

Wir beantragen deshalb mit dem Staatsanwalt des Kantons Genf den gänzlichen Erlass der Haftstrafe.

980

1989 und 1940 betreffend.

den letzten Jahren seine Eltern habe unterstützen müssen und nicht immer Arbeit gehabt habe. Der Strafvollzug gefährde seine jetzige Arbeitsstelle.

Behörden sehr gleichgültig verhalten habe. Es beantragt deshalb die Gesuchsabweisung. Das Justizdepartement des Kantons Neuenburg schliesst sich diesem Antrag an.

Der ledige Gesuchsteller hatte während der in Frage kommenden Zeitspanne ein regelmässiges Einkommen. Den verschiedenen Mahnungen des Sektionschefs und den Vorladungen des Gerichtes hat er keine Folge geleistet, was offenbar auf Gleichgültigkeit schliessen lässt. Angesichts des Umstandes aber, dass er beide Male zur Höchststrafe verurteilt wurde, beantragen wir die Herabsetzung der Gesamtstrafe von 20 Tagen Haft bis zu 10 Tagen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 21. November 1941.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Wetter.

sois

Der Bundeskanzler:

G. Boyet.

-£«>.e--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1941.) (Vom 21. November 1941.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1941

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

30

Cahier Numero Geschäftsnummer

4195

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.11.1941

Date Data Seite

975-980

Page Pagina Ref. No

10 034 620

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.