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Bundesratsfoescliluss über

die Genehmigung einer Vereinbarung im Sinne von Art. 20 des Bundesratsbeschlusses über Warenhäuser und Filialgeschäfte.

(Vom 15. August 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 20 des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezember 1944 über Warenhäuser und Filialgeschäfte, beschliesst :

Art. 1.

Die im Anhang wiedergegeben© Vereinbarung vom 31. Juli 1945 zwischen dem Schweizerischen Gewerbeverband und dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen betreffend die Durchführung des Bewilligungsverfahrens über die Eröffnung und Erweiterung von Filialgeschäften wird, mit Ausnahme der Bestimmung von Ziffer 19, Abs. 2, genehmigt.

Art. 2.

Das in der Vereinbarung vom 31. Juli 1945 festgesetzte Verfahren findet Anwendung : a. auf die offenen und verschleierten Filialgeschäfte von Grossunternehmungen des Lebensmittel-, Schuh-, Textil- und Möbeldetailhandels im Sinne von Art. 3 des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezember 1944, ausgenommen die Filialgeschäfte von Genossenschaften und Genossenschaftsverbänden, die schon vor dem 1. Oktober 1944 derartige Detailverkaufsstellen geführt haben; 6. auf die offenen und verschleierten Ladengeschäfte industrieller Unternehmungen der Lebensmittel-, Schuh-, Textil- und Möbelbranche.

Wenn der Gesuchsteller nicht Mitglied des Verbandes schweizerischer Filialunternehmungen ist, gilt an Stelle der entsprechenden Bestimmungen der Vereinbarung folgende Begelung:

941 a. Der Obmann hat dem Gesuchsteller spätestens zehn Tage vor den Verhandlungen die vorgesehene Zusammensetzung der Schiedsstelle bekanntzugeben. Binnen fünf Tagen nach Empfang dieser Mitteilung kann der Gesuehsteller an Stelle einzelner oder sämtlicher Vertreter und Ersatzleute des Verbandes schweizerischer Filialunternehmungen ebenso viele eigene Vertrauensleute bezeichnen.

b. Der Gesuchsteller hat die Entschädigungen für die von ihm selbst oder vom Verband schweizerischer Filialunternehmungen gestellten Vertrauensleute sowie die Hälfte der Vergütungen an den Obmann und der durch die Protokollführung und die Sekretariatsarbeiten entstandenen Kosten zu bezahlen.

Art. 8.

Die Vereinbarung tritt nach Massgabe von Art. 2 an die Stelle derjenigen Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezember 1944 über Warenhäuser und Filialgeschäfte, die das Bewilligungs- und das Beschwerdeverfahren betreffen.

Art. 13 des Bundesratsbeschlusses und Art. 6 bis 8 der Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 29. Dezember 1944 bleiben vorbehalten.

Art. 4.

Dieser Beschluss tritt am 1. September 1945 in Kraft.

Die beim Inkrafttreten der Vereinbarung anhängigen Gesuche und Beschwerden werden im behördlichen Verfahren erledigt.

Bern, 15. August 1945.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Für den Bundeepräsidenten :

Etter.

Der Bundeskanzler: Leimgrufoer.

Anhang '.

Vereinbarung vom 31. Juli 1945.

942 Anhang.

Vereinbarung zwischen dem

Schweizerischen Gewerbeverband, Bern und dem

Verband schweizerischer Filialunternehmungen, Zürich.

(Vom 31. Juli 1945.)

-

In Anwendung von Art. 20 des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezember 1944 über die Eröffnung und Erweiterung von Warenhäusern, Kaufhäusern, -Einheitspreisgescliäften und Filialgeschäften (nachstehend Bundesratsbeschluss genannt), im Bestreben, die Organisation des Detailhandels zu fördern, dessen Leistungsfähigkeit im Interesse der Konsumenten und der schweizerischen Volkswirtschaft zu steigern, in grundsätzlicher Anerkennung der rechtlichen Gleichstellung aller Betriebsarten, Unternehmungs- und Rechtsformen des Detailhandels, ist zwischen dem Schweizerischen Gewerbeverband und dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen heute folgendes vereinbart worden: I. Allgemeine Grundsätze.

.. Ziff. l.

Die Vertragsparteien unterziehen sich für die Eröffnung neuer und die Erweiterung oder Verlegung bestehender Filialgeschäfte, soweit der Bundesratsbeschluss Anwendung findet, dem in dieser Vereinbarung festgesetzten Verfahren.

Ziff. 2.

Das vereinbarte Verfahren ersetzt das Bewilligungs- und Beschwerdeverfahren vor den kantonalen und eidgenössischen Behörden. Es gliedert sich in a. Vorverfahren (Ziff. 8--11); 6. Einigungsverfahren vor den Einigungsstellen (Ziff. 12--14); c. Hauptverfahren vor der Schiedsstelle (Ziff. 15--18).

II. Organisation.

Ziff. 3.

Die Einigungsstellen werden nach Bedarf gemäss Ziff. 12 gebildet. Im Einzelfall besteht die Einigungsstelle aus je drei Vertrauensleuten der vom Schweizerischen Gewerbeverband als zuständig bezeichneten kantonalen Organisation und des gesuchstellenden Filialunternehmens. Sie konstituiert sich selbst. Soweit es die Vertrauensleute als notwendig erachten, können sie eine unbeteiligte Person zur Leitung der Verhandlungen beiziehen.

943 Ziff. 4.

Die Schiedsstelle besteht aus je drei Vertretern des Schweizerischen Gewerbeverbandes und des Verbandes schweizerischer Filialunternehmungen, der gleichen Zahl Ersatzleute und einem unbeteiligten ständigen Obmann.

Ziff. 5.

Die Mitglieder der Schiedsstelle und die Ersatzleute werden von den Verbänden für die Dauer dieser Vereinbarung selbständig gewählt.

Der unbeteiligte ständige Obmann wird für die gleiche Dauer von den Verbänden gemeinsam und, wenn sie sich über seine Person nicht einigen können, vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement bezeichnet.

Ziff. 6.

Die Schiedsstelle zieht eitlen Protokollführer bei, der über die Verhandlungen Protokoll führt und die Sekretariatsarbeiten besorgt. Als solcher kann ein Sekretär des einen oder anderen vertragsschliessenden Verbandes oder eine unbeteiligte Person bezeichnet werden.

Ziff. 7.

Die Mitglieder und Ersatzleute werden, soweit sich eine Entschädigung als nötig erweist, für ihre Tätigkeit von demjenigen Verband entschädigt, der sie gewählt hat.

Die an den Obmann auszurichtenden Vergütungen, die Entschädigungen für die Protokollführung und die Sekretariatsarbeiten sowie die weiteren Ausgaben der Schiedsstelle werden von den Verbänden je zur Hälfte übernommen.

III. Vorverfahren.

Ziff. 8.

Beabsichtigt ein Filialunternehmen, eine zufolge des Bundesratsbeschlusses bewilligungspfhchtige Vorkehr zu treffen, so hat es ein schriftliches Gesuch an die vom Schweizerischen Gewerbeverband als zuständig bezeichnete kantonale Organisation zu richten und gleichzeitig je eine Abschrift des Gesuches direkt an den Obmann der Schiedsstelle, an den Schweizerischen Gewerbeverband und an den Verband schweizerischer Filialunternehmungen zuzustellen.

Ziff. 9.

Die zuständige kantonale Organisation hat sofort nach Eingang eines solchen Gesuches, unter Mitteilung an den Gesuchsteller und an den Obmann der Schiedsstelle, die mitmteressierten Verbände des Detailhandels und Handwerkes zur Stellungnahme innert 15 Tagen aufzufordern.

Ziff. 10.

Wenn die zuständige kantonale Organisation gegen das Gesuch Einsprache erheben will, so hat sie dies dem Gesuchsteller und dem Obmann der Schiedsstelle innert 5 Tagen seit Ablauf der gemäss Ziff. 9 angesetzten Vernehmlassungsfrist schriftlich mitzuteilen.

Erfolgt keine Einsprache, so fordert der Obmann der
Schiedsstelle den Schweizerischen Gewerbeverband und den Verband schweizerischer Filialunternehmungen, unter Mitteilung an den Gesuchsteller, zur Stellungnahme innert weiteren 15 Tagen auf.

944 Ziff. 11.

Erfolgt auch von Seiten des Schweizerischen Gewerbeverbandes oder des Verbandes schweizerischer Filialuntemehmungen keine Einsprache, so gilt das Gesuch als endgültig genehmigt.

Der Obmann der Schiedsstelle teilt dies dem Gesuchsteller, dem Schweizerischen Gewerbeverband, dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen, der in Betracht fallenden Kantonsregierung und dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit ohne Verzug schriftlich mit.

Nach Empfang dieser Mitteilung ist der Gesuchsteller ohne weiteres zur Vornahme der nachgesuchten Vorkehr berechtigt.

IV. Einigungsverfahren.

Ziff. 12.

Wenn die zuständige kantonale Organisation, der Schweizerische Gewerbeverband oder der Verband schweizerischer Füialunternehmungen Einsprache erheben wollen, so haben sie dies dem Gesuchsteller und orientierungshalber dem. Obmann der Schiedsstelle innert 5 Tagen seit Ablauf der gemäss Ziff. 9 oder Ziff. 10, Abs. 2, angesetzten Vernehmlassungsfrist schriftlich mitzuteilen.

Gleichzeitig haben sie dem Gesuchsteller ihre Vertrauensleute für die Einigungsstelle bekanntzugeben und ihn einzuladen, binnen 10 Tagen ebenfalls seine Vertrauensleute zu ernennen.

Ziff. 13.

Die Vertrauensleute treten spätestens innert 15 Tagen zur Behandlung des Gesuches und der Einsprache zusammen. Beschlüsse werden mit dem einfachen. Mehr der Vertrauensleute gefasst.

Über die Verhandlungen ist Protokoll zu fuhren. Das Protokoll ist von sämtlichen Vertrauensleuten und gegebenenfalls von dem zugezogenen Leiter der Verhandlungen zu unterzeichnen.

Ziff. 14.

Das Ergebnis der Verhandlungen ist dem Gesuchsteller, dem Schweizerischen Gewerbeverband, dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen, dem Obrnarin der Schiedsstelle, der in Betracht fallenden Kantonsregierung und dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit schriftlich zu eröffnen.

Innert 15 Tagen seit dieser Eröffnung können der Gesuchsteller, der Schweizerische Gewerbeverband oder der Verband schweizerischer Filialunternehmungen nach den Vorschriften von Ziff. 15 die Durchführung des Hauptverfahrens verlangen. Wird ein solches Begehren nicht gestellt, so wird der Beschluss der Einigungsstelle rechtskräftig.

Der Gesuchsteller darf von einem Beschluss der Einigungsstelle erst Gebrauch machen, wenn der Obmann der Schiedsstelle ihm mitgeteilt hat, dass der Beschluss rechtskräftig geworden ist.

V. Hauptverfahren.

Ziff. 15.

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.

Die Durchführung des Hauptverfahrens kann nur binnen 15 Tagen nach der Eröffnung des Beschlusses der Einigungsstelle anbegehrt werden.

945 Das Begehren ist schriftlich und einlässlich begründet unter Vorlage oder Anrufung der Beweismittel beim Obmann der Schiedsstelle einzureichen.

Nach Eingang eines solchen Begehrens beruft der Obmann innert kürzester Frist die Schiedsstelle ein.

Ziff. 16.

Die Schiedsstelle entscheidet auf Grund der geltenden Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses über die ihr nach Durchführung des Vorverfahrens und des Einigungsverfahrens unterbreiteten Gesuche.

Ziff. 17.

Die Schiedsstelle fasst ihre Beschlüsse mit einfachem Mehr. Bei Stimmengleichheit steht dem Obmann der Stichentscheid zu.

Über die Verhandlungen der Schiedsstelle ist Protokoll zu führen. Das Protokoll ist vom Obmann und den mitwirkenden Mitgliedern oder Ersatzleuten der Schiedsstelle sowie vom Protokollführer zu unterzeichnen.

Ziff. 18.

Der Entscheid der Schiedsstelle ist dem Gesuchsteller, dem Schweizerischen Gewerbeverband, dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen, der Einigungsstelle, der in Betracht fallenden Kantonsregierung und dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit schriftlich zu eröffnen. Er wird mit der Eröffnung rechtskräftig.

Dem Gesuchsteller, dem Schweizerischen Gewerbeverband und dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen ist gleichzeitig eine Abschrift des Verhandlungsprotokolls zuzustellen.

VI. Schlussbestimmungen.

Ziff. 19.

Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Genehmigung durch den Bundesrat in Kraft und gilt für die Dauer des Bundesratsbeschlusses, (Abs. 2 von der Genehmigung ausgenommen.)

Bern und Zürich, den 31. Juli 1945.

Für den Schweizerischen Gewerbeverband: Der Präsident: Der Sekretär: Gysler.

Dr. Blanc.

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Für den Verband schweizerischer Filialunternehmungen: Der Präsident: Dr. Max Bucher.

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Bundesratsbeschluss über die Genehmigung einer Vereinbarung im Sinne von Art. 20 des Bundesratsbeschlusses über Warenhäuser und Filialgeschäfte. (Vom 15. August 1945.)

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16.08.1945

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