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Bundesblatt 93. Jahrgang.

Bern, den 10. Juli 1941.

Band I.

Erscheint in der Regel alle 14 Tage. Preis SO Franken im Jahr, Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den am 14. Juni 1941 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen Republik abgeschlossenen Handelsvertrag.

(Vom 1. Juli 1941.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiemit den neuen Handelsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen Republik zu unterbreiten.

I.

Nachdem infolge der Auflösung der früheren Tschechoslowakei im März 1939 sich aus einem Teil ihres Gebietes ein neuer Staat, die Slowakische Republik, gebildet hatte, zeigte sich auch in der Schweiz bald das Bedürfnis, die Beziehungen zu diesem Wirtschaftsgebiet sobald als möglich zu ordnen.

Zunächst wurde vorsorglich durch Bundesratsbeschluss vom 24. März 1939 für Zahlungen nach den Gebieten der früheren Tschechoslowakei die Einzahlungspflicht an die Schweizerische Nationalbank statuiert.

Als dann schon kurze Zeit darauf die wirtschaftlichen Beziehungen der Schweiz zum Protektorat Böhmen und Mähren in Berlin geregelt werden konnten und für die karpatho-ukrainischen Gebiete infolge ihres Anschlusses an Ungarn das bestehende schweizerisch-ungarische Vertragswerk anwendbar wurde, blieb einzig noch übrig, für den wirtschaftlichen Verkehr mit der Slowakei eine zwischenstaatliche Eegelung zu treffen. Die im Laufe des Monats Juli 1939 von einer schweizerischen Delegation mit der slowakischen Eegierung in Bratislava aufgenommenen Verhandlungen führten am 15. Juli 1939 zur Unterzeichnung eines Abkommens über den Waren- und Zahlungsverkehr zwischen der Schweiz und der Slowakei., das am 24. Juli in Kraft trat.

Bundesblatt. 93. Jahrg. Bd. I.

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Da der slowakische Staat nach seiner Bildung autonom die alten tschechoslowakischen Verträge wirtschaftspolitischer Art, die von der früheren Bepublik mit Drittstaaten abgeschlossen worden waren, für jene Fälle weiterhin als verbindlich anerkannte, in denen das Ausland Gegenrecht hielt, wurde, um sofort eine gesicherte Grundlage für den schweizerisch-slowakischen Handelsverkehr zu schaffen, in dem neuen Abkommen der bisherige Handelsvertrag zwischen der Schweiz und der früheren Tschechoslowakei vom 16. Februar 1927 mit seinen spätem Ergänzungen auf die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Slowakei weiterhin als anwendbar erklärt. Beide Staaten sicherten sich damit insbesondere gegenseitig für die Ein- und Ausfuhr die Rechte und die Behandlung der meistbegünstigten Nation zu. Die Vereinbarungen über den Warenverkehr umfassten deshalb nur drei Artikel. Die weitern Bestimmungen dieses ersten Abkommens bezogen sich auf den Zahlungsverkehr zwischen den beiden Ländern, der einer einlässlichen Eegelung bedurfte. Wir haben darüber in unserem XIX. Bericht betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland nähere Einzelheiten mitgeteilt.

II.

Seit dem Bestehen dieses ersten zwischenstaatlichen Abkommens zwischen der Schweiz und dem neuen slowakischen Staat haben sich die gegenseitigen Handelsbeziehungen erheblich erweitert. Die damals getroffene Eegelung konnte den Bedürfnissen zwar einige Zeit hindurch genügen. Infolge der durch den Krieg eingetretenen ausserordentlichen Verhältnisse änderte sich die Lage jedoch stark. Da die Slowakei zur Hauptsache Waren exportiert, an denen die Schweiz infolge der steigenden Schwierigkeiten bei der Beschaffung aus andern Bezugsländern immer grösseren und dringenderen Bedarf zeigte, nahmen diese Importe in beträchtlichem Masse zu. Auch die schweizerische Ausfuhr nach der Slowakei wies namentlich in den letzten Monaten eine erfreuliche Steigerung auf, doch blieb sie im Ausmass hinter der Einfuhrzunahme zurück.

Nachfolgende Zahlen zeigen die Entwicklung des gegenseitigen Warenverkehrs i Einfuhr aus der Slowakei

519 1925 2491 1452 1613 8242 9756

,

(in tausend Franken) III. Quartal 1939 IV.

» » I.

» 1940 II.

» » III.

» » IV.

» » I.

» 1941

Ausfuhr nach der Slowakei

93 524 773 640 399 1262 1904

Infolge dieser ungleichmässigen Steigerung der Ein- und Ausfuhr gestaltete sich auch der Zahlungsverkehr ganz einseitig. Nach und nach sammelten sich.

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sehr beträchtliche slowakische Guthaben an, für die leider keine genügende Verwendung gefunden werden konnte. Es hatte dies schliesslich zur Folge, dass die slowakischen Lieferanten für die Auszahlung ihrer Guthaben mit immer längeren Wartefristen rechnen mussten. Sie zeigten sich daher immer weniger geneigt, auch weiterhin unter den bisherigen Bedingungen nach der Schweiz Waren zu liefern. Da jedoch unser Land gerade an dieser weitern Belieferung von Seiten der Slowakei nach wie vor stark interessiert ist, drängte sich die Notwendigkeit neuer Verhandlungen auf, um eine Lösung zu finden, welche die entstandenen Schwierigkeiten beseitigt und die bisherige günstige Entwicklung des gegenseitigen Handelsverkehrs auch ferner gewährleistet.

Solche Verhandlungen haben in der Zeit vom 6.--14. Juni 1941 in Bern stattgefunden. Sie führten schon nach wenigen Tagen zu einer Verständigung über die meisten Verhandlungsgegenstände. Insbesondere konnte für die Frage der angestiegenen slowakischen Clearingguthaben in der Schweiz eine Lösung gefunden werden, welche einen ständig verfügbaren Fonds für die Bezahlung schweizerischer Exporte nach der Slowakei aufrechthält, aber es zugleich verhindert, dass allzulange Auszahlungsfristen die Lieferwilligkeit der slowakischen Lieferanten beeinträchtigen.

Neben den Fragen des Zahlungsverkehrs, über deren Eegelung wir Sie im XXIII. Bericht betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1988 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland im einzelnen unterrichten werden, kamen auch alle Seiten des Warenverkehrs zur Sprache. Wie bereits erwähnt, waren die rechtlichen Grundlagen des gegenseitigen Verkehrs im ersten schweizerisch-slowakischen Abkommen vom 15. Juli 1989 in drei kurzen Artikeln geregelt, die im wesentlichen die gegenseitige Erklärung der Meistbegünstigung enthielten und im übrigen den früheren Handelsvertrag zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakei als anwendbar erklärten. Seither hat die Eegierung der jungen Slowakischen Eepublik mit einer Eeihe von andern Staaten eigentliche Handels- und Niederlassungsverträge abgeschlossen. Die slowakische Delegation stellte daher auch in den Verhandlungen mit der Schweiz das Begehren nach einer eingehenderen Ordnung der gegenseitigen Personen- und Warenbeziehungen. Auf schweizerischer Seite ergab
sich die Bereitschaft, dem slowakischen Wunsche entgegenzukommen und dabei eine Eeihe von Fragen, an denen die Schweiz in erster Linie interessiert ist, in möglichst liberaler Weise zu ordnen.

Unter Verwendung der in der schweizerischen Handelsvertragspraxis seit langem zur Übung gewordenen Eechtsbestimmungen wurde der bisherige erste Teil «Warenverkehr» im Abkommen vom 15. Juli 1989 zwischen der Schweiz und der Slowakei zu einem eigentlichen «Handelsvertrag» ausgebaut, der die wichtigsten Bestimmungen über die Niederlassung, die Meistbegünstigung, die Ursprungszeugnisse usw. enthält und der -- weil er auf längere Dauer berechnet ist -- vom wandelbaren Instrument des Zahlungsabkommens getrennt und verselbständigt wurde.

560.

Der neue Vertrag enthält keine zolltarifarischen Vereinbarungen. Auf diesem Gebiete soll vorläufig der bisherige Zustand weiter Gültigkeit haben.

Darnach werden die schweizerischen Waren bei ihrer Einfuhr in die Slowakei nach dem früheren tschechoslowakischen Zolltarif verzollt. Ebenso sollen die slowakischen Waren bis Ende 1941 den gegenwärtigen schweizerischen Zollansätzen unterliegen. Dies ist nur eine vorläufige Lösung. Da ein autonomer slowakischer Zolltarif in Vorbereitung ist, besteht die Absicht, noch im Laufe dieses Jahres mit der Slowakei in Zollverhandlungen zu treten.

Im Zusammenhang mit den Besprechungen über die Niederlassungsfragen ist es gelungen, schweizerische Begehren mit Bezug auf die devisenrechtliche Behandlung von Schweizern in der Slowakei zur Anerkennung zu bringen.

III.

Über den wesentlichen Inhalt des Handelsvertrages mögen Sie die folgenden zusammenfassenden Ausführungen unterrichten: Artikel l statuiert den Grundsatz der Meistbegünstigung für die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten im Gebiete des andern Staates in bezug auf die Ausübung des Handels, der Industrie und des Gewerbes.

Gleichzeitig wird aber noch bestimmt, dass die Verfügungen dieses Vertrages keine Polizeivorschriften berühren und ebenfalls nicht gesetzliche Massnahmen über die Sicherheit und Landesverteidigung, die auf dem Gebiete des betreffenden vertragschliessenden Staates gelten und allen Ausländern gegenüber anwendbar sind.

Artikel 2 sichert den Angehörigen der beiden Staaten mit Bezug auf den Gerichts- und Verwaltungsschutz sowie den Schutz ihres Vermögens die gleichen Eechte und Vorteile zu wie den Inländern. Diese Gleichbehandlung mit den Inländern gilt ferner hinsichtlich der Enteignungsmassnahmen. Der Vertrag sieht vor, dass in jedem Fall eine gerechte Entschädigung zu leisten ist. Absatz c gewährleistet sodann die gegenseitige Gleichbehandlung mit den Inländern und den Angehörigen eines dritten Landes mit Bezug auf Steuern, Abgaben, Gebühren und Verpflichtungen.

Artikel 3 befreit die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten in Friedens- und Kriegszeiten von jedem Militärdienst und jeder Geld- oder Naturalleistung an Stelle des persönlichen Dienstes. Sie sind ferner von Zwangsanleihen und Zwangsabgaben befreit. Sowohl in Friedensais auch in Kriegszeiten werden sie nur zu den das unbewegliche und bewegliche Vermögen treffenden militärischen Leistungen und Requisitionen verhalten, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation auferlegt sind, und zwar in gleicher Weise wie diese letztern und nur gegen eine gerechte Entschädigung. Auf keinen Fall sollen sie grösseren Leistungen oder Eequisitionen unterworfen werden als die Inländer. Im weitern wir noch erklärt, dass die Angehörigen beider Staaten von allen richterlichen oder administrativen Ämtern und Verrichtungen jeder Art befreit sind.

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Artikel 4 regelt die Behandlung der Handels-, Industrie-, Landwirtschafts-, Finanz-, Versicherungs-, Verkehrs- und Transportgesellschaften in ungefähr gleicher Weise, wie dies in unsern übrigen Verträgen mit andern Staaten geschehen ist. Wenn diese Gesellschaften in einem der beiden Staaten rechtsgültig errichtet worden sind und dort ihren Sitz haben, werden sie auch im Gebiete des andern rechtlich anerkannt und können als Kläger und Beklagte vor den Gerichten auftreten. Die Zulassung zur Ausübung ihres Handels und ihrer Industrie auf dem Gebiete des andern vertragschliessenden Staates und ebenso ihre Tätigkeit richten sich nach den jeweils in diesem Gebiet geltenden Gesetzen und Vorschriften. Die genannten Gesellschaften sind keinen andern oder höhern Abgaben unterworfen als die inländischen Gesellschaften. Sie können auch entsprechend der Landesgesetzgebung jede Art von beweglichem und unbeweglichem Vermögen erwerben. In jeder Beziehung sollen sie die gleiche Behandlung wie die Gesellschaften gleicher Art der meistbegünstigten Nation gemessen.

A r t i k e l s verleiht den Angehörigen der beiden Staaten, die sich zum Zwecke des Besuches von Messen, Märkten u'nd des Abschlusses von Geschäften in das Gebiet des andern Staates begeben, die Gleich beh andlung mit den Inländern.

Artikel 6 enthält die Bestimmungen über die Behandlung der Handelsreisenden. Die Regelung ist im grossen und ganzen die gleiche wie in den übrigen neueren schweizerischen Handelsverträgen. Beide vertragschliessenden Staaten behalten sich jedoch hinsichtlich des Hausierhandels und der sogenannten Kleinreisenden volle Freiheit vor.

Artikel 7 enthält den Grundsatz der gegenseitigen Meistbegünstigung bei der Warenein- und -ausfuhr in bezug auf die Erhebung von Zöllen, Gebühren oder Steuern, ferner betreffend die Art der Zollerhebung, der Tarifierung und Warenklassifikation, die Auslegung des Zolltarifs, die Wiederausfuhr, den Umschlag und die Einlagerung von Waren.

Artikel 8 bestimmt, dass die meistbegünstigte Behandlung auch Anwendung findet, wenn die Waren unterwegs umspediert, umgeladen, umgepackt oder eingelagert worden sind.

Artikel 9 handelt von den inneren Abgaben auf der Erzeugung und dem Umsatz von Waren. Auch dafür soll die meistbegünstigte Behandlung zur Anwendung gelangen.

Artikel 10 führt die zwei Fälle an,
in denen die Meistbegünstigung nicht gelten soll. Diese bezieht sich nicht auf Begünstigungen, die Nachbarstaaten zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt werden, und auf Vergünstigungen, die sich aus einer gegenwärtigen oder künftigen Zollunion ergeben.

Artikel 11 regelt die Frage der Ursprungszeugnisse. Falls solche Ausweise verlangt werden, sollen grundsätzlich die von den zuständigen Stellen des andern Staates erteilten Zeugnisse anerkannt werden.

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Artikel 12 besagt, dass beide Staaten sich gegenseitig die freie Durchfuhr durch ihr Gebiet im direkten Transit zusichern.

Artikel 13 enthält die übliche Bestimmung über die Anwendung des Vertrages auch auf das Fürstentum Liechtenstein. Wo im Vertrag von Meistbegünstigung die Eede ist, sollen die besondern Eechte nicht in Betracht kommen, welche die Angehörigen des Fürstentums Liechtenstein in der Schweiz gemessen.

In Artikel 14 wird erklärt, dass die Bestimmungen des neuen Vertrages die Artikel l, 2 und 3 des Abschnittes I über den Warenverkehr im Abkommen vom 15. Juli 1939 ersetzen.

A r t i k e l 15 enthält die üblichen Bestimmungen über die Vertragsdauer und die Eatifikation. Wie die meisten neueren schweizerischen Handelsverträge ist auch der vorliegende Vertrag für die Dauer eines Jahres abgeschlossen mit der Möglichkeit der nachherigen stillschweigenden Verlängerung.

Die vorstehenden Ausführungen dürften Ihnen in Verbindung mit dem Wortlaut der einzelnen Bestimmungen eine Beurteilung des neuen Vertragswerkes ermöglichen. Es handelte sich vor allem darum, eine eingehende Eegelung als Grundlage für die künftigen gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen der beiden Staaten und der damit zusammenhängenden Eechtsfragen zu schaffen.

Ferner galt es, einem ausdrücklichen Wunsche der slowakischen Eegierung entgegenzukommen, die Wert darauf legte, mit unserem Lande eine auf längere Dauer berechnete grundsätzliche Eegelung zu treffen. Auch auf schweizerischer Seite bestand ein Interesse am Abschluss eines solchen Vertragswerkes.

Es darf wohl die Erwartung ausgesprochen werden, dass dieser Vertrag die Weiterentwicklung unserer schon jetzt recht ansehnlichen Handelsbeziehungen zu der Slowakei begünstigen werde.

Indem wir Ihnen durch den beiliegenden Beschlussentwurf die Annahme des Vertrages empfehlen, versichern wie Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. Juli 1941.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Wetter.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

563 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Genehmigung des am U.Juni 1941 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen Republik abgeschlossenen Handelsvertrages.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 1. Juli 1941, beschliesst :

Art. 1.

Dem zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen Eepublik abgeschlossenen Handelsvertrag vom 14. Juni 1941 wird die vorbehaltene Genehmigung erteilt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Handelsvertrag zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen Republik.

Der Schweizerische Bundesrat und

der Präsident der Slowakischen Eepublik, vom Wunsche geleitet, die Entwicklung des Handelsverkehrs zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen. Eepublik zu fördern, haben beschlossen, einen Vertrag abzuschliessen, und haben hierfür zu Bevollmächtigten ernannt: Der Schweizerische Bundesrat: Herrn Prof. Dr. Paul Keller, Delegierter für Handelsverträge ; Der Präsident der Slowakischen Eepublik: Herrn Dr. Stefan Polyak, ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, die nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgende Artikel vereinbart haben: Artikel l a) Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten werden im Gebiete des andern Staates für alles, was die Ausübung des Handels, der Industrie und des Gewerbes anbetrifft, nicht ungünstiger behandelt als die Angehörigen eines dritten Staates.

l>) Die Verfügungen dieses Vertrages berühren keine Pohzeivorschriften und ebenfalls nicht gesetzliche Massnahmen über die Sicherheit und Landesverteidigung, die auf dem Gebiete des betreffenden vertragschliessenden Staates Gültigkeit haben und allen Ausländern gegenüber anwendbar sind.

Artikel 2 a) Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten gemessen im Gebiete des andern Staates in bezug auf den Gerichts- und Verwaltungsschutz und den Schutz ihres Vermögens, ihrer Eechte und ihrer Interessen dieselben Eechte und Vorteile wie dessen eigene Angehörige.

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b) Hinsichtlich der Enteignungsmassnahmen sind die Angehörigen des einen vertragschliessenden Staates im Gebiete des andern gleich wie dessen eigene Angehörige und nicht ungünstiger als die Angehörigen eines dritten Staates zu behandeln. Sie haben auf jeden Fall Anspruch auf eine gerechte Entschädigung.

c) Die Angehörigen des einen der vertragschliessenden Staaten werden im Gebiete des andern Staates keinen, andern oder höhern Steuern, Abgaben, Gebühren und Verpflichtungen irgendwelcher Art unterworfen sein als dessen eigene Angehörige oder die Angehörigen eines dritten Staates.

Artikel 3 a) Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten sind in Friedens- und in Kriegszeiten auf dem Gebiete des andern Staates vom Militärdienst jeder Art und von jeder Geld- oder Naturalleistung an Stelle des persönlichen Dienstes befreit. Sie sind der Teilnahme an allen Zwangsanleihen und Zwangsabgaben enthoben.

b) In Friedens- und Kriegszeiten sind sie nur zu denjenigen das unbewegliche und bewegliche Vermögen treffenden militärischen Leistungen und Eequisitionen verhalten, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation auferlegt sind, und zwar in dem gleichen Umfange und nach den nämlichen Grundsätzen wie diese letztern und stets nur gegen eine gerechte Entschädigung. Auf keinen Fall sollen sie andern oder grössern Leistungen oder Eequisitionen unterworfen werden als die Inländer.

c) Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten sind von allen richterlichen oder administrativen Ämtern und Verrichtungen jeder Art befreit.

Artikel 4 a) Die Aktiengesellschaften und die andern Handels-, Industrie-, Landwirtschafts-, Finanz-, Versicherungs-, Verkehrs- und Transportgesellschaften, die ihren Sitz auf dem Gebiete des einen vertragschliessenden Staates haben und dort gemäss den Landesgesetzen errichtet worden sind, werden im Gebiet des andern rechtlich anerkannt. Sie haben dort freien Zutritt zu den Gerichten und können sowohl als Kläger wie als Beklagte vor Gericht auftreten.

b) Die Zulassung der genannten Gesellschaften zur Ausübung ihres Handels oder ihrer Industrie auf dem Gebiete des andern vertragschliessenden Staates richtet sich nach den jeweilen in diesem Gebiet geltenden Gesetzen und Vorschriften.

c) Die Tätigkeit, welche die unter, der Gesetzgebung des-einen
vertragscbliessenden Staates gegründeten Gesellschaften auf dem Gebiet des andern ausüben, unterhegt den Gesetzen und Verordnungen des letztern.

d) Die genannten Gesellschaften haben auf dem Gebiet des andern Staates infolge der Ausübung ihres Handels oder ihrer Industrie keine andern oder

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höhern Steuern, Gebühren oder Abgaben zu entrichten als die inländischen Gesellschaften.

e) Diese Gesellschaften können im Eahmen und nach Massgabe der im Lande geltenden Gesetzgebung jede Art von beweglichem und unbeweglichem Vermögen erwerben.

f) Die vorerwähnten Gesellschaften sollen in jeder Beziehung die gleiche Behandlung gemessen, die jeweilen den Gesellschaften gleicher Art der meistbegünstigten Nation gewährt wird.

Artikel 5 Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Staaten, die sich zum Zwecke des Besuchs von Messen, Märkten und des Abschlusses von Geschäften in das Gebiet des andern Staates begeben, werden daselbst ebenso behandelt wie dessen eigene Angehörige. Sie werden keinen höhern Gebühren und Abgaben unterworfen werden als dessen eigene Angehörige.

Artikel 6 a) Unbeschadet des Mitgenusses grösserer Vorteile, die sich aus der Meistbegünstigung ergeben können, sollen Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende des einen der vertragschliessenden Staaten sowie ihre Beisenden gegen Vorweisung einer von den zuständigen Behörden ihres Landes ausgestellten Ausweiskarte befugt sein, unter Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten in dem Gebiete des andern Staates bei Kaufleuten oder in öffentlichen Verkaufsstellen oder bei Personen, welche die Waren erzeugen, Warenankäufe zu machen. Sie können ferner bei Kaufleuten oder bei andern Personen, in deren Gewerbebetrieb Waren der angebotenen Art Verwendung finden, Bestellungen aufnehmen. Sie sind berechtigt, Warenproben und Muster, jedoch keine Waren mitzuführen, und werden wegen der in diesem Absatz bezeichneten Tätigkeit keinerlei Steuern und Abgaben unterworfen.

b) Waren aus Gold, Platin oder Silber, die von Handelsreisenden eingeführt und als Handelsmuster mit Freipass abgefertigt werden, können auf Verlangen von der Erfüllung der für diese Waren vorgesehenen Garantieförmlichkeiten (Stempelung oder Kontrolle) befreit werden, sofern eine genügende Sicherheit geleistet wird. Diese Sicherheit verfällt, wenn die Waren nicht innerhalb der im Freipass bestimmten Frist wieder ausgeführt werden oder nicht der Nachweis geleistet werden kann, dass die Garantieförmlichkeiten (Stempelung oder Kontrolle) nachträglich erfüllt worden sind.

c) Die Ausweiskarten müssen dem Muster entsprechen, das in der am 3. November 1923 in
Genf unterzeichneten internationalen Übereinkunft für die Vereinfachung der Zollformalitäten aufgestellt ist. Eine konsularische oder andere Beglaubigung wird nicht verlangt.

d) Die vorstehenden Bestimmungen finden keine Anwendung auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen, den Hausierhandel und das Aufsuchen von

567 Bestellungen bei Personen, die weder ein Gewerbe ausüben noch Handel treiben; die vertragschliessenden Staaten behalten sich in dieser Hinsicht die volle Freiheit ihrer Gesetzgebung vor.

Artikel 7 a) Boden- und Gewerbeerzeugnisse, die aus dem Gebiete des einen vertragschliessenden Staates stammen, werden bei ihrer Einfuhr in das Gebiet des andern vertragschliessenden Staates keinen höhern Zöllen, Gebühren, Abgaben oder Steuern unterworfen als jenen, die bei der Einfuhr aus irgendeinem dritten Staat erhoben werden. Beide vertragschliessenden Staaten sichern sich gegenseitig die Meistbegünstigung auch in bezug auf Zölle, Gebühren, Abgaben oder Steuern zu, die bei der Ausfuhr erhoben werden.

b) Ausserdem sichern sich die beiden vertragschliessenden Staaten die Meistbegünstigung zu in bezug auf die Art der Erhebung der Zölle, der Tarifierung und der Klassifikation der Waren, die Auslegung des Zolltarifs, die Wiederausfuhr, den Umschlag und die Einlagerung von Waren.

Artikel 8 Die meistbegünstigte Behandlung gemäss Art. 7 findet nicht nur bei unmittelbarer Einfuhr von Boden- und Gewerbeerzeugnissen aus dem andern vertragschliessenden Staat Anwendung, sondern auch dann, wenn die Waren unterwegs umspediert, umgeladen, umgepackt oder eingelagert worden sind.

Artikel 9 Die innern Abgaben, die im Gebiete des einen der vertragschliessenden Staaten, für wessen Eechnung auch immer, auf der Erzeugung, der Zubereitung, dem Umlauf oder dem Verbrauch einer Ware liegen oder liegen werden, dürfen die Erzeugnisse des andern Staates unter keinem Vorwand mit einem höhern Ansatz oder in lästigerer Weise treffen als die gleichartigen Erzeugnisse des meistbegünstigten Staates.

Artikel 10 Die Meistbegünstigung auf Grund dieses Vertrages bezieht sich nicht: a) auf besondere Begünstigungen, die einer der vertragschliessenden Staaten Nachbarstaaten zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt hat oder gewähren wird; 'b) auf Vergünstigungen, die sich aus einer gegenwärtig oder künftig von einem der vertragschliessenden Staaten abgeschlossenen Zollunion ergeben.

Artikel 11 a) Falls bei der Einfuhr von Waren aus dem Gebiete des einen vertragschliessenden Staates in das Gebiet des andern die Vorlegung eines Ursprungszeugnisses verlangt wird, sollen grundsätzlich die von den zuständigen Stellen des andern Staates erteilten Zeugnisse anerkannt werden. Sollten Zweifel

568 über die Eichtigkeit eines solchen Zeugnisses entstehen, so würden sich die Behörden des Einfuhrlandes deswegen mit denjenigen des Ausfuhrlandes in Verbindung setzen.

b) Die vertragschliessenden Staaten werden sich gegenseitig die zur Ausfertigung der Zeugnisse zuständigen Stellen bekanntgeben.

c) Sofern vom Einfuhrland die konsularische Visierung der Ursprungszeugnisse verlangt wird, soll die Gebühr einen Schweizerfranken oder sieben slowakische Kronen per Stück nicht übersteigen.

Artikel 12 Die vertragschliessenden Staaten sichern sich gegenseitig die freie Durchfuhr der Waren durch ihr Gebiet auf dem Land- oder Wasserweg in direktem Transit zu.

Artikel 13 a) Dieser Vertrag erstreckt sich auch auf das Fürstentum Liechtenstein, solange dieses mit der Schweiz durch einen Zollanschlussvertrag verbunden ist.

b) Wo indessen in diesem Vertrage von Meistbegünstigung die Eede ist, fallen die Eechte nicht in Betracht, welche die Angehörigen des Fürstentums Liechtenstein in der Schweiz gemessen.

Artikel 14 Die Bestimmungen dieses Vertrages ersetzen die Artikel l, 2 und 8 des Abschnittes I der Vereinbarung über den Warenverkehr im Abkommen über den Waren- und Zahlungsverkehr zwischen der Schweiz und der Slowakei vom 15. Juli 1939.

Artikel 15 Dieser Vertrag soll so bald als möglich ratifiziert werden. Die Eatifikationsurkunden werden in Bratislava ausgetauscht werden.

Dieser Vertrag tritt 15 Tage nach Austausch der Eatifikationsurkunden in Kraft.

Der Vertrag ist auf die Dauer eines Jahres vom Tage des Inkrafttretens an abgeschlossen. Falls er nicht drei Monate vor seinem Ablauf gekündigt wird, gilt er als stillschweigend verlängert, und jedem der vertragschliessenden Staaten steht alsdann das Eecht zu, ihn jederzeit auf drei Monate zu kündigen.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen in Bern in deutscher und slowakischer Sprache in zwei Ausfertigungen am 14. Juni 1941.

Für die Slowakische Eepublik : gez. Polyak.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft : , gez. P. Keller.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den am 14. Juni 1941 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Slowakischen Republik abgeschlossenen Handelsvertrag. (Vom 1. Juli 1941.)

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10.07.1941

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557-568

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