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Bundesblatt 93. Jahrgang.

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Bern, den 22. Januar 1941.

Band I.

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die 25. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz.

(Vom 14. Januar 1941.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Nach Art. 19, Abs. 5, der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die von der Internationalen Arbeitskonferenz aufgestellten Ubereinkommensentwürfe und Empfehlungen der zur Entscheidung berufenen Behörde zum Zwecke der Verwirklichung durch die Gesetzgebung oder zwecks sonstiger Massnahmen zu unterbreiten. Die Vorlage an.diese Behörde darf nicht später als ein Jahr oder ausnahmsweise spätestens 18 Monate nach Schluss der Konferenztagung erfolgen.

Gemäss dieser Bestimmung haben wir Ihnen über die Tagungen der Internationalen Arbeitskonferenz regelmässig berichtet; -den letzten Bericht, über die 24. Tagung, erstatteten wir am 28. April 19391). Ein Vierteljahr darauf ging die 25. Tagung zu Ende, die vom 8. bis 28. Juni 1939 in Genf stattfand.

Zwei Monate später brach der europäiscbe Krieg aus. Wie bei anderen internationalen Einrichtungen sind auch bei der Internationalen Arbeitsorganisation Bestand und Tätigkeit seitdem durch die politischen und militärischen Ereignisse stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine Zeitlang war noch beabsichtigt, auch im Jahre 1940 eine, wenngleich wesentlich verkürzte Session der Arbeitskonferenz abzuhalten; die Ereignisse verhinderten jedoch diesen Plan.

Wir haben nicht die Absicht, die Leistungen der Internationalen Arbeitsorganisation während der bisherigen zwei Dezennien ihres Bestehens an dieser Stelle zu würdigen. Doch darf soviel gesagt werden: der Wert und die Bedeutung der sozialpolitischen Grundidee, in deren Dienst die Internationale Arbeitsorganisation zu wirken berufen war, verdienen hohe Anerkennung.

Hieran darf wohl die Erwartung geknüpft werden, dass die heutige Krise der J ) Bundesbl. 1939, Bd. I, S. 749.

Bundesblatt. 93. Jahrg. Bd. I.

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Internationalen Arbeitsorganisation nicht gleichbedeutend sei mit einem endgültigen Verzicht der Völker auf die Fortführung des begonnenen Werkes -- sollte es auch in veränderter Gestalt seih --, sobald einmal die Voraussetzungen der internationalen Zusammenarbeit wieder günstiger sind.

Mit dem vorliegenden Bericht wollen wir in erster Linie die erwähnte Verpflichtung erfüllen, welche die Schweiz als Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation eingegangen ist. Gleichzeitig liegt uns daran, unsere bisherige Berichterstattung über die Internationalen Arbeitskonferenzen zu vervollständigen und Sie über die Fragen der internationalen Sozialpolitik, die an der 25. Tagung behandelt worden sind, sowie über ihre Auswirkung auf unser Land zu unterrichten. Wenn wir diesen Bericht später als üblich vorlegen und uns kürzer fassen als sonst, dürfte dies durch die Umstände ohne weiteres erklärt und gerechtfertigt sein.

Auf eine offizielle deutsche Übersetzung der an dieser Tagung aufgestellten, im Original französisch und englisch abgefassten Übereinkommensentwürfe und Empfehlungen, wie sie das Internationale Arbeitsamt in früheren Jahren unter Mitwirkung der daran interessierten Regierungen angefertigt hat, musste diesmal verzichtet werden. Der deutsche Text dieser Beschlüsse, welcher der deutschen Fassung unseres Berichtes beigegeben ist, stellt bloss eine vorläufige unbereinigte Übersetzung des Internationalen Arbeitsamtes dar.

I. Zusammensetzung und Tagesordnung der Konferenz.

Die 25. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, die unter dem Vorsitz von Herrn alt Bundesrat Dr. Edmund Schulthess stand, wurde von 46 Mitgliedstaaten beschickt, die mit 353 bevollmächtigten Teilnehmern vertreten waren.

Die schweizerische Delegation setzte sich wie folgt zusammen : Begierungsvertreter : Herr alt Bundesrat Dr. E. Schulthess und Herr Dr. G. Willi, Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit; Arbeitgebervertreter: Herr Gh. Tzaut, Ingenieur, Genf; Arbeitnehmervertreter: Herr Ch. Schürch, Sekretä-r des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Ausserdem war die Delegation von einer Eeihe technischer Berater begleitet.

Die Tagesordnung der Konferenz umfasste folgende Gegenstände: -- Berufliche Ausbildung und Lehrlingswesen; -- Regelung des Arbeitsvertrages der eingeborenen Arbeitnehmer; -- Anwerbung, Vermittlung und Arbeitsbedingungen (Gleichbehandlung) der Wanderarbeiter ; -- Eegelung der Arbeits- und der Euhezeit der Fahrzeugführer (und ihrer Beifahrer) im Strassenverkehrswesen ; -- Allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit in Gewerbe, Handel und Büros; -- Verkürzung der Arbeitszeit in den Kohlenbergwerken.

Daneben hatte die Konferenz wie immer eine Eeihe weiterer Geschäfte zu behandeln.

23 Erwähnt sei auch, dass die Konferenzteilnehmer als Gäste des Bundesrates sowie des Kantons und der Stadt Zürich der schweizerischen Landesausstellung in Zürich einen Besuch abstatteten.

II. Hanptbeschlüsse der Konferenz und Stellungnahme der Schweiz.

Wie aus unserem Bericht vom 28. April 1939 über die 24. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz hervorgeht, hatten sämtliche der genannten Verhandlungsgegenstände, abgesehen von der Frage der Verkürzung der Arbeitszeit in den Kohlenbergwerken, schon auf der Tagesordnung der Konferenz von 1938 gestanden und waren damals einer ersten Beratung unterzogen worden.

Mit dem Traktandum der Verkürzung der Arbeitszeit in den Kohlenbergwerken hatte sich eine vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes einberufene technische Konferenz befasst, so dass die Arbeitskonferenz von 1938 auf die übliche erste Beratung dieses Gegenstandes verzichtet und beschlossen hatte, auch hierüber an der Tagung von 1939 abschliessend zu beraten.

1. Berufliche Ausbildung und Lehrlingswesen.

Gestützt auf die Beantwortung des Fragebogens durch die Mitgliedstaaten hatte das Internationale Arbeitsamt zwei Entwürfe zu Empfehlungen aufgestellt, wovon die eine die fachliche und berufliche Ausbildung im allgemeinen behandelte, einschliesslich gewisser Fragen, die gleichermassen für alle Arten der beruflichen Ausbildung gelten, während die andere dem Lehrlingswesen gewidmet war. Die von der Konferenz für die Behandlung des Gegenstandes eingesetzte Kommission legte dem Plenum mit ihren Berichten die nachstehend genannten zwei Empfehlungen vor, die einstimmig angenommen wurden.

Empfehlung betreffend die berufliche Ausbildung. Diese Empfehlung zeichnet in grossen Umrissen die Wege vor für einen umfassenden Aufbau des beruflichen Bildungswesens an Berufs- und Fachschulen, die Gestaltung der Lehrpläne in den letzten Jahren der obligatorischen Schulpflicht im Sinne einer Berufsvorschulung, die Behandlung der grundlegenden Organisations- und Lehrplanfragen der Berufs- und Fachschulen und die dabei zu berücksichtigende Zusammenarbeit von Behörden, Schulen und Berufsverbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, sowie schliesslich die Gewinnung eines geeigneten Lehrkörpers und dessen Aus- und Weiterbildung..

Empfehlung betreffend das Lehrlingswesen. Diese Empfehlung enthält eine Beihe von Grundsätzen über die Lehrlingsausbildung, so über den Lehrvertrag, die Dauer der Lehrzeit, die Lehrprogramme für die systematische Ausbildung des Lehrlings, die Anforderungen an
den Lehrmeister, das Mindestalter der Jugendlichen beim Abschluss des Lehrverhältnisses, die staatliche Beaufsichtigung des Lehrverhältnisses, die einheitliche Durchführung der Lehrabschluss-

24 Prüfungen und die Zusammenarbeit von Behörden und Berufsverbänden auf dem Gebiete der Lehrlingsausbildung.

Stellungnahme der Schweiz zu den Empfehlungen. Der Inhalt der beiden Empfehlungen deckt sich in allem Wesentlichen sowohl bezüglich des Geltungsbereiches als auch in materieller Hinsicht mit den im Bundesgesetz vom 26. Juni 1930 über die berufliche Ausbildung enthaltenen Vorschriften. Infolgedessen bedarf es keiner besonderen Massnahmen, um die vorgeschlagenen Grundsätze zu verwirklichen 2. Regelung des Arbeitsvertrages der eingeborenen Arbeitnehmer.

Zum Schütze der eingeborenen Arbeitnehmer hatte die Internationale Arbeitskonferenz schon früher zwei Konventionen aufgestellt, eine von 1930 über die Zwangs- oder Pflichtarbeit und eine von 1936 über die Eegelung bestimmter Sonderverfahren der Anwerbung von Arbeitnehmern. Die nachstehend genannten Übereinkommen und Empfehlungen, welche die Konferenz von 1939 aufstellte, bedeuten einen weiteren Ausbau des internationalen Arbeitsrechtes auf diesem Gebiete.

Übereinkommen über die Regelung der schriftlichen Arbeitserträge der eingeborenen Arbeitnehmer. Das Übereinkommen stellt den Grundsatz auf, dass jeder darunterfallende Vertrag schriftlich abzufassen sei, wenn er für mindestens sechs Monate oder eine Zahl von Arbeitstagen, die der Dauer von sechs Monaten entspricht, abgeschlossen wurde oder wenn er Arbeitsbedingungen vorsieht, die sieh eindeutig von den in der betreffenden Gegend für ähnliche Arbeit üblichen unterscheiden. Dazu kommen eine Eeihe weiterer Bestimmungen über die Gestaltung des Arbeitsvertrages.

Empfehlung betreffend die Höchstdauer der schriftlichen Arbeitsverträge.

Diese Empfehlung enthält über die Höchstdauer der Dienstzeit eine Anzahl besonderer Vorschläge, deren Beachtung den Mitgliedstaaten, die das zuvor genannte Übereinkommen ratifizieren, nahegelegt wird.

Übereinkommen über Strafmassnahmen gegen Bruch der Arbeitsverträge durch eingeborene Arbeitnehmer. Diese Konvention regelt die bei Verstössen des eingeborenen Arbeitnehmers gegen den Arbeitsvertrag zu verhängenden Strafen, mit dem Bestreben, alle Strafmassnahmen wegen Verletzung eines Vertrages schrittweise und sobald wie möglich abzuschaffen.

Empfehlung betreffend die Arbeitsaufsicht zum Schütze der eingeborenen Arbeitnehmer. Den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, in denjenigen Gebieten, in denen noch keine Arbeitsaufsicht besteht, eine solche einzurichten.

Stellungnahme der Schweiz. Die genannten Übereinkommen und Empfehlungen betreffen lediglich die eingeborenen Arbeitnehmer in Kolonien und in anderen Gebieten mit ähnlichen Arbeitsbedingungen, haben also für die Schweiz

25 keine praktische Bedeutung. Aus Überlegungen rein menschlicher Art ist die Schweiz zwar -- ähnlich wie dem Sklavereiabkommen von 1926 -- auch der Konvention über die Zwangs- oder Pflichtarbeit von 1930 beigetreten. Bei dieser Konvention handelt es sich aber um eine allgemeine und grundsätzliche Frage, wobei als letztes Ziel die Abschaffung der Zwangs- oder Pflichtarbeit angestrebt wird, während die Übereinkommen der Tagung von 1939, die den Arbeitsvertrag der eingeborenen Arbeiter betreffen, Spezialprobleme regeln, die einem Staate ohne Kolonialbesitz fremd sind. Eine Eatifikation dieser Übereinkommen kommt deshalb für die Schweiz unseres Erachtens nicht in Betracht, wie selbstverständlich .auch die Empfehlungen für uns gegenstandslos sind.

3. Anwerbung, Vermittlung und Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter.

Nachdem die von der Konferenz eingesetzte Kommission die Frage der Anwerbung, Vermittlung und der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter behandelt und darüber zuhanden der Plenarversammlung Bericht erstattet hatte, genehmigte diese die im folgenden aufgeführten Beschlüsse.

Übereinkommen über Anwerbung, Arbeitsvermittlung und Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter. Das Übereinkommen verpflichtet die Staaten, die es ratifizieren, Massnahmen zu ergreifen, um die für die Wanderarbeiter und für die Interessen des Aus- und Einwanderungslandes schädliche Werbung zu unterdrücken. Die Staaten haben zu diesem Zwecke eine Aufsicht auszuüben über alle Formen der Werbung, durch die Personen aus einem Gebiete Arbeitsstellen in einem anderen Gebiete angeboten werden. Sie haben zudem Strafmassnahmen zu erlassen gegen irreführende Propaganda und ganz allgemein gegen eine Propaganda, die den Vorschriften der Gesetzgebung zuwiderläuft. Sodann haben sie für das Bestehen einer geeigneten Stelle zur Beratung und Unterstützung der Ein- und Auswanderer zu sorgen. Diese Stelle, die entweder von den Behörden zu unterhalten oder mindestens von ihnen zu beaufsichtigen ist, darf keinen Erwerbszweck verfolgen.

Das Übereinkommen enthält ferner Bestimmungen über die Anwerbung, die Einreise und die Arbeitsvermittlung der Wanderarbeiter, die Gestaltung der Arbeitsverträge, die Kosten der Heimschaffung und die zollfreie Mitnahme der persönlichen Habe und der Arbeitsgeräte dieser Arbeiter und ihrer Familienmitglieder. Schliesslich
stellt es den Grundsatz auf, unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit Ausländer nicht ungünstiger zu bebändern als die eigenen Staatsangehörigen in bezug auf Arbeitsbedingungen, Koalitionsfreiheit, Steuern, Abgaben und Beiträge, die der Arbeitnehmer auf Grund seiner Beschäftigung zu entrichten hat, sowie in bezug auf den Eechtsschutz der Arbeitsverträge.

Empfehlung betreffend Anwerbung, Arbeitsvermittlung und Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter. Diese Empfehlung präzisiert und ergänzt die Bestimmungen des Übereinkommens. So enthält sie Näheres über die Gestaltung der von

26 jedem Staat für die Wanderarbeiter zu errichtenden Hilfs- und Auskunftsstelle und schlägt eine Eeihe besonderer Massnahmen vor, welche die Lage der Arbeiter und ihrer Familien erleichtern und sie vor Schaden und Übervorteilung, namentlich auch vor den Härten einer zwangsweisen Heimschaffung schützen sollen.

Empfehlung betreffend die zwischenstaatliche Zusammenarbeit hinsichtlich der Anwerbung, der Arbeitsvermittlung und der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter. Diese Empfehlung lädt die Staaten ein, durch den Abschluss zweioder mehrseitiger Verträge wie auch durch sonstige Zusammenarbeit zur praktischen Lösung der Fragen beizutragen, die sich im Zusammenhang mit der Regelung der Anwerbung, der Vermittlung und der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter stellen. Dabei werden verschiedene Probleme erwähnt, die sich für eine derartige zwischenstaatliche Behandlung besonders eignen.

Stellungnahme der Schweiz zum Übereinkommen und zu den Empfehlungen.

Die im Übereinkommen aufgestellten Grundsätze gehen von der begrüssenswerten Absicht aus, die Wanderbewegungen zu erleichtern und den Wanderarbeitern den erforderlichen Schutz zu gewähren. Es ist dies alles in allem ein glücklicher Gedanke, dessen Verwirklichung den Wanderarbeiter vor manchem Nachteil bewahren und ganz allgemein die Bedingungen, unter denen sich die Wanderungen vollziehen, verbessern kann. Doch ist zu sagen, dass das Übereinkommen in erster Linie diejenigen Länder angeht, in denen sich die Wanderungen in grossem Ausmass vollziehen. Dies trifft für die Schweiz nicht zu, wo die Auswanderung mehr individuellen Charakter hat. Die schweizerischen Emigranten sind gewöhnlich Qualitätsarbeiter und suchen im Auslande Stellen, die ihrer beruflichen Fähigkeit entsprechen. Im übrigen sind die Grundsätze des Übereinkommens rechtlich und tatsächlich zu einem guten Teil bei uns schon verwirklicht. Sie werden deshalb zu gegebener Zeit eine sehr nützliche Grundlage bilden für den Abschluss zweiseitiger Verträge mit Staaten, die von schweizerischen Arbeitskräften Gebrauch machen wollen.

Wir behalten uns vor, soweit wie möglich den Bestimmungen des Übereinkommens Eechnung zu tragen, glauben aber, es sei nicht angezeigt oder im heutigen Zeitpunkt zum mindesten verfrüht, diese Absicht durch eine formelle Eatifikation zu bekräftigen. Was die Empfehlungen
betrifft, werden wir uns ebenfalls bemühen, sie, soweit es die Umstände gestatten, zu verwirklichen.

4. Regelung der Arbeits- und der Ruhezeit der Fahrzeugführer (und ihrer Beifahrer) im Strassenverkehrswesen.

Die Frage einer Eegelung der Arbeitsbedingungen der Chauffeure hat die Internationale Arbeitsorganisation schon seit dem Jahre 1928 beschäftigt.

Auf Grund der Beantwortung des Fragebogens durch die Eegierungen hatte das Internationale Arbeitsamt auf die Konferenztagung von 1989 einen Bericht vorbereitet mit Entwürfen eines Übereinkommens und einer Empfeh-

27 lung. Die Konferenz setzte eine Kommission ein, gestützt auf deren Bericht das Plenum der Konferenz ein Übereinkommen und vier Empfehlungen folgenden Inhaltes aufstellte.

Übereinkommen über die Arbeits- und Buhezeit im Strassenverkehr. Der Geltungsbereich des Übereinkommens erstreckt sich sowohl auf Personen, denen die Führung eines Strassenverkehrsfahrzeuges als Beruf obliegt, als auch auf Gehilfen und andere Personen, die auf einem solchen Fahrzeug fahren und berufsmässig Arbeiten im Zusammenhang mit diesem, dem Beisenden oder der Fracht verrichten; als Strassenverkehrsfahrzeuge gelten alle Fahrzeuge, die mechanisch angetrieben werden und dem Personen- oder dem Gütertransport auf öffentlichen Strassen dienen. Doch kann die zuständige Behörde für bestimmte Personengruppen und Transporte Ausnahmen vorsehen.

Die grundlegende Bestimmung des Übereinkommens lautet, dass die Arbeitszeit der Personen, für die das Übereinkommen gilt, achtundvierzig Stunden wöchentlich und acht Stunden täglich nicht überschreiten darf. Immerhin kann die zuständige Behörde die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit auf Grund einer Durchschnittsdauer zulassen, und auch die achtstündige tägliche Arbeitszeit darf unter gewissen Umständen überschritten werden, solange dabei die Achtundvierzigstundenwoche eingehalten wird. Ferner darf die zuständige Behörde längere Arbeitszeiten für Personen zulassen, die gewöhnlich und in grossem Umfang Hilfsarbeiten verrichten oder deren Arbeit häufig durch Zeiten der Arbeitsbereitschaft unterbrochen wird. Endlich darf die Nachholung von Arbeitsstunden, die infolge zufälliger Ereignisse ausgefallen sind, innerhalb bestimmter Grenzen zugelassen werden. Als Arbeitszeit im Sinne des Übereinkommens gilt einmal die Zeit der Beschäftigung während der Fahrzeit des Fahrzeuges, aber auch die Zeit der Hilfsarbeiten, der blossen Arbeitsbereitschaft, ebenso die Buhepausen und Arbeitsunterbrechungen, wenn sie eine von der zuständigen Behörde festzusetzende Dauer nicht überschreiten.

Vom Grundsatz der Achtundvierzigstundenwoche und des Achtstundentages lässt das Übereinkommen ausser der bereits erwähnten Ausnahme für Personen, die hauptsächlich Hilfsarbeiten verrichten, unter gewissen Voraussetzungen, wie z. B. bei Unfällen, Verkehrsunterbrechungen und dergleichen, oder für bestimmte Zwecke weitere
Ausnahmen zu. Auch können unter bestimmten Umständen Überstunden bewilligt werden.

Das Übereinkommen bestimmt weiter, dass kein Fahrzeugführer länger als fünf Stunden ununterbrochen Dienst am Lenkrad verrichten dürfe und dass innerhalb von vierundzwanzig Stunden eine Ruhezeit von mindestens zwölf aufeinanderfolgenden Stunden sowie innerhalb eines Zeitraumes von sieben Tagen eine solche von mindestens dreissig aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren sei, von denen mindestens zweiundzwanzig auf denselben Kalendertag fallen müssen.

Zu diesen Bestimmungen materieller Natur treten unter anderem solche über die Anhörung der beteiligten Berufsverbände, die Aufsicht über die Durch-

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führung des Übereinkommens und über dessen Ausserkraftsetzung aus Gründer der Landessicherheit.

Empfehlung betreffend die Kontrollhefte im Strassenverkehr. Diese Empfehlung sieht vor, dass jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisatior ein Muster für ein Kontrollheft ausarbeiten sollte, mit Hilfe dessen die Über wachung der Dauer der Arbeits- und Euhezeit derjenigen Personen ermöglichl wird, für die das Übereinkommen gilt. Dazu kommen gewisse Einzelvorschriften die mit der Gestaltung und Verwendung dieser Kontrollhefte im Zusammenhange stehen.

Empfehlung betreffend die Regelung der Nachtarbeit im Strassenverkehr Diese Empfehlung tritt dafür ein, dass die zuständige Behörde die Arten dei Transporte festsetze, für die sie die regelmässige Verrichtung von Nachtarbeiter gestattet, und dass sie ferner bestimme, worin die Nachtarbeit besteht. Be: turnusweise erfolgender Nachtarbeit sollte die Zahl der Nachtschichten, die von jedem Arbeitnehmer während des Zeitraumes eines Schichtenwechsels geleistet wird, nicht höher sein als die Zahl der während des gleichen Zeitraumes geleisteten Tagesschichten.

Empfehlung betreffend die Verfahren der Regelung der Arbeitszeit im Strassenverkehr. Durch diese Empfehlung werden die Mitgliedstaaten eingeladen, die paritätischen Einrichtungen zum Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen zwischen Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer tatkräftig zu unterstützen oder, wo solche Einrichtungen fehlen, durch Gesetz eine solche z\.

schaffen, die im Benehmen mit den genannten Verbänden ihre Tätigkeit ausüben würde.

Empfehlung betreffend die Ruhezeiten der Führer von Privatfahrzeugen. Du Empfehlung geht davon aus, dass das Übereinkommen über die Arbeits- une Euhezeit im Strassenverkehr die Staaten, die es ratifizieren, ermächtigt, vor dessen Geltungsbereich Personen auszunehmen, die ausschliesslich zu persönlichen Zwecken benützte Privatfahrzeuge führen oder auf solchen Fahrzeuger fahren, und befürwortet den Erlass von Vorschriften, die auf die berufsmässiger Führer von Privatfahrzeugen, soweit diese ausschliesslich zu persönlicher Zwecken benützt werden, anwendbar sind und diesen Führern tägliche une wöchentliche Mindestruhezeiten gewähren.

Stellungnahme der Schweiz. So wie das Übereinkommen aus der Schlussbestimmung hervorging, wäre eine Eatifikation nur möglich durch Änderung der bestehenden Bestimmungen des Bundesrechts. Im einzelnen handelt ei sich hier, was die Automobilchauffeure betrifft, um die Verordnung des Bundesrates vom 4. Dezember 1933 über die Arbeits- und Euhezeit der berufsmässiger Motorfahrzeugführer und, was die Führer von Strassenbahnen, Trolleybusser und von Autobussen mit konzessioniertem fahrplanmässigen Betrieb anbelangt um das Bundesgesetz vom 6. März 1920 betreffend die Arbeitszeit beim Betrieb«

29 der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten. Die Grundlage des Übereinkommens bildet der Achtstundentag und die Achtundvierzigstundenwoche.

Demgegenüber sieht die genannte Verordnung für die Arbeitszeit im engern Sinne die Vierundfünfzigstundenwoche im Ausgleich zweier Wochen und den Zehnstundentag vor. Dazu kommt, dass diese Verordnung nicht die Arbeitszeit für alle Chauffeure ordnet, sondern nur für solche, die im gewerbsmässigen Personentransport tätig oder die dauernd oder vorwiegend mit dem Gütertransport beschäftigt sind. Eher entspricht das Arbeitszeitgesetz dem Übereinkommen, da es im Gegensatz zur Verordnung von einem durchschnittlichen Achtstundentag ausgeht; doch ermöglicht es ausdrücklich die Ausdehnung der Arbeitszeit innerhalb der einzelnen Dienstschicht auf zehn Stunden. Auch sonst bestehen Unstimmigkeiten zwischen dem Übereinkommen und der geltenden Bundesgesetzgebung. Eine Anpassung dieser Gesetzgebung, um dadurch die Eatifikation des Übereinkommens zu ermöglichen, kommt unter den heutigen Verhältnissen nicht in Betracht, da die im Übereinkommen vorgesehene Eegelung zurzeit nicht tragbar wäre.

Die Empfehlung betreffend die Kontrollhefte im Strassenverkehr gibt zu keinen Vorkehrungen Anlass, weil ein solches Kontrollmittel durch die erwähnte bundesrätliche Verordnung vom 4. Dezember 1933, Art. 7, schon eingeführt ist. Ähnliches gilt für die Empfehlung betreffend die Eegelung der Nachtarbeit im Strassenverkehr; wir verweisen auf Art. 4, Abs. 4, und Art. 8 der genannten Verordnung. Die Empfehlung betreffend die Verfahren der Eegelung der Arbeitszeit im Strassenverkehr erfordert ebenfalls keine besonderen Massnahmen. Dem Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen steht bei uns nichts im Wege ; vielmehr wirken die verschiedenen Einigungsstellen schon in der Eichtung solcher kollektiver Verständigungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Gerade auch für Chauffeure sind kollektive Vereinbarungen verschiedener Art vorhanden, welche die Arbeitszeit ordnen. Besonders aber ist hier auf den Bundesbeschluss vom 30. September 1938 über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen aufmerksam zu machen, der in Art. 17, Abs. 2, folgendes bestimmt : «Der Bundesrat fördert den Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen über die Arbeits- und Lohnbedingungen dieser
Arbeitnehmer (d. h. der berufsmässigen Chauffeure). Er erlässt nach Anhörung des in Art. 10 genannten Verbandes, der beteiligten Berufsverbände und der Transportkommission in den Schranken der Gesetzgebung Vorschriften über das Zustandekommen und den Inhalt solcher Verträge und über die Schlichtung von Streitigkeiten bei ihrer Anwendung. Er bestimmt unter Berücksichtigung des kantonalen Eechtes eine oder mehrere paritätisch zusammengesetzte Einigungsinstanzen, regelt deren Befugnisse und ordnet das Verfahren.» Diese Vorschrift kommt der Empfehlung weitgehend entgegen. Was endlich die Empfehlung betreffend die Euhezeit der Führer von Privatfahrzeugen betrifft, so ist sie in der Schweiz ebenfalls bereits verwirklicht, indem die oben angeführte Verordnung auch die Euhezeit der berufs massigen Führer solcher Fahrzeuge regelt.

30 5. Allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit in Gewerbe, Handel und Büros.

Die Antworten der Eegierungen auf den Fragebogen des Internationalen Arbeitsamtes -- mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten nahmen übrigens überhaupt nicht Stellung -- Hessen erkennen, dass unter den gegebenen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen im allgemeinen keine Neigung bestand, einer internationalen Eegelung über die allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit in Industrie und Handel zuzustimmen. Die Konferenz trug dieser vorherrschenden Auffassung Bechnung, indem sie eine Eesolution annahm, wonach die Behandlung dieser Frage auf einen günstigeren Zeitpunkt zu vertagen sei.

6. Verkürzung der Arbeitezeit in den Kohlenbergwerken.

Im Jahre 1931 hatte die Internationale Arbeitskonferenz ein Übereinkommen über die Begrenzung der Arbeitszeit im Kohlenbergbau aufgestellt und dieses hierauf im Jahre 1935 durch ein Übereinkommen gleichen Namens abgeändert. Darnach durfte die tägliche Arbeitszeit höchstens sieben Stunden und fünfundvierzig Minuten betragen, was einer wöchentlichen Maximaldauer von 46 Stunden 30 Minuten gleichkommt. Bei dem neuerdings zur Behandlung vorliegenden Traktandum stand eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit im Kohlenbergbau auf 425/8 Stunden wöchentlich zur Erörterung. Auch hier überwog jedoch die Auffassung, dass unter den gegebenen Verhältnissen eine derartige Verkürzung von keinem Staate würde gewagt werden. So sprach sich denn die Konferenz auch in diesem Falle für die Vertagung aus.

III. Die übrigen wichtigeren Traktanden der Konferenz.

Bericht des Direktors. Der Bericht des Direktors, der sich wiederum mit der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie mit den daraus sich ergebenden aktuellen Problemen befasst und in einem besonderen Kapitel einen Eückblick wirft auf das zwanzigjährige Bestehen der Internationalen Arbeitsorganisation, ist überschattet von der schweren politischen Vorkriegskrise und ihren Auswirkungen. Die Diskussion über den Bericht wurde wiederum ausgiebig benutzt.

Berichterstattung über die ratifizierten Übereinkommen. Zur Prüfung der von den Mitgliedstaaten auf Grund von Art. 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation alljährlich zu erstattenden Berichte über die Durchführung der von ihnen ratifizierten Übereinkommen setzte die Konferenz wie üblich eine besondere Kommission ein. Der Bericht der Kommission betonte wie immer die Pflicht der Staaten zu einer strengen Durchführung der von ihnen ratifizierten Übereinkommen und zu einer fristgerechten Einsendung der jährlichen Bechenschaftsberichte. Mit dem Hinweis auf die Bedeutung einer strengen Erfüllung dieser Verpflichtung, die für das Funktionieren der Internationalen Arbeitsorganisation grundlegend ist, musste wiederum der

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Vorwurf erhoben werden, dass dieser Forderung verschiedentlich nicht entsprochen wird.

Eeglement. Die Konferenz nahm an ihrem Eeglement zwei Änderungen vor. Nach der einen dürfen Eesolutionen, die vor Eröffnung der Konferenz eingereicht werden, nicht ohne weiteres zum Druck und zur Verteilung gelangen, sondern müssen vorher der Geschäftsstelle des Verwaltungsrates unterbreitet werden. Die andere bezieht sich auf die in den Übereinkommen enthaltene Formalklausel über die Mitteilung der Eatifikationen. Diese Bestimmung erhielt eine Erweiterung in dem Sinne, dass der Generalsekretär des Völkerbundes dem Direktor des Internationalen Arbeitsamtes und sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis gibt von der Eintragung aller Eatifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden, einschliesslich der den Eatifikationen beigefügten Erklärungen, und dass ferner der Generalsekretär die Mitgliedstaaten jeweils auf den Zeitpunkt aufmerksam macht, an dem ein Übereinkommen auf Grund der erfolgten Eatifikationen in Kraft tritt.

Resolutionen. Wie in früheren Jahren wurde wieder eine Anzahl Eesolutionen der Konferenz unterbreitet und von ihr angenommen. Sie betrafen folgende Fragen : Prüfung von Verfahren zur Förderung des Werkes der Internationalen Arbeitsorganisation, Prüfung der Lage der Bundesstaaten in bezug auf die Eatifikation internationaler Arbeitsübereinkommen, Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Frau, besondere Gerichtsbarkeit zur Durchführung der Arbeitsgesetzgebung.

Unser letzter Bericht äusserte sich in einem besonderen Abschnitt zur Frage der Eatifikation verschiedener internationaler Arbeitsübereinkommen durch die Schweiz 1). Gestützt auf Ihre Ermächtigung haben wrr folgende Übereinkommen ratifiziert: Übereinkommen über die Gewährung von Versicherungsleistungen oder von Unterstützungen an unfreiwillig Arbeitslose, von 1934, Übereinkommen über das Vereinigungs- und Koalitionsrecht der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer, von 1921, Übereinkommen über die Zwangsund Pflichtarbeit, von 1930, Übereinkommen über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagarbeiten in Bergwerken jeder Art, von 1935, Übereinkommen über Unfallverhütungsvorschriften bei Hochbauarbeiten, von 1937. Ebenso haben wir inzwischen das Übereinkommen von 1938 über Statistiken der Löhne und der Arbeitszeit in den hauptsächlichsten Zweigen des Bergbaues und der Industrie, einschliesslich des Baugewerbes, und in der Landwirtschaft (unter Ausschluss der Teile III und IV) ratifiziert. Damit steigt die Zahl der von der Schweiz ratifizierten Arbeitsübereinkommen auf 15.

!) Bundesbl. 1939, Bd. I, S. 759.

32 Was das Übereinkommen von 1921 über die Verwendung von Bleiweiss zum Anstrich betrifft, so liegt über denselben Gegenstand ein vorläufiger Entwurf zu einem Bundesgesetz vor. Mit diesem Gesetz, das den Kantonsregierungen und Spitzenverbänden sowie weiteren an der Frage beteiligten Instanzen zur Stellungnahme vorgelegt worden ist, würde gleichzeitig die Voraussetzung geschaffen, um dem internationalen Übereinkommen beitreten zu können.

Endlich ist hinsichtlich des revidierten Übereinkommens über die Entschädigung bei Berufskrankheiten, von.1934, zu dem wir uns in unserem letzten Bericht ausführlich geäussert haben, zu bemerken, dass die Batifikation eine Anpassung der Gesetzgebung (Art. 68 des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) und insbesondere eine Erweiterung der sogenannten «Giftliste» zur Voraussetzung hätte. Die praktische Begelung ist bereits so, dass der schweizerische Arbeiter den Schutz geniesst, den das internationale Übereinkommen vorsieht. In normalen Zeiten würden wir Ihnen beantragen, auch die noch notwendige formale Anpassung der bei uns geltenden Vorschriften vorzunehmen und gestützt hierauf das Übereinkommen zu ratifizieren. So wie die Dinge heute liegen, scheint es uns aber richtiger, diese Vorkehrungen, die, wie gesagt, nur theoretische Bedeutung hätten, bis auf einen günstigeren Zeitpunkt zu verschieben.

Wir empfehlen Ihnen, unseren Ausführungen und Anträgen zuzustimmen, und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 14. Januar 1941.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Wetter.

Der Bundeskanzler: G. Boret.

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Beilage.

25. Tagung der Internationalen Arbeitskonierenz1).

(Genf, 8. bis 28. Juni 1989.)

Empfehlung (Nr. 57) betreffend die Berufsausbildung.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen ·wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Berufsausbildung, eine Frage, die zum ersten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. Juni 1939, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Berufsausbildung von 1939 bezeichnet wird: Die Konferenz stellt fest, dass die Eegelung des Berufs- und Fachunterrichtes im Vorspruch zur Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation unter den Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen aufgezählt ist.

Die Konferenz stellt ferner fest, dass die Internationale Arbeitskonferenz diese Frage bereits teilweise behandelt hat, besonders durch Annahme einer Empfehlung betreffend die Förderung des beruflichen Unterrichtes in der Landwirtschaft auf ihrer dritten Tagung (1921) und einer Empfehlung betreffend die berufliche Ausbildung (Hochbau), 1937, auf ihrer dreiundzwanzigsten Tagung.

Die Konferenz hat sich auf ihrer neunzehnten Tagung durch Annahme einer Empfehlung betreffend die Arbeitslosigkeit (Jugendliche) 1935 für die allgemeine Einführung von Massnahmen über die Berufsausbildung ausgesprochen und auf Grund einer auf dieser Tagung angenommenen Entschliessung beschlossen, die gesamte Frage der Berufsausbildung der Arbeitnehmer auf die Tagesordnung der Konferenz zu setzen.

Die Konferenz ist der Ansicht, dass eine wirksame Ordnung der Berufsausbildung sowohl im Interesse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer als auch im Interesse der Allgemeinheit erwünscht ist.

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) Die nachfolgend abgedruckte deutsche Passung der Entwürfe von Übereinkommen und der Empfehlungen stellen eine vom Internationalen Arbeitsamt angefertigte vorläufige Übersetzung des französischen und englischen Urtextes dar.

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Die Konferenz ist ferner der Ansicht, dass der rasche Wandel der Verhältnisse und des Aufbaues der Wirtschaft in den verschiedenen Staaten, die ständigen Veränderungen der Erzeugungsverfahren sowie ein wachsendes Verständnis für die Berufsausbildung als Bestandteil des sozialen Fortschritts und der Allgemeinbildung der Arbeitnehmer in zahlreichen Staaten zu einer erneuten Prüfung der ganzen Frage geführt und den allgemeinen Wunsch erweckt haben, die Berufsausbildung nach Grundsätzen zu ordnen, die den gegenwärtigen Bedürfnissen besser angepasst sind.

Die Konferenz hält unter diesen Umständen den gegenwärtigen Zeitpunkt zur Aufstellung der Bichtlinien und Verfahren für besonders geeignet, die jedes Mitglied in seinem Gebiet anwenden sollte, unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der verschiedenen Zweige seiner Volkswirtschaft und der verschiedenen Berufe sowie der Gebräuche und Gewohnheiten des Landes und vorbehaltlich der sonstigen besonderen Massnahmen, welche die Berufsausbildung in bestimmten Wirtschaftszweigen, wie z. B. der Landwirtschaft und der Seeschiffahrt, notwendig machen würde.

Die Konferenz empfiehlt deshalb: Teil I. -- Begriffsbestimmungen.

1. Im Sinne dieser Empfehlung gelten als: a. «Berufsausbildung» jede Art von Ausbildung, durch die die Aneignung oder die Förderung fachlicher und beruflicher Kenntnisse ermöglicht wird, gleichgültig ob diese Ausbildung in Schule oder Werkstatt erfolgt ; b. «Fach- und Berufsunterricht», der theoretische und praktische Unterricht auf allen Stufen, der im Bahmen der Berufsausbildung in Schulen erteilt wird; c. «Lehre», jede Eegelung, auf Grund deren sich der Arbeitgeber vertraglich verpflichtet, einen jungen Arbeitnehmer zu beschäftigen und ihn planmassig während eines im voraus festgesetzten Zeitraumes, für den sich der Lehrling im Dienste des Arbeitgebers zu arbeiten verpflichtet, einen Beruf zu lehren oder lehren zu lassen.

Teil II. -- Allgemeiner Aufbau.

2. 1) Die Tätigkeit der verschiedenen amtlichen und privaten Stellen, die sich in jedem Staate mit der Berufsausbildung befassen, sollte, ohne die Initiative und die Möglichkeit der Anpassung des Unterrichtes an die Bedürfnisse der verschiedenen Gewerbe, Bezirke und Orte zu beeinträchtigen, auf der Grundlage eines einheitlichen Planes zusammengefasst und ausgebaut werden.

2)
Dieser Plan sollte ausgehen von: a. den beruflichen, kulturellen und sittlichen Interessen des Arbeitnehmers ; b. dem Bedarf der Betriebe an Arbeitskräften; c. den wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Allgemeinheit.

35 3) Bei Aufstellung dieses Planes sollten auch folgende Umstände berücksichtigt werden: a. der Entwicklungsgrad des allgemeinen Unterrichtes, der Berufsberatung und der Möglichkeiten der Berufswahl; 6. die Wandlungen der Technik und der Verfahren der Betriebsführung; c. der Aufbau und die Strömungen des Arbeitsmarktes; d. die Wirtschaftspolitik des Landes.

4) Die in Absatz 1) erwähnte Zusammenfassung und Förderung sollten auf einer das ganze Land umfassenden Grundlage in geregelter Zusammenarbeit mit den Behörden, die mit den in den Absätzen 2) und 3) aufgezählten Fragen befasst sind, und der beteiligten Kreise, insbesondere der Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, erfolgen.

Teil III. -- Berufsvorschulung.

3. 1) Alle Kinder sollten im Eahmen des Pflichtunterrichtes, der völlig der allgemeinen Ausbildung zu widmen ist, eine Vorbereitung erhalten, die bei ihnen Verständnis, Neigung und Achtung für die Handarbeit entwickelt, was für die allgemeine Ausbildung unerlässlich ist und die spätere Berufsberatung erleichtern kann.

2) Die empfohlene Vorbereitung sollte insbesondere dem Ziele dienen, Auge und Hand des Kindes durch praktische Arbeiten zu schulen, deren Bedeutung und Art jedoch mit dem allgemeinen Ziel des Pflichtunterrichtes in Übereinstimmung bleiben sollte. Der Plan für diese Arbeiten könnte die Natur der ah einem Ort oder in einem Bezirk vorherrschenden Gewerbe berücksichtigen, sollte jedoch jeden Versuch einer Berufsausbildung vermeiden.

3) Die Dauer einer solchen Vorbereitung sollte mindestens ein Jahr betragen; sie sollte spätestens im Alter von dreizehn Jahren beginnen und bis zur Beendigung der Schulpflicht dauern.

4. 1) Zur Ermittlung der beruflichen Fähigkeiten des Kindes und zur Erleichterung der Auswahl der künftigen Arbeitskräfte sollte den Kindern, die sich einem Berufe mit langer Ausbildung widmen wollen, ganz besonders solchen, die in eine Lehre einzutreten beabsichtigen, Gelegenheit geboten werden, vorher eine Vorbereitung zu erhalten, die einen Übergang von der allgemeinen Ausbildung zur Berufsausbildung bilden würde.

2) Diese Vorbereitung sollte nach Abschluss der Schulpflicht stattfinden.

Sie kann aber auch im letzten Jahre der Schulpflicht erfolgen, wenn das gesetzliche Schulentlassungsalter in den betreffenden Staaten mindestens 14 Jahre beträgt.
3) Die Dauer dieser Vorbereitung ist nach der Art des Berufes, dem Alter und der Vorbildung der Jugendlichen zu bemessen.

4) In den Unterrichtsplänen sollte den praktischen Arbeiten ein wichtiger Platz eingeräumt werden; sie dürften jedoch die theoretischen und allgemeinen Lehrgänge nie überwiegen. Der praktische und der theoretische Unterricht

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sollten so erfolgen, dass sie sich gegenseitig ergänzen. Dieso Vorbereitung sollte durch Entwicklung der geistigen Fähigkeiten und der Handfertigkeiten und durch Vermeidung jeder übermässigen Spezialisierung die Möglichkeit geben, in einer Gruppe von Berufen den Beruf zu erkennen, in dem sich der Schüler am besten eine vollständige Ausbildung aneignen könnte. Der praktische und der theoretische Unterricht sollten so angeordnet werden, dass der Zusammenbang zwischen dieser vorgängigen Vorbereitung und der nachfolgenden Berufsausbildung gewahrt bleibt.

Teil IV. -- Fach- und Berufsausbildung.

5. 1) Jeder Staat sollte über ein Netz von Schulen verfügen, deren Zahl, räumliche Verteilung und Lehrpläne den wirtschaftlichen Bedürfnissen der einzelnen Bezirke oder Orte angepasst sein und die den Arbeitnehmern ausreichende Möglichkeiten zur Erweiterung ihrer Fach- und Berufskenntnisse bieten sollten.

2) Es sollten Massnahmen ergriffen werden, um zu vermeiden, dass bei Wirtschaftskrisen oder Finanzschwierigkeiten eine Einschränkung der Lehrpläne für Fach- und Berufsausbildung die zukünftige Versorgung des Arbeitsmarktes gefährdet. Zu diesem Zwecke wäre insbesondere die Gewährung von Zuschüssen an bestehende Schulen in Aussicht zu nehmen sowie die Einrichtung von Sonderlehrgängen, um dem Eückgang der Möglichkeiten der Berufsausbildung im Betrieb infolge Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken.

3) In Staaten, die noch nicht über eine ausreichende Zahl von Berufs- und Fachschulen verfügen, sollten die Betriebe, deren Bedeutung dies zulässt, die Kosten der Berufsausbildung einer im Verhältnis zu ihrem Personalstande bemessenen Zahl von jungen Arbeitnehmern übernehmen.

6. 1) Die Zulassung zu Berufs- und Fachschulen sollte kostenlos sein.

2) Der Besuch dieser Schulen sollte nötigenfalls erleichtert werden durch Beihilfen, z. B. in Form von kostenlosen Mahlzeiten, Lieferung von Kleidern und Werkzeug, die kostenlose oder verbilligte Beförderung oder 'Unterhaltszuschüsse.

7. 1) Die Lehrgänge sollten auf verschiedenen Stufen eingerichtet werden, die für jeden Wirtschaftszweig den Bedürfnissen der Berufsausbildung für folgende Gruppen entsprechen: a. das untere Personal; b. das mittlere Personal; c. das leitende Personal.

2) Die Lehrpläne für die Lehrgänge der verschiedenen Schulen und der verschiedenen Stufen wären
so anzuordnen, dass der Übergang von einer Schule zur anderen erleichtert wird und den begabten Schülern, die über die erforderlichen Kenntnisse verfügen, die Möglichkeit des Überganges von einer Stufe zur andern bietet, einschliesslich des Zugangs zum höheren technischen Unterricht an Universitäten oder, gleichwertigen Bildungsstätten.

8. Die Lehrpläne der Fach- und Berufsschulen sollten so aufgestellt werden, dass die berufliche Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer für später gewahrt bleibt. Zu diesem Zwecke sollten sie insbesondere:

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a. während der ersten Unterrichtsjahre das wesentliche Ziel haben, dem Schüler eine grundlegende theoretische und praktische Ausbildung zu geben unter Vermeidung einer übertriebenen oder vorzeitigen Spezialisierung ; b. dem Ziele dienen, die theoretischen Kenntnisse des Schülers im Zusammenhang mit dem Beruf zu fördern.

9. 1) Auf allen Stufen des Fach- und Berufsunterrichtes sollte in den Lehränen der Schulen mit Vollunterricht den Fächern «allgemeine Bildung» und oziale Fragen» ein Platz eingeräumt werden, desgleichen, soweit es die vergbare Zeit erlaubt, in den Lehrplänen der Fortbildungsschulen, sofern es sich cht um kurzfristige Sonderlehrgänge für Erwachsene handelt.

2) Die Lehrpläne sollten Lehrgänge für Hauswirtschaft umfassen, deren îsuch für die jungen Arbeitnehmer je nach den Umständen pflichtmässig 1er freiwillig sein könnte.

10. 1) Den Arbeitnehmern beider Geschlechter sollte gleiches Eecht auf igang zu allen Einrichtungen für die Fach- und Berufsausbildung unter der 3raussetzung zustehen, dass Frauen dort nicht ständig zu Arbeiten heranzogen werden dürfen, die aus gesundheitlichen Gründen gesetzlich verboten id. Eine kurze Anlernzeit zur Einführung in solche Arbeiten könnte aber stattet werden.

2) Für die Berufe, denen sich vorwiegend Frauen widmen, einschliesslich .uswirtschaftliche und hausfrauliche Berufe und Beschäftigungen, sollten .sreichende Möglichkeiten der Fach- und Berufsausbildung bestehen.

Teil V. -- Berufsausbildung vor und während der Berufstätigkeit.

11. 1) Wo die Art der Arbeit, betriebstechnische Umstände, das Fehlen gemessener Möglichkeiten der Lehrlingsausbildung und beruflicher Überiferungen oder örtliche Umstände eine ausreichende Berufsausbildung der in sschäftigung stehenden Jugendlichen nicht ermöglichen, sollte diese Berufs.sbildung vor dem Eintritt der Jugendlichen in eine Beschäftigung in Schulen it Vollunterricht erfolgen.

2) Wenn sich die Berufsausbildung der Jugendlichen unter den im vorigen Dsatz erwähnten Bedingungen vollzieht, sollte die praktische Ausbildung in 1er Umgebung erfolgen, die derjenigen im Betrieb weitgehend entspricht id, soweit die Umstände dies gestatten, durch praktische Arbeit im Betrieb jänzt werden.

3) Wenn die Berufsausbildung während der Berufstätigkeit erfolgt, sollten den Betrieben, deren Umfang und Aufbau dies ermöglicht,
Lehrwerkstätten igerichtet werden, die den Bedürfnissen der praktischen Ausbildung gerecht srden.

12. 1) Allen Arbeitnehmern, gleichgültig ob sie vor ihrem Eintritt in die irufstätigkeit eine Berufsausbildung erhalten haben oder nicht, sollte die Bundesblatt.

93. Jahrg.

Bd. I.

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Möglichkeit geboten werden, ihre fachlichen und beruflichen Kenntnisse dure Besuch von Ergänzungslehrgängen zu erweitern.

2) Diese Lehrgänge sollten an Orten erfolgen, die möglichst nahe beii Betrieb oder bei der Wohnung des Arbeitnehmers liegen.

8) Die Lehrpläne wären den besonderen Bedürfnissen anzupassen: a. d< Lehrlinge; 6. der jugendlichen Arbeitnehmer, deren Übergang zu höhere Stellungen erleichtert werden sollte ; c. der erwachsenen Arbeitnehmer, die eir bestimmte berufliche Fähigkeit erwerben oder ihre Fach- und Berufskenntniss erweitern oder vervollkommnen wollen.

4) Die für die Ergänzungslehrgänge aufgewendete Zeit sollte für die Leh linge und jugendlichen Arbeitnehmer, die zum Besuche der Lehrgänge ve: pflichtet sind, in die gewöhnliche Arbeitszeit fallen.

Teil VI. -- Zusammenarbeit und Ausicunftserteilung.

13. Zwischen den Fach- und Berufsschulen einerseits und den beteiligte Gewerben oder sonstigen Wirtschaftszweigen andererseits sollte, insbesondei durch Mitarbeit der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in den Verwaltung; raten der Schulen oder in den bei den Leitungen der Schulen errichteten fo ratenden Stellen, eine enge Zusammenarbeit gewährleistet werden.

14. 1) Zur Sicherung der Zusammenarbeit der Fach- und Berufsunte richtsstätten, der öffentlichen Büros für Arbeitsvermittlung und der bete ligten Verbände, insbesondere der Verbände der Arbeitgeber und der Arbei nehmer, mit den zuständigen Behörden sollten beratende Orts- oder Bezirk ausschüsse errichtet werden.

2) Diese Ausschüsse sollten die Aufgabe haben, die zuständigen Behörde zu beraten über: a. die Förderung und Vereinheitlichung der amtlichen und privaten B strebungen auf dem Gebiete der Berufsausbildung, Berufsberatung un Berufswahl an dem Ort oder in dem Bezirk; &. die Aufstellung der Lehrpläne und ihre Anpassung an die wechselnde Bedürfnisse der Praxis; c. die Arbeitsbedingungen in den Fach- und Berufsschulen und in den B trieben für die in Berufsausbildung stehenden Jugendlichen und in besondere Massnahmen, um sicherzustellen: I. dass die von den Jugendlichen geleistete Arbeit angemessen begren: wird und ihrer Natur nach im wesentlichen der Ausbildung dient; II. dass die Arbeit der Schüler in den Fach- und Berufsschulen nicht E werbszwecken nutzbar gemacht wird.

15. 1) Es sollte dafür gesorgt werden, dass die Beteiligten durch Fluj Schriften, Aufsätze, Vorträge, Bildstreifen, Anschläge, Betriebsbesichtigunge Ausstellungen usw. sich über die Berufe unterrichten können, in denen den J gendlichen eine ihrer Neigung und ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildui ermöglicht wird, sowie über die Bedingungen, unter denen diese Ausbildung e

39 werben werden kann, und über die hierbei gewährten Erleichterungen sowie schliesslich über die Aussichten, die jede Berufsausbildung dieser Art für ihre spätere Beschäftigung und Laufbahn bieten.

2) An dieser Auskunftserteilung sollten die Grund- und Mittelschulen, die Berufsberatungsstellen, die öffentlichen Büros für Arbeitsvermittlung und die Fach- und Berufsunterrichtsstätten teilnehmen.

Teil VII. -- Zeugnisse und Sehülerausta/usch.

16. 1) Die bei den Prüfungen am Ende der Fach- und Berufsausbildung verlangten Fähigkeiten sollten nach Berufen einheitlich festgesetzt und die auf Grund dieser Prüfungen ausgestellten Zeugnisse im ganzen Lande anerkannt werden.

2) Es ist wünschenswert, dass die Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bei der Durchführung dieser Prüfungen mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.

3) Beiden Geschlechtern sollte gleiches Eecht auf Erlangung der gleichen Zeugnisse und Diplome nach Zurücklegung des gleichen Unterrichts zustehen.

17. 1) Der bezirkliche, innerstaatliche und zwischenstaatliche Austausch von Schülern und Volontären, die ihre Berufsausbildung beendet haben, wäre erwünscht, um den Beteiligten eine Erweiterung ihrer Kenntnisse und ihrer Erfahrung zu ermöglichen.

8. Die Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sollten möglichst bei der Einrichtung dieses Austausches mitwirken.

Teil VIII. -- Lehrkörper.

18. 1) Die mit dem theoretischen Unterricht betrauten Lehrer sollten unter den Personen ausgewählt werden, die Diplome einer Universität, technischen Schule oder Lehrerbildungsanstalt besitzen; sie sollten praktische Kenntnisse in dem Wirtschaftszweig besitzen oder erwerben, über den sie unterrichten.

2) Die mit dem praktischen Unterricht betrauten Lehrer sollten geeignete Personen aus der Berufspraxis sein ; sie sollten über eine umfassende Erfahrung in dem Wirtschaftszweig verfügen, über den sie unterrichten, und allen Erfordernissen bezüglich der theoretischen Kenntnisse in diesem Berufszweig und der Allgemeinbildung entsprechen.

3) Die aus Gewerbe und Handel bestellten Lehrer sollten möglichst eine besondere Ausbildung erhalten zur Erweiterung ihrer pädagogischen Fähigkeiten und gegebenenfalls ihrer theoretischen Kenntnisse und ihrer Allgemeinbildung.

19. Um die Fähigkeiten der Lehrer zu verbessern und ihre Kenntnisse auf dem laufenden zu halten, sollten folgende Verfahren in Aussicht genommen werden :

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a. Herstellung von Verbindungen zwischen den Betrieben und den mit dem praktischen Unterricht beauftragten Lehrern, insbesondere durch Einrichtung regelmässiger Fortbildungskurse; b. Einrichtung von Sonderlehrgängen in den Unterrichtsstätten, an denen die Lehrer einzeln teilnehmen können, sowie von kurzfristigen Ferienlehrgängen für Gruppen von Lehrern; c. Gewährung von Eeise- oder Studienzuschüssen oder Sonderurlaub mit oder ohne Bezahlung in Einzelfällen.

20. In Gewerbe und Handel beschäftigte Personen sollten dank der Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Schulbehörde zur Erteilung von Unterricht in besonderen Fächern nebenamtlich zu Lehrern bestellt werden.

Entwurf eines Übereinkommens (Nr. 64) über die Regelung der schriftlichen Arbeitsverträge der eingeborenen Arbeitnehmer.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Eegelung der Arbeitsverträge der eingeborenen Arbeitnehmer, eine Frage, die den zweiten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines Entwurfes eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. Juni 1939, den folgenden Entwurf eines Übereinkommens an, der als Übereinkommen über die Arbeitsverträge eingeborener Arbeitnehmer von 1939 bezeichnet wird: Artikel 1.

Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als: a. «Arbeitnehmer» ein eingeborener Arbeitnehmer, das heisst ein zur eingeborenen Bevölkerung eines von einem Mitgliede der Organisation abhängigen Gebietes gehöriger oder ihr gleichgestellter Arbeitnehmer oder ein zur abhängigen eingeborenen Bevölkerung des Mutterlandes eines Mitgliedes der Organisation gehöriger oder ihr gleichgestellter Arbeitnehmer ; b. «Arbeitgeber», soweit sich nichts Gegenteiliges ergibt, jede eingeborene oder nichteingeborene Behörde, Einzelperson, Gesellschaft oder Vereinigung; c. «Gesetz» die in dem betreffenden Gebiete geltenden Gesetze und Verordnungen ; d. «Vertrag» in den auf Artikel 3 folgenden Artikeln, soweit sich nichts Gegenteiliges ergibt, ein Vertrag, der gemäss Artikel 3 schriftlich abgeschlossen werden muss.

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Artikel 2.

1. Dieses Übereinkommen gilt für Arbeitsverträge, durch die sich ein Arbeitnehmer zur Leistung körperlicher Arbeiten im Dienst eines Arbeitgebers gegen Barlohn oder irgendeine andere Vergütung verpflichtet.

2. Die zuständige Behörde kann vom Geltungsbereich dieses Übereinkommens Verträge ausschliessen, durch die sich ein Arbeitnehmer zum Dienst bei einem eingeborenen Arbeitgeber verpflichtet, der nicht mehr als eine begrenzte, gesetzlich festzusetzende Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt oder einer anderen, gesetzlich festzusetzenden Anforderung genügt.

3. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Lehrverträge, die gemäss den im Gesetz enthaltenen besonderen Vorschriften über das Lehrlingswesen abgeschlossen werden.

4. Die zuständige Behörde kann erforderlichenfalls vom Geltungsbereich dieses Übereinkommens Arbeitsverträge ausschliessen, nach denen die einzige oder hauptsächliche Vergütung des Arbeitnehmers in der Besetzung oder Nutzung eines seinem Arbeitgeber gehörigen Grundstückes besteht.

Artikel 3.

1. Jeder unter dieses Übereinkommen fallende Vertrag ist schriftlich abzuschliessen : a. wenn er für mindestens sechs Monate oder eine Zahl von Arbeitstagen, die der Dauer von sechs Monaten entspricht, abgeschlossen wird oder &. wenn er Arbeitsbedingungen vorsieht, die sich eindeutig von den in der betreffenden Gegend für ähnliche Arbeit üblichen unterscheiden.

2. Die Form, in der der Arbeitnehmer sein Einverständnis mit dem Vertrag erklären muss, ist durch Gesetz festzusetzen.

3. Ist ein Vertrag, der gemäss Absatz l dieses Artikels schriftlich abgeschlossen werden muss, nicht schriftlich abgeschlossen worden, so ist er nur für die Zeit bindend, für die nicht schriftlich abgeschlossene Verträge zulässig sind; jeder Vertragsteil kann jedoch vor Ablauf .der Zeit, für die der Vertrag abgeschlossen wurde, jederzeit die schriftliche Abfassung des Vertrages verlangen.

4. Ist der schriftliche Vertragsabschluss vom Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig versäumt worden, so hat der Arbeitnehmer das Eecht, sich an die zuständige Behörde zwecks Aufhebung des Vertrages zu wenden, und kann gegebenenfalls Schadenersatz beanspruchen.

Artikel 4.

1. Mangels ausdrücklicher vertraglicher Bestimmung wird nicht vermutet, dass der Vertrag die Familie des Arbeitnehmers oder von ihm unterhaltene Personen bindet.

2. Der Arbeitgeber ist für die Ausführung jedes Vertrages verantwortlich, der von einer in seinem Namen handelnden Person abgeschlossen wurde.

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Artikel 5.

1. Jeder Vertrag muss alle Punkte erwähnen, die neben den gesetzlichen Bestimmungen für die Festsetzung der Eechte und Pflichten der Parteien erforderlich sind.

2. Die im Vertrage zu erwähnenden Punkte müssen jedenfalls umfassen : o. Namen des Arbeitgebers oder der Arbeitgebergruppe und, wenn möglich, Namen des Unternehmens und Ort der Beschäftigung; 6. Namen des Arbeitnehmers, Anstellungsort und, wenn möglich, Heimatort des Arbeitnehmers sowie alle sonstigen zu seiner Feststellung unerlässlichen Angaben; c. Art der Arbeit; d. Dauer der Beschäftigung und Art der Berechnung dieser Dauer; e. Lohnsatz und Art der Berechnung dieses Satzes, Art und Zeit der Lohnzahlung, gegebenenfalls zu gewährende Lohnvorschüsse und Art ihrer Eückzahlung ; /. Bedingungen der Heimschaffung; g. allfällige besondere Bedingungen.

Artikel 6.

1. Jeder Vertrag muss einem ordnungsgemäss hierzu bestellten öffentlichen Beamten zur Genehmigung vorgelegt werden.

2. Der öffentliche Beamte hat vor Erteilung der Genehmigung des Vertrages : a. sich zu vergewissern, dass der Arbeitnehmer diesem Vertrag freiwillig zugestimmt hat und dass seine Zustimmung weder unter Zwang oder missbräuchlichem Druck erfolgt noch durch Betrug oder Irrtum bewirkt worden ist; b. nachzuprüfen, ob: I. der Vertrag den gesetzlichen Erfordernissen genügt; II. die Vorschriften des Vertrages den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen ; III. der Arbeitnehmer vor Unterzeichnung des Vertrages oder vor Anbringung eines seine Zustimmung zum Ausdruck bringenden Zeichens den Tnba.1t, des Vertrages vollständig zur Kenntnis genommen hat; IV. die gesetzlichen Bestimmungen über die ärztliche Untersuchung des Arbeitnehmers beobachtet worden sind; V. der Arbeitnehmer sich frei von jeder früheren Verpflichtung erklärt.

3. Ein Vertrag, dem der öffentliche Beamte die Genehmigung verweigert hat, wird ungültig.

4. Ein dem öffentlichen Beamten zur Genehmigung nicht vorgelegter Vertrag ist nur für die Zeit bindend, für die nicht schriftlich abgeschlossene Verträge zulässig sind; jeder Vertragsteil kann jedoch vor Ablauf der Zeit,

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für die der Vertrag abgeschlossen wurde, die Vorlage des Vertrages zur Genehmigung verlangen.

5. Ist die Erteilung der Genehmigung vom Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig versäumt worden, so hat der Arbeitnehmer das Eecht, sich an die zuständige Behörde zwecks Aufhebung des Vertrages zu wenden, und kann gegebenenfalls Schadenersatz verlangen.

6. Jeder Vertrag ist von der zuständigen Behörde einzutragen oder in Abschrift bei dieser Behörde zu hinterlegen.

7. Die zuständige Behörde hat durch Aushändigung einer Abschrift des Vertrages, eines Arbeitsbuches oder eines gleichwertigen Schriftstückes oder Gegenstandes an den Arbeitnehmer oder auf andere, ihr zweckmässig erscheinende Weise dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer: a. das Bestehen des Vertrages und seiner Vorschriften nachweisen und b. jederzeit die Vorschriften des Vertrages nachprüfen kann.

Artikel 7.

1. Jeder Arbeitnehmer, der einen Vertrag abschliesst, muss einer ärztlichen Untersuchung unterzogen werden.

2. Die ärztliche Untersuchung und die Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses haben im allgemeinen vor Genehmigung des Vertrages zu erfolgen.

8. Wenn die ärztliche Untersuchung des Arbeitnehmers nicht vor Genehmigung des Vertrages erfolgen konnte, so ist dies von dem mit der Erteilung der Genehmigung beauftragten öffentlichen Beamten auf dem Vertrag zu vermerken und die ärztliche Untersuchung möglichst bald nachzuholen.

4. Die zuständige Behörde kann von der Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung Arbeitnehmer befreien, die einen Vertrag abschliessen : a. um in landwirtschaftlichen Betrieben zu arbeiten, die nicht mehr als eine begrenzte, gesetzlich festgesetzte Zahl von Arbeitnehmern beschäftigen; oder b. um in der Nähe ihres Wohnsitzes : I. mit landwirtschaftlichen Arbeiten, II. mit anderen als landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt zu werden, sofern sich die zuständige Behörde vergewissert hat, dass diese nicht gefährlich sind und die Gesundheit des Arbeitnehmers keiner Schädigung aussetzen.

Artikel 8.

1. Eine nicht erwachsene Person, die das gesetzlich festzusetzende Mindestalter offenbar nicht erreicht hat, kann keinen gültigen Vertrag abschliessen.

2. Eine nicht erwachsene Person, die offenbar dieses Mindestalter erreicht, aber eine gesetzlich festzusetzende höhere Altersgrenze noch nicht erreicht hat, kann keinen
gültigen Vertrag abschliessen, sofern nicht die Arbeit zu den Beschäftigungen gehört, die die zuständige Behörde als ungefährlich für die sittliche oder körperliche Entwicklung nicht erwachsener Personen erklärt hat.

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Artikel 9.

Die Höchstdienstdauer, für die ein Vertrag abgeschlossen werden kam sowie der gegebenenfalls während der Vertragsdauer zu gewährende Urlau sind gesetzlich zu regeln.

Artikel 10.

1. Die Übertragung eines Vertrages von einem Arbeitgeber auf eine anderen ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer zustimmt und diese Übei tragung in dem Vertrag von einem ordnungsgemäss hierzu bestellten öffem liehen Beamten vermerkt worden ist.

2. Der öffentliche Beamte hat vor Vermerk der Übertragung in dem Vei trag: a. sich zu vergewissern, dass der Arbeitnehmer dieser Übertragung freiwilli zugestimmt hat und dass seine Zustimmung weder unter Zwang öde missbräuchlichem Druck erfolgt noch durch Betrug oder Irrtum bewirk worden ist; b. in den gesetzlich festzusetzenden Fällen nachzuprüfen, ob die Vorschrifte: des Artikels 6, Absatz 2 b, dieses Übereinkommens erfüllt worden sine Artikel 11.

1. Jeder Vertrag erlischt: a. mit Ablauf der Frist, für die er abgeschlossen wurde; 6. vor Ablauf dieser Frist mit dem Tode des Arbeitnehmers.

2. Das Erlöschen des Vertrages infolge Ablebens des Arbeitnehmers dar die gesetzlichen Ansprüche seiner Erben oder der von ihm unterhaltenen Per sonen nicht beeinträchtigen.

Artikel 12.

1. Ist die Erfüllung des Vertrages dem Arbeitgeber unmöglich oder ist si dem Arbeitnehmer infolge Krankheit oder Unfalls unmöglich, so kann de Vertrag unter den durch Gesetz festzusetzenden Bedingungen gelöst werden welches Vorschriften enthalten muss, die dem Arbeitnehmer für diesen Fai den Anspruch auf den schon verdienten Lohn, auf Lohnrücklagen, auf all fällige Krankheits- oder Unfallentschädigungen und seinen Anspruch au Heimschaffung gewährleisten.

2. Jeder Vertrag kann durch Vereinbarung der Parteien unter den durcl Gesetz festzusetzenden Bedingungen gelöst werden, welches Vorschriften ent halten muss, die: a. den Arbeitnehmer vor dem Verlust seines Anspruches auf Heimschaffunj schützen, sofern die Vereinbarung über die Auflösung des Vertrages nichti anderes bestimmt; b. die zuständige Behörde verpflichten, sich zu vergewissern: I. dass der Arbeitnehmer der Vereinbarung freiwillig zugestimmt hai und dass seine Zustimmung weder unter Zwang oder missbräuch

45 lichem Druck erfolgt noch durch Betrug oder Irrtum bewirkt worden ist; II. dass alle Geldansprüche zwischen den Parteien geregelt sind.

3. Jeder Vertrag kann auf Antrag einer Partei in den Fällen und unter den Bedingungen gelöst werden, die durch Gesetz festzusetzen sind, welches Vorschriften enthalten muss über: a. die von der Partei, die den Vertrag zu lösen wünscht, gegebenenfalls einzuhaltende Kündigungsfrist und b. eine angemessene Eegelung der Geldansprüche und der sonstigen mit der Lösung des Vertrages verbundenen Fragen, einschliesslich der Frage der Heimschaffung.

4. Schlechte Behandlung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber muss als ein die Lösung des Vertrages rechtfertigender Fall im Sinne des vorstehenden Absatzes angesehen werden.

5. Das Gesetz kann noch andere Fälle vorsehen, in denen ein Vertrag gelöst werden kann, und die Fälle bezeichnen, in denen eine Lösung des Vertrages gemäss diesem Artikel nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde erfolgen kann.

Artikel 18.

1. Jedem Arbeitnehmer, der einen Vertrag abgeschlossen hat und vom Arbeitgeber oder von einer anderen im Namen des Arbeitgebers handelnden Person zur Arbeitsstätte gebracht worden ist, muss in den folgenden Fällen das Eecht zustehen, sich auf Kosten des Arbeitgebers bis zu seinem Heimatort oder bis zum Ort der Anstellung zurückschaffen zu lassen, je nachdem, welcher dieser beiden Orte dem Beschäftigungsort näher liegt: a. nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer; b. wenn der Vertrag gelöst wird, weil dem Arbeitgeber seine Erfüllung unmöglich ist; c. wenn der Vertrag gelöst wird, weil dem Arbeitnehmer seine Erfüllung infolge Krankheit oder Unfalls unmöglich ist; d. wenn der Vertrag durch Vereinbarung der Parteien gelöst wird, sofern diese Vereinbarung nichts anderes bestimmt; e. wenn der Vertrag auf Antrag einer Partei gelöst wird, sofern die zuständige Behörde nicht anders entscheidet.

2. Ist die Familie des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber oder von einer anderen im Namen des Arbeitgebers handelnden Person zur Arbeitsstätte gebracht worden, so ist sie in allen Fällen, in denen der Arbeitnehmer selbst heimgeschafft wird, sowie im Falle des Ablebens des Arbeitnehmers auf Kosten des Arbeitgebers heimzuschaffen.

8. Die Kosten der Heimschaffung müssen umfassen: a. die Kosten der Eeise und des Unterhaltes während der Beise und b. die Kosten des Unterhaltes während des allfälligen Zeitraumes zwischen dem Erlöschen des Vertrages und dem Tage der Heimschaffung.

46 4. Der Arbeitgeber muss nicht für die Kosten des Unterhaltes eines Arbeitnehmers für den Zeitraum aufkommen, während dessen die Heimschaffung verzögert worden ist: a. durch den Willen des Arbeitnehmers selbst oder b. durch höhere Gewalt, sofern nicht während dieses Zeitraumes der Arbeitgeber Gelegenheit hatte, die Dienste des Arbeitnehmers zu dem in dem erloschenen Vertrag vereinbarten Lohnsatz in Anspruch zu nehmen.

5. Kommt der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen betreffend die Heimschaffung nicht nach, so hat die zuständige Behörde dafür aufzukommen.

Artikel 14.

Die zuständige Behörde kann den Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Heimschaffung befreien: o. wenn sie sich vergewissert hat, I. dass der Arbeitnehmer in einer schriftlichen Erklärung oder auf andere Weise bekundet hat, von seinem Anspruch auf Heimschaffung keinen Gebrauch machen zu wollen; II. dass der Arbeitnehmer auf seinen Wunsch oder mit seiner Zustimmung an oder bei der Arbeitsstätte angesiedelt worden ist; b. wenn sie sich vergewissert hat, dass der Arbeitnehmer von seinem Anspruch auf Heimschaffung vor Ablauf einer festzusetzenden Frist nach Beendigung oder Auflösung des Vertrages freiwillig keinen Gebrauch gemacht hat; c. wnn der Vertrag von der zuständigen Behörde wegen eines Verschuldens des Arbeitnehmers gelöst worden ist; d. wenn der Vertrag aus einem anderen Grund als wegen Unmöglichkeit seiner Erfüllung infolge Krankheit oder Unfall des Arbeitnehmers gelöst worden ist und die zuständige Behörde sich vergewissert hat: I. dass bei Festsetzung des Lohnsatzes die Tatsache, dass der Arbeitnehmer selbst für die Kosten seiner Heimschaffung aufzukommen hat, ausreichend berücksichtigt worden ist und II. dass durch Bildung von Lohnrücklagen oder auf andere Weise zweckmässige Vorkehrungen getroffen worden sind, um dem Arbeitnehmer die erforderlichen Mittel zur Bestreitung dieser Kosten sicherzustellen.

Artikel 15.

1. Der Arbeitgeber hat tunlichst für die Beförderung der heimzuschaffenden Arbeitnehmer zu sorgen.

2. Die zuständige Behörde hat alle erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, damit : a. die für die Beförderung der Arbeitnehmer benützten Fahrzeuge oder Schiffe für diesen Zweck geeignet, gesundheitlich einwandfrei und nicht überbesetzt sind;

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6. falls die Arbeitnehmer die Nacht unterwegs verbringen müssen, zweckdienliche Vorkehrungen getroffen worden sind; c. falls die Arbeitnehmer lange Strecken zu FUSS zurücklegen müssen, die einzelnen Tagesmärsche dem Gesundheitszustand und den Kräften der Arbeitnehmer angemessen sind; d. falls es sich um längere Eeisen handelt, alle für die ärztliche Betreuung und das allgemeine Wohl der Arbeitnehmer erforderlichen Vorkehrungen getroffen worden sind.

3. Arbeitnehmer, die in Gruppen reisen und lange Strecken zurücklegen müssen, müssen von einer verantwortlichen Person begleitet werden.

Artikel 16.

1. Die Höchstdauer, für die nach Ablauf eines Arbeitsvertrages ein Wieder anstellungsvertrag abgeschlossen werden kann, ist gesetzlich festzusetzen; im allgemeinen muss sie jedoch kürzer sein als die nach den Bestimmungen des Artikels 9 dieses Übereinkommens festgesetzte Vertragsdauer.

2. Bewirkt die in einem Wiederanstellungsvertrag vereinbarte Dienstdauer zusammen mit der schon auf Grund des abgelaufenen Vertrages zurückgelegten Dienstdauer eine Trennung des Arbeitnehmers von seiner Familie von mehr als achtzehn Monaten, so darf dieser Arbeitnehmer die in dem Wiederanstellungsvertrag vereinbarte Dienstzeit erst antreten, nachdem er Gelegenheit gehabt hat, auf Kosten des Arbeitgebers nach Hause zurückzukehren; doch kann die zuständige Behörde Befreiung von dieser Vorschrift gewähren, wenn ihre Anwendung undurchführbar oder unzweckmässig ist.

3. Vorbehaltlich der Bestimmungen der Absätze l und 2 dieses Artikels gelten alle Bestimmungen der vorausgehenden Artikel auch für Wiederanstellungsverträge ; doch kann die zuständige Behörde nach ihrem Ermessen diese Verträge von der Anwendung der Bestimmungen des Artikels 6, Absätze l.bis 5, und des Artikels 7 befreien.

Artikel 17.

1. Die zuständige Behörde hat erforderlichenfalls in der Amtssprache oder den Amtssprachen des betreffenden Gebietes sowie in einer den Arbeitnehmern verständlichen Sprache Auszüge aus den gesetzlichen Bestimmungen über die Verträge drucken zu lassen und den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen.

2. Erforderlichenfalls ist der Arbeitgeber zu verpflichten, diese Anzeige in einer den Arbeitnehmern verständlichen Sprache an einer gut sichtbaren Stelle anzuschlagen.

Artikel 18.

Das Gesetz muss geeignete
Bestimmungen zum Schütze der Arbeitnehmer enthalten, falls in einem Gebiet abgeschlossene Verträge eine Beschäftigung in einem einer anderen Verwaltung unterstehenden Gebiete vorsehen.

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Artikel 19.

1. Wenn ein in einem Gebiet (im folgenden Heimatgebiet genannt) at geschlossener Vertrag eine Beschäftigung des Arbeitnehmers in einem eine anderen Verwaltung unterstehenden Gebiet (im folgenden Beschäftigungs gebiet genannt) vorsieht, finden die Bestimmungen dieses Übereinkommens i folgender Weise Anwendung: a. die nach Artikel 6 erforderliche Genehmigung muss von einem öffentliche: Beamten des Heimatgebietes erteilt werden, bevor der Arbeitnehme dieses Gebiet verlässt; b. die nach Artikel 6, Absatz 7, zu ergreifenden Massnahmen müssen voi der zuständigen Behörde des Heimatgebietes getroffen werden; c. die nach Artikel 7 erforderliche ärztliche Untersuchung muss spätesten im Augenblick, in dem der Arbeitnehmer das Heimatgebiet verlässt, er folgen; d. eine nicht erwachsene Person, die die Obergrenze des im Heimatgebie oder im Beschäftigungsgebiet gesetzlich festgesetzten Mindestalter offenbar nicht erreicht hat, kann keinen gültigen Vertrag abschliessen e. der nach Artikel 10 im Vertrage vorzusehende Vermerk über die Über tragung muss von einem Beamten des Gebietes eingetragen werden, ii dem der Arbeitnehmer der Übertragung zustimmt; /. die im Vertrag vereinbarte Dauer der Dienstleistung darf weder die in Heimatgebiete noch die im Beschäftigungsgebiete gesetzlich festgesetzt« Höchstdauer überschreiten ; g. die Bedingungen, unter denen der Vertrag gelöst werden kann, müsser durch Gesetz des Beschäftigungsgebietes festgesetzt werden; h. kommt der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen betreffend die Heimschaffung nicht nach, so hat die zuständige Behörde des Beschäftigungs gebietes dafür aufzukommen; i. die Behörde, die den Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Übernahm« der Kosten der Heimschaffung befreien kann, ist die zuständige Behörd« des Beschäftigungsgebietes ; j. die zuständigen Behörden des Heimatgebietes und des Beschäftigungsgebietes haben einvernehmlich für die Anwendung des Absatzes 2 des Artikels 15 zu sorgen; k. die im Wiederanstellungsvertrage vereinbarte Dauer der Dienstleistung darf weder die im Heimatgebiete noch die im Beschäftigungsgebiete gesetzlich festgesetzte Höchstdauer überschreiten.

2. Ist das Übereinkommen nicht sowohl im Heimatgebiet als auch im Beschäftigungsgebiet in Kraft, so sind die im vorstehenden Absatz aufgestellten Vorschriften vorbehaltlich folgender Bestimmungen
anzuwenden: a. ist das Übereinkommen im Beschäftigungsgebiete nicht in Kraft, so dari der öffentliche Beamte des Heimatgebietes dem Vertrag nicht die Genehmigung erteilen, bevor er sich vergewissert hat, dass der Arbeit-

49 nehmer im Beschäftigungsgebiet auf Grund der Gesetze dieses Gebietes oder auf Grund der Bestimmungen des Vertrages die in den Artikeln 10 bis 16 dieses Übereinkommens vorgesehenen Eechte und den dort vorgesehenen Schutz geniesst; b. ist das Übereinkommen im Heimatgebiete nicht in Kraft, so werden die Angelegenheiten, die gemäss Absatz l a, b und c dieses Artikels von der zuständigen Behörde des Heimatgebietes zu regeln sind, von der zuständigen Behörde des Beschäftigungsgebietes geregelt, sofern nicht ' diese Behörde sich vergewissert hat, dass diese Angelegenheit tatsächlich von der zuständigen Behörde des Heimatgebietes gemäss den Vorschriften dieses Übereinkommens geregelt worden sind.

3. Sofern es erforderlich oder wünschenswert ist, müssen die zuständigen Behörden des Heimatgebietes und des Beschäftigungsgebietes eine Vereiniarung zur Eegelung der Fragen von gemeinsamem Interesse treffen, die sich >ei Anwendung der Vorschriften dieses Übereinkommens ergeben, und können [abei von den Vorschriften des Absatzes l dieses Artikels hinsichtlich derenigen Verträge abgehen, die in einem Gebiete, für das die Vereinbarung gilt, ibgeschlossen sind und die Beschäftigung des Arbeitnehmers in einem anderen j-ebiete, für das die Vereinbarung gleichfalls gilt, vorsehen.

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Artikel 20.

1. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Verträge, die vor Inkrafttreten les Übereinkommens in dem Gebiet, in dem es durchgeführt werden soll, Abgeschlossen wurden.

2. Die Kündigung dieses Übereinkommens berührt nicht die Eechte und 'fliehten aus Verträgen, die vor dem Ausserkrafttreten abgeschlossen wurden.

Artikel 21.

Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generalekretär des Völkerbundes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 22.

1. Für die in Artikel 35 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganiation genannten Gebiete hat jedes Mitglied der Organisation, das dieses Überlinkommen ratifiziert, der Eatifikation eine Erklärung beizufügen, die die jebiete bekannt gibt: a. in denen es die Bestimmungen dieses Übereinkommens unverändert durchzuführen sich verpflichtet; b. in denen es die Bestimmungen dieses Übereinkommens mit Abänderungen durchzuführen sich verpflichtet, unter Angabe der Einzelheiten dieser Abänderungen ; c. in denen das Übereinkommen nicht durchgeführt werden kann und in diesem Falle die Gründe dafür; d. für die es sich die Entscheidung vorbehält.

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2. Die Verpflichtungen nach Absatz l a und b dieses Artikels gelten als integrierender Bestandteil der Katifikation und haben die Wirkung einer solchen 3. Jedes Mitglied kann die Vorbehalte, die es in seiner früheren Erklärung nach Absatz l b, c oder d dieses Artikels gemacht hat, durch eine spätere Erklärung ganz oder teilweise zurückziehen.

Artikel 28.

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generalsekretäi eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft ein Jahr, nachdem die Eatifikation zweier Mitgliedei durch den Generalsekretär eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied eir Jahr nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Artikel 24. .

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es naci Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generalsekretär des Völkerbundes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung triti erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhall eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absätze genannten Zeitraumes vor zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrechte keiner Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeit raumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 25.

1. Der Generalsekretär des Völkerbundes gibt dem Direktor des Inter nationalen Arbeitsamtes und sämtlichen Mitgliedern der Internationaler Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Eatifikationen une Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden sowie aller Erklärungen, die ihm gemäss Artikel 22 dieses Übereinkommen!

mitgeteilt werden.

2. Der Generalsekretär wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnei von der Eintragung der zweiten Eatifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnii gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, an dem dieses Übereinkommei in Kraft tritt.

Artikel 26.

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat nachlnkrafttretei dieses Übereinkommens jeweils bei Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahrei

51 der allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und darüber zu entscheiden, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 27.

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen: a. Die Eatifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich, ohne Bücksicht auf Artikel 24. Voraussetzung ist dabei, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b. Vom Inkrafttreten des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 28.

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

Empfehlung (Nr. 58) betreffend die Höchstdauer der schriftlichen Arbeitsverträge der eingeborenen Arbeitnehmer.

a Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Höchstdauer der schriftlichen Arbeitsverträge der eingeborenen Arbeitnehmer, eine Frage, die zum zweiten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. Juni 1939, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Arbeitsverträge eingeborener Arbeitnehmer von 1989 bezeichnet wird: Die Konferenz hat das Übereinkommen über .die Arbeitsverträge eingeborener Arbeitnehmer von 1939 angenommen, dessen Artikel 9 bestimmt, dass «die Höchstdienstdauer, für die ein Vertrag abgeschlossen werden kann, sowie der gegebenenfalls während der Vertragsdauer zu gewährende Urlaub gesetzlich zu regem sind».

Sie wünscht, diese Bestimmung durch Aufstellung von Grundsätzen, die der Politik der in Betracht kommenden Mitglieder als Bichtlinie zu dienen

52 geeignet erscheinen, wenn sie in verschiedenen Fällen die Höchstdienstdauer festzusetzen haben, und durch Vorschläge betreffend die Höchstdauer, die in diesen Fällen festgesetzt werden könnten, zu ergänzen.

In dieser Überzeugung empfiehlt die Konferenz allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation, die das Übereinkommen über die Arbeitsverträge eingeborener Arbeitnehmer von 1939 ratifizieren, bei der Festsetzung der in Artikel 9 des Übereinkommens vorgesehenen Höchstdienstdauer folgende Grundsätze zu erwägen: 1. Die Höchstdienstdauer sollte stets so kurz wie möglich sein und, falls die Arbeitnehmer während der Dienstzeit von ihrer Familie getrennt sind, kürzer sein als in den Fällen, in denen sie von ihrer Familie begleitet sind.

2. Die Höchstdienstdauer sollte in den Fällen, in denen die Arbeitnehmer eine lange und kostspielige Land- und Seereise zu machen haben, keinenfalls mehr als zwei Jahre betragen, wenn die Arbeitnehmer nicht von ihrer Familie begleitet sind, und nicht mehr als drei Jahre, wenn die Arbeitnehmer von ihrer Familie begleitet sind.

3. Ausnahmen von den vorstehend festgesetzten Höchstdienstzeiten sollten nur gestattet werden, wenn es sich um Arbeitnehmer handelt, die von ihrer Familie begleitet sind, und wenn mit vorheriger Zustimmung der Arbeitnehmer beabsichtigt wird, sie und ihre Familie an oder bei der Arbeitsstätte anzusiedeln.

4. Wenn die Dienstzeit ein Jahr oder mehr beträgt, sollte den Arbeitnehmern ein bezahlter Urlaub von mindestens einer Woche gewährt werden.

Entwarf eines Übereinkommens (Nr. 65) über die Strafmassnahmen gegen Bruch der Arbeitsverträge seitens eingeborener Arbeitnehmer. ' Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die allmähliche Abschaffung der Strafmassnahmen gegen Bruch der Arbeitsverträge seitens eingeborener Arbeitnehmer, eine Frage, die zum zweiten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines Entwurfes eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. Juni 1939, den folgenden Entwurf eines Übereinkommens
an, der als Übereinkommen über Strafmassnahmen gegen eingeborene Arbeitnehmer von 1939 bezeichnet wird: Artikel 1.

1. Dieses Übereinkommen gilt für Verträge, durch die sich ein zur eingeborenen Bevölkerung eines von einem Mitgliede der Organisation abhängigen

53 Gebietes gehöriger oder ihr gleichgestellter Arbeitnehmer oder ein zur abhängigen eingeborenen Bevölkerung des Mutterlandes eines Mitgliedes der Organisation gehöriger oder ihr gleichgestellter Arbeitnehmer gegen Barlohn oder irgendeine andere Vergütung zum Dienst bei einer eingeborenen oder einer nichteingeborenen Behörde, Einzelperson, Gesellschaft oder Vereinigung verpflichtet.

2. Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als «Vertragsbruch»; a. jede Weigerung oder Versäumnis des Arbeitnehmers, die im Vertrage vereinbarte Arbeit zu beginnen oder auszuführen; 6. jede Nachlässigkeit und jeder Mangel an Sorgfalt seitens des Arbeitnehmers ; c. das eigenmächtige oder ungerechtfertigte Fernbleiben des Arbeitnehmers von der Arbeitsstätte; d. die Flucht des Arbeitnehmers.

Artikel 2.

1. Alle Strafmassnahmen wegen Bruch eines Vertrages, für den dieses Übereinkommen gilt, sind allmählich und möglichst bald abzuschaffen.

2. Alle Strafmassnahmen wegen solcher Vertragsbrüche sind, soweit es sich um eine nicht erwachsene Person handelt, die ein gesetzlich festzusetzendes Mindestalter offenbar nicht erreicht hat, unverzüglich abzuschaffen.

Artikel 8.

Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generalsekretär des Völkerbundes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 4.

1. Für die in Artikel 35 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation genannten Gebiete hat jedes Mitglied der Organisation, das dieses Übereinkommen ratifiziert, der Eatifikation eine Erklärung beizufügen, die die Gebiete bekannt gibt, a. in denen es die Bestimmungen dieses Übereinkommens unverändert durchzuführen sich verpflichtet; b. in denen es die Bestimmungen dieses Übereinkommens mit Abänderungen durchzuführen sich verpflichtet, unter Angabe der Einzelheiten dieser Abänderungen ; c. in denen das Übereinkommen nicht durchgeführt werden kann, und in diesem Falle die Gründe dafür; d. für die es sich die Entscheidung vorbehält.

2. Die Verpflichtungen nach Absatz l a und 6 gelten als integrierender Bestandteil der Eatifikation und haben die Wirkung einer solchen.

8. Jedes Mitglied kann die Vorbehalte, die es in seiner früheren Erklärung nach Absatz l b, c und d dieses Artikels gemacht hat, durch eine spätere Erklärung ganz oder teilweise zurückziehen.

Bundesblatt. 93. Jahrg. Bd. I.

5

54 Artikel 5.

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generalsekretär eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft ein Jahr, nachdem durch den Generalsekretär die Eatifikationen zweier Mitglieder der Organisation sowie die ihnen gemäss Artikel 4 dieses Übereinkommens beigefügten Erklärungen eingetragen worden sind, in denen die Gebiete bezeichnet sind, in denen die Mitglieder die Bestimmungen dieses Übereinkommens durchzuführen sich verpflichten.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied ein Jahr nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Artikel 6.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tage, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generalsekretär des Völkerbundes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absätze genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrechte keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden.

In der Folge kann es dieses Übereinkommen nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 7.

1. Der Generalsekretär des Völkerbundes gibt dem Direktor des Internationalen Arbeitsamtes und sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Eatifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden, sowie aller Erklärungen, die ihm gemäss Artikel 4 dieses Übereinkommens mitgeteilt werden.

2. Der Generalsekretär wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten, den Erfordernissen des Artikels 5, Absatz 2, dieses Übereinkommens entsprechenden Eatifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, an dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 8.

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens jeweils bei Ablauf eines Zeitraumes von fünf Jahren der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung

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lieses Übereinkommens zu erstatten und darüber zu entscheiden, ob die Frage leiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung gesetzt verden soll.

Artikel 9.

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das voriegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen: a. Die Eatifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich, ohne Eücksicht auf Artikel 6. Voraussetzung ist dabei, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b. Vom Inkrafttreten des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt edenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 10.

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommeiis sind n gleicher Weise massgebend.

Empfehlung (Nr. 59) betreffend die Arbeitsaufsicht zum Schütze der eingeborenen Arbeitnehmer.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die om Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen rarde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammen;etreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Arbeits.ufsicht zum Schütze der eingeborenen Arbeitnehmer, eine Frage, die zum weiten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass [iese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. Juni 1939, die folgende Empfehlung n, die als Empfehlung betreffend die Arbeitsaufsicht für eingeborene ArbeitLehmer von 1939 bezeichnet wird: Die Konferenz hat das Übereinkommen über die Arbeitsverträge ein;eborener Arbeitnehmer von 1989 angenommen.

Sie hält dafür, dass die Gesetzgebung über die Beschäftigung eingeborener irbeitnehmer nur durch einen Arbeitsaufsichtsdienst befriedigend durcheführt werden kann.

In dieser Überzeugung empfiehlt die Konferenz den in Betracht kommenden fitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation, in denjenigen ihrer Gebiete, i denen noch keine Arbeitsaufsicht besteht, eine solche einzurichten.

r

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Empfehlung (Nr. 60) betreuend Aas Lehrlingswesen.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufer ·wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend das Lehrlingswesen, eine Frage, die zum ersten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalter sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1939, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend das Lehrlingswesen von 1939 bezeichnél wird: Die Konferenz hat die Empfehlung betreffend die Berufsausbildung vor 1989 angenommen, die die Grundsätze und Verfahren der Berufsausbildung aufzählt.

Die Konferenz geht davon aus, dass unter den verschiedenen Arten de) Berufsausbildung die Lehre, insbesondere mit Bücksicht darauf, dass sie in der Betrieben erteilt wird, besondere Fragen auf wirf t und vertragliche Bindunger zwischen Lehrherrn und Lehrling mit sich bringt.

Die Konferenz ist der Ansicht, dass der Erfolg der Lehre weitgehend voi der genauen Umsehreibung und Einhaltung der das Lehrverhältnis bestim menden Bedingungen, insbesondere derjenigen über die gegenseitigen Eechti und Pflichten des Lehrherrn und des Lehrlings abhängt.

Die Konferenz empfiehlt daher jedem Mitglied, folgende Grundsätze une Begeln in Erwägung zu ziehen: 1. Im Sinne dieser Empfehlung gilt als «Lehre» jede Begelung, auf Grüne deren sich der Arbeitgeber vertraglich verpflichtet, einen jungen Arbeitnehme: zu beschäftigen und ihn planmässig während eines im voraus festgesetztei Zeitraumes, für den sich der Lehrling im Dienste des Arbeitgebers zu arbeitei verpflichtet, einen Beruf zu lehren oder lehren zu lassen.

2.1) Es sollten Massnahmen getroffen werden, um die Lehre in den Berufen in denen diese Art der Berufsausbildung notwendig erscheint, möglichst wirk sam zu gestalten. Diese Berufe sollten in jedem Staat unter Berücksichtigunj der erforderlichen Befähigung und der Dauer der notwendigen praktische] Ausbildung bezeichnet werden.

2) Die im vorigen Absatz genannten Massnahmen könnten, soweit zwischei ihnen ein ausreichender Zusammenhang besteht, der im Bahmen jedes Berufe und für das ganze Staatsgebiet die Einheitlichkeit der zu erwerbenden Befähi gungsgrade sowie
der Verfahren und Voraussetzungen der Lehrausbilduni sichert, getroffen werden entweder durch die Gesetzgebung oder durch Ent Scheidungen öffentlicher Stellen für die Aufsicht über das Lehrlingswesen öde durch Gesamtarbeitsverträge oder schliesslich durch eine Verbindung diese verschiedenen.Formen der Begelung.

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8. 1) Die Massnahmen, für die die vorige Ziffer gilt, sollten bestimmen: a. die fachlichen und anderen Fähigkeiten, die der Arbeitgeber besitzen muss, um Lehrlinge zu halten und auszubilden; b. die Bedingungen für den Eintritt der Jugendlichen in eine Lehre; c. die gegenseitigen Eechte und Pflichten des Arbeitgebers und des Lehrlings.

2) Zu diesem Zwecke sollten diese Massnahmen insbesondere die folgenden Grundsätze berücksichtigen: a. Um Lehrlinge zu halten und auszubilden, sollte der Arbeitgeber selbst befähigt sein, eine angemessene Ausbildung zu geben, oder in der Lage sein, diese Ausbildung durch eine andere in seinen Diensten stehende Person, die die erforderlichen Fähigkeiten besitzt, geben zu lassen; überdies müsste der Betrieb den notwendigen Voraussetzungen entsprechen, um eine angemessene Vorbereitung des Lehrlings für den in Aussicht genommenen Beruf zu sichern.

6. Um in eine Lehre einzutreten, sollten die Jugendlichen ein Mindestalter erreicht haben, das in keinem Falle geringer sein darf als das Schulentlassungsalter.

c. Wenn der Eintritt in die Lehre ein Mindestmass von Allgemeinbildung erfordert, das höher ist als die bei Beendigung der Schulpflicht normalerweise erlangte Allgemeinbildung, sollte dieses Mindestmass unter angemessener Berücksichtigung der wechselnden Bedürfnisse der verschiedenen Berufe vorgeschrieben werden.

d. Der Eintritt in die Lehre sollte in allen Fällen von einer ärztlichen Untersuchung abhängen; wenn der zu erlernende Beruf besondere körperliche oder geistige Fähigkeiten erfordert, sollten diese Fähigkeiten angegeben und Gegenstand einer besonderen Prüfung werden.

e. Vorkehrungen sollten getroffen werden, um die Eintragung der Lehrlinge bei zuständigen Stellen zu gewährleisten und gegebenenfalls die Nachprüfung ihrer Zahl zu sichern.

/. Es wäre zweckmässig, die Möglichkeit der Versetzung von Lehrlingen von einem Arbeitgeber zu einem anderen vorzusehen, sofern ihre Versetzung zur Verhinderung einer Unterbrechung der Lehre, zur Ergänzung ihrer Ausbildung oder aus anderen Gründen notwendig oder tunlich erscheint.

g. Die Dauer der Lehre einschliesslich der Probezeit sollte im voraus festgesetzt werden unter angemessener Berücksichtigung jeder Ausbildung, die der Lehrling schon vorher in einer Fach- oder Berufsschule erhalten hat.

h. Es wäre zweckmässig,
am Ende und gegebenenfalls während der Lehre Prüfungen vorzusehen, die Verfahren zur Durchführung dieser Prüfungen zu bestimmen und die Ausstellung von Prüfungszeugnissen vorzusehen.

Die bei diesen Prüfungen verlangten Fähigkeiten sollten tür jeden Beruf

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einheitlich festgesetzt und die auf Grund der Prüfungen ausgestellten Zeugnisse im ganzen Staat anerkannt werden.

i. Es wäre angezeigt, eine Aufsicht über das Lehrlingswesen einzurichten, um insbesondere die Durchführung der Eegelung, die Wirksamkeit dei Ausbildung und eine ausreichende Einheitlichkeit der Lehrverhältnisse zu gewährleisten.

j. Es wäre zweckmässig, die Bestimmungen über Form und Inhalt der Lehrverträge, insbesondere durch Ausarbeitung von Musterverträgen festzusetzen und die Verfahren zur Eintragung dieser Verträge durch die unter e genannten Stellen zu regeln.

4. 1) Es wäre zweckmässig, im Lehrvertrage die Art der Pestsetzung dei Barvergütung und der sonstigen Leistungen des Arbeitgebers an den Lehrling sowie die Staffeln für die Erhöhung dieser Vergütungen während der Lehre festzusetzen.

2) Soweit auf diesem Gebiete gesetzliche Vorschriften nicht bestehen odei die Gesetzgebung die Lehrlinge nicht erfasst, sollten im Lehrvertrage Bestimmungen vorgesehen werden über: a. die in Absatz l vorgesehene Vergütung während Zeiten der Krankheit: b. den bezahlten Urlaub.

5. 1) Es wäre wünschenswert, dass die am Lehrlingswesen beteiligten Kreise, insbesondere die Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, mit den öffentlichen Stellen zusammenarbeiten, die mit der Aufsicht über das Lehrlingswesen betraut sind.

2) Zwischen den mit der Aufsicht über das Lehrlingswesen betrauten Stellen einerseits und den Behörden für den allgemeinen und den Berufsunterricht, den Berufsberatungsstellen, den öffentlichen Büros für Arbeitsvermittlung und den Arbeitsaufsichtsbehörden andererseits sollte eine enge Zusammenarbeit bestehen.

6. Diese Empfehlung gilt nicht für das Lehrlingswesen in der Seeschiffahrt,

Entwurf eines Obereinkommens (Nr. 66) über Anwerbung, Arbeitsvermittlung und Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufer wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Anwerbung, die Arbeitsvermittlung und die Arbeitsbedingungen (Gleichbehandlung) der Wanderarbeiter, eine Frage, die den dritten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines Entwurfes eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

59 Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1989, den folgenden Entwurf eines Übereinkommens an, der als Übereinkommen über Wanderarbeiter von 1989 bezeichnet wird: Artikel 1.

Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich: a. Strafmassnahmen zu erlassen und durchzuführen gegen: I. die irreführende Werbung für die Auswanderung oder Einwanderung; II. die Werbung für die Auswanderung oder Einwanderung, wenn diese Werbung der Gesetzgebung zuwiderläuft; b. eine Aufsicht auszuüben über die Anzeigen, Anschläge, Werbeschriften und anderen Formen der Werbung von Personen in einem Gebiet für die Beschäftigung in einem anderen Gebiet.

Artikel 2.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, eine geeignete Stelle zur Beratung und Unterstützung der Einwanderer und Auswanderer zu unterhalten oder sich zu vergewissern, dass eine solche Stelle besteht. .

2. Diese Stelle ist zu unterhalten: a. von Behörden oder b. von einer oder mehreren privaten Organisationen, die keine Erwerbszwecke verfolgen, von den Behörden genehmigt wurden und von ihnen beaufsichtigt werden, oder c. teils von Behörden und teils von einer oder mehreren privaten Organisationen, die den unter b dieses Absatzes angeführten Voraussetzungen genügen.

Artikel 8.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, gemäss den Bestimmungen dieses Artikels folgende Handlungen zu regeln: a. die Anwerbung, das heisst alle Handlungen, die darin bestehen: I. eine Person in einem Gebiet für einen Arbeitgeber in einem anderen Gebiet zu verpflichten oder II. sich einer Person in einem Gebiet gegenüber zu verpflichten, ihr eine Beschäftigung in einem anderen Gebiet zu beschaffen, sowie die Vorkehrungen zu den unter I und II genannten Handlungen zu treffen, einschliesslich der Suche und Auswahl von Personen, die auszuwandern wünschen, und der Eeisevorbereitung der Auswanderer; b. die Einführung, das heisst alle Handlungen, die darin bestehen, Ankunft oder Zulassung in einem Gebiet von Personen, die unter den in a angeführten Bedingungen angeworben wurden, sicherzustellen oder zu erleichtern;

60 e. die Arbeitsvermittlung, das heisst alle Handlungen, die darin bestehen, einem Arbeitgeber die Dienste von Personen zu verschaffen, die unter den in b angeführten Bedingungen eingeführt wurden.

2. Zu den in Absatz l dieses Artikels bezeichneten Handlungen sind nur zuzulassen : a. öffentliche Büros für Arbeitsvermittlung oder andere amtliche Körperschaften des Gebietes, in dem die Handlungen vorgenommen werden; b. amtliche Körperschaften eines anderen Gebietes als desjenigen, in dem die Handlungen vorgenommen werden, sofern sie durch ein Abkommen zwischen den beteiligten Eegierungen zur Vornahme solcher Handlungen in diesem Gebiet ermächtigt werden; c. jede gemäss den Bestimmungen einer internationalen Abrede gebildete Körperschaft; d. der Arbeitgeber oder eine in seinen Diensten stehende und in seinem Namen handelnde Person; e. private Büros für entgeltliche oder unentgeltliche Arbeitsvermittlung, deren Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist.

8. Die in Absatz l dieses Artikels genannten Handlungen bedürfen einer vorherigen Genehmigung seitens der zuständigen Behörde des Gebietes, in dem sie vorgenommen werden sollen, in den Fällen und unter den Voraussetzungen, die durch die Gesetzgebung dieses Gebietes oder durch Abkommen zwischen dem Auswanderungsstaat und dem Einwanderungsstaat festgesetzt werden.

4. Die zuständigen Behörden des Gebietes, in dem die Handlungen vorgenommen werden, haben die Tätigkeit der Körperschaften oder Personen, denen eine Erlaubnis gemäss dem vorigen Absatz erteilt worden ist, zu beaufsichtigen.

Artikel 4.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert und über ein System der Aufsicht über Arbeitsverträge verfügt, die zwischen einem Arbeitgeber oder einer in seinem Namen handelnden Person und einem Wanderarbeiter vor dessen Abreise abgeschlossen werden, verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass die dieser Aufsicht unterliegenden Verträge den Bestimmungen dieses Artikels entsprechen.

2. Der Vertrag muss in einer Sprache, die vom Wanderarbeiter verstanden wird, abgefasst oder in diese Sprache übersetzt werden.

8. Der Vertrag muss ausser irgendwelchen anderen Bestimmungen folgende Einzelheiten regeln: a. die Vertragsdauer und, wenn der Vertrag verlängert werden kann, das Verfahren für die Verlängerung oder aber, wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist, das Verfahren und die Frist für die Kündigung;

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&. den genauen Zeitpunkt und Ort, an denen sich der Wanderarbeiter einzufinden hat; c. die Art der Deckung der Eeisekosten: I. für den Arbeitnehmer bei der Hinreise; II. für den Arbeitnehmer bei der Heimkehr, wenn diese bei Ablauf des Arbeitsvertrages oder vor Ablauf des Arbeitsvertrages infolge einer Auflösung oder eines Bruches des Vertrages erfolgt, die nicht vom Arbeitnehmer verschuldet wurden; III. für die Familienmitglieder des Arbeitnehmers, die ihn zu begleiten oder ihm in den Einwanderungsstaat nachzufolgen befugt sind; d. Abzüge vom Lohn des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gemäss der Gesetzgebung des Einwanderungsstaates oder gemäss Abkommen zwischen dem Auswanderungsstaat und dem Einwanderungsstaat vornehmen kann; e. die Wohnungsbedingungen, wenn die Wohnung vom Arbeitgeber bereitgestellt oder beschafft wird; /. alle Vorkehrungen, die etwa getroffen wurden, um den Unterhalt der im Heimatstaat zurückgebliebenen Familie des Arbeitnehmers sicherzustellen, besonders um das Verlassen der Familie seitens des Arbeitnehmers zu verhüten.

Artikel 5.

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, falls der in sein Gebiet eingeführte Arbeitnehmer aus einem Grund, für den er nicht verantwortlich ist, die Arbeitsstelle, für die er angeworben wurde, oder eine gleichwertige Arbeitsstelle nicht erhält, Massnahmen zu ergreifen, damit die Kosten seiner Heimkehr und der Heimkehr seiner Familienmitglieder, einschliesslich Verwaltungsgebühren, Beförderung und Unterhalt bis zum endgültigen Bestimmungsort und Beförderung des Hausrates nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen.

Artikel 6.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, Ausländer in folgender Hinsicht nicht ungünstiger zu behandeln als seine eigenen Staatsangehörigen: a. soweit diese Fragen gesetzlich geregelt sind oder von den Verwaltungsbehörden abhängen: I. Arbeitsbedingungen, namentlich Arbeitsentgelt; II. Eecht, beruflichen Vereinigungen beizutreten; b. Steuern, Abgaben und Beiträge auf Grund der Beschäftigung, die vom Arbeitnehmer geschuldet werden; c. Eechtsschutz der Arbeitsverträge.

2. Die im vorigen Absatz vorgesehene Gleichbehandlung kann von der Gewährung der Gegenseitigkeit abhängig gemacht werden, die als gegeben gilt :

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a. zwischen allen Mitgliedern, die durch dieses Übereinkommen gebunden sind; b. zwischen jedem Mitglied, das durch dieses Übereinkommen gebunden ist, und einem anderen Staat, mit dem es einen Gegenseitigkeitsvertrag über den betreffenden Gegenstand abgeschlossen hat.

Artikel 7.

1. Die Gebrauchsgegenstände und die Werkzeuge der angeworbenen Wanderarbeiter und ihrer Familienmitglieder müssen bei der Einfuhr in den Einwanderungsstaat zollfrei sein.

2. Die Gebrauchsgegenstände und die Werkzeuge der Wanderarbeiter und ihrer Familienmitglieder müssen bei Heimkehr dieser Personen in den Heimatstaat zollfrei sein, wenn sie dessen Staatsangehörigkeit behalten haben.

Artikel 8.

Dieses Übereinkommen gilt nicht für: a. Wanderungen im Inneren des Gebietes eines Mitgliedes oder von einem Gebiet eines Mitgliedes nach einem anderen Gebiet desselben Mitgliedes; b. Grenzgänger, die ihre Arbeitsstätte in dem Gebiet eines Staates und ihren Wohnsitz in dem Gebiet eines anderen Staates haben; c. Schiffsleute; d. eingeborene Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 2 b des Übereinkommens über die Anwerbung eingeborener Arbeitnehmer von 1986.

Artikel 9.

Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generalsekretär des Völkerbundes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 10.

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generalsekretär eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft ein Jahr, nachdem die Eatifikationen zweier Mitglieder durch den Generalsekretär eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied ein Jahr nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Artikel 11.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generalsekretär des Völkerbundes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

63 2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absätze genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrechte keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden.

In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 12.

1. Der Generalsekretär des Völkerbundes gibt dem Direktor des Internationalen Arbeitsamtes und sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Eatifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generalsekretär wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Eatifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, an dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 13.

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens jeweils bei Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und darüber zu entscheiden, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 14.

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen: a. Die Eatifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich, ohne Bücksicht auf Artikel 11. Voraussetzung ist dabei, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b. Vom Inkrafttreten des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 15.

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

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Empfehlung. (Nr. 61) betreffend Anwerbung, Arbeitsvermittlung und Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1989 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Anwerbung, die Arbeitsvermittlung und die Arbeitsbedingungen (Gleichbehandlung) der Wanderarbeiter, eine Frage, die den dritten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1939, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Wanderarbeiter von 1989 bezeichnet wird: Die Konferenz hat das Übereinkommen über Wanderarbeiter von 1939 angenommen und wünscht, es durch eine Empfehlung zu ergänzen.

Die Konferenz empfiehlt folgendes: I.

1. 1) Im Sinne dieser Empfehlung gelten als: a. «Anwerbung» alle Handlungen, die darin bestehen: I. eine Person in einem Gebiet für einen Arbeitgeber in einem anderen Gebiet zu verpflichten oder II. sich einer Person in einem Gebiet gegenüber verpflichten, ihr eine Beschäftigung in einem anderen Gebiet zu beschaffen, sowie die Vorkehrungen zu den unter I und II genannten Handlungen zu treffen, einschliesslich der Suche und Auswahl von Personen, die einzuwandern wünschen, und der Eeisevorbereitung der Auswanderer; b. «Einführung» alle Handlungen, die darin bestehen, Ankunft oder Zulassung in einem Gebiet von Personen, die unter den in a angeführten Bedingungen angeworben wurden, sicherzustellen oder zu erleichtern; c. «Arbeitsvermittlung» alle Handlungen, die darin bestehen, einem Arbeitgeber die Dienste von Personen zu verschaffen, die unter den in b angeführten Bedingungen eingeführt wurden.

2) Diese Empfehlung gilt nicht für : a. Wanderungen im Inneren des Gebietes eines Mitgliedes oder von einem Gebiet eines Mitgliedes nach einem anderen Gebiet desselben Mitgliedes; 6. Grenzgänger, die ihre Arbeitsstätte in dem Gebiet eines Staates und ihren Wohnsitz in dem Gebiet eines anderen Staates haben; c. Schiffsleute; d. eingeborene Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 2 6 des Übereinkommens über die Anwerbung eingeborener Arbeitnehmer von 1936.

65

IL 2. Die Stelle, die in jedem Staat den Wanderarbeitern Auskünfte zu erteilen und sie zu unterstützen hat, sollte folgende Aufgaben haben: a. Auskunftserteilung und Beratung der Wanderarbeiter und ihrer Familien in ihrer Muttersprache oder Mundart oder wenigstens in einer Sprache, die sie verstehen, über Auswanderung, Einwanderung, Beschäftigung, Lebensbedingungen am Bestimmungsort, Heimkehr in den Heimatstaat und im allgemeinen über alle Fragen, die sie als Wanderarbeiter interessieren können; b. Unterstützung der Wanderarbeiter und ihrer Familien bei der Erledigung der Verwaltungsförmlichkeiten und bei sonstigen Schritten für die Abreise, die Eeise, die Zulassung und den Aufenthalt im Bestimmungsland und gegebenenfalls für ihre Heimkehr in den Heimatstaat.

8. Zwischen der Verlautbarung und dem Inkrafttreten aller Änderungen der Bedingungen, unter denen die Auswanderung oder Einwanderung oder die Beschäftigung von Ausländern gestattet wird, soll mögliehst ein angemessener Zeitraum liegen, damit die Personen, die auszuwandern beabsichtigen, rechtzeitig von diesen Bedingungen verständigt werden können.

4. An den Abreise-, Durchreise- und Ankunftsorten der Wanderer sollten Vorkehrungen getroffen werden für den Anschlag der wichtigsten der im vorigen Absatz erwähnten Massnahmen oder der darauf bezüglichen Hinweise in den unter den Wanderarbeitern gebräuchlichsten Sprachen.

III.

5. 1) Zur Wahrung der Interessen der Wanderarbeiter und des Gleichgewichts des Arbeitsmarktes sollten, sofern der Umfang der Wanderungsbewegung eine solche Massnahme rechtfertigt, die zuständigen Behörden des Auswanderungsstaates und diejenigen des Einwanderungsstaates die Anträge für die Anwerbung oder Einführung von Wanderarbeitern von einer vorherigen Prüfung und Genehmigung abhängig machen.

2) Vor der Genehmigung der Einführung von Wanderarbeitern sollte sich der Einwanderungsstaat vergewissern, ob nicht bereits eine genügende Zahl von geeigneten Arbeitnehmern für die Verrichtung der in Betracht kommenden Arbeit vorhanden ist.

6.1) Die Bedingungen, unter denen die Genehmigungen für die Anwerbung, Einführung und Arbeitsvermittlung der Wanderarbeiter erteilt oder erneuert werden, sollten durch die Gesetzgebung oder durch Abkommen zwischen dem Auswanderungsstaat und dem Einwanderungsstaat geregelt werden.

2) Die Personen oder Körperschaften, denen die im vorigen Absatz genannten Genehmigungen erteilt wurden, sollten eine Sicherheit leisten, z. B.

in der Form einer Hinterlegung, für die Wiedergutmachung eines durch ihr Verschulden einem Wanderarbeiter zugefügten Schadens.

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7. 1) Jeder Vermittler, der sich für einen Arbeitgeber mit der Anwerbung, Einführung oder Arbeitsvermittlung von Wanderarbeitern befasst, sollte verpflichtet sein, sich einen schriftlichen Auftrag dieses Arbeitgebers oder ein anderes Schriftstück zum Beweise dafür, dass er sich für dessen Eechuung betätigt, zu beschaffen.

2) Dieses Schriftstück sollte in der Amtssprache des Auswanderungsstaates abgefasst oder in diese Sprache übersetzt sein und alle zweckdienlichen Angaben über den Arbeitgeber sowie über Art und Umfang des dem Vermittler erteilten Auftrages für die Anwerbung, Einführung oder Vermittlung und über die angebotene Beschäftigung, einschliesslich der darauf bezüglichen Entgeltbedingungen, enthalten.

8. 1) Es ist wünschenswert, dass in jedem Staat, in dem Wanderarbeiter angeworben werden, in den sie eingeführt oder in den sie vermittelt werden, die zuständigen Behörden Höchstsätze der Kosten festsetzen, die dem Wanderarbeiter oder seinem Arbeitgeber für Anwerbung, Einführung (einschliesslich des Unterhalts während der Eeise), Arbeitsvermittlung, Heimschaffung oder für alle anderen Massnahmen in diesem Zusammenhang auferlegt werden können.

2) Die im vorigen Absatz erwähnten Kosten sollten in der Eegel nicht dem Wanderarbeiter auferlegt werden; jedenfalls sollte die etwa zulässige Einbehaltung von Lohnteilen seitens des Arbeitgebers zur Deckung dieser Kosten durch die Gesetzgebung oder durch Abkommen zwischen dem Auswanderungsstaat und dem Einwanderungsstaat begrenzt sein.

9. 1) Die Wanderarbeiter sollten tunlichst vor der Ausreise aus dem Auswanderungsstaat von einem Vertreter des Einwanderungsstaates geprüft werden, dem obliegt, sich zu vergewissern, dass sie im Einwanderungsstaat zugelassen werden können.

2) Nimmt die Anwerbung einen solchen Umfang an, dass sie nach der Gesetzgebung des Auswanderungsstaates als Gruppenanwerbung gelten kann, so sollte ein sachkundiger Beamter dieses Staates bei der Anwerbung zugegen sein.

8) Es ist wünschenswert, dass die Prüfung und Anwerbung im Sinne der vorigen Absätze dieser Ziffer tunlichst in der Nähe des Wohnortes des Auswanderers vorgenommen werden.

10. 1) Für die Familienmitglieder eines Wanderarbeiters, die ihn zu begleiten oder ihm nachzufolgen wünschen, sollten besondere Erleichterungen gelten, und zwar insbesondere: a. ein Vorrang Vor
den übrigen Anträgen auf Genehmigung der Ausreise aus dem Auswanderungsstaat oder der Einreise und Niederlassung im Einwanderungsstaat ; b. eine Vereinfachung der Verwaltungsförmlichkeiten und eine Ermässigung der Gebühren für die Ausreise aus dem Auswanderungsstaat und die Einreise und Niederlassung im Einwanderungsstaat.

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2) Im Sinne dieser Ziffer wären als Mitglieder der Familie des Wanderarbeiters dessen Ehefrau und minderjährige Kinder sowie die übrigen Familiennitglieder, die von ihm erhalten werden, zu betrachten.

IV.

11. Die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer, vie sie in Artikel 6 des Übereinkommens über Wanderarbeiter von 1939 vorgesehen ist, sollte tunlichst auf alle Ausländer Anwendung finden.

12. 1) Ausländer, denen der Aufenthalt in einem Gebiet zum Zweck der Beschäftigung gestattet wurde, sowie ihre Familienmitglieder, die ermächtigt vurden, sie zu begleiten oder ihnen nachzufolgen, sollten zur Arbeit tunlichst inter denselben Bedingungen wie Inländer zugelassen werden.

2) In Staaten, in denen die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer 3eschränkungen unterworfen ist, sollten diese Beschränkungen tunlichst: a. nicht angewendet werden gegenüber Arbeitnehmern, deren regelmässiger Aufenthalt in dem Staat einen Zeitraum überschritten hat, dessen Dauer grundsätzlich fünf Jahre nicht übersteigen sollte; b. ohne Voraussetzung einer Aufenthaltsdauer aufgehoben werden zugunsten der Frau und der Kinder in arbeitsfähigem Alter, die den Wanderarbeiter zu begleiten oder ihm nachzufolgen ermächtigt wurden.

18. Es ist wünschenswert, dass die Mitglieder, die die internationalen ^.rbeitsübereinkommen über die Sozialversicherung nicht ratifiziert haben, len ausländischen Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen die in diesen Übereinkommen festgelegte Behandlung gewähren.

14. 1) Es ist wünschenswert, dass in Staaten mit einer grossen Zahl von iingewanderten Arbeitnehmern die Arbeitsbedingungen dieser Arbeitnehmer len Gegenstand einer besonderen Beaufsichtigung bilden, die je nach den Umitänden von einem besonderen Aufsichtsdienst oder von ArbeitsaufsichtsDeamten oder anderen auf diesem Gebiet sachkundigen Beamten durchgeführt werden könnte.

2) Die Verwaltungsstellen, denen die im vorigen Absatz genannte Aufsicht ibertragen ist, sollten tunlichst mit den behördlich anerkannten privaten Organisationen für Wandererhilfe zusammenarbeiten.

V.

15. 1) Ist ein ausländischer Arbeitnehmer ordnungsgemäss in das Gebiet sines Staates eingewandert, so sollte dieser tunlichst davon Abstand nehmen, iiesen Arbeitnehmer und gegebenenfalls dessen Familienmitglieder wegen inzureichender Unterhaltsmittel des Arbeitnehmers oder aus arbeitsmarktpolitischen Gründen aus seinem Gebiet auszuweisen, sofern kein diesbezügliches Abkommen zwischen diesem Staat und dem Heimatstaat getroffen worden ist.

2) Der Staat, der aus den im vorigen Absatz angeführten Gründen die Ausweisung ordnungsgemäss eingewanderter ausländischer Arbeitnehmer und

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gegebenenfalls deren Familienmitglieder aus seinem Gebiet für erforderlich hält, sollte jedenfalls: a. die Dauer des Aufenthaltes dieser Arbeitnehmer in seinem Gebiet berücksichtigen und auf keinen Fall Arbeitnehmer ausweisen, die dort länger als fünf Jahre ansässig sind; b. sich vergewissern, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche auf die Leistungen der Arbeitslosenversicherung erschöpft hat; c. sich vergewissern, dass dem Arbeitnehmer eine angemessene Frist eingeräumt worden ist, die ihm insbesondere die Möglichkeit gibt, sich seines Besitzes zu entäussern; dass angemessene Vorkehrungen für die Beförderung des Arbeitnehmers und seiner Familienmitglieder sowie die unerlässlichen Massnahmen getroffen worden sind, um dem Arbeitnehmer und seinen Familienmitgliedern eine menschliche Behandlung zu gewährleisten; d. sich vergewissern, dass die Kosten für die Heimkehr des Arbeitnehmers und seiner Familienmitglieder sowie der Beförderung seines Hausrates bis zum endgültigen Bestimmungsort nicht vom Arbeitnehmer zu tragen sind.

16. Wenn Wanderarbeiter oder deren Familienmitglieder, die die Staatsangehörigkeit ihres Heimatstaates behalten haben, in diesen Staat zurückkehren, sollte dieser diese Personen zu den verschiedenen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege und Arbeitslosenhilfe sowie zu den Massnahmen zur Erleichterung der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zulassen und sie von allen Voraussetzungen bezüglich der Dauer des Aufenthaltes oder der Beschäftigung im Inland oder im Bezirk befreien.

Empfehlung (Nr. 62) betreffend die zwischenstaatliche Zusammenarbeit hinsichtlich der Anwerbung, der Arbeitsvermittlung und der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die zwischenstaatliche Zusammenarbeit hinsichtlich der Anwerbung, der Arbeitsvermittlung und der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter, eine Frage, die zum dritten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1939, die folgende Empfehlung an,
die als Empfehlung betreffend die zwischenstaatliche Zusammenarbeit für Wanderarbeiter von 1939 bezeichnet wird: Die Konferenz hat das Übereinkommen über Wanderarbeiter von 1939 und die Empfehlung über Wanderarbeiter von 1939 angenommen und empfiehlt folgendes :

69 1. Die Mitglieder, zwischen denen die Wanderungsbewegung grösseren Umfang annimmt oder Gruppenwanderungen stattfinden, sollten die Massnahmen zur Durchführung der Bestimmungen des Übereinkommens und der Empfehlung über Wanderarbeiter von 1939 durch den Abschluss zwei- oder mehrseitiger Verträge ergänzen, die zweckmässigerweise je nach den Umständen folgende Fragen regeln könnten: a. die Organisation der Auskunftserteilung an Wanderarbeiter und Austausch von Auskünften zwischen den zuständigen staatlichen Verwaltungsstellen ; fe. Unterdrückung der unerlaubten oder irreführenden Werbung; c. Ausstellung der notwendigen Identitätsbescheinigungen und -ausweise an Wanderarbeiter und Anerkennung der Gültigkeit dieser in einem vertragschliessenden Staat ausgestellten Schriftstücke und abgefassten oder abgeschlossenen Arbeitsverträge in den anderen vertragschliessenden Staaten; d. Verfahren der Anwerbung, Einführung und Arbeitsvermittlung der Wanderarbeiter ; e. Massnahmen, um zu verhüten, dass die Familien der Wanderarbeiter getrennt oder verlassen werden, um die Wiedervereinigung der Familien zu erleichtern und um sicherzustellen, dass der Wanderarbeiter gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den im Heimatstaat verbliebenen Familienmitgliedern nachkommt; /. etwa erforderliche Massnahmen, um den Wanderarbeitern zu gestatten, die erforderlichen Geldbeträge aus dem Auswanderungsstaat auszuführen und ihre Ersparnisse in den Heimatstaat zu überweisen, sowie Umrechnung dieser Beträge und Ersparnisse zu den günstigsten Wechselkursen ; g. Heimschaffung der Wanderarbeiter und ihrer Familien und Art der Deckung der Kosten dieser Heimschaffung; h. Sicherungen, unter denen die Angehörigen eines vertragschliessenden Staates, die in einem anderen vertragschliessenden Staat ihren Wohnsitz haben, für Betriebe in Gebieten angeworben werden können, die sich ausserhalb des Mutterlandes, aber unter der Verwaltung des letztgenannten Staates befinden; i. Zuerkennung der Eentenansprüche der Wanderarbeiter in der Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung, sofern die Wahrung der Ansprüche zwischen den betreffenden Staaten nicht anderweitig geregelt ist.

2. Unabhängig von den in der vorigen Ziffer genannten Verträgen oder in Ergänzung solcher Verträge sollten die Mitglieder zur praktischen Lösung der Fragen
zusammenarbeiten, die sich aus der Eegelung der Anwerbung, der Vermittlung und der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter ergeben und sich insbesondere je nach den Umständen folgender Verfahren bedienen: Bandesblatt.

93. Jahrg.

Bd. I.

6

70 o. Ausarbeitung von Vorlagen für Anträge und Verträge für die Anwerbung und Einführung von Wanderarbeitern; b. Festsetzung und Nachprüfung der Kontingente der Arbeitnehmer aus einem Staat, die während eines Jahres oder einer Jahreszeit in das Gebiet des anderen Staates einreisen dürfen, erforderlichenfalls Aufteilung dieser Kontingente nach Geschlecht, Alter und Beruf; c. Abkommen über ein Verfahren für die Zusammenarbeit bei der Anwerbung und bei der Wahrnehmung der Interessen der Wanderarbeiter; d. regelmässige Tagungen eines aus Vertretern des Auswanderungsstaates und des Einwanderungsstaates zusammengesetzten Ausschusses zur Durchführung oder Anpassung von Vorschlägen oder Massnahmen für Anwerbung, Einführung, Vermittlung, Beschäftigung, Schutz und gegebenenfalls Heimschaffung der Wanderarbeiter und ihrer Familien.

Entwarf eines Übereinkommens (Nr. 67) über die Arbeits- und Ruhezeit im Strassenverkehr.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Eegelung der Arbeits- und Euhezeit der berufsmässigen Führer (und ihrer Gehilfen) von Strassenverkehrsfahrzeugen, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines Entwurfes eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1939, den folgenden Entwurf eines Übereinkommens an, der als Übereinkommen über die Arbeits- und Euhezeit im Strassenverkehr von 1989 bezeichnet wird.

Artikel 1.

1. Dieses Übereinkommen gilt für: a. Personen, denen als Beruf die Führung eines Strassenverkehrsfahrzeuges obliegt; b. Gehilfen und andere Personen, die auf einem Strassenverkehrsfahrzeuge fahren und berufsmässig Arbeiten in Zusammenhang mit dem Fahrzeug, den Eeisenden oder der Fracht verrichten.

2. Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als « Strassenverkehrsfahrzeug» alle Fahrzeuge, gleichviel, ob in öffentlichem oder privatem Besitz, die mechanisch angetrieben werden, einschliesslich Strassenbahnen, Trolleybusse und von mechanisch angetriebenen Fahrzeugen gezogener Anhänger, und dem Personen- oder Gütertransport auf öffentlichen Strassen gegen Entgelt oder für die eigenen Zwecke des das Fahrzeug benutzenden Unternehmens dienen.

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Artikel 2.

Die zuständige Behörde kann vom Geltungsbereiche dieses Übereinkommens ausnehmen: a. Personen, die ausschliesslich zu persönlichen Zwecken benützte Privatfahrzeuge führen oder auf solchen Fahrzeugen fahren; b. Personen, die Fahrzeuge führen oder auf Fahrzeugen fahren, die der Durchführung dienen von: I. Transporten von land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben, sofern diese Transporte mit der Bewirtschaftung solcher Betriebe unmittelbar zusammenhängen und ihr ausschliesslich dienen; II. Transporten kranker oder verletzter Personen durch Krankenhäuser und Heilanstalten; III. Transporten für die Landesverteidigung, den Polizeidienst oder anderen Transporten für öffentliche Verwaltungen, die als hoheitliche Organe tätig werden; IV. Transporten für Bettungszwecke.

Artikel 8.

Die zuständige Behörde kann von der Anwendung aller oder einiger Vorschriften dieses Übereinkommens die Besitzer von Fahrzeugen und ihre Familienmitglieder, die nicht Lohnempfäger sind, oder bestimmte Gruppen solcher Personen ausschliessen, wenn und solange die Behörde: a. sich vergewissert hat, dass dieser Ausschluss nicht: I. die Arbeitsbedingungen der Personen, für die der Ausschluss nicht gilt, einem allzu grossen Wettbewerb aussetzt; II. die Personen, für die dieses Übereinkommen gilt, einer allzu grossen Unfallgefahr aussetzt oder die öffentliche Sicherheit gefährdet; b. sich vergewissert hat, dass mit Eücksicht auf die Verhältnisse in dem in Betracht kommenden Staate die Anwendung der gegenständlichen Vorschriften auf die Personen, deren Ausschluss vorgeschlagen wird, undurchführbar ist.

Artikel 4.

Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als: a. «Arbeitszeit» die Zeit, während der die in Betracht kommenden Personen zur Verfügung des Arbeitgebers oder anderer Personen stehen, die ihre Dienste in Anspruch nehmen können, oder während der die Eigentümer der Fahrzeuge oder ihre Familienangehörigen für eigene Eechnung Arbeiten in Zusammenhang mit einem Strassenverkehrsfahrzeug, den Eeisenden oder der Fracht verrichten; diese Zeit umfasst: I. die Zeit der Beschäftigung während der Fahrzeit des Fahrzeuges; II. die Zeit der Hilfsarbeiten; III. die Zeiten der Arbeitsbereitschaft;

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IV. die Kuhepausen und Arbeitsunterbrechungen, wenn sie eine von der zuständigen Behörde festzusetzende Dauer nicht überschreiten; 6. «Fahrzeit des Fahrzeuges» die Zeit zwischen der Abfahrt des Fahrzeuges zu Beginn des Arbeitstages und dem Anhalten des Fahrzeuges am Ende des Arbeitstages, ausschliesslich der Zeiten der Fahrtunterbrechungen, die eine von der zuständigen Behörde festzusetzende Dauer überschreiten und während der die Fahrzeugführer oder die auf dem Fahrzeuge fahrenden Personen über ihre Zeit frei verfügen können oder Hilfsarbeiten verrichten ; c. «Hilfsarbeiten» die Arbeiten in Zusammenhang mit dem Fahrzeug, den Eeisenden oder der Fracht, die ausserhalb der Fahrzeit des Fahrzeuges verrichtet werden und besonders umfassen: I. Arbeiten in Zusammenhang mit der Abrechnung, der Kassenübergabe, der An- und Abmeldung, der Einhändigung von Dienstzetteln, der Fahrscheinkontrolle und andere ähnliche Arbeiten; II. die Übernahme und Einstellung des Fahrzeuges; III. den Weg von der Stelle, an der sich der Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn anmeldet, bis zur Stelle, an der er das Fahrzeug übernimmt, und den Weg von der Stelle, an der er das Fahrzeug verlässt, bis zur Stelle, an der er sich am Arbeitsende abmeldet; IV. Arbeiten in Zusammenhang mit der Instandhaltung und Ausbesserung des Fahrzeuges; V. das Beladen und Entladen des Fahrzeuges; d. «Zeiten der Arbeitsbereitschaft» die Zeiten, während deren eine Person nur auf ihrem Posten bleibt, um im Bedarfsfalle zur Verfügung zu stehen oder um ihre Tätigkeit zu der fahrplanmässig festgesetzten Zeit wieder aufzunehmen.

Artikel 5.

1. Die Arbeitszeit der Personen, für die dieses Übereinkommen gilt, darf 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.

2. Die zuständige Behörde kann längere wöchentliche Arbeitszeiten für Personen zulassen, die gewöhnlich und in grossem Umfang Hilfsarbeiten verrichten oder deren Arbeit häufig durch Zeiten der Arbeitsbereitschaft unterbrochen wird.

Artikel 6.

1. Die zuständige Behörde kann die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit nach einer Durchschnittsdauer zulassen.

2. Lässt die zuständige Behörde die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit nach einer Durchschnittsdauer zu, so hat sie die Zahl der Wochen, die der Berechnung dieser Durchschnittsdauer zugrunde zu legen sind, und die wöchentliche Höchstzahl der Arbeitsstunden festzusetzen.

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Artikel 7.

1. Die Arbeitszeit der Personen, für die dieses Übereinkommen gilt, darf acht Stunden täglich nicht überschreiten.

2. Beträgt nach Gesetz, Gewohnheit oder Vereinbarung zwischen den beteiligten Berufsverbänden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (oder, in Ermangelung solcher Verbände, zwischen Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer) die Arbeitszeit an einem oder mehreren Tagen der Woche weniger als acht Stunden, so kann durch Verfügung der zuständigen Behörde oder durch Vereinbarung zwischen den genannten Verbänden oder Vertretern der Beteiligten eine Überschreitung der achtstündigen Arbeitszeit an den übrigen Tagen der Woche zugelassen werden. Diese Überschreitung darf indessen niemals mehr als eine Stunde täglich betragen.

8. Die zuständige Behörde kann höhere Grenzen der täglichen Arbeitszeit zulassen: a. für Personen, deren Arbeitszeit gemäss Artikel 5, Absatz l, 48 Stunden wöchentlich oder gemäss Artikel 6 durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich nicht überschreitet; b. für Personen, die gewöhnlich und in grossem Umfang Hilfsarbeiten verrichten oder deren Arbeit häufig durch Zeiten der Arbeitsbereitschaft unterbrochen wird.

Artikel 8.

Die zuständige Behörde hat die Höchstzahl der Stunden, die zwischen Beginn und Ende des Arbeitstages liegen können, festzusetzen.

Artikel 9.

1. Die zuständige Behörde kann die Nachholung von Arbeitsstunden, die infolge zufälliger Ereignisse ausgefallen sind, innerhalb bestimmter Fristen zulassen.

2. Die zuständige Behörde kann die Überschreitung der in den vorigen Artikeln zugelassenen Arbeitszeitgrenzen gestatten, wenn die Vorschriften dieses Artikels angewendet werden.

Artikel 10.

Die zuständige Behörde kann die Überschreitung der in den vorigen Artikeln zugelassenen Arbeitszeitgrenzen in bestimmtem Ausmasse gestatten, wenn sie sich vergewissert hat, dass es an den erforderlichen gelernten Arbeitskräften mangelt.

Artikel 11.

1. Dieser Artikel gilt: a. bei Unfällen, Pannen, unvorhergesehenen Verspätungen, Betriebsstörungen, Verkehrsunterbrechungen oder in Fällen höherer Gewalt;

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b. bei unvorhergesehenem Ausbleiben einer Person, deren Dienste erforderlich sind und deren Ersatz unmöglich ist; c. bei Eettungs- und Hilfsmassnahmen in Fällen von Erdbeben, Überschwemmungen, Bränden, Seuchen oder in anderen Notstands- und Unglücksfällen; d. bei dringend und ausnahmsweise sich ergebender Notwendigkeit der Aufrechterhaltung gemeinnütziger Betriebe.

2. In den Fällen, in denen dieser Artikel gilt, können: a. die in den vorigen Artikeln zugelassenen Arbeitszeitgrenzen überschritten, b. die in Artikel 14 vorgeschriebene Dauer von fünf Stunden verlängert und c. die in den Artikeln 15 und 16 vorgeschriebenen Euhezeiten verkürzt werden, aber nur soweit dies zur Verrichtung der erforderlichen Arbeiten notwendig ist.

8. Der Arbeitgeber oder der Eigentümer des Fahrzeuges hat der zuständigen Behörde in der von dieser festgesetzten Frist und Weise die gemäss diesem Artikel geleistete Arbeitszeit unter Angabe der Gründe bekanntzugeben.

Artikel 12.

1. Die nach den vorigen Artikeln zugelassenen Arbeitszeitgrenzen können, soweit dies zur Verrichtung der erforderlichen Arbeiten notwendig ist, überschritten werden, um aussergewöhnlichen Anforderungen zu entsprechen hinsichtlich : a. der Beförderung von Eeisenden und ihres Gepäcks durch Hotels zwischen diesen und dem Bahnhof oder dem Hafen bei der Ankunft oder Abreise; b. der Beförderung durch Bestattungsunternehmungen.

2. Die zuständige Behörde hat die Voraussetzungen festzusetzen, unter denen der vorige Absatz Anwendung findet.

Artikel 13.

1. Die zuständige Behörde kann die Überschreitung der in den vorigen Artikeln zugelassenen Arbeitszeitgrenzen durch Überstunden in Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Artikels gestatten.

2. Die zuständige Behörde kann die Erlaubnis zur Leistung von Überstunden gemäss Verordnungen erteilen, die bestimmen müssen: a. das Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis; b. den Mindestsatz des Überstundenzuschlages, der wenigstens 25 v. H.

des Normallohnes betragen muss; c. die Höchstzahl der Stunden, für die die Erlaubnis erteilt werden kann, die aber keinesfalls überschreiten darf: I. 75 Stunden im Jahr, wenn die wöchentliche Arbeitszeit nach einer Durchschnittsdauer von mehr als einer Woche berechnet wird, oder II. 100 Stunden im Jahr, wenn die Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit streng auf jede Woche angewendet wird. ,

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8. In Staaten, die den Betrieben nicht eine im voraus bestimmte Zahl von Überstunden jährlich zur Verfügung zu stellen wünschen, kann die zuständige Behörde die Überschreitung der- nach den vorigen Artikeln zugelassenen Arbeitszeitgrenzen unter der Voraussetzung gestatten, dass für jede nach diesem Absätze geleistete Überstunde ein Zuschlag von mindestens 50 v. H. des Normallohnes gewährt wird.

Artikel 14.

1. Kein Fahrzeugführer darf länger als fünf Stunden ununterbrochen Dienst am Lenkrad verrichten.

2. Im Sinne des vorigen Absatzes gelten als ununterbrochener Dienst zwei Zeitabschnitte, die nicht durch eine Pause getrennt sind, deren Dauer von der zuständigen Behörde festzusetzen ist.

8. Die zuständige Behörde kann von der Anwendung des Absatzes l Fahrzeugführer ausnehmen, denen angemessene Pausen durch fahrplanmässig vorgesehene oder der Natur ihrer Arbeit entsprechende Unterbrechungen zustehen.

Artikel 15.

1. Jeder Person, für die dieses Übereinkommen gilt, ist jeweils innerhalb von vierundzwanzig Stunden eine Euhezeit von mindestens zwölf aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren.

2. Die zuständige Behörde kann eine Verkürzung der Buhezeit im Sinne des Absatzes l für gewisse Dienstleistungen gestatten, die in grossem Umfang Buhepausen umfassen.

8. Die zuständige Behörde kann eine Verkürzung der Euhezeit während einer bestimmten Zahl von Tagen in der Woche unter der Voraussetzung gestatten, dass die nach dem Durchschnitt einer Woche berechnete Dauer der Buhezeit wenigstens die Mindestdauer gemäss Absatz l beträgt.

Artikel 16.

1. Jeder Person, für die dieses Übereinkommen gilt, ist jeweils innerhalb eines Zeitraumes von sieben Tagen eine Buhezeit von mindestens dreissig aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren, von denen mindestens zweiundzwanzig auf denselben Kalendertag fallen müssen.

2. Die zuständige Behörde kann gestatten, dass an die Stelle einer Buhezeit innerhalb eines Zeitraumes von sieben Tagen mehrere, den Erfordernissen des Absatzes l entsprechende Buhezeiten innerhalb eines Zeitraumes von mehreren Wochen unter der Voraussetzung gewährt werden, dass die Zahl der Buhezeiten der Zahl der Wochen, auf die diese Buhezeiten aufgeteilt werden, mindestens gleich ist und dass der Zeitraum zwischen zwei Buhezeiten höchstens zehn Tage beträgt.

Artikel 17.

Die von der zuständigen Behörde auf Grund der nachstehend angeführten Vorschriften dieses Übereinkommens_zu treffenden^Entscheidungen sind nach

76

Anhörung der beteiligten Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu fällen, sofern solche bestehen: Artikel 2; 8; 4, a und b; 5, Absatz 2; 6; 7, Absätze 2 und 3; 8; 9;

Artikel 10; 11, Absatz 8; 12, Absatz 2; 18; 14, Absätze 2 und 8; 15, Absätze 2 und 8; 16, Absatz 2; 18.

Artikel 18.

1. Zur wirksamen Durchführung der Vorschriften dieses Übereinkommens hat die zuständige Behörde eine Aufsicht durch Arbeitsaufsichtsbeamte, Polizei, Verkehrsorgane oder andere geeignete Verwaltungsstellen sowohl in den Garagen, Depots und in anderen Käumlichkeiten als auch auf den Strassen einzurichten.

2. Jeder Arbeitgeber hat in einer von der zuständigen Behörde genehmigten Form ein Verzeichnis über die Arbeitsstunden und Euhezeiten der von ihm beschäftigten Personen zu führen. Dieses Verzeichnis ist unter den von der zuständigen Behörde festgesetzten Voraussetzungen zur Verfügung der Arbeitsbehörden zu halten.

8. Die zuständige Behörde hat das Muster für ein Kontrollheft und die Voraussetzungen für dessen Ausstellung an jede Person zu regeln, für die dieses Übereinkommen gilt; diese Personen müssen das Heft während der Arbeit mit sich führen; in das Heft sind in der von der zuständigen Behörde vorgeschriebenen Weise Angaben über die Arbeits- und Euhezeiten einzutragen.

Artikel 19.

1. Die Vorschriften dieses Übereinkommens können von der zuständigen Behörde, jedoch nur für den unerlässlich notwendigen Zeitraum ausser Kraft gesetzt werden, um gebieterischen Erfordernissen der Landessicherheit zu genügen.

2. Das Internationale Arbeitsamt ist unverzüglich zu benachrichtigen: a. von jeder Ausserkraftsetzung der Vorschriften dieses Übereinkommens, unter Angabe der Gründe dafür; b. von dem Zeitpunkt der Aufhebung dieser Ausserkraftsetzung.

Artikel 20.

Die Jahresberichte der Mitglieder über die Durchführung dieses Übereinkommens, die auf Grund des Artikels 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen sind, haben insbesondere über folgende Punkte vollständige Angaben zu enthalten:

77 o. die Entscheidungen nach Artikel 2; b. die Entscheidungen nach Artikel 8, unter Angabe der Gründe, die es der zuständigen Behörde gestatten, sich zu vergewissern, dass diese Entscheidungen gerechtfertigt waren; o. die Beanspruchung des Artikels 5, Absatz 2; d. die Beanspruchung der Bestimmungen des Artikels 6; e. die Beanspruchung der Bestimmungen des Artikels 7, Absätze 2 und 8; /. die Bestimmungen nach Artikel 8; g. die Umstände, unter denen von den Bestimmungen der Artikel 10 und 18 Gebrauch gemacht wurde, und der in ihrer Durchführung ergangenen Verordnungen.

Artikel 21.

Soweit kraft Gesetz, Entscheidung, Gewohnheit oder Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern günstigere Bedingungen für die Arbeitnehmer gelten, als in diesem Übereinkommen vorgesehen sind, werden diese gemäss Artikel 19, Absatz 11, der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation durch die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht berührt.

Artikel 22.

Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generalsekretär des Völkerbundes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 28.

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generalsekretär eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft ein Jahr, nachdem die Eatifikationen zweier Mitglieder durch den Generalsekretär eingetragen worden sind.

8. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied ein Jahr nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Artikel 24.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generalsekretär des Völkerbundes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Ein tragung, ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absätze genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrechte keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren

78

gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 25.

1. Der Generalsekretär des Völkerbundes gibt dem Direktor des Internationalen Arbeitsamtes und sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Katifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generalsekretär wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Eatifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, an dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 26.

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens jeweils bei Ablauf eines Zeitraumes von zehn . Jahren der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und darüber zu entscheiden, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 27.

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorJiegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen: a. Die Eatifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich, ohne Eücksicht auf Artikel 24. Voraussetzung ist dabei, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b. Vom Inkrafttreten des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 28.

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

Empfehlung (Nr. 63) betreffend die Kontrollierte im Strassenverkehr.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen

79

·wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Kontrollhefte im Strassenverkehr, eine Frage, die zum vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1939, folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Kontrollhefte im Strassenverkehr von 1939 bezeichnet wird: 1. Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation sollte ein Muster für ein Kontrollheft ausarbeiten, das die Überwachung der Dauer der Arbeitsund Buhezeit der Personen gestattet, für die das Übereinkommen über die Arbeits- und Euhezeit im Strassenverkehr von 1939 gilt.

2. Das Kontrollheft sollte Spalten enthalten für: a. die Zeit des Beginnes und des Endes des Arbeitstages; b. die Arbeitszeit während der Fahrzeit des Fahrzeuges; c. die Zeit der Hilfsarbeiten; d. die Zeiten der Arbeitsbereitschaft; e. die Dauer der Euhepausen und Arbeitsunterbrechungen, während deren die Fahrzeugführer und ihre Gehilfen über ihre Zeit frei verfügen können ; /. die Dauer des ununterbrochenen Dienstes am Lenkrad; g. die wöchentlichen Buhezeiten; h. die etwaigen Verlängerungen der Arbeitszeit über die gewöhnlichen Arbeitszeitgrenzen hinaus und die Umstände, unter denen diese Verlängerungen vorgenommen worden sind.

8. Die zuständige Behörde sollte die Voraussetzungen für die Ausstellung der Kontrollhefte festsetzen.

4. 1) Der Fahrzeugführer und der Gehilfe oder der Arbeitgeber sollten verpflichtet sein, täglich die vorgesehenen Eintragungen in den verschiedenen Spalten des Kontrollheftes vorzunehmen.

2) Für Verkehrsarten, für die Angaben zu den Punkten b, e, e und / des Absatzes 2 praktisch unmöglich sind, könnte die Eintragung von Angaben nur für die unter a, b, g und h erwähnten Spalten vorgeschrieben werden.

3) Für Verkehrsarten mit festem Fahrplan könnten die eingehenden Angaben zu den Punkten a bis / des Absatzes 2 durch Hinweis auf den Fahrplan ersetzt werden, nach dem die Fahrzeugführer und ihre Gehilfen arbeiten.

5. 1) Die Fahrzeugführer und ihre Gehilfen sollten verpflichtet sein, ihr Kontrollheft während der Arbeit immer mit sich zu führen und es auf Verlangen den mit der Aufsicht beauftragten Organen vorzuweisen.
2) Während der Buhetage der Fahrzeugführer oder ihrer Gehilfen sollte das Kontrollheft in der Garage bleiben und dort den mit der Aufsicht beauftragten Organen zur Verfügung stehen.

80

Empfehlung (Nr. 64) betreffend die Regelung der Nachtarbeit im Strassenverkehr.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Eegelung der Nachtarbeit im Strassenverkehr, eine Frage, die zum vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt, heute, am 28. Juni 1939, folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Nachtarbeit im Strassenverkehr von 1939 bezeichnet wird: Die Konferenz ist sich bewusst, dass bei gewissen Arten des Personenund Warentransportes auf Strassen der Nachtverkehr unerlässlich ist.

Sie geht davon aus, dass zur Gewährung des unerlässlichen sozialpolitischen Schutzes an die Arbeitnehmer des Strassenverkehrs und zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf den Strassen eine Eegelung der Arbeitsbedingungen in diesem Nachtverkehr angebracht ist.

Die Konferenz empfiehlt deshalb jedem Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation die Anwendung folgender Grundsätze bei der Eegelung der Nachtarbeit des Strassen Verkehrspersonals: 1. In jedem Staate sollte die zuständige Behörde: a. die Arten der Transporte festsetzen, für die sie die regelmässige Verrichtung von Nachtarbeit gestattet; b. bestimmen, worin Nachtarbeit besteht.

2. Wenn die Nachtarbeit turnusweise erfolgt, sollte die Zahl der Nachtschichten, die von jedem Arbeitnehmer während des Zeitraumes eines Schichtwechsels geleistet werden, nicht höher sein als die Zahl der während des gleichen Zeitraumes geleisteten Tagesschichten.

Empfehlung (Nr. 65) betreffend die Verfahren der Regelung der Arbeitszeit im Strassenverkehr.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1939 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Verfahren der Eegelung der Arbeitszeit im Strassenverkehr, eine Frage, die zum vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

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Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1989, folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Verfahren der Eegelung der Arbeitszeit im Strassenverkehr von 1989 bezeichnet wird: Die Konferenz ist sich bewusst, dass in vielen Staaten das System von Einrichtungen zum Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen sich bei der Eegelung der Arbeitsbedingungen bewährt hat.

Die Konferenz geht davon aus, dass dieses System in einem gewissen Ausmass auch zur Eegelung der Arbeitszeit im Strassenverkehr verwendet wird und gute Ergebnisse gezeitigt hat.

Die Konferenz empfiehlt: Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation sollte bei den erforderlichen Massnahmen zur Entwicklung der wirksamen Eegelung der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit der Personen, für die das Übereinkommen über die Arbeits- und Buhezeit im Strassenverkehr von 1989 gilt, folgende Verfahren erwägen : a. tatkräftige Unterstützung der paritätischen Einrichtungen zum Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen zwischen Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer; oder in deren Ermangelung b. Bildung einer Einrichtung durch Gesetz, die unter Befragung der erwähnten Verbände tätig wird.

Empfehlung (Nr. 66) betreffend die Ruhezeiten der Führer von Privatfahrzeugen.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 8. Juni 1989 zu ihrer fünfundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Buhezeiten der Führer von Privatfahrzeugen, eine Frage, die zum vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und hat dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 28. Juni 1989, folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Euhezeiten der Führer von Privatfahrzeugen von 1989 bezeichnet wird: Die Konferenz stellt fest, dass das Übereinkommen über die Arbeits- und Buhezeit im Strassenverkehr von 1989 die zuständige Behörde jedes Staates ermächtigt, vom Geltungsbereiche des Übereinkommens Personen auszunehmen, die ausschliesslich zu persönlichen Zwecken benützte Privatfahrzeuge führen oder auf solchen Fahrzeugen fahren.

Die Konferenz geht davon aus, dass die Anwendung dieser Ermächtigung durch die zuständige Behörde nicht zur Folge haben sollte, den berufsmässigen

82 Führern von Privatfahrzeugen die Buhezeit vorzuenthalten, auf die sie denselben Anspruch haben wie die Personen, die nicht vom Übereinkommen ausgenommen werden können.

Die Konferenz ist der Auffassung, dass es aus Erwägungen der Sicherheit im Strassenverkehr notwendig ist, die berufsmässigen Führer von Privatfahrzeugen Bestimmungen über die Ruhezeit zu unterwerfen.

Die Konferenz empfiehlt jedem Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, Verordnungen zu erlassen, die auf die berufsmässigen Führer von Privatfahrzeugen, die ausschliesslich zu persönlichen Zwecken benützt werden, anwendbar sind und diesen Führern tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten gewähren.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die 25. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz. (Vom 14. Januar 1941.)

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