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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung der Bundesverfassung für den Transport auf der Eisenbahn, der Strasse, zu Wasser und in der Luft.

(Vom 19. Dezember 1941.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit «dringlichem Bundesbeschluss über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen» vom 80. September 1988, der durch Bundesratsbeschluss vom 80. Juli 1940 auf den 15. August 1940 in Kraft gesetzt worden ist, ist nach der Verwerfung des Verkehrsteilungsgesetzes vom Jahre 1935 von den Bundesbehörden eine vorläufige Eegelung des Verhältnisses zwischen dem Schienen- und dem Strassenverkehr eingeleitet worden. Ihre Verwirklichung ist trotz der seit dem Kriege stark zusammengeschrumpften Strassentransporte im Gange. Diese zeitlich befristete Autotransportordnung gilt bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über den Transport mit Motorfahrzeugen, längstens jedoch für fünf Jahre, d. h. bis zum 15. August 1945.

Da das neue, auf Grund der Erfahrungen mit der Autotransportordnung zu erlassende Bundesgesetz in den eidgenössischen Bäten nicht ohne vorherige Ergänzung und Änderung der Bundesverfassung wird in Beratung gezogen werden können, gilt es, trotz der Kriegszeiten nunmehr ohne Verzug an die Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlage für die gesetzliche Neuordnung in der schweizerischen Transportwirtschaft heranzutreten. Diese Absicht hat übrigens der Bundesrat bereits in seiner Botschaft vom 16. Mai 1941 zum Ausdruck gebracht, mit der Vorlage der Jahresrechnungen der Schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1940, indem er dort ausführte: Die Anregung des Verwaltungsrates der Bundesbahnen, die Lösung des Problems Schiene/Strasse entschieden zu fördern und so weit vorzubereiten, dass sie in der Nachkriegszeit in Wirklichkeit gesetzt werden kann, wird unsere volle Aufmerksamkeit finden. Es ist beabsichtigt, noch im Verlaufe des -Jahres 1941 die Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlage einzuleiten, indem zur Gütertransportinitiative Stellung genommen und gestützt auf die Anträge der hiefür eingesetzten Studienkommission ein Gegenvorschlag aufgestellt werden soll.

1121 Auf die Behandlung des gesamten, bekanntlich äusserst schwierigen Problems der zweckmässigsten Koordination der Transportmittel muss in dieser Botschaft verzichtet ·werden. Dies kann um so eher unterbleiben, als die umfassenden Ausführungen in der bundesrätlichen Botschaft vom 18. Juli 1937 für die Einführung der Autotransportordnung im wesentlichen ihre Gültigkeit bewahrt haben. Es wäre auch verfrüht, heute schon die Eichtlinien für die künftige gesetzliche Ordnung im einzelnen festzulegen. Wir werden uns deshalb darauf beschränken, die durch die Verfassungsänderung und -ergänzung angestrebten programmatischen Hauptziele für die künftige endgültige Ordnung in der schweizerischen Verkehrswirtschaft zu umschreiben. Bei der Vorbereitung der verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Koordination der einzelnen Verkehrsmittel ist vorerst die Gütertransportinitiative des Jahres 1938 auf ihre Eignung näher zu untersuchen.

1. Das Volksbegehren für eine Gütertransportordnung von 1938.

Mit Bericht vom 81. Mai 1938 haben wir Ihnen mitgeteilt, dass das durch das Aktionskomitee für die Gütertransportinitiative eingereichte Volksbegehren mit 384 760 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist. Das Volksbegehren lautet wie folgt: Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizerbürger stellen hiermit gemäss Art. 121 der Bundesverfassung und gemäss dem Bundesgesetz vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Revision der Bundesverfassung folgendes Begehren: Der Bundesverfassung wird folgender Artikel beigefügt: Art. 37iuater. Der Bund ordnet die Güterbeförderung durch motorisch betriebene Transportmittel nach volkswirtschaftlichen Grundsätzen. Dementsprechend sorgt er insbesondere dafür, dass sich der Fern-Güterverkehr vorwiegend auf den Eisenbahnen abwickelt.

Ergänzung von Art. 31, Abs. 2.

Vorbehalten sind : /. die Ordnung der Güterbeförderung gemäss Art. 37tiuater_

In der Broschüre «Der Ausgleich zwischen Bahn und Automobil eine Staatsnotwendigkeit», die das Zentralkomitee für die Gütertransportinitiative am 15. Juli 1937 der Öffentlichkeit übergeben hat, ist zur verfassungsrechtlichen Anpassung der neuen Verkehrsbedürfnisse wie folgt Stellung genommen worden: Die andere Schwierigkeit liegt in unserer Verfassung. Die Bundesverfassung unterstellt der Bundesgesetzgebung ausdrücklich die Eisenbahnen, die Schiffahrt, die Luftschiffahrt, nicht aber den immer bedeutungsvoller werdenden Automobiltransport. Die fehlende ausdrückliche Erwähnung des Automobiltransports bedeutet nicht gerade, dass der Bund diesen Verkehrszweig überhaupt nicht ordnen kann; auf Grund einzelner Verfassungsbestinimungen ist diese Möglichkeit in gewissem Umfang bereits vorhanden. Indessen ist die heutige Rechtssituation weder klar, noch gerecht, noch zweckmässig. Auch in den verkehrsrechtlichen Grundlagen ist uns das Ausland weit voraus. Der Augenblick ist gekommen, wo das Schweizervolk durch eine Initiative den Behörden erklären muss, es sei zur Anpassung seiner Verfassung an die modernen Verkehrsverhältnisse bereit.

1122 Die bedenklichen Zustände innerhalb der schweizerischen Verkehrswirtschaft haben Männer aller Berufe und aller Parteien bewogen, das moderne Verkehrsproblem eingehend zu studieren und nach dessen Lösung zu suchen. Aus den oben dargelegten Gründen sehen sie in einer vom ganzen Volk getragenen Verfassungsinitiative die notwendige Voraussetzung für die Gesundung des schweizerischen Verkehrswesens.

Mit Beschluss vom 24. Juni 1988 hat die Bundesversammlung vom Zustandekommen des Volksbegehrens Kenntnis genommen und den Bundesrat beauftragt, darüber den materiellen Bericht zu erstatten.

Schon vor dem Zustandekommen dieses Volksbegehrens hatte sich der Bundesrat mit der Frage der Verfassungsrevision für die Neuordnung des Transportwesens zu befassen, und zwar im Zusammenhang mit der vorläufigen und zeitlich befristeten Autotransportordnung.

2. Die Verîassungsîrage beim Erlass der Autotransportordnung.

In der Botschaft vom 18. Juni 1937, die zur Einführung der zeitlich befristeten Autotransportordnung geführt hat, hatte sich der Bundesrat, ähnlich wie schon auf Grund eines Gutachtens von Herrn Prof. Blumenstein in der Botschaft für das verworfene Verkehrsteilungsgesetz (vom 23. Juni 1934), auf den Standpunkt gestellt, dass Art. 36 der Bundesverfassung, der das Postregal umschreibt, als Grundlage zu einem allgemeinen Transportregal aufgefasst werden könne und müsse. Aber keine, auch noch so dynamische Auslegung gestatte, ihn bona fide auf den Werkverkehr auszudehnen. Dass für eine Besteuerung der Automobile durch den Bund keine verfassungsrechtliche Grundlage gegeben ist, unterlag .nie einem Zweifel. Nicht abgeklärt wurde die Frage, ob auch für die gelegentliche und entgeltliche Personenbeförderung, die durch die Autotransportordnung erfasst ist, der Art. 36 der BV genügen könne. Im Ständerat wurden jedoch Zweifel darüber geäussert, ob Art. 14 des Entwurfes über die Bedürfnisfrage und die subjektiven Voraussetzungen des Konzessionsbewerbers mit Art. 31 BV vereinbar sei. In jenem Zeitpunkt (März und September 1938) waren es jedoch in der Hauptsache Gründe der Landesverteidigung, die die Bedenken für einmal zerstreuten.

Da über den Zweck der Autotransportordnung immer noch Zweifel bestehen, dürfte es nicht unnötig sein, in Erinnerung zu bringen, was der Bundesrat seinerzeit zur Begründung dieser vorläufigen Aktion ausgeführt hat: «Um die Koordination des Autotransportes mit dem Eisenbahntransport richtig anzupacken, muss jener vorerst organisiert werden, um alsdann in eine allgemeine Transportordnung eingegliedert werden zu können. Sonst ist jede ernsthafte Bestrebung auf Zusammenarbeit zwischen Schiene und Strasse dem Misserfolg geweiht, da die eine der Parteien mangels einer festen Organisationsform
sie zum verantwortlichen Träger von Bechten und Pflichten ungeeignet macht. Die Autotransportordnung soll eine Ausgangsgrundlage für die kommende Begelung schaffen, Zeit gewähren, um diese Begelung zu überlegen und abzustecken unter Berücksichtigung der Traditionen, der wirtschaftlichen Struktur und der besondern Bedürfnisse des Landes.» (Bundesbl. 1937, II, 150.)

1123 Zur Schaffung der erweiterten verfassungsmässigen Grundlage und einer neuen Gesetzgebung wurde damals mit einem Zeitraum von wenigstens 4 bis 5 Jahren gerechnet.

In jener Botschaft wurde die Aufnahme einer neuen Bestimmung in die Bundesverfassung in Aussicht genommen, welche die Gesetzgebung über den Automobiltransport ganz allgemein dem Bunde überträgt. Der Automobiltransport sei der einzige wichtige Verkehrszweig, der nicht dem Bunde unterstehe. Die Post gehöre ihm von Anfang an (Art. 36 BV). Mit ihrem Aufkommen und ihrer Entwicklung seien ihm nach und nach auch die übrigen Verkehrsmittel unterstellt worden: Telegraph, Telephon, Eadio, mit einem Wort einerseits die gesamte Nachrichtenübermittlung, anderseits die Eisenbahnen (Art. 26 BV), die Schiffahrt (Art. 24*er BV) und die Luftfahrt (Art. 37ter BV). Nun bilde der Verkehr, wenn nicht ein Einheitliches, so doch ein Ganzes, dessen verschiedene Zweige voneinander abhängen und ineinandergreifen. Es sei weder normal, logisch noch praktisch, dass der Automobiltransport, als eine der geschmeidigsten, schnellsten und beweglichsten und daher eine derjenigen Transportarten, die am meisten über den kantonalen Bereich hinausgreifen, der einzige sein soll, der nicht dem Bunde unterstehe. Das sei ein I r r t u m , der berichtigt, und zugleich eine Lücke, die ausgefüllt werden sollten. Dies könnte dadurch geschehen, dass entweder ein allgemeiner Artikel über den gesamten Verkehr, das Nachrichten- und Transportwesen, aufgenommen würde, oder dass man über den Automobiltransport eine eigene Bestimmung aufstelle, die die andern ergänzen würde.

In der Bundesversammlung gab der Vertreter des Bundesrates die Erklärung ab (1938), dass die Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlage für eine endgültige gesetzliche Eegelung ohne Verzug werde in Angriff genommen und vielleicht schon im Jahre 1939 dem Volke werde unterbreitet werdenkönnen.

Die einlässlichen Untersuchungen der zur Abklärung dieser Fragen eingesetzten Studienkommission sowie der Kriegsausbruch haben jedoch die Einhaltung dieses Programmes vereitelt.

3. Ergebnisse der Untersuchungen im Schosse der eidgenössischen Studienkommission und der Transportkommission.

a. Die Studienkommission.

Nach der Verwerfung des Verkehrsteilungsgesetzes im Mai 1935 wurde von den Bundesbehörden veranlasst, dass durch amtliche, von der Bundesversammlung beschlossene Erhebungen der Umfang und die Art der Automobiltransporte statistisch einwandfrei erfasst wurden. Die Ergebnisse dieser abklärenden Statistik lagen Mitte 1937 vor.

Gestützt auf diese verbesserten Unterlagen über die Struktur des Strassenverkehrs trat eine vom Post- und Eisenbahndepartement eingesetzte Studienkommission aus 17 Mitgliedern, die sich in Unterkommissionen gliederte, vom 7. Juli 1937 an, der Prüfung des Gesamtproblems näher. Im besondern befasste

1124 sie sich mit der Zweckmässigkeit der Verfassungsänderung, später auch mit der Prüfung der Gütertransportinitiative. Diese Kommission war aus Vertretern der Wirtschaft, der Eisenbahnen und der Automobilkreise zusammengesetzt.

Um den erhaltenen Auftrag zu erfüllen, sahen sich die eingesetzten Subkommissionen veranlasst, namentlich auf dem Gebiet der Probleme Schiene/Strasse und der fiskalischen Belastung des Motorfahrzeugverkehrs, auch Fragen der künftigen Gesetzgebung einlässlich zu untersuchen. Zur verfassungsrechtlichen Frage nahm die Unterkommission V in dem Sinne Stellung, dass der Art. 36 BV einschränkend auszulegen sei. Ein neuer Verfassungsartikel, der für die kommende Gesetzgebung die Grundlage zu bilden habe, erscheine unerlässlich.

Zur abschliessenden Stellungnahme wurde die Gesamtkommission vom Post- und Eisenbahndepartement auf den 16. Januar 1941 einberufen.

In jener Konferenz vertrat die Mehrheit der Kommission die Ansicht, dass eine Teilrevision der Bundesverfassung für eine bessere Verkehrsordnung nicht bis nach Kriegsende hinausgeschoben werden sollte.

Die Untersuchungen und Empfehlungen der einzelnen Untersuchungsausschüsse werden im besondern für die Vorbereitung der Gesetzgebung auf Grund des neuen Verfassungsartikels von Wert sein.

Zur Verfassungsrevision selbst befürwortete die Kommission, gestützt auf einen Vorschlag des eidgenössischen Amts für Verkehr, nach einlässlicher Diskussion folgenden Wortlaut als Gegenvorschlag zur G ü t e r t r a n s p o r t initiative : Der Bund ordnet die Güterbeförderung und die entgeltliche Personenbeförderung mit Motorfahrzeugen unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen und militärischen Bedürfnisse des Landes.

Dieser reine Kompetenzartikel liess die stark umstrittene Übertragung der Besteuerungsbefugnis an den Bund in diesem Artikel unberührt. Auf die Gründe, die im Schosse der Studienkommission zur Trennung des Steuerregimes vom Kompetenzartikel geführt haben, werden wir weiter unten näher eintreten.

Die Frage, ob im Sinne des Volksbegehrens mit der Ordnung des Strassenverkehrs nicht auch eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreihoit verbunden sein müsse, wurde an dieser Schlußsitzung der Studienkommission nicht besonders behandelt.

Die Gründe, die das Post- und Eisenbahndepartement nach der Januarsitzung 1941 zum Ausbau der von der Studienkommission gutgeheissenen, engern verfassungsrechtlichen Grundlagen zu einem programmatischen Kompetenz- und Koordinationsartikel für alle Verkehrsmittel (Nachrichtenverkehr ausgenommen) veranlassen, sollen weiter unten erörtert werden.

b. Stellungnahme der eidgenössischeil Transportkommission.

Im Bundesbeschluss über die Autotransportordnung ist zur Begutachtung und Entscheidung von Fragen des motorisierten Strassenverkehrs eine besondere

1125 eidgenössische Transportkommission eingesetzt -worden. Es gehören ihr Vertreter des Schweizerischen Handels- und Industrievereins, des Gewerbeverbandes, des Bauernverbandes, des Gewerkschaftsbundes, der Bundesbahnen, der Privatbahnen und der Automobiltransportverbände an. Nach Art. 28 des Bundesbeschlusses hat die aus 17 Mitgliedern bestehende Transportkommission auch die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine künftige gesetzliche Organisation des Transportwesens zu prüfen und dem Bundesrat für eine rationelle Zusammenarbeit aller Verkehrsmittel in der Schweiz geeignete Massnahmen vorzuschlagen.

Der Vorentwurf des Post- und Eisenbahndepartements, der sich mit dem vorliegenden Entwurf des Bundesrates inhaltlich deckt, wurde von der Transportkommission in ihrer Sitzung vom 28. Oktober 1941, vorbehaltlich einer redaktionellen Änderung, einstimmig gutgeheissen.

4. Stellungnahme zur Gütertransportinitiative.

Es ist vorab festzustellen, dass die Gütertransportinitiative die Besteuerung der motorisierten Strassenfahrzeuge nicht mit der Schaffung der Bundeskompetenz zur Eegelung der motorisierten Transporte auf der Strasse in Zusammenhang gebracht hat, offenbar in Vorausahnung der gegenüber einer solchen Absicht von den Kantonen zu erwartenden Widerstände gegen die Antastung ihrer Steuerhoheit, die in diesem Falle auch in enger Beziehung zur kantonalen Strassenhoheit steht.

Die motorisierten Personentransporte gegen Entgelt blieben unberücksichtigt, weil angenommen worden war, der Art. 36 BV biete hiefür eine genügende Grundlage. Die gelegentlichen Personentransporte gegen Entgelt könnten jedoch durch eine künftige Gesetzgebung nur bei sehr extensiver Auslegung der Verfassung erfasst werden. Ausser den gewerbsmässigen Transportfirmen wünschen aber auch die Privatbahnen, dass ihnen gegenüber den gelegentlichen Personentransporten gegen Entgelt auf der Strasse ein gewisser Schutz gewährt werde. Mit den vorbereitenden eidgenössischen Expertenkommissionen sind wir der Auffassung, dass der Initiativtext nach dieser Eichtung einer Ergänzung bedarf.

Das Volksbegehren will sodann bereits in der Verfassung den Grundsatz verankern, der Gesetzgeber solle, in Befolgung volkswirtschaftlicher Grundsätze, im besondern dafür sorgen, dass der Ferngüterverkehr sich vorwiegend auf den Eisenbahnen
abwickle. Mit den Expertenkommissionen halten wir jedoch dafür, dass dieser Gedanke einer Verkehrsteilung zwischen Schiene und Strasse nach Fern- und Nahverkehrszonen jedenfalls nicht in der Verfassung niederzulegen sei. Zur Begründung ist einmal anzuführen, dass ein Bedürfnis hiefür nicht besteht, da der Ferngüterverkehr sich bisher tatsächlich schon vorwiegend auf der Eisenbahn abgewickelt hat, wie dies aus der Strassenverkehrsstatistik von 1936/37 einwandfrei hervorgeht. Dies wird auch in Zukunft der Fall sein, so dass keine zwingende Notwendigkeit besteht, diesen

1126 eigentlich selbstverständlichen Tatbestand als Schutz der Hauptbahnen für die Zukunft in der Verfassung besonders zu verankern. Den wechselnden Bedürfnissen wird die Gesetzgebung sich anpassen müssen. Einer Eingabe des Initiativkomitees an die eidgenössischen Eäte vom 16. Januar 1988 ist übrigens zu entnehmen, dass nach seiner Auffassung der Ferngütorverkehr, falls der Lastwagen eine tatsächliche verkehrstechnische bzw. transportwirtschaftliche Überlegenheit über die Eisenbahn besitzt, nicht eingeengt werden solle. Hiezu ist zu bemerken, dass ausser der technischen Eigenart der Verkehrsmittel u. a. auch gewisse besondere Transportbedürfnisse eines Verfrachters massgebend sind. Die transporttechnische und wirtschaftliche Überlegenheit der Eisenbahn über das Motorfahrzeug und umgekehrt ist durchaus relativ und erstreckt sich von Fall zu Fall auf andere Beförderungslängen.

Die Transportlängen der Lastwagentransporte weisen je nach Art und Menge der Güter grosse Unterschiede auf. Auch im Stückgutverkehr lassen sich Fälle namhaft machen, in denen trotz werkeigener Automobile der Verfrachter die Eisenbahn auf kürzesten Distanzen transportwirtschaftliche Vorteile bietet.

Anderseits endet die Konkurrenzfähigkeit des Automobils im Fall von Massenguttransporten oft schon bei 20 und 30 km.

Im Ausland, wo weit grössere Distanzen in Frage kommen als in unserem Lande, hat man sich bisher darauf beschränkt, die Automobilferntransporte durch besondere Auflagen in ihrer freien Entfaltung zu hemmen. Nur in Österreich war der Versuch unternommen worden, ein von verschiedenen Ausnahmen durchbrochenes Verbot der Werkverkehrstransporte über eine Entfernung von 100 km hinaus aufzustellen. In Frankreich waren ähnliche Lösungsversuphe auf unüberwindliche Schwierigkeiten gestossen.

Die objektive Wettbewerbsfähigkeit von Eisenbahn und Automobil kann sich sodann zeitlich mit dem technischen Fortschritt sowohl beim Eisenbahnwie beim Strassenverkehr rasch ändern. Eine Abgrenzung der Motorfahrzeugtransporte nach Nah- und Fernverkehr für Friedenszeiten wäre aus all den genannten Gründen in der Verfassung nicht angezeigt.

Den Bedürfnissen in Kriegszeiten entsprechend ist allerdings seit 1940 in mehreren Ländern eine Einschränkung des Strassenfernverkehrs durch besondere Abgaben erfolgt oder aber ein vollständiges
Ferntransportverbot erlassen worden.

Eine Abweichung von besonderer Tragweite weist der Initiativtext gegenüber unserem Gegenvorschlage bei der Berücksichtigung der Interessen der Landesverteidigung auf. Die Initianten gingen offenbar von der Voraussetzung aus, dass dem Bunde in der bestehenden Bundesverfassung ohnehin eine genügende Befugnis zur Wahrung der militärischen Interessen auf allen Gebieten der Wirtschaft eingeräumt sei. Ohne von einer wesentlichen Lücke der Initiative in diesem Punkte sprechen zu wollen, halten wir mit den Expertenkommissionen doch dafür, dass im neuen Verfassungstext die Bedürfnisse der Landesverteidigung neben den Interessen der Volkswirtschaft erwähnt werden sollen. Die Erfahrungen im laufenden Weltkriege mit der Motorisierung

1127 der Armeen sind so allgemein bekannt, dass es keiner langen Ausführungen bedarf, um den Beweis zu erbringen, dass für die künftige gesetzliche Eegelung das Verhältnis der einzelnen Verkehrsmittel zueinander nicht allein volkswirtschaftliche Gesichtspunkte wegleitend sein können, sondern in hohem Masse auch militärische Bücksichten. A u f g a b e des Gesetzgebers wird es sein, je nach den wechselnden B e d ü r f n i s s e n von Landesverteidigung und nationaler V o l k s w i r t s c h a f t die für jede Zeitperiode zweckmässigste Synthese in der Koordination und Zusammenarbeit der verschiedenen Verkehrsmittel zu suchen und zu finden. In der Verfassung selbst, dem Grundgesetz, das das rechtliche Fundament für die Existenz des Staates darstellt, sollen jedoch die beiden Grundpfeiler, auf denen die Transportwirtschaft des Landes aufzubauen ist, oder die beiden Hauptziele, die im Wettbewerbsstreit der Verkehrsmittel nie aus den Augen gelassen werden dürfen, ihre feste Verankerung finden: es sind die volkswirtschaftlichen und militärischen B e d ü r f n i s s e und Interessen des Landes.

Sollte bei den gesetzlichen Lösungen die notwendige Eücksichtnahme auf die Interessen der Landesverteidigung keine Einschränkung, sondern im Gegenteil eine weitere Entwicklung der Motorfahrzeuge und damit einen Verkehrsabzug von den Eisenbahnen zur Folge haben müssen, so wird der staatliche Ausgleich für die Eisenbahnen, als den Hauptträgern des öffentlichen Verkehrs, in anderer Form geschaffen werden müssen. In dieser Eichtung muss bereits die bevorstehende Übernahme bedeutender Schulden der Bundesbahnen durch den Bund sowie die in Ausführung begriffene Sanierung der Privatbahnen mit Bundesmitteln als erste grosse Ausgleichsaktion zugunsten der Eisenbahnen angesehen werden. Wesentlich ist, dass für die Allgemeinheit die Lasten durch die Schuldenübernahme der Eisenbahnen immer noch geringer sind als die Ausrüstung der Armee mit einem grössern eigenen Wagenpark, der überdies der Gefahr der raschen Veralterung ausgesetzt wäre.

Die Zusammenhänge zwischen der Ordnung der Verkehrswirtschaft und den Sanierungen der Eisenbahnen sind denn auch vom Vertreter des Bundesrates in der Bundesversammlung bei der Beratung der Autotransportordnung ausdrücklich anerkannt worden (StenBull StE vom 13. März 1938, S. 74).

Der Vertreter
des Bundesrates hat hierüber folgendes ausgeführt: «Sachant que nous ne pourrions pas aller aussi loin que nous ne l'aurions voulu pour la protection des entreprises de chemins de fer dans la réglementation immédiate des transports, nous avons alors proposé aux chambres de leur venir en aide financièrement dans une mesure plus forte que nous ne l'aurions fait sans cela.» 5. Koordination der Transporte und Handels- und Gewerbefreiheit.

Der Vorschlag der Initiative, durch die Ordnung im Transportwesen auch eine Einschränkung des Art. 31 B V über die Handels-und Gewerbefrei-

1128 heit zu errichten, ist grundsätzlich gerechtfertigt, da damit alle Zweifel für die Gesetzgebung von vorneherein ausgeschaltet werden.

Jede verfassungsrechtliche Grundlegung einer Gesetzgebung über die Ausübung des Transportgewerbes und deren Koordination mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben, namentlich den Eisenbahnen, hat zum Hauptgegenstand die Aufhebung der Gewerbefreiheit. Der neue Verfassuugsartikel muss daher in einem rechtlich einwandfrei zu bestimmenden Verhältnis zu Art. 81 BV stehen. Was den gewerbsmässigen Personentransport mit irgendeinem Verkehrsartikel anbetrifft, wirkt in diesem Bereich Art. 86 BV zwar genügend, weil er nicht bloss eine Kompetenzbestimmung darstellt, sondern ein staatliches Eegal vorbehält. Fraglich ist jedoch, ob sich aus der rein verfassungsmässigen Kompetenz zur Gesetzgebung ohne weiteres die Gewerbefreiheit für gewerbsmässigen Automobiltransport einschränken liesse. Dies ist aus rechtlichen Gründen zu bezweifeln und darf auch nicht aus dem überlieferten Sinne von Art. 26 über die Eisenbahnen abgeleitet werden. Lange vor Schaffung des Art. 26 BV gab es eine Eisenbahngesetzgebung des Bundes. Sie stützte sich auf Art. 21 BV 1848 (heute Art. 23 BV). Entscheidend hiefür war die Auffassung, dass die Eisenbahn eine öffentliche Unternehmung ist. Um ihren Bau und ihre Entwicklung sicherzustellen und wegen ihrer Bedeutung für die Landesinteressen wurde sie mit dem eidgenössischen Enteignungsrecht ausgestattet. Hieraus ergab sich von vorneherein ihre Ausnahmestellung gegenüber dem Gewerbefreiheitsartikel der Verfassung, nicht aber aus der Fassung des spätem Art. 26 als eines reinen Kompetenzartikels.

Aus diesen Erwägungen erheben sich rechtliche Bedenken dagegen, dass sich aus dem neuen Verfassungsartikel ohne weiteres, was den gewerbsmässigen Verkehr anbetrifft, die Aufhebung der Gewerbefreiheit ergebe, und dass damit sein Verhältnis zu Art. 31 BV schlechthin abgeklärt sei. Dies ist jedenfalls nicht zu vermuten, sondern müsste wieder auf dem Wege der Interpretation, aus Wortlaut und Sinn der neuen Bestimmung abgeleitet werden, mit andern Worten die verfassungsrechtliche Grundlegung der Konzessionsbedürftigkeit des Autotransportes würde wieder, wie bisher, umstritten bleiben.

Die vom neuen Verfassungsartikel gemäss unserem Vorschlag vorgesehene Koordination der
Verkehrsmittel umschliesst ein in der künftigen Ausführungsgesetzgebung zu schaffendes System von Vorschriften, die es gestatten sollen, den vom Artikel genannten Nutzeffekt für die nationale Volkswirtschaft und die Landesverteidigung zu erreichen. Zweifellos kann daraus die Kompetenz zur Vermehrung der Fahrzeuge abgeleitet werden, die nach den Bedürfnissen der Armee normiert sind. Auch die Aufstellung einer gewissen Transportpflicht für den Autotransport liesse sich daraus herleiten. Allein die Zulassung zum Transportgewerbe selbst wäre hierdurch noch nicht getroffen. Nachdem seit sieben Jahren die Schwierigkeiten für eine Ordnung des Autotransportes immer wieder in der verfassungsrechtlichen Lücke bestanden haben, im. besondern in der Schwierigkeit, in der Verfassung eine wirklich tragende Grundlage für die Aufhebung der Gewerbefreiheit des Autotransportes zu finden, so muss bei

1129 neuen Anstrengungen um die Schaffung eines zweckdienlichen Verfassungsartikels diese Lücke unbedingt und in rechtlich zweifelsfreier Weise geschlossen werden.

Für die Einreihung der notwendigen Ausnahmebestimmung kommt beim gegenwärtigen Art. 81 BV ein neuer Absatz 3 in Betracht.

Sollte der Bundesbeschluss vom 21. September 1939 über eine Eevision der Wirtschaftsartikel der BV vorher zur Annahme gelangen, so wurde die Ausnahmeklausel für die Verkehrskoordination am besten als Absatz 4 des neuen Art. 31bls eingereiht. Diese Notwendigkeit besteht jedoch nur, wenn man die Ausnahmebestimmung in Abs. 2 von Art. 31bls («wenn, das Gesamtinteresse es rechtfertigt, ist der Bund befugt, nötigenfalls in Abweichung von der Handelsund Gewerbefreiheit, Vorschriften zu erlassen zur Erhaltung wichtiger, in ihrer Existenz gefährdeter Wirtschaftszweige und Berufsgruppen») nicht als genügende verfassungsrechtliche Grundlage für die Koordination der Verkehrsmittel, in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, anerkennen wollte. Gelangt der Koordinationsartikel vor den neuen Wirtschaftsartikeln zur Volksabstimmung, so wird der Vorbehalt der Abweichung von der Handelsund Gewerbefreiheit für die Verkehrskoordination entweder bei Art. 31 alt als Absatz 3 oder beim neuen Art. 31Ws als neuer Absatz 4 eingereiht werden müssen.

6. Werkverkehr und Verfassungsrevision.

Die Gütertransportinitiative sieht für die Verfassung den Ausschluss des Werkverkehrs von der Ordnung durch den Bund nicht vor. In der Studienkommission gingen die Ansichten hierüber noch auseinander, nicht aber in der Transportkommission.

An der Schlusskonferenz vom 16. Januar 1941 sprach sich jedoch die Mehrheit der Kommissionsmitglieder dahin aus, dass in der Verfassung selbst der Werkverkehr nicht schlechthin von jeder Eegelung durch den Bund ausgenommen werden könne. Bei einem allgemeinen Koordinationsartikel, der sich auf alle Verkehrsmittel erstreckt, ginge es auch nicht an, schon in der Verfassung eine unterschiedliche Behandlung des gewerbsmässigen und des Werkverkehrs vorzusehen. Gerade zur Wahrung der militärischen Interessen werden gewisse Auflagen auch vom Werkverkehr übernommen werden müssen.

Wollte man in der Verfassung selbst über die künftige Stellung des Werkverkehrs einschränkende Bestimmungen aufnehmen, so müsste die
Sonderbehandlung des sogenannten unechten Werkverkehrs, des Konzernverkehrs usw. im Verfassungstext Erwähnung finden, d. h. gesetzgeberische Einzelheiten, die besser der Gesetzgebung vorbehalten bleiben. Ein abschliessendes Urteil über die zweckmässigste Gestaltung der künftigen Transportpolitik wäre heute ohnehin verfrüht, da eingehende Untersuchungen noch fehlen und gewisse Erfahrungen noch gesammelt werden müssen. Auch die Entwicklung der Technik und der Wirtschaft, sowie der Treibstoffversorgung in der Nachkriegszeit sind noch nicht vorauszusehen. Aus dieser Situation heraus scheint deshalb

1130 der Vorschlag eines umfassenden Kompetenzartikels, wie er im Hinblick auf die Güterbeförderung von den Initianten gemacht wird, den gegebenen Weg zu bilden, wenn er durch den Gedanken der Koordination zwischen allen Verkehrsmitteln ergänzt wird.

Nach den Ergebnissen der Gütertransportstatistik, welche die Beförderungen mit Lastwagen mit mehr als einer Tonne Tragkraft über 10 und mehr km erfasst hat, entfielen vor dem Kriege auf den Werkverkehr annähernd 2 /3 der beförderten Mengen oder die Hälfte der Tonnenkilometer. Der werkeigene Transport wickelt sich normalerweise überwiegend innerhalb relativ kurzer Distanzen ab und weist eine durchschnittliche Beförderungslänge auf, die ihn in dieser Beziehung weniger als gefährlichen Wettbewerber der Eisenbahn als des gewerbsmässigen Strassenverkehrs erscheinen lässt.

Welche Entwicklung der Werkverkehr in Zukunft in unserem Lande nehmen wird, kann nicht vorausgesagt werden. Dies hängt in hohem Masse auch von der künftigen Gestaltung und Höhe der E i s e n b a h n t a r i f e ab.

Von allen Gründen, die für eine gewisse Eegelung des Werkfernverkehrs sprechen, kommt der notwendigen Erhaltung des W e r t t a r i f s y s t o m s im Eisenbahngüterverkehr die ausschlaggebende Bolle zu. Die hervorragenden Dienste, die die Eisenbahnen durch ihre Abstufung der Transportpreise nach dem Güterwert der Volkswirtschaft bisher geleistet haben, wären in Frage gestellt, wenn die höher tarifierten Güter, die einen Ausgleich für die niedriger tarifierten, minderwertigen Güter bilden müssen, ohne Einschränkung der Schiene entzogen werden könnten. Im Gegensatz zum privaten Personenverkehr handelt es sich beim Güterverkehr darum, dass die Wirtschaft als Gegenleistung für die Vorteile aus dem Werttarifsystem der Eisenbahnen bei gewissen Gütern auf die volle Freiheit im Werkferngüterverkehr zu verzichten hätte.

Auch im Hinblick auf die Gesamtheit der Verfrachter könnte es notwendig werden, dem Werkverkehr gewisse Auflagen zu machen. Es werden sich nämlich im wesentlichen nur grössere Unternehmungen werkeigener Lastwagen bedienen können. Die Begünstigung vor allem der Grossbetriebe durch den Werkverkehr dürfte offensichtlich sein. Ihnen gegenüber bleiben die kleineren und mittleren Betriebe auf die öffentlich angebotenen, zum Teil teureren Transportgelegenheiten angewiesen. Sofern
aus sozialen und politischen Gründen Massnahmen zur Erhaltung des Kleingewerbes notwendig werden sollten, ist es vielleicht nicht ausgeschlossen, dass auch aus diesen Gründen dem Werkverkehr eines Tages gewisse Bedingungen aufzuerlegen wären. Alle diese Erwägungen, die auf weite Sicht gehen, führen zur Überzeugung, dass eine Verfassungsbestimmung vorgeschlagen werden sollte, nach der im gegebenen Falle auch die werkeigenen Transporte gewissen gesetzlichen Vorschriften unterworfen werden können. Auch die Begelungen anderer Länder zeigen deutlich, dass gewisse, dem gewerbsmässigen Transport auferlegte Bedingungen auf den Werkverkehr ausgedehnt werden müssen, wenn das Gleichgewicht unter den Transportarten und Verkehrsmitteln erhalten oder herbei-

1131 geführt werden soll. So ist der Werkverkehr in England lizenzpflichtig erklärt, in Österreich war er über 100 km Beförderungslänge grundsätzlich verboten, in Deutschland, Frankreich und Italien besondern Steuern unterworfen. Eine endgültige Lösung war jedoch vor Kriegsausbruch in keinem Lande gefunden worden.

Die eventuelle Notwendigkeit, im Bahmen einer umfassenden Transportpolitik in unserem Lande in einem spätem Zeitpunkt gewisse Massnahmen ergreifen zu müssen, ist nicht von der Hand zu weisen. Eine eigentliche Bewilligungspflicht, gleich wie sie für die gewerbsmässigen Transporte beabsichtigt ist, wird kaum in Frage kommen können. Die Eegistrierungspflicht ist bereits in der vorläufigen Autotransportordnung enthalten. Die Werkverkehrsfirmen sollten auch in Zukunft dazu verhalten werden können, zur Klärung des Verkehrsproblems erforderliche Angaben über die von ihnen ausgeführten Transporte zu liefern. Es liesse sich ferner auch denken, dass die Werkverkehrsunternehmer im sozialen Interesse dazu angehalten werden sollten, ihr Fahrpersonal nach gesamtarbeitsvertraglich festgesetzten Arbeitsbedingungen anzustellen. Unter Umständen könnte es auch notwendig werden, gegen allzu weitgehende Gefälligkeitsfahrten ohne Entgelt, die den gewerbsmässigen Transporteuren schaden würden, einzuschreiten. Welche von den angedeuteten Massnahmen angewandt werden müssten, hängt von der Entwicklung im Strassentransportwesen ab und soll der Gesetzgebung, d. h. dem Volkswillen, vorbehalten bleiben. Unter Umständen können in gewissen Gebieten Ausgleichsabgaben zur Erhaltung des öffentlichen Verkehrs notwendig werden.

Es ist sodann nicht ausgeschlossen, dass in den ersten Nachkriegsjahren der motorisierte Strassenverkehr auch weitgehend von der Versorgung durch ausländische oder Ersatztreibstoffe aus dem Inland wird abhängig gemacht werden müssen und der Werkverkehr mit staatlichen Einschränkungen auf dem Gebiete der Treibstoffzuteilung wird rechnen müssen. Immer aber werden die ü b e r z u o r d n e n d e n B e d ü r f n i s s e der Landesverteidigung auf diesem Gebiete zu vorsichtiger Zurückhaltung zwingen. Der gute Unterhalt und die rechtzeitige Erneuerung der armeetauglichen Wagen werden nicht beeinträchtigt werden dürfen. Eine neue Verfassungsbestimmung soll jedoch ermöglichen, gegebenenfalls auch dem
Werkverkehr gewisse Bedingungen aufzuerlegen.

7. Der private Personenverkehr ohne Entgelt.

Das Volksbegehren hat den privaten Personenverkehr ausser acht gelassen.

In einem der Studienkommission unterbreiteten Vorschlag des Eisenbahndepartements aus dem Jahre 1938 war für die Koordination und die Zusammenarbeit der verschiedenen Verkehrsmittel der nicht gewerbsmässige Personenverkehr nicht ausgenommen worden.

Es stellte sich jedoch die Frage, ob in dem auf breiterer Grundlage aufzustellenden Artikel der nicht gewerbsmässige Personenverkehr mit Motor-

1132 fahrzeugen auf der Strasse, in der Luft und zu Wasser ausdrücklich ausgenommen werden soll oder ob die Freiheit dieser Verkehrsarten nicht erst im Gesetze statuiert werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch für die Zusammenarbeit und gegenseitige Ergänzung von Eisenbahn und privatem Automobil, zwischen Eisenbahn und privatem Luftfahrzeug, ferner zwischen privaten Automobilen und privaten Luftfahrzeugen unter sich, bereits in der Gegenwart gewisse Bedürfnisse bestehen und vielleicht in der Zukunft noch zunehmen werden, deren Befriedigung ohne gesetzliche Vorschriften nicht möglich wäre. Es ist im besondern an die Verhältnisse und Einrichtungen beim Anschluss verschiedener Verkehrsmittel und beim Übergang vom einen zum andern Verkehrsmittel zu denken, die sicher noch der Verbesserung fähig sein werden. Ob hiefür ohne gesetzlichen Zwang immer auszukommen sein wird, bleibe dahingestellt. Auch für den vorübergehenden Transport von privaten Motorfahrzeugen auf grösseren Transportmitteln können gesetzliche Vorschriften erforderlich werden.

Bei der Beratung in der eidgenössischen Transportkommission ergab sich einzig über diesen Punkt eine Meinungsverschiedenheit. Eine Minderheit sprach sich gegen die ausdrückliche Ausnahme in der Verfassung selbst aus, in der Meinung, dass die Eegelung im einzelnen der Gesetzgebung vorzubehalten sei. Die Mehrheit der Kommission jedoch befürwortete den Ausschluss des privaten und nicht gewerbsmässigen Personenverkehrs von einer verfassungsrechtlichen Einschränkung. Entsprechend dieser Auffassung sehen wir folgende Bestimmung vor: «Der Personenverkehr ohne Entgelt wird durch diese Bestimmung nicht berührt.» 8. Die Besteuerung des Motorfahrzeug-Verkehrs.

In einem Bericht des eidgenössischen Eisenbahndepartements an die «Studienkommission für Automobil- und Transportwesen», vom 15. August 1938, war auch die Frage erörtert worden, ob und in welchem Umfang dem Bundesgesetzgeber die Befugnis zur Besteuerung des Strassentransportes mit Motorfahrzeugen gegeben werden sollte. Wie die Erfahrungen im Ausland zeigen, darf unter den Mitteln, die einem Gesetzgeber für seine Transportpolitik zur Verfügung stehen können, die Steuerhoheit über die Transporte und Transportmittel als eines der wichtigsten angesehen werden. Das Erheben von Steuern, das entsprechend den
verkehrspolitischen Absichten zu handhaben ist, gestattet dem für die Verkehrspolitik des Landes verantwortlichen Gesetzgeber, durch Steuererleichterungen oder stärkere Belastung gewisse Verkehrsarten zu begünstigen oder ihnen im Sinne ausgleichender Massnahmen Auflagen zu machen.

Gestützt auf die Art. 24ter, 26 und 37ter BV wäre der Bundesgesetzgeber in der Lage, Schiffahrt, Eisenbahnen und Luftschiffahrt zu besteuern, da ihm die Gesetzgebung über diese Transportmittel ohne Einschränkung vorbehalten ist. Dagegen hat der Bund heute keine Befugnis, auf Motorfahrzeugen oder

1133 deren Transporten Abgaben zu erheben. Einzig auf den Frachturkunden kann er eine Stempelsteuer einziehen. Die von Kanton zu Kanton unterschiedliche Besteuerung der Motorfahrzeuge ist bekannt. Dass sie eine einheitliche Transportpolitik nicht erleichtert, hegt auf der Hand.

Auch zur Förderung des militärtauglichen Wagenparks könnten Steuererleichterungen durch den Bund gute Dienste leisten, in Ermangelung dieses Mittels musste sich der Bund bisher mit der Gewährung von Beiträgen behelfen.

Anlässlich der Beantwortung der Postulate Feldmann und Käser, vom 29. April und 22. Juni 1938, drückte sich der Vertreter des Bundesrates dahin aus, dass man den Mut aufbringen sollte, eine radikale Lösung vorzunehmen in dem Sinne, dass der Bund den Kantonen die heutigen Steuererträgnisse sicherstellt und die Motorfahrzeuge selbst besteuert.

Die Tatsache jedoch, dass in unserem Bundesstaate die Kantone die Träger der Strassenhoheit sind, lässt die grossen Schwierigkeiten einer bundesrechtlichen Neuordnung erkennen, selbst wenn der Bund die Verpflichtung übernehmen wollte, aus dem Ertrag der ihm künftig zufallenden Abgaben die Kantone in Höhe ihrer bisherigen Einnahmen zu entschädigen.

Im erwähnten Bericht des Eisenbahndepartements an die Studienkommission wurde auch eingehend zu einem neuen Steuersystem Stellung genommen, das in einer Mischung von Treibstoffsteuern und Pauschalsteuern bestanden hätte. Der Vorschlag des Eisenbahndepartements vom August 1938 für eine Verfassungsrevision über die Besteuerung hatte wie folgt gelautet: Absatz 4: Der Bund ist befugt, Gesellschaftswagen und zum Transport von Sachen verwendete Motorfahrzeuge und Anhänger zu besteuern. Er kann im Interesse der Landesverteidigung Steuererleichterungen oder -befreiungen bewilligen. Den Kantonen ist es untersagt, auf den genannten Motorfahrzeugkategorien Abgaben zu erheben. Dagegen bleibt ihnen bei der Kontrolle des Motorfahrzeugverkehrs die Erhebung von Verwaltungsgebühren vorbehalten.

Absatz 5: Der Ertrag der vom Bunde erhobenen Steuern fällt, soweit diese zur Ablösung der kantonalen Abgaben erhoben werden, nach Abzug der Erhebungskosten des Bundes den Kantonen zu. Der Bund garantiert den Kantonen eine jährliche Einnahme in Höhe des durchschnittlichen Ertrages der in den Jahren 1937--1939 erhobenen, durch den Bund abgelösten, kantonalen Abgaben. Es steht ihm frei, aus den allfälligen Überschüssen einen Ausgleichsfonds anzulegen. Das Gesetz bestimmt seine Gestaltung.

In der Studienkommission gelangte der zur Prüfung der Steuerfragen eingesetzte Ausschuss zur Befürwortung dieser Vorschläge.

Im Februar 1940 wurde diese wichtige Frage vom Post- und Eisenbahndepartement in einer Konferenz mit den Kantonen einlässlich beraten. Der Widerstand der Kantone gegen die geplante Besteuerung der Automobile erwies sich jedoch als ausserordentlich gross und unüberwindlich. Einzig der Kanton Waadt sprach sich für eine einheitliche eidgenössische Eegelung aus.

Auch die Verbände der Automobilisten nahmen gegen eine Steuerablösung durch den Bund Stellung. Es erübrigt sich, in diesem Zusammenhang auf die vorgebrachten Gründe näher einzutreten. Einem im September 1940 unterBundesblatt. 93. Jahrg. Bd. I.

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1134 nommenen Versuch des Post- und Eisenbahndepartements, durch Bundesvorschriften der einheitlichen Treibstoffsteuer den Weg zu ebnen, war kein besserer Erfolg beschieden.

Es kann somit kein Zweifel darüber bestehen, dass die Belastung des Gegenvorschlages zur Gütertransportinitiative mit einer Verfassungsänderung über die Automobilbesteuerung zurzeit zu einem Fehlschlag führen müsste.

In der Schlußsitzung der Studienkommission vom 16. J a n u a r 1941 wurde einstimmig die Ansicht vertreten, dass die Besteuerung jedenfalls nicht in den gleichen Artikel aufzunehmen wäre wie die Kompetenzordnung für die Koordination. Ein Mitglied äusserte sich wie folgt: «Wenn das Besteuerungsproblem so grosse Schwierigkeiten bereitet, so besteht die Möglichkeit, es wegzulassen. Sollte man sich jedoch entschliessen, es in die Verfassungsrevision einzubeziehen, so kann man es in einem zweiten Artikel behandeln.

Der erste Artikel würde damit die allgemeine Kompetenzerteilung umfassen, während der andere das Problem der Besteuerung regeln würde. Man könnte die Abstimmung so gestalten, dass das Volk die Möglichkeit hätte, einen Artikel anzunehmen und den andern zu verwerfen.» Die grosse Mehrheit der Studienkommission vertrat jedoch mit den Organen des Post- und Eisenbahndepartements die Ansicht, dass die Eevision über die Besteuerung vom Gegenvorschlag zur Gütertransportinitiative zu trennen sei. Dieser von der Transportkommission einstimmig vertretenen Ansicht hat sich auch unsere Behörde angeschlossen.

9. Vorschlag für einen Kompetenz- und Koordinationsartikel unter Erfassung der Transporte auf der Eisenbahn, der Strasse, zu Wasser und in der Luft.

Schon mit Bericht vom 15. August 1938 hatte das Eisenbahndepartement der Studienkommission einen allgemeinen Koordinationsartikel folgenden Wortlautes vorgeschlagen : «Der Bund ist befugt, unter Wahrung der volkswirtschaftlichen und militärischen Interessen, Vorschriften zur Koordination der verschiedenen T r a n s p o r t m i t t e l zu erlassen. Er ordnet ihren Wettbewerb und fördert ihre Zusammenarbeit. » Zur Begründung war damals ausgeführt worden, dass die Eegelung des Autotransportes ein wichtiges Mittel bilde, um das Ziel einer u m f a s s e n d e n nationalen Transportpolitik zu erreichen, nämlich die heute nebeneinander arbeitenden Verkehrsmittel zu
koordinieren. Man dürfe bei der Erörterung eines Verfassungsgrundsatzes, der auf lange Sicht geschaffen wird, nicht ausser acht lassen, dass die gleichen Probleme, die heute das Motorfahrzeug aufwerfe, durch andere Transportmittel gestellt werden körinen. Wenn die Verkehrstechnik in gleichem Masse wie bisher fortschreite, dürfe mit Sicherheit angenommen werden, dass der Staat gleiche oder ähnliche Aufgaben zu lösen haben werde. An den heutigen Problemen gemessen gelte es zu verhindern, dass einzelne Transportmittel zum Schaden des Landes sich unwirtschaftlich

1135 konkurrenzieren. In gewissen Fällen werden Doppelspurigkeiten in der Verkehrsbedienung zu eliminieren und durch den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt überholte Transporteinrichtungen durch zweckmässigere zu ersetzen sein. Bndlich sollte in andern Fällen eine geeignete Zusammenarbeit der verschiedenen Beförderungsmittel herbeigeführt werden. Sie würde die in der Transportorganisation bestehenden Lücken ausfüllen und den einzelnen Gegenden die für sie rationellste Verkehrsbedienung sichern. Die Notwendigkeit, sie im volkswirtschaftlichen und militärischen Interesse zu lösen, dürfe als unbestritten angesehen werden. Dies werde zweckmässig nur dann geschehen, wenn das Transportwesen als einheitliches Ganzes betrachtet werde und dieser Auffassung entsprechend gegenüber allen Verkehrsmitteln nach übergeordneten Gesichtspunkten gleichgerichtete Massnahmen ergriffen werden könnten.

Wenn im Hinblick auf diese notwendige Verkehrspolitik die verfassungsrechtlichen Grundlagen geprüft werden, lasse sich feststellen, dass die Verfassung keine Bestimmung aufweise, in der ausdrücklich das Eecht und die Pflicht des Bundesgesetzgebers festgelegt wären, die Koordination der Transportmittel im angedeuteten Sinne vorzunehmen. Es dürfte zwar kein Zweifel darüber bestehen, dass dieses Eecht sich mittelbar aus den Kompetenzartikeln 24ter, 26, 37ter BV ableiten liesse. Da dem Bund bei seiner Gesetzgebung, soweit sie sich auf die genannten Verfassungsartikel stützen würde, keine Schranken gesetzt seien, könnte auch seine Kompetenz nicht bestritten werden, das gegenseitige Verhältnis der Transportmittel zu ordnen.

Trotz diesen Überlegungen müsse doch die Frage geprüft werden, ob dem Bundesgesetzgeber nicht in einer allgemein gehaltenen Kompetenzbestimmung ausdrücklich die Befugnis gegeben werden sollte, die verschiedenen Transportmittel zu koordinieren. Da die Aufgaben des Gesetzgebers nur in grossen Linien bekannt seien, sollte ihm lediglich die Wegleitung gegeben werden, dass er den Wettbewerb der Transportmittel ordne und ihre Zusammenarbeit f ö r d e r e . Mit einer solchen Ergänzung wären dem Bund nicht nur Befugnisse näher umschrieben, sondern es würde ihm auch eine ausdrückliche Verpflichtung zur Koordination auferlegt.

Obwohl die Studienkommission im Jahre 1938 diesem Vorschlag des Eisenbahndepartements
nicht glaubte folgen zu können, so gaben die seit dem Kriegsausbruch gemachten Erfahrungen und verwirklichten technischen Fortschritte im Transportwesen, im besondern im Flugverkehr, doch Anlass, die Frage der Zweckmässigkeit eines Koordinationsartikels für alle Verkehrsmittel, mit Ausnahme der Nachrichtenverkehrsmittel, einer nochmaligen einlässlichen Prüfung zu unterziehen.

Allgemein wird nach dem Kriege mit einer starken Entwicklung des zivilen Flugverkehrs gerechnet. Für die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken des gesteigerten Luftverkehrs mit dem Eisenbahn- und dem Automobilverkehr kann eine staatliche Eegelung im besondern empfehlenswert werden:

1136 für die Beförderung von schwerem Gepäck der Fluggäste mit der Eisenbahn, die Benützung der Eisenbahn oder des Automobils bei Aussenlandung eines Plugzeugs, die Benützung der Eisenbahn bei Ausfall eines Flugzeugs, die gemeinsame Abstimmung der Fahr- und Flugpläne, die Erstellung gemeinsamer Transportausweise, die Eegelung der Anschlussverhältnisse sowie der Ab- und Zufuhren von und zu den Flugplätzen auf der Schiene und der Strasse, die Beschriftung von Eisenbahnstrecken zur leichtern Orientierung der Piloten usw.

Mit der einstimmigen eidgenössischen Transportkommission beantragen wir deshalb, der Gütertransportinitiative einen Gegenvorschlag mit folgendem Wortlaut gegenüberzustellen : Art. 23ter.

«Absatz 1: Der Verkehr auf der Eisenbahn und die motorisierten Transporte auf der Strasse, zu Wasser und in der L u f t sind vom Bunde so zu ordnen, dass eine zweckmässige Zusammenarbeit der einzelnen Verkehrsmittel zum Nutzen der Volkswirtschaft und der Landesverteidigung gewährleistet ist.» «Absatz 2: Der Personenverkehr diese Bestimmung nicht berührt.»

ohne Entgelt wird

durch

Art. 31, neuer Abs. 3 (oder neuer Art. 31Ws, neuer Abs. 4).

«Vorbehalten bleibt die gestützt auf Art. 28ter erlassene Gesetzgebung über die Koordination der verschiedenen Verkehrsmittel.» Diese neuen Artikel sollen gemäss ihrer Bedeutung systematisch ihren Platz vor den bestehenden Verkehrsartikeln der Verfassung finden, da sie einen Ausschnitt der öffentlichen Interessen regeln, wie sie in Art. 28 BV zugunsten der Durchführung öffentlicher Werke zum Ausdruck kommen.

Der Aufzählung der einzelnen Verkehrswege und Verkehrsmittel ist gegenüber einer bloss generellen Bezeichnung «Verkehrswege und Verkehrsmittel» der Vorzug zu geben, weil die besondern Verkehrsmittel und Verkehrswege für den Nachrichtenverkehr durch die Koordination nicht berührt werden.

Es ist sodann selbstverständlich, dass nur der Verkehr auf öffentlichen Strassen und auf ö f f e n t l i c h e n Eisenbahnen erfasst werden soll.

Schlussbemerkungen.

Vor Jahresfrist ist das Initiativkomitee der Gütertransportinitiative beim Post- und Eisenbahndepartement vorstellig geworden und hat um eine baldige Stellungnahme des Bundesrates und der Bundesversammlung zur Gütertransportinitiative nachgesucht. Es ist zu erwarten, dass bei Annahme des von uns beantragten Gegenvorschlages durch die Bundesversammlung die

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Initiative zurückgezogen wird. Dies wäre sehr erwünscht, da alsdann die Grundsteinlegung zu einer umfassenden Verkehrshoheit des Bundes im Geiste der Verständigung erfolgen könnte. Dass die Verkehrseinrichtungen im Wirtschaftsgefüge und Kulturleben eines Landes eine hervorragende Stellung einnehmen, ist eine Erkenntnis, die mit den wachsenden Transportschwierigkeiten seit Kriegsausbruch in die weitesten Volkskreise eingedrungen ist, und zwar so tief, dass das Bedürfnis nach einer umfassenden eidgenössischen Verkehrshoheit heute allgemein empfunden wird. Auch vom Standpunkt der Arbeitsbeschaffung aus betrachtet, zu deren Förderung nach dem Kriege auch auf dem Gebiete des Verkehrs manche Projekte gegeneinander abgewogen werden müssen, ist es dringlich geworden, über die zweckmässige Abgrenzung der Arbeitsgebiete der einzelnen Verkehrswege und Verkehrsmittel sich Klarheit zu verschaffen. Als erster und unerlässlicher Schritt für die stufenweise Verwirklichung einer gesetzlichen Verkehrskoordination, die auf die wechselnden Bedürfnisse der Volkswirtschaft und der Landesverteidigung wird Eücksicht nehmen müssen, kommt die Aufstellung einer einwandfreien Verfassungsgrundlage in Betracht. Das alle Gegensätze überragende Ziel, das dann verfolgt werden soll, ist der rationelle Einsatz aller Verkehrsmittel zum Nutzen der Volkswirtschaft und der Landesverteidigung, im Geiste der Verständigung für eine Zusammenarbeit und eine gegenseitige Ergänzung der Verkehrsmittel.

Der Gesetzgeber wird hierauf zu bestimmen haben, wie die einzelnen Verkehrsmittel jeweilen mit dem grössten gemeinwirtschaftlichen Erfolge einzusetzen sind. Ohne eine gewisse Einschränkung des ungeregelten Wettbewerbs in der Verkehrsbedienung ist jedoch eine planvolle Verkehrspolitik nicht denkbar.

Wir empfehlen Ihnen deshalb, unsern Vorschlag anzunehmen, und versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. Dezember 1941.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Wetter.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

1138 (Entwurf.)

Bundeslbeschluss über

das Volksbegehren betreffend eine Gütertransportordnung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsicht des Volksbegehrens vom 5. Mai 1938 betreffend eine Gütertransportordnung, gestützt auf Art. 121 ff. der Bundesverfassung und Art. 8 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend die Eevision der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Dezember 1941, beschliesst:

Art. 1.

Der Abstimmung des Volkes und der Stände werden unterbreitet: I. Das Volksbegehren, das wie folgt lautet: Der Bundesverfassung wird folgender Artikel beigefügt: Art. 37
Ergänzung von Art. 31, Abs. 2.

Vorbehalten sind : /. die Ordnung der Güterbeförderung gemäss Art. 37auater.

II. Der Gegenentwurf der Bundesversammlung, der folgende Fassung hat: Der Bundesverfassung wird folgender Artikel beigefügt: Art. 23ter. 1 Der Verkehr auf der Eisenbahn und die motorisierten Transporte auf der Strasse, zu Wasser und in der Luft sind vom Bunde!

1139 so zu ordnen, dass eine zweckmässige Zusammenarbeit der einzelnen Verkehrsmittel zum Nutzen der Volkswirtschaft und der Landesverteidigung gewährleistet ist.

2 Der Personenverkehr ohne Entgelt wird durch diese Bestimmung nicht berührt.

Art. 31, Abs. 3, oder Art. 31Us, Abs. 4, der neuen Wirtschaftsartikel.

Vorbehalten bleibt die gestützt auf Art. 23ter erlassene Gesetzgebung über die Koordination der verschiedenen Verkehrsmittel.

Art. 2.

Es wird dem Volk und den Ständen beantragt, das Volksbegehren (Art. l, Ziff. I) zu verwerfen und den Gegenentwurf der Bundesversammlung (Art. l, Ziff. II) anzunehmen.

Art. 3.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung der Bundesverfassung für den Transport auf der Eisenbahn, der Strasse, zu Wasser und in der Luft. (Vom 19. Dezember 1941.)

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1941

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32

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24.12.1941

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1120-1139

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