Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Hans Fehr 10.3857 vom 1. Oktober 2010 Konsequenzen des Schengen-Anpassungszwangs vom 7. Juni 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren In Erfüllung des Postulats Hans Fehr vom 1. Oktober 2010 (10.3857 Konsequenzen des Schengen-Anpassungszwangs) unterbreiten wir Ihnen den vorliegenden Bericht zur Kenntnisnahme.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2010

P

10.3857

Konsequenzen des Schengen-Anpassungszwangs (N 9.6.11, Fehr Hans)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

7. Juni 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1092

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Übersicht Die Auswirkungen der Zusammenarbeit von Schengen auf die Schweiz sind seit der Genehmigung des Schengen-Assoziierungsabkommens in der Volksabstimmung vom 5. Juni 2005 in regelmässigen Abständen Gegenstand von Unsicherheiten und Fragen gewesen. Hiervon zeugen auch die parlamentarischen Vorstösse, die bis heute im Zusammenhang mit Schengen eingereicht worden sind. Das damit sichtbar werdende Informationsbedürfnis dürfte zu einem Teil daraus erwachsen, dass die Schweiz mit der Assoziierung an Schengen/Dublin gewissermassen institutionelles Neuland beschritten hat. Dies ohne den eingeschlagenen Pfad der bilateralen Zusammenarbeit mit der EU zu verlassen.

Bundesrat und Verwaltung sind stets bemüht, das Parlament regelmässig, offen und transparent über den Stand und die Entwicklungen im Dossier Schengen/Dublin zu informieren. In diesem Sinne legt der Bundesrat auch den vorliegenden Bericht in Erfüllung des Postulats Hans Fehr (10.3857; Konsequenzen des SchengenAnpassungszwangs) vor, der auf der bisherigen Information und Berichterstattung zuhanden des Parlaments aufbaut und diese ergänzt. Das Postulat hat folgenden Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, möglichst bald einen detaillierten Bericht vorzulegen, 1.

der sämtliche Anpassungsschritte auflistet, welche das Schweizer Recht seit der Übernahme von «Schengen» im Zug der Erweiterung des SchengenBesitzstandes erfahren hat;

2.

der die betroffenen Gesetze und Verordnungen genau benennt;

3.

der die Auswirkungen auf die Kantonshoheit (Föderalismus) beleuchtet;

4.

der die jeweiligen Konsequenzen für unsere Sicherheit und für unsere Volksrechte aufzeigt und die entsprechenden Kosten möglichst genau beziffert.»

Der Aufbau des vorliegenden Berichts orientiert sich an diesem Auftrag: Ausgehend von einer kurzen Darstellung der institutionellen Mechanismen zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wird versucht, ein zusammenfassendes Bild der Auswirkungen zu zeichnen, welche die Übernahme der Schengen-Weiterentwicklungen unter den vom Postulat genannten Aspekten für die Schweiz hatte und hat. Zu diesem Zweck vermittelt der Bericht in einem ersten Teil einen Überblick über den Stand der Übernahme und Umsetzung von Schengen in der Schweiz. Dabei wird der Inhalt der übernommenen Weiterentwicklungen ­ nach Bereichen geordnet ­ zusammengefasst und der im Bundesrecht (auf Stufe Gesetz und Verordnung) ausgelöste rechtliche Umsetzungsbedarf ausgewiesen. In einem zweiten und dritten Schritt befasst sich der Bericht sodann mit der Frage nach den Auswirkungen der Übernahme der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands auf zwei der grundlegenden Strukturprinzipien unseres Staates, auf die direkte Demokratie (Initiative und Referendum) einerseits und den Föderalismus andererseits. Anschliessend werden in einem vierten Schritt die Auswirkungen beleuchtet, welche sich aus der Übernahme der bisherigen Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Sicherheit ergeben. Im

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fünften und letzten Teil des Berichts kommen schliesslich die finanziellen Implikationen zur Sprache, welche mit der Übernahme der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands auf Ebene des Bundes verbunden sind. Dabei beschränkt sich der Bericht auf die Darstellung der tatsächlichen Kostenfolgen der finanzwirksamen Weiterentwicklungen. Ausgespart bleiben die Finanzeffekte, die sich zwar auf die Zusammenarbeit von Schengen beziehen, aber nicht unmittelbar durch die Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitztands induziert sind.

Dem Auftrag des Postulats entsprechend fokussiert der Bericht ausschliesslich auf die Auswirkungen der Weiterentwicklung von Schengen; die Auswirkungen der Dublin-Zusammenarbeit auf die Schweiz werden hingegen nicht thematisiert. Stichdatum des Berichts ist grundsätzlich der 31. März 2013. Entsprechend werden alle Weiterentwicklungen berücksichtigt, die der Schweiz bis zu diesem Datum notifiziert worden sind. Um dem Bericht eine verlässliche Datenbasis zu Grunde legen zu können, wird bei der Darstellung der finanziellen Auswirkungen als Stichdatum auf den 31. Dezember 2012 abgestellt.

Insgesamt macht der Bericht deutlich, dass die Auswirkungen der Übernahme der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitztands auf die Schweiz differenziert betrachtet werden müssen. Dabei werden die bisherigen Annahmen des Bundesrats weitgehend bestätigt: ­

Was den Umfang der bisherigen Weiterentwicklungen betrifft, so ist die Zahl der bisher übernommenen Weiterentwicklungen mit 144 Rechtsakten zwar durchaus hoch, doch bleibt die damit einhergehende inhaltliche Umgestaltung der Schengener Zusammenarbeit in qualitativer Hinsicht beschränkt.

So fokussierte die bisherige Weiterentwicklung in erster Linie auf eine Konsolidierung und Präzisierung der bestehenden Vorgaben; gleichwohl sind einige wenige, wenn auch bedeutsame materielle Neuerungen zu verzeichnen. Diese sind ­ abgesehen von der Errichtung der IT-Agentur ­ den Bereichen «Aussengrenzen» (FRONTEX/RABIT, Aussengrenzenfonds, Schengener Grenzkodex), «Visa- und Migrationszusammenarbeit» (Biometrische Ausweise, Visakodex, VIS und Rückführungsrichtlinie) sowie «Polizeizusammenarbeit» («Schwedische Initiative», SIS, Waffenrichtlinie, Datenschutz) zuzuordnen. Da der überwiegenden Mehrheit der Weiterentwicklungen eine eher untergeordnete, technische Bedeutung beizumessen ist, erforderte deren Übernahme insgesamt lediglich in einem von sechs Fällen (15,3 %) die Genehmigung durch das Parlament. Entsprechend wurde auch das schweizerische Recht im Zuge der Umsetzung der Schengener Vorgaben nicht grundlegend neu gestaltet; es hat vorwiegend punktuelle Anpassungen und einige Ergänzungen erfahren.

­

Die Assoziierung an Schengen stellt die Institute der direkten Demokratie (Initiative und Referendum) nicht in Frage, da insbesondere keine Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen an die EU stattfindet. Die Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands erfolgt nicht «automatisch», sondern vielmehr gestützt auf einen Notenaustausch, der aus schweizerischer Sicht als Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages zu qualifizieren ist. So konnte die Schweizer Bevölkerung zum Beispiel am 17. Mai 2009

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über die Einführung des biometrischen Passes und die Übernahme der entsprechenden Weiterentwicklung abstimmen. Die verfassungsmässigen Verfahren zur Genehmigung und Umsetzung von Staatsverträgen kommen daher uneingeschränkt zum Tragen. Damit ist die direkt-demokratische Mitsprache des Souveräns bei allen «wichtigen» Weiterentwicklungen gewährleistet. Auch wird der Geltungsbereich des Initiativrechts durch die Beteiligung an Schengen nicht eingeschränkt. Allfällige Normkollisionen zwischen einem Initiativtext und den mit Schengen eingegangenen Verpflichtungen der Schweiz sind nach den «üblichen» Regeln aufzulösen, welche die Verfassung für Konflikte zwischen Völkerrecht und Verfassungsrecht bereitstellt.

­

Die Auswirkungen auf den Föderalismus, welche aus der Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands resultieren, haben keine besondere Qualität. Sie entsprechen den Folgen, welche die Wahrnehmung der aussenpolitischen Befugnisse durch den Bund ganz generell haben kann.

Da die Kompetenz des Bundes zum Abschluss von Staatsverträgen eine umfassende ist, können Weiterentwicklungen Bereiche betreffen, die innerstaatlich in der Kompetenz und Verantwortung der Kantone liegen. Allerdings vermag das Mitwirkungsinstrumentarium, das im Bereich Schengen einen besonders engen Einbezug der Kantone in die aussenpolitische Willensbildung des Bundes gewährleistet, potentielle «Zentralisierungseffekte» abzufedern und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der föderalistischen Ordnung.

­

Was die Auswirkungen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands auf die Sicherheit anbelangt, so stand bisher die Konsolidierung der bereits bestehenden Instrumente im Vordergrund. Gleichzeitig wurden aber auch neue Massnahmen geschaffen, welche das nationale Sicherheitsinstrumentarium ergänzen. Im Bereich «Grenzüberwachung» lag der Fokus der Weiterentwicklung auf Massnahmen zur Unterstützung der Staaten bei der Überwachung der Aussengrenzen des Schengen-Raumes (FRONTEX/RABIT, Aussengrenzenfonds), was auch der Sicherheit im Innern zuträglich ist. In den Bereichen «Visazusammenarbeit» und «Migration» wurden verschiedene Instrumente (VIS, biometrische Pässe und Aufenthaltstitel, Harmonisierung der Rückführungsverfahren) vorgesehen, die zwar primär auf die Bekämpfung der illegalen Migration abzielen, aber mittelbar auch positive Effekte auf die innere Sicherheit haben. Schliesslich lag ein wichtiger Schwerpunkt auf der Verbesserung des polizeilichen Informationsaustausches und der Modernisierung des Schengener Informationssystems (SIS).

­

Bezüglich der Entwicklung der Kosten ist festzustellen, dass die Mehrheit der Weiterentwicklungen (93 %) keine direkten finanziellen Konsequenzen für die Schweiz hatte. Der Hauptteil der finanziellen Konsequenzen (95 % oder CHF 12,17 Mio. der jährlichen weiterentwicklungsinduzierten Mehrausgaben in der Höhe von CHF 12,81 Mio.) geht auf den Aussengrenzenfonds und die Beteiligung an FRONTEX zurück. Dies sind zwei Instrumente, die einen bedeutenden Beitrag an die Sicherheit des Schengen-Raums insgesamt ­ und damit auch der Schweiz ­ leisten. Ein unmittelbarer monetärer

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Nutzen kann zudem von einer Zusammenarbeit im Sicherheits- und Migrationsbereich nicht erwartet werden. Diese Mehrkosten sind deshalb in eine umfassende Abwägung aller Vor- und Nachteile einzubeziehen, welche auch die mittelbaren monetären Vorteile der Zusammenarbeit von Schengen und Dublin berücksichtigt.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Auftrag und Organisation der Arbeiten 1.1 Ausgangslage 1.2 Auftrag und Vorgehen

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2 Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands 2.1 Überblick 2.2 Mitspracherechte 2.3 Übernahmeverfahren 2.3.1 Abkommensrechtliche Vorgaben 2.3.2 Internes Entscheidverfahren und Modelle für die Antwortnoten der Schweiz 2.3.3 Publizität von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands 3 Stand der Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands 3.1 Überblick 3.2 Inhalt der bisherigen Weiterentwicklungen 3.2.1 Regelungen im Bereich Aussengrenzen Schengener Grenzkodex Aussengrenzagentur (FRONTEX) Aussengrenzenfonds Regelung des kleinen Grenzverkehrs 3.2.2 Regelungen im Bereich Visa Liste der visumpflichtigen Staaten Visakodex Visa-Informationssystem (VIS) Einheitliche Visagestaltung 3.2.3 Reglungen im Bereich Migration Anforderungen an Reisedokumente und Aufenthaltstitel Konsularische Zusammenarbeit vor Ort Rückführung 3.2.4 Regelungen auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit «Schwedische Initiative» Verbindungsbeamte der Strafverfolgungsbehörden Waffenrichtlinie 3.2.5 Regelungen betreffend das Schengener Informationssystem (SIS) Vorschriften zum SIS I Vorschriften zum SIS II 3.2.6 Weitere Regelungen und Massnahmen Datenschutz im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit IT-Agentur 6324

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Beschlüsse betreffend die Aufnahme der operationellen Zusammenarbeit 3.3 Weiterentwicklungen, die mittlerweile obsolet geworden sind 3.4 Umfang des entstandenen rechtlichen Umsetzungsbedarfs auf Bundesebene 3.4.1 Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Bundesrat übernommen wurden (Modell 2) 3.4.2 Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Parlament übernommen wurden (Modell 3) Schengener Grenzkodex Aussengrenzagentur (FRONTEX/RABIT) Aussengrenzenfonds Visa-Informationssystem (VIS) Einführung biometrischer Daten in Schweizer Pässen und Reisedokumenten Einführung biometrischer Daten im Ausländerausweis Rückführung von Drittstaatsangehörigen Schengener Informationssystem (SIS) Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden Waffenrecht Datenschutz IT-Agentur 3.5 Bewertung 4 Auswirkungen auf die Volksrechte 4.1 Ausgangslage 4.1.1 Bedeutung der Volksrechte in der Aussenpolitik 4.1.2 Innerstaatliche Legitimation des Völkerrechts 4.2 Auswirkungen auf das Referendum 4.2.1 Beachtung der Volksrechte bei der Genehmigung der Assoziierungsabkommen 4.2.2 Beachtung der Volksrechte im Rahmen der Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen 4.3 Auswirkungen auf die Volksinitiative 4.4 Kompetenzdelegationen zugunsten des Bundesrates 4.4.1 Übersicht 4.4.2 Delegation von Vertragsabschlusskompetenzen 4.4.3 Delegation von Rechtsetzungskompetenzen Delegationsnormen im AuG Delegationsnormen im BGIAA Delegationsnormen im AwG Delegationsnormen im SIaG 4.5 Bewertung 5 Auswirkungen auf den Föderalismus 5.1 Ausgangslage 5.1.1 Kantonale Eigenständigkeit als wesentliches Element des schweizerischen Bundesstaats

6359 6360 6361 6362 6364 6365 6365 6366 6367 6368 6369 6370 6370 6371 6371 6372 6373 6373 6374 6375 6375 6376 6377 6378 6380 6382 6385 6385 6387 6390 6390 6392 6393 6393 6394 6396 6396 6396 6325

5.1.2 Relativierende Einflussgrössen 5.1.3 Ausbau der kantonalen Mitwirkung als konsequente Weiterentwicklung der bundesstaatlichen Ordnung 5.2 Auswirkungen auf die Kantone 5.2.1 Auswirkungen auf die Aufgabenautonomie 5.2.2 Auswirkungen auf die Organisationsautonomie 5.2.3 Auswirkungen auf die Finanzautonomie 5.3 Mitwirkung der Kantone bei der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands 5.3.1 Inhaltliche Ausgestaltung der Mitwirkungsrechte Informationsaustausch Teilnahme an den Beratungen in den COMIX-Arbeitsgruppen Konsultation 5.3.2 Organisationsstrukturen auf kantonaler Ebene 5.3.3 Herausforderungen 5.4 Bewertung 6 Auswirkungen auf die Sicherheit 6.1 Überblick 6.2 Beitrag der einzelnen Instrumente von Schengen nach Bereichen 6.2.1 Im Bereich Grenzen Verstärkung der Aussengrenzkontrollen Aufhebung der Binnengrenzkontrollen 6.2.2 In den Bereichen Visa und Migration Vereinheitlichung des Visumverfahrens Die Bekämpfung der illegalen Migration 6.2.3 Im Bereich Polizeizusammenarbeit Polizeilicher Informationsaustausch Entsendung von Verbindungsbeamten Schengener Informationssystem (SIS) Waffenrecht 6.3 Bewertung 7 Finanzielle Aspekte der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands 7.1 Ausgangslage 7.2 Kosten der Weiterentwicklungen in einzelnen Bereichen 7.2.1 Aussengrenzen Aussengrenzagentur FRONTEX Aussengrenzenfonds Zusammenfassung 7.2.2 Visumszusammenarbeit Schengener Konsultationsnetz (VISION) Visa-Informationssystem (VIS) Zusammenfassung: Zusätzliche Aufwendungen im Bereich Visumszusammenarbeit 7.2.3 Migration Biometrischer Schweizer Pass 6326

6397 6398 6399 6400 6403 6405 6406 6406 6407 6408 6409 6410 6411 6412 6413 6413 6415 6415 6415 6418 6421 6421 6423 6424 6424 6424 6425 6427 6427 6428 6428 6430 6430 6431 6432 6434 6435 6436 6436 6438 6439 6439

Biometrischer Ausländerausweis Rückführungsrichtlinie Zusammenfassung: Aufwendungen im Bereich Migration 7.2.4 Polizeizusammenarbeit 7.2.5 Schengener Informationssystem (SIS I und SIS II) 7.2.6 IT-Agentur 7.3 Entwicklung des Personalbestands 7.4 Zusammenstellung und Bewertung Abkürzungsverzeichnis Anhänge: I Liste der notifizierten Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands (inklusive Inhaltsangabe) II Übersicht über die Verfahren zur Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Bundesrat übernommen wurden III Übersicht über die Verfahren zur Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Parlament übernommen wurden

6441 6441 6442 6442 6443 6444 6445 6447 6450

6454 6505 6509

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Bericht 1

Auftrag und Organisation der Arbeiten

1.1

Ausgangslage

Mit dem vorliegenden Bericht erfüllt der Bundesrat das Postulat Hans Fehr «Konsequenzen des Schengen-Anpassungszwangs» (10.3857) vom 1. Oktober 2010. Das Postulat hat folgenden Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, möglichst bald einen detaillierten Bericht vorzulegen, 1.

der sämtliche Anpassungsschritte auflistet, welche das Schweizer Recht seit der Übernahme von «Schengen» im Zug der Erweiterung des SchengenBesitzstandes erfahren hat;

2.

der die betroffenen Gesetze und Verordnungen genau benennt;

3.

der die Auswirkungen auf die Kantonshoheit (Föderalismus) beleuchtet;

4.

der die jeweiligen Konsequenzen für unsere Sicherheit und für unsere Volksrechte aufzeigt und die entsprechenden Kosten möglichst genau beziffert.»

Im Begleittext wird zur Begründung des Postulats Folgendes ausgeführt: «Mit dem Beitritt zum Schengener Abkommen hat sich die Schweiz verpflichtet, sämtliche von der EU beschlossenen Anpassungen und Ergänzungen des Vertragswerks zu übernehmen, ohne die Möglichkeit selbst Anpassungen vorzunehmen. In seiner Antwort auf die Interpellation 09.3817 hat es der Bundesrat unterlassen, die Anpassungen an neues Schengen-Recht und die Konsequenzen genau aufzulisten und die durch die Änderung betroffenen Gesetze und Verordnungen detailliert zu benennen. Seit dieser Antwort ist zudem ein weiteres Jahr vergangen.

Mittlerweile dürften wir etwa bei der 120. Anpassung im Zug der «Erweiterung des Schengen-Besitzstandes» stehen. Gleichzeitig erweist sich die Schengener Aussengrenze als schlecht kontrollierbar. Einreiserestriktionen werden durch eine uneinheitliche Bewilligungspraxis unterlaufen, die Kosten laufen aus dem Ruder, und auch die Weiterentwicklung des Schengen-Informationssystems scheint gefährdet.

Ein detaillierter Bericht über den ungeschminkten Stand der Dinge ist dringend nötig, damit Korrekturen eingeleitet werden können.» Der Bundesrat hat in seiner Antwort vom 3. Dezember 2010 die Ablehnung des Postulats beantragt. Der Bundesrat verwies dabei insbesondere auf den Umstand, dass Bundesrat und Verwaltung regelmässig und umfassend über den Stand und die Entwicklungen im Bereich Schengen/Dublin informieren. Gleichwohl hat der Nationalrat das Postulat am 9. Juni 2011 mit 86 zu 82 Stimmen angenommen.

1.2

Auftrag und Vorgehen

Mit dem Postulat Hans Fehr wird der Bundesrat beauftragt, eine Übersicht über die Auswirkungen für die Schweiz zu erstellen, welche aufgrund der Übernahme des Schengen-Besitzstands in bestimmten Schlüsselbereichen zu verzeichnen sind. So 6328

sind die Auswirkungen auf die Gesetzgebung, die Volksrechte, die Kantonshoheit (Föderalismus), die Sicherheit sowie die Kosten detailliert darzustellen. Allerdings ist der Auftrag zur Berichterstattung insoweit begrenzt, als die Auswirkungen der bis dato gemachten Anpassungsschritte im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zu beleuchten sind. Gegenstand des vorliegenden Berichts sind also nur die bisher übernommenen Weiterentwicklungen.

Entsprechend beschränkt sich der vorliegende Bericht, der unter Federführung des EJPD in enger Zusammenarbeit mit den übrigen mit Schengen befassten Departementen (EFD, EDA)1 entstanden ist, auf die Darstellung der Weiterentwicklungen, die der Schweiz auf der Grundlage des im Schengen-Assoziierungsabkommen (SAA)2 vorgesehenen Verfahrens in der Zeitspanne vom 25. Oktober 2004 (Unterzeichnung) bis zum 31. März 2013 zur Übernahme notifiziert worden sind. Auf eine Darstellung der bereits anlässlich der Genehmigung des SAA übernommenen Rechtsakte und Massnahmen (vgl. Anhang A und B SAA) wird verzichtet; die entsprechenden Hinweise können der Botschaft des Bundesrates vom 1. Oktober 2004 entnommen werden.3 Entsprechend dem Auftrag des Postulats bleiben künftige, der Schweiz noch nicht zur Übernahme notifizierte Rechtsentwicklungen im Bereich Schengen ebenso ausgespart wie die Auswirkungen der Teilnahme an der Zusammenarbeit von Dublin. Diese sind Gegenstand der jährlichen Berichterstattung von Bundesrat und Verwaltung, die insbesondere im Rahmen des Berichts zum Stand der Umsetzung von Schengen/Dublin jeweils zuhanden der Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte (Subkommissionen EJPD/BK) erfolgt.

In inhaltlicher Hinsicht versucht der Bericht ein möglichst konzises Bild der Auswirkungen zu zeichnen, welche die Übernahme der Schengen-Weiterentwicklungen in den vom Postulat genannten Bereichen für die Schweiz hatte und hat. Ziel ist dabei allerdings nicht eine umfassende Darstellung in dem Sinne, dass sämtliche Detailregelungen der übernommenen Rechtsakte in allen Einzelheiten kommentiert und auf ihre Auswirkungen hin geprüft werden. Vielmehr soll ein zusammenfassender, aber instruktiver Überblick über Inhalt und Auswirkungen der bisherigen Weiterentwicklungen vermittelt werden. Dabei wird zur besseren Nachvollziehbarkeit auf eine isolierte, zu stark an
den einzelnen Weiterentwicklungen orientierte Darstellung verzichtet. Soweit sinnvoll und möglich wird überdies auf die in bestehenden Berichten und Botschaften des Bundesrates enthaltenen Informationen verwiesen.

1

2 3

In der Bundesverwaltung sind zahlreiche Ämter mit der Übernahme, der Umsetzung und dem Vollzug der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands befasst. Zu nennen sind neben dem BJ, das im Bereich der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen des Schengen/Dublin-Besitzstands in Zusammenarbeit mit der für die Beziehungen zur EU zuständigen Direktion für Europäische Angelegenheiten (DEA) eine Koordinationsfunktion innerhalb der Bundesverwaltung wahrnimmt, die materiell betroffenen Fachämter (Bundesamt für Migration [BFM], Bundesamt für Polizei [fedpol], Eidgenössische Zollverwaltung [EZV], Konsularische Direktion [KD], Bundesamt für Gesundheit [BAG]) sowie die Direktion für Völkerrecht (DV) des EDA.

SR 0.362.31 Botschaft zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, einschliesslich der Erlasse zur Umsetzung der Abkommen («Bilaterale II») (nachfolgend: Botschaft «Bilaterale II»), BBl 2004 6072, Ziff. 2.6.4.

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Diesem Vorgehen folgend gliedert sich der vorliegende Bericht wie folgt: ­

In einem ersten Teil (Ziff. 2) werden die institutionellen Rahmenbedingungen zusammengefasst, die auf Grundlage des SAA für die Mitwirkung der Schweiz an der Erarbeitung von Weiterentwicklungen des SchengenBesitztands und deren späteren Übernahme und Umsetzung gelten.

­

Im zweiten Teil (Ziff. 3) widmet sich der Bericht dem Inhalt der von der Schweiz übernommenen Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands und zeigt für die verschiedenen von Schengen erfassten Gebiete auf, welche Instrumente geschaffen und durch welche weiteren Rechtsakte sie allenfalls geändert oder durchgeführt wurden. Zudem benennt der Bericht die im Rahmen der Umsetzung dieser Weiterentwicklungen erforderlich gewordenen Rechtsänderungen (Gesetz und Verordnung) auf Stufe Bund.

­

Der dritte Teil des Berichts (Ziff. 4) befasst sich mit den Auswirkungen auf die direkte Demokratie in der Schweiz. Dabei liegt der Fokus auf den Instrumenten von Initiative und Referendum. Aufgrund ihrer mittelbaren Bedeutung für die Reichweite des Referendums werden in einem separaten Abschnitt schliesslich auch die bundesgesetzlichen Delegationsnormen zugunsten des Bundesrates zusammengefasst. Diese Ermächtigungsgrundlagen hat das Parlament im Rahmen der gesetzlichen Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands beschlossen ­ wenn auch auf der Basis eines autonomen Entscheids und nicht aufgrund einer Verpflichtung des Schengen-Besitzstands.

­

Im vierten Teil (Ziff. 5) werden die möglichen Auswirkungen auf den Föderalismus thematisiert. Dabei stehen neben den Auswirkungen von Schengen auf den Autonomiebereich der Kantone auch die Mechanismen der kantonalen Mitwirkung im Rahmen der Erarbeitung, der Übernahme und der Umsetzung von neuem Schengen-Recht im Blickpunkt der Analyse.

­

Der fünfte Teil (Ziff. 6) widmet sich dem Aspekt der Sicherheit und beleuchtet die Impulse, welche sich aus der Übernahme der verschiedenen Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands auf diesem Gebiet ergeben.

­

Der sechste Teil (Ziff. 7) befasst sich schliesslich mit den finanziellen Aspekten der Übernahme und der Umsetzung der bisherigen Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands auf Stufe Bund. Um dem Bericht dabei eine verlässliche Datenbasis zu Grunde legen zu können, werden die tatsächlich eingetretenen finanziellen Folgen bis 31. Dezember 2012 berücksichtigt.

Am Ende jedes Teils folgt jeweils eine kurze, zusammenfassende Bewertung.

2

Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands

2.1

Überblick

Die Assoziierungsabkommen zu Schengen und Dublin stellen völkerrechtliche Verträge dar, welche die Integration der Schweiz in eine vorbestehende zwischenstaatliche Zusammenarbeit vorsehen. Diese Zusammenarbeit ist allerdings nicht «statisch» ausgelegt. Vielmehr ist Schengen/Dublin bekanntlich als «evolutives» System konzipiert, um eine rasche Anpassung der Rechtsgrundlagen an sich verän6330

dernde Verhältnisse zu ermöglichen. Im SAA ist entsprechend die Pflicht der Schweiz verankert, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands grundsätzlich4 zu übernehmen und gegebenenfalls in schweizerisches Recht umzusetzen (Art. 2 Abs. 3 SAA)5. Gleichzeitig garantiert das SAA der Schweiz weitreichende Beteiligungs- und Mitspracherechte. Diese erlauben es ihr, auf den Inhalt der Weiterentwicklungen, die im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses der EU beraten werden, Einfluss zu nehmen, bevor diese zur Übernahme anstehen.

Der Prozess von der Erarbeitung eines Rechtsaktes in der EU bis zu dessen Inkrafttreten bzw. bis zu dessen Anwendung in der Schweiz (Übernahmeprozess i.w.S.)

lässt sich im Wesentlichen in drei Phasen gliedern, die sich in zeitlicher Hinsicht allerdings überlagern (können).

4 5

6

7

­

Die erste Phase (Erarbeitung des Rechtsakts in der EU) beginnt ­ je nach EU-interner Rechtsgrundlage und anwendbarem Verfahren ­ mit einem entsprechenden Vorschlag der Europäischen Kommission oder einer Initiative eines Mitgliedstaats und endet mit der formellen Beschlussfassung durch das zuständige Organ der EU (Europäische Kommission oder Rat der EU bzw.

Rat der EU und Europäisches Parlament). Die Beratungen finden in den zuständigen Ausschüssen und Arbeitsgruppen der Europäische Kommission und des Rates (in ihrer Zusammensetzung als Gemischte Ausschüsse, COMIX) zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands statt. Bund und Kantone haben in diesem Rahmen die Möglichkeit, gemeinsam den Inhalt der später zur Übernahme anstehenden Rechtsakte mitzugestalten, auch wenn die formelle Beschlussfassung ausschliesslich den Organen der EU vorbehalten bleibt (Art. 7 Abs. 1 SAA).

­

Die zweite Phase, welche die Übernahme eines neuen Rechtsakts betrifft (Übernahme i.e.S.), beginnt nach dem in Artikel 7 Absatz 2 SAA festgelegten Verfahren mit der Verabschiedung des jeweiligen Rechtsakts durch die EU und dessen anschliessender Notifikation an die Schweiz. In dieser Phase muss die Schweiz der EU innert 30 Tagen ab Verabschiedung6 des Rechtsakts notifizieren, ob sie die fragliche Weiterentwicklung übernimmt und, soweit erforderlich, in die innerstaatliche Rechtsordnung umsetzt. Grundsätzlich entspricht die in dieser Phase erfolgende Beschlussfassung zur Übernahme des fraglichen Rechtsakts dem Abschluss eines Staatsvertrags.

Die Zuständigkeit liegt hier beim Bund.7

Ausgenommen sind Weiterentwicklungen im Bereich der Rechtshilfe in Fiskalsachen.

Siehe Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6160, Ziffer 2.6.8.4.3.

Da das Schengen- und das Dublin-Assoziierungsabkommen in institutioneller Hinsicht weitgehend parallel ausgestaltet sind, wird nachfolgend von einer Darstellung der Mechanismen zur Übernahme von Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands grundsätzlich Abstand genommen. Vgl. hierzu die Ausführungen in der Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6130 ff., Ziffer 2.6.7.4.

Für Schengen-relevante Rechtsakte, die von der Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse angenommen wurden, beginnt die Frist mit der Notifikation an die Schweiz.

Je nach Inhalt des Vertrages ist zudem die Genehmigung durch das Parlament und (im Rahmen des fakultativen Staatsvertragsreferendums) gegebenenfalls durch das Volk erforderlich, wobei hierfür eine Frist von maximal 2 Jahren zur Verfügung steht. Siehe sogleich Ziffer 2.3.

6331

­

Die dritte Phase, die je nach Sachlage erforderlich wird, beinhaltet schliesslich die rechtliche Umsetzung des jeweiligen Rechtsakts. «Umsetzung» bedeutet dabei die legislatorische Überführung der in der fraglichen Weiterentwicklung enthaltenen Inhalte in einen nationalen Rechtssatz. Welches Gemeinwesen (Bund und/oder Kantone) als direkter Adressat der Umsetzungsverpflichtung gegebenenfalls in Frage kommt, entscheidet sich nach der vertikalen Kompetenzverteilung im jeweiligen Sachbereich.

2.2

Mitspracherechte

Die Beteiligungs- und Mitspracherechte in der ersten Phase des Übernahmeprozesses (COMIX-Phase) stellen das institutionelle Gegengewicht zur Verpflichtung der Schweiz dar, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands grundsätzlich zu übernehmen und, soweit erforderlich, in ihr innerstaatliches Recht umzusetzen (Art. 2 Abs. 3 SAA). Die Schweiz nimmt diese Rechte, die im Wesentlichen8 in den Artikeln 3­6 SAA verankert sind, seit der Unterzeichnung des SAA am 26. Oktober 2004 wahr. Im Zentrum der Bestimmungen steht die Einsetzung eines Gemischten Ausschusses, der sich aus Vertretern der Schweiz, den Mitgliedern des Rates der EU sowie Vertretern der Europäischen Kommission zusammensetzt und je nach Bedarf auf Ebene von Sachverständigen, hochrangigen Beamten oder Ministerinnen und Ministern tagt. Anders als es der Abkommenstext nahelegen mag, variiert die konkrete Organisationsform allerdings nach Massgabe der wahrgenommenen Aufgaben.

Zwei Fälle sind zu unterscheiden:9

8

9

­

Bei der Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben, die dem Gemischten Ausschuss zur Sicherstellung des ordnungsgemässen Funktionierens des Abkommens zugewiesen sind, agiert er als paritätisch zusammengesetztes Organ «klassischen» Zuschnitts. Er dient als allgemeines Informations- und Konsultationsforum und fasst ­ soweit er dazu befugt ist ­ seine Beschlüsse nach dem Einstimmigkeitsprinzip. In diesem Rahmen obliegt dem Gemischten Ausschuss insbesondere die Sicherstellung einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Abkommens (Art. 9 Abs. 2 SAA) oder die Streitbeilegung (Art. 7 Abs. 4 und 5, Art. 10 SAA).

­

Geht es hingegen spezifisch um die Mitsprache der Schweiz im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, so verfolgt die Praxis einen «integrativen» Ansatz. Hier finden die entsprechenden Diskussionen genau genommen nicht im Gemischten Ausschuss, sondern im Beisein der VertreSonderregeln gelten darüber hinaus für die Einsitznahme in den KomitologieAusschüssen, welche die Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse unterstützen. Vgl. Vereinbarung vom 22. September 2011 zwischen der Europäischen Union sowie der Republik Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Beteiligung dieser Staaten an der Arbeit der Ausschüsse, die die Europäische Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse in Bezug auf die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands unterstützen, SR 0.362.11.

Zum Ganzen siehe S. Gutzwiller, Komitologie und Gemischte Ausschüsse im Rahmen der Assoziierung der Schweiz an Schengen/Dublin, in: Christine Kaddous/Monique Jametti Greiner (Hrsg.), Bilaterale Abkommen II Schweiz-EU, 2006, S. 245 ff.; R. Gruber, Die Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands ­ ausgewählte institutionelle Aspekte, in: Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2009/2010, S. 479 ff.

6332

terinnen und Vertreter der assoziierten Staaten unmittelbar in den zuständigen Ausschüssen und Arbeitsgruppen der Europäischen Kommission und des Rates statt.10 Diese Arbeitsgruppen und Ausschüsse nehmen also nicht nur ihre jeweiligen Aufgaben im Rahmen des anwendbaren Rechtsetzungsverfahrens wahr, sondern fungieren, soweit Schengen-relevante Themen zur Diskussion stehen, ebenfalls als Gemischter Ausschuss im Sinne des SAA (sog. COMIX-Arbeitsgruppen). Vorteil dieses pragmatischen Ansatzes ist es, dass die den assoziierten Staaten eingeräumten Mitspracherechte unmittelbar dort wahrgenommen werden können, wo die eigentlichen Beratungen zu den vorgeschlagenen Rechtakten stattfinden. Zusätzliche Paralleldiskussionen im Gemischten Ausschuss werden damit vermieden.11 Aus praktischer Sicht ist für die Schweiz die Möglichkeit zur Einsitznahme in den rund 15 Arbeitsgruppen des Rates der EU von besonderer Bedeutung, kommt doch dem Rat im Rechtsetzungsprozess der EU eine wichtige Rolle zu. Den Arbeitsgruppen des Rates obliegt die Vorbereitung der Beschlussfassung im Rat. Sie tagen auf verschiedenen Ebenen (Ebene der Sachverständigen, der höheren Beamten und der Minister), wobei der Tagungsrhythmus recht unterschiedlich ist. Auf Expertenstufe, wo die Beratungen einer Weiterentwicklung beginnen, finden die Sitzungen im Durchschnitt einmal pro Monat statt, wobei im Bedarfsfall auch ein höherer Verhandlungsrhythmus angeschlagen wird. Auch auf den höheren Stufen (hochrangige Beamte: CATS12, SCIFA13 und COREPER14) werden die Sitzungen in Abhängigkeit von Umfang und Bedeutung des Arbeitsanfalls mindestens einmal monatlich durchgeführt. Die formelle Beschlussfassung auf Ministerstufe erfolgt schliesslich im Normalfall im JI-Rat (Tagung der Justiz- und Innenminister). Ausnahmsweise werden Rechtsakte vom Ministerrat auch in anderer Zusammensetzung verabschiedet (z.B. Verkehrsministerrat) ­ dies etwa dann, wenn ein Konsens bereits auf unterer Stufe im COREPER erreicht wurde und daher auf Ministerebene keine materiellen Diskussionen mehr nötig sind (sog. A-Punkt).

Organisatorisch nimmt die Schweiz ihre Beteiligungs- und Mitspracherechte jeweils mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Fachämter des Bundes15, der Mission der Schweiz bei der Europäischen Union und ­ soweit die Zuständigkeiten oder wesentliche
Interessen der Kantone berührt sind ­ mit Vertreterinnen und Vertretern aus den kantonalen Verwaltungen wahr. Bund und Kantone haben in diesem Rahmen die Möglichkeit, gemeinsam den Inhalt der später zur Übernahme anstehenden Rechtsakte mitzugestalten. Hierin liegt denn auch ein wichtiger qualitativer Unterschied zu den Evolutivklauseln der anderen sektoriellen Verträge mit der EU, im Rahmen derer es im Gemischten Ausschuss einzig um die Frage geht, ob die

10 11

12 13 14 15

Eine Beteiligung an den Arbeiten des Europäischen Parlaments ist demgegenüber nicht vorgesehen.

Dieser komplementäre Ansatz ist demgegenüber für das Dublin-Assoziierungsabkommen (DAA; SR 0.142.392.68) kennzeichnend. Im Anwendungsbereich dieses Abkommens findet die Konsultation der Schweiz nicht direkt in den Arbeitsgruppen und Ausschüssen der EU, sondern im Gemeinsamen Ausschuss DUBLIN statt, der jeweils gesondert ­ wenn auch für alle assoziierten Staaten (Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein) gemeinsam ­ einberufen wird.

Comité de l'article trente-six, beruhend auf Artikel 36 des EU-Vertrages, zuständig im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit.

Strategic Commission on Immigration, Frontiers and Asylum Comité des réprésentants permanents des Etats membres Insbesondere des BFM, des fedpol, der EZV sowie des BJ und der DEA.

6333

Schweiz einen neuen, bereits verabschiedeten Rechtsakt der EU übernimmt oder nicht.

In inhaltlicher Hinsicht bleibt das Mitspracherecht im Anwendungsbereich des SAA insoweit beschränkt, als die eigentliche Verabschiedung einer neuen Weiterentwicklung gemäss Artikel 7 Absatz 1 SAA allein den zuständigen Organen der EU vorbehalten ist (sog. decision shaping). Entsprechend hat die Schweiz als assoziierter Staat kein Stimmrecht im Rat bei Abstimmungen zu Schengen-Weiterentwicklungen Dieser Nachteil relativiert sich in der Praxis allerdings insofern, als in den Arbeitsgruppen des Rates in der Regel nach einvernehmlichen Lösungen gesucht und letztlich ­ wenn überhaupt ­ erst ganz am Ende des Verfahrens auf Ministerebene tatsächlich auch abgestimmt wird.16 Es besteht daher auch für die assoziierten Staaten durchaus Raum, ihren Anliegen in den Diskussionen Gehör zu verschaffen, insbesondere wenn die vorgebrachten Probleme auch für andere EU-Staaten gelten und konkrete Alternativvorschläge eingebracht werden.

2.3

Übernahmeverfahren

2.3.1

Abkommensrechtliche Vorgaben

Die Übernahme einer Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands vollzieht sich nach einem besonderen Verfahren, dessen Grundzüge in Artikel 7 SAA niedergelegt sind. Das Verfahren beginnt mit der Verabschiedung des Rechtsakts durch die zuständigen Organe der EU.

Ablauf des Übernahmeverfahrens nach SAA

Gemäss Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a SAA wird der Schweiz die Verabschiedung einer neuen Weiterentwicklung durch die EU «unverzüglich» notifiziert. Die Schweiz muss sich sodann entscheiden, ob sie «den Inhalt [des notifizierten Rechtsakts] akzeptiert und in ihre innerstaatliche Rechtsordnung umsetzt». Der entsprechende Beschluss muss dem Rat der EU bzw. der Europäischen Kommission innerhalb von 30 Tagen schriftlich mitgeteilt werden. Die Frist beginnt dabei grundsätzlich mit der Verabschiedung des Rechtsakts durch die zuständigen Organe der EU. Eine Sonderregelung gilt für Rechtsakte der Europäischen Kommission, welche sie im Rahmen ihrer Durchführungsbefugnisse bzw. der an sie delegierten 16

Häufig entscheidet der Rat allerdings im Konsens, weshalb auf eine formelle Abstimmung verzichtet wird.

6334

Befugnisse (Komitologieverfahren) angenommen hat. Für diese beginnt die 30-Tagesfrist mit der Notifikation des Rechtsakts durch die Europäische Kommission zu laufen (Art. 5 Abs. 3 der Komitologie-Vereinbarung17). Nach der Konzeption des SAA ist das Übernahmeverfahren damit normalerweise abgeschlossen: Der übernommene Rechtsakt tritt in Kraft und kann angewendet werden, soweit in der Schweiz nicht eine rechtliche Umsetzung im Einzelfall erforderlich ist.

Ist der Inhalt eines notifizierten Rechtsakts hingegen von der «Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Voraussetzungen»18 abhängig, um «für die Schweiz rechtsverbindlich» zu werden, so hat die Schweiz in ihrer Notifikation an die EU einen entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalt aufzunehmen (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA). Für die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen bzw. für die Durchführung des diesbezüglichen innerstaatlichen Entscheidverfahrens verfügt die Schweiz über eine Frist von maximal zwei Jahren, die mit der Notifikation der EU zu laufen beginnt. Sind die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, so ist die Schweiz gehalten, dies der EU gegenüber innert dieser Frist unverzüglich und in schriftlicher Form mitzuteilen. Mit der Übermittlung der Entscheidung, den Rechtsakt zu akzeptieren, findet das Verfahren in dieser Fallgestaltung seinen endgültigen Abschluss.

Eine allfällige Nichtübernahme einer Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands kann im äussersten Fall die Beendigung der Zusammenarbeit von Schengen (und damit automatisch auch von Dublin19) nach sich ziehen (Art. 7 Abs. 4 SAA)20.

2.3.2

Internes Entscheidverfahren und Modelle für die Antwortnoten der Schweiz

Die Beschlussfassung zur Übernahme einer Weiterentwicklung folgt in der Schweiz der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung im Bereich der internationalen Angelegenheiten. Ausgangspunkt bildet dabei der Umstand, dass die Notifizierung durch die EU und die Antwortnote der Schweiz grundsätzlich einen Notenaustausch bilden, der aus schweizerischer Sicht als völkerrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist (zu Ausnahmen s. sogleich unten).

Gemäss der verfassungsmässigen Kompetenzverteilung ist die Bundesversammlung für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, soweit für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag nicht der Bundesrat zuständig ist (Art. 166 Abs. 2 BV21; Art. 24 Abs. 2 ParlG22; Art. 7a Abs. 1 RVOG23). Entsprechend wird ein Notenaustausch zur Übernahme einer Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands vom Bundesrat abgeschlossen und muss gegebenenfalls vom Parlament genehmigt werden, wobei er im letzteren Fall unter Umständen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. d BV) untersteht.

17 18 19 20 21 22 23

SR 0.362.11 Gemeint sind die anwendbaren innerstaatlichen Genehmigungsverfahren (unter Einschluss des parlamentarischen Verfahrens und eines allfälligen Referendums).

Artikel 14 Absatz 2 DAA Vgl. Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6133, Ziffer 2.6.7.5.

Bundesverfassung, SR 101 Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002, SR 171.10 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010

6335

Aufgrund des unterschiedlichen Inhalts der zu übernehmenden Weiterentwicklungen und unter Berücksichtigung der anwendbaren innerstaatlichen Verfahren wurden für die Antwortnoten der Schweiz, die innerhalb von 30 Tagen an die EU zu übermitteln sind (Notifikation), drei Modelle entwickelt. Deren Eigenheiten lassen sich wie folgt zusammenfassen:

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25

26

­

Das Modell 1 (diplomatische Note) betrifft diejenigen EU-Rechtsakte, denen keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt, die nicht an die Schweiz gerichtet sind oder die Schweiz lediglich reflexartig berühren24. In einem solchen Fall genügt es, wenn der Rechtsakt schweizerischerseits lediglich zur Kenntnis genommen wird und dies der EU in einer diplomatischen Note mitgeteilt wird. Ihrer Rechtsnatur entsprechend beinhaltet die Antwortnote eine einseitige Erklärung. Die Beschlussfassung obliegt dabei dem Bundesrat bzw. dem sachzuständigen Departement.

­

Das Modell 2 (Notenaustausch) findet auf rechtsverbindliche Rechtsakte Anwendung, deren Übernahme in die schweizerische Rechtsordnung der Bundesrat selbstständig beschliessen kann und zu deren allfälligen Umsetzung Anpassungen auf Verordnungsstufe genügen. Bei einem Notenaustausch nach Modell 2 liegt aus schweizerischer Sicht ein völkerrechtlicher Vertrag vor, der vom Bundesrat selbstständig abgeschlossen werden kann (Art. 166 Abs. 2 BV; Art. 24 Abs. 2 ParlG; Art. 7a Abs. 1 RVOG). Notenaustausche nach Modell 2 treten mit der Übermittlung der Antwortnote an die EU in Kraft25.

­

Das Modell 3 (Notenaustausch) wird schliesslich für rechtlich verbindliche Weiterentwicklungen verwendet, die der Beschlussfassung durch das Parlament bedürfen ­ sei es weil die Übernahme durch die Bundesversammlung genehmigt werden muss oder weil zur Umsetzung gesetzliche Anpassungen auf Ebene des Bundes oder der Kantone26 erforderlich sind. Bei einem Notenaustausch nach Modell 3 liegt aus schweizerischer Sicht ein völkerrechtlicher Vertrag vor, der vom Parlament genehmigt werden muss (vgl.

Art. 166 Abs. 2 BV) und/oder zu dessen Umsetzung es gesetzlicher Anpassungen bedarf. Entsprechend schliesst der Bundesrat den Notenaustausch unter Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung (bzw. eines allfälligen

Letzteres ist etwa bei Rechtsakten der Fall, die sich zwar formal auch an die Schweiz richten, materiell aber ausschliesslich die Rechte und Pflichten (bestimmter) anderer Schengen-Staaten berühren. Diese Voraussetzung trifft beispielsweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 (WE Nr. 24) zu, die eine einheitliche Regelung für den kleinen Grenzverkehr an den Landaussengrenzen des Schengen-Raums aufstellt, da die Schweiz keine derartigen Aussengrenzen aufweist.

Ein Sonderfall liegt vor, wenn die Anwendbarkeit eines Notenaustausches aufgrund der materiellen Konnexität von einem früheren Notenaustausch abhängt, der noch nicht in Kraft getreten ist (weil z.B. die Genehmigung durch das Parlament noch aussteht). Dies ist etwa bei Weiterentwicklungen der Fall, die einen früheren Rechtsakt lediglich ausführen und daher für sich allein genommen nicht sinnvoll anwendbar sind (reine Vollzugsakte). Bei dieser Sachlage wird das Inkrafttreten auf den Zeitpunkt bezogen, zu welchem der andere Notenaustausch, mit dem er materiell zusammenhängt, anwendbar wird (Modell 2plus).

Dabei ist es unerheblich, ob der gesetzliche Anpassungsbedarf in den Kantonen direkt (d.h. aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzausscheidung) oder indirekt (im Rahmen des Vollzugs von Bundesrecht) entsteht.

6336

fakultativen Referendums27) ab. In seiner Antwortnote teilt er der EU entsprechend mit, dass er den Rechtsakt unter Vorbehalt der «Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA) akzeptiert und ­ falls erforderlich ­ ins innerstaatliche Recht umsetzt.

Für die Übernahme und Umsetzung einer solchen Weiterentwicklung steht der Schweiz eine Frist von maximal zwei Jahren zu (die Durchführung eines Referendums mit eingerechnet28). Ist das Verfahren abgeschlossen, so erfolgt die Mitteilung an die EU, dass alle «verfassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt» sind. Diese Mitteilung, die vom Bund vorzunehmen ist, muss «unverzüglich» nach Abschluss des Verfahrens und innerhalb der vorgegebenen Fristen erfolgen. Sie kommt in Bezug auf die Übernahme des jeweiligen Rechtsakts der Ratifizierung des Notenaustauschs gleich, welcher damit in Kraft tritt.

2.3.3

Publizität von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands

Die Veröffentlichung der von der Schweiz übernommenen Weiterentwicklungen in der Amtlichen Sammlung (AS) erfolgt nach den Grundsätzen, die das Publikationsgesetz (PublG)29 hinsichtlich der Veröffentlichung von internationalem Recht aufstellt. Dabei ist zu beachten, dass ein übernommener EU-Rechtsakt nicht als solcher in die AS aufgenommen wird. Publiziert wird vielmehr der jeweilige Notenaustausch, durch welchen dieser Rechtsakt übernommen wird und welcher gemäss schweizerischer Lesart einen Staatsvertrag darstellt.30 Gestützt auf Artikel 3 PublG werden diese Notenaustausche zur Übernahme von Weiterentwicklungen jedoch nur dann amtlich publiziert, wenn sie einen rechtlich verbindlichen Inhalt aufweisen und zudem von einer gewissen Tragweite sind. Während somit Notenaustausche, die der parlamentarischen Genehmigung bedürfen (Modell 3), durchwegs in der AS publiziert werden, trifft dies auf Notenaustausche, die vom Bundesrat selbstständig abgeschlossen werden können (Modell 2), nicht in jedem Fall zu. Ausnahmen bestehen nämlich für Notenaustausche, die als Verträge von beschränkter Tragweite im Sinne von Artikel 7a Absatz 2 RVOG einzustufen sind. Diese werden grundsätzlich nicht veröffentlicht (Art. 3 Abs. 3 PublG) ­ es sei denn, eine ausnahmsweise Publikation sei im Einzelfall aufgrund der Kriterien von Artikel 2 der Publikationsverordnung (PublV)31 geboten. Nicht in der AS veröffentlicht werden schliesslich Weiterentwicklungen ohne rechtliche Verbindlichkeit, deren Kenntnisnahme die Schweiz der EU mittels diplomatischer Note (Modell 1) mitteilt; denn eine diplomatische Note stellt keinen Staatsvertrag dar, sondern beinhaltet lediglich eine einseitige Erklärung.

27

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31

Sind die Voraussetzungen von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 2 und 3 BV erfüllt, so unterliegt der Genehmigungsbeschluss des Parlaments dem fakultativen Staatsvertragsreferendum. Besteht gesetzlicher Umsetzungsbedarf, so unterliegen die entsprechenden Anpassungen dem Gesetzesreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV.

Ist das innerstaatliche Verfahren bereits vorher zu Ende (z.B. mit dem unbenützten Ablauf der 100-tägigen Referendumsfrist), so verkürzt sich die Frist entsprechend.

SR 170.512 Vgl. oben Ziffer 2.3.2. Die Publikation erfolgt dabei im Einklang mit Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b PublG mittels Verweis auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl.).

SR 170.512.1

6337

Die Publizität von übernommenen Weiterentwicklungen wird indessen auch auf andere Weise sichergestellt. Zum einen werden alle Notenaustausche, die vom Bundesrat selbstständig abgeschlossen werden können (Modell 2), gemäss Artikel 48a Absatz 2 RVOG in den jährlich zu erstellenden Bericht des Bundesrates aufgenommen und dort in einem gesonderten Kapitel dargestellt32. Zum anderen wird die Gesamtheit der im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands übernommenen EU-Rechtsakte aus Transparenzgründen auf der von der Bundeskanzlei (BK) unterhaltenen Internetseite «Sektorielle Abkommen» der Öffentlichkeit zugänglich gemacht33. Ausnahmen bestehen hier nur insoweit, als der Inhalt einer Weiterentwicklung auch in der EU nicht im Amtsblatt publiziert wird, weil im Einzelfall ein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht34. Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass der Zugang zu den Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands sowohl in der EU als auch in der Schweiz gewährleistet ist.

3

Stand der Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands

3.1

Überblick

In den gut achteinhalb Jahren seit der Unterzeichnung des SAA am 26. Oktober 2004 hat die EU der Schweiz insgesamt 146 EU-Rechtsakte und Massnahmen als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands notifiziert. In zwei Fällen35 basierte die Notifikation seitens der EU indessen auf einem Versehen. Damit liegen bis dato (Stand: 31. März 2013) insgesamt 144 Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands vor (vgl. die Auflistung in Anhang I). Eine dieser Schengen-Weiterentwicklungen ­ die Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung der IT-Agentur (neuerdings offiziell als «eu-LISA» bezeichnet, WE Nr. 126) ­ stellt dabei gleichzeitig eine Weiterentwicklung des Dublin/EURODAC-Besitzstands dar. Weitere Weiterentwicklungen des Dublin/EURODAC-Besitzstands liegen bis dato keine vor.

Im Zuge der Weiterentwicklung der Rechtsgrundlagen der Schengener Zusammenarbeit wurden 43 der notifizierten EU-Rechtsakte (30,1 %) entweder formell aufgehoben oder haben inzwischen ihre Bedeutung verloren und sind daher als obsolet zu betrachten. Rund ein Drittel dieser Weiterentwicklungen betrifft dabei das ursprüngliche Schengener Informationssystem (SIS 1+), welches am 9. April 201336 durch ein moderneres Nachfolgesystem (SIS II) abgelöst worden ist (vgl. die Zusammen32 33 34

35 36

Vgl. Bericht vom 16. Mai 2012 über die im Jahr 2011 abgeschlossenen internationalen Verträge, BBl 2012 6023.

www.admin.ch/ch/d/eur/008.004.000.000.000.000.html Ein typisches Beispiel bilden die Weiterentwicklungen, mit denen technische Spezifikationen für Sicherheitsmerkmale oder für die Speicherung von biometrischen Daten in Reisepapieren festgelegt werden (vgl. WE Nr. 8, 16, 68, 91 und 123).

Entscheidung 895/2006/EG (WE Nr. 18) und Entscheidung 582/2008/EG (WE Nr. 60), vgl. Anhang I.

Siehe den Beschluss 2013/157/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung des Beschlusses 2007/533/JI über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 8) sowie Beschluss 2013/158/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 10).

6338

stellung unter Ziff. 3.3); sechs weitere Weiterentwicklungen stellen Übergangsregelungen dar und werden in absehbarer Zukunft von neueren Instrumenten abgelöst und so ihre Anwendbarkeit verlieren (4,2 %). Zu dieser Kategorie gehören insbesondere die Rechtsakte im Zusammenhang mit dem Schengener Konsultationsnetz (VISION), welche mit Abschluss des VIS-Roll-Out in allen Regionen ihre Gültigkeit verlieren werden.

Gruppiert man die Gesamtheit der notifizierten Weiterentwicklungen nach deren inhaltlichen Tragweite und damit nach der innerstaatlichen Zuständigkeit zu deren Übernahme, so ergibt sich folgendes Bild:

37 38

­

Von den insgesamt 144 Weiterentwicklungen hatte etwas mehr als ein Fünftel (31 Rechtsakte oder 21,5 %) keinen rechtlich verpflichtenden Charakter.

Folgerichtig konnten die entsprechenden Rechtsakte und Massnahmen vom Bundesrat bzw. dem in der Sache zuständigen Departement lediglich zur Kenntnis genommen werden (Modell 1).

­

Drei Fünftel der Weiterentwicklungen (91 Rechtsakte oder 63,2 %) waren zwar rechtsverbindlicher Natur, wiesen jedoch einen eher untergeordneten, technischen Inhalt auf. Häufig handelte es sich um eigentliche Vollzugsrechtsakte. Die Notenaustausche zur Übernahme dieser 91 Weiterentwicklungen konnten daher mehrheitlich als Verträge von geringer Tragweite im Sinne von Artikel 7a Absatz 2 RVOG eingestuft werden; sie wurden vom Bundesrat entweder auf dieser Grundlage oder gestützt auf Artikel 100 Absatz 2 Buchstabe a des Ausländergesetzes (AuG)37 (Abkommen über die Visumpflicht und die Durchführung der Grenzkontrolle) selbstständig abgeschlossen (Modell 2). Die Übernahme dieser Weiterentwicklungen machte regelmässig keine Rechtsanpassungen erforderlich; einzig in elf Fällen (12,1 %), die ganz überwiegend den Visumsbereich betrafen, musste zur Umsetzung Verordnungsrecht revidiert werden (vgl. hierzu die Ausführungen unter Ziff. 3.4.1).

­

Bei ungefähr jeder sechsten Weiterentwicklung (insgesamt 22 Fälle oder 15,3 %) schloss der Bundesrat die entsprechenden Notenaustausche zur Übernahme schliesslich unter dem Vorbehalt der «Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» ab (Modell 3). Mit einer einzigen Ausnahme38 wurden alle diese Notenaustausche dem Parlament zur Genehmigung bereits unterbreitet und konnten zwischenzeitlich in Kraft treten. Die Übernahme dieser 22 Weiterentwicklungen machte regelmässig auch die Anpassung des schweizerischen Rechts erforderlich. In zwölf Fällen (54,5 %) mussten auf Gesetzes- und Verordnungsstufe Anpassungen vorgenommen werden. In einem Fall musste nur Gesetzesrecht, in fünf weiteren Fällen nur Verordnungsrecht revidiert werden. In 4 Fällen (18,2 %) war schliesslich kein rechtlicher Umsetzungsbedarf für die Schweiz gegeben (hierzu die Ausführungen unter Ziff. 3.4.2).

SR 142.20 Der Notenaustausch betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 über die Errichtung der IT-Agentur (WE Nr. 126) wurde vom Bundesrat am 13. Dezember 2011 abgeschlossen. Die Vorlage befindet sich zurzeit in parlamentarischer Beratung.

6339

­

Im Jahresdurchschnitt wurden der Schweiz knapp 17 Rechtsakte als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands notifiziert. Davon bedürfen jährlich im Durchschnitt zwischen zwei bis drei Weiterentwicklungen aufgrund ihres Inhalts der Genehmigung durch die Bundesversammlung (Modell 3).

Betrachtet man die Verteilung der Weiterentwicklungen nach Jahren, so fällt auf, dass in den Jahren 2007 bis 2009 überdurchschnittlich viele Weiterentwicklungen zu verzeichnen sind. Seither nimmt die Zahl der Notifikationen wieder kontinuierlich ab.

Verteilung der Weiterentwicklungen nach Jahren (Stand: 31. März 2013)

Die Mehrzahl (55,6 %) der in dieser Zeitspanne insgesamt angefallenen 72 Weiterentwicklungen steht dabei im Zusammenhang mit Um- bzw. Aufbau der grossen Datenbanken, des SIS (29 Rechtsakte) einerseits bzw. des VIS (elf Rechtsakte) andererseits. Einen anderen, wichtigen Schwerpunkt (zwölf Rechtsakte oder 16,7 %) bildet der Visabereich, wobei es im Wesentlichen um Anpassungen der Voraussetzungen und Verfahren der Visaerteilung (Visakodex, Anpassung der Handbücher, des Schengener Konsultationsnetzes (VISION), der Pflichtenhefte der konsularischen Behörden etc.) ging. Ebenfalls in diese Zeitspanne fällt die Notifikation wichtiger Weiterentwicklungen, deren Übernahme in der Schweiz die Genehmigung durch das Parlament voraussetzte (Modell 3), nämlich: die Übernahme des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI zum Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden (WE Nr. 35), der Rechtsgrundlagen zum Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36, 43, 57), der Verordnung (EG) Nr. 863/2007/EG zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke (RABITS, WE Nr. 37), der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 betreffend die Einführung biometrischer Daten im Ausländerausweis (WE Nr. 51), der Richtlinie 2008/51/EG zur Änderung der Waffenrichtlinie (WE Nr. 56), des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI zum Datenschutz im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (WE Nr. 77) sowie der sog. Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG, WE Nr. 78).

Betrachtet man die Jahresverteilung der Weiterentwicklungen und berücksichtigt man gleichzeitig die innerstaatliche Zuständigkeit zur deren Übernahme (Modelle 1­3), so ergibt sich folgendes Bild: 6340

Verteilung der Weiterentwicklungen nach Modell und Jahr (Stand: 31. März 2013)

Die wesentlichen Entwicklungsschritte, die in der Schweiz der Genehmigungskompetenz der Bundesversammlung unterlagen (Modell 3), sind zur Hauptsache bis Anfang 2009 zu verzeichnen (einzige Ausnahme: Übernahme der IT-Agentur im Jahr 2011). Diese Weiterentwicklungen haben in der Folge den Erlass einer teilweise beträchtlichen Anzahl an Vollzugsmassnahmen erforderlich gemacht. Dies erklärt, weshalb sich seit 2008 die Anzahl der Weiterentwicklungen, deren Übernahme der Bundesrat selbstständig beschliessen kann (Modell 2), stark zugenommen hat. Die Anzahl der Weiterentwicklungen, die von der Schweiz lediglich zur Kenntnis zu nehmen sind (Modell 1), war bis 2008 relativ hoch; seither spielen diese Weiterentwicklungen aber praktisch keine Rolle mehr.

3.2

Inhalt der bisherigen Weiterentwicklungen

Im Folgenden wird versucht, einen kurzen Überblick über den Inhalt der Rechtsakte zu geben, welche der Schweiz seitens der EU seit der Unterzeichnung des SAA (26. Okt. 2004) als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands notifiziert worden sind. Die Darstellung des Inhalts der jeweiligen EU-Rechtsakte erfolgt jedoch nicht chronologisch, sondern nach Sachgebieten geordnet. Dabei sollen neben einer kurzen Präsentation des jeweiligen Regelungsgegenstands auch die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Weiterentwicklungen sichtbar gemacht werden. Konkret wird darauf hingewiesen, durch welche Weiterentwicklungen ein bestehender, bereits übernommener EU-Rechtsakt nachträglich geändert, aufgehoben oder im Hinblick auf den Vollzug präzisiert worden ist. Spezifische Inhaltsangaben zu den einzelnen Weiterentwicklungen können zudem der chronologischen Auflistung in Anhang I entnommen werden.

6341

3.2.1

Regelungen im Bereich Aussengrenzen

Eine erste wichtige Gruppe von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands betrifft den Bereich Aussengrenzen. Inhaltlich lassen sich die entsprechenden Rechtsakte drei grossen Regelungskomplexen zuordnen: Zum einen stehen die Weiterentwicklungen im Zusammenhang mit der Festlegung der materiellen Grundsätze und Verfahren zur Kontrolle des Grenzübertritts an den Binnen- und Aussengrenzen (Schengener Grenzkodex). Zum anderen schaffen sie neue, gemeinsame Instrumente zur Unterstützung der Schengen-Staaten bei der Überwachung der Aussengrenzen (FRONTEX, Aussengrenzenfonds). Schliesslich regelt eine letzte Weiterentwicklung den Rechtsrahmen für eine vereinfachte Grenzübertrittsregelung an den Landaussengrenzen (kleiner Grenzverkehr).

Schengener Grenzkodex Die Verordnung (EG) Nr. 562/2006, der sog. Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14), stellt eine der zentralen Rechtsgrundlagen im Bereich Aussengrenzen dar. Der Grenzkodex konsolidiert die Grundsätze und Regelungen zum Grenzübertritt an den Binnen- und Aussengrenzen des Schengen-Raumes und ersetzt die bis dahin geltenden Rechtsgrundlagen, namentlich des SDÜ39, welche die Schweiz bereits anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen hatte. Regelungsgegenstand bilden zunächst die Voraussetzungen für die Einreise in den Schengen-Raum sowie die im Hinblick auf die Überwachung der Aussengrenzen zu beachtenden Grundsätze (z.B.

obligatorische SIS-Abfrage, Abstempelung der Reisedokumente; getrennte Kontrollspuren an den Grenzübergangsstellen, Kontrollintensität, personelle und finanzielle Ressourcen für die Grenzkontrollen). Darüber hinaus statuiert der Grenzkodex die grundsätzliche Verpflichtung zum Abbau der Personenkontrollen an den Binnengrenzen und regelt die Voraussetzungen und Verfahren zur vorübergehenden Wiedereinführung dieser Kontrollen in besonderen Fällen.

Der Schengener Grenzkodex wurde insgesamt fünfmal inhaltlich geändert, wobei die Änderungen in der Regel vorwiegend technisch-redaktioneller Natur waren: Während es in einem Fall (WE Nr. 69) um das EU-interne Beschlussfassungsverfahren für den Erlass von Durchführungsrechtsakten der Europäischen Kommission (Komitologie) ging, wurde in anderen Fällen (WE Nr. 80, 88 und 105) in erster Linie die materielle Kohärenz zu den Vorgaben anderer Weiterentwicklungen hergestellt. Inhaltlich ging es dabei um die Festlegung der Modalitäten des Einsatzes des VIS durch die Grenzkontrollbehörden, um die Anpassung eines Verweises auf die einschlägigen Vorschriften zur Annullierung von Visa an der Grenze sowie um die Prüfung der Einreisevoraussetzungen bei Inhaberinnen und Inhabern von nationalen Langzeitvisa. In einem Fall (WE Nr. 107) wurde der Grenzkodex mit zusätzlichen materiellen Vorgaben ergänzt, welche aber für die Schweiz mangels Seeaussengrenzen nicht unmittelbar von Bedeutung sind (Einsatzregeln zum Abfangen und zum Aufgriff von Personen im Rahmen gemeinsamer FRONTEX-Einsätze, Leitlinien für Such- und Rettungsaktionen sowie die Ausschiffung).

39

Artikel 2­8 SDÜ (vgl. Anhang A, Teil 1 SAA)

6342

Zur Durchführung des Grenzkodex hat die Europäische Kommission einen gemeinsamen Leitfaden für Grenzschutzbeamte, das sogenannte Schengen-Handbuch (WE Nr. 23), verabschiedet. Dieses Handbuch, das rechtlich nicht verbindlich ist, enthält zuhanden der zuständigen nationalen Behörden vollzugspraktische Anweisungen (Leitlinien, Empfehlungen und in der Praxis bewährte Verfahren), die im Sinne einer Orientierungshilfe zu einer einheitlichen Durchführung von Grenzübertrittskontrollen bei Personen beitragen sollen. Das Handbuch wurde mehrmals den veränderten Bedürfnissen der Praxis angepasst (WE Nr. 59, 112, 118 und 138).

Aussengrenzagentur (FRONTEX) Ein wichtiges Element im Instrumentarium zur Überwachung der Aussengrenzen bildet die mit Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 (FRONTEX-Verordnung, WE Nr. 1) geschaffene Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der EU (kurz: FRONTEX). Abgesehen von der Festlegung gemeinsamer Ausbildungsinhalte und -standards und der Durchführung von Risikoanalysen liegt die Aufgabe von FRONTEX in der gezielten, operationellen Unterstützung der Schengen-Staaten, sei es im Hinblick auf die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Organisation gemeinsamer Sammelflüge) oder sei es bei der Überwachung von Aussengrenzabschnitten, die einem hohen Migrationsdruck ausgesetzt sind (insbesondere Durchführung «gemeinsamer Aktionen» zwecks verstärktem technischen und operativen Beistand).

Die FRONTEX-Verordnung wurde zweimal materiell geändert. Ein erstes Mal wurde das Aufgabenspektrum der Agentur durch die Verordnung (EG) Nr. 863/2007 (RABIT-Verordnung, WE Nr. 37) dahingehend erweitert, dass diese einem Schengen-Staat zur Bewältigung einer plötzlich auftretenden ausserordentlichen Migrationssituation mit der Entsendung von Soforteinsatzteams von Grenzbeamten (sog.

Rapid Border Intervention Teams, RABITS) zur Seite stehen kann. Um solche Soforthilfeeinsätze zu ermöglichen, sind die Schengen-Staaten zwar verpflichtet, eine Anzahl von Grenzschutzbeamten für den RABIT-Pool zur Verfügung zu halten, können aber nicht nur die Auswahl der Fachleute und die Dauer ihres Einsatzes bestimmen, sondern auch die Entsendung im Einzelfall mit Verweis auf eine besondere nationale Lage ablehnen. Auch im Rahmen der zweiten Anpassung (Verordnung (EU) Nr. 1168/2011, WE Nr. 128) wurde das Mandat der Agentur erweitert, wobei FRONTEX sowohl in ihrem Aktionsradius (Koordinationsfunktion) als auch in ihren Wirkungsmöglichkeiten (eigenes Material) gestärkt wurde. Neu ist vor allem die Bildung eines Pools nationaler Grenzwächter, die im Rahmen gemeinsamer Operationen als europäische Grenzschutzteams eingesetzt werden können. Im Unterschied zu den RABITS kommen die europäischen Grenzschutzteams auf der Basis des jährlichen Arbeitsplans von FRONTEX in sämtlichen Fällen zum Einsatz, in denen ein Schengen-Staat technische oder operationelle Hilfe benötigt.

Zur Beteiligung der assoziierten Staaten an den Aktivitäten von FRONTEX wurde im Übrigen eine Zusatzvereinbarung mit der EU40 abgeschlossen. Die Vereinbarung 40

Vereinbarung vom 30. September 2009 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein einerseits sowie der Europäischen Gemeinschaft andererseits zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung dieser Staaten an der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, SR 0.362.313.

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regelt die Beteiligungsmodalitäten, insbesondere was die Ausübung des Stimmrechts in den Organen der Agentur (Verwaltungsrat), die Beitragspflicht (Berechnungsmethode) sowie Personalfragen anbelangt.

Aussengrenzenfonds Ein drittes wichtiges Instrument im Zusammenhang mit der Sicherung der Aussengrenzen des Schengen-Raumes bildet die Einrichtung des sog. Aussengrenzenfonds (Entscheidung Nr. 574/2007/EG, WE Nr. 36). Zweck des Fonds mit einer Laufzeit von sieben Jahren und einer Finanzausstattung von insgesamt 1820 Millionen Euro ist es, die Schengen-Staaten, welche aufgrund der Länge oder geopolitischen Bedeutung ihrer Land- oder Seegrenzen auf Dauer hohe Kosten für den Schutz der Aussengrenzen tragen müssen, finanziell zu unterstützen. Entsprechend können die Staaten für die Umsetzung von Massnahmen, mit welchen die Effizienz der Grenzüberwachung erhöhen, unter bestimmten Voraussetzungen die Ko-Finanzierung aus Mitteln des Fonds beantragen.

Während in der Entscheidung Nr. 574/2007/EG im Wesentlichen die grundsätzlichen Festlegungen zur Fondsarchitektur enthalten sind, können die genauen Detailregelungen aus folgenden Durchführungsrechtsakten entnommen werden, welche die Europäische Kommission als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands verabschiedet hat: ­

Mit den sog. strategischen Leitlinien (Entscheidung 2007/599/EG, WE Nr. 43) hat die Europäische Kommission zunächst die übergeordneten und spezifischen Prioritäten festgelegt, im Lichte derer die Förderungswürdigkeit nationaler Projekte beurteilt wird. Zu diesen Prioritäten gehören etwa die Einrichtung eines integrierten Grenzschutzsystems, die Implementierung eines europäischen Aussengrenzüberwachungssystems oder Massnahmen im Bereich Visaerteilung und Bekämpfung der illegalen Einwanderung.

­

Das Gros der notwendigen Durchführungsbestimmungen ist allerdings in der Entscheidung 2008/456/EG (WE Nr. 57) enthalten, die bisher insgesamt dreimal geändert wurde (WE 87, 103, 115). Inhaltlich konkretisieren die Regelungen die Vorgaben zum Verwaltungs- und Kontrollsystem, das von den Schengen-Staaten zur Überprüfung der korrekten Verwendung der zugesprochenen Fondsgelder einzurichten ist. Darüber hinaus sind detaillierte Durchführungsvorschriften in Bezug auf die Verwaltung und finanzielle Abwicklung der aus dem Fonds ko-finanzierten Projekte sowie präzisierende Vorgaben und Kriterien zur Förderfähigkeit der Ausgaben im Rahmen solcher Projekte enthalten.

­

Alljährlich hat die Europäische Kommission mittels Beschluss zudem die Fondsanteile zu bestimmen, die den Schengen-Staaten für förderungswürdige Projekte zur Verfügung stehen. Für die Haushaltsjahre 2010­2013 hat dies die Europäische Kommission mit den Beschlüssen K(2010) 2378 endg., K(2011) 1582 endg., K(2011) 9883 endg. und K(2013) 220 endg. (WE Nr. 106, 116,129 und 140) getan. Die zugewiesenen Richtbeträge sind lediglich als Orientierungswerte zur Bestimmung der Höhe des verfügbaren Fondsanteils zu verstehen; die Höhe der effektiv ausbezahlten Fondsgelder bemisst sich in diesem Rahmen nach den Kosten der nationalen Projekte, für

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die die Ko-Finanzierung von der Europäischen Kommission genehmigt wurde.

­

Schliesslich hat die Europäische Kommission mit dem Beschluss K(2011) 9771 endg. (WE Nr. 130) auch Leitlinien für Finanzkorrekturen festgelegt, die für alle Fonds des generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» und damit auch für den Aussengrenzenfonds gelten.

Konkret werden darin die Modalitäten und Verfahren für Finanzkorrekturen festgelegt, welche die Europäische Kommission vornehmen kann, wenn sie Unregelmässigkeiten bei einem Einzelvorhaben oder schwerwiegende Mängel bei den nationalen Verwaltungs- und Kontrollsystemen aufdeckt.

Um die Beteiligung der assoziierten Staaten am Aussengrenzenfonds sicherzustellen, wurde ebenfalls der Abschluss einer Zusatzvereinbarung mit der EU41 erforderlich. Die Vereinbarung regelt die Beteiligungsmodalitäten, insbesondere was die Beitragspflicht (Berechnungsmethode), die daraus zugewiesenen Mittel sowie die Finanzkontrolle anbelangt.

Regelung des kleinen Grenzverkehrs Eine weitere Weiterentwicklung im Bereich Aussengrenzen stellt schliesslich die Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 (WE Nr. 24) dar. Ziel der Verordnung ist es, einen gemeinsamen Rechtsrahmen für eine erleichterte Grenzübertrittsregelung an den Landaussengrenzen des Schengen-Raumes im Sinne des kleinen Grenzverkehrs aufzustellen. Das Grenzregime der Verordnung, das eine Ausnahmeregelung zu den allgemeinen Vorgaben des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) darstellt, trägt regionalen Besonderheiten Rechnung, ohne das Interesse der Schengen-Staaten an einem effizienten Grenzschutz zu vernachlässigen. Für die Schweiz ist die entsprechende Regelung mangels eigener Land-Aussengrenzen allerdings ohne praktische Relevanz.

3.2.2

Regelungen im Bereich Visa

Eine zweite wichtige Gruppe von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands betrifft den Visabereich. Inhaltlich lassen sich die entsprechenden Rechtsakte vier grossen Regelungskomplexen zuordnen: Zum einen betreffen die Weiterentwicklungen die Bestimmung derjenigen Drittstaaten, deren Angehörige der Visumspflicht unterliegen bzw. hiervon befreit sind. Zum anderen legen sie die Voraussetzungen und die Verfahren zur Erteilung von Schengen-Visa fest (Visakodex) oder stehen im Zusammenhang mit der Schaffung und Nutzung der technischen Infrastruktur für die Erfassung und Verwaltung von Visumanträgen (VIS) sowie für die Kommunikation zwischen den Visabehörden (Schengener Konsultationsnetz, VIS-Mail). Schliesslich betreffen einige Weiterentwicklungen die einheitliche Ausgestaltung der Visummarke.

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Vereinbarung vom 19. März 2010 zwischen der Europäischen Gemeinschaft sowie der Republik Island, dem Königreich Norwegen, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über zusätzliche Regeln im Zusammenhang mit dem Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013, SR 0.362.312.

6345

Liste der visumpflichtigen Staaten Die Verordnung (EG) Nr. 539/2001/EG, die im Rahmen der Genehmigung des SAA von der Schweiz bereits übernommen wurde (vgl. Anhang B SAA), bestimmt in Form von Listen den Kreis derjenigen Drittstaaten, deren Bürgerinnen und Bürger für das Überschreiten der Aussengrenzen der Visumspflicht für einen kurzfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum unterliegen bzw. davon befreit sind.

Die Verordnung wurde mehrmals inhaltlich angepasst. Dabei ging es in einem Fall (WE Nr. 6) um eine flexiblere Ausgestaltung der Beschlussfassung im Rahmen des sog. Gegenseitigkeitsmechanismus, der sicherstellt, dass ein Drittstaat nur von einer Visumsbefreiung profitieren kann, solange er seinerseits keinen der SchengenStaaten der Visumspflicht unterstellt. In vier Fällen (WE Nr. 25, 95, 113 und 114) wurde die Liste der visumpflichtigen Drittstaaten den veränderten Gegebenheiten angepasst. Dabei wurde ein Staat (Bolivien) neu der Visumspflicht für einen kurzfristigen Aufenthalt (max. 90 Tage innerhalb von 180 Tagen) im Schengen-Raum unterstellt, während einige Balkanstaaten (Mazedonien, Montenegro, Serbien, Albanien sowie Bosnien und Herzegowina) sowie eine Reihe von Kleinstaaten (Nördliche Marianen, Antigua und Barbuda, Bahamas, Barbados, Mauritius, Seychellen, St. Christoph und Nevis) und Taiwan von dieser Pflicht entbunden wurden.

Visakodex Der Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009, WE Nr. 88) bildet die zentrale Rechtsgrundlage für die Regelung der Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Schengen-Visa, die die Inhaberin oder den Inhaber für einen Aufenthalt im Schengen-Raum von höchstens 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen berechtigen. Der Visakodex kodifiziert die Vorgaben, die bisher in verschiedenen Rechtsakten enthalten waren, und fasst diese in einem neuen, konsolidierten Rechtsakt zusammen42. Der Visakodex ersetzt dabei neben einigen Bestimmungen des SDÜ (Art. 9­17 SDÜ) vor allem auch die bis dahin massgebende Gemeinsame Konsularische Instruktion (GKI).43 Diese wurde im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands ihrerseits ebenfalls mehrmals materiell geändert (WE Nr. 17, 22, 52, 72, 75, 79, 81, 100 und 102), ist mit dem Inkrafttreten des Visakodex aber obsolet geworden (vgl. auch unten Ziff. 3.3).

Der Visakodex seinerseits wurde zweimal, wenn auch geringfügig, materiell geändert. Dabei ging es in einem Fall (Verordnung (EU) Nr. 154/2012, WE Nr. 134) um die Ausmerzung einer mehrdeutigen Formulierung im Zusammenhang mit der Visumspflicht für den Flughafentransit. Im anderen Fall (Verordnung (EU) Nr. 977/2011, WE Nr. 136) wurden die Vorgaben in Bezug auf das Ausfüllen der Visumsmarken leicht angepasst.

42

43

Eine gewisse Ausnahme bildet die Empfehlung 2005/761/EG des Parlaments und des Rates (WE Nr. 13), die die Erteilung von Schengen-Visa an Forscherinnen und Forscher aus Drittstaaten erleichtern will. Die rechtlich nicht verbindliche Empfehlung bleibt als solche bestehen und wird vom Visakodex nur teilweise (in Bezug auf die Gebührenfreiheit) «ersetzt».

Beschluss SCH/Com-ex (99) 13; vgl. Anhang A Teil 3 SAA.

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Überdies bestehen mittlerweile eine Reihe von Durchführungserlassen zum Visakodex.

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Einesteils betreffen diese die Belege, die bei der Beantragung eines Schengen-Visums vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten besser Rechnung tragen zu können, präzisiert die Europäische Kommission in verschiedenen Durchführungsbeschlüssen (WE Nr.

121, 125, 131, 135, 137 und 142) Art und Umfang der Belege, die jeweils in bestimmten Konsularbezirken vorzulegen sind.

­

Anderenteils wurden die Vorgaben des Visakodex durch zwei Handbücher zuhanden der Konsularbediensteten ergänzt. Diese sollen ihrem Charakter als an die zuständigen Behörden gerichtete Verwaltungsweisung entsprechend eine einheitliche Anwendung in der Praxis gewährleisten: Das eine Handbuch (Beschluss K(2010) 1620 endg, WE Nr. 104) enthält praktische Anweisungen (Leitlinien, Empfehlungen und in der Praxis bewährte Verfahren) im Hinblick auf die Bearbeitung von Visumanträgen und die Änderung bereits erteilter Visa. Es wurde einmal materiell geändert (WE Nr. 121). Das andere Handbuch (Beschluss K(2010) 3667 endg., WE Nr. 108) hat die Organisation der Visumstellen und die konsularische Zusammenarbeit vor Ort zum Gegenstand.

Visa-Informationssystem (VIS) Die zweite zentrale Instrument des Schengen-Besitzstands im Visumbereich bildet das Visa-Informationssystems (VIS), dessen Rechtgrundlage die Verordnung (EG) 767/2008 (VIS-Verordnung, WE Nr. 63) bildet44. Die VIS-Verordnung legt den Zweck, die Funktionen und die Zuständigkeiten für das System fest und regelt neben Art und Umfang der im VIS zu speichernden Daten auch die Bedingungen und Verfahren für deren Austausch (etwa im Rahmen des Konsultationsverfahrens zwischen den Schengen-Staaten, das der Visaerteilung vorausgeht). Ergänzt wird die VIS-Verordnung durch den sog. VIS-Beschluss (Beschluss 2008/633/JI, WE Nr. 70), mit welchem die Zugriffsrechte auf die im VIS gespeicherten Daten unter bestimmten Voraussetzungen auf die für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständigen Behörden sowie auf Europol ausgedehnt werden, soweit dies zur Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten erforderlich ist.

Während die VIS-Verordnung bisher nur einmal materiell geändert wurde (WE Nr. 88), wobei die Anpassungen lediglich von marginaler Natur waren (Herstellung der Kohärenz mit dem Visakodex, WE Nr. 88), hat die Europäische Kommission eine ganze Reihe von Durchführungsmassnahmen erlassen.

44

Der Entscheid, ein gemeinsames Visa-Informationssystem einzurichten, geht auf die Entscheidung 2004/512/EG des Rates zurück (vgl. Anhang B SAA), wobei die Kommission mit der Entwicklung des Systems beauftragt wurde. Mit der Entscheidung 2008/602/EG (WE Nr. 58) hat diese dann auch konkrete Vorgaben in Bezug auf den physischen Aufbau und die Anforderungen für die nationalen Schnittstellen sowie die Kommunikationsinfrastruktur zwischen diesen und dem zentralen Visa-Informationssystem (C-VIS) in der Entwicklungsphase vorgegeben.

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­

Ein Teil dieser Vollzugsmassnahmen betrifft das elektronische Kommunikationssystem «VIS Mail», über welches der gesamte Informationsaustausch im Rahmen des VIS abgewickelt wird. Während in der Entscheidung 2009/377/EG (WE Nr. 82) die Verwendungszwecke und Funktionalitäten von «VIS Mail» definiert werden, sind im Durchführungsbeschluss K(2012) 1301 endg. (WE Nr. 132) die erforderlichen technischen Spezifikationen für die Kommunikationsinfrastruktur enthalten.

Mit Abschluss des VIS-Roll-Out (Zeitpunkt, ab dem alle Schengen-Staaten in allen Regionen an das VIS angeschlossen sind) wird «VIS Mail» das Schengener Konsultationsnetz (VISION), welches bis anhin für die automatisierte Kommunikation im Zusammenhang mit der Erteilung von Schengen-Visa benutzt wurde45, vollständig ersetzen. Gleichwohl hat das Schengener Konsultationsnetz bzw. der Leitfaden für dessen Verwendung, das sog. Pflichtenheft, im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands eine Reihe von materiellen Anpassungen erfahren, die allerdings insgesamt betrachtet Detailaspekte von untergeordneter Bedeutung betreffen (WE Nr. 45, 46, 76, 99 und 119).

45

­

Eine andere Vollzugsmassnahme der Europäischen Kommission (Entscheidung 2009/876/EG, WE Nr. 94) konkretisiert verschiedene Grundsätze und Festlegungen der VIS-Verordnung, so z.B. in Bezug auf die Dateneingabe, die Verknüpfung von Antragsdatensätzen, den Datenzugang oder die Änderung und Löschung von Daten.

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Zwei weitere Massnahmen betreffen die biometrischen Merkmale und haben einen ausgeprägt technischen Charakter. So werden mit der Entscheidung 2006/648/EG (WE Nr. 27) die Mindestanforderungen für die technischen Standards und Eingabeformate für biometrische Daten formuliert und mit der Entscheidung 2009/756/EG (WE Nr. 92) weitere technische Spezifikationen (Auflösungs- und Verwendungsspezifikationen) für Fingerabdruckdaten festgelegt, die zwecks biometrischer Identifizierung und Überprüfung im VIS abgelegt werden.

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Schliesslich sind zwei Weiterentwicklungen im Zusammenhang mit der schrittweisen, nach Regionen gestaffelten Inbetriebnahme des VIS zu sehen.

Nachdem die Europäische Kommission mit Entscheidung 2010/19/EG (WE Nr. 93) bereits eine erste Gruppe von Regionen bestimmt hatte, benennt sie mit dem Durchführungsbeschluss 2012/274/EU (WE Nr. 133) eine zweite Gruppe von Regionen, in welchen bei sämtlichen Visumanträgen mit der Erhebung von biometrischen Daten und deren Übermittlung an das VIS begonnen wird. Am Rande sei hier erwähnt, dass das genaue Datum für den Betriebsbeginn des VIS in den einzelnen Regionen von der Europäischen Kommission jeweils in einem gesonderten Durchführungsbeschluss festgelegt wird. Da das entsprechende Verfahren in der VIS-Verordnung (WE Nr. 63) rechtlich bereits in allen Details vorgezeichnet ist, konnten die vier

Die Einrichtung von VISION zur automatisierten Konsultation der zentralen Behörden geht auf einen Beschluss des Schengener Exekutivausschusses SCH/Com-ex (94) 15 rev.

vom 21. November 1994 zurück (vgl. Anhang A Teil 3 SAA).

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bisher verabschiedeten Durchführungsbeschlüsse46 als reine Vollzugsakte eingestuft und auf eine förmliche Übernahme nach Massgabe von Artikel 7 SAA verzichtet werden.

Einheitliche Visagestaltung Ein einheitliches Regime für Kurzzeitvisa (Schengen-Visa) setzt selbstverständlich auch eine Harmonisierung der Merkmale und des Erscheinungsbildes der Visummarke voraus. Die diesbezüglichen Vorgaben sind in der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 enthalten, die selbst allerdings keine Weiterentwicklung darstellt, sondern von der Schweiz bereits mit der Genehmigung des SAA übernommen wurde (vgl. Anhang B SAA). Seither sind die Vorgaben zur einheitlichen Visagestaltung nur einmal inhaltlich geändert worden (WE Nr. 64). Dabei ging es neben der Festlegung zusätzlicher Sicherheitselemente nur um eine geringfügige Anpassung des Visa-Nummerierungssystems, mit der eine zuverlässige Überprüfung der Schengen-Visa im VIS sichergestellt werden soll.

Da die Verordnung (EG) Nr. 1683/95 nur die nicht geheimen Spezifikationen enthält, wurde der Europäischen Kommission zu deren Durchführung die Befugnis übertragen, weitere Spezifikationen zu erlassen, mit denen Fälschungen und Verfälschungen vermieden werden sollen. Diese Sicherheitsmerkmale hat die Europäische Kommission mit der Entscheidung K(96) 352 endg. definiert. Diese sind ebenfalls bereits in Anhang B des SAA enthalten. Im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wurden diese zweimal inhaltlich angepasst (WE 83 und 101), um die Fälschungssicherheit des Visa-Stickers weiter zu erhöhen.

3.2.3

Reglungen im Bereich Migration

Ein dritter wichtiger Bereich des Schengen-Besitzstands, in dem Weiterentwicklungen zu verzeichnen sind, ist der Bereich Migration. Inhaltlich betreffen die entsprechenden Rechtsakte drei Aspekte: Inhalt und Ausgestaltung von Reisedokumenten und Aufenthaltstiteln, die konsularische Zusammenarbeit vor Ort und die Rückführung von Drittstaatsangehörigen.

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Vgl. Durchführungsbeschluss 2011/636/EU der Kommission vom 21. September 2011 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer ersten Region (ABl. L 249 vom 27.9.2011, S. 18); Durchführungsbeschluss 2012/233/EU der Kommission vom 27. April 2012 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer zweiten Region (ABl. L 117 vom 1.5.2012, S. 9); Durchführungsbeschluss 2012/512/EU der Kommission vom 21.

September 2012 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des VisaInformationssystems (VIS) in einer dritten Region (ABl. L 256 vom 22.9.2012, S. 21) sowie Durchführungsbeschluss 2013/122/EU der Kommission vom 7. März 2013 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer vierten und fünften Region (ABl. L 65 vom 8.3.2013, S. 35).

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Anforderungen an Reisedokumente und Aufenthaltstitel Eine erste Gruppe von Weiterentwicklungen legt Inhalt und Anforderungsprofil von Reisedokumenten und Aufenthaltstiteln fest, die von den Schengen-Staaten für eigene Staatsangehörige oder für Drittstaatsangehörige ausgestellt werden. Hinzuweisen ist auf die folgenden Weiterentwicklungen: Einführung biometrischer Pässe Die Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2) bestimmt den Inhalt und das Anforderungsprofil für Pässe und Reisedokumente, die von den Schengen-Staaten ausgestellt werden. Dabei werden neben den Mindestanforderungen an die Dokumentensicherheit u.a. auch die biometrischen Merkmale festgelegt, die in solche Ausweise aufgenommen werden müssen (Gesichtsbild und zwei Fingerabdrücke).

Ziel der Vorgaben ist es, die Sicherheit von Reisedokumenten zu erhöhen und sicherzustellen, dass eine verlässliche Verbindung zwischen dem Dokument und dessen rechtmässiger Inhaberin oder rechtmässigem Inhaber hergestellt werden kann. Überdies stellen sie sicher, dass die Schengen-Staaten weiterhin im Visa Waiver Program der USA verbleiben können und nicht der Visumpflicht unterstellt werden. Von den Vorgaben nicht erfasst werden provisorische Pässe, Notpässe und Identitätskarten.

Die Verordnung wurde einmal inhaltlich geändert (Verordnung (EG) Nr. 444/2009, WE Nr. 86), um auf der Grundlage der gemachten Praxiserfahrungen und Tests die Sicherheit der biometrischen Ausweise weiter zu erhöhen.

Demgegenüber sind die in der Verordnung enthaltenen Festlegungen durch detaillierte technische Spezifikationen ergänzt worden, welche die Europäische Kommission im Rahmen von Durchführungserlassen festgelegt und entsprechend der technischen Entwicklung aufdatiert hat: Zu nennen ist zunächst die Entscheidung K(2005) 409 endg. (WE Nr. 8), mit welcher die technischen Detailregelungen für die Sicherheitsmerkmale (z.B. Anforderungen an Format und Qualität der biometrischen Daten oder an das Speichermedium) festgelegt werden. Diese wurde durch zusätzliche Spezifikationen ergänzt (WE Nr. 16 und 123), die konkret auf den Schutz der biometrischen Daten (namentlich Fingerabdruckdaten) abzielen. Schliesslich hat die Europäische Kommission auch sog. Zertifikatsregeln verabschiedet (WE Nr. 68 und 91), die sicherstellen, dass die auf dem Chip gespeicherten Fingerabdruckdaten nur
durch die zugriffsberechtigten Behörden und mittels eigens hierzu zertifizierten Lesegeräten gelesen werden können.

Einheitliche Gestaltung der Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige Vor dem Hintergrund, dass Drittstaatsangehörige mit einem rechtmässigem Aufenthalt in einem Schengen-Staat berechtigt sind, sich visumsfrei für maximal 3 Monate im gesamten Schengen-Raum frei zu bewegen, wurde die Ausgestaltung der nationalen Aufenthaltstitel bereits mit der Verordnung (EG) Nr. 1030/ 2002 (vgl.

Anhang B SAA) schengenweit vereinheitlicht. Im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51) wurden die entsprechenden Vorgaben überarbeitet, um insbesondere die Integration biometrischer Merkmale (Gesichtsbild und zwei Fingerabdrücke) in die Ausländerausweise zu ermöglichen und damit die Dokumentensicherheit zu erhöhen (verbesserter Schutz vor Fälschung und vor betrügerischer Verwendung der Ausweise).

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Die Vorgaben der Verordnungen sind überdies durch zwei Rechtsakte der Europäischen Kommission ergänzt worden (WE Nr. 84 und 124), die im Sinne von Durchführungsvorschriften jene technischen Anforderungen bestimmen, die aus Sicherheitsgründen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

Visierfähigkeit von Reisepapieren von Drittstaatsangehörigen Mit dem Beschluss 1105/2011/EU (WE Nr. 127) wird das Handbuch visierfähiger Reisedokumente totalrevidiert. Dieses sieht ein Verfahren vor, im Rahmen dessen die Europäische Kommission eine Liste aller Reisedokumente, die von Drittstaaten bzw. von den EU-Mitgliedstaaten ausgestellt wurden, erstellt und periodisch nachführt. Dabei wird auch systematisch vermerkt, inwieweit die darin aufgeführten Reisedokumente von einem bestimmten Schengen-Staat anerkannt sind oder nicht.

Anhand dieser Liste können die Grenzschutzbehörden sowie Konsularischen Dienste daher verlässlich überprüfen, ob ein Reisedokument visierfähig ist, d.h.

geeignet ist, mit einem Schengen-Visum versehen zu werden.

Konsularische Zusammenarbeit vor Ort Abgesehen vom bereits erwähnten Handbuch über die Organisation der Visumsstellen und die konsularische Zusammenarbeit vor Ort (WE Nr. 108, vgl. oben Ziff. 3.2.2), das praktische Leitlinien (best practices) zuhanden der zuständigen nationalen Behörden formuliert, ist im Zusammenhang mit der konsularischen Zusammenarbeit vor Ort auf drei Weiterentwicklungen hinzuweisen:

47

­

Mit der Verordnung (EU) Nr. 493/2011 (WE Nr. 117) wird das bereits bestehende Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (sog.

ILO-Netz) effektiver gestaltet.47 Um Synergien im Bereich des Migrationsund Grenzschutzmanagements zu nutzen, schafft die Verordnung u.a. die Rechtsgrundlage für eine enge Zusammenarbeit mit FRONTEX. Dabei wird der Informationsaustausch sowohl auf operativer als auch auf strategischer Ebene intensiviert, wobei hierfür das sichere, webgestützte Informationsund Koordinierungsnetz für die Migrationsbehörden (ICONet, siehe sogleich unten) genutzt werden kann.

­

Um die illegale Einwanderung zu bekämpfen und die Rückkehr illegaler Migrantinnen und Migranten zu fördern, werden mit der Entscheidung 2005/687/EG der Europäischen Kommission (WE Nr. 33) Inhalt und Form der jährlichen Lageberichte standardisiert, die im Rahmen des ILO-Netzwerkes über illegale Einwanderung, Schleuserkriminalität, Menschenhandel und Rückführungen allen Schengen-Staaten zur Kenntnis gebracht werden.

­

Auf der Basis der Entscheidung 2005/267/EG (WE Nr. 5) wurde das gesicherte, internetbasierte Informations- und Koordinierungsnetz (kurz: ICONet) eingerichtet, das im Migrationsbereich einen sicheren und raschen Austausch von Sachinformationen im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe sicherstellt. So werden über ICONet im Sinne eines Frühwarnsystems zum einen Informationen über illegale Einwanderung und Schleusernetze übermittelt. Zum anderen wird ICONet auch für den Austausch von InformatioVgl. Verordnung (EG) Nr. 377/2004 (Anhang B SAA).

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nen, Trends und Erkenntnissen innerhalb des ILO-Netzwerks oder die Koordination von gemeinsamen Sammelflügen zur Rückführung illegal aufhältiger Personen genutzt.

Die erforderlichen Durchführungsvorschriften hat die Europäische Kommission mit der Entscheidung K(2005) 5159 endg. (WE Nr. 32) erlassen. Die darin enthaltenen Vorgaben reichen von Musterformularen für die Meldung von Ereignissen im Rahmen des Frühwarnsystems im Bereich der illegalen Einreise bis hin zu Datenschutzregeln zur Vorbeugung unberechtigten Zugriffen und Datenbearbeitungen.

Rückführung Im Bereich der Rückführung von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist eine wichtige Weiterentwicklung zu verzeichnen. Mit der Richtlinie 2008/115/EG (sog.

Rückführungsrichtlinie, WE Nr. 78) wurden die nationalen Verfahren zur Rückführung illegal anwesender Personen aus Nicht-Schengen-Staaten (Drittstaaten) angeglichen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Staaten beim Vollzug von Wegweisungen in Drittstaaten zu verbessern. Durch die Vereinheitlichung der Verfahren werden beispielsweise die Organisation und Durchführung von gemeinsamen Sonderflügen vereinfacht; zudem wird das Risiko verringert, dass die einzelnen Staaten aufgrund von unterschiedlichen Regelungen auch unterschiedlich von der illegalen Migration betroffen sind.

3.2.4

Regelungen auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit

Einen weiteren wichtigen Bestandteil der Schengener Zusammenarbeit bilden die Regelungen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit. Auf diesem Gebiet sind bis heute drei Entwicklungslinien zu verzeichnen: Der Ausbau des amtshilfeweisen polizeilichen Informationsaustauschs («Schwedische Initiative»), die Stärkung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten auf der Grundlage der Entsendung von Verbindungsbeamten sowie die Anpassung der waffenrechtlichen Rahmenvorschriften an die Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls (Waffenrichtlinie).

«Schwedische Initiative» Eine wichtige Weiterentwicklung auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit stellt der Rahmenbeschluss 2006/960/JI (WE Nr. 35), auch «Schwedische Initiative» genannt, dar. Dieser ergänzt die bereits bestehenden Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Amtshilfe (Art. 39 und 46 SDÜ) mit dem Ziel, den Austausch von Informationen und Erkenntnissen über schwerwiegende Straftaten und terroristische Handlungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten zu vereinfachen. Dabei folgt der Rahmenbeschluss konzeptionell dem sog. Disponibilitätsprinzip, wonach die den Behörden vorliegenden Informationen auch den Partnerbehörden der anderen Schengen-Staaten zur Verfügung gestellt werden sollen.

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Soweit im nationalen Recht ein Informationsaustausch vorgesehen ist, soll dieser ­ unter den gleichen Bedingungen ­ auch grenzüberschreitend mit den Partnerbehörden der anderen Schengen-Staaten möglich sein. Zu diesem Zweck macht der Rahmenbeschluss präzise Vorgaben zum Verfahren, indem die Anlaufstellen und die einzuhaltenden Formvorschriften (Formulare) bestimmt und kurze Bearbeitungsfristen vorgegeben werden.

Verbindungsbeamte der Strafverfolgungsbehörden Die Möglichkeit zur gemeinsamen Inanspruchnahme von Verbindungsbeamten, die von den Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten entsandt werden, war bereits auf der Basis des Beschlusses 2003/170/JI gegeben. Die Schweiz hatte diesen Beschluss mit der Genehmigung des SAA übernommen (vgl. Anhang B SAA). Mit dem Beschluss 2006/560/JI (WE Nr. 21) sind die Rechtsgrundlagen im Lichte der gemachten Praxiserfahrungen revidiert worden. Neu vorgesehen sind neben der Inanspruchnahme von Europol-Verbindungsbeamten auch verschiedene Möglichkeiten zur verstärkten Koordination unter den Schengen-Staaten.

Waffenrichtlinie Die letzte Weiterentwicklung auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit ist die Richtlinie 2008/51/EG (WE Nr. 56). Diese ändert die sog. Waffenrichtlinie (Richtlinie 91/477/EWG), welche die Schweiz bereits anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA). Inhaltlich geht es in erster Linie um die Anpassung der Bestimmungen der bestehenden Waffenrichtlinie an die Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls48, welches die EU im Jahre 2002 unterzeichnet hat.49 Darüber hinaus wird das bestehende Regime punktuell präzisiert, wobei die Neuerungen grossmehrheitlich klarstellenden Charakter haben (Präzisierung von Begriffsbestimmungen) und die bisherigen Verpflichtungen der Waffenrichtlinie nicht substanziell verändern. Im Wesentlichen geht es dabei um die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit von Feuerwaffen (Markierungspflicht auch auf kleinster Verpackungseinheit von Munition, Dokumentationspflichten von Waffenhändlern, Einrichtung eines elektronischen, aber nicht zwingend zentral geführten Waffenregisters).

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Zusatzprotokoll vom 31. Mai 2001 gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, SR 0.311.544.

Beschluss des Rates vom 16. Oktober 2001 zur Unterzeichnung -- im Namen der Europäischen Gemeinschaft -- des Protokolls betreffend die Bekämpfung der unerlaubten Herstellung von und des unerlaubten Handels mit Schusswaffen, Teilen von Schusswaffen und Munition zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, ABl. L 280 vom 24.10.2001, S. 5.

6353

3.2.5

Regelungen betreffend das Schengener Informationssystem (SIS)

Ein wichtiger Teil der bisherigen Weiterentwicklungen steht im Zusammenhang mit dem Aufbau und Betrieb des Schengener Informationssystems (SIS). Die Weiterentwicklungen betreffen dabei die Modernisierung des ursprünglichen Systems (SIS 1+) und die notwendigen Rechtsgrundlagen für die Inbetriebnahme des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II). Im Einzelnen ist auf folgende Entwicklungen hinzuweisen:

Vorschriften zum SIS I Gegenstand der Weiterentwicklungen zum SIS I sind die Rechtsgrundlagen betreffend die Errichtung und den Betrieb des Systems, das SIRENE-Handbuch sowie Anpassungen der Finanzregelungen zum C.SIS und SISNET. Im Zuge der Inbetriebnahme des SIS II am 9. April 201350 haben diese Weiterentwicklungen unterdessen ihre Bedeutung verloren und sind als obsolet zu betrachten, soweit sie nicht formell aufgehoben wurden.

Rechtsgrundlagen zum SIS I Die Rechtsgrundlagen für die Errichtung und den Betrieb des ursprünglichen Schengener Informationssystems (SIS I) hat die Schweiz bereits anlässlich der Genehmigung des Schengen-Assoziierungsabkommens übernommen.51 Im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wurden diese Rechtsgrundlagen jedoch in zwei Fällen materiell ergänzt, um die Integration neuer Funktionen in das bestehende System zu ermöglichen.

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50

51 52

Im Rahmen der ersten Anpassung, die mit Beschluss 2005/211/JI (WE Nr. 4) erfolgte, ging es zum einen um die Erweiterung der Zugriffsberechtigungen zugunsten der nationalen Justizbehörden, des Europäische Polizeiamts (Europol) sowie der Europäischen Einheit für die justizielle Zusammenarbeit (Eurojust) auf die polizeiseitigen SIS-Daten. Zum anderen wurden die Rechtsgrundlagen für den Austausch der Zusatzinformationen über die SIRENE-Stellen52 konsolidiert und aufdatiert.

Siehe den Beschluss 2013/157/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung des Beschlusses 2007/533/JI über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 8) sowie Beschluss 2013/158/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 10).

Artikel 92­119 SDÜ (vgl. Anhang A, Teil 1 SAA).

Die SIRENE-Büros (Supplementary Information Request at the National Entry) sind für den Betrieb des nationalen Teils des SIS zuständig. Sie stellen nationale Ausschreibungen ins System und koordinieren vor, während und nach einer Ausschreibung den Informationsaustausch mit den SIRENE-Büros der anderen Schengen-Staaten. Vgl. Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6085.

6354

Der Beschluss 2005/211/JI wurde in der weiteren Folge durch mehrere Weiterentwicklungen (WE Nr. 10a, 10b, 15a, 15b und 20) insoweit durchgeführt, als die Europäische Kommission in Bezug auf diverse Einzelregelungen den jeweiligen Inkrafttretenszeitpunkt festzulegen hat.53 ­

Im Rahmen der zweiten Anpassung (Verordnung (EG) Nr. 1160/2005, WE Nr. 9) wurde der Kreis der zugriffsberechtigten Behörden auf die Motorfahrzeugkontrollbehörden der Schengen-Staaten ausgedehnt, allerdings beschränkt auf SIS-Daten betreffend gestohlene, unterschlagene oder sonst abhanden gekommene Fahrzeuge bzw. auf ungültig erklärte Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge oder Kennzeichenschilder.

SIRENE-Handbuch Um einen einheitlichen und reibungslosen Vollzug der anwendbaren Rechtsgrundlagen zum SIS I zu ermöglichen, hatte der Schengener Exekutivausschuss54 das sog.

SIRENE-Handbuch verabschiedet, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SIRENE-Büros im Sinne einer Verwaltungsweisung die erforderlichen Praxisleitlinien mit einer detaillierten Beschreibung der Verfahren für den Austausch der Zusatzinformationen im Zusammenhang mit SIS-Abfragen an die Hand zu geben.

Die Schweiz hat dieses Handbuch ebenfalls bereits im Rahmen der Genehmigung des SAA übernommen55. Im Rahmen der Weiterentwicklung wurde es von der Europäischen Kommission mehrmals punktuell geändert, um neuen Bedürfnissen der Praxis Rechnung zu tragen oder spezifische Einzelaspekte der anwendbaren Abläufe optimieren zu können56.

53

54

55 56

­

So wurden mit Entscheidung K(2007) 6436 endg. (WE Nr. 44) im Hinblick auf die SIS-Anbindung der neuen EU-Mitgliedstaaten die sog. Transliterationsregeln angepasst, um Missverständnisse bei der Datenverwendung als Folge der verschiedenen Sprachen innerhalb der EU zu vermeiden.

­

Mit der Entscheidung 2006/757/EG und dem Beschluss 2006/758/EG (WE Nr. 47 und 48) wurde der Detaillierungsgrad der im Handbuch festgelegten Prozesse erhöht und einige, noch nicht geregelte Arbeitsabläufe (z.B. Vorgehensweise im Falle einer missbräuchlich verwendeten Identität) aufgenommen.

Andere Weiterentwicklungen (WE Nr. 7, 10c und 71) legen die entsprechenden Inkrafttretenszeitpunkte für die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 871/2004 fest, welche anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen wurde (vgl. Anhang B SAA). Die Verordnung stellt eine Parallelregelung zum oben erwähnten Beschluss 2005/211/JI (WE Nr. 4) dar und regelt jene Aspekte des SIS, welche die Ausschreibungen zum Zwecke der Einreiseverweigerung betreffen.

Dem Schengener Exekutivausschuss, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Schengen-Staaten zusammensetzte, war ein durch das SDÜ geschaffenes Organ des Völkerrechts. Ihm oblag es, auf die korrekte Anwendung des SDÜ zu achten. Dessen Aufgaben wurden im Rahmen der Integration des Schengen-Besitzstands in den institutionellen Rahmen der EU u.a. dem Sekretariat des Rates übertragen.

Beschluss SCH/Kom-ex (99) 6 (vgl. Anhang A, Teil 3.A SAA).

Darüber hinaus ging es in einem Fall (Beschluss 2007/473/EG, WE Nr. 38) um die Freigabe von bestimmten Teilen des Handbuchs, soweit deren Inhalt eine Geheimhaltung nicht erfordert.

6355

­

Mit dem Durchführungsbeschluss 2011/406/EU (WE Nr. 120) wurden die bestehenden Abläufe in den SIRENE-Büros optimiert (z.B. durch den Verzicht auf überholte Abläufe und ungenutzte Formulare oder eine benutzerfreundlichere Umschreibung bestimmter Anwendungen).

Finanzregelungen zum C.SIS und SISNET Eine Reihe weiterer Weiterentwicklungen zum SIS I stehen schliesslich im Zusammenhang mit den Finanzregelungen betreffend den Betrieb des Zentralsystems des SIS (C.SIS) einerseits und der Kommunikationsinfrastruktur des SIS (SISNET) andererseits. Die Finanzregelung zum C.SIS wurde insgesamt vier mal geändert, um insbesondere die Beteiligung neuer Schengen-Staaten57 an den Kosten für die Einrichtung und den Betrieb des C.SIS sicherzustellen (WE Nr. 39, 53, 96 und 97). Das Finanzreglement für das SISNET wurde demgegenüber dreimal inhaltlich angepasst (WE Nr. 65, 67 und 98). Dabei ging es im Wesentlichen um Vereinfachungen der EU-internen Verfahrensabläufe sowie um die Sicherstellung der Kostenbeteiligung seitens der Schweiz, Rumäniens, Bulgariens sowie des Fürstentums Liechtenstein.

Vorschriften zum SIS II Entwicklung des SIS II Da dem SIS I sowohl in technischer Hinsicht (Einführung neuer Funktionen) als auch was die Ausdehnung des Kreises der angeschlossenen Staaten betrifft klare Grenzen gesetzt waren, hatte der Rat bereits im Jahr 2001 beschlossen, ein neues, technisch leistungsfähigeres System zu entwickeln. Zu diesem Zweck legte er die wesentlichen Eckwerte für die neue Systemarchitektur in zwei Rechtsakten58 fest, deren Übernahme durch die Schweiz bereits im Rahmen der Genehmigung des SAA erfolgt ist (vgl. Anhang B SAA). Aufgrund der bei der Entwicklung des SIS II eingetretenen Verzögerungen musste der Rat die Laufzeit des ursprünglichen Projekts allerdings verlängern, um die weitere EU-haushaltskonforme Finanzierung des Vorhabens SIS II sicherzustellen. Dies machte entsprechend den Erlass von zwei Änderungsrechtsakten notwendig: Beschluss 2006/1007/JI und Verordnung (EG) Nr. 1988/2006 (WE Nr. 29 und 30).

Rechtsgrundlagen zum SIS II Im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wurden der Schweiz zudem die eigentlichen Rechtsgrundlagen für die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS II zur Übernahme notifiziert, wobei EU-seitig wiederum zwei parallele Rechtakte erforderlich waren: Die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (WE Nr. 28) und der Beschluss 2007/533/JI (WE Nr. 42). Diese präzisieren u.a. die Ziele, die Systemarchitektur des SIS II und die darin enthaltenen Datenkategorien und enthalten die grundlegenden Vorschriften für den Betrieb und die Nutzung des 57 58

Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei, Schweiz, Bulgarien, Rumänien und Liechtenstein.

Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 und Beschluss 2001/886/JI. Eine zweifache sekundärrechtliche Grundlage war vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon aufgrund der damaligen Drei-Pfeiler-Struktur der EU nötig, weil einige Systembestandteile des SIS dem ersten (Zusammenarbeit im Bereich Grenzen und Migration), andere dem dritten Pfeiler (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit) zuzuordnen waren.

6356

Systems (etwa Zuständigkeiten, Vorschriften über die Eingabe, Abfrage und Verarbeitung von Daten sowie den Schutz personenbezogener Daten). Die Rechtsgrundlagen werden durch die Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 (WE Nr. 31) ergänzt, welche die Zugriffsberechtigung auf das SIS II auf die Motorfahrzeugkontrollbehörden ausdehnt. Allerdings bleibt dieser Zugriff wie bereits beim SIS I59 auf Daten betreffend gestohlene, unterschlagene oder sonst abhanden gekommene Fahrzeuge sowie auf Daten zu ungültig erklärten Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge oder Kennzeichenschilder beschränkt.

Durchführungsakte Zur Durchführung dieser Grundlagen hat die Europäische Kommission verschiedene Massnahmen ergriffen: ­

Zum einen hat sie mit Entscheidung 2007/170/EG (WE Nr. 34) bzw.

Beschluss 2007/171/EG (WE Nr. 62) die Bestandteile des Kommunikationsnetzes und dessen technische Spezifikationen festgelegt und dabei u.a. die besonderen Netzanforderungen definiert, denen die von den SchengenStaaten zu entwickelnden nationalen Schnittstellen (N.SIS) entsprechen müssen.

­

Zum anderen hat die Europäische Kommission auch zum SIS II ein SIRENE-Handbuch vorgelegt, das im Sinne eines Praxisleitfadens zuhanden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SIRENE-Büros zu einem einheitlichen und reibungslosen Vollzug beitragen soll. In der Entscheidung 2008/333/EG bzw. im Beschluss 2008/334/JI (WE Nr. 50 und 66), auf denen das Handbuch gründet, werden zudem technische Durchführungsbestimmungen aufgeführt, welche die Kompatibilität zwischen dem zentralen (C.SIS) und den nationalen Systemen (N.SIS) gewährleisten sollen (Transliterationsregeln, Codetabellen für die einheitliche Nutzung des SIS sowie SIRENE-Formulare). SIRENE-Handbuch und Durchführungsvorschriften sind inzwischen mit Durchführungsbeschluss 2013/115/EU (WE Nr. 141) totalrevidiert worden, um insbesondere den technischen und administrativen Gegebenheiten besser Rechnung zu tragen.

Mittlerweile obsolet gewordene Vorschriften Einige der Rechtsakte zum SIS II können nach erfolgreicher Inbetriebnahme des SIS II aus heutiger Sicht als obsolet angesehen werden. Sie betreffen zwei Aspekte: Die Prüfung des SIS II sowie die Migration der Datenbestände des SIS 1+ auf das SIS II: ­

59

Prüfung des SIS II: Aufgrund der der technischen Schwierigkeiten und den damit verbundenen anhaltenden Verzögerungen bei der Entwicklung des SIS II hatte sich die Notwendigkeit ergeben, das System vor der Aufnahme des operationellen Betriebs einer Reihe von Tests zu unterziehen, welche die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit den Schengen-Staaten durchzuführen hatte. Zu diesem Zweck hatte der Rat mit Verordnung (EG) Nr. 189/2008 (WE Nr. 54) bzw. Beschluss 2008/173/EG (WE Nr. 55) die einzelnen Modalitäten (Ziele, Anforderungen, Verfahren) dieser Tests festgelegt, mit denen das zentrale SIS II, die Kommunikationsinfrastruktur

Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1160/2005 (WE Nr. 9).

6357

sowie das Zusammenwirken von zentralem SIS II und den nationalen Systemen (N.SIS II) auf ihre Funktionstüchtigkeit hin zu überprüfen waren.

­

3.2.6

Migration auf SIS II: Die Ablösung des bestehenden Systems (SIS 1+) auf das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) erforderte die Migration der bestehenden Datensätze auf das neue System. Um diese ohne operationellen Unterbruch des Fahndungssystems bewerkstelligen zu können, musste eine vorübergehende Migrationsarchitektur aufgebaut werden. Mit Beschluss 2008/839/JI (WE Nr. 73) bzw. Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 (WE Nr. 74) wurden zu diesem Zweck die Aufgaben und Zuständigkeiten der beteiligten Akteure (EU-Rat, Europäische Kommission, Frankreich und Schengen-Staaten) während der Migration auf das SIS II im Einzelnen festgelegt sowie der Termin bestimmt, bis zu dem der Systemübergang spätestens abgeschlossen sein muss. Aufgrund anhaltender technischer Schwierigkeiten bei der Systementwicklung und den damit eingehenden Verzögerungen musste der Endetermin für den Abschluss der Migration indessen mehrmals hinausgeschoben werden (vgl. WE Nr. 89, 90 bzw. 110 und 109). Mit Verordnung (EU) Nr. 2012/1272 und Verordnung (EU) Nr. 2012/1273 (WE Nr. 139a und 139b) wurde schliesslich eine neue rechtliche Grundlage für den Betrieb der vorübergehenden Migrationsarchitektur geschaffen, deren Geltungsdauer an keine Frist gebunden ist. Die bisherigen Migrationsrechtsakte (WE Nr. 73, 74, 109 und 110) wurden entsprechend aufgehoben.

Weitere Regelungen und Massnahmen

Unter den bisher notifizierten Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands finden sich auch Massnahmen, die einen horizontalen Charakter aufweisen und sich daher nicht einem spezifischen Bereich der Zusammenarbeit zuordnen lassen. Diese sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Datenschutz im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit Die erste dieser Weiterentwicklungen von horizontaler Tragweite ist der Rahmenbeschluss 2008/977/JI (WE Nr. 77). Dieser bildet die Rechtsgrundlage zur Harmonisierung der nationalen Regelung zum Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit von Schengen verarbeitet werden. Soweit für einzelne Bereiche keine Sonderregeln bestehen (z.B. für das SIS), gilt der Rahmenbeschluss für Daten, die insbesondere von den Polizei-, Zollund Justizbehörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Feststellung oder Verfolgung von Straftaten oder der Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen verarbeitet werden. Eine Ausdehnung der Anwendbarkeit der Vorgaben auf rein nationale Datenverarbeitungen ist zwar möglich, aber nicht zwingend.

6358

IT-Agentur Eine zweite Weiterentwicklung, die gleichzeitig mehrere Bereiche der Schengener Zusammenarbeit berührt, ist die Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (WE Nr. 126).

Diese bildet die Rechtsgrundlage zur Schaffung einer Europäischen Agentur, die für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im «Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts» zuständig ist (kurz «IT-Agentur» und neuerdings offiziell auch «eu-LISA» genannt). Die Agentur übernimmt seit dem 1. Dezember 2012 im Wesentlichen die operativen Aufgaben, welche bislang von der Europäischen Kommission wahrgenommen wurden. Konkret stellt die IT-Agentur den 24-Stunden-Betrieb der Zentralsysteme des VIS, von EURODAC und in einer späteren Phase auch des SIS II sicher. Zudem wird ihr die Entwicklung und das Betriebsmanagement von künftigen Informatik-Grossprojekten überantwortet werden, die im Bereich Justiz und Inneres allenfalls noch geschaffen werden. Die Agentur besitzt Rechtspersönlichkeit und verfügt über einen eigenen Verwaltungsapparat (namentlich Verwaltungsrat, Beratergruppen und Exekutivdirektor).

Zur Beteiligung der assoziierten Staaten an den Aktivitäten der IT-Agentur ist im Übrigen der Abschluss einer Zusatzvereinbarung mit der EU erforderlich. Die Vereinbarung, die derzeit in Verhandlung steht, wird die Beteiligungsmodalitäten regeln, insbesondere was die Ausübung des Stimmrechts in den Organen der Agentur (insbesondere Verwaltungsrat), die Beitragspflicht (Berechnungsmethode) sowie Personalfragen anbelangt.

Beschlüsse betreffend die Aufnahme der operationellen Zusammenarbeit Schliesslich sind einige Weiterentwicklungen im Zusammenhang mit dem Aufnahmeprozedere zu sehen, welches für die Ausdehnung der operationellen Zusammenarbeit auf neue Schengen-Staaten vorgesehen ist. Im Rahmen dieses mehrstufigen Verfahrens wird jeweils zunächst die Bereitschaft der Kandidatenländer überprüft, die Gesamtheit des Schengen-Besitzstands korrekt anzuwenden (sog. SchengenEvaluation). Die darauf folgende Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für den betreffenden Staat durch Beschluss des Rates der EU erfolgt jeweils in zwei Teilschritten: ­

60

In einem ersten Schritt beschränkt sich die Inkraftsetzung auf die Bestimmungen über das Schengener Informationssystem (SIS), da dieser Bereich ohne den Austausch von Echtdaten nicht evaluiert werden kann. Bedingung für die Beschlussfassung durch den Rat sind entsprechend positive Evaluationsergebnisse im Bereich des Datenschutzes. Diese Voraussetzung ist mit Ausnahme von Zypern60 für alle neuen EU-Mitgliedstaaten, die im Zuge der Osterweiterung der EU beigetreten sind, erfüllt, weshalb der Rat die entsprechenden Beschlüsse (Beschluss 2007/801/EG [WE Nr. 40] und Beschluss 2010/365/EU [WE Nr. 111]) treffen konnte.

Hintergrund für dieses Ausscheren ist namentlich der Entscheid Zyperns, die Inbetriebnahme des SIS II abzuwarten, weshalb die Aufnahme des Evaluationsverfahrens vor diesem Zeitpunkt nicht als sinnvoll erachtet wurde.

6359

­

Nach erfolgreichem Abschluss der gesamten Evaluation kann der Rat sodann in einem zweiten Schritt die vollständige Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für eines oder mehrere Kandidatenländer beschliessen.

Dies ist mit dem Beschluss 2007/471/EG (WE Nr. 49) für die Mehrheit der neuen EU-Mitgliedstaaten61 geschehen. Einzig im Verhältnis zu Zypern, Rumänien und Bulgarien steht die vollständige Inkraftsetzung noch aus.

Am Rande sei hier erwähnt, dass entsprechende Beschlüsse selbstverständlich auch gegenüber der Schweiz62 bzw. dem Fürstentum Liechtenstein63 erfolgt sind. Da das entsprechende Verfahren allerdings bereits im SAA bzw. im dazugehörigen Beitrittsprotokoll rechtlich vorgezeichnet ist, konnten die Ratsbeschlüsse als reine Vollzugsakte eingestuft werden, was eine förmliche Übernahme nach Massgabe von Artikel 7 SAA überflüssig machte.

3.3

Weiterentwicklungen, die mittlerweile obsolet geworden sind

Im Zuge der bisherigen Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands kommt es naturgemäss bisweilen vor, dass bereits übernommene Rechtsakte aufgehoben, durch neue Massnahmen ersetzt werden oder dass deren Anwendbarkeit abläuft.

Davon betroffen sind nicht nur Rechtsakte, die anlässlich der Genehmigung des SAA von der Schweiz übernommen worden sind (vgl. Anhänge A und B SAA), sondern auch 43 Rechtsakte und Massnahmen, die der Schweiz seinerzeit als Weiterentwicklungen notifiziert worden sind64. Diese heute als obsolet anzusehenden Weiterentwicklungen, die die Bereiche Aussengrenzen, Visa sowie das SIS betreffen, sollen im Folgenden kurz zusammengestellt werden; für eine detailliertere Inhaltsbeschreibung sei im Übrigen auf Anhang I verwiesen.

Im Bereich Aussengrenzen sind drei Weiterentwicklungen als obsolet zu betrachten.

Zum einen die Verordnung (EG) Nr. 2133/2004 (WE Nr. 3), deren Vorgaben im Zusammenhang mit der Abstempelung von Reisedokumenten in den Visakodex (WE Nr. 88) aufgenommen worden sind. Die beiden anderen Weiterentwicklungen ­ die Entscheidung Nr. 896/2006/EG (WE Nr. 19) sowie die Entscheidung 586/2008/EG zu deren Änderung (WE Nr. 61) ­ sahen im Sinne einer Übergangsregelung ein Regime zur vereinfachten Durchreise durch den Schengen-Raum für Drittstaatsangehörige vor, die Inhaber oder Inhaberinnen eines gültigen Aufenthalts61 62

63

64

Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und Slowakei.

Beschluss 2008/421/EG des Rates vom 5. Juni 2008 über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über das Schengener Informationssystem in der Schweizerischen Eidgenossenschaft (ABl. L 149 vom 7.6.2008, S. 74, berichtigt in ABl. L 61 vom 5.3.2009, S. 19); Beschluss 2008/903/EG des Rates vom 27. November 2008 über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Schweizerischen Eidgenossenschaft (ABl. L 327 vom 5.12.2008, S. 15).

Beschluss 2011/352/EU des Rates vom 9. Juni 2011 über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über das Schengener Informationssystem im Fürstentum Liechtenstein (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 84); Beschluss 2011/842/EU des Rates vom 13. Dezember 2011 über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Fürstentum Liechtenstein (ABl. L 334 vom 16.12.2011, S. 27).

Nicht miteingerechnet sind hier die beiden Rechtsakte, die der Schweiz seitens der EU irrtümlicherweise als Weiterentwicklungen notifiziert wurden und bei denen in der Folge die Notifikation zurückgezogen wurde: Entscheidung 895/2006/EG (WE Nr. 18) und Entscheidung 582/2008/EG (WE Nr. 60).

6360

titel in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein sind. Mit dem Eintritt der Schweiz und Liechtensteins in den Schengen-Verbund ist diese Regelung indessen überflüssig geworden.

Ein wesentlicher Teil der Weiterentwicklungen, die heute nicht mehr anwendbar sind, fällt in den Bereich Visa. Zu nennen ist zum einen die Verordnung (EG) Nr. 2046/2005 (WE Nr. 12), die im Hinblick auf die olympischen Spiele in Turin gewisse Erleichterungen im Visaregime für die teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler und deren Betreuer vorsah. Entsprechende Regeln sind heute in allgemeiner Form ebenfalls im Visakodex (WE Nr. 88) enthalten. Zum anderen machten zwei weitere Weiterentwicklungen spezifische Vorgaben im Hinblick auf die Entwicklung des VIS. So wurden mit der Entscheidung 2006/752/EG (WE Nr. 26) die Standorte des VIS während Entwicklungsphase festgelegt und mit der Entscheidung 2008/602/EG (WE Nr. 58) die Systemarchitektur des VIS und die Anforderungen für die nationalen Schnittstellen und die Kommunikationsinfrastruktur in der Entwicklungsphase definiert. Und schliesslich beinhalten sieben Weiterentwicklungen punktuelle Anpassungen der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI), die mit dem Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) ausser Anwendung gelangte.

Diese Rechtakte betrafen entweder die Gebührenregelung für Visaanträge (WE Nr. 17), die Visumpflicht von Inhaberinnen und Inhabern von Diplomatenpässen aus bestimmten Drittstaaten (WE Nr. 22, 81 und 102), die Vorgaben zum Ausfüllen der Visummarke (WE Nr. 75 und 79) oder die Visumpflicht für den Flughafentransit (WE Nr. 52, 72 und 100).

Im Bereich SIS schliesslich sind ­ abgesehen von den Weiterentwicklungen zum SIS I, die mit dem Übergang zum SIS II ausser Anwendung gelangt sind, und einigen inzwischen aufgehobenen Weiterentwicklungen im Bereich SIS II65 ­ noch zwei Massnahmen, die der Schweiz als Weiterentwicklungen notifiziert worden sind, ebenfalls als obsolet zu betrachten. Es handelt sich einerseits um den Rechenschaftsbericht zur Haushaltsführung in Bezug auf die Einrichtung und den Betrieb des C.SIS im Jahre 2004 (WE Nr. 11) sowie um den Haushalt für die Einrichtung und den Betrieb des C.SIS im Jahr 2007 (WE Nr. 41) andererseits.66

3.4

Umfang des entstandenen rechtlichen Umsetzungsbedarfs auf Bundesebene

Die Übernahme der notifizierten Weiterentwicklungen war regelmässig nicht mit der Notwendigkeit verbunden, das schweizerische Recht anzupassen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle handelte es sich bei den notifizierten Weiterentwicklungen entweder um rechtlich nicht verbindliche Erlasse (z.B. alle WE nach Modell 1) oder um direkt anwendbare Rechtsakte, die mit keiner Regelung des schweizerischen Rechts in Widerspruch standen und entsprechend keinen rechtlichen Umsetzungsbedarf ausgelöst haben.

65 66

Siehe hierzu oben Ziffer 3.2.5.

In beiden Fällen handelte es sich um isolierte Notifikationen der EU. Die EU verzichtete in der Folge darauf, der Schweiz derartige Informationen im Rahmen des Übernahmeverfahrens gemäss Artikel 7 SAA förmlich zur Kenntnis zu bringen.

6361

Im Folgenden wird daher auf jene Fälle hingewiesen, die im Rahmen der Umsetzung einen Anpassungsbedarf im schweizerischen Recht ausgelöst haben. Dabei ist zwischen den Weiterentwicklungen, deren Übernahme und Umsetzung der Bundesrat selbstständig beschliessen kann (Modell 2) sowie denjenigen, die der Genehmigung durch das Parlament bedürfen (Modell 3), zu unterscheiden. Angaben zum jeweiligen Stand der Verfahren können zudem den Zusammenstellungen in Anhang II (vom Bundesrat übernommene WE) bzw. in Anhang III (vom Parlament genehmigte WE) entnommen werden.

3.4.1

Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Bundesrat übernommen wurden (Modell 2)

Bei den Weiterentwicklungen, deren Übernahme und Umsetzung in den Kompetenzbereich des Bundesrates fällt (Modell 2), war ein rechtlicher Anpassungsbedarf bisher nur ausnahmsweise gegeben. Einzig in elf von insgesamt 91 Fällen (12,1 %) musste zur Umsetzung der jeweiligen Weiterentwicklung schweizerisches Verordnungsrecht revidiert werden. Inhaltlich betrafen sämtliche dieser umsetzungsbedürftigen Weiterentwicklungen den Visumsbereich, wobei die erforderlichen Anpassungen im schweizerischen Recht auf die folgenden Aspekte zusammengefasst werden können:

67 68 69 70

­

Mit der Entscheidung 2006/440/EG (WE Nr. 17) wurden gemeinsame Vorgaben in Bezug auf die Kosten für die Ausstellung eines Schengen-Visums festgelegt. Die Übernahme der Entscheidung machte daher eine Änderung der Verordnung vom 24. Oktober 200767 über die Gebühren zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (GebV-AuG) erforderlich.

Die Anpassungen betrafen inhaltlich in erster Linie die Gebührensätze für die Ausstellung von Schengen-Visa, von Schengen-Visa an der Grenze oder von nationalen Ausnahmevisa. Darüber hinaus wurden im Einklang mit der übernommenen Entscheidung auch die Tatbestände bestimmt, bei deren Vorliegen die zuständigen Behörden im Einzelfall tiefere Gebühren verlangen dürfen oder Gebührenfreiheit besteht. Die Verordnungsänderungen wurden am 22. Oktober 2008 vom Bundesrat verabschiedet und sind gleichzeitig mit der Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für die Schweiz am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten.68

­

Mit der Verordnung (EG) Nr. 851/2005 (WE Nr. 6), der Verordnung (EG) Nr. 1932/2006 (WE Nr. 25) sowie der Entscheidung 2006/684/EG (WE Nr. 22) wurde die Liste der Drittstaaten aufdatiert, deren Staatsbürgerinnen und -bürger für einen Aufenthalt im Schengen-Raum von maximal drei Monaten der Visumspflicht unterliegen. Im Hinblick auf die damals bevorstehende Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für die Schweiz per 12. Dezember 2008 mussten die nationalen Visavorschriften entsprechend angepasst werden. Dies erfolgte im Rahmen der Verordnung vom 22. Oktober 200869 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV), die am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten ist.70 Die später übernommenen WeiSR 142.209 AS 2008 5421 SR 142.204 AS 2008 5441

6362

terentwicklungen, welche die Liste der visumpflichtigen Drittstaaten gemäss Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (vgl. Anhang B SAA) revidiert haben (WE Nr. 95, 113 und 114), lösten demgegenüber keinen materiellen Anpassungsbedarf mehr aus; einzig der in der Fussnote zu Artikel 4 Absatz 1 VEV enthaltene Verweis auf die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 musste jeweils nachgeführt werden. Diese rein formelle Anpassung konnte jedoch gestützt auf Artikel 12 Absatz 2 PublG durch die Bundeskanzlei formlos vorgenommen werden.

71 72 73 74

75 76

­

Mit den Entscheidungen 2009/377/EG (WE Nr. 82) und 2009/876/EG (WE Nr. 94) wurden Durchführungs- bzw. technische Umsetzungsmassnahmen zum VIS übernommen. Deren Umsetzung auf Stufe Verordnung erfolgte in Koordination mit der gesetzlichen Umsetzung der VIS-Verordnung (WE Nr. 63)71 und führte zum Erlass der Verordnung vom 6. Juli 201172 über das zentrale Visa-Informationssystem (VISV), zur Anpassung der VEV und der Verordnung vom 12. April 200673 über das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS-Verordnung). Inhaltlich ging es dabei in erster Linie um die Konkretisierung der gesetzlichen Rechtsgrundlagen für den Anschluss der Schweiz an das VIS74 (Detailvorschriften betreffend die Eingabe und Abfrage von VIS-Daten sowie zum Umfang der Datenverarbeitung und zum Datenschutz). Die genannten Rechtsgrundlagen sind vom Bundesrat am 6. Juli 2010 verabschiedet worden und auf den 11. Oktober 2011 (Zeitpunkt der EU-seitigen Bereitstellung des C-VIS) in Kraft getreten.75

­

Mit der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 (Visakodex, WE Nr. 88) sind die Voraussetzungen und das Verfahren zur Erteilung von Schengen-Visa schengenweit neu festgelegt worden. Dies machte in der Schweiz eine neuerliche Anpassung sowohl der VEV als auch der GebV-AuG erforderlich.

Die Verordnungsanpassungen betreffen allerdings durchwegs technische und organisatorische Fragen. Zu den wichtigsten Änderungen gehört neben der Präzisierung der Voraussetzungen, Zuständigkeiten und Verfahren für die Erteilung und den Widerruf eines Visums sowie des Umfangs der Gebührenpflicht insbesondere die Reduktion der Visumkategorien auf nurmehr deren drei: Kategorie A (Flughafentransitvisum), Kategorie C (Schengen-Visum) und Kategorie D (nationales Visum). Neu ist zudem vorgesehen, dass für die Mitteilung einer Visumverweigerung ein bestimmtes Standardformular verwendet werden muss und dass das EJPD die Visumpflicht einführen kann, sollten Staatsangehörige bestimmter Staaten als Flugpassagiere im Transit in grosser Zahl illegal in die Schweiz gelangen.

Die Verordnungsänderungen sind vom Bundesrat am 12. März 2010 verabschiedet worden und am 5. April 2010 in Kraft getreten.76

Siehe dazu unten Ziffer 3.4.2 SR 142.512 SR 142.513 Auf der Grundlage der aktuellen VISV ist der Zugriff auf das VIS über das ZEMIS sichergestellt. Bei Inbetriebnahme des nationalen Visumsystems (ORBIS) im Jahr 2014 wird diese Übergangslösung abgelöst und entsprechend eine neue Verordnung über das zentrale Visa-Informationssystem und das nationale Visumsystem (definitive Lösung) in Kraft gesetzt werden.

AS 2011 3861 AS 2010 1205

6363

­

Mit dem Beschluss 2009/1015/EU (WE Nr. 100) und der Verordnung (EU) Nr. 154/2012 (WE Nr. 134) wurden die Bestimmungen der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) zur Visumpflicht für den Flughafentransit bzw. später diejenigen des Visakodex (WE Nr. 88) präzisiert. Dies führte jeweils zu einer neuerlichen, wenn auch nur sehr geringfügigen Anpassung der VEV. Inhaltlich ging es jeweils um die Klarstellung, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Drittstaatsangehörige von der Visumspflicht für den Flughafentransit befreit sind. Die Verordnungsänderungen sind vom Bundesrat am 17. Februar 2010 bzw. am 4. Juli 2012 verabschiedet worden und am 18. Februar 2010 bzw. am 23. Juli 2012 in Kraft getreten.77

­

Mit der Verordnung (EG) Nr. 265/2010 (WE Nr. 105) wurden die Rahmenbedingungen für den freien Verkehr von Drittstaatsangehörigen innerhalb des Schengen-Raums neugestaltet, die Inhaberin oder Inhaber eines nationalen Visums für den langfristigen Aufenthalt sind. Dies machte eine marginale Anpassung der VEV erforderlich (Anpassung der Verweise auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen der EU). Die Verordnungsänderungen wurden vom Bundesrat am 31. März 2010 verabschiedet und sind am 5. April 2010 in Kraft getreten.78

­

Mit dem Durchführungsbeschluss 2013/115/EU (WE Nr. 141) wurde schliesslich das bestehende SIRENE-Handbuch für das SIS II totalrevidiert, um die im Hinblick auf die Inbetriebnahme des SIS II am 9. April 201379 notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Dies bedingte eine marginale Anpassung der schweizerischerseits totalrevidierten N-SIS-Verordnung80, die noch auf die ursprünglichen Fassungen des Handbuchs (WE Nr. 50 und 66) verwiesen hatte. Die Verordnungsänderung wurde vom Bundesrat am 27. März 2013 verabschiedet und ist am 9. April 2013 in Kraft getreten.81

3.4.2

Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Parlament übernommen wurden (Modell 3)

Im Rahmen der Übernahme von Weiterentwicklungen, die der Genehmigung durch die Bundesversammlung bedürfen (Modell 3), mussten normalerweise auch Anpassungen im schweizerischen Recht vorgenommen werden. Dabei war ein Umsetzungsbedarf regelmässig sowohl auf Stufe Bundesgesetz als auch auf Stufe Verordnung gegeben. Lediglich in knapp einem Fünftel der Fälle (18,2 %) war mit der Übernahme überhaupt kein rechtlicher Umsetzungsbedarf für die Schweiz verbunden. Im Einzelnen kann der Umsetzungsbedarf im schweizerischen Recht für diese 77 78 79

80 81

AS 2010 605, 2012 3817 AS 2010 1449 Vgl. Beschluss 2013/157/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung des Beschlusses 2007/533/JI über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 8) sowie Beschluss 2013/158/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 10).

AS 2013 855 AS 2013 939

6364

Gruppe von Weiterentwicklungen auf die folgenden Aspekte zusammengefasst werden:

Schengener Grenzkodex Der Schengener Grenzkodex (Verordnung (EG) Nr. 562/2006, WE Nr. 14) ist zwar als ein direkt anwendbarer Rechtsakt zu qualifizieren, der grundsätzlich nicht umsetzungsbedürftig ist. Trotzdem machte dessen Übernahme Rechtsanpassungen im schweizerischen Recht erforderlich, um Normwidersprüche zu vermeiden. So wurde auf Stufe Bundesgesetz das AuG revidiert. Die Änderungen wurden von der Bundesversammlung am 13. Juni 2008 verabschiedet und sind am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten.82 Dabei ging es im Wesentlichen darum, das Verfahren der formlosen Wegweisung durch ein Verfahren zu ersetzen, in welchem die Einreiseverweigerung dem betroffenen Drittstaatsangehörigen an der Aussengrenze (oder im Falle der Wiedereinführung der Personenkontrollen auch an der Binnengrenze) mit einer schriftlichen Verfügung eröffnet wird, wobei ein entsprechendes Standardformular vorgegeben wird. Für weitere Details sei an dieser Stelle auf die Botschaft des Bundesrates vom 24. Oktober 2007 verwiesen.83 Auf Ebene des Verordnungsrechts wurden die infolge der Übernahme des Grenzkodex notwendigen Anpassungen im Rahmen der Totalrevision der Verordnung vom 27. Oktober 200784 über das Einreise- und Visumverfahren vorgenommen und entsprechend in die neu geschaffene Verordnung über die Einreise und die Visumserteilung (VEV)85 integriert. Inhaltlich ging es dabei vor allem um Klarstellungen in Bezug auf die Einreisevoraussetzungen (z.B. betreffend den Vorbehalt genügender finanzieller Mittel, das Institut der Verpflichtungserklärungen sowie die Reisedokumentenpflicht), in Bezug auf Inhalt und Umfang der entsprechenden Kontrollen sowie um die Regelung von Zuständigkeits- und Verfahrensfragen (etwa im Falle der Wiedereinführung von Personenkontrollen an den Binnengrenzen). Die entsprechenden Anpassungen sind am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten.86

Aussengrenzagentur (FRONTEX/RABIT) Mit der Übernahme der FRONTEX- und der RABIT-Verordnung (WE Nr. 1 und 37) wurde die Grundlage für eine Beteiligung der Schweiz an den Aktivitäten der Europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX geschaffen. Obwohl die Notenaustausche zur Übernahme dieser beiden EU-Rechtsakte ebenso wie die erforderliche Zusatzvereinbarung87 grundsätzlich direkt anwendbare Bestimmungen enthalten, wurden einige Anpassungen im schweizerischen Recht erforderlich. Auf bundesgesetzlicher Ebene musste das Zollgesetz vom 18. März 200588 (ZG) punktuell revidiert werden. Gegenstand dieser Änderung, die von der Bundesversammlung am 82 83 84 85 86 87 88

AS 2008 5629 BBl 2007 7937, Ziffer 2.2 AS 2007 5537, AS 2007 6657, Anhang Ziffer 3 SR 142.204 AS 2008 5441 SR 0.362.313 SR 631.0

6365

3. Oktober 2008 verabschiedet und am 1. August 2010 in Kraft getreten ist89, waren zwei Aspekte: Einerseits ging es um die Bereitstellung der erforderlichen Rechtsgrundlage zugunsten der Zollverwaltung, um im Hinblick auf FRONTEX-Einsätze an den Aussengrenzen des Schengen-Raumes neben Personal auch operatives Material zur Grenzüberwachung (z.B. Spezialfahrzeuge, Videokameras oder Infrarotferngläser) zur Verfügung stellen zu können. Zum anderen wurde dem Bundesrat die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Zusammenarbeitsverträge delegiert, welche den Einsatz von Personal der Zollverwaltung in der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen regeln. Für weitere Details sei an dieser Stelle auf die Botschaft des Bundesrates vom 13. Februar 2008 verwiesen.90 Auf Verordnungsebene wurde zur Festlegung der notwendigen Detailvorschriften die Verordnung vom 26. August 200991 über die operative Zusammenarbeit mit den anderen Schengen-Staaten zum Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums (VZAG) geschaffen, welche am 1. Oktober 2009 in Kraft getreten ist und seit dem 1. August 2010 angewendet wird.92 Soweit dies nicht bereits in der FRONTEXbzw. RABIT-Verordnung vorgegeben ist, geht es dabei einerseits um die Regelung der Rahmenbedingungen, unter welchen schweizerisches Personal an FRONTEXOperationen im Schengen-Ausland eingesetzt wird. Angesprochen sind hier neben einer Umschreibung den Aufgaben des Grenzwachtkorps (GWK) u.a. Vorschriften zu den Verantwortlichkeiten, zur Ausrüstung und Bewaffnung im Einsatzfall sowie personalrechtliche Aspekte (Einsatzdauer, Ferien- und Zulagenansprüche, Versicherungsdeckung etc.). Für den Fall einer allfälligen FRONTEX-Intervention in der Schweiz regelt die VZAG andererseits auch die allgemeinen Einsatzmodalitäten für das Personal anderer Schengen-Staaten (z.B. Einsatzunterstellung, Ausrüstung und Bewaffnung, Zugang zu Informationssystemen, zivil- und strafrechtliche Haftung).

Aussengrenzenfonds Mit der Übernahme der Entscheidungen Nr. 574/2007/EG, 2007/599/EG und 2008/456/EG (WE Nr. 36, 43 und 57) sowie mit Abschluss der entsprechenden Zusatzvereinbarung93 wurde die Grundlage für die Beteiligung der Schweiz am Aussengrenzenfonds geschaffen. Da sowohl die Notenaustausche zur Übernahme der genannten Entscheidungen als auch die Zusatzvereinbarung als detailliert ausgestaltete Abkommen völkerrechtlich direkt anwendbar sind, bedurfte es mangels entgegenstehender Vorschriften im schweizerischen Recht keiner rechtlichen Umsetzung ­ weder auf Gesetzes­ noch auf Verordnungsstufe.94

89 90 91 92 93 94

AS 2009 4583 BBl 2008 1455, Ziffer 5 SR 0.362.313 AS 2009 4553 SR 0.362.312 Vgl. die entsprechende Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 2010, BBl 2010 1665, Ziff. 2.6.

6366

Visa-Informationssystem (VIS) Die Übernahme der VIS-Verordnung (WE Nr. 63) sowie des VIS-Beschlusses (WE Nr. 70) erforderte die Anpassung des AuG sowie des Bundesgesetzes vom 20. Juni 200395 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA), obwohl die beiden Weiterentwicklungen auch direkt anwendbare Bestimmungen enthalten. Inhaltlich ging es dabei um die Bereitstellung der erforderlichen nationalen Rechtsgrundlagen für einen Anschluss der Schweiz an das VIS. Dabei musste auf formellgesetzlicher Ebene u.a. im Einzelnen festgelegt werden, welche schweizerischen Behörden die einschlägigen Daten (einschliesslich biometrischer Daten) erfassen dürfen, um sie anschliessend an das zentrale VIS (CVIS) zu übermitteln. Überdies musste auch festgelegt werden, welche Behörden zu welchen Zwecken Daten aus dem VIS bzw. aus dem neu zu schaffenden nationalen Visumsystem (ORBIS) abfragen dürfen. Des Weiteren war die zentrale Zugangsstelle zu bestimmen, bei der die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall und auf schriftlichen Antrag hin die Übermittlung von Daten aus dem zentralen VIS zum Zwecke der Verhütung oder Bekämpfung des Terrorismus oder anderer schwerer Straftaten beantragen können. Schliesslich mussten auch Strafbestimmungen für den Fall, dass Daten des zentralen oder nationalen VIS zweckwidrig bearbeitet werden, vorgesehen werden. Was die technische Umsetzung anbelangt, so wurde in der Schweiz mit Blick auf die EU-seitige Bereitstellung des C-VIS ein zweistufiges Vorgehen gewählt. So wurde als Übergangslösung eine Anpassung des Systems der elektronischen Visumausstellung und -kontrolle (EVA) vorgenommen, bis die neu geschaffene nationale Visumdatenbank (ORBIS) unabhängig vom Informationssystem für den Ausländer- und Asylbereich (ZEMIS) den Datentransfer zum VIS sicherstellt. Dies machte entsprechende Anpassungen im BGIAA erforderlich. Für weitere Details sei an dieser Stelle auf die Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 200996 verwiesen. Die erforderlichen Rechtsänderungen sind seit dem 11. Oktober 2011, dem Zeitpunkt der EU-seitigen Bereitstellung des C-VIS, in Kraft.97 Die erforderlichen Detail- und Vollzugsregelungen auf Verordnungsstufe wurden in zwei Erlassen vorgenommen. Inhaltlich können die entsprechenden Rechtsänderungen, die am 11. Oktober 2011 in Kraft getreten sind98, auf die folgenden Aspekte zusammengefasst werden: ­

95 96 97 98 99

Mit der neu geschaffenen Verordnung vom 6. Juli 201199 über das zentrale Visa-Informationssystem (VISV) wurden zur Realisierung der oben erwähnten Übergangslösung zunächst die erforderlichen Detailvorschriften für den Anschluss an das C-VIS erlassen. Entsprechend regelt die VISV derzeit neben den erforderlichen Zugangsberechtigungen der Behörden in Bezug auf das zentrale Visa-Informationssystem (C-VIS) auch das Verfahren zur fallweisen Übermittlung von VIS-Daten durch die zentrale Zugangsstelle an die berechtigten Polizei- und Strafverfolgungsbehörden. Zudem enthält die VISV die im Hinblick auf den Datenschutz erforderlichen Standards (Vorschriften betreffend die Bearbeitung und die Aufbewahrungsdauer der Daten, die Rechte der betroffenen Personen, die Datensicherheit, die DatenSR 142.51 BBl 2009 4245, Ziffer 2.3 AS 2011 4449 AS 2011 3861 SR 142.512

6367

schutzberatung sowie die Aufsicht über die Datenbearbeitung). Parallel dazu wurden punktuelle Anpassungen in der ZEMIS-Verordnung vorgenommen, um das Ausmass der Zugangs- und Bearbeitungsrechte der zuständigen Behörden auf die im EVA aufgenommenen Visadaten zu definieren.

­

Im Hinblick auf die Inbetriebnahme des nationalen Visumsystems ORBIS im Jahr 2014 (definitive Lösung) wird die VISV durch die Verordnung über das zentrale Visa-Informationssystem und das nationale Visumsystem abgelöst werden (Totalrevision). Darin werden dann u.a. die Zugangs- und Bearbeitungsrechte in Bezug auf das neue nationale Visum-Informationssystem definiert. Da ORBIS dannzumal unabhängig vom System EVA funktionieren wird, werden zudem die Änderungen in der ZEMIS-Verordnung wieder rückgängig gemacht (Aufhebung des Verweises auf das System EVA sowie Entfernung der Visadaten aus dem Datenkatalog des ZEMIS).

Einführung biometrischer Daten in Schweizer Pässen und Reisedokumenten Die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2) sowie der beiden Kommissionsentscheidungen mit den einschlägigen technischen Spezifikationen für biometrische Pässe (WE Nr. 8 und 16) hat ebenfalls einen zweifachen gesetzlichen Anpassungsbedarf im schweizerischen Recht ausgelöst: So musste einerseits das Bundesgesetz vom 22. Juni 2001100 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (AwG) teilweise revidiert werden, um die definitive Einführung biometrischer Reisepässe in der Schweiz zu ermöglichen. Dabei wurde neben einer Erweiterung des im Pass enthaltenen Datenumfangs (digitalisiertes Gesichtsbild und die Fingerabdrücke als zusätzliche biometrische Merkmale) auch die die notwendigen Eckwerte zur Produktion und Ausstellung (Speichertechnologie, Anforderungen an Ausfertigungsstellen und Lieferanten, Überwachung der Qualitätsvorgaben)101 sowie zum Verfahren festgelegt. Andererseits wurde auch das AuG angepasst, da die Ausstattung mit biometrischen Daten auch bei Reisedokumenten vorgesehen ist, welche die Schweiz für Drittstaatsangehörige ausstellt. Während sich die diesbezüglichen Regelungen in Bezug auf die technischen Voraussetzungen, die Lesbarkeit und die Ausfertigung dieser Ausweise an den Regelungen des AwG zu den Schweizer Pässen orientieren, musste hinsichtlich der organisatorischen Strukturen eine eigene Lösung vorgesehen werden, da für die Ausstellung dieser Ausweise andere Behörden zuständig sind als bei den Schweizer Pässen. Für weitere Einzelheiten sei an dieser Stelle auf die Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 2007 verwiesen.102 Die Gesetzesänderungen wurden von der Bundesversammlung am 13. Juni 2008 verabschiedet und sind, nachdem die Vorlage in der Volksabstimmung vom 17. Mai 2009 angenommen wurde103, am 1. März 2010 in Kraft getreten.104

100 101

SR 143.1 Wobei diese Anforderungen nur teilweise vom Schengen-Besitzstand vorgegeben werden.

102 BBl 2007 5159, Ziffer 3 103 BBl 2009 7539 104 AS 2009 5521

6368

Zur Festlegung der notwendigen Ausführungsbestimmungen wurden ebenfalls zwei Verordnungen revidiert: die Verordnung vom 20. September 2002105 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (VAwG) einerseits sowie die Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen andererseits, wobei letztere totalrevidiert wurde106. Gegenstand der Rechtsänderungen, die am 1. März 2010 in Kraft getreten sind107, war die Festlegung der erforderlichen Detailvorschriften für die Ausstellung der entsprechenden Ausweise und insbesondere die Neugestaltung des Ausstellungsverfahrens.

Einführung biometrischer Daten im Ausländerausweis Zur Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51), welche die Aufnahme biometrischer Daten in die Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige (Ausländerausweis) vorsieht, mussten zwei Bundesgesetze teilweise angepasst werden, nämlich das AuG sowie das BGIAA. Die entsprechenden Rechtsänderungen, die vom Parlament am 13. Oktober 2010 verabschiedet wurden und am 24. Januar 2011 in Kraft getreten sind108, stehen vorab im Zusammenhang mit der Speicherung der für die Zwecke der Ausstellung der Ausweise erfassten Daten im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS). Obwohl sie von der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 nicht zwingend vorgesehen ist, wurde die Speicherung der Daten vorgesehen, um die Arbeit der Behörden zu erleichtern und die Anzahl Erfassungen biometrischer Daten zu reduzieren (keine Neuerfassung bei der Erneuerung eines Ausweises). Für weitere Einzelheiten sei auf die Ausführungen in der Botschaft des Bundesrates vom 18. November 2009 verwiesen.109 Auf Verordnungsstufe zog die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 die Anpassung von drei Erlassen nach sich: So musste die Verordnung vom 24. Oktober 2007110 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE), die ZEMISVerordnung sowie die GebV-AuG revidiert werden. Neben der Festlegung, welche Ausweise biometrische Identifikatoren enthalten müssen und welche nicht, betreffen die Anpassungen in erster Linie die Regelung der Zugriffsberechtigungen in Bezug auf die im Rahmen der Ausstellung der Ausweise erhobenen und im ZEMIS gespeicherten biometrischen Daten sowie Detailvorschriften zum Ausstellungsverfahren und zu den einschlägigen Gebührensätzen. Die Anpassungen auf Verordnungsstufe sind am 24. Januar 2011 in Kraft getreten.111

105 106 107 108 109 110 111

SR 143.11 Verordnung vom 20. Januar 2010 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV), AS 2010 621 AS 2009 5535 (VAwG), AS 2010 621 (RDV).

AS 2011 175 BBl 2010 51, Ziffer 2.3 SR 142.201 AS 2011 99

6369

Rückführung von Drittstaatsangehörigen Im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG (WE Nr. 78) war eine Anpassung von zwei Bundesgesetzen, nämlich des AuG sowie des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998112 (AsylG) angezeigt. Die entsprechenden Rechtsänderungen wurden vom Parlament am 18. Juni 2010 verabschiedet und sind am 1. Januar 2011 in Kraft getreten.113 Inhaltlich betreffen sie in erster Linie Änderungen bei den Entfernungs- und Fernhaltemassnahmen, der Ausschaffung und den Zwangsmassnahmen, wobei die wichtigste Neuerung in der grundsätzlichen Ersetzung der (bisherigen) formlosen Wegweisung durch ein formelles Wegweisungsverfahren besteht. Darüber hinaus mussten auch Vorschriften aufgenommen werden, die es in gewissen Fällen ermöglichen, bei rechtswidrig anwesenden Personen ein Einreiseverbot zu verhängen. Eine weitere wichtige Änderung betrifft die maximale Haftdauer aller Haftarten, die von maximal 24 Monaten auf maximal 18 Monate beschränkt wurde. Weitere Einzelheiten können der Botschaft des Bundesrates vom 11. November 2009 entnommen werden.114 Ein Umsetzungsbedarf auf Verordnungsebene war nur beschränkt gegeben. Betroffen war einzig die Verordnung vom 11. August 1999115 über den Vollzug der Wegund Ausweisung von ausländischen Personen (VVWA), worin einerseits die erforderlichen Rechtgrundlagen für eine unabhängige Überwachung von Ausschaffungen (Monitoring) geschaffen wurden. Andererseits wurde der Grundsatz, dass bei einer Wegweisung eine Verfügung zu erlassen ist, durch einige Verfahrensregeln konkretisiert; damit fällt das formlose Wegweisungsverfahren grundsätzlich weg. Die entsprechenden Anpassungen auf Verordnungsstufe sind am 1. Januar 2011 in Kraft getreten.116

Schengener Informationssystem (SIS) Die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Modernisierung des SIS (SIS 1+) sowie zum SIS II (WE Nr. 4, 9, 28, 31, 42) hat in der Schweiz keinen gesetzlichen Umsetzungsbedarf ausgelöst, wurden doch die erforderlichen Festlegungen bereits anlässlich der Genehmigung des SAA117 vorgenommen und später weitgehend in das Bundesgesetz vom 13. Juni 2008118 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) übernommen.119 Auf Verordnungsebene wurden die notwendigen Detailvorschiften hingegen mit der Verordnung vom 7. Mai 2008 über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N.SIS) und das SIRENE-Büro (N-SIS-Verordnung) geschaffen.120 112 113 114 115 116 117

SR 142.31 AS 2010 5925 BBl 2009 8881, Ziffer 1.4 SR 142.281 AS 2010 5769 Vgl. Artikel 3 Ziffer 4 des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin (SR 362).

118 SR 361 119 Zu Einzelheiten siehe die Botschaft des Bundesrates vom 14. November 2007, BBl 2007 8591.

120 SR 362.0

6370

Darin werden insbesondere die Zugriffsberechtigungen für die Bearbeitung der verschiedenen Datenkategorien des SIS, die Verantwortung und Zuständigkeiten der am SIS beteiligten Behörden des Bundes und der Kantone (in Bezug auf eigene Ausschreibungen und im Trefferfall bei Ausschreibungen anderer SchengenStaaten) sowie die Aufsichtsbefugnisse des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) in seiner Funktion als unabhängige nationale Kontrollinstanz geregelt. Zudem wurden bereits die Anpassungen vorgenommen, die im Hinblick auf die Einführung des SIS II erforderlich sind. Diese stehen im Zusammenhang mit den neuen Funktionen des SIS, insbesondere der Möglichkeit zur Verknüpfung von Ausschreibungen. Die N-SIS-Verordnung ist mit Ausnahme der Bestimmungen, die ausschliesslich das SIS II betreffen, am 1. Juni 2008 in Kraft getreten.121 Im Hinblick auf die Inbetriebnahme des SIS II wurde die Verordnung noch einmal gesamthaft überarbeitet (Totalrevision). Die neue N-SIS-Verordnung ist am 9. April 2013 in Kraft getreten.122

Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden Der Rahmenbeschluss 2006/960/JI (sog. «Schwedische Initiative», WE Nr. 35), der den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der SchengenStaaten verbessern will, enthält überwiegend Bestimmungen, die nicht direkt anwendbar und daher umsetzungsbedürftig sind. Dessen Übernahme machte daher entsprechende Anpassungen erforderlich. Auf bundesgesetzlicher Ebene wurden die erforderlichen Rechtsgrundlagen im neu geschaffenen Bundesgesetz vom 12. Juni 2009123 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und denjenigen der anderen Schengen-Staaten (Schengen-Informationsaustauschgesetz, SIaG) niedergelegt, das am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist124.

Das Gesetz regelt den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und den Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten zum Zweck der Verhütung und Verfolgung von Straftaten, wobei zwischen dem Austausch von Informationen auf Anfrage und dem spontanen Austausch von Informationen unterschieden wird. Während im letzteren Fall die Voraussetzungen und Modalitäten der Informationsübermittlung geregelt werden, erfolgt im ersten Fall ein Informationsaustausch nur, wenn dies in einem Spezialgesetz oder in einem Abkommen vorgesehen ist. Entsprechend enthält das SIaG für diese Fallgestaltung nur die anwendbaren Verfahrensbestimmungen. Einzelheiten hierzu können der Botschaft des Bundesrates vom 12. November 2008 entnommen werden.125

Waffenrecht Auch die Richtlinie 2008/51/EG (WE Nr. 56) zur Änderung der mit dem SAA übernommenen Waffenrichtlinie126 ist eine umsetzungsbedürftige Weiterentwicklung, die grundsätzlich keine direkt anwendbaren Bestimmungen enthält. Deren 121 122 123 124 125 126

AS 2008 2229 AS 2013 855, 2013 939 SR 362.2 AS 2009 6583 BBl 2008 9061, Ziffer 3 Richtlinie 91/477/EWG (vgl. Anhang B SAA)

6371

Übernahme machte daher eine Anpassung des Landesrechts sowohl auf Gesetzesals auch auf Verordnungsstufe notwendig. Zum Zwecke der formell-gesetzlichen Umsetzung wurde das Bundesgesetz vom 20. Juni 1997127 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WG) angepasst. Dabei ging es in erster Linie um Regelungen im Zusammenhang mit der Verbesserung der Rückverfolgbarkeit (Tracing) von Feuerwaffen innerhalb des Schengen-Raumes. Dazu dient etwa die Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Markierung kleinster Verpackungseinheiten von Munition. Ferner wurde eine gesetzliche Grundlage für die kantonalen Informationssysteme zur elektronischen Bearbeitung von Daten über den Erwerb von Feuerwaffen geschaffen. Ein Minimalkatalog regelt, welche Informationen diese Systeme für ein erfolgreiches Tracing enthalten müssen. Auf die Einrichtung eines zentralen Informationssystems über den Erwerb von Waffen wurde indessen verzichtet.

Schliesslich wurde vorgesehen, dass Feuerwaffen, die bei der Herstellung oder beim Verbringen ins Staatsgebiet nicht die vorgesehene Markierung aufweisen, zu beschlagnahmen und unbrauchbar zu machen sind. Weitere Einzelheiten zum Inhalt der Gesetzesänderungen können der Botschaft des Bundesrates vom 13. Mai 2009 entnommen werden.128 Die Gesetzesänderungen wurden am 11. Dezember 2009 vom Parlament verabschiedet und sind am 28. Juli 2010 in Kraft getreten.129 Auf Stufe Verordnung wurden die notwendigen Detailvorschiften in die Verordnung vom 2. Juli 2008130 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WV) aufgenommen. Inhaltlich ging es dabei hauptsächlich um konkretisierende Bestimmungen im Zusammenhang mit der Markierung von Feuerwaffen und Munition sowie mit den kantonalen Datensammlungen (Inhalt, Dauer der Datenaufbewahrung). Die Verordnungsänderungen sind am 28. Juli 2010 in Kraft getreten.131

Datenschutz Mit dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI (WE Nr. 77) wurden gemeinsame Datenschutzvorschriften für den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit von Schengen aufgestellt. Da den entsprechenden Bestimmungen grösstenteils keine direkte Anwendbarkeit zukommt, mussten die entsprechenden Inhalte in schweizerisches Recht umgesetzt werden, soweit dieses nicht bereits Schengenkonform ausgestaltet war. Auf bundesgesetzlicher Ebene wurden dabei im Rahmen eines sektoriellen Regelungsansatzes gleich mehrere Erlasse angepasst, wobei bestimmte Grundprinzipien direkt im Bundesgesetz vom 19. Juni 1992132 über den Datenschutz (DSG), andere wiederum in den einschlägigen, bereichsspezifischen Erlassen umgesetzt wurden: dem Strafgesetzbuch vom 21 Dezember 1937133 (StGB) und dem SIAG. Inhaltlich ging es dabei um die Aufbewahrung von Personendaten im Interesse der betroffenen Person, die Voraussetzungen für die Übermittlung von aus einem Schengen-Staat stammenden Daten an einen Drittstaat, ein internationales Organ oder an natürliche oder juristische Personen; weitere Änderungen betrafen die Pflicht, jede Person über die sie betreffenden Datenbeschaffungen zu informieren 127 128 129 130 131 132 133

SR 514.54 BBl 2009 3649, Ziffer 6 AS 2010 2899 SR 514.541 AS 2010 2827 SR 235.1 SR 311.0

6372

sowie die Unabhängigkeit der Kontrollstelle. Um Doppelspurigkeiten mit den geänderten Bestimmungen des Datenschutzgesetzes zu vermeiden, wurden zudem gewisse Bestimmungen des AuG, des AsylG, des WG sowie des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951134 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmG) aufgehoben. Einzelheiten hierzu können der Botschaft des Bundesrates vom 11. September 2009 entnommen werden.135 Die Gesetzesänderungen wurden am 19. März 2010 vom Parlament verabschiedet und sind am 1. Dezember 2010 in Kraft getreten.136 Auf Verordnungsebene wurde eine geringfügige Anpassung der Verordnung zum Bundesgesetz über den Datenschutz (VDSG)137 erforderlich, wobei die entsprechenden Änderungen am 1. Dezember 2010 in Kraft getreten sind.138 Inhaltlich ging es dabei um eine Klarstellung bezüglich des Umfangs der Informationspflicht der Behörden bei der Verarbeitung von Personendaten einerseits sowie in Bezug auf die Berichterstattungspflicht des eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) gegenüber dem Parlament andererseits.

IT-Agentur Mit der laufenden Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (WE Nr. 126) wird eine wichtige Grundlage für die Beteiligung der Schweiz an den Aktivitäten der IT-Agentur139 geschaffen. Der Notenaustausch zur Übernahme der Verordnung stellt ein Abkommen mit völkerrechtlich direkt anwendbaren Bestimmungen dar, weshalb es mangels entgegenstehender Vorschriften im schweizerischen Recht keiner rechtlichen Umsetzung ­ weder auf Gesetzes- noch auf Verordnungsstufe ­ bedarf.140 Zur effektiven Beteiligung der Schweiz an der Agentur ist allerdings der Abschluss einer Zusatzvereinbarung erforderlich; die entsprechenden Verhandlungen haben am 10. Oktober 2012 begonnen und laufen zurzeit noch. Aufgrund des zu regelnden Inhalts (Bestimmung des Umfangs der Beteiligungsrechte sowie des finanziellen Beitrags der Schweiz) ist davon auszugehen, dass sich hieraus ebenfalls kein Umsetzungsbedarf für die Schweiz ergeben wird.141

3.5

Bewertung

In seiner Botschaft142 zur Genehmigung der Assoziierungsabkommen hatte der Bundesrat seinerzeit die Erwartung geäussert, dass sich die künftige Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands in voraussehbaren Bahnen bewegen und nicht zu grundlegenden Änderungen der bestehenden Zusammenarbeit führen würde. Dieser Prognose lag die Annahme zu Grunde, dass die EU die weitere Rechtsentwicklung 134 135 136 137 138 139

SR 812.121 BBl 2009 6749, Ziffer 5 und 6 AS 2010 3387 SR 235.11 AS 2010 3399 Neuerdings auch mit «eu-LISA» abgekürzt (von englisch «EU Agency for large-scale IT systems»).

140 Siehe hierzu die Botschaft des Bundesrates vom 23. Mai 2012, BBl 2012 5875, Ziffer 1.3.

141 Vgl. BBl 2012 5875, Ziffer 1.2.1.

142 Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6071.

6373

im Bereich Justiz und Inneres primär im grösseren Zusammenhang der Errichtung eines «Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts» und damit nur beschränkt im Rahmen der Schengener Zusammenarbeit unter Einbezug der an Schengen assoziierten Staaten vorantreiben werde. Diese Erwartung hat sich aus heutiger Sicht im Grossen und Ganzen bestätigt, wenngleich eingeräumt werden muss, dass die Rechtsentwicklung in quantitativer Hinsicht dynamischer ausfiel, als damals zu erwarten war.143 Es kann insbesondere festgestellt werden, dass der überwiegenden Mehrheit (84,7 %) der bis dato angefallenen Weiterentwicklungen nur eine untergeordnete Bedeutung zuzumessen ist, sodass es durchschnittlich nur bei einer von sechs Weiterentwicklungen (15,3 %) der parlamentarischen Beschlussfassung für die Übernahme und allfällige Umsetzung bedurfte. So gesehen blieb der Fokus der bisherigen Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Wesentlichen auf eine Konsolidierung bzw. Präzisierung der bereits bestehenden Instrumente beschränkt. Thematisch sind die wesentlichen Neuerungen im Bereich Schengen ­ abgesehen von der Errichtung der IT-Agentur ­ vorab auf dem Gebiet des Aussengrenzenschutzes (Grenzkodex, Aussengrenzenfonds, FRONTEX), der Visa- und Migrationszusammenarbeit (Biometrie, Visakodex, VIS, Rückführungsrichtlinie) sowie der Polizeizusammenarbeit (SIS II, «Schwedische Initiative», geänderte Waffenrichtlinie) zu verzeichnen, was den bisherigen politischen und strategischen Prioritäten der EU entspricht.

4

Auswirkungen auf die Volksrechte

Im vorliegenden Kapitel wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die Assoziierung der Schweiz an Schengen auf die Ausübung der Volksrechte auf Bundesebene auswirkt. Ausgehend von einigen einführenden Hinweisen auf die Bedeutung der Volksrechte im Bereich der Aussenpolitik einerseits und auf die innerstaatliche Legitimität des für die Schweiz geltenden Völkervertragsrechts andererseits werden die konkreten Auswirkungen auf das Instrumentarium von Referendum und Initiative untersucht. Das Kapitel schliesst mit einer Übersicht über die punktuellen Verschiebungen in der horizontalen Kompetenzverteilung zwischen Legislative und Exekutive, die das Parlament im Rahmen der Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands beschlossen hat (Delegation von Vertragsschluss- und Rechtsetzungsbefugnissen zu Gunsten des Bundesrates).

143

Allerdings hatte sich die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands in der Zeitspanne zwischen 1999 (Überführung des Besitzstands ins EU-Recht) und 2004 (Unterzeichnung des SAA) doch in überschaubaren Grenzen gehalten (vgl. die in Anhang B SAA aufgeführten Rechtsakte).

6374

4.1

Ausgangslage

4.1.1

Bedeutung der Volksrechte in der Aussenpolitik

Die direkte Demokratie zählt neben der Rechtsstaatlichkeit, der Bundesstaatlichkeit (Föderalismus) und der Sozialstaatlichkeit zu den tragenden Strukturelementen der schweizerischen Verfassungsordnung144. Als Ausdruck des demokratischen Leitgedankens, wonach das Volk an den wichtigsten staatlichen Entscheidungen teilhaben soll, verbindet die Bundesverfassung in der für unser Land typischen Art direktdemokratische und repräsentative Elemente und gewährt den Bürgerinnen und Bürgern so weitgehende Mitwirkungsrechte. Diese ermöglichen ihnen eine über das Wahlrecht hinausgehende direkte Beteiligung an der Willensbildung des Bundes: Durch die Ergreifung und Unterzeichnung von Volksinitiativen und Referenden können sie sich unmittelbar an der Entscheidung von Sachfragen beteiligen (Art. 136 Abs. 2 BV).

Die direkt-demokratische Mitbestimmung ist ein wichtiger Motor der rechtspolitischen Entwicklung in unserem Staat (Impulsfunktion). Darüber hinaus sind die Volksrechte auch ein Kontrollinstrument. So bleiben im Rahmen von Initiative und Referendum die grundlegenden Entscheide nicht nur dem Verfassungsgeber vorbehalten, sondern das Volk erhält auch die Möglichkeit, in die Steuerung des politischen Prozesses durch Parlament und Regierung einzugreifen und Entscheide des Gesetzgebers in Frage zu stellen und sogar umzustossen. Schliesslich haben die Volksrechte auch eine wichtige legitimierende und integrierende Funktion, indem sie durch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am politischen Prozess die notwendige demokratische Abstützung der politischen Entscheide garantieren und den nationalen Zusammenhalt stärken.145 Diese Funktionen der direkt-demokratischen Mitsprache sind indessen nicht nur für innerstaatliche Entscheide des Gesetzgebers von Bedeutung; sie spielen auch bei aussenpolitischen Entscheiden eine wichtige Rolle. Angesichts der zunehmenden Internationalisierung der Rechtsordnung erstaunt es wenig, dass der Volksinitiative und dem Referendum im politischen Diskurs der letzten Jahrzehnte eine wachsende Bedeutung zugemessen wurde: Zwar ist im Grunde das gesamte für die Schweiz geltende Staatsvertragsrecht demokratisch legitimiert, wurde es doch in dem vom Verfassungsgeber vorgesehenen Verfahren für den Abschluss von Staatsverträgen abgeschlossen. Doch das Bedürfnis nach direkt-demokratischer Legitimation ist in dem Masse gewachsen, wie das schweizerische Recht infolge der Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit materiell angepasst wurde.146

144

Vgl. statt vieler P. Tschannen, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bern 2007, § 6; U. Häfelin/ W. Haller/H. Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich/ Basel/Genf 2012, Rz. 168; vgl. ferner Botschaft des Bundesrates vom 20. November 1996 über die neue Bundesverfassung (im Folgenden: Botschaft neue BV), BBl 1997 I 1, 14 ff.

145 Botschaft neue BV, BBl 1997 I 441.

146 «Das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht», Bericht des Bundesrates vom 5. März 2010 in Erfüllung des Postulats 07.3764 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 16. Oktober 2007 und des Postulats 08.3765 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 20. November 2008 (im Folgenden: Völkerrechtsbericht), BBl 2010 2274 ff.

6375

4.1.2

Innerstaatliche Legitimation des Völkerrechts

Die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 hat die innerstaatliche Legitimation des Staatsvertragsrechts gestärkt, indem sie auf Verfassungsstufe die aussenpolitischen Kompetenzen des Parlaments verankert (Art. 166 BV) und damit dessen Mitverantwortung im Bereich der Aussenpolitik verdeutlicht hat. Auch wenn die Aushandlung, Unterzeichnung und Ratifikation völkerrechtlicher Verträge in der Kompetenz des Bundesrates verbleiben (Art. 184 BV), so sind die Mitwirkungsrechte des Parlaments dennoch vielfältig: Abgesehen davon, dass der Bundesrat die für die Aussenpolitik zuständigen Kommissionen des Parlaments zum Inhalt der Mandate für wichtige internationale Verhandlungen konsultieren (Art. 152 Abs. 3 ParlG) und sie über deren weiteren Verlauf und die abgeschlossenen Abkommen informieren muss (Art. 48a Abs. 2 RVOG), hat die Bundesversammlung bei Staatsverträgen grundsätzlich das letzte Wort. Sie genehmigt die völkerrechtlichen Verträge, soweit für deren Abschluss nicht der Bundesrat gestützt auf ein Gesetz oder einen völkerrechtlichen Vertrag zuständig ist (Art. 166 Abs. 2 BV; Art. 7a Abs. 1 RVOG). In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat im Sommer 2012 weitere Vorschläge gemacht, die die Stellung des Parlaments im Zusammenhang mit völkerrechtlichen Abkommen weiter stärken soll: So sollen zum einen die Voraussetzungen für den selbstständigen Abschluss von «Verträgen von beschränkter Tragweite» in Artikel 7a RVOG präzisiert werden (Einschränkung und klarere Definition dieser Vertragskategorie). Zum anderen soll die bereits im geltenden Recht bestehende Pflicht, das Parlament vor einem Entscheid über die vorläufige Anwendung eines Staatsvertrages zu konsultieren, gestärkt werden. Nach den Vorstellungen des Bundesrates soll die vorzeitige Anwendung eines Staatsvertrags nur dann möglich sein, wenn die Voraussetzungen von Artikel 7b Absatz 1 RVOG (Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz, besondere Dringlichkeit) erfüllt sind und zusätzlich die zuständigen Kommissionen nicht je mit mindestens einer Zweidrittelsmehrheit der Mitglieder die vorzeitige Anwendung ablehnen.147 Die entsprechenden Vorschläge befinden sich derzeit in parlamentarischer Beratung.

Das wichtigste Mittel, die Aussenpolitik innenpolitisch zu verankern, bleibt indessen die direkte Beteiligung des Volkes. Vor diesem Hintergrund hatte
der Bundesrat im Rahmen der Verfassungsreform Vorschläge zur Reform der Volksrechte vorgelegt.148 Als Ergebnis der daran anschliessenden politischen Debatte149 haben die Volksrechte im Bereich aussenpolitischer Entscheidungen wesentliche Neuerungen erfahren. Während Geltungsbereich und Voraussetzungen des obligatorischen Staatsvertragsreferendums (Art. 140 Abs. 1 Bst. b BV) unverändert blieben, hat das fakultative Staatsvertragsreferendum namentlich zwei wichtige Neuerungen erfahren:

147

Zu den Einzelheiten siehe Botschaft vom 4. Juli 2012 zum Bundesgesetz über die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge von beschränkter Tragweite und über die vorläufige Anwendung völkerrechtlicher Verträge (Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes und des Parlamentsgesetzes), BBl 2012 7465.

148 Vgl. dazu Botschaft neue BV, BBl 1997 I 441 ff.

149 Im Rahmen der Parlamentarischen Initiative SPK-S vom 29. Juni 1999 «Beseitigung von Mängeln der Volksrechte» (99.436); zum Verlauf der Debatte siehe Ziffer 2.1.2 der Botschaft des Bundesrates vom 1. Oktober 2010 zur Volksinitiative «Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors Volk!)», BBl 2010 6963.

6376

­

Zum einen wurde die Möglichkeit geschaffen, die Genehmigung eines Staatsvertrages zusammen mit den zu dessen Umsetzung erforderlichen Gesetzesanpassungen im Rahmen eines einzigen Erlasses zu beschliessen (Art. 141a BV). Damit wurde im Sinne des Grundsatzes der Einheit der Materie nicht nur die Transparenz für die Stimmbürgerin und den Stimmbürger erhöht, sondern auch der «Gefahr von widersprüchlichen Entscheiden, welche die internationale Glaubwürdigkeit der Schweiz gefährden», ein Riegel vorgeschoben.150

­

Zum anderen wurde der sachliche Anwendungsbereich des fakultativen Staatsvertragsreferendums erweitert151, indem das bisherige Kriterium der «multilateralen Rechtsvereinheitlichung» in Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV durch zwei alternative Voraussetzungen ersetzt wurde. Neu unterstehen Staatsverträge dann dem fakultativen Referendum, wenn sie «wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten» oder wenn «deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert» (Art. 141 Abs. 1 Bst. d BV). Wegleitend für diese Neuerung war der Gedanke des «Parallelismus»: Die Volksrechte sollten im Bereich der Staatsverträge möglichst in gleicher Weise zum Tragen kommen wie in der innerstaatlichen Gesetzgebung. Die SPK-N hat dies in ihrer Begründung zur Motion 04.3203 folgendermassen auf den Punkt gebracht: «Was nach Artikel 164 BV «wichtig» ist und in einem referendumsfähigen Gesetz geregelt werden muss, ist im Falle eines internationalen Vertrages auch nach Artikel 141 BV «wichtig» und soll dem fakultativen Referendum unterstellt werden.»152 Entsprechend ist nicht die Form (Gesetz oder Staatsvertrag), sondern der jeweilige normative Inhalt massgeblich.

4.2

Auswirkungen auf das Referendum

Die Beachtung der innerstaatlichen Genehmigungs- und Rechtsetzungsverfahren und damit verbunden die Wahrung der direkt-demokratischen Mitwirkungsrechte des Volkes war bereits während der Verhandlungen zum SAA ein zentrales Anliegen.153 Mithin galt es sicherzustellen, dass das Referendum vollumfänglich zum Tragen kommt ­ und zwar sowohl in Bezug auf die Genehmigung der Assoziierungsabkommen als solche als auch und besonders bei der Übernahme und Umsetzung künftiger Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands.

150

Im Einzelnen siehe Botschaft neue BV, BBl 1997 I 470; vgl. auch den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 2. April 2001 zur Parlamentarischen Initiative (Kommission 96.091 SR) «Beseitigung von Mängeln der Volksrechte» (99.436), BBl 2001 4803.

151 Im Gegenzug wurde das sog. «fakultativ-fakultative Staatsvertragsreferendum» (Art. 141 Abs. 2 BV) aufgehoben, welches der Bundesversammlung ermöglichte, einen Staatsvertrag, der nicht dem Referendum untersteht, trotzdem dem fakultativen Referendum zu unterstellen.

152 Begründung zur Motion der SPK-N vom 22. April 2004 «Fakultatives Staatsvertragsreferendum. Parallelismus von staatsvertraglicher und innerstaatlicher Rechtsetzung» (04.3203).

153 Vgl. Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6001, Ziffer 1.3.6.

6377

4.2.1

Beachtung der Volksrechte bei der Genehmigung der Assoziierungsabkommen

Im Rahmen des Verfahrens zur Genehmigung und Umsetzung der Schengen/DublinAssoziierungsabkommen sind die direkt-demokratischen Rechte voll zum Tragen gekommen. Das Volk hat sich in der Referendumsabstimmung vom 5. Juni 2005 mit 54,6 % Ja-Stimmen für die beiden Abkommen ausgesprochen. Mit Bezug auf ihre demokratische Legitimität verfügen die Abkommen über eine sehr solide innerstaatliche Verankerung.154 Hervorgehoben werden sollen hier nur die folgenden Aspekte:

154

155

156 157

158 159

­

Schengen/Dublin stellt nur eines von mehreren Dossiers dar, die im Rahmen des zweiten Zyklus von sektoriellen Verhandlungen mit der EU ausgehandelt worden sind (sog. Bilaterale II). Mit Blick auf die Ausgestaltung der Form der Genehmigungsbeschlüsse hat sich daher zunächst die Frage gestellt, ob die verschiedenen Abkommen jeweils einzeln oder im Rahmen einer einzigen Vorlage (Paket) dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden sollten. Letztere Lösung war seinerzeit bei der Genehmigung der ersten sieben sektoriellen Abkommen mit der EU (Bilaterale I) gewählt worden, weil diese rechtlich so miteinander verknüpft sind, dass sie nur gemeinsam angewendet werden können.155 Hiervon wurde bei den Bilateralen II Abstand genommen, da es ein vergleichbares rechtliches Junktim zwischen den Abkommen der Bilateralen II grundsätzlich nicht gibt. Eine enge rechtliche Verknüpfung156 existiert lediglich zwischen den einzelnen Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen, weshalb der Bundesversammlung diesbezüglich ein einziger Genehmigungsbeschluss vorgelegt wurde.

­

Im Rahmen der Vorlage zu Schengen/Dublin war sodann zu klären, welchem Referendumstyp der Bundesbeschluss zur Genehmigung und Umsetzung der Assoziierungsabkommen157 zu unterstellen sei. Zu prüfen war in einem ersten Schritt, ob die Voraussetzungen des obligatorischen Referendums nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b BV (Beitritt zu einer supranationalen Gemeinschaft) erfüllt sind, wie dies von einer Minderheit im Parlament vehement vertreten wurde. Bundesrat und Parlament haben diese Frage jedoch nach eingehender Prüfung verneint, da die Kriterien der Supranationalität beim SAA nicht gegeben sind, welche gemäss konstanter Praxis der Bundesbehörden158 vorliegen müssen. In seiner Botschaft159 verwies der Bundesrat in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Umstand, dass im Rahmen des SAA ein Übernahmeautomatismus fehlt und daher kein «Souveränitätstransfer an eine supranationale Instanz» stattfindet. Mit anderen Worten binden die Beschlüsse der EU die Schweiz nicht automatisch; Zur diesbezüglichen politischen Debatte siehe R. Fraoua, Procédure d'approbation et mise en oeuvre des Accords bilatéraux II: aspects constitutionnels, in: Ch. Kaddous/ M. Jametti (Hrsg.), Bilaterale Abkommen II Schweiz-EU, 2006, S. 142 ff.

Vgl. Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1999 über die Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft sowie gegebenenfalls ihren Mitgliedstaaten oder der Europäischen Atomgemeinschaft andererseits, AS 2002 1527.

Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6121, Ziffer 2.6.6.

Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin, SR 362.

BBl 1974 II 1175; 1992 IV 539; 1994 IV 416 Vgl. im Einzelnen Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6288, Ziffer 6.4.1.

6378

eine neue Weiterentwicklung entfaltet ihre Verpflichtungswirkung gegenüber der Schweiz somit nicht unmittelbar mit deren Verabschiedung durch die zuständigen Organe der EU, sondern es bedarf ­ wie sich aus Artikel 7 Absatz 2 SAA ergibt ­ in jedem Einzelfall einer eigenständigen Übernahmeentscheidung seitens der Schweiz. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine allfällige Nichtübernahme de facto mit schwerwiegenden Konsequenzen verbunden sein kann.160 Ebenfalls verneint wurde das Vorliegen der Voraussetzungen für das obligatorische Referendum sui generis, das gemäss Praxis der Bundesbehörden161 und nach einem Teil der Lehre162 dann anerkannt ist, wenn der in Frage stehende Staatsvertrag von derartiger Bedeutung ist, dass ihm Verfassungsrang zukommt. Diese Bedingung ist beim SAA nicht erfüllt. In seiner Botschaft163 stellt der Bundesrat fest, dass die Assoziierung an Schengen/Dublin nicht zu tiefgreifenden Änderungen des Staatswesens führt. Insbesondere wird die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung nicht berührt, da die Assoziierungsabkommen keine Souveränitätsübertragung an die EU vorsehen und die Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen durch Bund und Kantone im Rahmen der bestehenden Kompetenzen und Verfahren erfolgen kann.

­

Vor diesem Hintergrund war in einem zweiten Schritt schliesslich zu prüfen, ob der Genehmigungsbeschluss dem fakultativen Referendum unterliegt.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1­3 BV werden Staatsverträge dem fakultativen Referendum unterstellt, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder Bestimmungen enthalten, deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Da beide Voraussetzungen der Ziffer 3 zweifellos zutreffen (das SAA enthält in den Anhängen A und B nicht nur wichtige rechtsetzende Bestimmungen, sondern auch Vorgaben, deren Umsetzung die Anpassung mehrerer Bundesgesetze erforderlich macht), wurde der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Assoziierungsabkommen an Schengen/Dublin dem fakultativen Staatsvertragsreferendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 3 BV) unterstellt. Gleichzeitig wurde von der Möglichkeit nach Artikel 141a Absatz 2 BV Gebrauch gemacht, die zur Umsetzung erforderlichen Erlassentwürfe in den Genehmigungsbeschluss zu integrieren. Mit diesem Vorgehen trugen Bundesrat und Parlament dem verfassungsmässigen Grundsatz der Einheit der Materie Rechnung, indem eine möglichst grosse Transparenz über die rechtlichen Folgen der Assoziierung der Schweiz an Schengen geschaffen wurde.

160

Zu den Folgen einer allfälligen Nichtübernahme vgl. Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6133, Ziffer 2.6.7.5.

161 Siehe den Bundesbeschluss vom 9. Oktober 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), BBl 1992 VI 56.

162 J.-F. Aubert/P. Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, Art. 140, Nr. 12, S. 1105 f.; A. Lombardi/D. Thürer, St. Galler Kommentar, Art. 140 BV, Nr. 18, S. 1488; R. Rhinow, Grundzüge des Schweizerischen Verfassungsrechts, Nr. 3277, S. 579.

163 Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6290, Ziffer 6.4.1.

6379

4.2.2

Beachtung der Volksrechte im Rahmen der Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen

Das Ziel, die innerstaatlichen, direkt-demokratischen Verfahren zu wahren, konnte auch im Zusammenhang mit der bisher erfolgten Weiterentwicklung von Schengen erreicht werden. Dies wird deutlich, wenn man sich die Mechanismen vergegenwärtigt, nach welchen sich die Übernahme und Umsetzung von neuem Schengen-Recht durch die Schweiz gestaltet.164 Folgende Aspekte sind hierbei von Bedeutung: ­

Hervorzuheben ist zunächst, dass unter Schengen die verfassungsmässigen Verfahren zur Genehmigung völkerrechtlicher Verträge (inklusive einer allfälligen Anwendung des Referendums) weder an sich in Frage gestellt noch deren Anwendungsbereich einschränkt wird. Wie bereits dargelegt, sind zum einen die Verfahren der internen Willensbildung der Vertragsparteien nicht Regelungsgegenstand des SAA. Zum anderen besteht kein «Übernahmeautomatismus»165, und es werden mit der Assoziierung schweizerischerseits keine Hoheitsrechte auf die Organe der EU übertragen. Die Schweiz bleibt als an Schengen assoziierter Staat in den von der Zusammenarbeit erfassten Bereichen weiterhin vollumfänglich regelungsbefugt und kann ihre verfassungsmässigen Entscheidmechanismen uneingeschränkt zur Anwendung bringen. Damit ist gewährleistet, dass der Souverän überall dort, wo dies die Verfassung vorsieht, seine direkt-demokratischen Beteiligungsrechte ausüben kann.

­

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang weiter, dass sich die Übernahme von rechtlich verbindlichen Weiterentwicklungen auf der Grundlage eines Notenaustausches vollzieht, der aus schweizerischer Sicht als Staatsvertrag zu qualifizieren ist.166 Damit kommen die üblichen Grundsätze und Verfahren zur Anwendung, welche die Bundesverfassung für den Abschluss und die Umsetzung von Staatsverträgen vorsieht. Mit Bezug auf das Referendumsrecht kommt dabei der bereits erwähnte «Parallelismus» zwischen Gesetzes- und Staatsvertragsreferendum zum Tragen, sodass bei «wichtigen» Vorlagen die fakultative Beteiligung des Volkes gewährleistet ist.

In Bezug auf die Übernahme einer Weiterentwicklung ist für die Reichweite des Referendums massgebend, ob nach dem Inhalt der fraglichen Weiterentwicklung der Bundesrat aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag allein für den Abschluss des Notenaustausches zuständig ist. Ist er es nicht, so muss der Notenaustausch von der Bundesversammlung genehmigt werden (Art. 166 Abs. 2 BV, Art. 24 Abs. 2 ParlG und Art. 7a Abs. 1 RVOG). In diesem Fall untersteht er dem fakultativen Staatsvertragsreferendum, wenn die Voraussetzungen von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV («völkerrechtliche Verträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfor-

164 165

Siehe dazu im Einzelnen oben Ziffer 2.3.

Vielmehr setzt das in Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a SAA verankerte Übernahmeverfahren in jedem Einzelfall entsprechenden Entscheid der Schweiz voraus («Die Schweiz entscheidet, ob sie den Inhalt ... akzeptiert»).

166 Vgl. hierzu im Einzelnen oben Ziffer 2.3.2.

6380

dert»)167 erfüllt sind. Dabei wird in der Praxis jeweils von der Möglichkeit nach Artikel 141a Absatz 2 BV Gebrauch gemacht: die zur Umsetzung erforderlichen Erlassentwürfe werden in den Genehmigungsbeschluss integriert.168 Für den Fall, dass die Kompetenz zur Übernahme zwar beim Bundesrat liegt, es zur rechtlichen Umsetzung aber dennoch formell-gesetzlicher Anpassungen auf Bundesebene bedürfte, wäre die Mitwirkung des Volkes im Rahmen des fakultativen Gesetzesreferendums gewährleistet (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

­

Eine Herausforderung ergibt sich allerdings aus der Tatsache, dass das SAA der Schweiz «zur Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» eine Frist von maximal zwei Jahren einräumt (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA).

Das bedeutet, dass die internen Genehmigungsverfahren unter Einschluss der Durchführung einer allfälligen Referendumsabstimmung innert dieser Frist abzuschliessen sind. Auch wenn die Einhaltung dieser Vorgabe die Ausübung des Referendumsrechts nicht als solches einschränkt, so stellt sie für Bund und Kantone dennoch insgesamt eine gesetzesplanerische Herausforderung dar, stehen doch auf der einen Seite regelmässig komplexe Rechtssetzungsverfahren an, während es auf der anderen Seite gilt, die einschlägigen Verfahrensvorgaben des schweizerischen Rechts einzuhalten.

Dies bedingt ein vorausschauendes und frühzeitiges Agieren seitens der Verwaltung und eine beförderliche Behandlung im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens. Das Bundesrecht sieht zwar eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung vor, so zum Beispiel die Verkürzung der Vernehmlassungsfrist (Art. 7 Abs. 3 Bst. a VlG), die Durchführung des beschleunigten Verfahrens im Rahmen der parlamentarischen Beratung (Art. 85 Abs. 2 ParlG), die Dringlichkeitserklärung des Umsetzungsrechts (Art. 165 BV) oder die vorzeitige Anwendung des Notenaustausches (Art. 7b RVOG). Die Inanspruchnahme dieser Instrumente muss, um die Zuständigkeiten von Volk und Parlament möglichst weitgehend zu wahren, auf begründete Einzelfälle beschränkt bleiben. Der Verlust an zeitlicher Flexibilität für den Genehmigungs- und Umsetzungsprozess muss deshalb in erster Linie im verwaltungsinternen Verfahren aufgefangen werden. Ein genereller Verzicht auf die genannten Instrumente wäre für den Bundesrat nicht sachgerecht, da er die Wahrung der Qualität der Gesetzgebung und damit letztlich auch die Einhaltung der vorgegebenen Fristen erschweren würde.

­

Weiter bleibt zu berücksichtigen, dass im Rahmen eines Referendums zu einer Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands nur über die Vorlage als Ganzes abgestimmt wird und nicht einzelne Bestimmungen daraus angenommen oder abgelehnt werden können. Hinzu kommt, dass eine allfällige Nichtübernahme einer Weiterentwicklung das Beendigungsverfahren nach Artikel 7 Absatz 4 SAA auslöst und so de facto unter Umständen mit schwerwiegenden Konsequenzen, das heisst mit der Beendigung der

167

Was als «wichtig» bzw. als «wichtige rechtsetzende Bestimmung» anzusehen ist, definiert Artikel 164 BV beispielhaft.

168 Demgegenüber dürften die Voraussetzungen des obligatorischen Referendums nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b BV («Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften») im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands kaum je gegeben sein.

6381

Zusammenarbeit als Ganzem, verbunden sein kann.169 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die besondere Bedeutung, die der Wahrung der innerstaatlichen, direkt-demokratischen Verfahren in der Schweiz zukommt, in der Geschäftsordnung des Gemischten Ausschusses zum Ausdruck kommt (Art. 4).170 Diese sieht ein zusätzliches Konsultationsverfahren für den Fall vor, dass die Schweiz der Auffassung ist, eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands beeinträchtige einen der in der BV verankerten Grundsätze der Neutralität, des Föderalismus oder der direkten Demokratie.171

4.3

Auswirkungen auf die Volksinitiative

Das zweite wichtige Instrument direkt-demokratischer Mitwirkung auf Bundesebene stellt die Volksinitiative dar, die von jeder Schweizer Bürgerin und jedem Schweizer Bürger ergriffen und unterzeichnet werden kann (Art. 136 Abs. 2 BV). Die Volksinitiative kann sich dabei entweder auf eine Total- oder auf eine Teilrevision der Bundesverfassung (Art. 138 und 139 BV) richten, wobei sie im letzteren Fall in Form einer allgemeinen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs ergehen kann.

Wie schon mit Bezug auf das Referendum172 kann auch mit Blick auf die Volksinitiative festgestellt werden, dass die Assoziierung der Schweiz an Schengen keine Auswirkungen auf das Institut als solches hat. Denn auch hier gilt es festzuhalten, dass der Assoziierung ein «supranationaler» Charakter fehlt und mithin keine Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an die EU erfolgt. Folgerichtig können auch bei einer Beteiligung an Schengen grundsätzlich alle denkbaren Inhalte Gegenstand einer Volksinitiative bilden, soweit die in Artikel 139 Absatz 3 BV enthaltenen Schranken der Verfassungsrevision beachtet werden.

Damit können Konflikte mit den für die Schweiz massgebenden völkerrechtlichen Verpflichtungen entstehen. So ist es nicht ausgeschlossen, dass mittels einer Volksinitiative beabsichtigt oder unbeabsichtigt bestimmte Norminhalte in die Verfassung aufgenommen werden, die ganz oder teilweise im Widerspruch zu Bestimmungen des Schengen-Besitzstands stehen, welche die Schweiz anlässlich der Genehmigung des SAA oder im Zuge der Weiterentwicklung übernommen hat. Diese Möglichkeit besteht aber nicht nur im Zusammenhang mit dem SAA, sondern kann grundsätzlich 169

Das bedeutet, dass im Rahmen einer Referendumsabstimmung nicht nur über die Übernahme einer spezifischen Weiterentwicklung, sondern immer auch über die Fortführung der Schengener Zusammenarbeit insgesamt entschieden wird, von deren Schicksal überdies die Dublin-Zusammenarbeit abhängt.

170 Beschluss Nr. 1/2004 des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des SchengenBesitzstands eingesetzten Gemischten Ausschusses EU/Schweiz vom 26. Oktober 2004 zur Annahme seiner Geschäftsordnung, ABl. C 308 vom 14.12.2004, S. 2; geändert durch Beschluss Nr. 1/2008 des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des SchengenBesitzstands eingesetzten Gemischten Ausschusses EU/Schweiz vom 28. Februar 2008 zur Änderung seiner Geschäftsordnung, ABl. L 83 vom 26.3.2008, S. 37.

171 Zu Folgen einer allfälligen Nichtübernahme vgl. Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6133, Ziffer 2.6.7.5.

172 Siehe oben Ziffer 4.2.

6382

alle völkerrechtlichen Verträge der Schweiz betreffen. Im Kontext der Schengener Zusammenarbeit weisen derartige Normkollisionen denn auch keinen besonderen Charakter auf, sodass auch in diesem Bereich allenfalls auftretende Widersprüche nach den «üblichen» Regeln aufzulösen sind, welche die Verfassung für Konflikte zwischen Völkerrecht und Verfassungsrecht bereitstellt.173 Die Problematik völkerrechtswidriger Volksinitiativen ist in der Vergangenheit von Bundesrat und Parlament wiederholt und ausführlich untersucht worden, sodass auf die entsprechenden Erkenntnisse verwiesen werden kann.174 Ferner hat der Bundesrat am 15. März 2013 einem Auftrag des Parlaments folgend Massnahmen zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und dem Initiativrecht vorgeschlagen und dazu die Vernehmlassung eröffnet. Vorgeschlagen werden die materielle Vorprüfung von Volksinitiativen und die Erweiterung der Ungültigkeitsgründe auf die Kerngehalte der BV.175 Für die Zwecke des vorliegenden Berichts sei an dieser Stelle lediglich auf die folgenden Aspekte hingewiesen: ­

173

174 175 176 177 178 179 180

Mit Bezug auf Konflikte zwischen Volksinitiativen und dem für die Schweiz geltenden Schengen-Recht ist zunächst danach zu fragen, ob der Text einer Volksinitiative den «zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts» zuwiderläuft oder nicht. Bisweilen verweisen nämlich Schengen-relevante Rechtsakte direkt auf entsprechende völkerrechtliche Verpflichtungen oder setzen deren Einhaltung voraus. Falls ein Widerspruch zu den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts besteht und die Normwidersprüche nicht auf dem Wege einer völkerrechtskonformen Auslegung176 vermieden werden können, so muss die fragliche Initiative gemäss Artikel 139 Absatz 3 BV ganz oder teilweise für ungültig erklärt werden. Durch dieses Verfahren werden echte Normwidersprüche im Ergebnis vermieden, indem potenziell konfligierende Vorschriften einer Volksinitiative nicht zur Abstimmung gelangen und auf diese Weise erst gar nicht in Kraft treten können (Art. 195 BV). Zu den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts ist indessen nur ein kleiner Teil des für die Schweiz massgebenden Völkerrechts zu rechnen ­ jene Vorschriften nämlich, die von so grundlegender Bedeutung sind, dass ein Rechtsstaat sich deren Geltungskraft nicht entziehen kann177 oder die zur Kategorie der sog. «notstandsfesten Garantien» zählen. Nach der gegenwärtigen Praxis der Bundesbehörden178 sind von diesem Begriff neben dem Gewaltverbot insbesondere eine Reihe der notstandsfesten Menschenrechtsgarantien zu zählen, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention179 und dem UNO-Menschenrechtspakt II180 verbrieft sind. Allerdings ist Vgl. Zusatzbericht des Bundesrates vom 30. März 2011 zu seinem Bericht vom 5. März 2010 über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht, BBl 2011 3613, Ziffer 2.1 (im Folgenden: Zusatzbericht).

Vgl. insbesondere Völkerrechtsbericht, BBl 2010 2263, Ziffer 8 sowie Zusatzbericht, BBl 2011 3613.

Die Unterlagen sind auf folgender Internetseite veröffentlicht: www.admin.ch/dokumentation/gesetz/pc/index.html?lang=de Zu diesem Grundsatz siehe den Völkerrechtsbericht, BBl 2010 2306 ff., Ziffer 8.5 und 8.7.1.2.

Botschaft neue BV, BBl 1997 I 433 f.

Im Einzelnen siehe den Zusatzbericht, BBl 2011 3613, Ziffer 2.4.1.

Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, SR 0.101 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte, SR 0.103.2

6383

nicht ausgeschlossen, dass auch andere völkerrechtliche Inhalte als zwingende Bestimmungen des Völkerrechts anerkannt werden, ist es doch letztlich die Aufgabe der Praxis, unter Einbezug der Lehre letzte Klarheit über die genaue Tragweite dieses verfassungsrechtlichen Begriffs zu schaffen.

­

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Volkinitiative dereinst Verpflichtungen aus dem Schengen-Besitzstand verletzt, die nicht zu den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts zählen, dürfte in der Praxis grösser181 sein.

Eine solcherart völkerrechtswidrige Volksinitiative ist nach den Vorgaben der Verfassung gültig und muss daher Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet werden (Art. 139 Abs. 3 BV e contrario). Falls eine solche Initiative angenommen wird und eine Übereinstimmung mit den Vorgaben des Schengen-Besitzstands nicht auf dem Wege der völkerrechtskonformen Auslegung erreicht werden kann, dann kommt es zu einem echten Konflikt mit den völkerrechtlichen Vorgaben. Um dies zu vermeiden, hat die Bundesversammlung die Möglichkeit, einen Gegenentwurf auszuarbeiten, um den Text der Initiative in einem gewissen Masse zu «korrigieren» und den Bürgerinnen und Bürgern als Alternative eine völkerrechtskonforme Variante als Alternative zu unterbreiten (Art. 139 Abs. 5 BV). Wird die Initiative dennoch angenommen, steht die Schweiz vor der schwierigen Situation, entweder geltendes Verfassungsrecht nicht anzuwenden oder völkerrechtliche Verpflichtungen zu verletzen. Um diese Problematik zu entschärfen, soll nach den Vorstellungen des Bundesrates182 mit dem Institut der materiellen Vorprüfung von Initiativen ein zusätzliches Instrument geschaffen werden, um das Risiko des Entstehens von Widersprüchen zwischen Völkerrecht und Verfassungsrecht zu senken.183 Im Rahmen der Vorprüfung soll vom Bundesamt für Justiz und der Direktion für Völkerrecht gemeinsam eine Stellungnahme erarbeitet werden, die vor Beginn der jeweiligen Unterschriftensammlung abgegeben und deren Ergebnis auf jedem Unterschriftenbogen aufgedruckt wird. Die Stellungnahme soll allerdings rechtlich nicht verbindlich sein. Weiterhin könnten Volk und Stände über Volksinitiativen abstimmen, die nicht zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts entgegenstehen.

­

Für den Fall, dass trotz allem eine völkerrechtswidrige Initiative angenommen wird, sind die im Rahmen des SAA bestehenden Möglichkeiten zur Ausräumung des Konfliktes auszuloten. Soweit eine völkerrechtskonforme Auslegung bzw. Umsetzung des neuen Verfassungstextes nicht möglich ist, bleiben dem Bundesrat zur Beseitigung des Normenkonflikts im Wesentlichen nur zwei Möglichkeiten: Die erste besteht darin, dass er versucht, die in Frage stehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen inhaltlich zu ändern (Vertragsänderung). Ein solches Unterfangen, sei es im Rahmen einer (formellen) Neuverhandlung des Abkommens oder im Rahmen des im Abkom-

181

In der bisherigen Praxis sind einige Volksinitiativen eingereicht worden, die unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten als problematisch anzusehen waren. Von diesen wurde lediglich eine einzige von der Bundesversammlung (wegen Verstosses gegen zwingendes Völkerrecht) für ungültig erklärt, während alle anderen dreizehn Volksinitiativen zur Abstimmung gelangt sind. Vgl. die Übersicht im Völkerrechtsbericht, BBl 2010 2316, Ziffer 8.7.2.

182 Siehe Zusatzbericht, BBl 2011 3613; siehe auch Motion 11.3468 SPK-N und Motion 11.3751 SPK-S.

183 Die Vorschläge des Bundesrates wurden am 15. März 2013 in die Vernehmlassung geschickt.

6384

men vorgesehenen Streitbeilegungsverfahrens (Art. 10 SAA), dürfte allerdings in aller Regel nicht einfach realisierbar sein, weil eine entsprechende Anpassung der vertraglichen Verpflichtungen der Schweiz die Zustimmung aller am Abkommen beteiligten Parteien voraussetzt. Zwar ist es im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens grundsätzlich denkbar, dass der Gemischte Ausschuss einen entsprechenden einvernehmlichen Beschluss zugunsten der Schweiz fällen würde; doch dürfte ­ abgesehen von der kurzen Zeitspanne, die für eine Einigung zur Verfügung stünde ­ der politische Spielraum für materielle Abweichungen im Rahmen des SAA de facto sehr begrenzt sein.

Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schengener Zusammenarbeit ganz wesentlich auf dem Grundsatz fusst, dass alle beteiligten Staaten ­ Mitgliedstaaten wie assoziierte Staaten ­ jeweils den gleichen Rechtsbestand anwenden («Grundsatz der einheitlichen Anwendung und Auslegung», Art. 8 SAA). Sofern es mangels einer Einigung im Rahmen des Streitbelegungsverfahrens nicht bereits zur automatischen Beendigung des SAA kommen würde, stünde dem Bundesrat als zweite Möglichkeit lediglich die Kündigung des Abkommens (Art. 17 SAA) zur Verfügung. In beiden Fällen hätte dies zur Folge, dass automatisch auch die Zusammenarbeit von Dublin beendet würde.

4.4

Kompetenzdelegationen zugunsten des Bundesrates

4.4.1

Übersicht

Einen wesentlichen Einfluss auf die Reichweite des Referendums auf Bundesebene hat neben der Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen auch die Kompetenzverteilung zwischen Bundesversammlung und Bundesrat; so setzt das Referendum stets einen Beschluss des Parlaments (in der Form eines Bundesgesetzes oder eines Bundesbeschlusses zur Genehmigung eines Staatsvertrages) voraus.

Eine Erweiterung der Befugnisse des Bundesrates ­ sei es im Bereich der Rechtsetzung oder sei es im Hinblick auf den selbstständigen Abschluss von Staatsverträgen ­ bedeutet eine Verschiebung der bestehenden Kompetenzen zwischen Bundesversammlung und Bundesrat und damit im Ergebnis eine Einschränkung der Volksrechte, da die entsprechenden Regelungsmaterien dem Geltungsbereich des Referendums entzogen werden.184 Entsprechend streng sind die rechtlichen Anforderungen, die nach der Verfassung (Art. 164 und 166 Abs. 2 BV) sowie gemäss bewährter Lehre und Rechtsprechung185 an die Zulässigkeit von Delegationsnormen gestellt werden: So muss die entsprechende Ermächtigungsgrundlage in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten sein und sich materiell auf ein bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet beschränken, wobei die Grundzüge der Regelung im Gesetz selbst umschrieben sein müssen. Die Kompetenzdelegation kann daher immer nur unter Wahrung der Volks184

R. Baumann, Der Einfluss des Völkerrechts auf die Gewaltenteilung, Zürich 2002, S. 399 ff.

185 U. Häfelin/W. Haller/H. Keller, Rz. 1872; J. P. Müller, Allgemeine Bemerkungen zu den Grundrechten, in: D. Thürer/J.-F. Aubert/J. P. Müller (Hrsg.), Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich 2001, § 39, Rz. 53; W. Ritter, Schutz der Freiheitsrechte durch genügend bestimmte Normen, 1994, S. 202 ff. und 251 ff.; BGE 128 I 327 E. 4.1., m.w.H. auf Lehre und Rechtsprechung.

6385

rechte erfolgen. Auf diese Weise wird garantiert, dass die verfassungsrechtlich vorgesehene Kompetenzausscheidung zwischen Legislative und Exekutive nicht überstrapaziert wird, dass Kompetenzdelegationen immer dem fakultativen Referendum unterstehen und dass damit die Erlasse und Abkommen, die vom Bundesrat verabschiedet bzw. abgeschlossen werden, über eine ausreichende demokratische Legitimation verfügen.

Untersucht man vor diesem Hintergrund die bisherige Praxis zum Erlass von Delegationsnormen, so ergibt sich für den hier interessierenden Bereich von Schengen/Dublin folgendes Bild:

186

­

Insgesamt betrachtet wurden sowohl bei der Genehmigung und Umsetzung der Schengen-Assoziierungsabkommen als auch im Zuge der späteren Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nur punktuelle Anpassungen im bundesrechtlichen Kompetenzgefüge zwischen Legislative und Exekutive vorgenommen.

­

Ausgangspunkt und Rahmen für das selbstständige Tätigwerden des Bundesrates war das bestehende Gefüge an gesetzlichen Ermächtigungsnormen.

So wurden beispielsweise im Hinblick auf den Abschluss der Notenaustausche zur Übernahme von Schengen-Weiterentwicklungen ­ je nach Inhalt des jeweiligen Rechtsakts ­ entweder Artikel 7a Absatz 2 RVOG («Verträge von beschränkter Tragweite») oder spezialgesetzliche Delegationsnormen (insbesondere Art. 100 Abs. 2 AuG) als Rechtsgrundlage für die Beschlussfassung durch den Bundesrat herangezogen. In einem Fall hat der Bundesrat auch darauf verzichtet, die Übernahme von Weiterentwicklungen gestützt auf seine Abschlusskompetenzen zu genehmigen, um so das Parlament in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller relevanten Umstände über Übernahme und Umsetzung von mehreren, materiell zusammengehörenden Weiterentwicklungen im Rahmen eines Gesamtpakets zu entscheiden. Eine solche Paketvorlage lag im Falle der Übernahme der Rechtsgrundlagen zum Aussengrenzenfonds186 vor. Hier hätte der Bundesrat die Genehmigung der Notenaustausche zur Übernahme der Entscheidung 2007/599/EG (WE Nr. 43) bzw. der Entscheidung 2008/456/EG (WE Nr. 57) aufgrund des Inhalts der beiden Rechtsakte auch selbstständig beschliessen können.

­

Neue Delegationsnormen zugunsten des Bundesrates wurden nur mit der erforderlichen Zurückhaltung ins Bundesrecht aufgenommen, wobei eine Delegation von Rechtssetzungskompetenzen weit häufiger stattfand als eine Übertragung von Vertragabschlusskompetenzen. Kompetenzdelegationen wurden lediglich dort vorgesehen, wo dies im Einzelfall aus sachlichen Gründen als gerechtfertigt erschien ­ etwa um ein bestimmtes Mass an inhaltlicher oder zeitlicher Flexibilität bei der Umsetzung zu bewahren oder das Parlament von der Befassung mit inhaltlich weniger bedeutsamen Inhalten (z.B. technische Detailvorschriften) zu entlasten.

­

Schliesslich ist festzuhalten, dass die Schaffung von neuen Ermächtigungsnormen zugunsten des Bundesrates in keinem Fall vom Schengen-Recht gefordert war, sondern stets auf einer autonomen Entscheidung des GesetzBundesbeschluss vom 1. Oktober 2010 über die Genehmigung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zum Aussengrenzenfonds sowie der Vereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Aussengrenzenfonds, AS 2011 977.

6386

gebers basierte. Denn weder im SAA noch in irgendeiner der bis dato ergangenen 143 Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands ist eine Verpflichtung der Schweiz enthalten, für die erforderlichen Beschlüsse im Hinblick auf die Übernahme und Umsetzung ein bestimmtes Organ vorzusehen oder ein bestimmtes Verfahren anzuwenden. Vielmehr verweist das SAA mit dem Vorbehalt der «Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» auf die bestehenden innerstaatlichen Entscheidverfahren und garantiert deren Anwendung ausdrücklich auch im Falle eines allfälligen Referendums ­ wenn auch unter Beachtung einer Frist von maximal zwei Jahren (vgl.

Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA).187 Im Folgenden soll nun ein Überblick über die neu geschaffen Delegationsnormen zugunsten des Bundesrates gegeben werden, die im Zuge der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands geschaffen worden sind.188 Dabei wird zwischen der Delegation von Vertragabschlusskompetenzen und der Übertragung von Rechtssetzungsbefugnissen unterschieden.

4.4.2

Delegation von Vertragsabschlusskompetenzen

Gemäss Verfassung und Gesetz ist die Bundesversammlung zuständig für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge, soweit für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag nicht der Bundesrat zuständig ist (Art. 166 Abs. 2 BV; Art. 24 Abs. 2 ParlG und Art. 7a Abs. 1 RVOG). Entsprechende gesetzliche Kompetenzdelegationen, die die Kompetenz des Bundesrates zum selbstständigen Abschluss von Staatsverträgen erweitern, wurden nur vereinzelt neu im Bundesrecht verankert. In materieller Hinsicht kann dabei zwischen drei Fallkonstellationen unterscheiden werden: 1.

Kompetenzdelegation im Hinblick auf die Übernahme künftiger Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands

2.

Kompetenzdelegation im Hinblick auf den Abschluss einer Zusatzvereinbarung zur Beteiligung an einer bestimmten EU-Agentur

3.

Kompetenzdelegation im Hinblick auf den Abschluss von Verträgen zur Sicherstellung des Vollzugs.

Dem ersten Falltypus (Kompetenzdelegation im Hinblick auf die Übernahme künftiger Weiterentwicklungen) lassen sich zwei Delegationsnormen zuordnen, auf die in der Praxis allerdings bisher nicht zurückgegriffen wurde: ­

Die erste Ermächtigungsgrundlage wurde im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der FRONTEX- und RABIT-Verordnung (WE Nr. 1 und 37) ins Zollgesetz189 aufgenommen. Nach Artikel 92 Absatz 4 ZG ist der Bundesrat ermächtigt, völkerrechtliche Zusammenarbeitsverträge über den Einsatz von Personal der Zollverwaltung in der Europäischen Agentur für die operative

187

Siehe dazu oben Ziffer 2.3.1 sowie Ziffer 2.6.7.4.2 der Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6130.

188 Für einen Überblick über die im Rahmen der Genehmigung und Umsetzung der Schengen-Assoziierungsabkommen beschlossenen Delegationsnormen siehe Ziffer 6.6.2 der Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6296.

189 SR 631.0

6387

Zusammenarbeit an den Aussengrenzen (FRONTEX) abzuschliessen. Materiell bleibt diese Befugnis des Bundesrates grundsätzlich auf Fälle von untergeordneter, technischer Bedeutung beschränkt, die den bisherigen Umfang der übernommenen Verpflichtungen nicht grundlegend ändern. So bliebe das Parlament insbesondere dann zuständig, wenn eine künftige Weiterentwicklung für die Schweiz einen zusätzlichen finanziellen Beitrag bedingen würde, da hierfür aufgrund der Budgetkompetenzen des Parlaments (Art. 167 BV) die Schaffung einer formell-gesetzlichen Grundlage erforderlich würde.190 ­

Die zweite Delegationsnorm wurde anlässlich der Übernahme und Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI (sog. «Schwedische Initiative», WE Nr. 35) im Bundesrecht verankert. Gestützt auf Artikel 13 Absatz 1 des SIaG ist der Bundesrat befugt, Notenaustausche über die Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstandes, die eine Änderung der in Anhang 1 des Gesetzes aufgeführten Straftatbestände bewirken, selbstständig abzuschliessen. Die dem Bundesrat hiermit eingeräumte Ermächtigung ist indessen keine absolute, sondern bleibt im Ergebnis auf eine Anpassung dieser Liste191 begrenzt; werden in einer künftigen Weiterentwicklung auch andere Bestimmungen des Rahmenbeschlusses und damit insbesondere die Modalitäten des Informationsaustausches zwischen den Strafverfolgungsbehörden in substanzieller Weise geändert, so greift die Delegation nicht mehr und das Parlament bleibt für die Genehmigung des entsprechenden Notenaustausches zuständig.

Der zweite Falltypus (Kompetenzdelegation im Hinblick auf den Abschluss einer Zusatzvereinbarung zur Beteiligung an einer bestimmten EU-Agentur) wurde in den folgenden zwei Fällen vorgesehen: ­

190 191

Die erste Delegationsnorm wurde im Rahmen der Übernahme der FRONTEX-Verordnung (WE Nr. 1) in den entsprechenden Bundesbeschluss192 aufgenommen. Darin wurde der Bundesrat ermächtigt, die zur Beteiligung der Schweiz an den Arbeiten von FRONTEX notwendigen Modalitäten (insbesondere ihre Stimmrechte im Verwaltungsrat der Agentur, ihre finanzielle Beteiligung und die Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union [EuGH] gegenüber FRONTEX) im Rahmen einer Zusatzvereinbarung mit der EU zu vereinbaren. Die Kompetenzdelegation war indessen restriktiv formuliert und begrenzte die Abschlusskompetenz des Bundesrates u.a. auf Abkommen, in denen die finanzielle Beteiligung die in Artikel 11 Absatz 3 SAA verankerte Obergrenze nicht übersteigt. Vor dem Hintergrund, dass der Inhalt der auszuhan-

Vgl. zum Ganzen Botschaft des Bundesrates vom 13. Februar 2008, BBl 2008 1475.

Diese präzisiert, bei welchen Straftatbeständen Dringlichkeit beim Informationsaustausch geltend gemacht werden kann, und bei welchen Straftatbeständen Informationen spontan ausgetauscht werden sollten.

192 Vgl. Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 2008 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft betreffend die Übernahme der Verordnung zur Errichtung von FRONTEX und der RABIT-Verordnung, AS 2009 4583.

6388

delnden Vereinbarung193 bereits im Wesentlichen bekannt war194, war das primäre Anliegen bei der Verankerung dieser Kompetenzdelegation, das Verfahren weniger schwerfällig zu machen, indem dem Parlament nach dem Abschluss der Zusatzvereinbarung kein zweiter Bundesbeschluss in derselben Angelegenheit zu unterbreiten war.

­

Die andere Delegationsnorm dieses Typs wurde vom Bundesrat im Hinblick auf die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung der IT-Agentur (WE Nr. 126) vorgeschlagen. Im Entwurf des entsprechenden Bundesbeschlusses195 ist in Artikel 2 vorgesehen, den Bundesrat zu ermächtigen, die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an der IT-Agentur im Rahmen einer Zusatzvereinbarung mit der EU festzulegen. Dabei hat die Kompetenzübertragung auch hier u.a. zum Ziel, ein schwerfälliges Verfahren zu verhindern, in dem der Bundesversammlung zwei Vorlagen196 zum gleichen Gegenstand vorgelegt werden müssten. Inhaltlich ist die Kompetenzdelegation an den Bundesrat wiederum restriktiv formuliert, indem der voraussichtliche Inhalt der künftigen Vereinbarung aufgezählt und dem Bundesrat als Rahmen vorgegeben wird. Sollte die EU von der Schweiz verlangen, dass sie beispielsweise im finanziellen Bereich Verpflichtungen eingeht, die deutlich von dem abweichen, was in Artikel 11 SAA vorgegeben wird, müsste die Zusatzvereinbarung von der Bundesversammlung genehmigt werden.197 Da die vorhandenen Entscheidgrundlagen noch nicht als ausreichend erachtet wurden, haben National- und Ständerat allerdings die Rückweisung der Vorlage beschlossen.198 Der Bundesrat wird eine Zusatzbotschaft vorlegen, sobald die Verhandlungen zur Zusatzvereinbarung abgeschlossen sind. Diese sollten im Laufe des Jahres 2013 abgeschlossen werden können.

Dem dritten Falltypus (Kompetenzdelegation im Hinblick auf den Abschluss von Verträgen zur Sicherstellung des Vollzugs) sind schliesslich zwei inhaltsgleiche Ermächtigungsgrundlagen zuzuordnen. Diese wurden im Rahmen der Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2) und der Verordnung (EG) Nr.

380/2008 (WE Nr. 51) vorgesehen, um die Verkehrsfähigkeit der inskünftig mit biometrischen Merkmalen ausgestatteten Schweizer Pässe und Ausländerausweise sicherzustellen. Nach Artikel 2a Absatz 2 AwG bzw. Artikel 41a Absatz 2 AuG ist der Bundesrat befugt, mit anderen Staaten Verträge über das Lesen der im Chip gespeicherten Fingerabdrücke abzuschliessen, sofern die betreffenden Staaten über einen Datenschutz verfügen, der dem schweizerischen gleichwertig ist. Inhalt dieser Abkommen ist die gegenseitige Bekanntgabe der Schlüssel (Leserechte), ohne welche ein Lesen der auf dem Chip gespeicherten biometrischen Daten (Gesichts-

193 194

195 196

197 198

SR 0.362.313 Es war zum damaligen Zeitpunkt klar, dass die Vereinbarung, welche die EU mit Norwegen und Island bereits abgeschlossen hatte, als Modell für diejenige mit der Schweiz dienen würde.

BBl 2012 5897 Eine zur Genehmigung der Übernahme der zugrundeliegenden Weiterentwicklung und eine ­ nach Abschluss der entsprechenden Verhandlungen ­ zur Genehmigung der Zusatzvereinbarung.

Siehe Botschaft des Bundesrates vom 23. Mai 2012, BBl 2012 5887.

AB 2012 N 1269, AB 2012 S 1154

6389

bild, Fingerabdrücke) und damit eine sichere Identifizierung des Dokumenteninhabers nicht möglich ist.199

4.4.3

Delegation von Rechtsetzungskompetenzen

Gemäss Artikel 164 Absatz 2 BV können Rechtssetzungsbefugnisse an den Bundesrat durch ein Bundesgesetz übertragen werden, wenn dies nicht durch die Verfassung ausgeschlossen wird. Wie dies auch in anderen Bereichen der Rechtsetzung üblich ist, wurde im Rahmen der Umsetzung von mehreren Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands auf das Instrument der Gesetzesdelegationen zurückgegriffen, nämlich beim Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14), beim VIS (WE Nr. 63 und 70), bei der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2) bzw. der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51) zur Einführung der Biometrie beim Schweizer Pass bzw. beim Ausländerausweis, bei der Rückführungsrichtlinie (WE Nr. 78) und beim Rahmenbeschluss 2006/960/JI (WE Nr. 35) betreffend den Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden. Aufgenommen wurden die entsprechenden Ermächtigungsnormen zugunsten des Bundesrates in verschiedenen Bundesgesetzen, wobei es dabei weniger darum ging, eine rasche Anpassung an künftiges Schengen-Recht zu ermöglichen; vielmehr folgten die Kompetenzzuweisungen bewährten Prinzipien der Rechtssetzung, wonach weniger wichtige Vorschriften nicht im Gesetz selbst, sondern auf Stufe Verordnung festgelegt werden sollten.

Inhalt und Reichweite der Delegationsnormen lassen sich wie folgt zusammenfassen lassen:

Delegationsnormen im AuG Der Grossteil der Delegationsnormen wurde aus Gründen des Sachzusammenhangs im AuG aufgenommen, was nicht erstaunt, deckt sich doch der Anwendungsbereich eines massgeblichen Teils der Weiterentwicklungen mit dem des Ausländerrechts.

Eine erste Delegationsnorm wurde im Rahmen der Umsetzung des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) vorgesehen (Art. 7 Abs. 2 AuG). In dieser Bestimmung wird der Bundesrat ermächtigt, die unter Schengen möglichen Personenkontrollen200 an der Grenze auf Verordnungsebene regeln, was sich bislang allerdings nicht als erforderlich erwiesen hat.201

199

Vgl. die Botschaften des Bundesrates vom 8. Juni 2007 (BBl 2007 5185) bzw. vom 18. November 2009 (BBl 2010 62). Aufgrund der hierfür notwendigen technischen Vorbereitungsarbeiten sind bis dato noch keine solchen Verträge abgeschlossen worden.

200 Zu den Vorgaben siehe Botschaft des Bundesrates vom 24. Oktober 2007, BBl 2007 7947.

201 Der Bundesrat hat neben einem Verweis auf den Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) einzig das innerstaatliche Verfahren zur befristeten Wiedereinführung von Personenkontrollen an der Binnengrenze geregelt (vgl. Art. 2, 20 ff. VEV).

6390

Zwei weitere Delegationsnormen wurden im Rahmen der Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum VIS (WE Nr. 63 und 70) im AuG verankert202: ­

Nach Artikel 98b Absatz 3 AuG wird der Bundesrat ermächtigt zu bestimmen, unter welchen Bedingungen im Rahmen des Visumverfahrens spezifische Verwaltungsaufgaben, darunter insbesondere die Erfassung der biometrischen Daten, an Dritte übertragen werden können. Die Auslagerung dieser Aufgaben ist erforderlich, weil bei durchschnittlich 330 Gesuchen pro Tag und Spitzenwerten von bis zu 900 Gesuchen pro Tag während Perioden hohen Andrangs diese Aufgabe in gewissen Botschaften nicht mehr allein durch das Personal der schweizerischen Auslandsvertretung bewältigt werden kann.

­

Nach Artikel 109c AuG ist der Bundesrat befugt, die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu den Visa-Informationssystemen zu erlassen. Inhaltlich geht es dabei in erster Linie um die Festlegung der v.a. verfahrensrechtlichen Detailvorschriften im Zusammenhang mit den unterschiedlich weitereichenden Zugriffsrechten der zuständigen Visum- und Sicherheitsbehörden auf Daten des C-VIS bzw. auf die im Rahmen der Übergangslösung im ZEMIS gespeicherten nationalen Visa-Daten sowie um Detailvorschriften zum Datenschutz. Bei Inbetriebnahme des nationalen Visumsystems wird die Bestimmung aufgehoben203 und durch einen neuen Artikel 109e AuG ersetzt, der dem Bundesrat innerhalb des gesetzlichen Rahmens vergleichbare Befugnisse einräumt.

Ein weiteres Mal wurde das AuG im Rahmen der Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum biometrischen Pass mit einer Delegationsnorm ergänzt. Da gemäss der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2) neben den Pässen von Angehörigen der Schengen-Staaten auch die von ihnen zugunsten von Drittstaatsangehörigen (namentlich Flüchtlinge und Staatenlose) ausgestellten Reisepapiere mit biometrischen Merkmalen ausgestattet sein müssen, ermächtigt Artikel 59 Absatz 6 AuG den Bundesrat, die entsprechenden Reisedokumente im Einzelnen zu bezeichnen und im Einzelnen die Daten zu bestimmen, welche auf dem Datenchip zu speichern sind.204 Bei der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51) wurden im Hinblick auf die Einführung biometrischer Daten im Ausländerausweis die folgenden Delegationsnormen ins AuG aufgenommen205: ­

Nach Artikel 41 Absatz 5 AuG legt der Bundesrat fest, welche Personen über einen Ausweis mit Datenchip verfügen und welche Daten darauf gespeichert werden müssen. Zweck dieser Festlegung ist es, eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf eine künftige Anpassung der schengenrechtlichen Anforderungen an Ausländerausweise zu bewahren, ist doch beispielsweise nicht auszuschliessen, dass inskünftig mehr als nur zwei Fingerabdrücke zu speichern sind. In einem solchen Fall müsste daher nicht das Gesetz, sondern nur die Verordnung angepasst werden.

202

Zu weiteren Einzelheiten siehe Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 2009, BBl 2009 4258.

203 Vgl. die Übergangsbestimmung in Artikel 126 AuG.

204 Siehe Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 2007, BBl 2007 5199.

205 Siehe Botschaft des Bundesrates vom 18. November 2009, BBl 2010 60.

6391

­

Gestützt auf Artikel 41a Absatz 1 AuG ist der Bundesrat befugt, die technischen Anforderungen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Datenchips des Ausländerausweises zu bestimmen, um den Schutz vor Fälschungen oder unberechtigtem Lesen zu gewährleisten.

­

Gemäss Artikel 41b Absatz 5 AuG kann der Bundesrat im Hinblick auf die Ausfertigung der biometrischen Ausweise zusätzliche Anforderungen festlegen, denen die Ausfertigungsstelle, die Generalunternehmer, die Dienstleistungserbringer und die Lieferanten über die gesetzlichen Vorgaben hinaus genügen müssen.

­

Grundsätzlich werden die für die Ausstellung eines Ausweises erforderlichen biometrischen Daten von den kantonalen Behörden alle fünf Jahre neu erhoben. Nach Artikel 102a Absatz 2 AuG ist es dem Bundesrat überlassen, kürzere Intervalle für die Erhebung der biometrischen Merkmale festzulegen, wenn dies aufgrund der Entwicklung der Gesichtszüge der betreffenden Person erforderlich ist, wie dies insbesondere bei Kindern der Fall ist.

­

Schliesslich sieht Artikel 102b Absatz 2 AuG vor, dass der Bundesrat Transportunternehmen, Flughafenbetreiber und andere Stellen, die die Identität einer Person prüfen müssen, dazu ermächtigen kann, die auf dem Chip des Ausweises gespeicherten Fingerabdrücke zu lesen. Gedacht ist hier in erster Linie an die Luftverkehrsunternehmen, die im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht (Art. 92 AuG) darauf achten müssen, keine Personen ohne gültige Reisepapiere zu befördern.

Die letzte Ermächtigungsgrundlage wurde schliesslich im Rahmen der Umsetzung der Rückführungsrichtline (Richtlinie 2008/115/EG, WE Nr. 76) im AuG verankert.

Im Hinblick auf die Konkretisierung der allgemeinen Vorgabe der Richtlinie, ein wirksames System zur unabhängigen Überwachung der Ausschaffung einzurichten, obliegt es nach Artikel 71a Absatz 1 AuG dem Bundesrat, die Zuständigkeiten und das Verfahren zur Überwachung von Ausschaffungen in den Einzelheiten zu regeln.

Nach Absatz 2 kann er zudem Dritte mit Überwachungsaufgaben betrauen, wobei in diesem Rahmen ausschliesslich nicht hoheitliche Aufgaben (z.B. Beobachtungsaufgaben) delegiert werden können.206

Delegationsnormen im BGIAA Im Rahmen der Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum VIS (WE Nr. 63 und 70) wurde ein zweistufiges Vorgehen gewählt. In einer ersten Phase (Übergangslösung) wurde das elektronische Visaausstellungssystem EVA, ein Subsystem von ZEMIS, so angepasst, dass es den Anforderungen an die nationale Schnittstelle für den Zugriff auf das C-VIS entspricht.207 Zur rechtlichen Umsetzung dieser Übergangslösung wurde eine neue Delegationsnorm in das BGIAA aufgenommen: Gemäss Artikel 8a Absatz 3 BGIAA bezeichnet der Bundesrat auf dem Verordnungsweg die konkreten Einheiten der Behörden, die gemäss Absatz 1 im Rahmen des Visumver-

206

Zu weiteren Einzelheiten siehe Botschaft des Bundesrates vom 11. November 2009, BBl 2009 8897.

207 Siehe hierzu auch Ziffer 7.2.2.

6392

fahrens Zugriff auf die entsprechenden Daten im ZEMIS haben, und bestimmt den genauen Umfang der jeweiligen Bearbeitungsrechte.208

Delegationsnormen im AwG Im Rahmen der Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum biometrischen Pass, insbesondere der Verordnung (EG) 2252/2004 (WE Nr. 2) wurden die folgenden vier Delegationsnormen ins AwG aufgenommen:209 ­

Nach Artikel 2 Absatz 2ter AwG legt der Bundesrat die Art der biometrischen Daten (Gesichtsbild, Fingerabdrücke) fest, die in den jeweiligen Ausweisen (Schweizer Pass, Reisedokumente für ausländische Personen) gespeichert werden. Damit wird erreicht, dass bei einer allfälligen Anpassung der Passanforderungen die notwendigen Details rasch auf Verordnungsebene erlassen werden können und nicht das Gesetz selbst geändert werden muss.

­

Um eine einheitliche Behandlung von Ausweisgesuchen sicherzustellen, ermächtigt Artikel 5 Absatz 2 AwG den Bundesrat, nähere Vorschriften zum Antrags- und Ausstellungsverfahren auf Verordnungsstufe zu erlassen. In diesem Rahmen ist er auch befugt, die Anforderungen und Modalitäten zu definieren, die sowohl für die zur Ausstellung von Ausweisen zu verwendenden Daten und Datenquellen als auch für die ausstellenden Behörden und ihre technische Infrastruktur gelten und aus Sicherheitsgründen unabdinglich sind. Zudem kann der Bundesrat gestützt auf Artikel 5 Absatz 3 AwG unter Berücksichtigung der internationalen Vorgaben und der technischen Möglichkeiten Ausnahmen von der persönlichen Erscheinungspflicht vorsehen.

­

Gestützt auf Artikel 6a Absatz 5 AwG legt der Bundesrat im Einklang mit den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 2252/2006 die Anforderungen fest, die für die mit der Herstellung der Ausweise betrauten Ausfertigungsstellen, die Generalunternehmer, die Dienstleistungserbringer und die Lieferanten gelten und einen hohen Sicherheitsstandard, einschliesslich der Gebäudesicherheit, garantieren sollen.

­

Nach Artikel 16 AwG ist der Bundesrat schliesslich ermächtigt, die erforderlichen Vollzugsvorschriften zu erlassen. Neu an dieser Bestimmung ist nur, dass er dabei die einschlägigen internationalen Standards, namentlich der EU sowie der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), berücksichtigen muss.

Delegationsnormen im SIaG Im Rahmen der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI betreffend den Informationsaustausch unter Strafverfolgungsbehörden (WE Nr. 35) wurde eine Rechtsetzungsermächtigung zugunsten des Bunderates in Artikel 13 Absatz 2 SIaG 208

Zu Einzelheiten siehe Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 2009, BBl 2009 4245, 4256 ff.

209 Siehe Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 2007, BBl 2007 5186, 5199.

6393

verankert. Nach dieser Bestimmung ist der Bundesrat befugt, Änderungen der Deliktsliste nach Anhang 1 SIaG, die sich aus der Übernahme einer künftigen Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands ergeben, selbstständig auf dem Verordnungswege vorzunehmen. Diese Ermächtigung bleibt indessen in zweierlei Hinsicht beschränkt: Zum einen kann der Bundesrat nur geringfügige Änderungen an der Deliktsliste vornehmen, was einer substanziellen Ausweitung des Anwendungsbereiches210 auf neue Deliktsbereiche ebenso entgegensteht wie einer Änderung der sonstigen Rahmenbedingungen des Informationsaustausches (z.B. Änderung des Verfügbarkeitsprinzips). Zum anderen ist der Bundesrat verpflichtet, dem Parlament gleichzeitig die erforderlichen Gesetzesänderungen im Rahmen einer Botschaft vorzulegen.211 Die Ermächtigungsgrundlage in Artikel 13 Absatz 2 SIaG stellt das Pendant zur vorne212 erläuterten Vertragsschlusskompetenz (Art. 13 Abs. 1 SIaG) bei Änderung der entsprechenden Deliktsliste im Rahmenbeschluss 2006/960/JI dar.

4.5

Bewertung

Die vorliegende Untersuchung hat aufgezeigt, dass das Spannungsverhältnis zwischen den Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands und deren Übernahme auf der einen und der Ausübung der direkt-demokratischen Mitwirkungsrechte des Volkes auf der anderen Seite wesentlich kleiner ist, als dies im politischen Diskurs bisweilen angenommen wird. Wie der Bundesrat bereits im Europabericht 2006213 für die bilaterale Zusammenarbeit mit der EU insgesamt festgestellt hat, sind auch mit Blick auf die Zusammenarbeit im Bereich Schengen «keine Änderungen an den Instrumenten der direkten Demokratie erforderlich». Dies gilt sowohl für das Instrument der Volksinitiative als auch für das Referendum. Ein «Legitimationsbzw. Demokratiedefizit» besteht nicht. Folgende Aspekte seien hier nochmals hervorgehoben: ­

210

211 212 213 214

Zunächst ist daran zu erinnern, dass das SAA über eine tragfähige demokratische Legitimation verfügt, wurde es doch auf der Grundlage und in Anwendung der in der Verfassung hierfür vorgesehenen Verfahren verhandelt, abgeschlossen und genehmigt. Auch wenn aufgrund seines Inhalts die Voraussetzungen des obligatorischen Referendums (Art. 140 BV) nicht erfüllt waren, so unterlag es doch dem fakultativen Staatsvertragsreferendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. d BV) und wurde in der Referendumsabstimmung vom 6. Juni 2005 vom Souverän angenommen.214

Die Deliktsliste präzisiert, bei welchen Straftatbeständen Dringlichkeit beim Informationsaustausch geltend gemacht werden kann, und bei welchen Straftatbeständen Informationen spontan ausgetauscht werden sollten.

Siehe Botschaft des Bundesrates vom 19. November 2008, BBl 2008 9085.

Siehe oben Ziffer 4.4.2.

Europabericht 2006 vom 28. Juni 2006, BBl 2006 6884 Naturgemäss konnten sich Parlament und Volk ­ wie dies beim Abschluss internationaler Verträge üblich ist ­ nur zur gesamten Vorlage äussern und damit das Schengener Vertragswerk lediglich entweder in globo annehmen oder ablehnen. Änderungen einzelner Teile des ausgehandelten Abkommens (Bsp: Nichtübernahme eines bestimmten Rechtsakts des in den Anhängen A und B SAA aufgelisteten Schengen-Besitzstands) waren entsprechend nicht möglich.

6394

215

­

Ein «Demokratiedefizit» ist auch in Bezug auf die Weiterentwicklung des Abkommens nicht festzustellen. Denn abgesehen davon, dass der Grundsatz der Übernahme künftiger Weiterentwicklungen und das hierfür vorgesehene Übernahmeverfahren als Bestandteil des SAA vom Volk gutgeheissen wurde, findet die demokratische Legitimation der einzelnen Weiterentwicklungen ihre Grundlage im anwendbaren Verfahren zu deren Übernahme und Umsetzung. Da die Übernahme von neuem Schengen-Recht durch die Schweiz nicht «automatisch», sondern auf der Basis des Abschlusses eines Notenaustausches erfolgt, kommen die ordentlichen Verfahren für die Genehmigung und die Umsetzung von Staatsverträgen auch hier zur Anwendung. Die Befürchtung, dass weite Teile des als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands übernommenen Rechts der Zustimmung von Parlament und Volk entzogen werden, während die entsprechenden Vorschriften ­ würden sie in der Schweiz erlassen ­ vom Gesetzgeber und Stimmvolk genehmigt werden müssten, trifft daher nicht zu. Aufgrund des parallelen Anwendungsbereichs des fakultativen Gesetzes- und Staatsvertragsreferendums in der Verfassung ist die Beteiligung von Parlament und Volk bei wichtigen Vorlagen215 durchwegs garantiert. Daran ändert auch der Umstand, dass das SAA zur «Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» eine Frist von maximal zwei Jahren vorsieht, nichts. Diese Fristsetzung für die Übernahme und Umsetzung ist zwar eng bemessen, stellt aber im Rahmen einer vorausschauenden Planung und konsequenten Durchführung des Verfahrens kein Hindernis für die Wahrnehmung der direktdemokratischen Mitspracherechte dar.

­

Einzuräumen ist allerdings, dass sich eine gewisse Relativierung der Entscheidungsautonomie der Schweiz und damit auch der Volksrechte de facto aus dem Umstand ergibt, dass eine allfällige Nichtübernahme einer Weiterentwicklung mitunter mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann, würde doch im äussersten Fall die Zusammenarbeit von Schengen und Dublin als Ganzes beendet. Die in dieser Situation entstehende Notwendigkeit einer umsichtigen und umfassenden Interessenabwägung unterscheidet sich allerdings im Ergebnis nicht wesentlich von anderen, «schwierigen» Entscheidungssituationen, in denen nur ein begrenzter Gestaltungsspielraum besteht und mitunter unerwünschte negative Folgen zu gewärtigen sind. So bleibt beispielsweise die (bewusste) Abweichung des Gesetz- bzw. Verfassungsgebers von den eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen ebenfalls nicht folgenlos ­ sei es nun, dass die Schweiz völkerrechtlich verantwortlich wird oder sei es, dass der entsprechende Staatsvertrag zur Ausräumung des Normenkonflikts aufgekündigt werden muss.

­

Schliesslich hat die Teilnahme an Schengen auch zu keinen massgeblichen Verschiebungen in der Kompetenzausscheidung zwischen Legislative und Exekutive geführt. Die im Bundesrecht neu geschaffenen Delegationsnormen zugunsten des Bundesrates sind punktueller Natur, sachlich begründet und basieren auf einer «autonomen» Entscheidung des Gesetzgebers. Sie sind nur in Ausnahmefällen mit dem Ziel verknüpft, den Bundesrat zu

Wobei sich die «Wichtigkeit» bei allen Vorlagen (Staatsvertrag oder Gesetz) nach den gleichen Kriterien definiert. Vgl. hierzu oben Ziffer 4.1.2.

6395

ermächtigen, selbstständig Anpassungen an neues Schengen-Recht vorzunehmen. Die Volksrechte wurden auch unter diesem Gesichtspunkt gewahrt.

5

Auswirkungen auf den Föderalismus

Gegenstand der Auseinandersetzung des folgenden Kapitels ist die Frage, inwiefern die Assoziierung an Schengen Auswirkungen auf den Föderalismus in der Schweiz hat. Zu diesem Zweck wird zunächst kurz die tragenden Elemente unseres Bundesstaates in Erinnerung gerufen und auf die Herausforderungen hingewiesen, die an dessen Funktionstüchtigkeit in einem von internationaler Zusammenarbeit geprägtem Umfeld gestellt sind. Auf dieser Grundlage wird anschliessend versucht darzustellen, in welchen Bereichen die Assoziierung an Schengen Auswirkungen auf die Aufgaben und Befugnisse der Kantone hat. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Auswirkungen auf den Autonomiebereich (Aufgaben-, Organisations- und Finanzautonomie) der Kantone einerseits sowie der Ausgestaltung der Mitwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands andererseits.

5.1

Ausgangslage

5.1.1

Kantonale Eigenständigkeit als wesentliches Element des schweizerischen Bundesstaats

Die Bundesstaatlichkeit ist nach dem Selbstverständnis der Schweiz ein grundlegendes Gestaltungsprinzip unseres Staates, das seinen rechtlichen Niederschlag an verschiedensten Stellen in der Verfassung findet. Nach der bundesstaatlichen Grundnorm von Artikel 3 BV erscheinen die Kantone als wesentliche Bausteine der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Gemäss dem Wortlaut dieser Bestimmung sind die Kantone «souverän, soweit deren Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist» und «üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind».

Daraus leitet sich denn auch die staatspolitische Maxime ab, dass es sowohl den Bestand der Kantone als auch deren Wirkungsbereich als eigenständige Gemeinwesen im Bundesstaat zu erhalten gilt. Diese Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Eigenständigkeit der Kantone, die namentlich in den Artikeln 45­47 BV ihren besonderen rechtlichen Ausdruck findet, bezieht sich auf bestimmte Kernelemente kantonaler Autonomie, die als «essentialia schweizerischer Bundesstaatlichkeit» bezeichnet werden.216 Unter dem Dach einer umfassenden Verpflichtung zum Zusammenwirken von Bund und Kantonen («Bundestreue») geht es dabei zum einen um die Erhaltung eines substanziellen Handlungsspielraumes der Kantone: ­

216

in Bestimmung und Ausführung ihrer Aufgaben und auf einer substanziellen Mitwirkung an der Erfüllung von Aufgaben des Bundes (Aufgabenautonomie); P. Saladin, Bund und Kantone: Autonomie und Zusammenwirken im schweizerischen Bundesstaat, in: ZSR 1984 II S. 549; Botschaft neue BV, BBl 1997 I 129; ähnlich auch Bericht des Bundesrates vom 15. Juni 2007 zu den Auswirkungen verschiedener europapolitischer Instrumente auf den Föderalismus in der Schweiz (nachfolgend: «Föderalismusbericht»), BBl 2007 5918.

6396

­

in Bestimmung, Erhebung und Verwendung ihrer Einnahmen und damit auf einer substanziellen Verantwortung für die Finanzierung ihrer Aufgaben (Finanzautonomie); sowie

­

in der Bestimmung ihrer Organisation und ihrer politischen Verfahren, vor allem des Verfassungs- und des Gesetzgebungsverfahrens (Organisationsautonomie).

Zum anderen soll auch eine substanzielle Teilhabe der Kantone an der Willensbildung des Bundes (Mitwirkungsrechte) garantiert werden.

5.1.2

Relativierende Einflussgrössen

Auch wenn das Bundesstaatsprinzip mit seiner Betonung der kantonalen Selbstbestimmung in der BV vergleichsweise stark ausgebildet ist und kaum je grundsätzlich in Frage gestellt wurde, so ist es doch «das am stärksten gefährdete Strukturprinzip unseres Staates».217 Zwei Faktoren sind hierfür von Bedeutung:

217 218

­

Zum einen steht die innerstaatliche Kompetenzausscheidung zwischen dem Bund und den Kantonen in ihren Konturen nicht ein für alle Mal fest; vielmehr obliegt es dem Verfassungsgeber zu bestimmen, ob und in welchem konkreten Ausmass eine bestimmte Aufgabe weiterhin von den Kantonen erfüllt oder dem Bund überantwortet werden soll. Zwar ist bei dieser Aufgabenzuweisung das Subsidiaritätsprinzip (Art. 43a Abs. 1 BV) zu berücksichtigen, wonach der Bund nur Aufgaben übernehmen soll, «welche die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung bedürfen». Doch ob dies zutrifft oder nicht, ist im Lichte sich verändernder sozio-ökonomischer Gegebenheiten immer wieder von Neuem zu bestimmen. In der bisherigen Verfassungspraxis lässt sich denn auch eine «Zentralisierungstendenz» feststellen, sind doch die Aufgaben des Bundes seit Entstehung des Bundesstaates in ihrem Umfang und ihrer Tragweite beträchtlich angewachsen.

Heute besteht eine starke Verflechtung von Bundesaufgaben und kantonalen Aufgaben, deren Komplexitätsgrad durch die regelmässige Betrauung der Kantone mit Vollzugsaufgaben noch verstärkt wird. Bereiche, in denen die Kantone noch volle Autonomie geniessen und der Bund nicht zumindest punktuell mitbeteiligt ist, sind selten geworden. Dies gilt auch im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit (Polizeihoheit) ­ eine Aufgabe, die gemeinläufig dem originären kantonalen Kompetenzbereich zugerechnet wird.218

­

Die zweite Herausforderung für den Föderalismus steht im Zusammenhang mit den «auswärtigen Angelegenheiten», die nach Artikel 54 Absatz 1 BV «Sache des Bundes» sind. Gemäss der Praxis der Bundesbehörden und heute herrschender Lehre verfügt der Bund gestützt auf diese Bestimmung im Interesse der aussenpolitischen Kohärenz über eine umfassende Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Damit kann der Bund Verträge über U. Häfelin/W. Haller/H. Keller, Bundesstaatsrecht, 2012, N. 184.

Zu den Aufgaben des Bundes in diesem Bereich siehe den ausführlichen Bericht des Bundesrates vom 2. März 2012 in Erfüllung des Postulats Malama 10.3045 vom 3. März 2010 «Innere Sicherheit. Klärung der Kompetenzen» (im Folgenden: Bericht «Malama», BBl 2012 4459.

6397

beliebige Gegenstände abschliessen ­ auch über solche, für die nach innerstaatlichem Recht nicht er selbst, sondern die Kantone zuständig sind.219 Da die Kompetenz des Bundes im aussenpolitischen Bereich also über seine Gesetzgebungskompetenz220 hinaus geht, sind durch das aussenpolitische Handeln des Bundes potenzielle Eingriffe in den Autonomiebereich der Kantone nicht auszuschliessen.221 Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass das Bedürfnis zu einer verstärkten internationalen Kooperation im Zuge der Globalisierung ganz allgemein (und nicht nur in der Schweiz) gewachsen ist. Die Zahl völkerrechtlicher Abkommen, welche die Schweiz mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen (wie etwa der EU) abgeschlossen hat, hat in den letzten Jahrzehnten entsprechend spürbar zugenommen; im Zuge dieser Internationalisierung dürfte es heute (sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene) kaum mehr ein Sachgeschäft geben, das nicht in irgendeiner Weise einen internationalen Bezug aufweist.222

5.1.3

Ausbau der kantonalen Mitwirkung als konsequente Weiterentwicklung der bundesstaatlichen Ordnung

Vor diesem Hintergrund auferlegt die Bundesverfassung dem Bund zum einen die Verpflichtung, bei der Wahrnehmung seiner aussenpolitischen Befugnisse Rücksicht auf die Zuständigkeiten der Kantone zu nehmen und ihre Interessen zu wahren (Art. 54 Abs. 3 BV). Beim Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen, welche die kantonalen Gesetzgebungskompetenzen berühren, übt der Bund deshalb Zurückhaltung.223 Allerdings erfordert die aussenpolitische Interessenwahrung auch den Abschluss von Verträgen über Gegenstände, welche innerstaatlich in den Hoheitsbereich der Kantone fallen. Daher wurden im Rahmen der Verfassungsreform die Möglichkeiten der Kantone, an aussenpolitischen Entscheidungen des Bundes mitzuwirken, auf eine neue verfassungsrechtliche Grundlage gestellt. Der neu eingefügte Artikel 55 BV räumt den Kantonen ­ entsprechend der bis dahin entwickelten informellen Praxis ­ die Möglichkeit ein, ihre Interessen beim Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrags selbst zu vertreten, indem ihnen das Recht gewährt wird, informiert zu werden, eine Stellungnahme abzugeben und an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mitzuwirken, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen. Diese Grundsätze wurden sodann im Bundesge-

219

220

221

222 223

Bericht des Bundesrates vom 7. März 1994 über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik, BBl 1994 II 624; vgl. auch Bericht «Malama», BBl 2012 4491.

Die umfassende Staatsvertragskompetenz führt allerdings nicht zu einer Erweiterung der innerstaatlichen Rechtsetzungskompetenzen des Bundes. Daher ist die interne Zuständigkeitsordnung für die Frage massgebend, welche Ebene ­ Bund oder Kantone ­ für die rechtliche Umsetzung eines einmal abgeschlossenen völkerrechtlichen Vertrages verantwortlich ist.

Hinzu kommt, dass die Kantone in ihrem Zuständigkeitsbereich zwar völkerrechtliche Verträge mit dem Ausland schliessen dürfen («subsidiäre Vertragsschlusskompetenz», Art. 56 BV), dies ihnen aber dann verwehrt ist, wenn der Bund zum betreffenden Gegenstand bereits Abkommen geschlossen hat.

Zum Ganzen T. Sturny, Mitwirkungsrechte der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes, 1998, S. 123 ff., m.w.H.

Vgl. Bericht «Malama», BBl 2012 4491, mit Hinweisen zur Praxis der Bundesbehörden im Zusammenhang mit Abkommen im Polizeibereich.

6398

setz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes (BGMK)224 konkretisiert und ergänzt. Für den Bundesrat war der Ausbau der Mitwirkungsdimension des «kooperativen Föderalismus» ein notwendiger und konsequenter Schritt zur Weiterentwicklung der bundesstaatlichen Ordnung. In seiner Botschaft zum BGMK wies er darauf hin, dass «die zunehmende Internationalisierung sowie das komplexe Zusammenwirken der verschiedenen Ebenen unseres Bundesstaates (...) eine zukunftsgerichtete Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen in der Aussenpolitik [erfordern]».225 Ein stärkerer Einbezug der Kantone in das aussenpolitische Handeln des Bundes ist dabei aus mehreren Gründen erforderlich: ­

zur Einbeziehung des Wissens und der Erfahrung der Kantone im Rahmen internationaler Verhandlungen;

­

zur Verhinderung, dass durch den Abschluss völkerrechtlicher Instrumente die verfassungsmässigen kantonalen Gesetzgebungskompetenzen praktisch an Bedeutung verlieren;

­

als Garant für eine erfolgreiche Umsetzung internationaler Verpflichtungen dank einer stärkeren Verankerung der Aussenpolitik im Innern; und

­

als grundlegende Voraussetzungen dafür, dass die Kantone ihren Beitrag an die Willensbildung des Bundes leisten und ihre Mitverantwortung für die Geschicke unseres Landes in geeigneter Form wahrnehmen können.226

5.2

Auswirkungen auf die Kantone

Wie bereits in den einleitenden Ausführungen angedeutet, sind Auswirkungen auf den Wirkungsbereich der Kantone auch im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands möglich. Diese ergeben sich mittelbar aus dem Umstand, dass der Bund über eine umfassende Aussenzuständigkeit verfügt, die es ihm erlaubt, auch in Bereichen zu handeln, in denen innerstaatlich nicht er, sondern die Kantone zuständig sind. Damit kann der Bund im Rahmen der Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands staatsvertragliche Bindungen gegenüber der EU eingehen, die in der Folge auch die Kantone direkt oder indirekt (im Rahmen der Ausführung und des Vollzugs von Bundesrecht) betreffen.

In diesem Zusammenhang ist aber auch festzuhalten, dass der föderalistische Staatsaufbau an sich weder Regelungsgegenstand des SAA noch Inhalt der einzelnen Weiterentwicklungen darstellt. Das SAA ist ebenso wie der gesamte SchengenBesitzstand in dem Sinne «landes-blind»227, als sich die jeweiligen Verpflichtungen stets an die einzelnen Staaten als Ganzes richten ­ unabhängig von deren inneren Organisationsstruktur und ihrem Staatsaufbau. Welcher Verband oder welches innerstaatliche Organ in einem föderal organisierten Gemeinwesen wie der Schweiz konkret als Adressat der einzelnen Vorgaben in Frage kommt, bestimmt sich daher nicht nach dem Schengen-Recht, sondern nach Massgabe der jeweiligen innerstaat224 225 226 227

SR 138.1 Botschaft des Bundesrates vom 15. Dezember 1997, BBl 1998 1166 BBl 1998 1166 Zum Begriff A. Epiney, Gemeinschaftsrecht und Föderalismus: «Landes-Blindheit» und Pflicht zur Berücksichtigung innerstaatlicher Verfassungsstrukturen, in: Europarecht 29 (1994), S. 301 ff.

6399

lichen Aufgabenzuweisungen auf der Ebene von Verfassung und Gesetz. Wie der Bundesrat dies in seinem Europabericht 2006228 für die sektoriellen Abkommen insgesamt festgestellt hat, bleiben die föderalistischen Strukturen als solche auch unter Schengen gewahrt. Die innerstaatliche Kompetenzausscheidung wird ebenso wie Art und Umfang des Zusammenwirkens von Bund und Kantonen durch die Teilnahme an Schengen an sich nicht tangiert.229 Schengen zielt auf eine Verstärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich «Justiz und Inneres» und ist nicht darauf gerichtet, den Gestaltungsspielraum des nationalen Verfassungsgebers einzuschränken und eine bestimmte (bundesstaatliche) Staatsorganisation vorzugeben.

Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden versucht, einen Überblick über die Auswirkungen zu vermitteln, die sich aus der Übernahme der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands auf den Wirkungsbereich der Kantone ergeben. Erörtert werden dabei die Auswirkungen auf deren Aufgaben-, Organisations- und Finanzautonomie, die der Bund bei der Wahrnehmung seiner Befugnisse in ihrer Substanz wahren muss (Art. 47 Abs. 2 und 54 Abs. 3 BV).

5.2.1

Auswirkungen auf die Aufgabenautonomie

Die erste wichtige Dimension kantonaler Autonomie besteht in der Aufgabenautonomie. Diese umfasst erstens das Vorhandensein eines selbstständigen (politischen) Handlungsspielraums der Kantone in Bezug auf die Bestimmung des Umfangs der Aufgaben und der Art ihrer Ausführung (Art. 43 BV) und zweitens eine substanzielle Mitwirkung an der Erfüllung der Aufgaben des Bundes.

Während die Assoziierung an Schengen die Beteiligung der Kantone an der Erfüllung von Aufgaben des Bundes nicht beeinflusst230, sind Auswirkungen auf die bestehenden kantonalen Gesetzgebungszuständigkeiten grundsätzlich nicht auszuschliessen, kann doch der Bund staatsvertraglich auch auf Gebieten tätig werden, für die er innerstaatlich nicht zuständig ist. Allerdings ist es schwierig, ein umfassendes Bild über die Auswirkungen jeder einzelnen Weiterentwicklung auf den jeweiligen Aufgabenbereich der Kantone zu zeichnen. Denn in den von Schengen erfassten Bereichen besteht in der Schweiz ein komplexes Nebeneinander von Aufgaben des Bundes und (originären und delegierten) Aufgaben der Kantone, das zudem infolge verschiedener nationaler, mit Schengen nicht zusammenhängender Gesetzesrevisionen immer wieder Änderungen erfahren hat. Vor diesem Hintergrund können die Auswirkungen auf die Aufgabenautonomie der Kantone wie folgt zusammengefasst werden:

228 229

Europabericht 2006 vom 28. Juni 2006, BBl 2006 6884 ff.

Mithin kam es im Rahmen der Umsetzung der Weiterentwicklungen zu keinen Kompetenzverschiebungen zugunsten des Bundes, wurde dieser doch gesetzgeberisch nur tätig, soweit er hierfür auf eine entsprechende Kompetenz in der Verfassung zurückgreifen konnte.

230 So achtet der Bund auch im Rahmen der Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands darauf, dass er grundsätzlich die Kantone mit Vollzugsaufgaben betraut und er nur ausnahmsweise, wenn sachliche Gründe dies erfordern, selbst tätig wird.

6400

­

Im Bereich der Grenzüberwachung werden die Aufgaben der Kantone von der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands nur in engen Grenzen unmittelbar berührt, war doch die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) grundsätzlich bereits vor Schengen aufgrund von Kompetenzübertragungen der Kantone für die Überwachung des gesamten grenzüberschreitenden Personenverkehrs zuständig.231 Entsprechend betreffen die einschlägigen Schengener Vorgaben zur Kontrolle des Grenzübertritts von Personen an den Aussengrenzen, insbesondere des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) und des Schengen-Handbuchs (WE Nr. 23) primär den Bund. Berührungspunkte zu den Kantonen existieren allerdings dort, wo deren Polizeiorgane die Kontrolle des Grenzübertritts von Personen durchführen, wie dies in den meisten Flugplätzen mit Zollabfertigung sowie in den nationalen Flughäfen Genf-Cointrin und Zürich-Kloten der Fall ist.232 Entsprechend sind die Kantone, soweit sie Aussengrenzkontrollfunktionen selbst wahrnehmen, von den Vorgaben von Schengen direkt betroffen.233 In diesem Rahmen sind die Kantone auch von den übrigen Instrumenten im Bereich Aussengrenzen betroffen. Zum einen können Ko-Finanzierungsbeiträge aus dem Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36) für Projekte zur Verbesserung der Grenzsicherheit auch an den Flughäfen beantragt werden ­ unabhängig davon, ob die Personenkontrollen dort durch das GWK oder die Kantonspolizei durchgeführt werden.234 Zum anderen nehmen kantonale Expertinnen und Experten zusammen mit Angehörigen des GWK an gemeinsamen Ausbildungsmassnahmen von FRONTEX (WE Nr. 1) teil und können überdies auch im Rahmen von Operationen, die von FRONTEX an den Aussengrenzen eines anderen Schengen-Staates durchführt werden, zum Einsatz kommen.235 Soweit der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) ein Verbot von Personenkontrollen an den Binnengrenzen festschreibt236, sind die Zuständigkeiten der Kantone nicht betroffen, da diese Aufgabe nach geltendem Recht von der EZV bzw. dem GWK wahrgenommen werden und der Grenzkodex überdies die Wahrnehmung der Polizeibefugnisse ausdrücklich vorbehält237.

Mittelbar sind die Aufgaben der Kantone allerdings insofern betroffen, als jede Änderung in der Sicherheitsarchitektur auch zur Überprüfung der verbleibenden Aufgaben auf Bundes- und kantonaler Ebene führt. So wurde im Rahmen der nationalen
Ersatzmassnahmen238 die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen etwa im Bereich der mobilen Kontrollen im Grenzgebiet ausgebaut. Grundlage hierfür bilden insbesondere bilaterale

231 232 233

234 235

236 237 238

Zu den Sicherheitsaufgaben des Bundes im Zoll- und Grenzbereichs siehe Bericht «Malama», BBl 2012 4523, Ziffer 2.3.2.5.

Botschaft des Bundesrates vom 13. Februar 2008, BBl 2008 1473 Allerdings wurden die im Rahmen der Personenkontrollen an der Grenze zu beachtenden Grundsätze und Vorgaben (wie z.B. die Einreisevoraussetzungen) bereits vor Schengen im Bundesrecht geregelt.

Die Beiträge zur Finanzierung des Aussengrenzenfonds werden indessen ausschliesslich vom Bund getragen. Siehe hierzu unten Ziffer 7.2.1.

Allerdings auf freiwilliger Basis. Die allfällige Bereitstellung von Material (z.B. Geräte für die Passkontrolle) zugunsten von FRONTEX erfolgt indessen in der Praxis ausschliesslich aus Beständen des Bundes. Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 13. Februar 2008, BBl 2008 1473.

Demgegenüber bleiben Zoll- bzw. Warenkontrollen von Schengen unberührt.

Siehe hierzu auch unten Ziffer 6.2.1.

Vgl. hierzu bereits Botschaft «Bilaterale II», BBl 2004 6095.

6401

Vereinbarungen239, welche die meisten Kantone mit dem GWK abgeschlossen haben und worin sie bestimmte Aufgaben an das GWK delegieren.240 Allerdings muss hier klar festgehalten werden, dass der Ausbau dieser Zusammenarbeitsform nicht von Schengen vorgegeben wird, sondern Ergebnis autonomer innerstaatlicher Entscheidungen ist.

­

Im Visumbereich beinhalten die bisherigen Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands praktisch durchwegs Aspekte, die gestützt auf die breite Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Ausländer- und Asylrecht (Art. 121 BV) bereits bisher im Bundesrecht geregelt waren. Dies gilt zum einen für die Weiterentwicklungen, die den Kreis der visumpflichtigen Drittstaaten definieren (WE Nr. 6, 25, 95, 113, 114), die Voraussetzungen und Verfahren der Visumerteilung regeln (insbesondere Visakodex, WE Nr. 88), die Schaffung von Datenbanken zwecks Erfassung, Verwaltung und den Austausch von Visumdaten vorsehen (insbesondere VIS-Verordnung [WE Nr. 63]) oder Inhalt und Erscheinungsbild der Visummarke (WE Nr. 64, 83 und 101) festlegen. Die Kantone sind in diesem Bereich daher vor allem im Rahmen des Vollzugs berührt. Namentlich haben sie die Schengener Vorgaben im Rahmen der Ausstellung von Ausnahmevisa an den Aussengrenzen (Flughäfen) zu beachten. Zudem sind die Regelungen für die kantonalen Strafverfolgungsbehörden bei der Ausübung fremdenpolizeilicher Befugnisse (Feststellung eines illegalen Aufenthalts) oder im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen von Bedeutung. Hier eröffnet der VIS-Beschluss (WE Nr. 70) den Strafverfolgungsbehörden durch den Zugriff auf im VIS gespeicherte Daten neue Möglichkeiten der Informationsbeschaffung.241

­

Die Weiterentwicklungen im Bereich Migration betreffen zum einen Inhalt und Ausgestaltung von Reisedokumenten bzw. von Aufenthaltstiteln von Drittstaatsangehörigen (WE Nr. 2, 8, 16, 68, 86, 91, und 123 sowie WE Nr. 51, 84 und 124). In diesem Bereich sind die Kantone am Rande betroffen. Während der Bund sowohl im Hinblick auf Ausweisschriften und Pässe eigener Staatsbürger (Art. 38 Abs. 1 BV) als auch mit Blick auf Aufenthaltstitel von Drittstaatsangehörigen (Art. 121 Abs. 1 BV) regelungsbefugt ist, sind hier die Kantone qua Bundesrecht mit Vollzugsaufgaben im Zusammenhang mit der Ausstellung von Ausweischriften betraut. Von den Vorgaben im Bereich der konsularischen Zusammenarbeit vor Ort, die den zweiten Schwerpunkt der Weiterentwicklungen in diesem Bereich bildet, sind die Kantone ebenfalls nur marginal berührt. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass sich auch die Kantone am Netz der Verbindungsbeamten im Migrationsbereich (ILO-Netz, WE Nr. 33 und 117) beteiligen. Zudem ist die Informationsinfrastruktur zum Datenaustausch im Migrationsbereich, das Informations- und Koordinationsnetz (ICONet, WE Nr. 5 und 32), auch für die kantonalen Behörden von Bedeutung, wird es doch insbesondere als Frühwarnsystem zur Übermittlung von Erkenntnissen und Trends zur illegalen

239

Teilweise bestanden die entsprechenden Vereinbarungen bereits vor Schengen und wurden aus Anlass der Assoziierung entsprechend angepasst.

240 Im Einzelnen hierzu Bericht «Malama», BBl 2012 4559, Ziffer 3.2.2.

241 Der Zugriff ist derzeit allerdings noch nicht möglich, da es hierzu eines förmlichen Beschlusses der EU bedarf, welcher das genaue Anwendungsdatum festlegt. Nachdem alle Schengen-Staaten ihre Bereitschaft erklärt haben («declaration of readyness»), dürfte die Zugriffsmöglichkeit ab Herbst 2013 Realität sein.

6402

Einwanderung und Schleusernetzen und zur Koordination von gemeinsamen Sammelflügen zur Rückführung illegal aufhältiger Personen genutzt.

Schliesslich ist auch das Verfahren, das bei Rückführungen von Drittstaatsangehörigen in den jeweiligen Transit- oder Heimatstaat zur Anwendung gelangt, Gegenstand der Weiterentwicklungen in diesem Bereich (Richtlinie 2008/115/EG, WE Nr. 78). Die darin enthaltenen Vorgaben berühren den Aufgabenbereich der Kantone, denen im Bereich des Wegweisungsvollzugs weitgehende Zuständigkeiten zukommen (Vollzugsregelungen im Bereich der Zwangsmassnahmen, insbesondere betreffend die Vollzugs-, Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft sowie in Bezug auf die Ausrichtung von Unterstützungsleistungen während des Abschiebeverfahrens).

­

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands, die dem Bereich Polizeizusammenarbeit zugeordnet werden können, berühren regelmässig den originären kantonalen Aufgabenbereich (Polizeihoheit). So vereinfacht die «Schwedische Initiative» (WE Nr. 35) den grenzüberschreitenden Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der SchengenStaaten, erweitert der Beschluss 2006/560/JI (WE Nr. 21) die Rahmenbedingungen für einen Austausch von Verbindungsbeamten und stellt die Nutzung des SIS ein leistungsfähiges Instrument für einen schnellen und effizienten (vorab) polizeilichen Informationsaustausch zwischen den Schengen-Staaten dar. Die genannten Instrumente erweitern die Möglichkeiten der zuständigen Behörden zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und berühren damit auch den originären Tätigkeitsbereich der kantonalen Polizei- und Untersuchungsbehörden. Schliesslich sind die Kantone auch im Bereich des Waffenrechts von den Schengener Vorgaben (Richtlinie 2008/51/EG, WE Nr. 56) betroffen, sind sie doch hier massgeblich mit Vollzugsaufgaben betraut (insbesondere hinsichtlich der Bewilligung und Registrierung des Feuerwaffenerwerbs).

­

Schliesslich wird der Aufgabenbereich der Kantone auch durch den Rahmenbeschluss 2008/977/ /JI (WE Nr. 77) direkt berührt, regelt dieser doch den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Schengener Zusammenarbeit bearbeitet werden. Die entsprechenden Vorgaben berühren die Ausübung originärer kantonaler Zuständigkeiten, gilt doch der Rahmenbeschluss insbesondere für Daten, die von den Polizei-, Zoll- und Justizbehörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Feststellung oder Verfolgung von Straftaten oder der Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen bearbeitet werden. Aufgrund der im Datenschutzbereich bestehenden parallelen Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen mussten die Kantone auch prüfen, ob sie zur Umsetzung dieser Weiterentwicklung kantonales Recht anpassen mussten.242

5.2.2

Auswirkungen auf die Organisationsautonomie

Die zweite Dimension kantonaler Autonomie besteht in der Möglichkeit der Kantone, ihre interne Organisation und ihre politischen Verfahren selbstständig zu bestimmen (Organisationsautonomie). Dieser Aspekt kantonaler Autonomie wird 242

Vgl. hierzu Botschaft vom 11. September 2009, BBl 2009 6764 ff.

6403

durch die Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands kaum berührt, da Schengen primär auf den Ausbau der Instrumente der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit abzielt. Entsprechend sind Vorgaben in Bezug auf die innerstaatliche Behördenstruktur und die anwendbaren Verwaltungsverfahren in aller Regel nicht erforderlich, während Vorgaben in Bezug auf die Ausgestaltung der politischen Verfahren ­ wie bereits andernorts243 erwähnt ­ gar gänzlich inexistent sind.

Im Grundsatz baut die überwiegende Mehrheit der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands auf der bestehenden innerstaatlichen Behördenorganisation auf.

Wenn die einschlägigen EU-Rechtsakte den Kreis der nationalen244 Behörden definieren, welche ein bestimmtes Instrument nutzen dürfen, so tun sie das in sehr allgemeiner Form, indem sie die Behörden mit deren Funktion abstrakt benennen (z.B. «Strafverfolgungsbehörden» oder «konsularische Behörden») oder gar nur auf die «zuständigen nationalen Behörden» verweisen. Auf diese Weise überlassen sie es dem Gesetzgeber des jeweiligen Staates zu bestimmen, welche innerstaatlichen Behörden durch die Vorgaben konkret angesprochen sind. Als illustrative Beispiele seien hier etwa die «Schwedische Initiative» (WE Nr. 35) oder der VIS-Beschluss (WE Nr. 70) genannt: Während erstere den grenzüberschreitenden polizeilichen Informationsaustausch zwischen «Strafverfolgungsbehörden» zum Gegenstand hat, dehnt der VIS-Beschluss den Zugriff auf die im VIS gespeicherte Daten unter bestimmten Voraussetzungen auf die genannten Behörden aus. Welche Behörden dies konkret betrifft, ist im innerstaatlichen Recht zu definieren.245 Direkte organisationsbezogene Vorgaben sind demgegenüber selten Inhalt von Weiterentwicklungen. Sie kommen dort vor, wo das Bestehen schengenweit einheitlicher nationaler Strukturen für das gute Funktionieren des Instruments als solches als notwendig erscheint oder die fragliche Massnahme auf eine eigentliche Harmonisierung des nationalen Rechts abzielt. Anzuführen sind hier das Handbuch zur Organisation der Visumsstellen (WE Nr. 108) oder auch die SIRENE-Handbücher zum SIS I246 und II (WE Nr. 141), die konkrete Leitlinien und Empfehlungen zu Organisation und internen Abläufen enthalten, sowie der Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36). Die Durchführungsbestimmungen (WE Nr. 57, 87,
103 und 115) zum Aussengrenzenfonds machen detaillierte Vorgaben betreffend das nationale Verwaltungs- und Kontrollsystem, das die Schengen-Staaten zur Überprüfung der korrekten Verwendung der erhaltenen Fondsgelder und zur Verhinderung von Unregelmässigkeiten implementieren müssen. Betroffen von diesen Vorgaben ist in der Schweiz indessen lediglich der Bund. Demgegenüber sind in drei Harmonisierungsmassnah-

243 244

Siehe oben Ziffer 4.2.

Als «nationale» oder «mitgliedstaatliche Behörden» sind stets die Behörden des jeweiligen Staates als Ganzes angesprochen, also gegebenenfalls die Behörden auf Bundes- und gliedstaatlicher Ebene.

245 Vgl. Artikel 3 SIaG (Definition der «Strafverfolgungsbehörden des Bundes») und Artikel 109a Absatz 3 AuG iVm. Artikel 15 und 16 VISV (Zugang zu VIS-Daten zugunsten der «Strafverfolgungsbehörden»).

246 Das SIRENE-Handbuch zum SIS I basiert auf dem Beschluss SCH/Kom-Ex (99) 6 (vgl.

Anhang A, Teil 3.A SAA) und wurde im Rahmen der Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands mehrmals geändert (WE Nr. 44, 47, 48 und 120).

6404

men punktuelle Organisationsvorschriften enthalten, die auch direkt auf die Kantone durchgreifen können, aber insgesamt dennoch marginal bleiben:247 ­

So macht der Grenzkodex (WE Nr. 14, 69, 80, 88, 105 und 107) den Schengen-Staaten ­ wenn auch nur in sehr allgemeiner Form ­ organisatorische Vorgaben zur Überwachung der Aussengrenzen, indem diese für eine ausreichende personelle, und finanzielle und sachliche Ausstattung der zuständigen Behörden zu sorgen haben.

­

Gemäss den Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI (WE Nr. 77) müssen zum einen die zuständigen Behörden geeignete technische und organisatorische Massnahmen sicherstellen, damit die Sicherheit bei der Datenverarbeitung im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen gewährleistet ist. Darüber hinaus sind eine oder mehrere unabhängige Kontrollstellen zu schaffen, welche die korrekte Anwendung der vorgegeben Datenschutzstandards überwachen und die Behörden bei ihren Tätigkeiten beraten.

­

Nach der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG, WE Nr. 78) schliesslich müssen die Schengen-Staaten einerseits ein wirksames System für die Überwachung von Rückführungen schaffen; andererseits haben sie die spezifischen Vorgaben zu den Haftanstalten zu beachten. In diesem Zusammenhang müssen die Kantone die erforderlichen Vorkehrungen treffen, damit die allfällige Inhaftierung von Personen, die das Land verlassen müssen, entweder in speziellen Hafteinrichtungen erfolgt oder zumindest für eine von den gewöhnlichen Strafgefangenen getrennte Unterbringung gesorgt ist.

5.2.3

Auswirkungen auf die Finanzautonomie

Die dritte Dimension kantonaler Autonomie, die der Bund bei der Wahrnehmung seiner Befugnisse wahren muss, ist die sog. Finanzautonomie. Diese besteht in einem substanziellen Gestaltungsspielraum der Kantone hinsichtlich der selbstständigen Bestimmung, Erhebung und Verwendung der Einnahmen; damit wird die Finanzautonomie als die Wahrung einer substanziellen Verantwortung für die Finanzierung der eigenen Aufgaben verstanden.

Eine substanzielle Beeinträchtigung dieser Dimension kantonaler Autonomie ist aufgrund der Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands bisher nicht festzustellen. Da die Erhebung von Steuern und Abgaben nicht zum Regelungsgegenstand der Schengener Zusammenarbeit gehört, existieren nur in drei Fällen überhaupt Vorgaben, welche die Erhebung von Gebühren betreffen. So enthalten die Richtlinie 51/2008/EG zu den Waffen (WE Nr. 56), der Visakodex (WE Nr. 88) und die Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 zum kleinen Grenzverkehr (WE Nr. 24) punktuelle Bestimmungen zur Gebührenerhebung, indem sie diese unter bestimmten Voraussetzungen entweder ganz ausschliessen oder die Höhe der 247

Die mit Richtlinie 51/2008/EG (WE Nr. 56) geänderte Waffenrichtlinie enthält zwar ebenfalls organisatorische Vorgaben, (Schaffung eines elektronischen zentral oder dezentral eingerichtetes Waffenregisters), doch hatten diese in casu keine eigentlichen Auswirkungen auf die Kantone, da der Waffenerwerb dort bereits vorher elektronisch erfasst wurde.

6405

Gebühren schengenweit harmonisieren. Allerdings betreffen die entsprechenden Regelungen nur den Bund248 oder sind für die Schweiz ohnehin nicht von praktischer Relevanz249.

Keine Auswirkungen auf die Finanzautonomie als solche, aber auf den Finanzhaushalt der Kantone können sich infolge der Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands selbstverständlich aus dem Umstand ergeben, dass deren Übernahme mit direkten Kostenfolgen verbunden sein kann, die über die Kosten für die Durchführung des Umsetzungsverfahrens hinausgehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Wahrnehmung neuer Aufgaben die Schaffung neuer Strukturen250 oder die Bereitstellung entsprechender Ressourcen für den Vollzug bedingt. Die Erweiterung des Aufgabenspektrums kann nämlich zur Folge haben, dass die bisherigen Ressourcenzuweisungen überprüft und angepasst werden müssen.

5.3

Mitwirkung der Kantone bei der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands

5.3.1

Inhaltliche Ausgestaltung der Mitwirkungsrechte

Angesichts der Zunahme völkerrechtlicher Verträge ist die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes eine wichtige und notwendige Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit und Stabilität der bundesstaatlichen Ordnung. Dies gilt auch hinsichtlich der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, berühren doch die Regelungsmaterien des SAA innerstaatlich (potenziell) auch den verfassungsmässigen Kompetenzbereich der Kantone. Entsprechend wurde während der parlamentarischen Beratung eine ausdrückliche Bestimmung in den Genehmigungsbeschluss251 zum SAA aufgenommen, die den Bund und die Kantone anweist, die Details der gegenseitigen Zusammenarbeit mit Blick auf die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands in einer besonderen Vereinbarung zu regeln.252 Diese Vereinbarung253, welche vom Bundesrat und der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) ausgehandelt wurde, ist am 1. April 2009 in Kraft getreten, nachdem ihr alle 248

249

250

251

252 253

In der mit Richtlinie 51/2008/EG (WE Nr. 56) geänderten Waffenrichtlinie (Richtlinie 91/477/WEG) ist vorgesehen, dass die Anerkennung des Europäischen Feuerwaffenpasses nicht von der Entrichtung einer Gebühr oder Abgabe abhängig gemacht werden darf, während der Visakodex (WE Nr. 88) nicht nur die Gebührenhöhe für die Erteilung eines Schengen-Visums festlegt, sondern auch die Fälle, in denen Gebührenfreiheit besteht.

Dies ist bei der Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 (WE Nr. 24) der Fall. Diese regelt die Höhe der Gebühren im Zusammenhang mit der Erteilung der Grenzübertrittsgenehmigung im kleinen Grenzverkehr an den Landaussengrenzen des Schengen-Raums. Da dieser Typ von Aussengrenzen in der Schweiz nicht vorkommt, ist die Regelung für unser Land ohne Bedeutung.

So wurde etwa mit Richtlinie 2008/51/EG (WE Nr. 56) eine Bestimmung in die Waffenrichtlinie eingefügt, die von den Schengen-Staaten die Führung eines computergestützten Waffenregisters verlangt. Im konkreten Fall blieb diese Vorgabe allerdings ohne Auswirkungen auf die Kantone, da diese ihre Waffenregister bereits vorher auf elektronischer Basis führten (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 13. Mai 2009, BBl 2009 3662).

Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin, SR 362.

Vgl. Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses.

Vereinbarung vom 20. März 2009 zwischen dem Bund und den Kantonen betreffend die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands (im Folgenden: Vereinbarung), SR 362.1.

6406

26 Kantone formell zugestimmt hatten254. Die Vereinbarung formalisiert die enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Bereich Schengen/Dublin, die nach der Unterzeichnung der Assoziierungsabkommen im Jahr 2004 entwickelt und seither auf informeller Basis praktiziert wurde. Inhaltlich orientiert sich das Mitwirkungsregime der Vereinbarung an den bestehenden Grundsätzen, die auf Ebene der Verfassung (Art. 55 BV) sowie im Bundesgesetz vom 22. Dezember 1999255 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes (BGMK) verankert sind. Die Vereinbarung präzisiert diese mit Blick auf die besonderen Anforderungen, die sich aus der institutionalisierten Beteiligung der Schweiz an der Weiterentwicklung des Schengen- bzw. Dublin/EURODAC-Besitzstands ergeben256.

Das spezifische Mitwirkungsinstrumentarium der Vereinbarung257, das sich in der bisherigen Praxis bewährt hat, gewährleistet zum einen einen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Kantone, ihre (autonomen) Gestaltungsspielräume zu wahren, und der Notwendigkeit, die aussenpolitische Handlungsfähigkeit des Bundes zu wahren. Zum anderen bildet es im Sinne des «kooperativen Föderalismus» eine wichtige Grundlage für die partnerschaftliche Zusammenarbeit und Aufgabenerfüllung von Bund und Kantonen. Zusammenfassend basiert es auf folgenden Eckpfeilern:

Informationsaustausch Der erste Eckpfeiler des Mitwirkungsinstrumentariums ist die Pflicht zur rechtzeitigen und umfassenden Informationsübermittlung, die Bund und Kantone gleichermassen trifft (Art. 3 BGMK; Art. 2 Abs. 3, 4 und 7 der Vereinbarung). Diesem Grundsatz kommt fundamentale Bedeutung zu: Denn ohne frühzeitige gegenseitige Information ist ein angemessenes und effizientes Zusammenwirken von Bund und Kantonen nicht möglich ­ weder zur Bewältigung der dynamischen Verhandlungsprozesse in den zuständigen Ausschüssen und Arbeitsgruppen der EU (nachfolgend: COMIX-Arbeitsgruppen) in Brüssel noch im Hinblick auf eine reibungslose Durchführung der innerstaatlichen Verfahren zur Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands.

In materieller Hinsicht umfasst die gegenseitige Informationspflicht den Austausch aller sachdienlichen Informationen, Dokumente und Daten, die für eine konstruktive Zusammenarbeit von Bund und Kantonen von Nutzen sind oder sein könnten. So hält die Vereinbarung explizit fest, dass alle an die Schweiz adressierten Dokumente der EU (COMIX-Arbeitsgruppendokumente ebenso wie die definitive Fassung der verabschiedeten Rechtsakte, die der Schweiz förmlich notifiziert werden) auch den Kantonen umgehend zugeleitet werden (Art. 2 Abs. 2 iVm. Art. 7 der Vereinbarung). Aber auch mit Blick auf die Umsetzung einer einmal übernommenen Weiterentwicklung ist die gegenseitige Information von zentraler Bedeutung, weshalb sich Bund und Kantone frühzeitig über die eingeleiteten Massnahmen bzw. den Stand der Umsetzungsverfahren unterrichten (Art. 9 Abs. 2 der Vereinbarung).

254 255 256 257

Vgl. Artikel 14 der Vereinbarung.

SR 138.1 Im Einzelnen hierzu oben Ziffer 2.2. und 2.3.

Zu den Mechanismen der kantonalen Mitwirkungen und den gemachten Erfahrungen im Zusammenhang mit den anderen sektoriellen Abkommen siehe Föderalismusbericht, BBl 2007 5937 ff.

6407

Zur Sicherstellung des erforderlichen Informationsflusses sieht die Vereinbarung folgende spezifische Massnahmen vor: ­

Zum einen haben Bund und Kantone Kontaktstellen zu benennen, über welche der Informationsfluss gebündelt und in beide Richtungen den Bedürfnissen entsprechend gesteuert werden kann (Art. 4 der Vereinbarung). So wurde im BJ eine neue Kontaktstelle in der Form eines Informationsbeauftragten eingerichtet, die seit dem 1. September 2005 als zentrale Schnittstelle den Informationsaustausch zwischen der KdK bzw. der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) einerseits und den zuständigen Akteuren im EJPD im Bereich Schengen/Dublin andererseits sicherstellt. Diese Kontaktstelle ergänzt die beiden bereits bestehenden EDAKontaktstellen, die bei der Direktion für europäische Angelegenheiten und der Mission der Schweiz bei der Europäischen Union in Brüssel angesiedelt sind.

­

Zum anderen wird den Kantonen auch ein entsprechender Zugriff auf das vom Bund betriebene verwaltungsinterne Informationssystem garantiert, das von der Mission der Schweiz bei der Europäischen Union alimentiert wird (Art. 4 Abs. 2 der Vereinbarung). Auf diesem System ist die Gesamtheit der Dokumente abgelegt, die im Hinblick auf die Sitzungen der verschiedenen COMIX-Arbeitsgruppen produziert werden (insbesondere Tagungsordnungen, Entwürfe der diskutierten Rechtsakte, Vorschläge und Stellungnahmen der Schengen-Staaten oder der involvierten EU-Institutionen). Damit ist sichergestellt, dass sich die Kantone jederzeit ein präzises und umfassendes Bild über den Stand der (bisherigen oder laufenden) Arbeiten in COMIXArbeitsgruppen in Brüssel machen können.

Teilnahme an den Beratungen in den COMIX-Arbeitsgruppen Der zweite zentrale Baustein des Mitwirkungsregimes besteht darin, dass die Kantone direkt in die Arbeiten in den COMIX-Arbeitsgruppen einbezogen werden.

Dieses Recht zur Mitwirkung, das für alle COMIX-Arbeitsgruppen gleich welcher Stufe gilt258, stellt nicht nur eine direkte Beschaffung von Information sicher. Es ermöglicht auch einen unmittelbaren Austausch zwischen den zuständigen Expertinnen und Experten und damit den gebotenen Einbezug der seitens der Kantone vorhandenen fachlichen Expertise und des vollzugspraktischen «Know-how». Als Mitglieder der schweizerischen Verhandlungsdelegation sind die designierten kantonalen Vertreterinnen und Vertreter nicht nur in die Vorbereitungs- und Hintergrundarbeiten des Bundes im Vorfeld der Sitzungen der COMIX-Arbeitsgruppen einbezogen, sondern auch vor Ort in Brüssel präsent, soweit die «Zuständigkeiten oder wesentlichen Interessen» der Kantone berührt sind (Art. 6 der Vereinbarung).

Diese Interessen sind jedenfalls dann berührt, wenn durch die Übernahme und Umsetzung der fraglichen Weiterentwicklung etwa bestehende Vollzugsaufgaben der Kantone substanziell betroffen sind (Art. 1 Abs. 2 BGMK). In diesem Rahmen werden die Beiträge und Stellungnahmen der schweizerischen Delegation zwischen 258

Dieses Recht besteht im Übrigen auch für allfällige Sitzungen des Gemischten Ausschusses (GA), der als paritätisch zusammengesetztes Organ zur Verwaltung des SAA eingesetzt ist, soweit die dort diskutierten Themen die Zuständigkeiten oder Interessen der Kantone berühren. Zur Verwaltungsfunktion des GA siehe oben Ziffer 2.2.

6408

Bund und Kantonen vorgängig zu einer Intervention in den COMIX-Arbeitsgruppen abgesprochen. Die Verhandlungsleitung bleibt allerdings in aller Regel einer Vertreterin oder einem Vertreter des Bundes vorbehalten (Art. 6 Abs. 4 der Vereinbarung).

Konsultation Der dritte notwendige Baustein des Mitwirkungsregimes liegt in der regelmässigen und umfassenden Konsultation der Kantone (Art. 4 BGMK; Art. 5 der Vereinbarung). Diese erfolgt in allen Phasen des Übernahmeprozesses von Weiterentwicklungen259: ­

In der ersten Phase, der Phase der Erarbeitung eines Rechtsakts in der EU, erfolgt der entsprechende Austausch in der Regel ad hoc im Rahmen der gemeinsamen Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Sitzungen der COMIX-Arbeitsgruppen; dabei sind die Vertreterinnen und Vertreter des Bundes wie auch der Kantone dafür verantwortlich, sich mit ihren jeweiligen internen (technischen oder politischen) Ansprechpartnern abzusprechen, damit die Erarbeitung gemeinsamer Positionen der schweizerischen Delegation und damit ein koordiniertes Vorgehen gegenüber der EU bzw. den Schengen-Partnern möglich wird (Art. 1 Bst. a iVm. Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung).

­

Im Hinblick auf die zur Übernahme einer Weiterentwicklung anstehenden Beschlüsse (zweite Phase des Übernahmeprozesses) werden die Kantone durch das federführende Bundesamt ­ zeitgleich mit den anderen interessierten Bundesstellen (Ämterkonsultation) ­ formell konsultiert (Art. 8 der Vereinbarung). Gegenstand des Verfahrens, das dem Entscheid des Bundesrates zum Abschluss des erforderlichen Notenaustausches zeitlich vorgelagert ist, ist dabei nicht nur die Frage der Opportunität der Übernahme der Weiterentwicklung, sondern auch und gerade die Klärung von Umsetzungsfragen, wenn die rechtliche oder technische Umsetzung (auch) den Kantonen obliegt.260 Entsprechend ist der Stellungnahme der Kantone seitens des Bundes ein besonderes Gewicht zuzumessen, wenn die Übernahme oder Umsetzung des neuen Rechtsakts «ihre Zuständigkeiten betrifft oder ihre wesentlichen Interessen berührt» (Art. 8 Abs. 2 der Vereinbarung); die Entscheidung über die Übernahme einer Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands bleibt aber letztendlich in der Verantwortung des Bundes (Art. 8 Abs. 1 der Vereinbarung).

­

Nach Abschluss des Notenaustausches zur Übernahme einer Weiterentwicklung werden die Kantone im weiteren Verlauf des Genehmigungsverfahrens oder im Rahmen der bundesrechtlichen Umsetzung auf der Grundlage des Bundesgesetz vom 18. März 2005261 über das Vernehmlassungsverfahren (VlG) konsultiert. Danach wird ein Vernehmlassungsverfahren dann durch-

259 260

Zu den Phasen des Übernahmeprozesses siehe oben Ziffer 2.1.

Hierzu gehört u.a. die verbindliche Klärung der Frage, ob auf kantonaler Ebene zur Umsetzung der fraglichen Weiterentwicklung formell-gesetzliche Anpassungen erforderlich sind, hat dies doch direkte Auswirkungen auf die gegenüber der EU in Anspruch zu nehmenden Übernahmefristen. Zum Vorbehalt der «Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» siehe oben Ziffer 2.3.2.

261 SR 172.061

6409

geführt, wenn ein Notenaustausch vorliegt, der dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegt262 oder «wesentliche Interessen der Kantone» betrifft (Art. 3 Abs. 1 Bst. c VlG).

Zum anderen findet eine Vernehmlassung auch statt, wenn zur Umsetzung der Weiterentwicklung formell-gesetzliche Anpassungen im Bundesrecht erforderlich sind (Art. 3 Abs. 1 Bst. b VlG) oder ­ bei einer Umsetzung auf Verordnungsstufe ­ wenn die Kantone «in erheblichem Mass betroffen sind» (Art. 3 Abs. 3 VlG).263 Die Konsultation der Kantone erfüllt im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands verschiedene Funktionen: Auf politischer Ebene ermöglicht sie den Kantonen, ihre Verantwortung im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Schengener Zusammenarbeit im Dialog mit dem Bund wahrzunehmen und ihren Anliegen und Interessen Gehör zu verschaffen. Auch wenn die Stellungnahmen der Kantone letztlich nicht de iure bindend sind, vermag die kantonale Mitwirkung dennoch zu einer besseren innenpolitischen Abstützung der getroffenen Übernahmeentscheidung beizutragen. Zum anderen gewährleistet sie eine effektive Einbindung beider Verbände auch in den Umsetzungsprozess, kommen doch sowohl der Bund als auch die Kantone als potenzielle Adressaten einer allfälligen Umsetzungsverpflichtung in Frage. Entsprechend sind Bund und Kantone wechselseitig auf eine enge und konstruktive Zusammenarbeit angewiesen. Für den Bund dient die Konsultation vornehmlich der materiellen und zeitlichen Koordination der erforderlichen Rechtsetzungstätigkeiten auf Stufe Bund und Kantone (Art. 5 Abs. 2 der Vereinbarung), zur Sicherstellung einer zeitgerechten und korrekten Übernahme und Umsetzung der notifizierten Weiterentwicklungen. Aus Sicht der Kantone ist die Konsultation Garant dafür, dass ihre (politischen) Standpunkte in die Interessenabwägung des Bundes einfliessen und dass auch das bei Ihnen vorhandene Fachwissen angemessen Berücksichtigung findet, was zur «Vollzugstauglichkeit» der bundesseitig getroffenen Umsetzungslösungen beiträgt.

5.3.2

Organisationsstrukturen auf kantonaler Ebene

Gemäss Artikel 2 Absatz 2 der Vereinbarung sind Bund und Kantone gehalten, in ihrem Verantwortungsbereich für die «notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zu sorgen, damit die internationalen Verpflichtungen der Schweiz zeitgerecht und effizient erfüllt werden». Damit die Kooperation und Mitwirkung in allen Phasen des Übernahmeprozesses, also von der Teilnahme an der Erarbeitung der Weiterentwicklungen in der EU bis zu deren Übernahme und etwaigen Umsetzung in der Schweiz möglichst reibungslos funktioniert, haben die Kantone eine interkantonale Begleitorganisation Schengen/Dublin (BOSD) ins Leben gerufen. Deren Aufgabe besteht in der vorgelagerten fachlichen und politischen Begleitung des Verhandlungsprozesses, um die aktive Mitwirkung der Kantone sicherzustellen.

262

Also namentlich bei Weiterentwicklungen, die «wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert».

263 Damit werden die Kantone im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zu einer Stellungnahme eingeladen, wenn die Übernahme oder Umsetzung der betreffenden Weiterentwicklung in die Zuständigkeit der Bundesversammlung fällt (Modell 3) oder ­ in Fällen, in denen der Bundesrat zuständig ist (Modell 2) ­ wenn die Kantone von deren Inhalt in erheblichem Mass betroffen sind.

6410

In organisatorischer Hinsicht setzt sich die BOSD aus mehreren, nach Themen geordneten interkantonalen Arbeitsgruppen zusammen, wobei die einzelnen Mitglieder der Begleitorganisation in der Regel auf Antrag der KKJPD durch den leitenden Ausschuss der KdK ernannt werden und diesem für ihre Tätigkeit im Rahmen der BOSD unterstellt sind.

­

Zum Zwecke der fachlichen Mitwirkung sind die Expertinnen und Experten aus den kantonalen Verwaltungen einer von insgesamt fünf thematisch ausgerichteten Arbeitsgruppen zugeordnet, welche die Bereiche «Polizeizusammenarbeit», «Migration und Asyl», «justizielle Zusammenarbeit», «Grenzen» sowie «Datenschutz» abdecken. Die Aufgabe der Mitglieder der thematischen Arbeitsgruppen, die auch in den COMIX-Arbeitsgruppen in Brüssel Einsitz nehmen, liegt in der fachspezifischen Begleitung der Erarbeitung einer Weiterentwicklung aus Sicht der Kantone sowie der Vorbereitung der späteren, formellen Konsultation der Kantone, die im Vorfeld der Übernahme vom zuständigen Fachamt des Bundes ausgelöst wird. Dazu gehört die Sichtung und Aufbereitung der vorliegenden Informationen und die laufende Berichterstattung264 zuhanden der jeweiligen Ansprechpartner von Bund und Kantonen. Die Koordination des formellen Konsultationsverfahrens liegt demgegenüber in der Verantwortung des Generalsekretariats der KKJPD.

­

Wenn im Laufe der Verhandlungen eine vertiefte Diskussion auf Ebene der Kantone als sinnvoll erscheint oder wenn (politische) Grundsatzentscheide erforderlich werden, haben die Vertreterinnen und Vertreter der Fachgruppen die horizontale Arbeitsgruppe einzubeziehen, der die politische Begleitung des Verhandlungsprozesses in den COMIX-Arbeitsgruppen obliegt und sich entsprechend aus Mitgliedern der Kantonsregierungen zusammensetzt.

Die zuständigen Regierungsmitglieder, die gegenüber den thematischen Arbeitsgruppen der BOSD direkte Weisungsbefugnis haben, stellen im Bedarfsfall die rechtzeitige Orientierung aller Mitglieder der horizontalen Arbeitsgruppe bzw. die Konsultation der weiteren kantonalen Akteure (insbesondere der zuständigen Fachdirektorenkonferenz [KKJPD] sowie des Vorstands der KdK) sicher.

5.3.3

Herausforderungen

Die Möglichkeit, sich an der Erarbeitung von Weiterentwicklungen auf Ebene der EU im Rahmen der im SAA vorgesehenen Mitspracherechte direkt zu beteiligen, stellt für Bund und Kantone eine neue Aufgabe dar. Diese ist ­ soll sie effektiv und effizient wahrgenommen werden ­ mit einem nicht zu unterschätzenden Arbeitsaufwand verbunden. Die grosse Herausforderung für Bund und Kantone liegt hier aber ­ wie auch im Verlauf des anschliessenden Übernahme- und Umsetzungsverfahrens ­ in erster Linie in der zeitgerechten Koordination ihrer Tätigkeiten.265 Ein reibungsloses und einvernehmliches Zusammenwirken von Bund und Kantonen erfordert angesichts der vorgegebenen, mitunter sehr eng bemessenen Fristen von 264

Wesentliches Element der Berichterstattung ist die Frage, ob und in welchem Ausmass die Übernahme der fraglichen Weiterentwicklung einen Umsetzungs- bzw. Vollzugsbedarf auf Ebene der Kantone auslöst.

265 Vgl. «Föderalismusbericht», BBl 2007 5948.

6411

allen Akteuren ein hohes Mass an Kooperationsbereitschaft, Engagement und Flexibilität.

Bei der Erarbeitung neuer Rechtakte in den COMIX-Arbeitsgruppen steht die rechtzeitige materielle Abstimmung zwischen Bund und Kantonen im Hinblick auf die Formulierung einer «schweizerischen Position» im Vordergrund. Diese Phase ist ­ je nach politischer Prioritätensetzung auf Ebene der EU ­ vielfach durch einen hohen Verhandlungsrhythmus und sehr kurze Reaktionsfristen geprägt, worauf die einzelnen Schengen-Staaten nur beschränkt Einfluss haben. Entsprechend sind die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen, ein vorausschauendes Agieren der Vertreter in den COMIX-Arbeitsgruppen sowie «kurze Wege» bei der gegenseitigen Abstimmung und internen Entscheidfindung wichtige Garanten für eine sachgerechte und konstruktive Verhandlungsführung.

In der Phase der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen sind die Fristen ebenfalls vorgegeben.266 Die zentrale Herausforderung besteht hier darin, die erforderlichen Arbeiten so zu organisieren, dass die interne Willensbildung sowohl auf Stufe Bund als auch Stufe der Kantone ordnungsgemäss erfolgen kann. Dies erfordert vor allem seitens des Bundes eine möglichst frühzeitige und vorausschauende Planung und Durchführung der entsprechenden Verfahren. Dies gilt ganz besonders in Fällen, in denen die Übernahme einer Weiterentwicklung einen Umsetzungsbedarf auch auf kantonaler Ebene auslöst. Hier sind die Kantone darauf angewiesen, möglichst frühzeitig Klarheit über die auf Bundesebene geplanten Massnahmen zu erhalten.

5.4

Bewertung

Die Ausdehnung der internationalen Zusammenarbeit im Zuge der Globalisierung und die damit einhergehende Einwirkung des Völkerrechts auf die nationale Rechtsordnung stellt eine Herausforderung für unseren Bundesstaat dar. So trägt die Wahrnehmung der aussenpolitischen Kompetenzen durch den Bund für die Kantone ganz allgemein die Gefahr in sich, dass die durch den Bund eingegangen Verpflichtungen auch diese treffen und die gesetzgeberischen Gestaltungsspielräume, die den Kantonen in ihrem Kompetenzbereich zustehen, entsprechend einschränken. Dies gilt auch für die hier interessierende Zusammenarbeit von Schengen, die sich auf Bereiche erstreckt, für welche innerstaatlich die Kantone zuständig sind.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie bedeutsam es ist, dass die Kantone an der (aussenpolitischen) Willensbildung des Bundes substanziell mitwirken können.

Insofern erscheint der «kooperative Föderalismus» als eine konsequente Weiterentwicklung der föderalistischen Strukturen, indem er es erlaubt, die Handlungsfähigkeit des Bundes gegen Aussen zu wahren und gleichzeitig drohende Autonomieverluste auf Ebene der Kantone durch ein effektives Mitwirkungsinstrumentarium zu kompensieren. Das mit den Kantonen vereinbarte Mitwirkungsinstrumentarium, das ein enges, partnerschaftliches Zusammenwirken von Bund und Kantonen im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands garantiert, wurde denn auch

266

Siehe hierzu oben Ziffer 2.3.1.

6412

seitens der Kantone als exemplarisch bezeichnet.267 Es hat sich auch aus Sicht des Bundesrates in der Praxis bewährt und dürfte bei künftigen Überlegungen zur Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen als wertvolle Grundlage dienen.

6

Auswirkungen auf die Sicherheit

Die Schengener Zusammenarbeit stellt einen wichtiger Pfeiler der Sicherheitsarchitektur in der Europäischen Union dar, indem die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten in den Bereichen Polizei, Justiz und Migration verstärkt wurde. Dabei wurde ursprünglich ein starker Fokus auf die Beseitigung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen gelegt, um die im Rahmen des EU-Binnenmarktes geschaffene Personenfreizügigkeit zu vervollständigen. Gleichzeitig sollte durch ein Bündel von Massnahmen den legitimen Sicherheitsbedürfnissen der beteiligten Staaten Rechnung getragen werden. Im Laufe der Jahre hat sich Schengen so zu einem wichtigen Instrument zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität entwickelt.

Die Schweiz ist seit dem 12. Dezember 2008 auch auf operationeller Ebene in diese Zusammenarbeit eingebunden. Auf der Grundlage des mit der Genehmigung des SAA übernommenen Schengen-Besitzstands und dessen Weiterentwicklungen stehen den zuständigen schweizerischen Behörden heute effiziente Mittel zur Verfügung, um die innere Sicherheit auf dem eigenen Staatsgebiet, aber auch im gesamten Schengen-Raum zu gewährleisten. Nachfolgend werden die wichtigsten Beiträge, welche die Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands zur massgeblichen Verstärkung der inneren Sicherheit leisten, im Überblick dargestellt.

6.1

Überblick

Innerhalb des Schengen-Raumes dürfen die Binnengrenzen unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person an jeder Stelle ohne Personenkontrollen268 überschritten werden.269 Um den besonderen Erfordernissen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit Rechnung zu tragen, ist die Aufhebung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen mit einer Reihe von Massnahmen verknüpft, die den Schengen-Staaten effiziente Handlungsformen und Instrumente im Kampf gegen verschiedene Formen der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration an die Hand geben.

Der von der Schweiz im Rahmen der Genehmigung des SAA übernommene Schengen-Besitzstand beinhaltet bereits verschiedene Rechtsakte und Massnahmen, die auf eine Verstärkung der Aussengrenzkontrollen abzielen, die Möglichkeiten zur Intervention an den Binnengrenzen und im Grenzraum ausbauen (wie z.B. die 267

Konferenz der Kantonsregierungen, «Innerstaatliche Reformen zur Festigung der föderalistischen und demokratischen Staatsorganisation im Rahmen der Europapolitik des Bundes», Positionsbezug der Kantonsregierungen vom 24. Juni 2011, Ziffer 12.

268 Im Rahmen von Schengen sind unter diesem Begriff Kontrollen zu verstehen, die an einer Grenze unabhängig von jedem anderen Anlass ausschliesslich aufgrund des beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts durchgeführt werden und aus Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung bestehen.

269 Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 («Schengener Grenzkodex», WE Nr. 14).

6413

grenzüberschreitende Nacheile und Observation), Instrumente zur Bekämpfung der illegalen Migration (insbesondere über die Einführung von entsprechenden Sorgfaltspflichten der Luftfahrtunternehmen (carrier sanctions) oder die Schaffung von einschlägigen Datenbanken wie das API270) bereitstellen sowie den Ausbau der polizeilichen Zusammenarbeit unter den Schengen-Staaten im Hinblick auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität (insbesondere auf der Basis des SIS) vorsehen.

Mehrere der späteren Rechtakte, die den Schengen-Besitzstand weiterentwickelt haben, führten zu einer Konsolidierung oder Ergänzung der bestehenden Instrumentariums und haben so die Sicherheit im Schengen-Raum verstärkt: So ist mit der Errichtung von FRONTEX (WE Nr. 1 und 37) ein gemeinsamer Interventionsmechanismus zur verstärkten Überwachung und Kontrolle der Aussengrenzen eingerichtet worden. Mit dem Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) wurden zudem die gemeinsamen Kontrollprinzipien für die Überwachung insbesondere der Aussengrenzen gestärkt und die Tätigkeit der nationalen Behörden effektiver gestaltet. Der planmässigen Verbesserung der Grenzkontrollen dient auch der Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36), mit dessen Mittel die Anstrengungen der einzelnen Schengen-Staaten zur längerfristigen Stärkung ihrer operationellen Kontrollressourcen gezielt unterstützt werden. Mit dem Visakodex (WE Nr. 88) wurden die Verfahren zur Visumausstellung vereinheitlicht, was den zuständigen Behörden nicht nur erlaubt, auf der Basis gemeinsamer Regeln zu arbeiten, sondern auch im Verbund bestimmte Missbräuche einzudämmen. Entsprechendes gilt auch für das VIS (WE Nr. 63 und 70), das über die Verbesserung der Visaprozeduren hinaus auch die nationalen Strafverfolgungsbehörden beim Kampf gegen die Kriminalität und die illegale Migration unterstützt. Die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Staaten wurde insbesondere dank einer Vereinfachung des Informationsaustausches zwischen den nationalen Strafverfolgungsbehörden (WE Nr. 34) und der Bereitstellung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II, WE Nr. 28, 31 und 42) ausgebaut. Schliesslich wurden auch die Reisedokumente, die Pässe sowie die Aufenthaltstitel sicherer gemacht, indem sie mit biometrischen Elementen ausgestattet wurden, um die Möglichkeiten zu
deren missbräuchlichen Verwendung zu reduzieren (WE Nr. 2 und 51).

Unter Sicherheitsgesichtspunkten profitiert die Schweiz im Rahmen ihrer Assoziierung an Schengen so von den Vorzügen harmonisierter Verfahren, einer engen und institutionalisierten operationellen Zusammenarbeit und einem verbesserten Informationsaustausch auf europäischer Ebene. In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass die Kontrolle des grenzüberschreitenden Warenverkehrs, welche an den Landesgrenzen weiterhin durchgeführt wird, zur Gewährleistung der inneren Sicherheit beiträgt.

270

«Advanced Passenger Information». Nach den Vorgaben der Richtlinie 2004/82/EG, welche die Schweiz im Rahmen der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl.

Anhang B SAA), müssen die Schengen-Staaten die rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Luftfahrtunternehmen den zuständigen Grenzkontrollorganen auf Anfrage bestimmte Informationen über die beförderten Passagiere (sog.

«API-Daten») übermitteln, sobald der Check-in abgeschlossen ist. Nach Artikel 104 AuG sind die betroffenen Flugverkehrsunternehmen bei bestimmten Non-Schengen-Flügen gehalten, die erforderlichen Passagierdaten (Personendaten, Angaben zum Reisedokument und zum Flug) vor Abflug an das BFM zu übermitteln, welches diese dann den zuständigen Grenzkontrollbehörden zur Verfügung stellt.

6414

6.2

Beitrag der einzelnen Instrumente von Schengen nach Bereichen

6.2.1

Im Bereich Grenzen

Die Aufhebung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen des SchengenRaumes ist von einer Harmonisierung der Verfahren und von Ausgleichsmassnahmen begleitet, die es den Schengen-Staaten erlaubt, ein hohes Sicherheitsniveau beizubehalten. In diesem Zusammenhang tragen eine Reihe von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands, insbesondere der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) massgeblich zur Stärkung der im nationalen Rahmen getroffenen Massnahmen bei.

Verstärkung der Aussengrenzkontrollen Die Gewährleistung der Sicherheit auf dem Staatsgebiet der einzelnen SchengenStaaten wird zunächst durch eine Verstärkung der Kontrollen an den Aussengrenzen des Schengen-Raumes sichergestellt, wie dies der Schengener Grenzkodex verlangt.

Parallel dazu haben die Schengen-Staaten im Rahmen der Aussengrenzagentur FRONTEX und des Aussengrenzenfonds die Möglichkeit, bei Vorliegen schwerwiegender Probleme an den Aussengrenzen von operationellen und finanziellen Unterstützungsleistungen zu profitieren, was der Aufrechterhaltung eines hohen Schutzniveaus zuträglich ist.

Harmonisierung der Verfahren zur Kontrolle von Personen an den Aussengrenzen Die Kontrolle des Grenzübertritts von Personen anlässlich der Einreise in den Schengen-Raum hat für die Gewährleistung der inneren Sicherheit der SchengenStaaten eine grundlegende Bedeutung. Entsprechend war es wichtig, diese Kontrollen auf der Grundlage einheitlicher Grundsätze und Verfahren zu verstärken. Dieses Ziel wurde mit der Verabschiedung des Schengener Grenzkodex (Verordnung (EG) Nr. 562/2006, WE Nr. 14) erreicht. Diese Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands führt die bisher in verschiedenen Rechtsakten (insbesondere in Art. 2­8 SDÜ und dem gemeinsamen Handbuch271) enthaltenen Vorgaben zur den Aussengrenzkontrollen in einem einzigen Erlass zusammen.

Der Schengener Grenzkodex stellt für die zuständigen nationalen Behörden ein wichtiges Instrument zur Gewährleistung der inneren Sicherheit dar. Dies wird in erster Linie dadurch gewährleistet, dass die Aussengrenzen des Schengen-Raumes insbesondere von Drittstaatsangehörigen nur überschritten werden dürfen, wenn alle Einreisevoraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind ebenso wie die an den Aussengrenzen anwendbaren Kontrollmodalitäten im Schengener Grenzkodex detailgenau definiert.272 Da alle Schengen-Staaten gehalten sind, die gleichen Standards anzuwenden, trägt dies wesentlich zur Sicherheit auf dem Staatsgebiet bei.

271

Beschluss SCH/Com-ex(99) 13 des Schengener Exekutivausschusses vom 28. April 1999 (vgl. Anhang A Teil 3 SAA sowie die diversen Änderungsakte im Anhang B SAA).

272 Artikel 4 ff. sowie Anhang VI Ziffer 2 des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14).

6415

In der Schweiz bestehen Aussengrenzen lediglich an den Flughäfen und Flugplätzen, die Destinationen ausserhalb des Schengener Raumes bedienen. Das GWK bzw. die zuständigen Polizeiorgane der Kantone führen dort die Kontrollen im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Schengen-Besitzstands durch. Danach werden sämtliche Personen, die aus einem Staat ausserhalb des Schengen-Raumes einreisen oder in einen solchen ausreisen wollen, einer Mindestkontrolle unterworfen. Diese ermöglicht die Feststellung ihrer Identität, einschliesslich der Überprüfung der Gültigkeit und Echtheit der vorgelegten Reisedokumente, wobei eine eingehendere Kontrolle auf der Basis von Stichproben zulässig ist.

Bei Drittstaatsangehörigen ­ also bei allen Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates bzw. eines Schengen-Staates besitzen ­ wird anlässlich des Grenzübertritts in jedem Fall eine eingehende Kontrolle durchgeführt. Bei der Einreise273 in den Schengen-Raum wird das Vorliegen folgender Einreisevoraussetzungen überprüft: ­

Die betreffende Person muss im Besitz eines oder mehrerer gültiger Reisedokumente sein, die sie zum Überschreiten der Grenze berechtigen;

­

Sie muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies die einschlägigen Vorschriften des Schengen-Besitzstands verlangen;

­

Sie muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts verfügen;

­

Sie darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

­

Sie darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Schengen-Staates darstellen.274

Um sicherzustellen, dass die einschlägigen Vorgaben bei der Durchführung von Aussengrenzkontrollen von den zuständigen nationalen Grenzkontrollorganen einheitlich angewandt werden, wurde ein gemeinsamer «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)» erarbeitet. Das Schengen-Handbuch (WE Nr. 59) enthält eine Zusammenstellung gemeinsamer Richtlinien, bewährter Verfahren und Empfehlungen für die Wahrnehmung der Grenzkontrollaufgaben. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird ­ wie die korrekte Anwendung des Schengen-Besitzstands insgesamt ­ im Rahmen regelmässiger Evaluationen überprüft.275 Einen bedeutenden praktischen Nutzen entfalten zudem auch die verschiedenen Informations-

273

Bei der Ausreise, deren Kontrolle unter Umständen eine weniger hohe Priorität eingeräumt werden kann, kommen vergleichbare Grundsätze zur Anwendung. Insbesondere ist auch anlässlich von Ausreisekontrollen zu überprüfen, ob die betroffene Person über gültige Reisedokumente verfügt und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die internationalen Beziehungen eines Schengen-Staats darstellt (vgl.

Art. 7 Abs. 3 Bst. b und c Schengener Grenzkodex).

274 Artikel 5 des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14). Ausnahmsweise kann ein SchengenStaat einem Drittstaatsangehörigen, der nicht alle Einreisevoraussetzungen erfüllt, die Einreise in sein Staatsgebiet dennoch bewilligen, namentlich wenn ein überwiegendes nationales Interesse oder humanitäre Gründe dies verlangen. Diese Voraussetzungen wurde so ins schweizerische Recht übernommen (vgl. Art. 5 AuG bzw. Art. 2 VEV).

275 Vgl. Beschluss des Schengener Exekutivausschusses vom 16. September 1999, SCH/Com-ex (98) 26 def. (vgl. Anhang A Teil 3 SAA).

6416

systeme und Datenbanken, wie das SIS, das API276 oder das VIS277. Die Nutzung dieser Systeme erhöht die Effizienz der Personenkontrollen an den Aussengrenzen und trägt damit ebenfalls zur Gewährleistung der Sicherheit bei.

Schaffung der europäischen Grenzschutzagentur (FRONTEX) und des Aussengrenzenfonds Im Schengen-Raum obliegt die Verantwortung der Kontrolle und Überwachung der Aussengrenzen den einzelnen Schengen-Staaten. Um ein angemessenes Sicherheitsniveau zu gewährleisten, sind diese gehalten, die korrekte Anwendung der für die Überwachung ihrer Aussengrenzen einschlägigen Vorgaben des Schengen-Besitzstands sicherzustellen. Für den Fall, dass die Schengen-Staaten mit einer Situation konfrontiert sind, die das gute Funktionieren der Schengener Zusammenarbeit bzw.

die innere Sicherheit zu beeinträchtigen droht, können die Staaten namentlich um operationelle Hilfeleistungen von Seiten der Grenzschutzagentur (FRONTEX), insbesondere auch um die Entsendung von Soforteinsatzteams von Grenzbeamten (RABITS) ersuchen. Der Grenzschutz ist so durch die Schaffung von FRONTEX effektiv gestärkt worden. Damit wird ein erheblicher Beitrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit im gesamten Schengen-Raum geleistet. Die FRONTEX-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 2007/2004, WE Nr. 1) ermöglicht auf operationeller Ebene die gezielte Koordination der Anstrengungen und die Unterstützung der einzelnen Schengen-Staaten auf dem Gebiet der Kontrolle und Überwachung der Aussengrenzen.

In Anbetracht der Herausforderung, welche die Schaffung einer «integrierten Grenzverwaltung» für alle Schengen-Staaten bedeutet, ist eine Verstärkung der Zusammenarbeit im Rahmen von technischen und operationellen Unterstützungsleistungen (Bereitstellung von Ausrüstung und personellen Ressourcen für die Grenzüberwachung, insbesondere an den kontrollintensiven Seeaussengrenzen) eine notwendige Voraussetzung, um die innere Sicherheit nicht nur in den betroffenen Schengen-Staaten, sondern auch im gesamten Schengen-Raum sicherzustellen. Über ihre Koordinationstätigkeit auf operationeller Ebene hinaus bietet FRONTEX den Schengen-Schengen auch Hilfestellungen in Form von Ausbildungsmassnahmen zugunsten nationaler Grenzwächter (Ausbildung auf europäischer Ebene, Seminare, Zusatzausbildungen) oder der Durchführung von allgemeinen oder spezifischen
Risikoanalysen an.

Eine weitere Verbesserung der Sicherheit bewirkt auch der mögliche Einsatz von Soforteinsatzteams von Grenzbeamten (sog. «RABITS»), welche auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 geschaffen werden, («RABIT-Verordnung», WE Nr. 37); durch die Bildung solcher Teams wird die Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfestellung und Solidarität unter den Schengen-Staaten gestärkt. Parallel dazu wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1168/2011 (WE Nr. 128) auch ein Pool nationaler Grenzwächter geschaffen, die im Rahmen gemeinsamer Operationen als europäische Grenzschutzteams eingesetzt werden können. Im Unterschied zu den RABITS, die nur bei Dringlichkeit in ausserordentlichen Situationen eingesetzt werden, kommen die europäischen Grenzschutzteams auf der Basis des jährlichen Arbeitsplans von FRONTEX in sämtlichen Fällen zum Einsatz, in denen ein Schengen-Staat technische oder operationelle Hilfe benötigt.

276 277

«Advanced Passenger Information»; vgl. Richtlinie 2004/82/EG (Anhang B SAA).

Siehe unten Ziffer 6.2.2.

6417

Die Schweiz beteiligt sich an den Bemühungen zur Sicherung der Aussengrenzen durch die Entsendung von entsprechendem Fachpersonal für Einsätze, die von FRONTEX koordiniert werden.278 Im Laufe des Jahres 2012 wurden 40 Personen (39 aus dem Bestand des GWK und eine Person der Kantonspolizei Zürich) für diverse Einsätze abgestellt.279 Sollte auch die Schweiz einmal mit Schwierigkeiten an der Grenze konfrontiert sein, hätte sie ebenfalls die Möglichkeit, um Unterstützung seitens der anderen Schengen-Staaten nachzusuchen.

Der Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raumes und damit die Gewährleistung der inneren Sicherheit der Schengen-Staaten ist auch das Ziel des Aussengrenzenfonds (Entscheidung Nr. 574/2007/EG, WE Nr. 36). Der Aussengrenzenfonds ist ein Instrument zur Stärkung der Solidarität unter den Schengen-Staaten. Er ermöglicht es, Schengen-Staaten, welche auf Dauer hohe Lasten bei der Sicherung der Aussengrenzen tragen müssen, finanziell zu unterstützen. Durch die Inanspruchnahme finanzieller Unterstützungsleistungen aus dem Aussengrenzenfonds werden der Umfang und die Effizienz der verfügbaren Kontrollressourcen in längerfristiger Perspektive gestärkt. Auf diese Weise kann den unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Schengen-Staaten (etwa der Länge oder geopolitischen Bedeutung der Land- und/oder Seegrenzen, dem Ausmass des bestehenden Migrationsdrucks oder der Arbeitsbelastung der für die Visumerteilung zuständigen Behörden) bei der Grenzsicherung angemessen Rechnung getragen werden. Soweit durch entsprechende Massnahmen der Schengen-Staaten Dichte und Qualität der Grenzkontrollen erhöht werden, um illegale Einreise zu vermindern, leistet der Fonds einen Beitrag zur Sicherheit im gesamten Schengen-Raum.280 Die Schweiz ist faktisch seit 2009 am Aussengrenzenfonds beteiligt. Entsprechend hat sie Anrecht auf jährliche Zuschüsse zur Ko-Finanzierung von nationalen Projekten zur Verbesserung des Aussengrenzschutzes281.

Aufhebung der Binnengrenzkontrollen Schengen hat zum Wegfall der Personenkontrollen an den Binnengrenzen (Land-, See- und Luftgrenzen) des Schengen-Raumes geführt, soweit diese unabhängig von jedem anderen Anlass ausschliesslich aufgrund des beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts durchgeführt wurden.

In der Schweiz wurden die Warenkontrollen (und namentlich die Zollkontrollen) indessen beibehalten. Die gezielte Suche nach Diebesgut, geschmuggelten Waren, Drogen und Waffen ist daher weiterhin gewährleistet. Zudem können in diesem Rahmen auch Identitätsfeststellungen erforderlich werden. Entsprechend sind Personenkontrollen im Rahmen der Zollkontrolle aus Sicherheitsgründen zulässig, soweit 278

Die am 30. September 2009 abgeschlossene Zusatzvereinbarung mit der EU regelt die Modalitäten der Teilnahme der Schweiz an den Aktivitäten der Agentur (SR 0.362.313), Die Vereinbarung ist am 1. August 2010 in Kraft getreten.

279 Zu den geleisteten Einsatztagen siehe auch unten Ziffer 6.2.1.

280 Der Aussengrenzenfonds läuft Ende 2013 aus. Er dürfte aber durch den «Fonds für die innere Sicherheit» (ISF) abgelöst werden, der teilweise schengen-relevant ist. Vgl. den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Instruments für die finanzielle Unterstützung für Aussengrenzen und Visa im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit, KOM (2011) 750 endg.

281 Siehe unten Ziffer 7.2.1.

6418

sich dies als notwendig und verhältnismässig erweist (etwa um die Herkunft einer transportierten Ware zu eruieren) oder wenn ein polizeilicher Anfangsverdacht besteht.

Abgesehen von diesen Fällen, sind Personenkontrollen an den Binnengrenzen nicht mehr zulässig. Um die innere Sicherheit gleichwohl zu gewährleisten, stehen den zuständigen Behörden der Schengen-Staaten allerdings eine Reihe von Kompensations- oder Ersatzmassnahmen zur Verfügung. Zu beachten sind allerdings die Vorgaben des Schengener Grenzkodex, der einige grundsätzliche Regeln zur Durchführung von polizeilichen Kontrollen und zur vorübergehenden Wiedereinführung von Personenkontrollen an der Grenze enthält.

Beibehaltung der polizeilichen Kontrollen Der Schengen-Besitzstand hat die Ausübung der polizeilichen Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Schengen-Staaten nicht in Frage gestellt. Die SchengenStaaten bleiben für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und öffentlichen Ordnung auf ihrem gesamten Hoheitsgebiet ­ und damit insbesondere auch im Grenzraum ­ weiterhin verantwortlich. Sie haben das Recht, über die im SchengenRecht vorgesehenen Massnahmen hinaus auch zusätzliche nationale Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, soweit diese mit den Vorgaben des Schengen-Besitzstand im Einklang stehen.

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Bevölkerung ist es der Schweiz insbesondere möglich, Personenkontrollen im Rahmen mobiler Kontrollen auf dem gesamten Hoheitsgebiet, also auch im Grenzraum, durchzuführen. Zuständig für diese Kontrollen sind primär die kantonalen Polizeikorps, wobei in bestimmten Fällen auch dem GWK entsprechende Befugnisse zustehen.282 Diese Kontrollen können autonom durchgeführt und im Bedarfsfall verstärkt werden, solange sie nicht die «gleiche Wirkung» haben wie Personenkontrollen an der Grenze. Der Schengener Grenzkodex enthält eine nicht abschliessende Aufzählung von Kriterien, um die Ausübung von Polizeibefugnissen von Massnahmen gleicher Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen zu unterscheiden. Danach sind Polizeimassnahmen dann nicht als Massnahmen gleicher Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen zu betrachten, wenn sie: ­

keine Grenzkontrollen zum Ziel haben,

­

auf allgemeinen polizeilichen Informationen und Erfahrungen in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beruhen und insbesondere auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität abzielen,

­

in einer Weise konzipiert sind und durchgeführt werden, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Aussengrenzen unterscheidet,

­

auf der Grundlage von Stichproben durchgeführt werden.283

282

Zur Kompetenzverteilung zwischen zuständigen kantonalen Behörden und des Grenzwachtkorps auf dem Gebiet der Sicherheit, siehe den Bericht «Malama», BBl 2012 4459.

283 Artikel 21 Buchstabe a zweiter Satz Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14). Die europäische Kommission hat Leitlinien betreffend polizeiliche Massnahmen im Grenzraum zuhanden der Schengen-Staaten vorgelegt, um eine kohärente Anwendung und Auslegung der Schengen-Vorschriften zu garantieren; siehe Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 16. Mai 2012 ­ Halbjahresbericht über das Funktionieren des Schengen-Raums (1. November 2011 ­ 30. April 2012), KOM (2012) 230 endg., S. 16.

6419

Im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Sicherheit ist zudem daran zu erinnern, dass der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) die den Staaten eingeräumte Möglichkeit unberührt lässt, in ihren Rechtsvorschriften die Verpflichtung zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen vorzusehen oder Drittstaatsangehörige zu verpflichten, ihre Anwesenheit im Hoheitsgebiet eines Schengen-Staats zu melden.284 Wiedereinführung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen Die vorübergehende Wiedereinführung von Personenkontrollen an den Binnengrenzen oder an einzelnen Grenzabschnitten ist nach den Vorgaben des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zulässig, wenn eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit vorliegt. Diese Möglichkeit ist allerdings nicht neu. Sie war vielmehr bereits im Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ)285 vorgesehen.

Artikel 23 Absatz 1 des Schengener Grenzkodex erlaubt es den Schengen-Staaten, für den Fall, dass eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit vorliegt, die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen ausnahmsweise und für einen begrenzten Zeitraum (höchstens 30 Tage oder für die vorhersehbare Dauer der schwerwiegenden Bedrohung) wiedereinzuführen.286 Beabsichtigt ein Staat, die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wiedereinzuführen, so hat er die anderen Schengen-Staaten sowie die Europäische Kommission so schnell wie möglich davon in Kenntnis zu setzen.287 Erfordert die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit eines Schengen-Staats ein sofortiges Eingreifen, so kann der betreffende Staat zwar unverzüglich handeln, muss aber die anderen SchengenStaaten und die Kommission nachträglich umgehend ins Bild setzen288. Der Handlungsspielraum der Schengen-Staaten ist insofern beschränkt, als Artikel 23 Absatz 1 des Schengener Grenzkodex die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen nur unter bestimmten (restriktiven) Bedingungen zulässt. Die zu erwartende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit muss dabei konkret und sehr wahrscheinlich sein (blosse Mutmassungen ohne konkrete Hinweise genügen nicht). Das Ereignis muss den Staat, der die Grenzkontrollen wieder einführen will, zudem in einer Art treffen, dass sich dessen Situation von der der anderen Schengen-Staaten
unterscheidet.289 In der Schweiz wurde von dieser Möglichkeit bisher zwar noch nicht Gebrauch gemacht. Gleichwohl sind die notwendigen Verfahrensvorschriften in der VEV verankert worden. Sind die Voraussetzungen von Artikel 23 Absatz 1 des Schengener Grenzkodex erfüllt, so ist nach Artikel 22 Absatz 1 VEV der Bundesrat für die 284 285 286

Artikel 21, Buchstaben b, c und d, Schengener Grenzkodex.

Vgl. Anhang A, Teil 1 SAA.

Dauert die schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit an, kann die Kontrolle gemäss Artikel 23 Absatz 2 Schengener Grenzkodex aufrecht erhalten werden.

287 Nach dem Verfahren von Artikel 24 Schengener Grenzkodex.

288 Nach dem Verfahren von Artikel 25 Schengener Grenzkodex.

289 In der bisherigen Praxis der Schengen-Staaten wurde die Möglichkeit zur Wiedereinführung der Grenzkontrollen vorwiegend mit Blick auf grosse Sportereignisse (z.B. FussballEuropameisterschaften) oder wichtige politische Ereignisse (z.B. G-20-Gipfel) in Anspruch genommen. Norwegen und Schweden haben auf dieses Instrument im Gefolge der tragischen Ereignisse vom Juli 2011 zurückgegriffen. Die Dauer dieser Massnahmen hat in keinem Fall 30 Tage überschritten.

6420

Beschlussfassung zuständig. Im Dringlichkeitsfall ist das EJPD befugt, die sofort notwendigen Massnahmen zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen anzuordnen, wobei der Bundesrat umgehend zu informieren ist (Art. 22 Abs. 2 VEV). Die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen werden vom GWK im Einvernehmen mit den Grenzkantonen durchgeführt (Art. 22 Abs. 3 VEV).

6.2.2

In den Bereichen Visa und Migration

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schengen-Staaten in den Bereichen Visa und Migration leistet ebenfalls einen Beitrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit auf dem jeweiligen Staatsgebiet. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang eine Reihe von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands, die die Grundsätze und das Verfahren zur Erteilung von Schengen-Visa regeln und auf eine bessere Bekämpfung der illegalen Einreise abzielen.

Vereinheitlichung des Visumverfahrens Visakodex Im Rahmen ihrer Assoziierung an Schengen nimmt die Schweiz an der Politik der EU auf dem Gebiet der Kurzzeitvisa (für Aufenthalte von maximal drei Monaten) teil. Die zentrale Rechtsgrundlage, der sog. Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009, WE Nr. 88) hat die Schweiz als Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands übernommen. Entsprechend finden im Zusammenhang mit der Erteilung von Schengen-Visa in der Schweiz die gleichen Regeln und Verfahren Anwendung wie in den anderen Schengen-Staaten. Auf diese Weise wird ein Beitrag zur inneren Sicherheit nicht nur auf schweizerischem Staatsgebiet, sondern im gesamten Schengen-Raum geleistet.

Soweit nämlich der Visakodex die Voraussetzungen, Zuständigkeiten und Verfahren zur Erteilung eines Schengen-Visums harmonisiert, werden in allen SchengenStaaten die gleichen Standards angewendet und Drittstaatsangehörige den gleichen Regeln und Bedingungen unterworfen. Die innere Sicherheit wird dabei insbesondere dadurch sichergestellt, dass die jeweiligen Konsularbehörden vor Erteilung eines Schengen-Visums zwingend das Schengener Informationssystem (SIS) konsultieren müssen: Ist eine Person von einem Schengen-Staat zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben, wird ihr Visumantrag abgelehnt und das Visum verweigert.290 Damit ist sichergestellt, dass die anderen Schengen-Staaten ein Schengen-Visum an keine Person ausstellen, die von der Schweiz zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben wurde ­ und umgekehrt.

Die Vorgaben des Visakodex sind durch eine Reihe von Weiterentwicklungen konkretisiert und ergänzt worden. Hervorzuheben sind neben den Durchführungsbeschlüssen (WE Nr. 121, 125, 131, 135 et 137) namentlich das Handbuch für die 290

Im Rahmen des Konsultationsverfahrens, das vor der Erteilung eines Visums gestützt auf das Schengener Konsultationsnetz VISION durchgeführt wird, haben die zuständigen Zentralbehörden der Schengen-Staaten die Möglichkeit, gegen die Erteilung eines Schengen-Visums zu opponieren. Im Rahmen mehrerer Weiterentwicklungen wurden die im Pflichtenheft enthaltenen technischen Spezifikationen, denen das automatisierte Konsultationsverfahren genügen muss, aktualisiert (WE Nr. 45, 46, 76, 99 und 119).

6421

Bearbeitung von Visumanträgen und die Änderung von bereits erteilten Visa (WE Nr. 104 und 122) sowie das Handbuch für die Organisation der Visumstellen und die Zusammenarbeit vor Ort (WE Nr. 108). Mit der damit bewirkten einheitlichen Anwendung der Regeln zur Visaerteilung und mit der Harmonisierung des Erscheinungsbildes der Visavignette291, deren technische Spezifikationen regelmässig aufdatiert werden (WE Nr. 64, 83 et 101), wird ein wichtiger Beitrag für die innere Sicherheit der Schengen-Staaten geleistet.

Visa-Informationssystem (VIS) Der Zugriff auf das VIS, das als Instrument für einen umfassenden Informationsaustausch seit dem 11. Oktober 2011292 betrieben wird, ermöglicht es den zuständigen Behörden, die Effektivität der Kontrollmassnahmen zur Überprüfung von Visa an den Aussengrenzen zu verbessern.

Der Beschluss zur Schaffung des VIS (Beschluss 2004/512/EG)293 ist Teil des im Rahmen der Genehmigung des SAA übernommenen Schengen-Besitzstands. Die VIS-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 767/2008, WE Nr. 63), die den Zweck, die Funktionen und die Zuständigkeiten in Bezug auf das System im Einzelnen festlegt, wurde als Weiterentwicklung übernommen.

Das VIS ist zugleich ein System zur Ausstellung von Visa (inklusive einer entsprechenden Kommunikationsinfrastruktur) und eine Datenbank, die Daten zu den Visumantragstellern enthält. Gespeichert sind darin neben den üblichen Informationen zu den betroffenen Personen und den Visumanträgen auch biometrische Daten (Fingerabdrücke der zehn Finger und ein Gesichtsbild). Das VIS besteht aus einem Zentralsystem (C-VIS), an das die jeweiligen nationalen Systeme der SchengenStaaten (mit Ausnahme von Grossbritannien und Irland) angeschlossen sind. Insofern stellt das VIS ein wichtiges Instrument der Zusammenarbeit unter den Schengen-Staaten dar, das es insbesondere erlaubt, die Möglichkeiten der Behörden zur Identifizierung der betroffenen Personen zu verbessern und damit die Betrugsgefahr im Visumbereich zu senken. Durch die erweiterte Zugriffberechtigung zugunsten der nationalen Strafverfolgungsbehörden sowie des Europäischen Polizeiamts (Europol)294 stellt das VIS einen grossen Nutzen für die innere Sicherheit und den Kampf gegen den Terrorismus dar295.

291 292

Verordnung (EG) Nr. 1683/95 (vgl. Anhang B SAA).

Gemäss den Vorgaben der VIS-Verordnung (WE Nr. 63) erfolgt die Inbetriebnahme des VIS nicht in allen Drittstaaten gleichzeitig, sondern schrittweise in zum Voraus bestimmten Regionen (Roll-Out). Die Regionen wurden mit Entscheidung 2010/19/EG (WE Nr.

93) und Durchführungsbeschluss 2012/274/EU (WE Nr. 133) festgelegt: Nordafrika (1. Region)Naher Osten (2. Region) Golf-Region (3. Region). Westafrika (4. Region), Zentralafrika (5. Region), Ostafrika (6. Region), südliches Afrika (7. Region), Südamerika (8. Region), Zentralasien (9. Region) und Südostasien (10. Region). Die besetzten palästinensischen Gebiete, die aufgrund der zu erwartenden technischen Schwierigkeiten aus der Region Naher Ostern ausgenommen wurden, bilden schliesslich die 11. Region für den VIS-Roll-Out.

293 Vgl. Anhang B SAA.

294 Dieser Zugriff findet seine Grundlage im Beschluss 2008/633/JI (WE Nr. 70).

295 Der Zugriff ist derzeit allerdings noch nicht möglich, da es hierzu eines förmlichen Beschlusses der EU bedarf, welcher das genaue Anwendungsdatum festlegt. Nachdem alle Schengen-Staaten ihre Bereitschaft erklärt haben («declaration of readyness»), dürfte die Zugriffsmöglichkeit ab Herbst 2013 gegeben sein.

6422

Die Bekämpfung der illegalen Migration Im grösseren Kontext der Bekämpfung der illegalen Migration haben sich aus der Teilhabe der Schweiz an verschiedenen Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands positive Effekte auch auf dem Gebiet der inneren Sicherheit ergeben.

Zunächst hat die Schaffung verschiedener Kooperationsformen unter den Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (ILO) der Schengen-Staaten zur Verwirklichung des Ziels beigetragen, die illegale Einwanderung zu verhindern und zu bekämpfen sowie die Rückkehr illegaler Einwanderinnen und Einwanderer und die Steuerung der legalen Wanderung zu verbessern. Die Verordnung (EG) Nr.

377/2004, die zu dem mit dem SAA übernommenen Schengen-Besitzstand gehört296, sieht insbesondere den Ausbau der operationellen Kapazitäten im Rahmen des ILO-Netzwerkes vor ­ mit dem Ziel, die Zusammenarbeit der Schengen-Staaten auf dem Gebiet der Bekämpfung der illegalen Migration auch unter Sicherheitsgesichtspunkten zu optimieren. Die ursprüngliche Verordnung wurde im Rahmen der Weiterentwicklung durch die Verordnung (EU) Nr. 493/2011 (WE Nr. 117) geändert. Dabei wurde das bestehende Netz von Verbindungsbeamten in Einwanderungsfragen effizienter gestaltet, insbesondere im Hinblick auf eine enge Zusammenarbeit mit der Grenzschutzagentur FRONTEX.

Sodann können im Rahmen der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG, WE Nr. 78), welche im Interesse einer effizienten Rückkehrpolitik vor allem Regeln für ein klares, transparentes und faires Verfahren aufstellt, spezifische Massnahmen getroffen werden, wenn die betroffene Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere oder äussere Sicherheit darstellt. Hierzu gehören beispielsweise der unverzügliche Vollzug der Wegweisung oder die Verlängerung der Maximaldauer einer Einreisesperre. Darüber hinaus harmonisiert die Richtlinie die im Schengen-Raum anwendbaren Verfahren für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, indem sie gemeinsame Bestimmungen betreffend Rückführungsentscheidungen und die Abschiebung, die Inhaftnahme im Hinblick auf deren Vollzug sowie zu Einreiseverweigerungen aufstellt.

Schliesslich wird in diesem Bereich die Gewährleistung der inneren Sicherheit auch dadurch unterstützt, dass einige Weiterentwicklungen Massnahmen gegen das Fälschen oder die missbräuchliche Verwendung
von Dokumenten zum Gegenstand haben. Zu diesem Massnahmen gehört die Einführung biometrischer Daten in Aufenthaltstiteln von Drittstaatsangehörigen (Verordnung (EG) Nr. 380/2008, WE Nr. 51) sowie in Pässen und Reisedokumenten der Schengen-Staaten (Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 und Verordnung (EG) Nr. 444/2009, WE Nr. 2 und 86). Konkret werden ein physisches Merkmal oder mehrere physische Merkmale einer Person (Fingerabdrücke und Gesichtsbild) auf einem Speichermedium (Chip) gespeichert, um die Identität der Inhaberin oder des Inhabers zu überprüfen. Im Vergleich zu einem gewöhnlichen Dokument ermöglicht ein mit biometrischen Merkmalen ausgestattetes amtliches Dokument einen elektronischen Vergleich dieser Merkmale mit der jeweiligen Inhaberin oder dem jeweiligen Inhaber. Damit wird eine betrügerische Verwendung der Dokumente erschwert und entsprechend auch die Sicherheit erhöht.

296

Vgl. Anhang B SAA.

6423

6.2.3

Im Bereich Polizeizusammenarbeit

Im Laufe der Jahre hat sich die Zusammenarbeit unter den Polizeibehörden der Schengen-Staaten zu einem effizienten Instrument zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und damit auch zur Gewährleistung der inneren Sicherheit entwickelt. Die Zusammenarbeit ist im Zuge der Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands weiter intensiviert und ausgedehnt worden ­namentlich auf dem Gebiet des polizeilichen Informationsaustauschs, der Entsendung von Verbindungsbeamten, des Schengener Informationssystems (SIS) sowie im Waffenbereich. Die Massnahmen helfen, den Gefahren für die innere Sicherheit im gesamten Schengen-Raum effektiver zu begegnen.

Polizeilicher Informationsaustausch Der Schengen-Besitzstand enthält verschiedene Bestimmungen zur Erleichterung des Informationsaustausches zwischen den zuständigen Polizeibehörden der Schengen-Staaten: im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe zur vorbeugenden Bekämpfung und zur Aufklärung von strafbaren Handlungen (Art. 39 SDÜ) oder ­ unabhängig von einem Ersuchen ­ im Rahmen einer «spontanen» Unterstützung bei der Bekämpfung künftiger Straftaten, zur Verhütung einer Straftat oder zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 46 SDÜ).

Um die Anwendung dieser Bestimmungen zu erleichtern, hat der Rat den Rahmenbeschluss 2006/960/JI zur Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden (sog. «Schwedische Initiative», WE Nr. 35) verabschiedet. Dieser stellt den polizeilichen Informationsaustausch unter Rückgriff auf das «Disponibilitätsprinzip»297 auf eine neue Grundlage und vereinfacht diesen spürbar: Das Ziel des Rahmenbeschlusses ist es, die Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten in jeder Phase der Untersuchung ­ von der Sammlung kriminalpolizeilicher Erkenntnisse bis zu den strafrechtlichen Ermittlungen ­ in die Lage zu versetzen, Informationen und Erkenntnisse im Zusammenhang mit der schweren Kriminalität und dem Terrorismus schnell und ohne administrative Hürden auszutauschen. Der Rahmenbeschluss wurde in der Schweiz, soweit er die Tätigkeiten der Bundesbehörden betrifft, im SIaG umgesetzt.

Entsendung von Verbindungsbeamten Die Schengen-Staaten können unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands (insbesondere Beschluss 2003/170/JI298) unter einander bilaterale Verträge abschliessen, um Verbindungsbeamte bei den Polizeibehörden im jeweils anderen Staat zu stationieren. Dies kann für einen bestimmten 297

Das Disponibilitätsprinzip ­ auch Grundsatz der Verfügbarkeit genannt ­ steht in der EU für ein neues Konzept für den grenzüberschreitenden Austausch von strafverfolgungsrelevanten Informationen. Danach sollen die Strafverfolgungsbehörden in einem Mitgliedstaat, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen benötigen, diese aus einem anderen Mitgliedstaat erhalten können, und die Strafverfolgungsbehörden in dem anderen Mitgliedstaat, die über diese Informationen verfügen, sie grundsätzlich für den erklärten Zweck bereitstellen müssen.

298 Beschluss 2003/170/JI (vgl. Anhang B SAA).

6424

Zeitraum oder für eine unbestimmte Dauer vereinbart werden. Die Entsendung von Verbindungsbeamten trägt zu einer Verbesserung und Beschleunigung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit bei, indem diese die Sammlung und den Austausch polizeilicher Informationen und Erkenntnisse sicherstellen und den Strafverfolgungsbehörden des Empfangsstaates bei der Behandlung umfangreicherer Rechtshilfegesuchen beratend zur Seite stehen.

Der Beschluss 2003/170/JI über die gemeinsame Inanspruchnahme von Verbindungsbeamten, die von den Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten entsandt sind, wurde im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands revidiert, um der gegenwärtigen Gepflogenheiten und neuen Bedürfnissen der Praxis Rechnung zu tragen: Neu können die Schengen-Staaten ins Ausland entsandte Europol-Verbindungsbeamte zur Weiterleitung von Informationen im Einklang mit dem Europol-Übereinkommen299 gegenseitig in Anspruch nehmen (Beschluss 2006/560/JI, WE Nr. 21).

Schengener Informationssystem (SIS) Bei Personen- und Sachfahndungen leisten sich die Polizeibehörden der SchengenStaaten unter anderem im Rahmen des Schengener Informationssystems (SIS) gegenseitige Unterstützung. Insofern stellt das SIS ein Schlüsselelement der Schengener Zusammenarbeit im Polizeibereich dar300.

Das SIS ist ein elektronisches Speicher- und Abfragesystem zur Suche von Personen und bestimmten Gegenständen innerhalb des Schengener Raumes. Es enthält unter anderem Daten zu Personen, die von einer Entfernungsmassnahme betroffen sind sowie von vermissten oder aus anderen Gründen von den (Polizei-)Behörden gesuchten Personen. Darüber hinaus enthält das System Ausschreibungen zum Zwecke der Einreise- und Aufenthaltsverweigerung von Drittstaatsangehörigen. Solche europaweit gültigen Einreiseverweigerungen stellen ein wichtiges Hindernis für die illegale Einreise von Personen dar, welche von einem Schengen-Staat als ein Risiko für die Sicherheit und Ordnung eingestuft werden oder die von einem SchengenStaat bereits einmal zurückgewiesen oder ausgeschafft worden sind. Entsprechend bietet das schengenweit eingesetzte SIS für die zuständigen Polizei- und Grenzschutzbehörden ein effizientes und schnelles Fahndungssystem, das zur Sicherheit auf dem jeweiligen Staatsgebiet beiträgt.

Die SIS-Ausschreibungen erfolgen jeweils über das sog. SIRENE-Büro, das in jedem am SIS teilnehmenden Schengen-Staat eingerichtet wurde und dem die Verantwortung für den jeweils nationalen Teil des SIS obliegt301. Das SIRENE-Büro waltet jeweils als zentrale Kontaktstelle für den Informationsaustausch im Zusammenhang mit Ausschreibungen im SIS (Austausch von Zusatzinformationen).

299

Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Übereinkommen), ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 1. Die Schweiz ist an den Aktivitäten von Europol über ein eigenes Abkommen beteiligt. Vgl. Abkommen vom 24. September 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Europäischen Polizeiamt, SR 0.362.21.

300 Artikel 95­100 SDÜ (vgl. Anhang A SAA).

301 Supplementary Information REquest at the National Entry.

6425

Die praktische Bedeutung, die das SIS für die tägliche Arbeit der Polizeibehörden und damit auch für die innere Sicherheit hat, ist hoch.302 2012 wurden dem SIRENE-Büro Schweiz, das dem Bundesamt für Polizei (fedpol) angegliedert ist, 9350 Treffermeldungen der SIS-Enduser gemeldet. Aus all diesen Meldungen resultierten 8260 effektive Treffer auf Personen oder Sachen. Die Differenz zeigt jene Fälle auf, welche Abklärungen und Identifizierungen nach sich zogen, in denen es sich aber letztlich nicht um die gesuchte Sache oder Person handelte. Diese weiteren Abklärungen und Identifizierungen können dank des SIS und dem rund um die Uhr in Betrieb stehenden Verbund der SIRENE-Büros rasch und effizient abgewickelt werden.

2012 wurden im Durchschnitt täglich 32 effektive Fahndungstreffer303 bearbeitet, was gegenüber dem Vorjahr einer Zunahme um 18,5 Prozent entspricht. Im Vergleich zum Vorjahr gab es bei den ausländischen Fahndungen in der Schweiz 10 Prozent mehr Treffer, bei den Schweizer Fahndungen im Ausland betrug die Zunahme 46 Prozent. Diese Zunahme ist insbesondere bei den Festnahmen zwecks Auslieferung und bei den Sachfahndungen ersichtlich. Der hohe Wert ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Schweiz im Jahr 2012 mehr eigene Fahndungen in das SIS einstellte als im Vorjahr.

Insgesamt gingen 2012 vom Ausland 56 538 Informationen mit standardisierten Formularen ein, 17 194 wurden ins Ausland verschickt304. Nach Datenkategorie präsentieren sich die effektiven Trefferzahlen für das Jahr 2012 (im Vergleich zu den Vorjahren) wie folgt: 2012

2011

2010

Datenkategorie

Inland

Ausland

Inland

Ausland

Inland

Ausland

Festnahme zwecks Auslieferungen Einreisesperre Vermisste Von der Justiz Gesuchte (z.B. Zeugen) Verdeckte Registrierung Sachen (Fahrzeuge und Ausweise)

270 3801 251 1133 1646 1159

173 2147 59 26 143 787

185 3690 213 1082 1044 1304

107 1850 20 3 20 273

216 2907 235 952 766 1246

95 1960 18 5 1 286

Total

8260

3335

7518

2273

6322

2365

Seit der Teilnahme der Schweiz an der Schengener Zusammenarbeit sind eine ganze Reihe von Weiterentwicklungen verabschiedet worden, mit welchen neue Funktionen ins SIS integriert wurden, insbesondere im Bereich der Terrorismusbekämpfung (vgl. WE Nr. 4, 7, 10a, 10b, 10c, 15a, 15b, 20 und 71).

Um die systembedingten Anwendungslücken zu stopfen, wurde ein neues System entwickelt: Das Schengener Informationssystem der zweiten Generation oder kurz SIS II. Das SIS II, das gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (WE Nr. 28) 302

Für Einzelheiten siehe die Jahresberichte von fedpol. Der letzte Bericht, der das Jahr 2011 abdeckt, wurde im Juni 2012 veröffentlicht: www.fedpol.admin.ch/content/fedpol/ de/home/dokumentation/berichte/jbfedpol.html 303 Diese betreffen sowohl von der Schweiz ausgelöste Fahndungen im Schengen-Ausland als auch ausländische Fahndungen mit Treffer in der Schweiz.

304 Demgegenüber gingen im Jahr 2011 insgesamt 57 093 Informationen mit standardisierten Formularen ein, wobei 16 639 ins Ausland verschickt wurden.

6426

und den Beschluss 2007/533/JI (WE Nr. 42) geschaffen wurde, ist seit dem 9. April 2013 in Betrieb und ersetzt seitdem das bisherige System. Es beinhaltet verbesserte Funktionalitäten und dehnt die technischen Möglichkeiten für den jeweiligen Nutzer aus. Neu können unter anderem Fotos und Fingerabdrücke gespeichert und Verknüpfungen zwischen den Ausschreibungen hergestellt werden.

Waffenrecht Der Schengen-Besitzstand im Bereich der Polizeizusammenarbeit beinhaltet zugunsten der zuständigen nationalen Behörden weitere Instrumente, die zur inneren Sicherheit beitragen. Hierzu gehören auch die waffenrechtlichen Vorschriften. Die sog. Waffenrichtlinie305 bezweckt eine bessere Kontrolle des Verkehrs und Handels mit Feuerwaffen. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wurde diese Richtlinie geändert (Richtlinie 2008/51/EG, WE Nr. 56), um die Rückverfolgbarkeit (tracing) von Waffen innerhalb des Schengen-Raumes zu verbessern ­ namentlich mittels einer entsprechenden Markierung von Feuerwaffen und Munition. Im schweizerischen Waffenrecht wurde in diesem Zusammenhang neu eine Bestimmung aufgenommen. welche das Führen einer Datenbank zwecks Registrierung des Erwerbs von Feuerwaffen regelt: neu ist die Einrichtung eines elektronischen, wenn auch nicht zwingend zentralisierten Informationssystems verlangt.

6.3

Bewertung

Bewertet man die Schengener Zusammenarbeit unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit, so kann festgestellt werden, dass der Schengen-Besitzstand im Zuge von dessen Weiterentwicklung an verschiedenen Stellen weiter ausgebaut worden ist, was der Sicherheit insgesamt zuträglich ist.

305

­

So kann die Schweiz im Bereich der Aussengrenzüberwachung von neuen gemeinsamen Instrumenten profitieren, welche ein effizientes Agieren ermöglichen oder unterstützen (so etwa der Schengener Grenzkodex, die Grenzschutzagentur FRONTEX oder auch der Aussengrenzenfonds).

­

Im Bereich Migration gehen die Bemühungen der Schengen-Staaten zur Gewährleistung der inneren Sicherheit Hand in Hand mit der Bekämpfung der illegalen Einreise. In diesem Bereich tragen die neu geschaffenen Instrumente ­ namentlich betreffend die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, das Verfahren zur Erteilung, Verweigerung oder Annullierung von Visa, die Einführung biometrischer Merkmale in Pässen, Reisedokumenten und Aufenthaltstiteln ­ ihren Teil zur Gewährleistung der inneren Sicherheit bei.

­

Schliesslich ist auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit einerseits die Bereitstellung und Inbetriebnahme des SIS II zu erwähnen. Das SIS stellt einen praktischen Mehrwert im Alltag der zuständigen Polizeibehörden in der Schweiz dar, indem es die nationale und internationale Zusammenarbeit beschleunigt und effizienter und professioRichtlinie 91/477/EWG (vgl. Anhang B SAA).

6427

neller gestaltet. Dies belegt auch die andauernd hohe Zahl der täglichen Systemabfragen306 durch die zuständigen Behörden in der Schweiz. Andererseits sind mit Schengen auch die Abläufe im grenzüberschreitenden polizeilichen Informationsaustausch insgesamt harmonisiert und vereinfacht worden. Das Fundament der polizeilichen Zusammenarbeit bildet hier der Grundsatz, dass die Polizeidienste der Schengen-Staaten einander gegenseitig bei der Prävention und der Verfolgung von Straftaten Unterstützung leisten, indem Informationen, die den Polizeibehörden eines Schengen-Staates vorliegen, auch den Polizeibehörden der anderen Staaten verfügbar gemacht werden. So ist insbesondere im Rahmen der sog. «Schwedischen Initiative» (Rahmenbeschluss 2006/960/JI, WE Nr. 35), die diese Grundsätze umsetzt, ein schneller und effizienter Austausch von wichtigen und dringenden polizeilichen Informationen und Erkenntnissen möglich. Entsprechend ist es ein Anliegen, dass dieses Instrument von allen Schengen-Staaten inskünftig noch besser genutzt wird.

7

Finanzielle Aspekte der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands

7.1

Ausgangslage

Das vorliegende Kapitel stellt die finanziellen Auswirkungen dar, welche sich aus der Übernahme der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands ergeben, wobei auch hier als Berichtszeitraum die Zeitspanne zwischen Oktober 2004 und Ende Dezember 2012 zu Grunde gelegt wird. Ausgewiesen werden dabei nur die effektiv eingetretenen Kostenfolgen, während Budget- und Planungsdaten (Hinweise auf prognostizierte Kosten) grundsätzlich nicht aufgenommen werden.

Der besseren Nachvollziehbarkeit willen beschränkt sich das vorliegende Kapitel zudem auf die Darstellung der finanzwirksamen Weiterentwicklungen, wobei die Darstellung der finanziellen Folgen grundsätzlich nach Bereichen geordnet erfolgt (Ziff. 7.2). Auf Weiterentwicklungen, deren Übernahme keine finanziellen Auswirkungen nach sich zog, wird nur am Rande hingewiesen. Die personellen Auswirkungen, welche ebenfalls kostenwirksam sind, werden sodann in einem separaten Abschnitt (Ziff. 7.3) dargestellt.

Dem Auftrag des Postulats gemäss blieben die Kosten, die sich zwar auf die Zusammenarbeit von Schengen beziehen, aber nicht unmittelbar durch die Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands induziert sind, ausgespart. Für die entsprechenden Aspekte kann auf die Ausführungen verwiesen werden, die im Bericht des EJPD vom 21. Januar 2011 zuhanden der Finanzdelegation der Bundesversammlung im Sinne einer Vollkostenübersicht enthalten sind.307 Da die entsprechenden Daten dem Bund nicht vorliegen, sind schliesslich die finanziellen Konsequenzen, welche die Weiterentwicklungen von Schengen auf Ebene der Kantone ausgelöst haben, ebenfalls nicht Gegenstand dieses Berichts.

306 307

Im Jahr 2012 waren es durchschnittlich 202 488 Abfragen pro Tag.

EJPD, Kurzbericht vom 21. Januar 2011, «Finanzielle und personelle Auswirkungen der Assoziierung an Schengen und Dublin», vgl. www.ejpd.admin.ch/content/dam/data/ sicherheit/schengendublin/kurzber-schengen-d.pdf (besucht am 9.4.2013).

6428

Die Aufwendungen des Bundes setzen sich hauptsächlich aus umsetzungsbedingten Investitions- und Betriebskosten sowie Beiträgen an die EU zusammen. Für die Berechnung der Beiträge an die EU ist in den meisten Fällen die in Artikel 11 Absatz 3 SAA enthaltene BIP-Standardformel relevant. Danach beteiligt sich die Schweiz an operativen Kosten, «indem sie im Verhältnis des Prozentsatzes ihres Bruttoinlandsprodukts zum Bruttoinlandsprodukt aller teilnehmenden Staaten einen Jahresbeitrag zum genannten Haushalt leistet». Das heisst, dass zunächst ein Koeffizient ermittelt wird, der sich aus dem Anteil ergibt, den das Schweizer BIP eines bestimmten Jahres am aggregierten BIP sämtlicher Schengen-Staaten darstellt. Der resultierende Koeffizient wird auf die jährlichen Aufwendungen der EU für eine bestimmte Massnahme des Schengen-Besitzstands angewendet. Die Beiträge an die EU sind immer in Euro geschuldet, weshalb der Wechselkurs des Schweizer Frankens zum Euro einen massgeblichen Einfluss auf die tatsächlichen Kosten hat.

Eine besondere Situation ergibt sich bei der Umsetzung im Informatik-Bereich, wo sich die finanziellen Auswirkungen auf die Schweiz nicht gesondert pro Weiterentwicklung ausweisen lassen. Im Moment der Unterzeichnung des SAA am 26. Oktober 2004 war das Schengener Informationssystem der ersten Generation (SIS I) in Betrieb. Das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) und auch das Visa-Informationssystem (VIS) befanden sich bereits in Entwicklung.

Aufgrund der zunächst für 2007 geplanten Ablösung des SIS I durch das SIS II strebte der Bundesrat ursprünglich eine Inkraftsetzung der Schengen-Besitzstands nach der Inbetriebnahme des SIS II an.

Nachdem in der EU im Projekt SIS II erhebliche Probleme auftraten, wurde der Einführungstermin des SIS II zunächst auf den 30. September 2009 verschoben. Die Umsetzungsarbeiten in der Schweiz traten 2007 in die entscheidende Phase im Hinblick auf die Aufnahme der operationellen Zusammenarbeit durch die Schweiz.

Die Bundesversammlung hatte dafür im Rahmen des Bundebeschlusses über den Nachtrag II zum Voranschlag 2007308 am 17. Dezember 2007 einen Verpflichtungskredit bewilligt. Im Antrag des Bundesrates waren die Anforderungen, welche das SIS I, das SIS II und das VIS betrafen und die aus den bis dahin notifizierten Weiterentwicklungen
resultierten, bereits berücksichtigt.

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des SAA am 1. März 2008, war als offizieller Einführungstermin für das SIS II immer noch der 30. September 2009 vorgesehen. Es war jedoch offensichtlich, dass es zu weiteren Verzögerungen kommen würde. Nicht nur das Projekt SIS II wies einen Rückstand auf, auch die Arbeiten zur Einführung des VIS kamen in der EU nicht wie geplant voran.

Diese weiteren Verzögerungen begründeten eine neue Ausgangslage, wurde doch klar, dass die Assoziierung an Schengen mit einem Anschluss an das SIS II unter Umständen noch lange nicht hätte realisiert werden können. Der Bundesrat beschloss hierauf am 20. Februar 2008 einen Strategiewechsel. Es wurde neu ein Anschluss an das SIS I angestrebt mit der Aussicht, später auf das SIS II zu migrieren. Für das EJPD bedeutete dies, dass parallel zu den bis dahin unternommenen Anstrengungen zur Anbindung an das SIS II neu auch ein Anschluss an das SIS I zu erfolgen hatte. Diese neuen Entwicklungen und die ausserordentliche Dringlichkeit (möglicher Ausschluss der Schweiz aus der SIS II-Einführungsplanung der EU) führten zu einem finanziellen Mehrbedarf, welcher eine Ergänzung des mit Bundes308

Bundesbeschluss I vom 17. Dezember 2007 über den Nachtrag II zum Voranschlag 2007, BBl 2008 1293.

6429

beschluss über den Nachtrag II zum Voranschlag 2007309 am 17. Dezember 2007 bewilligten Verpflichtungskredits nach sich zog (vom EJPD beantragter Zusatzkredit im Rahmen des Voranschlags 2009 in der Höhe von CHF 39.97 Mio.); der Nachtrag wurde mit Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2008 vom Parlament gutgeheissen.310 Als Konsequenz lässt sich bei den Gesamtprojektaufwendungen für die ineinander verschränkten Arbeiten zum Anschluss an das SIS I, das SIS II und an das VIS nicht unterscheiden, welche dieser Aufwendungen sich bereits durch den Entwicklungsstand Ende 2004 ergaben, und welche sich in der Folge durch konkrete Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands oder Änderungen des ursprünglichen Projektes ergaben. In den relevanten Kapiteln (vgl. Ziff. 7.2.2 und 7.2.5) werden aus Transparenzgründen die Schengen-induzierten Kosten betreffend SIS I, SIS II und VIS dennoch angegeben. Sie werden zudem in der Gesamtkostenzusammenstellung am Ende des Kapitels (Ziff. 7.4) separat ausgewiesen.

7.2

Kosten der Weiterentwicklungen in einzelnen Bereichen

Wie in den übrigen Kapiteln des vorliegenden Berichts werden auch die finanziellen Auswirkungen der Schengen-Weiterentwicklungen im Folgenden bereichsweise dargestellt. Nicht eingegangen wird lediglich auf eine Reihe von Rechtsakten mit horizontalem Charakter, welche der Schweiz als Weiterentwicklungen notifiziert wurden, die aber keine finanziellen Auswirkungen haben (WE Nr. 40, 49, 77 und 111).311

7.2.1

Aussengrenzen

Die Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen des SchengenRaums muss mit einer effektiven Kontrolle und Überwachung der Aussengrenzen einhergehen. Massnahmen an den gemeinsamen Aussengrenzen haben deshalb eine hohe Priorität. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Unterstützung der besonders betroffenen Schengen-Staaten bei der Umsetzung gemeinsamer Standards für die Überwachung und Kontrolle der Aussengrenzen. Diese Unterstützungsmassnahmen, insbesondere die Schaffung der Aussengrenzagentur FRONTEX (WE Nr. 1) und des Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36) haben mit der Ausdehnung des Schengen-Raums auf die neuen EU-Mitgliedstaaten (und mit der damit einhergehenden Notwendigkeit des Schutzes der neuen Schengen-Aussengrenzen) noch eine zusätzliche Bedeutung erhalten. Diese Weiterentwicklungen haben entsprechend auch zu neuen Aufwendungen geführt.

309 310

BBl 2008 1293 Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2008 über den Voranschlag für das Jahr 2009, BBl 2009 559. Der Verpflichtungskredit lief schliesslich Ende 2012 aus. Für die weiteren Umsetzungsarbeiten wurde mit dem Bundesbeschluss vom 22. Dezember 2011 über den Voranschlag für das Jahr 2012 ein neuer Verpflichtungskredit «Neu- und Weiterentwicklungen Schengen/Dublin» gutgeheissen (vgl. BBl 2012 1505).

311 Zum Inhalt dieser Weiterentwicklungen siehe oben Ziffer 3.2.6.

6430

Die anderen Weiterentwicklungen, welche die Administration der Aussengrenzkontrollen regeln und deshalb in erster Linie die Bundesbehörden betreffen, welche die Schengen-Aussengrenzen der Schweiz überwachen und kontrollieren, hatten keine finanziellen oder personellen Auswirkungen: der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) sowie dessen Änderungen (WE Nr. 69, 80, 88, 105 und 107); das SchengenHandbuch (WE Nr. 23) und dessen Änderungsrechtsakte (WE Nr. 59, 112, 118 und 138) sowie die Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 über den kleinen Grenzverkehr (WE Nr. 24). Schliesslich hatten auch drei heute obsolete Weiterentwicklungen keine finanziellen Auswirkungen (WE Nr. 3, 19 und 61).

Aussengrenzagentur FRONTEX Die Verpflichtung der Schweiz, einen Beitrag an das Budget von FRONTEX zu leisten, folgt aus der Zusatzvereinbarung über die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an FRONTEX312, also nicht direkt aus der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 (FRONTEX-Verordnung, WE Nr. 1). Die Zusatzvereinbarung war jedoch für die Übernahme der FRONTEX-Verordnung unabdingbar. Für das vorliegende Kapitel wird deshalb nicht zwischen Zusatzvereinbarung und Weiterentwicklung unterschieden. Bei der Genehmigung des Notenaustauschs zur Übernahme der FRONTEX-Verordnung delegierte die Bundesversammlung den Abschluss der Zusatzvereinbarung an den Bundesrat.313 Die Aufwendungen, die aus der FRONTEXVerordnung und der damals noch auszuhandelnden Zusatzvereinbarung mutmasslich folgen, waren zum damaligen Zeitpunkt bereits hinreichend bekannt.

Die mit der Teilnahme der Schweiz an FRONTEX verbundenen Beitragszahlungen werden auf der Basis des Budgets der Agentur anteilsmässig mittels der einleitend314 dargestellten BIP-Formel berechnet. Sie wurden in der Botschaft des Bundesrates mit 2,3 Millionen Franken jährlich beziffert315. Diese Angaben basierten auf der Entwicklung der Haushaltmitteln der Agentur, die damals absehbar war, weshalb bereits die Botschaft darauf hinwies, dass der Beitrag «den Umständen und Bedürfnissen der Agentur entsprechend schwanken» kann und «in Zukunft auch höher ausfallen» könnte316. Das Budget der Agentur ist im Zuge des hohen Migrationsdrucks an den Aussengrenzen der EU tatsächlich erhöht worden und liegt zurzeit bei rund 80 Millionen Euro. Zudem haben auch unvorhersehbare Ereignisse temporär zu Erhöhungen des Budgets geführt, wie dies im Kontext des «arabischen Frühlings» im Jahr 2011 der Fall war. Um die ausserordentliche Situation zu bewältigen, wurde damals das FRONTEX-Budget um 31 Millionen Euro erhöht.

Die beiden Weiterentwicklungen der FRONTEX-Verordnung, d.h. die Verordnung (EG) Nr. 863/2007 (RABIT-Verordnung, WE Nr. 37) sowie die Verordnung (EU) Nr. 1168/2011 (WE Nr. 128), haben zwar die Befugnisse der Grenzschutzagentur 312 313

SR 0.362.313 Vgl. Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 2008 über die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft betreffend die Übernahme der Verordnung zur Errichtung von FRONTEX und der RABITVerordnung, AS 2009 4583.

314 Vgl. oben Ziffer 7.1.

315 Botschaft des Bundesrates vom 13. Februar 2008, BBl 2008 1472. Die Haushaltsmittel der Agentur waren in der Aufbauphase kleiner als heute und betrugen 2005 6,2 Mio.

Euro, 2006 19,2 Mio. Euro und 2007 22,2 Mio. Euro.

316 BBl 2008 1472

6431

ausgeweitet, führten jedoch nicht zu einer Erhöhung des Budgets der Agentur und hatten entsprechend keine weiteren finanziellen Auswirkungen für die Schweiz. Die RABIT-Verordnung hat zudem auch einen eigenständigen, materiellen Gehalt, indem sie die Aufgaben und Befugnisse von in Soforteinsatzteams (RABITS) abgestellten Beamten regelt. Auch in dieser Hinsicht hat die Verordnung jedoch keine weiteren finanziellen Folgen für die Schweiz.

Die mit der Teilnahme an den FRONTEX-Einsätzen verbundenen Kosten der schweizerischen Grenzwächter werden von der Agentur übernommen. Die Gehälter werden jedoch weiterhin durch das GWK bezahlt. Im Rahmen des Berichts des Bundesrates über die Eidgenössische Zollverwaltung vom 26. Januar 2011 in Erfüllung des Postulats Fässler-Osterwalder (08.3513)317 wurde der spezifisch mit FRONTEX-Einsätzen verbundene personelle Mehrbedarf mit 11 Stellen angegeben.

Das Parlament hat im Rahmen des Bundesbeschlusses vom 13. Dezember 2012 über den Voranschlag 2013318 diese Stellen gutgeheissen319. Die konkret mit FRONTEXEinsätzen verbundenen Personalkosten werden nachfolgend ausgewiesen, fliessen jedoch nicht in die Zusammenstellung der Gesamtkosten ein, da die Entwicklung des Personalbestands separat dargestellt wird.320 Die Beiträge an das FRONTEX-Jahresbudget werden der Schweiz jeweils im Beitragsjahr in Rechnung gestellt. Die Zusatzvereinbarung über die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an FRONTEX321 ist am 1. August 2010 in Kraft getreten.

Für das Jahr 2010 war deshalb lediglich knapp ein halber Jahresbeitrag geschuldet.

Für die Jahre 2010 bis 2012 ergeben sich folgende Aufwendungen (Währungsangaben in Mio.):

Beitrag: umgerechnet in CHF: Anzahl Einsatztage von Schweizer Grenzwächtern Lohnkosten

2010

2011

2012

1,06
CHF 1,58 ­ ­

3,85
CHF 5,19 805 CHF 0,42

3,26
CHF 4,06 1145 CHF 0,60

Aussengrenzenfonds Die finanziellen Auswirkungen der Beteiligung der Schweiz am Aussengrenzenfonds, der mit der Entscheidung Nr. 574/2007/EG (WE Nr. 36) errichtet wurde, betreffen auf der Aufwandseite die an den Fonds zu zahlenden Beiträge, auf der Ertragsseite die Rückflüsse in Form von Mittelzuweisungen, die für die KoFinanzierung konkreter nationaler Massnahmen zur Verbesserung des Aussengrenzschutzes in der Schweiz eingesetzt werden.

317 318 319 320 321

Vgl. www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/21927.pdf, S. 55.

BBl 2013 425 Vgl. auch unten Ziffer 7.4.

Vgl. unten Ziffer. 7.4.

SR 0.362.313

6432

Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Aussengrenzenfonds Analog zur Beteiligung an FRONTEX folgt die Verpflichtung der Schweiz zur Leistung eines Beitrags an die Mittel des Aussengrenzenfonds nicht aus der Entscheidung Nr. 574/2007/EG (WE Nr. 36) selbst, sondern aus der Zusatzvereinbarung zum Aussengrenzenfonds322, welche ab dem 20. März 2010 vorläufig angewendet wurde. Anders als bei FRONTEX delegierte die Bundesversammlung den Abschluss der Zusatzvereinbarung nicht an den Bundesrat, sondern genehmigte diese gleichzeitig mit dem Notenaustausch zur Übernahme der Entscheidung Nr. 574/2007/EG zur Errichtung des Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36).323 Der Berechnung der jährlichen finanziellen Beteiligung der Schweiz liegt ebenfalls die einleitend erläuterte BIP-Standardformel zugrunde. Die Entwicklung der Bruttoinlandprodukte sämtlicher teilnehmender Staaten konnte jedoch im Voraus nicht bestimmt werden. Die in Artikel 11 der Zusatzvereinbarung festgelegten Jahresbeiträge wurden deshalb auf der Basis der Bruttoinlandprodukte zum Zeitpunkt der Verhandlungen festgelegt. Zudem wurde ein Mechanismus für eine nachträgliche Anpassung auf der Basis der tatsächlichen Bruttoinlandprodukte vorgesehen (mit Ausnahme des Beitrags für das Jahr 2009). Der resultierende Korrekturbetrag wurde auf den Jahresbeitrag der Schweiz für das Fondsjahr 2013 aufgerechnet. Dieser Mechanismus wurde in der Botschaft des Bundesrates eingehend dargelegt.324 In der Zusatzvereinbarung wurde eine rückwirkende Beteiligung am Jahresprogramm 2009 vereinbart. Der schweizerische Beitrag an das Jahresprogramm 2009 war ebenfalls im Jahr 2010 geschuldet. Es ergeben sich folgende Beiträge an den Aussengrenzenfonds (Angaben in Mio.): 2010

2011

2012

Programmjahr 2009 umgerechnet in CHF Programmjahr 2010 umgerechnet in CHF Programmjahr 2011 umgerechnet in CHF Programmjahr 2012 umgerechnet in CHF

5,57
CHF 8,35
6,94
CHF 10,41 ­ ­ ­ ­

­ ­ ­ ­
8,48
CHF 12,30 ­ ­

­ ­ ­ ­ ­ ­
11,68
CHF 14,60

Total

CHF 18,76

CHF 12,30

CHF 14,60

Die gleichzeitig mit der Entscheidung zur Errichtung des Aussengrenzenfonds übernommenen Weiterentwicklungen (WE Nr. 43 und 57)325 sowie die später übernommenen Weiterentwicklungen mit Bezug zum Aussengrenzenfonds (WE Nr. 87, 103, 106, 115, 116, 129, 130 und 140) hatten keine weiteren finanziellen Auswirkungen.

322 323

SR 0.362.312 Vgl. Bundesbeschluss vom 1. Oktober 2010 über die Genehmigung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zum Aussengrenzenfonds sowie der Vereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Aussengrenzenfonds, AS 2011 977.

324 Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 2010, BBl 2010 1677 ff.

325 Vgl. den erwähnten Bundesbeschluss vom 1. Oktober 2010, AS 2011 977.

6433

Rückflüsse aus dem Aussengrenzenfonds Die Schweiz profitiert auch von Rückflüssen aus dem Aussengrenzenfonds. Diese ergeben sich aus einer jährlichen Programmplanung für die Jahre 2009­2013. Die auf ein bestimmtes Jahresprogramm gerichteten Zuweisungen aus dem Aussengrenzenfonds erfolgen in der Form von Vorfinanzierungen und Restzahlungen. Die Vorfinanzierung in der Höhe von 50 Prozent der Gesamtzuweisung erfolgt innerhalb von 60 Tagen nach Annahme des Jahresprogramms durch die Europäische Kommission (i.d.R. bis zum 1. Mai des jeweiligen Programmjahrs). Die Periode, während der Projekte eines bestimmten Jahresprogramms gefördert werden können («Förderperiode»), geht über das Programmjahr hinaus und dauert insgesamt 30 Monate, d.h.

vom 1. Januar des jeweiligen Programmjahrs bis zum 30. Juni des zweiten auf das Programmjahr folgenden Jahres. Die Restzahlung erfolgt nach Annahme des Schlussberichts des Jahresprogramms, welcher innerhalb von neun Monaten nach Ablauf der Förderperiode eingereicht werden muss (d.h. zwei Jahre und drei Monate nach Ablauf des Programmjahrs). Dies bedeutet, dass z.B. für das Programmjahr 2011 die Vorausfinanzierung bis zum 1. Mai 2011 zu leisten war. Der Schlussbericht für das Jahresproramm 2011 wird von der Schweiz bis zum 31. März 2014 einzureichen sein. Nach Annahme dieses Berichts wird die Restzahlung voraussichtlich noch im Jahr 2014 erfolgen. Eine Ausnahme bilden lediglich die Programmjahre 2009 und 2010, die aufgrund der verspäteten Teilnahme der Schweiz am Aussengrenzenfonds zusammengefasst wurden. Die Vorfinanzierung für diese Jahresprogramme wurde 2011 überwiesen. Die Restzahlung für das Programmjahr 2011 sollte im Jahr 2013 erfolgen. Dies ergibt folgende Rückflüsse aus dem Aussengrenzenfonds (Angaben in Mio. CHF)326: 2011

2012

Programmjahr 2009/2010 (Gesamtzuweisung: 4,66 Mio.)

Programmjahr 2011 (Gesamtzuweisung: 3,05 Mio.)

Programmjahr 2012 (Gesamtzuweisung: 4,30 Mio.)

CHF 3,38 CHF 2, 21 ­

­ ­ CHF 2,69

Total

CHF 5,59

CHF 2,69

Zusammenfassung Aus den Weiterentwicklungen im Bereich Aussengrenzen fielen seit 2010 zusätzliche Kosten (für die Beteiligung an FRONTEX und am Aussengrenzenfonds) an.

Zudem folgen aus den Rückflüssen aus dem Aussengrenzenfonds seit 2011 Mehreinnahmen. Zusammengefasst präsentiert sich die Situation in den einzelnen Jahren wie folgt (Angaben in Mio. CHF):

326

Die dargestellten Mittel wurden in den genannten Jahren von der EU der Schweiz überwiesen. Die konkrete Vereinnahmung erfolgt nicht unbedingt in diesen Jahren, sondern im Anschluss an den Abschluss der Projektvereinbarungen mit den Projektnehmern.

6434

2010

2011

2012

Beiträge: Zuweisungen:

20,41 ­

18,13 5,59

18,42 2,69

Nettoaufwendungen:

20,41

12,54

15,73

Von den insgesamt 28 Weiterentwicklungen im Bereich Aussengrenzen hatten lediglich zwei Weiterentwicklungen finanzielle Auswirkungen. Dies entspricht einem Anteil von rund 7 Prozent.

7.2.2

Visumszusammenarbeit

Im Rahmen der Schengener Zusammenarbeit wurden die Verfahren und Anforderungen für die Ausstellung von Visa von «Kurzzeitvisa» vereinheitlicht. Finanzielle Auswirkungen hatte dabei vor allem die Schaffung des Schengen-weiten Visumsausstellungssystems, des VIS. Anders als etwa im Bereich der Polizeizusammenarbeit im Rahmen des SIS wurde mit dem VIS nicht ein zusätzliches Instrument auf multilateraler Ebene geschaffen. Das VIS trat vielmehr an Stelle der nationalen Visumsausstellungssysteme. Entsprechend können die Aufwendungen für die Realisierung und den Betrieb des VIS nur beschränkt als neue finanzielle Aufwendungen betrachtet werden.

Die Grundlage für die Visumspflicht für die Einreise in den Schengen-Raum zwecks kurzfristiger Aufenthalte stellt die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 dar, welche bereits Bestandteil des SAA war327. Seit der Unterzeichnung des SAA wurde sie durch eine Reihe von Weiterentwicklungen modifiziert (WE Nr. 25, 95, 113 und 114), welche die Visumspflicht für einzelne Drittstaaten geändert haben. Da die Gebühren grundsätzlich die Aufwendungen für die Visumsausstellung decken, hatten diese Änderungen keine finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.

Neben den genannten Änderungen der visumspflichtigen Länder wurde mit einer weiteren Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (WE Nr. 6) ein Visumsreziprozitätsmechanismus eingefügt. Diese hatte für die Schweiz ebenfalls keine unmittelbaren Kostenfolgen.

Keine finanziellen Auswirkungen auf die Schweiz hatte die Verordnung (EG) Nr.

810/2009 (Visakodex, WE Nr. 88), mit der die davor bestehenden verschiedenen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands betreffend Visumsausstellung in einem Rechtsakt kodifiziert wurden. Der Visakodex hob unter anderem die Gemeinsame Konsularische Instruktion auf, welche bereits mit dem SAA übernommen, aber noch mehrmals geändert wurde (WE Nr. 17, 22, 52, 72, 75, 79, 81, 85, 100 und 102), ohne dass daraus finanzielle Auswirkungen für die Schweiz entstanden. Ohne Kostenfolgen blieben auch die Änderungsrechtsakte (WE Nr. 134 und 136) sowie Durchführungsbeschlüsse der Europäischen Kommission zum Visakodex (WE Nr.

121, 125, 131, 135, 137 und 142). Im Bereich der einheitlichen Visumsgestaltung resultierten aus den einschlägigen Weiterentwicklungen (WE Nr. 64, 83 und 101) keine zusätzlichen Aufwendungen. Schliesslich liegen eine Reihe weiterer Weiterentwicklungen im Visumsbereich vor (WE Nr. 12 [mittlerweile obsolet], 13, 104, 327

Vgl. Anhang B SAA

6435

108, 122 und 127), die ebenfalls keine finanziellen Auswirkungen auf die Schweiz hatten.

Schengener Konsultationsnetz (VISION) Das Schengener Konsultationsnetzwerk (VISION), welches bis anhin für die automatisierte Kommunikation im Zusammenhang mit der Visaerteilung benutzt wurde, basiert auf dem sogenannten Pflichtenheft, welches durch einen Beschluss des Schengener Exekutivausschusses angenommen wurde und einen Bestandteil des Schengen-Assoziierungsabkommens bildete328. Seit der Unterzeichnung des Schengen-Assoziierungsabkommens wurde das Pflichtenheft insgesamt fünfmal geändert (WE Nr. 45, 46, 76, 99 und 119). Von den fünf Weiterentwicklungen verursachte einzig der Beschluss 2011/369/EU des Rates (WE Nr. 119) einen einmaligen Investitionsaufwand in der Höhe von CHF 60 000 zur Deckung des Spezifikations-, Realisierungs- und Testaufwands, der aber voraussichtlich erst im Jahr 2013 anfallen wird und damit ausserhalb des Zeitraums für den vorliegenden Bericht liegt.

VISION wird durch VIS-Mail abgelöst werden, sobald die Einführung des VIS in allen Staaten abgeschlossen ist.

Visa-Informationssystem (VIS) Das Visa-Informationssystem (VIS) wurde auf der Basis der Entscheidung des Rates Nr. 2004/512/EG entwickelt, welche bereits Bestandteil des Schengen-Assoziierungsabkommens war329. Sein Betrieb basiert auf der Verordnung (EG) Nr.

767/2008 (VIS-Verordnung, WE Nr. 63), deren Übernahme von der Bundesversammlung mit Bundesbeschluss vom 11. Dezember 2009 gutgeheissen wurde.330 Bei der Erstellung der Botschaft wurden die Investitionskosten für die Übernahme und Umsetzung der VIS-Verordnung auf 25 Millionen Franken geschätzt.331 Die Schweiz hat das VIS in zwei Phasen umgesetzt. Mit der zurzeit laufenden zweiten Realisierungsetappe wird das sogenannte ORBIS, die neue nationale Schnittstelle zum VIS, voraussichtlich im Jahr 2014 das Elektronische Visumsausstellungssystem EVA der Schweiz ablösen. Das EVA wurde bereits vor der SchengenAssoziierung der Schweiz betrieben und im Hinblick auf die Inbetriebnahme des VIS für eine erste Realisierungsphase an die Anforderungen einer nationalen Schnittstelle zum VIS angepasst (Übergangslösung). Seit 11. Oktober 2011 ist das VIS in Betrieb.

Wie einleitend332 dargestellt, lässt sich für das VIS nicht eruieren, welche Aufwendungen mit konkreten Weiterentwicklungen verbunden sind. Die im vorliegenden Kapitel angegebenen Aufwendungen im Bereich des VIS werden deshalb nicht in

328 329 330

SCH/Com-ex (94) 15 rev. vom 21.11.1994, vgl. Anhang A Teil 3 SAA.

Vgl. Anhang B SAA.

Bundesbeschluss vom 11. Dezember 2009 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung und des Beschlusses über das Visa-Informationssystem (VIS), AS 2010 2063.

331 Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 2009, BBl 2009 4268.

332 Siehe oben Ziffer 7.1.

6436

der Gesamtzusammenstellung der weiterentwicklungsinduzierten Kosten angegeben, sondern separat ausgewiesen.

Die Aufwendungen für die laufende, zweite Realisierungsetappe können nicht als Schengen-induzierte Kosten angesehen werden. Das EVA muss aufgrund seines Alters ohnehin ersetzt werden. Selbst ohne Teilnahme an der Schengener Zusammenarbeit wären durch die Entwicklung eines neuen nationalen Visumsausstellungssystems somit Investitionskosten angefallen. Für eine Entwicklung eines anderen Visumsaustellungssystems sind indessen keine Kostenschätzungen vorhanden, da aufgrund der Verpflichtungen des Schengener Besitzstands keine Alternative zur Anbindung an das VIS besteht. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Kosten in vergleichbarer Höhe entstanden wären. Aus Gründen der Vollständigkeit werden die Investitionskosten für diese letzte Realisierungsetappe hier dennoch angegeben.

Die Betriebskosten der nationalen Schnittstelle zum VIS können ebenfalls nicht als Schengen-induzierte Kosten betrachtet werden, da die Schweiz auch ohne das VIS ein nationales Visumsausstellungssystem betreiben müsste, welches vergleichbare Betriebskosten verursachen würde. Sie werden deshalb ebenfalls lediglich aus Transparenzgründen ausgewiesen.

Die mit der ersten Realisierungsetappe (Anpassung EVA für den Betrieb als nationale VIS-Schnittstelle) verbundenen Investitionskosten betragen insgesamt 13,5 Millionen Franken. Zusammen mit den Kosten für die letzte Realisierungsetappe ergeben sich bis Ende 2012 Gesamtkosten von rund 22 Millionen Franken.

Im Überblick präsentieren sich die Investitions- und Betriebskosten (Angaben in Mio. CHF) wie folgt: 2008

2009

2010

2011

2012

Total

Investitionskosten (1. Realisierungsetappe) Investitionskosten (2. Realisierungsetappe) Betriebskosten

1,20

4,80

5,50

2,00

­

13,50

­

­

­

3,20

5,30

8,40

­

2,44

1,47

2,23

1, 71

7,85

Total

1,20

7,24

6,97

7,43

7,01

29,75

Neben den nationalen Aufwendungen leistet die Schweiz seit dem Inkrafttreten des SAA (1. März 2008) einen finanziellen Beitrag an die Entwicklung und den Betrieb des zentralen VIS durch die EU. Die Rechtsgrundlage für die Zahlungen stellt Artikel 11 Absatz 3, 2. Unterabsatz SAA dar. Die Rechnungsstellung für den Beitrag der Schweiz an die Aufwendungen der EU im Jahr n erfolgt jeweils im Folgejahr (Jahr n+1). Der erste Beitrag wurde mit Inkrafttreten des SAA am 1. März 2008 fällig und betraf die Aufwendungen der EU der Jahre 2005 und 2007 («historische Kosten»).

Der Beitrag an die Aufwendungen der EU im Jahr 2008 wurde 2009 fällig und so weiter. Im Überblick ergibt sich folgendes Bild (Angaben in Mio. CHF): 2008

2009

2010

2011

2012

0,65

0,57

0,89

1,07

1,12

6437

Neben der VIS-Verordnung (WE Nr. 63) betreffen neun zusätzliche Weiterentwicklungen das VIS (WE Nr. 26, 27, 58, 70, 82, 92, 93, 94 und 133), wovon zwei allerdings mittlerweile obsolet sind (WE Nr. 26 und 27).

Eine weitere Besonderheit stellt das elektronische Kommunikationssystem VIS-Mail dar, welches ein integrierter Bestandteil des VIS ist und dereinst das bisherige Kommunikationssystem zum Austausch von Informationen im Visumsbereich (VISION) ablösen wird. Die Ablösung erfolgt schrittweise bis zum vollständigen Anschluss sämtlicher Auslandsvertretungen an das VIS. VIS-Mail basiert auf Artikel 16 der VIS-Verordnung (WE Nr. 63). Der Durchführungsbeschluss K(2012) 1301 endg. der Europäischen Kommission zur Annahme der technischen Spezifikationen für das elektronische Kommunikationssystem VIS Mail (WE Nr. 132) enthält dazu konkretisierende Bestimmungen. Die Umsetzung von VIS-Mail in der Schweiz wird als separates Projekt geführt und dürfte in der Umsetzung einen geschätzten Investitionsaufwand von rund 4,0 Millionen Franken verursachen. Die Realisierung erfolgt ebenfalls in zwei Etappen (2009­2011 und 2011­14).

Bis zum 31. Dezember 2012 präsentieren sich die Aufwendungen im Bereich VISMail wie folgt (Angaben in CHF):

Investitionskosten Betriebskosten

2009

2010

2011

2012

307 305

512 175 45 570

497 069 20 308

876 597 35 218

Zusammenfassung: Zusätzliche Aufwendungen im Bereich Visumszusammenarbeit Aus den Weiterentwicklungen im Bereich Visa resultierten ausserhalb des VIS finanzielle Auswirkungen lediglich aufgrund der VIS-Verordnung soweit diese zur Einführung von VIS-Mail verpflichtet. Die Aufwendungen sind aus folgender Tabelle ersichtlich (Angaben in Mio. CHF): 2009

2010

2011

2012

0,31

0,56

0,52

0,92

Hinsichtlich der aus der Einführung des VIS und den damit verknüpften Arbeiten resultierenden Aufwendungen kann wie ausgeführt nicht eruiert werden, welche auf Weiterentwicklungen zurückzuführen sind und welche bereits auf dem Rechtsbestand zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Schengen-Assoziierungsabkommens beruhen333. Zudem können die Aufwendungen der zweiten Realisierungsetappe (Ablösung des EVA durch die neue Anwendung ORBIS) sowie die Betriebskosten, mit Ausnahme der Betriebskosten für das VIS-Mail, nicht als Schengen-induziert betrachtet werden. Zusammengefasst ergeben sich damit folgende Schengeninduzierten Aufwendungen des VIS (inkl. Beiträge an die EU, welche ebenfalls alleine auf das VIS zurück gehen. Angaben in Mio. CHF):

333

Vgl. Anhang B SAA.

6438

2008

2009

2010

2011

2012

nationale Aufwendungen Beiträge

1,20 0,65

4,80 0,57

5,50 0,89

2,20 1,07

­ 1,12

Total

1,85

5,37

6,49

3,27

1,12

Von den insgesamt 38 nicht VIS-bezogenen Weiterentwicklungen im Bereich Visa hatte lediglich eine (rund 3 %) finanzielle Auswirkungen. Elf weitere Weiterentwicklungen betrafen das VIS.

7.2.3

Migration

Der Bereich Migration umfasst migrationsrelevante Massnahmen, soweit sie nicht die Ausstellung von Visa betreffen. Neben ausweisrelevanten Vorschriften gehören dazu vor allem die Schengen-relevanten Bestimmungen über die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatenangehöriger; in diesem Bereichen sind Kostenfolgen zu verzeichnen.

Keine finanziellen Auswirkungen hatten hingegen die Weiterentwicklungen betreffend das internetbasierte Informations- und Koordinierungsnetz ICONet (WE Nr. 5 und 32) sowie betreffend das Netz der Verbindungsbeamten in Einwanderungsfragen (ILO-Netz, WE Nr. 33 und 117).

Biometrischer Schweizer Pass Bereits seit 4. September 2006 konnte in der Schweiz im Rahmen eines auf fünf Jahre beschränkten Pilotprojekts ein Pass mit elektronisch gespeicherten biometrischen Daten («biometrischer Pass») ausgestellt werden, um den Anforderungen der USA für eine visumsfreie Einreise gerecht zu werden. Es war geplant, den biometrischen Pass danach definitiv einzuführen, und zwar unabhängig von der Beteiligung der Schweiz an Schengen.334 Während den entsprechenden Arbeiten zur Revision des Ausweisgesetzes erfolgte die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2), die Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten aufstellt (EUAusweisverordnung).

Die Übernahme der EU-Ausweisverordnung hatte zwar Anpassungen am bestehenden Projekt zur Einführung eines biometrischen Schweizer Passes zur Folge. Auch ohne diese Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands hätte die Schweiz jedoch einen biometrischen Pass einführen müssen. Ob in diesem Fall die Ausgestaltung dieselbe gewesen wäre (z.B. ohne Fingerabdrücke oder mit einem anderen Zugriffsschutz für die Fingerabdrücke) kann offen bleiben. Die International Civil Aviation Organization (ICAO) empfiehlt die Einführung von elektronisch gespeicherten biometrischen Daten in Pässen und hat hierzu verbindliche Standards entwickelt. Auf Grund der Vorgaben der ICAO haben heute bereits rund 100 Länder den biometrischen Pass eingeführt. Für den Verbleib im Visa Waiver Program (VWP) 334

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 2007, BBl 2007 5169 f.

6439

verlangen die USA ebenfalls, dass die beteiligten Länder biometrische Pässe ausstellen (mit elektronisch gespeichertem Gesichtsbild). Die mit der Einführung des biometrischen Passes verbundenen Aufwendungen können deshalb nicht als alleine Schengen-induziert bezeichnet werden. Entsprechend werden hier die Kosten im Zusammenhang mit dem biometrischen Pass zwar aufgeführt, in der Gesamtzusammenstellung am Ende dieses Kapitels jedoch nicht berücksichtigt.

Die EU-Ausweisverordnung wurde bisher einmal geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2009 (WE Nr. 86). Daneben wurde die Verordnung mit Durchführungsbestimmungen der Europäischen Kommission ergänzt (WE Nr. 8, 16, 68, 91 und 123). Die Änderungs- und Durchführungsverordnungen hatten jedoch keine zusätzlichen finanziellen Konsequenzen.

Für die definitive Einführung des biometrischen Passes wurde im Rahmen des Bundesbeschlusses zum Nachtrag I zum Voranschlag 2007 vom 19. Juni 2007335 von der Bundesversammlung ein Verpflichtungskredit in der Höhe von 29,59 Millionen Franken gesprochen.336 Die effektiven Gesamtkosten für das Projekt, das im Rahmen dieses Verpflichtungskredits umgesetzt werden konnte, betrugen 29,25 Millionen Franken Im Betrieb ist die Ausstellung des biometrischen Passes kostenneutral: Die Betriebskosten, inklusive Personalkosten und Abschreibungen, betragen im EJPD zwar jährlich rund 11,3 Millionen Franken, im EDA rund 3,6 Millionen Franken. Diese Kosten werden jedoch mit den Gebühreneinnahmen gedeckt.

Die Investitionskosten im Bereich biometrischer Pass präsentieren sich im Überblick wie folgt (Angaben in Mio. CHF): 2007

2008

2009

2010

2011

1,36

5,04

12,57

6,73

3,56

Nicht in den vorliegenden Bericht aufgenommen wurden Angaben zum Projekt «Systemplattform eDokumente», das zur elektronischen Erfassung biometrischer Daten in verschiedenen Aufenthalts- und Reisedokumenten geschaffen wurde. Es wurde unter der Leitung des Generalsekretariats des EJPD in Zusammenarbeit mit den involvierten Dienststellen entwickelt und unterstützt die verschiedenen Informatikanwendungen, mit welchen biometrische Daten erfasst werden (z.B. das Zentrale Migrationsinformationssystem [ZEMIS], das Informatiksystem Reiseausweise [ISR], VIS, etc.). Die «Systemplattform eDokumente» unterstützt damit auch Informatiksysteme, die nicht in Umsetzung einer Schengen-Weiterentwicklung eingerichtet wurden. Das Projekt hätte auch ohne die Teilnahme der Schweiz an Schengen realisiert werden müssen. Die damit verbundenen Aufwendungen können daher höchstens beschränkt als Schengen-bedingt bezeichnet werden. Auf die Darstellung der komplexen Finanzierung dieses Projekts wird deshalb vorliegend verzichtet.

335 336

Vgl. BBl 2007 4947 Vgl. auch die Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 2007 zum Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über biometrische Pässe und Reisedokumente, BBl 2007 5159, 5192.

6440

Biometrischer Ausländerausweis Die Einführung des neuen Ausländerausweises erfolgte gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51). Die Verordnung wurde mit zwei Durchführungserlassen ergänzt (WE Nr. 84 und 124. Insgesamt resultierte aus der Umsetzung ein Investitionskostenaufwand von 3 529 000 Franken. Dieser geht einerseits auf die Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51) zurück. Andererseits verursachte der Beschluss K(2011) 5478 endg. (WE Nr. 124) zusätzliche, aber einmaligen Aufwendungen von insgesamt 400 000 Franken zur Deckung des Spezifikations-, Realisierungs- und Testaufwands. Die ursprünglich im Rahmen der Botschaft337 prognostizierten Kosten von 3 Millionen Franken wurden damit leicht überschritten, was durch ungeplante Fehlerbehebungen vor und nach der Inbetriebnahme zu erklären ist. Die Investitionskosten verteilen sich wie folgt auf die Jahre 2009­2011 (Angaben in CHF): 2009

2010

2011

734 000

2 120 000

675 000

Mit der Produktion der biometrischen Aufenthaltstitel wurde im Januar 2011 begonnen. 227 584 Dokumente wurden bis Ende Jahr ausgefertigt, im Laufe des Jahres 2012 waren es 250 985. Die Inhaberin oder der Inhaber eines biometrischen Aufenthaltstitels hat dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Artikel 8 der GebVAuG bemisst. Mit dieser Gebühr werden die Kosten des kantonalen Verfahrens, die Kosten für die Erfassung der biometrischen Daten sowie die Kosten für die Herstellung des Ausweises abgedeckt. In den Herstellungskosten eingerechnet ist auch ein Aufschlag, welcher der Deckung der oben dargestellten Investitionskosten dient. Die Einführung biometrischer Ausländerausweise hatte damit im Ergebnis keine finanziellen Auswirkungen für die Schweiz.

Rückführungsrichtlinie Die Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG, WE Nr. 78) harmonisiert die Verfahrensbestimmungen der Schengen-Staaten zur Rückführung von Drittstaatenangehörigen, welche keine Aufenthaltsberechtigung im Schengen-Staat haben, in dem sie angetroffen werden. Die Richtlinie hatte bis auf ein spezifisches Element keine finanziellen Auswirkungen auf die Schweiz: In Artikel 8 Absatz 6 der Richtlinie werden die Schengen-Staaten verpflichtet, ein «wirksames System für die Überwachung von Rückführungen» («Monitoring») auf Spezialflügen einzuführen. Die Anforderungen an dieses Monitoring waren zum Zeitpunkt der Erstellung der Botschaft338 noch nicht geklärt und bildeten Gegenstand einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie. Kostenfolgen konnten zu diesem Zeitpunkt deshalb keine angegeben werden.

In einer ersten Phase wurde im Rahmen eines Pilotprojekts der Evangelische Kirchenbund (SEK) mit der Durchführung eines solchen Monitorings beauftragt. Seit Juli 2012 ist die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) im 337 338

Botschaft des Bundesrates vom 18. November 2009, BBl 2010 51 73 Botschaft des Bundesrates vom 18. November 2009, BBl 2009 8881 8897 f.

6441

Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags für das Monitoring verantwortlich. Mit dem Monitoring sind Kosten von jährlich etwa 250 000 bis 300 000 Franken verbunden.

Die effektiven Kosten sind letztlich von der Anzahl durchgeführter Sonderflüge abhängig und präsentieren sich bisher im Überblick wie folgt (Angaben in CHF): 2011

2012

100 000

150 340

Zusammenfassung: Aufwendungen im Bereich Migration Im Bereich Migration können lediglich die für das Rückführungsmonitoring anfallenden Aufwendungen als weiterentwicklungsinduzierte Mehrkosten bezeichnet werden. Ein biometrischer Pass wäre auch ohne die Schengen-Assoziierung der Schweiz eingeführt worden. Der biometrische Ausländerausweis ist sowohl in der Einrichtung als auch im Betrieb kostenneutral. Die im Bereich Migration anfallenden Aufwendungen (nationale Aufwendungen) präsentieren sich damit im Überblick wie folgt (Angaben in Mio. CHF): 2011

2012

0,10

0,15

Damit hatte im Bereich Migration lediglich eine von 15 Weiterentwicklungen finanzielle Aufwendungen zur Folge. Dies entspricht rund sieben Prozent.

7.2.4

Polizeizusammenarbeit

Die im Bereich Polizeizusammenarbeit angefallenen Weiterentwicklungen, d.h.

insbesondere die sog. «schwedische Initiative» (WE Nr. 35) und der der Beschluss 2006/560/JI betreffend die Inanspruchnahme von Verbindungsbeamten der Strafverfolgungsbehörden der anderen Schengen-Staaten (WE Nr. 21), hatten bis zum Zeitpunkt der Berichterstattung keine finanziellen Auswirkungen.

Bereits mit dem SAA wurde die sog. Waffenrichtlinie (Richtlinie 91/477/EWG)339 übernommen und umgesetzt. In der Folge wurde diese einmal geändert (Richtlinie 2008/51/EG, WE Nr. 56). Diese Richtlinie führte zu einem sehr beschränkten finanziellen Mehraufwand, der allerdings nicht bezifferbar ist, weil er im Rahmen der Realisierung der Waffeninformationsplattform ARMADA geleistet wurde.340 ARMADA wurde am 24. Mai 2011 in Betrieb genommen und ermöglicht den Zugriff auf die auf der Basis von Artikel 32a WG betriebenen Informationssysteme des Bundes, die überwiegend nicht Schengen-induziert sind.

Von den drei Weiterentwicklungen hatte damit lediglich eine beschränkte finanzielle Auswirkungen.

339 340

Vgl. Anhang B SAA.

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 13. Mai 2009, BBl 2009 3662

6442

7.2.5

Schengener Informationssystem (SIS I und SIS II)

Wie einleitend341 erwähnt war im Zeitpunkt der Unterzeichnung des SAA das SIS I bereits in Betrieb. Die entsprechenden Rechtsgrundlagen wurden mit dem Schengen-Assoziierungsabkommen übernommen.342 Gleichzeitig liefen auch die Entwicklungsarbeiten zum SIS II, welche auf der Basis der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 und des Ratsbeschlusses Nr. 2001/886/JI erfolgten. Beide Rechtsakte sind im Anhang B des Schengen-Assoziierungsabkommens aufgelistet und gehören damit zum ursprünglich übernommenen Rechtsbestand.

Nachdem im SIS-II-Projekt der EU eine Reihe von technischen Komplikationen auftraten, welche Projektanpassungen nach sich zogen und zu grossen Verzögerungen führten, konnte der ursprünglich geplante Einführungstermin im Jahr 2007 nicht eingehalten werden. Für die Schweiz bedeutete dies, dass sie sich nicht wie ursprünglich vorgesehen direkt an das SIS II anschliessen konnte. Es musste neben den laufenden Umsetzungsarbeiten zum SIS II auch ein Projekt für einen raschen Anschluss an das SIS I entwickelt werden ­ mit dem Ziel einer späteren Migration auf das SIS II. Als Folge dieser Entwicklungen lassen sich die Projekte SIS I und SIS II finanziell nicht klar trennen und zwar weder hinsichtlich der Investitionsnoch hinsichtlich der Betriebskosten. Im Rahmen des Finanzreportings zum Verpflichtungskredit Schengen/Dublin werden die Projektaufwendungen für das SIS I/SIS II deshalb aggregiert. Auch im vorliegenden Bericht wird dieser Weg beschritten.

Aus den einleitend beschriebenen Gründen ist es auch nicht möglich zu eruieren, welche Aufwendungen auf den ursprünglich mit dem SAA übernommenen Rechtsbestand zurückzuführen sind und welche durch Weiterentwicklungen bedingt sind.

Im Bereich des SIS können deshalb die Aufwendungen nicht einzeln pro Weiterentwicklung ausgewiesen werden. Es werden deshalb nachfolgend die Aufwendungen für das Gesamtprojekt ausgewiesen.

Das SIS I ist in der Schweiz seit dem 14. August 2008 in Betrieb. In einem beschränkten Ausmass fielen jedoch bereits vorher Betriebskosten an. Das SIS II ist seit dem 9. April 2013 in Betrieb.

Im Überblick präsentieren sich die Investitions- und Betriebskosten für das SIS I und das SIS II wie folgt (Angaben in Mio. CHF): 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Investitionskosten Betriebskosten

0,33 0,12

0,77 0,21

12,29 0,94

10,83 4,84

10,20 7,98

8,16 6,93

8,60 6,21

Total

0,45

0,97

13,23

15,70

18,18

15,08

14,82

Zu den insgesamt 24 das SIS I betreffenden Weiterentwicklungen, welche der Schweiz seit der Unterzeichnung des SAA notifiziert wurden, gehören mehrere Rechtsakte, welche das Finanzreglement des C.SIS respektive SISNET änderten (WE Nr. 39, 53, 65, 67, 96, 97 und 98). Dazu kommen die verschiedenen Änderungsrechtsakte des SIRENE-Handbuchs (WE Nr. 38, 44, 47, 48 und 120). Von den 341 342

Vgl. oben Ziffer 7.1.

Hierzu siehe oben Ziffer 3.2.5.

6443

übrigen Weiterentwicklungen (WE Nr. 4, 9, 10a, 10b, 15a, 15b und 20) sind fünf Rechtsakte mittlerweile obsolet (WE Nr. 7, 10c, 11, 41 und 71).

Auf das SIS II bezogen sich insgesamt 20 Weiterentwicklungen, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (WE Nr. 28), der Beschluss 2007/533/JI (WE Nr.

42) und die Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 (WE Nr. 31), auf deren Basis der Betrieb des SIS II erfolgt. In zwei weiteren Rechtsakten wurden die Bestimmungen zur Funktionsprüfung des SIS II (WE Nr. 54 und 55) festgelegt. Die sogenannten Migrationsrechtsakte (WE Nr. 73, 74, 89, 90, 109, 110, 139a und 139b) legen die Bedingungen fest, unter denen die Schengen-Staaten vom SIS I auf das SIS II wechseln. In drei Entscheidungen nahm die Europäische Kommission das sogenannte SIRENE-Handbuch zum SIS-II (WE Nr. 50, 66 und 141) an. Vier weitere Weiterentwicklungen zum SIS II waren von untergeordneter Bedeutung (WE Nr. 29, 30, 34 und 62).343 Die Schweiz ist verpflichtet, auch an die Aufwendungen der EU im Bereich SIS I und II Beiträge zu leisten. Wie im Rahmen des VIS wurde nach dem Inkrafttreten des Schengen-Assoziierungsabkommens im Jahr 2008 zunächst ein Beitrag an die «historischen Kosten» fällig, der die bis im Jahr 2007 angefallenen Aufwendungen der EU abdeckte. Seitdem werden die jährlichen Beiträge analog wie beim VIS von der EU jeweils im Jahr in Rechnung gestellt, das auf das Jahr folgt, in dem die Aufwendungen durch die EU getätigt wurden. Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild (Angaben in Mio. CHF):

Beiträge SIS I Beiträge SIS II

2008

2009

2010

2011

2012

0,67 0,95

0,24 0,45

0,23 0,69

0,32 0,79

0,27 1,16

Zusammenfassend ergeben sich die Aufwendungen im Bereich SIS aus folgender Überblickstabelle (Angaben in Mio. CHF):

nationale Aufwendungen Beiträge

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

0,45 ­

0,97 ­

13,23 1,62

15,70 0,69

18,18 0.92

15,08 1,11

14,82 1,43

Im Bereich des SIS sind insgesamt 44 Weiterentwicklungen zu verzeichnen, 24 davon mit Bezug zum SIS I und 20 mit Bezug zum SIS II.

7.2.6

IT-Agentur

Die IT-Agentur (offiziell «eu-LISA» genannt) wurde auf der Basis der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (WE Nr. 126) errichtet. Mit dem Übergang der Betriebsführung der Schengen/Dublin-Informatiksysteme an die Agentur wird die bisherige Finanzierungsstruktur für diese Systeme ändern. Vor der Schaffung der Agentur leistete die Schweiz separate Beiträge entsprechend dem jeweiligen Verwaltungsaufwand der Europäischen Kommission respektive Frankreichs (SIS I) für die verschiedenen 343

Zum Ganzen siehe oben Ziffer 3.2.5.

6444

IT-Systeme. Mit der Schaffung der IT-Agentur wird eine Aufschlüsselung der Beiträge entsprechend den verschiedenen Systemen nur noch beschränkt möglich sein. Die genaue Kostenaufteilung ist aber Gegenstand der laufenden Verhandlungen zwischen den assoziierten Staaten und der EU über die Zusatzvereinbarung, welche die Modalitäten der Beteiligung der assoziierten Staaten an der Agentur festlegt. Insgesamt sollte die Schaffung der IT-Agentur jedoch nicht zu deutlich höheren Beiträgen an die EU führen, als dass bisher für die Aufwendungen der EU im Bereich der verschiedenen Informatiksysteme geleistet wurden.344 Allerdings gilt es zu beachten, dass die effektive Höhe der von der Schweiz zu leistenden Jahresbeiträge an die Agentur selbstverständlich nach Massgabe des Budgets der Agentur variieren kann.

7.3

Entwicklung des Personalbestands

Neben den finanziellen Konsequenzen der Weiterentwicklungen sind auch deren personellen Auswirkungen eine wichtige Einflussgrösse für die Aufwendungen im Bereich Schengen. Sie können von den personellen Auswirkungen im Bereich Dublin nicht getrennt werden, da insbesondere im Informatikbereich die Umsetzungsprojekte nicht getrennt geführt werden. In der Botschaft wurde bezüglich Schengen/Dublin noch von einem zeitlich beschränkten Mehrbedarf von 30­40 Stellen ausgegangen. Diese Annahme musste jedoch revidiert werden. Einerseits stellte sich heraus, dass die personellen Auswirkungen 2004 zu tief geschätzt wurden. Andererseits hatte auch die Dynamisierung der Schengener/Dubliner Zusammenarbeit personelle Auswirkungen, die 2004 nicht absehbar waren. Aufgrund der heutigen Faktenlage ist es nicht möglich, die personellen Auswirkungen einer einzelnen Weiterentwicklung zuzuordnen und dies von nicht weiterentwicklungsbedingtem Personalaufwand abzugrenzen. Im vorliegenden Kapitel wird deshalb der Gesamtbestand an Schengen-/Dublin-Stellen und seine Entwicklung dargestellt, ohne eine Wertung vorzunehmen.

Im Bereich des EJPD wurde der Höchststand mit einem bewilligten Soll-Bestand von 160,2 Personaleinheiten (inklusive befristete Projektstellen bei fedpol) im Jahr 2011 erreicht. Dies resultierte aus der Gesamtbeurteilung Ressourcen im Personalbereich 2010, welche auf der Grundlage einer unabhängigen Evaluation («Sicherstellung der Aufgabenerfüllung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands») erfolgte. Die dem Parlament in der Folge beantragten 46,2 Zusatzstellen wurden im Rahmen des Bundesbeschlusses zum Voranschlag 2011 genehmigt (teilweise realisiert durch Umwandlung von befristeten in unbefristete Stellen). Mit Wegfall der bis 2011 befristeten Projektstellen bei fedpol (SIRENE, Migration SIS I auf SIS II, parallele Umsetzung bis Ende 2011) stabilisiert sich der Stellenbedarf auf dem aktuellen Soll-Bestand (per Ende 2012) von 153,2 Vollzeitstellen.

Das Personal wird schwergewichtig bei fedpol (63 Stellen) und beim BFM (53,7 Stellen) sowie beim ISC-EJPD (28 Stellen) eingesetzt.

344

Vgl. die Botschaft des Bundesrates vom 23. Mai 2012, BBl 2012 5891 ff.

6445

Soll-Bestand* Ist-Bestand Personalaufwand (Mio. CHF)

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

5,5 5,5 0,68

32,3 26,2 3,24

91,0 70,7 6,74

113,5 105,8 10,736

113,5 104,0 11,141

152,2 148,1 14,397

153,2 148,4 17,327

* entspricht dem bewilligten Stellenplafond (exklusive befristete Projektstellen)

Im Bereich der konsularischen Zusammenarbeit wurden im EDA insgesamt 36 zusätzliche Stellen geschaffen, nachdem die Schengen-Evaluation der Schweiz im Jahr 2008 bestätigt hatte, dass sie im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern über einen verhältnismässig geringen Bestand an konsularischem Personal verfügte.

Die Bundesversammlung hatte der Schaffung dieser Stellen im Rahmen des Bundesbeschlusses zum Voranschlag 2009 zugestimmt. Seitdem ist der Bestand an diesen Stellen stabil:

Soll-Bestand Ist-Bestand Personalaufwand (Mio. CHF)

2009

2010

2011

2012

36 36 5,20

36 36 5,23

36 36 5,28

36 36 5,35

Im EFD wurden im Hinblick auf die Aufnahme der operationellen Zusammenarbeit im Dezember 2008 zehn befristete Stellen im Zusammenhang mit der Überwachung der temporären Schengen-Aussengrenze mit dem Fürstentum Liechtenstein geschaffen. Nachdem Liechtenstein am 19. Dezember 2011 seinerseits an Schengen assoziiert wurde, konnten diese Stellen wieder abgebaut werden.

Im Rahmen der Gesamtbeurteilung Ressourcen im Personalbereich 2010 hatte der Bundesrat einen personellen Mehrbedarf von elf Stellen aufgrund der Schengener Zusammenarbeit beim GWK zur Kenntnis genommen. Die Bundesversammlung hatte diesem Mehrbedarf als Bestandteil des Bundesbeschlusses vom 15. Dezember 2010 über den Voranschlag für das Jahr 2011 zugestimmt.345 Im Rahmen des Berichts des Bundesrates über die Eidgenössische Zollverwaltung vom 26. Januar 2011 in Erfüllung des Postulats Fässler-Osterwalder (08.3513)346 wurde der Stellenbedarf des Grenzwachtkorps mit 35 Stellen ausgewiesen. Im Rahmen des Bundesbeschlusses vom 13. Dezember 2012 über den Voranschlag 2013347 hiess das Parlament in der Folge eine weitere Aufstockung des GWK um 24 Stellen gut. Diese Aufstockungen wurden insbesondere aufgrund der durch verschiedene Faktoren ­ wie beispielsweise der Entwicklungen im Kontext des arabischen Frühlings ­ ausgelösten Zunahme der irregulären Migrationsbewegungen in die Schweiz nötig.

Soll-Bestand Ist-Bestand Personalaufwand (Mio. CHF)

345 346 347

2008

2009

2010

2011

2012

10 10 0,60

10 10 1,50

10 10 1,50

21 21 3,00

11 11 1,50

BBl 2011 2007 Vgl. www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/21927.pdf, S. 55.

BBl 2013 425

6446

7.4

Zusammenstellung und Bewertung

Zusammengefasst ergeben sich aus den Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands, welche von der Schweiz seit Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens bis zum 31. Dezember 2012 übernommen wurden und sich nicht auf eines der Informatiksysteme SIS I, SIS II oder VIS beziehen, folgende nationalen Mehraufwendungen (Angaben in Mio. CHF): 2009

2010

2011

2012

Visumszusammenarbeit Migration

0,31 ­

0,56 ­

0,52 0,10

0,92 0,15

Total

0,31

0,56

0,62

1,07

Lediglich im Bereich der Aussengrenzen führten Weiterentwicklungen zu neuen Beitragsverpflichtungen (FRONTEX, Aussengrenzenfonds), welche in folgende Zahlungen an die EU resultierten (Angaben in Mio. CHF): 2010

2011

2012

20,41

12,54

15,73

Die gesamten Mehraufwendungen ergeben sich aus folgender Tabelle (Angaben in Mio. CHF): 2009

2010

2011

2012

0,31

20,97

13,16

16,80

Bei den Aufwendungen für die Informatiksysteme SIS I, SIS II und VIS lässt sich aufgrund der Verschränkung der Umsetzungsprojekte nicht unterscheiden, welche dieser Aufwendungen bereits durch den Entwicklungsstand des SchengenBesitzstands im Moment der Unterzeichnung des SAA zu tätigen waren und welche sich durch konkrete Weiterentwicklungen ergaben. Sämtliche Systeme waren zum Zeitpunkt der Unterzeichnung jedoch schon in Betrieb oder befanden sich in Entwicklung Wie ausgeführt werden die Schengen-induzierten Aufwendungen für die Informatikprojekte deshalb in der folgenden Tabelle separat ausgewiesen (Angaben in Mio. CHF): 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

VIS, nationale Aufwendungen ­ VIS-Beiträge ­ SIS, nationale Aufwendungen 0,45 SIS-Beiträge ­

­ ­ 0,97 ­

1,2 0,65 13,23 1,62

4,8 0,57 15,70 0,69

5,5 0,89 18,18 0,92

2,2 1,04 15,08 1,11

­ 1,12 14,82 1,43

Total

0,97

16,7

21,76

25,49

19,46

17,37

0,45

6447

Auch bei der Entwicklung des Personalbestands lässt sich nicht bestimmen, inwieweit bereits der ursprüngliche Bestand des SAA für den Mehraufwand verantwortlich ist und inwieweit dieser einzelnen Weiterentwicklungen zugeordnet werden kann. Die Entwicklung des Personal-Ist-Bestands im Bereich Schengen ergibt sich aus folgender Tabelle: 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

EJPD EDA EFD

5,5

26,2

70,7 10

105,8 36 10

104,0 36 10

148,1 36 21

148,4 36 11

Total

5,5

80,7

151,8

150,0

205,1

195,4

26,2

Die Personalaufwendungen ergeben sich aus folgender Tabelle (Angaben in Mio.

CHF): 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

EJPD EDA EFD

0,68

3,24

6,74 0,60

10,74 5,20 1,50

11,14 5,23 1,50

14,40 5,28 3,00

17,33 5,35 1,50

Total

0,68

7,34

17,44

17,87

22,68

24,18

3,24

Von den insgesamt 144 Weiterentwicklungen betrafen 55 die Informatiksysteme SIS I, SIS II und VIS. Abstrahiert man von den Informatiksystemen, ist festzustellen, dass seit 2005 lediglich ein kleiner Anteil der Weiterentwicklungen, d.h. rund 7 Prozent (6 von 89), finanzielle Konsequenzen hatten. Von diesen wiederum hatten lediglich einzelne grosse finanzielle Auswirkungen. Im Berichtszeitraum waren dies die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 (FRONTEX-Verordnung, WE 1) und die Entscheidung 574/2007/EG (Entscheidung zur Errichtung des Aussengrenzenfonds, WE 36). Von den gesamten Mehrausgaben der letzten vier Jahre (CHF 51,24 Mio.)

entfallen 95 Prozent (CHF 48,68 Mio.; CHF 12,17 Mio. der durchschnittlich angefallenen jährlichen Mehrausgaben) auf diese beiden Weiterentwicklungen.

Wie in Ziffer 1 ausgeführt, verzichtet der Bericht auf die Darstellung des nicht unmittelbar monetär bezifferbaren Nutzens der Assoziierung an Schengen. Wie der Bundesrat zuletzt in seiner Antwort auf die Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei «Situationsanalyse der Folgen von Schengen und Dublin» (10.3557) ausgeführt hat, gilt es jedoch zu beachten, dass der Schweiz mit Schengen/Dublin «effiziente und moderne Instrumente im Bereich der inneren Sicherheit zur Verfügung [stehen]». Entsprechend hat der Bundesrat im Bericht über die Sicherheitspolitik vom 23. Juni 2010 das Interesse der Schweiz an einer weiteren Beteiligung an der gemeinsamen Sicherheitsproduktion im europäischen Raum betont.348 Im Übrigen dürfen auch die Vorteile für die schweizerische Tourismusindustrie und für Geschäftsreisende, welche das einheitliche Schengen-Visum mit sich gebracht hat, nicht ausser Acht gelassen werden. Entsprechendes gilt auch für die positiven finanziellen Effekte, die sich aus der Beteiligung der Schweiz an Dublin ergeben. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf verschiedene parlamentarische 348

Vgl. BBl 2010 5133, 5164 f.

6448

Vorstösse349 betont hat, profitiert die Schweiz vom Zuständigkeitsmechanismus des Dubliner Systems, kann sie doch siebenmal mehr Asylsuchende an einen anderen Dublin-Staat überstellen, als sie über diesen Mechanismus übernehmen muss. Damit muss sie in all diesen Fällen kein Asylverfahren durchführen, was im Ergebnis zu erheblichen Einsparungen führt.

349

Zuletzt in seiner Antwort auf die Interpellation Keller «Weniger Sicherheit und mehr Asylsuchende durch Schengen. Wann reagiert der Bundesrat?» [12.4104]).

6449

Abkürzungsverzeichnis AB ABl.

API AS AsylG AuG AwG BB BBl BGE BFM BGIAA BetmG BJ BK BPI BOSD BV CATS COMIX COREPER C.SIS C-VIS DAA DEA DSG DV EASO EDA EDÖB EG

6450

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Amtsblatt der Europäischen Union Advanced Passenger Information Amtliche Sammlung des Bundesrechts Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (SR 142.31) Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, SR 142.20) Bundesgesetz vom 22. Juni 2001 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisgesetz; SR 143.1) Bundesbeschluss Bundesblatt Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesamt für Migration Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (SR 142.51) Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz; SR 812.121) Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (SR 361) Interkantonale Begleitorganisation Schengen/Dublin Bundesverfassung (SR 101) Comité de l'article trente-six Comité mixte Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten Zentraleinheit des Schengener Informationssystems Zentrales Visa-Informationssystem Dublin-Assoziierungsabkommen vom 26. Oktober 2004 (SR 0.142.392.68) Direktion für Europäische Angelegenheiten Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (SR 235.1) Direktion für Völkerrecht European Asylum Support Office Eidgenössisches Departement für Auswärtige Angelegenheiten Eidgenössischer Datenschutz- und Informationsbeauftragter Europäische Gemeinschaft

EFD EJPD EU EuGH eu-LISA EURODAC Eurojust Europol EVA EWR EZV fedpol FRONTEX GebV-AuG GKI GWK ICONet ICAO ILO ISC-EJPD ISF ISO ISR IT-Agentur JI KdK KKJPD KOM N.SIS

Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von grossen IT-Systemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, auch «IT-Agentur» genannt «EUROpean DACtylograhpy», Europäische Datenbank zum Vergleich von Fingerabdrücken von Asylbewerbern und in der EU aufgegriffenen illegalen Einwanderern Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union Europäisches Polizeiamt Elektronische Visumausstellung Europäischer Wirtschaftsraum Eidgenössische Zollverwaltung Bundesamt für Polizei Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Gebühren zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (Gebührenverordnung AuG, SR 142.209) Gemeinsame Konsularische Instruktion Grenzwachtkorps Web-gestütztes Informations- und Koordinierungsnetz für die Migrationsbehörden der Schengen-Staaten Internationale Zivilluftfahrt-Organisation Immigration Liaison Officer Informatik Service Center des EJPD Fonds für die innere Sicherheit Internationale Organisation für Normung Informatiksystem Reiseausweise Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von grossen IT-Systemen im Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts, offiziell neuerdings «eu-LISA» genannt Justiz und Inneres Konferenz der Kantonsregierungen Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren Dokumente der Europäischen Kommission (zuhanden der anderen Organe der EU) Nationaler Teil des Schengener Informationssystems

6451

N-SIS-Verordnung ORBIS ParlG PublG PublV RABIT RVOG SAA SCIFA SDÜ SIaG

SIRENE SIS SISNET SPK-N SPK-S SR StGB VAwG VEV VDSG VIS VISION VISV

6452

Verordnung vom 7. Mai 2008 über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIRENEBüro (SR 362.0) Nationales Visa-Informationssystem Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, SR 171.10) Bundesgesetz vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz, SR 170.512) Verordnung vom 17. November 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsverordnung, SR 170.512.1) Rapid Border Intervention Teams Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Schengen-Assoziierungsabkommen vom 26. Oktober 2004 (SR 0.362.31) Strategic Commission on Immigration, Frontiers and Asylum Schengener Durchführungsübereinkommen vom 19. Juni 1990 (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19) Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und denjenigen der anderen Schengen-Staaten (SchengenInformationsaustausch-Gesetz, SR 362.2) Supplementary Information Request at National Entry Schengener Informationssystem Kommunikationsinfrastruktur für die Schengen-Umgebung Staatspolitische Kommission des Nationalrats Staatspolitische Kommission des Ständerats Systematische Sammlung des Bundesrechts Strafgesetzbuch (SR 311.0) Verordnung vom 20. September 2002 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisverordnung, SR 143.11) Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (SR 142.204) Verordnung vom 14. Juni 1993 zum Bundesgesetz über den Datenschutz (SR 235.11) Visa-Informationssystem Visa Inquiry Open Border Network Verordnung vom 6. Juli 2011 über das zentrale Visa-Informationssystem (Visa-Informationssystem-Verordnung, SR 142.512)

VVWA

Verordnung vom 11. August 1999 über den Vollzug der Wegund Ausweisung von ausländischen Personen (SR 142.281) VWP Visa waiver program VZAE Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (SR 142.201) VZAG Verordnung vom 26. August 2009 über die operative Zusammenarbeit mit den anderen Schengen-Staaten zum Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums (SR 631.062) WE Weiterentwicklung WG Bundesgesetz vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzuhör und Munition (Waffengesetz, SR 514.54) WV Verordnung vom 2. Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffenverordnung, SR 514.541) ZEMIS Zentrales Migrationsinformationssystem ZEMIS-Verordnung Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS-Verordnung, SR 142.513) ZG Zollgesetz vom 18. März 2005 (SR 631.0)

6453

Anhang I

Liste der notifizierten Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands (inklusive Inhaltsangabe) Die Weiterentwicklungen Nr. 1­49 entsprechen den Rechtsakten, die der Schweiz zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des SAA notifiziert wurden. Die übrigen Rechtsakte (WE Nr. 50­142) sind der Schweiz nach Inkrafttreten des SAA notifiziert worden.350 Weiterentwicklungen, die inzwischen obsolet geworden sind, sind kursiv wiedergegeben (Stand: 31. März 2013).

1

Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der EU [FRONTEX-Verordnung] Fundstelle:

ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.018), in Kraft seit 1. August 2010

Geändert durch:

Verordnung (EG) Nr. 863/2007 [WE Nr. 37]; Verordnung (EG) Nr. 1168/2011 [WE Nr. 128]

Inhalt:

Im Bereich der Massnahmen zur verstärkten Überwachung der Aussengrenzen des Schengen-Raumes spielt die Errichtung der Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen (kurz: FRONTEX) eine wichtige Rolle. Die Aufgabe der Agentur mit Sitz in Warschau liegt in der gezielten, operationellen Unterstützung der Schengen-Staaten, die für die Überwachung der Aussengrenzabschnitte auf ihrem Territorium verantwortlich bleiben. FRONTEX unterstützt die Staaten zum Beispiel bei der Ausbildung von Grenzschutzbeamten (Festlegung gemeinsamer Ausbildungsinhalte und -standards), führt allgemeine und spezifische Risikoanalysen durch, steht den Schengen-Staaten bei der Organisation gemeinsamer Rückführungsaktionen in Drittstaaten zur Seite und unterstützt sie in Situationen, die einen verstärkten technischen und operativen Beistand an den Aussengrenzen erfordern (gemeinsame Aktionen; Pilotprojekte). Ein wichtiger Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt hier namentlich in der Bekämpfung der illegalen Migration an den Seegrenzen in Südeuropa. FRONTEX hat ihre Tätigkeit am 1. Mai 2005 aufgenommen; die Schweiz ist auf operativer Ebene seit dem 1. August 2010 beteiligt.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2008 1455 ff.

Zusatzvereinbarung: Zusatzvereinbarung vom 30. September 2009 (SR 0.362.313), in Kraft seit 1. August 2010.

Die Vereinbarung wurde vom Bundesrat abgeschlossen (vgl. Art. 2 BB vom 3. Oktober 2009, AS 2009 4583). Sie regelt die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an den Arbeiten von FRONTEX, insbesondere was die Ausübung des Stimmrechts in den Organen der Agentur (Verwaltungsrat), die finanziellen Beiträge und Personalfragen angeht.

Für weitere Einzelheiten: siehe BBl 2008 1479 ff.

350

Eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands (Nr. 126) ist gleichzeitig eine Weiterentwicklung des Dublin/Eurodac-Besitzstands. Weitere Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands sind bis dato nicht zu verzeichnen.

6454

2

Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten Fundstelle:

ABl. L 385 vom 29.12.2004, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.021), in Kraft seit 26. Oktober 2009

Geändert durch:

Verordnung (EG) Nr. 444/2009 [WE Nr. 86]

Durchgeführt durch: Entscheidung K(2005) 409 endg. [WE Nr. 8]; Entscheidung K(2006) 2909 endg. [WE Nr. 16], geändert durch Beschluss K(2011) 5499 endg. [WE Nr. 123]; sowie Entscheidung K(2008) 8657 [WE Nr. 68], geändert durch Entscheidung K(2209) 7476 [WE Nr. 91] Inhalt:

Die Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (sog. EU-Ausweisverordnung) legt den Inhalt und das Anforderungsprofil fest, dem die von den Schengen-Staaten ausgestellten Pässe und Reisedokumente entsprechen müssen. Neben den Mindestanforderungen an die Dokumentensicherheit, denen die Ausweise inskünftig genügen müssen (z.B.

bezüglich Material, Druck- und Ausstellungstechniken, Kopierschutztechnik), werden namentlich auch die biometrischen Merkmale festgelegt, die neu in die Ausweise zu integrieren sind (Gesichtsbild und Fingerabdrücke). Indem durch technische Massnahmen die Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit der Daten jederzeit gewährleistet bleibt, kann mit der Aufnahme biometrischer Daten die Sicherheit von Reisedokumenten erhöht und eine verlässliche Verbindung zwischen dem Dokument und dessen rechtmässiger Inhaberin oder rechtmässigem Inhaber hergestellt werden. Eine weitergehende Nutzung der Daten ist nicht zulässig. Von der Regelung nicht erfasst sind provisorische Pässe und Notpässe. Ebenso wenig müssen Identitätskarten mit biometrischen Daten ausgestattet werden. Die in der Verordnung enthaltenen Grundsätze werden durch detaillierte technische Spezifikationen ergänzt, welche die Europäische Kommission im Rahmen von Durchführungserlassen festlegen und entsprechend der technischen Entwicklung aufdatieren kann (vgl. WE Nr. 8, 16, 68, 91, 123). Die zu erfüllenden Vorgaben entsprechen den internationalen Vorgaben, insbesondere den Normen der der International Organization for Standardization (ISO) und den Vorgaben der internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO). Überdies stellen sie sicher, dass die Schengen-Staaten weiterhin im Visa Waiver Programm der USA verbleiben können und nicht der Visumpflicht unterstellt werden.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 5159 ff.

3

Verordnung (EG) Nr. 2133/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verpflichtung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zum systematischen Abstempeln der Reisedokumente von Drittausländern beim Überschreiten der Aussengrenzen der Mitgliedstaaten und zur diesbezüglichen Änderung der Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens und des Gemeinsamen Handbuchs Fundstelle:

ABl. L 369 vom 16.12.2004, S. 5

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Aufgehoben durch:

Verordnung (EG) Nr. 562/2006 [WE Nr. 14]

Inhalt:

Die Verordnung bekräftigt die bereits im SDÜ enthaltene Verpflichtung, die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen beim Überschreiten der Aussengrenzen des Schengen-Raumes systematisch abzustempeln, und konkretisiert die entsprechenden Voraussetzungen und Verfahren. Ziel ist es, die Grundlage dafür zu schaffen, dass die zuständigen Behörden bei Fehlen des Einreisestempels in einem Reisedokument davon ausgehen können, dass die zulässige Dauer des kurzen Aufenthalts dieser Drittausländer im Schengen-Raum überschritten wurde. Die Vorgaben der Verordnung sind in den Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) übernommen worden.

6455

4

Beschluss 2005/211/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 68 vom 15.3.2005, S. 44; berichtigt in ABl. L 252 vom 27.9.2007, S. 7

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.005), in Kraft seit 17. Oktober 2008

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Beschluss 2007/533/JI [WE Nr. 42] aufgehoben

Inhalt:

Der Beschluss ergänzt die Rechtsgrundlagen zum aktuellen Schengener Informationssystem (SIS I), die im SDÜ enthalten sind. Konkret werden zum einen die Zugriffsberechtigungen auf das SIS ausgeweitet. So erhalten die nationalen Justizbehörden, das Europäische Polizeiamt (Europol) und die Europäische Einheit für die justizielle Zusammenarbeit (Eurojust) zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff auf bestimmte Datenkategorien. Zum anderen werden die Rechtsgrundlagen für den Austausch der Zusatzinformationen über die SIRENE-Stellen konsolidiert und teilweise ergänzt (z.B. Aufbewahrungsdauer und die Löschfristen für die bei den SIRENE-Stellen gespeicherten Daten). Um die Zulässigkeit der Abfragen im SIS überprüfen zu können, werden die SchengenStaaten schliesslich verpflichtet, jede Übermittlung von personenbezogenen Daten zu protokollieren.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 8591 ff.

5

Entscheidung 2005/267/EG des Rates vom 16. März 2005 zur Einrichtung eines sicheren web-gestützten Informations- und Koordinierungsnetzes für die Migrationsbehörden der Mitgliedstaaten Fundstelle:

ABl. L 83 vom 1.4.2005, S. 48

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28. März 2008

Durchgeführt durch: Entscheidung K(2005) 5159 endg. [WE Nr. 32] Inhalt:

6

Die Entscheidung sieht die Einrichtung einer gesicherten, internetbasierten Informationsplattform vor, um einen sicheren und raschen Informationsaustausch zwischen den Migrationsbehörden der einzelnen Schengen-Staaten über irreguläre oder illegale Migrationsströme und -phänomene sicherzustellen. Es geht dabei nicht um den Austausch von Personendaten, sondern von Sachinformationen im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe. So werden über das Informations- und Koordinierungsnetz (kurz: ICONet) im Sinne eines Frühwarnsystems Informationen über illegale Einwanderung und Schleusernetze übermittelt. Zudem wird es im Rahmen des Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (sog. ILO-Netz) für den Austausch von Informationen, Trends und Erkenntnissen (z.B. über die Nutzung von Visa, über Grenzen und Reisedokumente im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung) genutzt. Schliesslich dient es auch zur Koordination der nationalen Aktivitäten im Bereich der Rückführung (z.B. gemeinsame Sammelflüge).

Verordnung (EG) Nr. 851/2005 des Rates vom 2. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.

539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind in Bezug auf den Gegenseitigkeitsmechanismus Fundstelle:

ABl. L 141 vom 4.6.2005, S. 3

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.001), in Kraft seit 28. März 2008

Inhalt:

6456

Mit der Verordnung (EG) Nr. 851/2005 wird der Beschlussfassungsmechanismus angepasst, der es den Schengen-Staaten erlaubt, rasch gemeinsam zu reagieren, wenn ein (visumbefreiter) Drittstaat gegenüber einem oder mehreren einzelnen Schengen-Staaten die Visumpflicht beibehält oder einseitig (wieder) einführt. Ziel des Mechanismus ist die Sicherstellung einer umfassenden Gegenseitigkeit: Ein Drittstaat soll nur dann von der Visumbefreiung profitieren können, wenn dieser seinerseits gegenüber keinem der Schengen-Staaten eine Visumspflicht kennt. Führt er indessen die Visumspflicht gegenüber einzelnen Schengen-Staaten ein, so sollen dessen Staatsangehörige bis auf Weiteres im Hinblick auf die Einreise und den Aufenthalt im gesamten Schengen-Raum wieder visumpflichtig werden.

7

Beschluss 2005/451/JI des Rates vom 13. Juni 2005 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 871/2004 über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 158 vom 21.6.2005, S. 26

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

8

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang zum SIS II durch Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 [WE Nr. 28] aufgehoben

Inhalt:

Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 war aufgrund der Drei-Pfeiler-Struktur der EU für die Einrichtung des SIS stets eine zweifache sekundärrechtliche Grundlage notwendig. Während die Verordnung (EG) Nr. 871/2004, welche Schweiz anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA), die SIS-Abfragen in Bezug auf Einreiseverweigerungen (erster Pfeiler) abdeckt, findet die inhaltsgleiche Regelung des Beschlusses 2005/211/JI (WE Nr. 4) auf die übrigen, in den Polizeibereich fallenden Aktivitäten Anwendung (dritter Pfeiler). Beide Rechtsakte enthalten verschiedene Neuerungen, doch werden nur für einen Teil dieser Aspekte auch entsprechende Inkrafttretenszeitpunkte festgelegt. Mit dem vorliegenden Beschluss 2005/451/JI wird dies für einige Bestimmungen der genannten Verordnung nachgeholt.

Entscheidung K(2005)409 endg. der Kommission vom 28. Februar 2005 über die technischen Spezifikationen zu Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.022), in Kraft seit 26. Oktober 2009

Inhalt:

9

Mit dieser Entscheidung hat die Europäische Kommission von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, die in der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2) enthalten Vorgaben zu präzisieren. Die Entscheidung legt die technischen Spezifikationen und Standards für die Sicherheitsmerkmale und die biometrischen Daten fest, denen die von den Schengen-Staaten ausgestellten Pässe und Reisedokumente entsprechen müssen (z.B. Format und Qualität der biometrischen Daten, Anforderungen an das Speichermedium, Vorgaben betreffend Datensicherheit und Datenintegrität). Diese Vorgaben sind entsprechend ihren Zweck nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, weshalb sie nicht im ABl. publiziert worden sind.

Verordnung (EG) Nr. 1160/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2005 zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen hinsichtlich des Zugangs der in den Mitgliedstaaten für die Ausstellung von Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge zuständigen Stellen zum Schengener Informationssystem Fundstelle:

ABl. L 191 vom 22.7.2005, S. 18

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.006), in Kraft seit 17. Oktober 2008 wurde mit Übergang zum SIS II obsolet

Inhalt:

Mit der vorliegenden Verordnung (EG) Nr. 1160/2005 wird der Kreis der Behörden, die auf das SIS I Zugriff haben, zugunsten der Motorfahrzeugkontrollbehörden erweitert. Die Zugriffsberechtigung ist allerdings beschränkt. Sie bezieht sich lediglich auf Daten betreffend gestohlene, unterschlagene oder sonst abhanden gekommene Fahrzeuge sowie auf Daten zu ungültig erklärten Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge oder Kennzeichenschilder. Dies ermöglicht es den betreffenden Stellen zu prüfen, ob es sich bei den ihnen zum Zweck der Zulassung vorgeführten Fahrzeuge um gestohlene, unterschlagene oder sonst abhanden gekommene Fahrzeuge handelt.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 8601 f.

6457

10a

Beschluss 2005/719/JI des Rates vom 12. Oktober 2005 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch für die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 271 vom 15.10.2005, S. 54

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

10b

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Beschluss 2007/533/JI [WE Nr. 42] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI fest, welcher die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat (vgl. WE Nr. 4), soweit sie den dritten Pfeiler betreffen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit). Konkret geht um Vorgaben zur Dauer der Speicherung bzw. zur Löschung von bestimmten SISDaten.

Beschluss 2005/727/JI des Rates vom 12. Oktober 2005 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch für die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 273 vom 19.10.2005, S. 25

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

10c

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Beschluss 2007/533/JI [WE Nr. 42] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI fest, welcher die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat (vgl. WE Nr. 4), ), soweit sie den dritten Pfeiler betreffen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit). Konkret geht um Vorgaben zur Protokollierung von SIS-Abfragen.

Beschluss 2005/728/JI des Rates vom 12. Oktober 2005 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 871/2004 über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 273 vom 19.10.2005, S. 26

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

11

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang zum SIS II durch Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 [WE Nr. 28] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 871/2004 (vgl. Anhang B SAA) fest, welche die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat, soweit sie den ersten Pfeiler betreffen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung).

Konkret geht um Vorgaben zur Protokollierung von SIS-Abfragen.

Rechenschaftsbericht zur Haushaltsführung in Bezug auf die Einrichtung und den Betrieb des C.SIS für 2004 Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

6458

Die Finanzregelung für die Zentraleinheit des SIS (C.SIS) (vgl. SCH/Com-ex (97) 35, Anhang A SAA) sah vor, dass Frankreich im Zusammenhang mit dem Betrieb des C.SIS zuhanden des Rates einen Rechenschaftsbericht zur Haushaltsführung für das vorangegangene Jahr verfasst. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2004 ist eine Voraussetzung für die Erteilung der Decharge an Frankreich, das für den Betrieb des C.SIS verantwortlich ist. Bei der Notifikation des Berichts an die Schweiz handelt sich allerdings um einen Einzelfall, liegt doch keine eigentliche Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands vor. Daher verzichtete die EU in der Folge darauf, der Schweiz derartige Informationen über das Übernahmeverfahren gemäss Artikel 7 SAA förmlich zur Kenntnis zu bringen (Notifikation).

12

Verordnung (EG) Nr. 2046/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2005 über Massnahmen zur Erleichterung der Verfahren zur Beantragung und Erteilung von Visa für die Mitglieder der olympischen Familie, die an den Olympischen und/oder Paraolympischen Winterspielen 2006 in Turin teilnehmen Fundstelle:

ABl. L 334 vom 20.12.2005, S. 1

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008 obsolet (auf die Dauer der Spiele befristet)

Inhalt:

13

Mit dieser Verordnung wurde für die Mitglieder der olympischen Familie für die Dauer der Olympischen und Paraolympischen Winterspiele 2006 eine befristete Sonderregelung zu bestimmten Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über die Verfahren zur Beantragung und Erteilung von Visa sowie über die einheitliche Visagestaltung eingeführt. Zu diesen Sonderregeln gehörten z.B. die Möglichkeit Gruppenanträge zu stellen, das Visum auf der olympischen Akkreditierungskarte anzubringen oder die Gebührenfreiheit.

Empfehlung 2005/761/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. September 2005 zur Erleichterung der Ausstellung einheitlicher Visa durch die Mitgliedstaaten für den kurzfristigen Aufenthalt an Forscher aus Drittstaaten, die sich zu Forschungszwecken innerhalb der Gemeinschaft bewegen Fundstelle:

ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 23

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

14

Mit der Empfehlung 2005/761/EG, der keine rechtliche Bindungswirkung zukommt, legt die Europäische Kommission den Schengen-Staaten nahe, die bestehenden Möglichkeiten zur Erleichterung der Vergabe von Schengen-Visa (für kurzfristige Aufenthalte von maximal 3 Monaten) an Forscherinnen und Forscher aus Drittstaaten auszuschöpfen (z.B. eine rasche Prüfung von Visagesuchen oder durch die Ausstellung von Visa für die mehrmalige Einreise).

Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) Fundstelle:

ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.010), in Kraft seit 17. Oktober 2008

Geändert durch:

Verordnung (EG) Nr. 296/2008 [WE Nr. 69] Verordnung (EG) Nr. 81/2009 [WE Nr. 80] Verordnung (EG) Nr. 810/2009 [WE Nr. 88] Verordnung (EU) Nr. 265/2010 [WE Nr. 105]

Durchgeführt durch: Beschluss 2010/252/EU [WE Nr. 107] Inhalt:

Der Schengener Grenzkodex ersetzt die bisherigen Rechtsgrundlagen zum Grenzübertritt an den Binnen- und Aussengrenzen des Schengen-Raumes, die vor allem im SDÜ (vgl. Anhang A SAA) enthalten waren, und führt sie in einem neuen, konsolidierten Rechtsakt zusammen. Dabei bleibt der wesentliche Gehalt der bisherigen Grundätze unverändert. Regelungsgegenstand des Grenzkodex sind zunächst die Grundsätze und Verfahren zur Überwachung der Aussengrenzen (= Grenzen zwischen Schengen- und Nicht-Schengen-Staaten). Diese dürfen nur überschritten werden, wenn die vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllt sind. Personen, welche die Aussengrenzen überschreiten, unterstehen in jedem Fall einer Grenzübertrittskontrolle, deren Modalitäten (z.B. Einrichtung von getrennten Kontrollspuren an den Grenzübergangsstellen, obligatorische SIS-Abfragen, Abstempelung der Reisedokumente) im Einzelnen geregelt werden. Weiter wird das bei einer Einreiseverweigerung anzuwendende Verfahren geregelt (Erlass einer Verfügung, Beschwerdemöglichkeit usw.). Zudem enthält der Grenzkodex auch Vorschriften über das Personal, das die Grenzkontrollen durchführt, über die finanziellen Mittel für Grenzkontrollen sowie über die Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Staaten.

Neben der Grenzkontrolle an den Aussengrenzen regelt der Grenzkodex auch das Verfahren an den Binnengrenzen (= Grenzen zwischen den Schengen-Staaten).

6459

Dazu gehören insbesondere die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen, die vorübergehende Wiedereinführung dieser Kontrollen in besonderen Fällen und das dabei zur Anwendung kommende Verfahren.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 7937 ff.

15a

Beschluss 2006/228/JI des Rates vom 9. März 2006 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 81 vom 18.3.2006, S. 45

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

15b

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Beschluss 2007/533/JI [WE Nr. 42] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI fest, welcher die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat (vgl. WE Nr. 4), soweit sie den dritten Pfeiler betreffen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit). Konkret geht um die Möglichkeit, abhanden gekommene oder für ungültig erklärte Fahrzeugscheine oder Kfz-Kontrollschilder im SIS auszuschreiben.

Beschluss 2006/229/JI des Rates vom 9. März 2006 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 81 vom 18.3.2006, S. 46

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

16

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Beschluss 2007/533/JI [WE Nr. 42] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI fest, welcher die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat (vgl. WE Nr. 4), soweit sie den dritten Pfeiler betreffen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit). Konkret geht um die Möglichkeit zur SIS-Ausschreibung von abhanden gekommenen oder für ungültig erklärten Identitätsdokumenten (wie z. B. Pässen, Identitätskarten, Führerscheinen, Aufenthaltstitel und Reisedokumenten).

Entscheidung K(2006)2909 endg. der Kommission vom 28 Juni 2006 über die technischen Spezifikationen der Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.023), in Kraft seit 26. Oktober 2009

6460

Geändert durch:

Beschluss K(2011) 5499 endg. [WE Nr. 123]

Inhalt:

Mit dieser Entscheidung hat die Europäische Kommission erneut von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, die in der EU-Ausweisverordnung (Verordnung (EG) Nr.

2252/2004, WE Nr. 2) enthalten Vorgaben zu präzisieren. Die Entscheidung legt zusätzliche technische Spezifikationen für die Speicherung und den Schutz der biometrischen Daten (namentlich Fingerabdruckdaten) fest, welche in die von den Schengen-Staaten ausgestellten Pässe und Reisedokumente integriert werden. Diese Vorgaben sind entsprechend ihren Zweck nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, weshalb sie nicht im ABl. publiziert worden sind.

17

Entscheidung 2006/440/EG des Rates vom 1. Juni 2006 zur Änderung der Anlage 12 der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion sowie der Anlage 14a des Gemeinsamen Handbuchs betreffend die den Verwaltungskosten für die Bearbeitung von Visumanträgen entsprechenden Gebühren Fundstelle:

ABl. L 175 vom 29.6.2006, S. 77

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 362.380.002), in Kraft seit 28. März 2008 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

18

Mit der vorliegenden Entscheidung 2006/440/EG hat der Rat die Gebühren für die Bearbeitung von Visagesuchen angesichts gestiegener Verwaltungskosten angepasst. Neu können 60 Euro (früher 35 Euro) verlangt werden. Gleichzeitig wird die Visumgebühr für bestimmte Personenkategorien aufgehoben, beispielsweise für Forscherinnen und Forscher aus Drittstaaten, die sich zu Forschungszwecken innerhalb der Gemeinschaft bewegen.

Entscheidung Nr. 895/2006/EG vom 14. Juni 2006 zur Einführung einer vereinfachten Regelung für die Personenkontrollen an den Aussengrenzen, die darauf beruht, dass die Tschechische Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und die Slowakei bestimmte Dokumente für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig als ihren nationalen Visa gleichwertig anerkennen Fundstelle:

ABl. L 167 vom 20.6.2006, S. 1

Verfahren:

keine Übernahme versehentliche Notifikation durch die EU; Notifikation zurückgezogen am 4. Juli 2007

Inhalt:

19

Mit dieser Entscheidung werden gewisse Reiseerleichterungen für Drittstaatsangehörige vorgesehen, die im Besitze bestimmter von den Schengen-Staaten ausgestellter Dokumenten (z.B. Aufenthaltserlaubnisse, Langzeit-Visa) sind. Diese Dokumente sollen von Tschechien, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakei für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet solange als mit dem nationalen Visum gleichwertig anerkannt werden, als die Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für diese Staaten noch aussteht. Da sich Entscheidung nicht an die Schweiz, sondern ausschliesslich an die genannten EU-Mitgliedstaaten richtete, basierte deren Notifikation an die Schweiz auf einem Irrtum und wurde von der EU entsprechend zurückgezogen.

Entscheidung Nr. 896/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Einführung einer vereinfachten Regelung für die Personenkontrollen an den Aussengrenzen, die darauf beruht, dass die Mitgliedstaaten bestimmte von der Schweiz und von Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig anerkennen Fundstelle:

ABl. L 167 vom 20.6.2006, S. 8

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme)

Geändert durch:

Entscheidung 586/2008/EG [WE Nr. 61]

Diplomatische Note vom 28. März 2008

Seit Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands am 12. Dezember 2008 obsolet Inhalt:

Mit dieser Entscheidung wurde eine vereinfachte Regelung für die Personenkontrollen an den Aussengrenzen des Schengen-Raums eingeführt, um insbesondere den Arbeitsaufwand der Konsulate der Schengen-Staaten in der Schweiz zu begrenzen.

Der neuen Regelung zufolge wurde eine von der Schweiz oder von Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnis von den Schengen-Staaten als einem Visum gleichwertig anerkannt. Damit konnten visumspflichtige Drittstaatsangehörige, die in der Schweiz bzw. in Liechtenstein rechtmässig ansässig waren, aus diesen beiden Ländern durch den Schengen-Raum in einen anderen Drittstaat reisen, ohne ein Schengen-Durchreisevisum zu benötigen. Diese Erleichterung, die auch mit Blick auf den bevorstehenden Eintritt der Schweiz und Liechtensteins in den SchengenVerbund eingeführt wurde, ist mit der Aufnahme der operationellen Zusammenarbeit mit der Schweiz (12.12.2008) bzw. mit Lichtenstein (19.12.2011) obsolet geworden.

6461

20

Beschluss 2006/631/JI des Rates vom 24. Juli 2006 zur Festlegung des Beginns der Anwendung einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 256 vom 20.9.2006, S. 18

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

21

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Beschluss 2007/533/JI [WE Nr. 42] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen des Beschlusses 2005/211/JI fest, welcher die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat (vgl. WE Nr. 4), soweit sie den dritten Pfeiler betreffen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit). Konkret geht um die beschränkte Zugriffsmöglichkeit von Europol-Bediensteten und den nationalen Mitgliedern von Eurojust auf bestimmten Datenkategorien des SIS (insbesondere Art. 95-Ausschreibungen = Ausschreibungen zur Festnahme zwecks Auslieferung).

Beschluss 2006/560/JI des Rates vom 24. Juli 2006 zur Änderung des Beschlusses 2003/170/JI über die gemeinsame Inanspruchnahme von Verbindungsbeamten, die von den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten entsandt sind Fundstelle:

ABl. L 219 vom 10.8.2006, S. 31

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.011), in Kraft seit 28. März 2008

Inhalt:

22

Mit dem vorliegenden Beschluss 2006/560/JI werden die Rechtsgrundlagen für die gemeinsame Inanspruchnahme von Verbindungsbeamten, die von den Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten entsandt sind, im Lichte der gemachten Praxiserfahrungen revidiert. Neu ist zum einem die Möglichkeit, einem Schengen-Staat die Aufgabe zu übertragen, in einem bestimmten Land oder einer bestimmten Region die Zusammenarbeit mit der EU und den anderen Schengen-Staaten zu koordinieren (wozu auch die Initiative zur Einberufung von Treffen der Verbindungsbeamten gehört). Zum anderen sollen auch ins Ausland entsandte EuropolVerbindungsbeamte zur Weiterleitung von Informationen im Einklang mit dem Europol-Übereinkommen von den Schengen-Staaten in Anspruch genommen werden können.

Entscheidung 2006/684/EG des Rates vom 5. Oktober 2006 zur Änderung von Anlage 2 Liste A der Gemeinsamen konsularischen Instruktion betreffend die Visumpflicht für die Inhaber von indonesischen Diplomaten- und Dienstpässen Fundstelle:

ABl. L 280 vom 12.10.2006, S. 29

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.003), in Kraft seit 28. März 2008 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

6462

Mit der Entscheidung 2006/684/EG wird die in der Gemeinsamen konsularischen Instruktion (GKI) enthaltene, rein indikative Liste der Drittstaaten angepasst, deren Angehörige, soweit sie Inhaber von Diplomaten-, Amts- oder Dienstpässen sind, in einem oder mehreren Schengener Staaten nicht der Visumpflicht unterliegen. Die Festlegung der Visumspflicht für diese Personenkategorien liegt gemäss den einschlägigen Vorgaben des Schengen-Besitzstands (Verordnung (EG) Nr. 539/2001, vgl. Anhang B SAA) weiterhin in der Kompetenz der einzelnen Schengen-Staaten.

In casu möchten Belgien, Luxemburg und die Niederlande die Inhaber von indonesischen Diplomaten- und Dienstpässen von der Visumpflicht ausnehmen, weshalb die entsprechende Liste der GKI geändert wurde.

23

Empfehlung K(2006)5186 endg. der Kommission vom 6. November 2006 über einen gemeinsamen «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)», der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen heranzuziehen ist Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Geändert durch:

Empfehlung K(2008) 2976 endg. [WE Nr. 59] Empfehlung K(2010) 5559 endg. [WE Nr. 112] Empfehlung K(2011) 3918 endg. [WE Nr. 118]

Inhalt:

24

Mit dieser Empfehlung hat die Europäische Kommission einen gemeinsamen «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)» vorgelegt ­ mit dem Ziel, eine möglichst einheitliche praktische Anwendung der einschlägigen Vorschriften und Grundsätze betreffend die Durchführung von Grenzkontrollen zu gewährleisten. Zu diesem Zweck enthält der Leitfaden zuhanden der zuständigen nationalen Behörden eine Zusammenstellung von gemeinsamen Richtlinien, bewährten Verfahren und Empfehlungen für die Wahrnehmung der erforderlichen Grenzschutzaufgaben (best practices). Diese Vorgaben sind als Verwaltungsweisungen zu verstehen, die bei der Auslegung der einschlägigen Vorschriften des SchengenBesitzstands heranzuziehen sind, denen aber als solchen keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt. Der Europäischen Kommission obliegt es, das Handbuch in regelmässigen Abständen auf den neuesten Stand zu bringen (vgl. WE Nr. 59, 112 und 118).

Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Festlegung von Vorschriften über den kleinen Grenzverkehr an den Landaussengrenzen der Mitgliedstaaten sowie zur Änderung der Bestimmungen des Übereinkommens von Schengen Fundstelle:

ABl. L 405 vom 30.12.2006, S. 1; berichtigt in ABl. L 29 vom 3.2.2007, S. 3

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

25

Um zu verhindern, dass die Aussengrenzen des Schengen-Raumes zu einem Hemmnis für den Handel, den sozialen und kulturellen Austausch oder die regionale Zusammenarbeit mit den angrenzenden Drittstaaten werden, hat der Rat mit der Verordnung (EG) 1931/2006 ein gemeinsames Regime für den kleinen Grenzverkehr erlassen. Die Regelung stellt eine Ausnahmeregelung zu den allgemeinen Regeln dar, die im Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) für die Aussengrenzkontrollen festgelegt sind. Die in der Verordnung im Einzelnen festgelegten Kriterien für einen erleichterten Grenzübertritt schaffen einen Ausgleich zwischen den Interessen von Bonafide-Grenzbewohnerinnen und -bewohnern, die berechtigte Gründe haben, eine Landaussengrenze häufig zu überschreiten, einerseits und der Notwendigkeit, illegale Einwanderung und eine mögliche Gefährdung der Sicherheit durch kriminelle Aktivitäten zu verhüten, andererseits. Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz keine Land-Aussengrenzen aufweist, ist die entsprechende Regelung nicht von praktischer Bedeutung.

Verordnung (EG) Nr. 1932/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind Fundstelle:

ABl. L 405 vom 30.12.2006, S. 23; berichtigt in ABl. L 29 vom 3.2.2007, S. 10

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.004), in Kraft seit 28. März 2008

6463

Inhalt:

26

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1932/2006 wurde Bolivien auf die Liste der visumspflichtigen Drittländer gesetzt, während die Kleinstaaten Antigua und Barbuda, Bahamas, Barbados, Mauritius, Seychellen sowie St. Christoph und Nevis von der Visumpflicht für das Überschreiten der Schengen-Aussengrenze zum Zweck eines kurzfristigen Aufenthalts (max. drei Monate pro Halbjahreszeitraum) befreit wurden (vgl. Verordnung (EG) Nr. 539/2001, Anhang B SAA). Von den Bestimmungen nicht erfasst wird der Fall, dass die entsprechenden Personen für einen langfristigen Aufenthalt (Aufenthalt von mehr als drei Monaten innerhalb von sechs Monaten, gerechnet ab der Ersteinreise) einreisen oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen. Hier bleibt die Visumpflicht nach nationalem Recht bestehen. Die Visumbefreiung bedeutet zudem nicht den Wegfall sämtlicher Einreisevoraussetzungen, die der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) für das Überschreiten der Aussengrenzen aufstellt. Ist eine der übrigen Einreisevoraussetzungen (gültiges Reisedokument, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Aufenthalts, keine Ausschreibung im SIS zur Einreiseverweigerung und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) nicht erfüllt, wird die Einreise in den Schengen-Raum verweigert.

Entscheidung 2006/752/EG der Kommission vom 3. November 2006 zur Bestimmung der Standorte für das Visa-Informationssystem während der Entwicklungsphase Fundstelle:

ABl. L 305 vom 4.11.2006, S. 13

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008 Seit der Inbetriebnahme des VIS (WE Nr. 63) am 11. Oktober 2011 obsolet.

Inhalt:

27

Mit der vorliegenden Entscheidung werden als Standorte für das Visa-Informationssystem (VIS) einschliesslich des Kommunikationsnetzwerks Strassburg in Frankreich und für das Notfallsystem St. Johann im Pongau in Österreich definiert.

Diese Standorte entsprechen denen des SIS II, stützt sich doch das VIS auf eine zentralisierte Systemarchitektur und eine mit dem SIS II gemeinsame technische Plattform.

Entscheidung 2006/648/EG der Kommission vom 22. September 2006 über die technischen Standards für biometrische Merkmale im Hinblick auf die Einrichtung des Visa-Informationssystems Fundstelle:

ABl. L 267 vom 27.9.2006, S. 41

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

28

Mit dieser Entscheidung hat die Europäische Kommission, die namentlich mit der Entwicklung des zentralen Visa-Informationssystems (C-VIS) beauftragt ist, die erforderlichen technischen Standards definiert, die im Hinblick auf die Einbeziehung biometrischer Daten von Bedeutung sind. Da die Qualität und Zuverlässigkeit der biometrischen Identifikationsmerkmale von grösster Bedeutung ist, wurden die technischen Standards so festgelegt, dass die Erfüllung dieser Qualitäts- und Zuverlässigkeitskriterien gewährleistet ist. Dabei wurde auf Übereinstimmung mit den Standards der ICAO geachtet. Die Entscheidung ermöglicht es den einzelnen Schengen-Staaten, die richtigen vorbereitenden Massnahmen für den Anschluss ihrer nationalen Systeme (nationale Schnittstelle) an das zentrale Visa-Informationssystem zu treffen.

Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.008), in Kraft seit 17. Oktober 2008 ( anwendbar seit dem 9. April 2013)

Inhalt:

6464

Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 war aufgrund der Drei-Pfeiler-Struktur der EU für die Einrichtung des SIS II eine zweifache sekundärrechtliche Grundlage notwendig. Die vorliegende Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 bildet die Rechtsgrundlage für jene Aspekte des SIS II, die in den ersten Pfeiler (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung) fallen. Für die Belange, die in den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (dritter Pfeiler) fallen, bildet der Beschluss 2007/533/JI (WE Nr. 42) die entsprechende, parallel ausgestaltete Rechtsgrundlage. Die vorliegende Verordnung präzisiert die Ziele, die Systemarchitektur und die Finanzierung des SIS II und enthält Vorschriften für den

Betrieb und die Nutzung des Systems sowie die Zuständigkeiten, die in das System einzugebenden Datenkategorien, die Eingabezwecke und -kriterien, die zugriffsberechtigten Behörden und die Verknüpfung von Ausschreibungen sowie weitere Vorschriften über die Datenverarbeitung und den Schutz personenbezogener Daten.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 8602 ff.

29

Beschluss 2006/1007/JI des Rates vom 21. Dezember 2006 zur Änderung des Beschlusses 2001/886/JI über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 411 vom 30.12.2006, S. 78; berichtigt in ABl. L 27 vom 2.2.2007, S. 43

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008 Mit Inbetriebnahme des SIS II obsolet geworden

Inhalt:

30

Der Beschluss 2006/1007/JI, welcher auf jene Aspekte des SIS II Anwendung findet, die in den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (dritter Pfeiler) fallen, wurde aufgrund der eingetretenen Verzögerungen bei der Entwicklung des SIS II die Laufzeit des ursprünglichen Projekts (vgl. Beschluss 2001/886/JI, Anhang B SAA) verlängert, um auf Ebene der EU die haushaltskonforme Finanzierung des Vorhabens der Entwicklung des SIS II einschliesslich der Schaffung der Kommunikationsinfrastruktur über den 31. Dezember 2006 hinaus sicherzustellen.

Verordnung (EG) Nr. 1988/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 411 vom 30.12.2006, S. 1; berichtigt in ABl. L 27 vom 2.2.2007, S. 3

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008 Mit Inbetriebnahme des SIS II obsolet geworden

Inhalt:

31

Die Verordnung (EG) Nr. 1988/2006, welche auf jene Aspekte des SIS II Anwendung findet, die in den ersten Pfeiler (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung) fallen, wurde aufgrund der eingetretenen Verzögerungen bei der Entwicklung des SIS II die Laufzeit des ursprünglichen Projekts (vgl. Verordnung (EG) Nr.

2424/2001, Anhang B SAA) verlängert, um auf Ebene der EU die haushaltskonforme Finanzierung des Vorhabens der Entwicklung des SIS II einschliesslich der Schaffung der Kommunikationsinfrastruktur über den 31. Dezember 2006 hinaus sicherzustellen.

Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Zugang von für die Ausstellung von Kfz-Zulassungsbescheinigungen zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.009), in Kraft seit 17. Oktober 2008 (anwendbar seit dem 9. April 2013)

Inhalt:

Die Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 erweitert den Kreis der Behörden, die auf das SIS II Zugriff haben, zugunsten der Motorfahrzeugkontrollbehörden. Inhaltlich enthält die vorliegende Verordnung eine Parallelregelung zur Verordnung (EG) Nr.

1160/2005 (WE Nr. 9), welche die Zugriffsberechtigung der Motorfahrzeugkontrollbehörden für das SIS I vorsieht. Auch im vorliegenden Fall bleibt die Zugriffsberechtigung auf Daten betreffend gestohlene, unterschlagene oder sonst abhanden gekommene Fahrzeuge sowie auf Daten zu ungültig erklärten Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge oder Kennzeichenschilder beschränkt.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 8605.

32

Entscheidung K(2005)5159 endg. der Kommission vom 15. Dezember 2005 zur Durchführung der Entscheidung 2005/267/EG des Rates zur Einrichtung eines sicheren web-gestützten Informations- und Koordinierungsnetzes für die Migrationsbehörden der Mitgliedstaaten Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28. März 2008

6465

Inhalt:

33

Mit dieser Entscheidung hat die Europäische Kommission die notwendigen Vollzugsmassnahmen erlassen, die für den Austausch von technischen, strategischen und operationellen Informationen im Migrationsbereich auf der Grundlage des internetbasierten ICONet (WE Nr. 5) erforderlich sind. Dazu gehören neben Vorschriften über die Inhalt und Form der auszutauschenden Informationen (wie z.B. Musterformulare für die Meldung von Ereignissen im Rahmen des Frühwarnsystems im Bereich der illegalen Einreise) in erster Line Datenschutzregeln, die den Zugang zu ICONet, den Umgang mit vertrauenswürdigen Daten oder die Speicherung und Mutation von Daten sowie die Datensicherung zum Gegenstand haben, um unberechtigten Zugriffen und Datenbearbeitungen vorzubeugen.

Entscheidung 2005/687/EG der Kommission vom 29. September 2005 betreffend das Format der Berichte über die Tätigkeiten der Netze von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen und über die Lage im Gastland im Bereich der illegalen Einwanderung Fundstelle:

ABl. L 264 vom 8.10.2005, S. 8

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

34

Mit der Verordnung EG) Nr. 377/2004, die die Schweiz bereits anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA), wurde ein Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (ILO-Netz) geschaffen. Durch die Vernetzung der von einzelnen Schengen-Staaten ins Drittausland delegierten Verbindungsbeamten sollen Synergien genutzt und die Koordination unter den Schengen-Staaten verstärkt werden, um insbesondere die illegale Einwanderung zu bekämpfen und die Rückkehr illegaler Migrantinnen und Migranten zu fördern. Zu diesem Zweck werden mit der vorliegenden Entscheidung der Europäischen Kommission Inhalt und Form der Lageberichte standardisiert, die im Rahmen des ILONetzes jährlich über illegale Einwanderung, Schleuserkriminalität, Menschenhandel und Rückführungen verfasst und über das Netzwerk den anderen Schengen-Staaten zur Kenntnis gebracht werden.

Entscheidung 2007/170/EG der Kommission vom 16. März 2007 über die Netzanforderungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (erste Säule) Fundstelle:

ABl. L 79 vom 20.3.2007, S. 20

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

35

Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009, war aufgrund der Drei-Pfeiler-Struktur der EU für die Errichtung des SIS II stets eine zweifache sekundärrechtliche Grundlage notwendig. In der vorliegenden Entscheidung legt die Europäische Kommission die technische Spezifikationen für das Kommunikationsnetz, dessen Bestandteile und die besonderen Netzanforderungen fest, welche die Schengen-Staaten bei der Entwicklung des SIS II, insbesondere im Hinblick auf den Aufbau der nationalen Schnittstellen (N.SIS) zu beachten haben.

Während diese Vorgaben für jenen Teil des SIS gelten, die in den Anwendungsbereichs des ersten Pfeilers fallen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung), enthält der Beschluss 2007/171/EG (WE Nr. 62) eine inhaltsgleiche Regelung für die SIS-Aktivitäten, die in den dritten Pfeiler fallen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit).

Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der EU [sog. Schwedische Initiative] Fundstelle:

ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89; berichtigt in ABl. L 75 vom 15.3.2007,, S. 26

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (0.362.380.024), in Kraft seit 21. Oktober 2009

Inhalt:

6466

Angesichts der Tatsache, dass die bisherigen Rechtsgrundlagen (Art. 39 und 46 SDÜ) für den polizeilichen Informationsaustausch mangels hinreichender Konkretisierung in der Praxis nicht im gewünschten Umfang in Anspruch genommen worden sind, will der vorliegende Rahmenbeschluss 2006/960/JI den Austausch von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Schengen-Staaten vereinfachen. Im Hinblick auf einen raschen und unbürokratischen Austausch von Informationen über schwerwiegende Straftaten und terroristische Handlungen unterscheidet der Rahmenbeschluss zwischen zwei Fällen: Im Rahmen des Informationsaustausches auf Ersuchen (erster Fall) werden die nationalen Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, die verfügbaren Informationen nach

Massgabe des nationalen Rechts und ihrer jeweiligen Zuständigkeit auszutauschen.

Mit anderen Worten bestimmt sich der genaue Umfang der Informationsweitergabe nach dem bestehenden nationalen Recht. Die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden betreffend die Datenbeschaffung und -weitergabe werden materiell nicht erweitert. Vielmehr macht der Rahmenbeschluss präzise Vorgaben zum Verfahren, indem die Anlaufstellen und die einzuhaltenden Formvorschriften (Formulare) bestimmt und kurze Bearbeitungsfristen vorgegeben werden. Demgegenüber werden im Hinblick auf die spontane Informationsübermittlung (zweiter Fall) die bisherigen Möglichkeiten insofern erweitert, als die Strafverfolgungsbehörden neu nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sind, die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen im Einzelfall an ihre Partnerbehörden im Schengen-Ausland weiterzuleiten, wenn angenommen werden muss, dass Informationen zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten dienen könnten. Insgesamt folgt der Rahmenbeschluss konzeptionell dem sog. Disponibilitätsprinzip, wonach die den Behörden vorliegenden Informationen auch den Partnerbehörden zur Verfügung gestellt werden sollen.

Soweit also innerstaatlich ein Informationsaustausch vorgesehen ist, soll dieser unter den gleichen Bedingungen auch grenzüberschreitend mit den Partnerbehörden der anderen Schengen-Staaten möglich sein.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2008 9061 ff.

36

Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme Fundstelle:

ABl. L 144 vom 6.6.2007, S. 22

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.024), vorläufig angewendet ab 20. März 2010; in Kraft seit 9. Februar 2011

Durchgeführt durch: Entscheidung 2007/599/EG [WE Nr. 43]; Entscheidung 2008/456/EG [WE Nr. 57], geändert durch Entscheidung 2009/538/EG [WE Nr. 87], Beschluss 2010/69/EU [WE Nr. 103] und Beschluss 148/2011/EU [WE Nr. 115]; Beschluss K(2011) 1582 endg. [WE Nr. 116]; Beschluss K(2012)9883 endg. [WE Nr. 129]; Beschluss K(2012) 9771 endg. [WE Nr. 130]; Beschluss K(2013) 220 endg. [WE Nr. 140].

Inhalt:

Die Entscheidung Nr. 574/2007/EG bildet die zentrale Rechtsgrundlage für die Errichtung des Aussengrenzenfonds. Dieser ist ein Solidaritätsfonds zur Unterstützung vor allem jener Schengen-Staaten, welche aufgrund der Länge oder geopolitischen Bedeutung ihrer Land- und/oder Seegrenzen auf Dauer hohe Kosten für den Schutz der Aussengrenzen tragen müssen. Der Fonds soll dazu beitragen, die Effizienz der Kontrollen und damit den Schutz der Aussengrenzen zu verbessern sowie die illegale Einreise in den Schengen-Raum zu verringern. Die Schengen-Staaten können für die von ihnen geplanten Massnahmen in diesem Bereich um finanzielle Unterstützung aus dem Aussengrenzenfonds ersuchen. Für den Zeitraum 2007­ 2013 wurde die Finanzausstattung des Fonds auf insgesamt 1820 Mio. Euro festgesetzt. Die in der Entscheidung enthaltenen Verfahren und Grundsätze werden durch detaillierte Durchführungserlasse der Europäischen Kommission weiter konkretisiert (vgl. WE Nr. 43, 57, 87, 103, 115, 116, 129, 130 und 140).

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2010 1669 ff.

Zusatzvereinbarung: Zusatzvereinbarung vom 19. März 2010 (SR 0.362.312), vorläufig angewendet ab 20. März 2010; in Kraft seit 1. April 2011.

Die Vereinbarung wurde zusammen mit dem Notenaustausch vom Parlament genehmigt (vgl. Art. 2 BB vom 1. Oktober 2010, AS 2011 977). Sie regelt die Modalitäten der Beteiligung der assoziierten Staaten am Aussengrenzenfonds, namentlich was die finanzielle Beteiligung am Fonds (Berechnungsmethode), die daraus zugewiesenen Mittel sowie die Finanzkontrolle betrifft.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2010 1674 ff.

6467

37

Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten [RABIT-Verordnung] Fundstelle:

ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 30

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.019), in Kraft seit 30. Januar 2009

Inhalt:

Die Verordnung (EG) Nr. 863/2007 beinhaltet eine Änderung der FRONTEXVerordnung (WE Nr. 1), um das Mandat und den Aktionsradius von FRONTEX zu erweitern. Neu kann die Agentur auf Ersuchen eines Schengen-Staates, der mit einer ausserordentlichen Migrationssituation konfrontiert ist, Soforteinsatzteams von Grenzbeamten (sog. Rapid Intervention Teams, RABITS) zur Verfügung stellen.

Die von FRONTEX koordinierte Entsendung solcher Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke ist jeweils zeitlich begrenzt und führt nicht zu einer Verschiebung der Kontrollverantwortung. Der ersuchende Schengen-Staat leitet den Einsatz und trägt die Führungsverantwortung. Um derartige Einsätze zur ermöglichen, sind alle Schengen-Staaten grundsätzlich verpflichtet, eine unbestimmte Anzahl von Grenzschutzbeamten für den RABIT-Pool zur Verfügung zu halten und gemäss den von der Agentur festgelegten Anforderungen auszubilden. FRONTEX bietet entsprechende Lehrgänge und Übungen an und übernimmt die entstehenden Kosten.

Es ist Aufgabe von FRONTEX, die spezifischen Anforderungsprofile und Gesamtzahl der Grenzschutzbeamten des RABIT-Pools festzulegen. Im Einsatzfall entsendet ein Schengen-Staat auf Anfrage hin die für einen konkreten Einsatz erforderlichen Fachleute aus dem Pool, es sei denn eine besondere nationale Lage verunmögliche ihm eine solche Entsendung. Er bleibt zudem frei, was die Auswahl der Fachleute und die Dauer ihres Einsatzes anbelangt.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2008 1455 ff.

38

Beschluss 2007/473/EG des Rates vom 25. Juni 2007 über die Freigabe von bestimmten Teilen des SIRENE-Handbuchs, das durch den mit dem Übereinkommen zur Durchführung des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985 eingesetzten Exekutivausschuss angenommen wurde Fundstelle:

ABl. L 179 vom 7.7.2007, S. 52

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008 Mit Inbetriebnahme des SIS II obsolet geworden

Inhalt:

39

Mit dem vorliegenden Beschluss werden bestimmte Teile des SIRENE-Handbuches zum SIS I in der Fassung der Entscheidung 2006/757/EG (vgl. WE Nr. 47) bzw. der Beschlusses 2006/758/EG (WE Nr. 48) freigegeben, soweit dies aus Gründen der Geheimhaltung möglich ist. Das SIRENE-Handbuch regelt im Sinne einer Verwaltungsweisung die Aufgaben und konkreten Verfahrensweisen der SIRENE-Büros, die als zentrale Anlaufstellen den grenzüberschreitenden Austausch von Zusatzinformationen im Zusammenhang mit SIS-Ausschreibungen sicherstellen.

Beschluss 2007/472/EG des Rates vom 25. Juni 2007 zur Änderung des Beschlusses des mit dem Schengener Übereinkommen von 1990 eingesetzten Exekutivausschusses zur Änderung der Finanzregelung für die Einrichtung und den Betrieb der technischen Unterstützungseinheit für das Schengener Informationssystem (C.SIS) Fundstelle:

ABl. L 179 vom 7.7.2007, S. 50

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

6468

Im SDÜ ist vorgesehen, dass die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb des C.SIS von allen Schengen-Staaten gemeinsam getragen werden. Mit dem vorliegenden Beschluss wird sichergestellt, dass sich die 2004 der EU neu beigetretenen Mitgliedsstaaten (Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei) an der entsprechenden Finanzregelung beteiligen, welche die sich daraus ergebenden finanziellen Verpflichtungen im Einzelnen regelt. Zudem stellt der Beschluss sicher, dass sich die genannten Staaten auch an den in der Vergangenheit angefallenen Kosten für die Errichtung und den Betrieb des SIS I beteiligen.

40

Beschluss 2007/471/EG des Rates vom 12. Juni 2007 über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über das Schengener Informationssystem in der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik Fundstelle:

ABl. L 179 vom 7.7.2007, S. 46

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

41

Für die Ausdehnung der operationellen Zusammenarbeit von Schengen auf neue Mitglieder ist stets ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen, im Rahmen dessen zunächst die Bereitschaft der Staaten überprüft wird, die Gesamtheit des SchengenBesitzstands korrekt anzuwenden (sog. Schengen-Evaluation), bevor der Rat der EU schliesslich die vollständige Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für den betreffenden Staat beschliessen kann. Mit dem vorliegenden Beschluss 2007/471/EG hat der Rat gestützt auf die positiven Evaluationsergebnisse im Bereich des Datenschutzes festgestellt, dass die im Titel genannten EU-Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für eine teilweise Inkraftsetzung der Bestimmungen über das Schengener Informationssystem (SIS) erfüllen. Damit wurde der Weg für den Beginn der nächste Etappe der Evaluation im Bereich des SIS frei, kann doch dieser Bereich ohne den Austausch von Echtdaten nicht evaluiert werden. Bis zur vollständigen Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands galten jedoch gewisse Einschränkungen hinsichtlich der Einspeisung von Daten ins SIS und deren Verarbeitung. Namentlich konnten die betreffenden Staaten noch keine Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung (Art. 96 SDÜ) über das SIS verbreiten.

Haushalt für die Einrichtung und den Betrieb des C.SIS für 2007 Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 28. März 2008

Inhalt:

42

Das vorliegende Ratsdokument weist zum Zwecke der Information den für die Einrichtung und den Betrieb der Zentraleinheit des SIS (C.SIS) anbegehrten Haushaltvoranschlag für das Jahr 2007 aus (provisorisches Budget). Das Dokument entfaltet keinerlei Verpflichtungswirkung, weshalb es von der Schweiz lediglich zur Kenntnis genommen wurde. Es handelt sich dabei allerdings um einen Einzelfall.

Da es sich im Grunde um keine eigentliche Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands handelt, verzichtete die EU in der Folge darauf, der Schweiz derartige Informationen über das Übernahmeverfahren gemäss Artikel 7 SAA förmlich zur Kenntnis zu bringen (Notifikation).

Beschluss 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 205 vom 7.8.2007, S. 63

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.007), in Kraft seit 17. Oktober 2008 (anwendbar seit dem 9. April 2013)

Inhalt:

Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 war aufgrund der Drei-Pfeiler-Struktur der EU für die Einrichtung des SIS II eine zweifache sekundärrechtliche Grundlage notwendig. Der vorliegende Beschluss 2006/1007/JI bildet die Rechtsgrundlage für jene Aspekte des SIS II, die in den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (dritter Pfeiler) fallen. Für die Belange, die in den ersten Pfeiler (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung) fallen, bildet die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (WE Nr. 28) die entsprechende, parallel ausgestaltete Rechtsgrundlage. Der vorliegende Beschluss präzisiert die Ziele, die Systemarchitektur und die Finanzierung des SIS II und enthält Vorschriften für den Betrieb und die Nutzung des Systems sowie die Zuständigkeiten, die in das System einzugebenden Datenkategorien, die Eingabezwecke und -kriterien, die zugriffsberechtigten Behörden und die Verknüpfung von Ausschreibungen sowie weitere Vorschriften über die Datenverarbeitung und den Schutz personenbezogener Daten.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2007 8602 ff.

6469

43

Entscheidung 2007/599/EG der Kommission vom 27. August 2007 zur Durchführung der Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Annahme strategischer Leitlinien für den Zeitraum 2007 bis 2013 Fundstelle:

ABl. L 233 vom 5.9.2007, S. 3

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 28. März 2008 (SR 0.362.380.033), vorläufige Anwendung ab 20. März 2010, in Kraft seit 2. Februar 2011

Inhalt:

Mit der vorliegenden Entscheidung 2007/599/EG konkretisiert die Europäische Kommission die zentrale Rechtsgrundlage zum Aussengrenzenfonds (Entscheidung Nr. 574/2007/EG, WE Nr. 36). Inhaltlich geht es um die Festlegung von übergeordneten und spezifischen Prioritäten (sog. strategischen Leitlinien), im Lichte derer die Europäische Kommission förderungswürdige nationale Projekte zwecks KoFinanzierung durch Mittel des Aussengrenzenfonds beurteilt. Zu diesen Prioritäten gehören etwa die Einrichtung eines integrierten Grenzschutzsystems, die Implementierung eines europäischen Aussengrenzüberwachungssystems oder Massnahmen im Bereich Visaerteilung und Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Dient ein nationales Projekt einem dieser Prioritäten, so kann der Fondsbeitrag an die Kosten auf 75 % erhöht werden. Die Schengen-Staaten sind daher bei der Festlegung ihrer Mehrjahresprogramme gehalten, diese Kriterien im Hinblick auf die Auswahl von Projekten, für die sie die Ko-Finanzierung aus Geldern des Fonds beantragen, zu berücksichtigen.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2010 1672 f.

44

Entscheidung K(2007) 6436 endg. der Kommission vom 20. Dezember 2007 zur Änderung des SIRENEHandbuchs Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28.

März 2008 Mit Übergang zum SIS II obsolet geworden

Inhalt:

45

Die vorliegende Entscheidung der Kommission ändert das SIRENE-Handbuch zum SIS I, welches sich im Sinne eines Praxisleitfadens an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SIRENE-Büros richtet und Weisungen mit einer detaillierten Beschreibung der Vorschriften und Verfahren für den bilateralen oder multilateralen Austausch der Zusatzinformationen im Zusammenhang mit SIS-Abfragen enthält.

Im Hinblick auf die Anbindung der neuen EU-Mitgliedstaaten an das SIS I wurden im SIRENE-Handbuch die Grundsätze der Eingabe, Anzeige und Abfrage der Daten im SIS (Transliterationsregeln) geändert. Diese Regeln sind erforderlich, um Missverständnisse bei der Datenverwendung als Folge der verschiedenen Sprachen innerhalb der EU zu vermeiden.

Entscheidung 2007/866/EG des Rates vom 6. Dezember 2007 zur Änderung von Teil 1 des Schengener Konsultationsnetzes (Pflichtenheft) Fundstelle:

ABl. L 340 vom 22.12.2007, S. 92

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28.

März 2008 Wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out obsolet

Inhalt:

6470

Mit dem Beschluss 2007/866/EG legt der Rat die technischen Voraussetzungen fest, die den neuen EU-Mitgliedstaaten, die den Schengen-Besitzstand seit dem 21. Dezember 2007 uneingeschränkt anwenden (vgl. WE Nr. 49), die Einbindung in die Konsultationsmechanismen ermöglichen. Das Schengener Konsultationsnetz (VISION) wurde errichtet, um bei Visumanträgen von Angehörigen sensitiver Länder die Konsultation der zentralen Behörden der anderen Schengen-Staaten zu ermöglichen. Lehnt der konsultierte Schengen-Staat die Visumerteilung im Einzelfall ab, so ist die Ausstellung eines Schengen-Visums ausgeschlossen und es darf ­ unter engen Voraussetzungen ­ höchstens ein auf das jeweilige nationale Territorium begrenztes, nationales Visum ausgestellt werden.

46

Entscheidung 2007/519/EG des Rates vom 16. Juli 2007 zur Änderung von Teil 2 des Schengener Konsultationsnetzes (Pflichtenheft) Fundstelle:

ABl. L 192 vom 24.7.2007, S. 26

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28. März 2008 Wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out obsolet

Inhalt:

47

Mit der Entscheidung 2007/519/EG nimmt der Rat einige technische Änderungen an den Antragsformularen, die im Rahmen des vor der Erteilung eines SchengenVisums durchzuführenden Konsultationsverfahrens verwendet werden. Inhaltlich geht es um die Einfügung eines neuen Datenfelds, um die konsultierte Behörde darüber in Kenntnis zu setzen, ob und aus welchen Gründen das ein Visumgesuch eines freizügigkeitsbegünstigten Drittstaatsangehörigen abgelehnt wurde.

Entscheidung 2006/757/EG der Kommission vom 22. September 2006 zur Änderung des SIRENEHandbuchs Fundstelle:

ABl. L 317 vom 16.11.2006, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28. März 2008 Mit Übergang zum SIS II obsolet geworden

Inhalt:

48

Die vorliegende Entscheidung 2006/757/EG der Europäischen Kommission ändert das SIRENE-Handbuch zum SIS 1+ in Bezug auf jene Angelegenheiten, die in den ersten Pfeiler der EU fallen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung). Das SIRENE-Handbuch richtet sich im Sinne eines Praxisleitfadens an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SIRENE-Büros und enthält Weisungen mit einer detaillierten Beschreibung der Vorschriften und Verfahren für den bilateralen oder multilateralen Austausch der Zusatzinformationen im Zusammenhang mit SIS-Abfragen.

Die Änderungen betreffen vor allem den Detaillierungsgrad der im Handbuch festgelegten Prozesse sowie die Handhabung von noch nicht geregelten Arbeitsabläufen (z.B. Vorgehensweise im Falle einer missbräuchlich verwendeten Identität).

Beschluss 2006/758/EG der Kommission vom 22. September 2006 zur Änderung des SIRENE-Handbuchs Fundstelle:

ABl. L 317 vom 16.11.2006, S. 41

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28.

März 2008 Mit Übergang zum SIS II obsolet geworden

Inhalt:

49

Der vorliegende Beschluss 2006/758/EG der Europäischen Kommission ändert das SIRENE-Handbuch zum SIS 1+ in Bezug auf jene Angelegenheiten, die in den dritten Pfeiler der EU fallen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit). Das SIRENE-Handbuch richtet sich im Sinne eines Praxisleitfadens an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SIRENE-Büros und enthält Weisungen mit einer detaillierten Beschreibung der Vorschriften und Verfahren für den bilateralen oder multilateralen Austausch der Zusatzinformationen im Zusammenhang mit SIS-Abfragen.

Der Beschluss ist inhaltsgleich zur Entscheidung 2006/757/EG (WE Nr. 47). Entsprechend betreffen die Änderungen ebenfalls vor allem den Detaillierungsgrad der im Handbuch festgelegten Prozesse sowie die Handhabung von noch nicht geregelten Arbeitsabläufen (z.B. Vorgehensweise im Falle einer missbräuchlich verwendeten Identität).

Beschluss 2007/801/EG des Rates vom 6. Dezember 2007 über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik Fundstelle:

ABl. L 323 vom 8.12.2007, S. 34

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 28. März 2008

6471

Inhalt:

50

Für die Ausdehnung der operationellen Zusammenarbeit von Schengen auf neue Mitglieder ist stets ein mehrstufiges Verfahren zu durchlaufen, im Rahmen dessen zunächst die Bereitschaft der Staaten überprüft wird, die Gesamtheit des SchengenBesitzstands korrekt anzuwenden (sog. Schengen-Evaluation), bevor der Rat der EU schliesslich die vollständige Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für den betreffenden Staat beschliessen kann. Mit dem vorliegenden Beschluss 2007/471/EG ist dies geschehen. Gestützt auf die positiven Evaluationsergebnisse hat der Rat festgestellt, dass die Voraussetzungen für den Beginn der operationellen Zusammenarbeit mit den genannten EU-Mitgliedstaaten erfüllt sind. Entsprechend wurde das Datum für den Beginn der Zusammenarbeit auf den 21. Dezember 2007 bzw. auf den 30. März 2008 (Umstellung des Kontrollregimes an den Flughäfen) festgesetzt.

Entscheidung 2008/333/EG der Kommission vom 4. März 2008 zur Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 123 vom 8.5.2008, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 4. April 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 4. April 2008

51

Aufgehoben durch:

Durchführungsbeschluss 2013/115/EU [WE Nr. 141]

Inhalt:

Mit der vorliegenden Entscheidung 2008/333/EG zur Annahme des SIRENEHandbuchs konkretisiert die Europäische Kommission die rechtlichen Grundlagen zum SIS II, die in der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (WE Nr. 28) für jene Aspekte enthalten sind, die in den Bereich des ersten Pfeilers (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung) fallen. Das SIRENE-Handbuch zum SIS II enthält im Sinne eines Praxisleitfadens (Verwaltungsweisung) detaillierte Vorgaben zur Handhabung dieser Bestimmungen in der Praxis. Es richtet sich in erster Linie an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SIRENE-Büros und regelt deren Aufgaben und Verfahrensweisen im Hinblick auf den Austausch von Zusatzinformationen. Im Anhang des SIRENE-Handbuchs werden technische Durchführungsbestimmungen aufgeführt, die die Kompatibilität zwischen dem zentralen (C.SIS) und den nationalen Systemen (N.SIS) gewährleisten sollen (Transliterationsregeln, Codetabellen für die einheitliche Nutzung des SIS sowie die anwendbaren SIRENE-Formulare). Der Inhalt des Beschlusses entspricht dem Beschluss 2008/334/JI (WE Nr. 66), welcher jene Aspekte des SIS II abdeckt, die in den dritten Pfeiler der EU fallen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit).

Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom 18. April 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige Fundstelle:

ABl. L 115 vom 29.4.2008, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 30. Juni 2008 (SR 0.362.380.043), in Kraft seit 13. Oktober 2010

Inhalt:

Nach den Vorgaben des Schengen-Besitzstand, insbesondere des SDÜ, sind Drittstaatsangehörige, die Inhaberin oder Inhaber eines von einem Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, berechtigt, sich visumsfrei für einen Zeitraum von maximal 3 Monaten im gesamten Schengen-Raum frei zu bewegen. Vor diesem Hintergrund wurde die Ausgestaltung dieser nationalen Aufenthaltstitel mit der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002, die die Schweiz bereits anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA), schengenweit vereinheitlicht. Mit der vorliegenden Änderungsverordnung werden die technischen Anforderungen an die Ausländerausweise überarbeitet, um insbesondere die Integration biometrischer Merkmale (Lichtbild, Abdrücke von zwei Fingern) zu ermöglichen und damit die Dokumentensicherheit zu erhöhen (verbesserter Schutz vor Fälschung und vor betrügerischer Verwendung der Ausweise). Die Verordnung enthält dabei lediglich die nicht geheimen Spezifikationen, während die übrigen (der Geheimhaltung unterliegenden) Anforderungen von der Europäischen Kommission gesondert erlassen wurden: durch Entscheidung K(2009) 3370 endg. (WE Nr. 84) sowie durch Beschluss K(2011) 5478 endg. (WE Nr. 124).

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2010 51 ff.

6472

52

Entscheidung 2008/374/EG des Rates vom 29. April 2008 zur Änderung von Anlage 3 Teil I der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion betreffend Drittstaatsangehörige, die ein Visum für den Flughafentransit benötigen Fundstelle:

ABl. L 129 vom 17.5.2008, S. 46

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 30. Juni 2008 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

53

Mit diesem Beschluss 2008/374/EG wird eine Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) betreffend Flughafentransitvisa vorgenommen, die aber für die Schweiz keine neuen Pflichten begründet. Konkret möchten die Benelux-Staaten, Deutschland, Spanien und Italien in Bezug auf Staatsangehörige von Ghana und Nigeria das Visumerfordernis für den Flughafentransit auf diejenigen Personen beschränken, die nicht Inhaberin oder Inhaber eines gültigen Visums für einen Mitgliedstaat der EU oder des EWR, für Japan, Kanada, die Schweiz oder die Vereinigten Staaten von Amerika sind.

Beschluss 2008/328/EG des Rates vom 18. April 2008 zur Änderung des Beschlusses des mit dem Schengener Übereinkommen von 1990 eingesetzten Exekutivausschusses zur Änderung der Finanzregelung für die Einrichtung und den Betrieb der technischen Unterstützungseinheit für das Schengener Informationssystem (C.SIS) Fundstelle:

ABl. L 113 vom 25.4.2008, S. 21

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 30. Juni 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 30.

Juni 2008

Inhalt:

54

Nach den einschlägigen Vorgaben des Schengen-Besitzstands, namentlich des SDÜ, werden die Kosten für die Errichtung und den Betrieb des C.SIS zwischen den Schengen-Staaten aufgeteilt. Mit dem vorliegenden Beschluss 2008/328/EG wird die diesbezügliche Finanzregelung im Hinblick auf die Beteiligung der Schweiz angepasst. Konkret wird das Stichdatum für die Kosten festgelegt, an welchen sich die Schweiz finanziell beteiligen muss: an den seit 1. Januar 2005 angefallenen Kosten für die Installation des C.SIS sowie an den Betriebskosten, die ab 1. Januar 2008 (dem Datum des Inkrafttretens des SAA) angefallenen sind. Diese Stichdaten sind im Übrigen dieselben, die auch für die neuen EU-Mitgliedstaaten gewählt wurden (vgl. WE Nr. 39).

Verordnung (EG) Nr. 189/2008 des Rates vom 18. Februar 2008 über die Prüfung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 57 vom 1.3.2008, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 30. Juni 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 30. Juni 2008 Mit Inbetriebnahme des SIS II obsolet geworden

Inhalt:

Bevor das SIS II den operationellen Betrieb aufnehmen kann und die Rechtsgrundlagen für das SIS II (WE Nr. 28 und 42) Anwendung finden, hat sich die Durchführung und das erfolgreiche Bestehen einer Reihe von Tests als notwendig erwiesen, welche die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit den Schengen-Staaten durchzuführen hat. Mit der vorliegenden Verordnung (EG) Nr. 189/2008, die für jene Aspekte des SIS gilt, die in den ersten Pfeiler der EU fallen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung), legt der Rat nun die einzelnen Modalitäten (Ziele, Anforderungen, Verfahren) der Tests fest, mit denen das zentrale SIS II, die Kommunikationsinfrastruktur sowie das Zusammenwirken von zentralem SIS II und den nationalen Systemen (N.SIS II) auf ihre Funktionstüchtigkeit hin überprüft werden soll.

6473

55

Beschluss 2008/173/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Prüfung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 57 vom 1.3.2008, S. 14; berichtigt durch ABl. L 24 vom 28.1.2009,, S. 34

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 30. Juni 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 30. Juni 2008 Mit Inbetriebnahme des SIS II obsolet geworden

Inhalt:

56

Bevor das SIS II den operationellen Betrieb aufnehmen kann und die Rechtsgrundlagen für das SIS II (WE Nr. 28 und 42) Anwendung finden, hat sich die Durchführung und das erfolgreiche Bestehen einer Reihe von Tests als notwendig erwiesen, welche die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit den Schengen-Staaten durchzuführen hat. Mit dem vorliegenden Beschluss 2008/173/EG, der für jene Aspekte des SIS gilt, die in den dritten Pfeiler der EU fallen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit), legt der Rat nun die einzelnen Modalitäten (Ziele, Anforderungen, Verfahren) der Tests fest, mit denen das zentrale SIS II, die Kommunikationsinfrastruktur sowie das Zusammenwirken von zentralem SIS II und den nationalen Systemen (N.SIS II) auf ihre Funktionstüchtigkeit hin überprüft werden soll.

Richtlinie 2008/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen Fundstelle:

ABl. L 179 vom 8.7.2008, S. 5

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 30. Juni 2008 (SR 0.362.380.032), in Kraft seit 8. April 2010

Inhalt:

Mit der vorliegenden Richtlinie 2008/51/EG wird die sog. Waffenrichtlinie (Richtlinie 91/477/EWG), die die Schweiz anlässlich der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA) revidiert. Inhaltlich geht es neben einer Anpassung der bestehenden Richtlinienbestimmungen an die Vorgaben des von der EU im Jahre 2002 unterzeichneten UNO-Feuerwaffenprotokolls um punktuelle Präzisierungen des bestehenden Regimes. Die Neuerungen, die grossmehrheitlich klarstellenden Charakter haben und die bisherigen Verpflichtungen der Waffenrichtlinie nicht substanziell verändern, betreffen neben der Präzisierung von Begriffsbestimmungen im Wesentlichen die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit von Feuerwaffen (Markierungspflicht, Dokumentationspflichten von Waffenhändlern, elektronisch geführtes Waffenregister).

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2009 3649 ff.

57

Entscheidung 2008/456/EG der Kommission vom 5. März 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Entscheidung 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» in Bezug auf die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten, die Vorschriften für die Verwaltung und finanzielle Abwicklung der aus dem Fonds kofinanzierten Projekte und die Förderfähigkeit der Ausgaben im Rahmen solcher Projekte Fundstelle:

ABl. L 167 vom 27.6.2008, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 8. Juli 2008 (SR 0.362.380.034); vorläufige Anwendung ab 20. März 2010; in Kraft seit: 09. Februar 2011

Geändert durch:

Entscheidung 2009/538/EG [WE Nr. 87]; Beschluss 2010/69/EU [WE Nr. 103]; Beschuss 148/2011/EU [WE Nr. 115]

6474

Inhalt:

Mit der vorliegenden Entscheidung 2008/465/EG konkretisiert die Europäische Kommission die zentrale Rechtsgrundlage zum Aussengrenzenfonds (Entscheidung Nr. 574/2007/EG, WE Nr. 36). Inhaltlich geht es einerseits um die Konkretisierung der Vorgaben zum Verwaltungs- und Kontrollsystem, das von den SchengenStaaten zur Überprüfung der korrekten Verwendung der zugesprochenen Fondsgelder einzurichten ist. Andererseits werden detaillierte Durchführungsvorschriften in Bezug auf die Verwaltung und finanzielle Abwicklung der aus dem Fonds kofinanzierten Projekte sowie präzisierende Vorgaben und Kriterien zur Förderfähigkeit der Ausgaben im Rahmen solcher Projekte aufgestellt.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2010 1673.

58

Entscheidung 2008/602/EG der Kommission vom 17. Juni 2008 über den physischen Aufbau und die Anforderungen für die nationalen Schnittstellen und die Infrastruktur für die Kommunikation zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen in der Entwicklungsphase Fundstelle:

ABl. L 194 vom 23.7.2008, S. 3

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 8 Juli 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 8. Juli 2008 Seit der Inbetriebnahme des VIS (WE Nr. 63) am 11. Oktober 2011 obsolet.

Inhalt:

59

Mit der Entscheidung 2004/512/EG, welche die Schweiz bei der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA), hat der Rat beschlossen, dass das VIS als System für den Austausch von Visa-Daten zwischen Mitgliedstaaten eingerichtet werden soll. Gleichzeitig hat er die Europäische Kommission mit der Entwicklung des VIS beauftragt. Zu diesem Zweck gibt die Europäische Kommission den Schengen-Staaten mit der vorliegenden Entscheidung 2008/602/EG konkrete Vorgaben in Bezug auf den physischen Aufbau und die Anforderungen für die nationalen Schnittstellen einerseits und in Bezug auf die Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen Visa-Informationssystem (C-VIS) und den nationalen Schnittstellen andererseits vor.

Empfehlung K(2008) 2976 endg. der Kommission vom 25. Juni 2008 über einen gemeinsamen «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)», der von der zuständige Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen heranzuziehen ist (K(2006) 5186 endg.)

Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 24. Juli 2008

Inhalt:

60

Der Leitfaden für Grenzschutzbeamte, das sog. Schengen-Handbuch (WE Nr. 23), welches von den Grenzschutzbeamten als Orientierungshilfe für die Durchführung der Aussengrenzkontrollen heranzuziehen ist, wird von der Europäischen Kommission in regelmässigen Abständen den veränderten Bedürfnissen der Praxis angepasst. Mit der vorliegenden Empfehlung K(2008) 2976 endg. ist dies erstmals der Fall. Die aktuelle Anpassung erfolgt u.a. aufgrund der Erweiterung des SchengenRaums auf die neuen EU-Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn (vgl. WE Nr. 49). Zudem wird der Kontrolle von Minderjährigen (Entführungen, Ausreisser) an den Aussengrenzen mehr Gewicht gegeben und die entsprechenden Vorgehensweisen der Kontrollorgane insbesondere bei der Ausreise werden präzisiert. Die Aktualisierung stellt, wie schon das Handbuch als solches, keine neuen Rechte und Pflichten auf. Es ist rechtlich unverbindlich und enthält lediglich Empfehlungen an die Grenzschutzbeamten im Hinblick auf eine einheitliche und optimale Umsetzung der Regelungen des Schengen-Besitzstands, die im Bereich der Grenzkontrollen gelten.

Entscheidung 582/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Einführung einer vereinfachten Regelung für die Personenkontrollen an den Aussengrenzen, die darauf beruht, dass Bulgarien, Zypern und Rumänien bestimmte Dokumente für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig als ihren nationalen Visa gleichwertig anerkennen Fundstelle:

ABl. L 161 vom 20.6.2008, S. 30

Verfahren:

keine Übernahme versehentliche Notifikation durch die EU: Notifikation zurückgezogen

6475

Inhalt:

61

Mit dieser Entscheidung werden gewisse Reiseerleichterungen für Drittstaatsangehörige vorgesehen, die im Besitz bestimmter von den Schengen-Staaten ausgestellter Dokumenten (Schengen-Visa, Aufenthaltserlaubnisse, Langzeit-Visa) sind. Diese Dokumente können von Rumänien und Bulgarien für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet solange als mit dem nationalen Visum gleichwertig anerkannt werden, bis die Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für die beiden Länder erfolgt ist. Zudem können Rumänien, Bulgarien und Zypern die jeweils vom anderen Staat ausgestellten Dokumente (nationale Kurzzeit- oder Langzeitvisa und Aufenthaltserlaubnisse) gegenseitig anerkennen. Da sich die Entscheidung nicht an die Schweiz, sondern ausschliesslich an Rumänien, Bulgarien und Zypern richtet, basierte deren Notifikation an die Schweiz auf einem Irrtum und wurde von der EU zurückgezogen.

Entscheidung 586/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Änderung der Entscheidung 896/2006/EG zur Einführung einer vereinfachten Regelung für die Personenkontrollen an den Aussengrenzen, die darauf beruht, dass die Mitgliedstaaten bestimmte von der Schweiz und von Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig anerkennen Fundstelle:

ABl. L 162 vom 21.6.2008, S. 27

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 11. August 2008

Inhalt:

62

Im Vorfeld des Eintritts der Schweiz und Liechtensteins in den Schengen-Verbund wurden mit der Entscheidung Nr. 896/2006/EG (WE Nr. 19) von der Schweiz und Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse für Drittstaatsangehörige als einem Schengener Durchreisevisum gleichwertig anerkannt. Mit der vorliegenden Entscheidung wurde diese vereinfachte Regelung auch auf die neuen EUMitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien ausgedehnt. Die Regelung wird mit der vollständigen Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands im Verhältnis zu Rumänien und Bulgarien obsolet werden.

Beschluss 2007/171/EG der Kommission vom 16. März 2007 über die Netzanforderungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (dritte Säule) Fundstelle:

ABl. L 79 vom 20.3.2007, S. 29

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 21. August 2008

Inhalt:

63

Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 war aufgrund der Drei-Pfeiler-Struktur der EU für die Errichtung des SIS II stets eine zweifache sekundärrechtliche Grundlage notwendig. Mit dem vorliegenden Beschluss 2007/171/EG legt die Europäische Kommission die technischen Spezifikationen für das Kommunikationsnetz, dessen Bestandteile und die besonderen Netzanforderungen fest, welche die Schengen-Staaten bei der Entwicklung des SIS II, insbesondere im Hinblick auf den Aufbau der nationalen Schnittstellen (N.SIS) zu beachten haben. Während diese Vorgaben für jenen Teil des SIS gelten, die in den Anwendungsbereichs des dritten Pfeilers fallen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit), enthält die Entscheidung 2007/170/EG (WE Nr. 34) eine inhaltsgleiche Regelung für die SIS-Aktivitäten, die in den ersten Pfeiler fallen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung).

Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt ­ VIS-Verordnung Fundstelle:

ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 60

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 21. August 2008 (SR 0.362.380.030); in Kraft seit 8. April 2010

Geändert durch:

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 [WE Nr. 88]

durchgeführt durch: Entscheidung 2009/377/EG [WE Nr. Nr. 82]; wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out durch Durchführungsbeschluss K(2012) 1301 endg. [WE Nr. Nr. 132] ersetzt.

Entscheidung 2010/49/EG [WE Nr. 93] Durchführungsbeschluss 2012/274/EU [WE Nr. 133]

6476

Inhalt:

Mit der Entscheidung 2004/512/EG, welche die Schweiz bei der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA), wurde das VIS als System für den Austausch von Visa-Daten zwischen Mitgliedstaaten eingerichtet und die Europäische Kommission mit der Entwicklung des Systems beauftragt. Mit der vorliegenden Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Rates und des Europäischen Parlaments werden nun der Zweck, die Funktionen und die Zuständigkeiten für das VIS festgelegt sowie die Bedingungen und Verfahren für den Austausch von Visa-Daten (etwa im Rahmen des Konsultationsverfahrens zwischen den Schengen-Staaten) im Einzelnen definiert. Um eine zuverlässige Identifikation der Visumgesuchstellerinnen und -steller zu ermöglichen, sind im System biometrische Daten (Fotografie und Abdrücke der zehn Finger) erfasst. Zudem werden die Zugriffsrechte definiert.

Während die Eingabe, Änderung oder Löschung von Daten im zentralen VIS über die nationale Datenbank ausschliesslich den dazu ermächtigten Angestellten der Visumbehörden vorbehalten ist, können die Visumbehörden, die mit der Kontrolle der Aussengrenzen beauftragten Behörden sowie die Einwanderungs- und Asylbehörden auf Daten des zentralen VIS, d.h. der Daten aller Schengen-Staaten, zugreifen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2009 4245 ff.

64

Verordnung (EG) Nr. 856/2008 des Rates vom 24. Juli 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.

1683/95 über eine einheitliche Visagestaltung in Bezug auf die Visanummerierung Fundstelle:

ABl. L 235 vom 2.9.2008, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 21. August 2008 (SR 0.362.380.012), in Kraft seit 21. August 2008

Inhalt:

65

Mit der vorliegenden Verordnung wird die bereits mit der Genehmigung des SAA übernommene Verordnung (EG) Nr. 1683/95 (Anhang B SAA), die die Vorgaben zur einheitlichen Gestaltung des Schengen-Visums enthält, teilweise revidiert. Im Einzelnen geht es um eine geringfügige Anpassung des Visa-Nummerierungssystems, um eine zuverlässige Überprüfung der Schengen-Visa im VIS sicherzustellen. Um dies zu gewährleisten, wird im Rahmen der Visavergabe jedem SchengenVisum eine einmalige Nummer zugeordnet und im VIS gespeichert. Da das ursprünglich verwendete Nummerierungssystem vor allem dann, wenn viele Visumanträge gestellt werden, nicht genügend Platz für die Visumnummern beliess, musste es entsprechend angepasst werden.

Beschluss 2008/319/EG des Rates vom 14. April 2008 zur Änderung des Beschlusses 2000/265/EG zur Festlegung einer Finanzregelung für die Haushaltsaspekte der vom Stellvertretenden Generalsekretär des Rates zu verwaltenden Verträge über die Einrichtung und den Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur für den Schengen-Rahmen (SISNET), die von ihm als Vertreter bestimmter Mitgliedstaaten geschlossen worden sind Fundstelle:

ABl. L 109 vom 19.4.2008, S. 30

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 21. August 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 21.

August 2008

Inhalt:

66

Der Beschluss 2000/265/EG regelt die finanziellen Verpflichtungen der SchengenStaaten, die sich aus Verträgen ergeben, die der stellvertretende Generalsekretär des Rates im Hinblick auf die Einrichtung und den Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur des SIS (SISNET) abschliesst. Mit dem vorliegenden Beschluss 2008/319/EG wird eine erste Änderung der SISNET-Finanzregelung vorgenommen. Ziel ist insbesondere die Vereinfachung der Verfahrensabläufe innerhalb des Generalsekretariats des Rates, indem die SISNET-Finanzregelung und die allgemeinen Finanzregelungen aufeinander abgestimmt werden. Zudem wurde der 1. Juli 2008 als Datum festgelegt, ab welchem die Schweiz ihre erste Beitragszahlung vornehmen muss.

Beschluss 2008/334/JI der Kommission vom 4. März 2008 zur Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 123 vom 8.5.2008, S. 39

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 15. Oktober 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 15. Oktober 2008

Aufgehoben durch:

Durchführungsbeschluss 2013/115/EU [WE Nr. 141]

6477

Inhalt:

67

Mit dem vorliegenden Beschluss 2008/334/JI zur Annahme des SIRENE-Handbuchs konkretisiert die Europäische Kommission die rechtlichen Grundlagen zum SIS II, die in der Verordnung (EG) Nr. 2007/533/JI (WE Nr. 42) für jene Aspekte enthalten sind, die in den Bereich des dritten Pfeilers (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit) fallen. Das SIRENE-Handbuch zum SIS II enthält im Sinne eines Praxisleitfadens (Verwaltungsweisung) detaillierte Vorgaben zur Handhabung dieser Bestimmungen in der Praxis. Es richtet sich in erster Linie an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SIRENE-Büros und regelt deren Aufgaben und Verfahrensweisen im Hinblick auf den Austausch von Zusatzinformationen. Im Anhang des SIRENE-Handbuchs werden zudem technische Durchführungsbestimmungen aufgeführt, die die Kompatibilität zwischen dem zentralen (C.SIS) und den nationalen Systemen (N.SIS) gewährleisten sollen (Transliterationsregeln, Codetabellen für die einheitliche Nutzung des SIS sowie die anwendbaren SIRENE-Formulare). Der Inhalt des Beschlusses entspricht der Entscheidung 2008/333/EG (WE Nr. 50), welche jene Aspekte des SIS II abdeckt, die in den ersten Pfeiler der EU fallen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung).

Beschluss 2008/670/JI des Rates vom 24. Juli 2008 zur Änderung des Beschlusses 2000/265/EG zur Festlegung einer Finanzregelung für die Haushaltsaspekte der vom Stellvertretenden Generalsekretär des Rates zu verwaltenden Verträge über die Einrichtung und den Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur für den Schengen-Rahmen («SISNET»), die von ihm als Vertreter bestimmter Mitgliedstaaten geschlossen worden sind Fundstelle:

ABl. L 220 vom 15.8.2008, S. 19

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 17. Oktober 2008 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 17.

Oktober 2008

Inhalt:

68

Der Beschluss 2000/265/EG regelt die finanziellen Verpflichtungen der SchengenStaaten, die sich aus Verträgen ergeben, die der stellvertretende Generalsekretär des Rates im Hinblick auf die Einrichtung und den Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur des SIS (SISNET) abschliesst. Mit dem vorliegenden Beschluss 2008/670/JI wird das SISNET-Finanzreglement zum zweiten Mal geändert. Neben einigen redaktionellen Anpassungen (Ersetzung von Begriffen, explizite Erwähnung der Schweiz, wo von den assoziierten Staaten die Rede ist) werden auch kleinere Verfahrensanpassungen vorgenommen (z.B. Verlängerung der Vorlagefrist für Budgetberichtigungen, Fristsetzungen für Ratenzahlungen der Beiträge).

Entscheidung K(2008) 8657 endg. der Kommission vom 22. Dezember 2008 über Zertifikatsregeln entsprechend der Vorgabe in den technischen Spezifikationen der Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten und zur Aktualisierung der Verweise auf Normen und Standards Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 2) Notenaustausch vom 21. Januar 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 26. Oktober 2009

69

Geändert durch:

Entscheidung K(2209) 7476 [WE Nr. 91]

Inhalt:

Mit der vorliegenden Entscheidung K(2008) 8657 endg. hat die Europäische Kommission Zertifikatsregeln verabschiedet, welche aufgrund der technischen Spezifikationen für Sicherheitsmerkmale für biometrische Pässe erforderlich sind. Die Zertifikatsregeln dienen dazu sicherzustellen, dass die auf dem Chip gespeicherten Fingerabdruckdaten nur durch die zugriffsberechtigten Behörden und mittels eigens hierzu zertifizierten Lesegeräten gelesen werden können. Darüber hinaus werden die Verweise auf die technischen Normen, die in den technischen Spezifikationen der Europäischen Kommission enthalten sind (WE Nr. 16), aufgrund der eingetretenen Entwicklungen aktualisiert.

Verordnung (EG) Nr. 296/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse Fundstelle:

ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 60

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 24. Oktober 2008 (SR 0.362.380.013), in Kraft seit 24. Oktober 2008

6478

Inhalt:

70

Mit der vorliegenden Verordnung Nr. 296/2008 werden die EU-internen Verfahrensbestimmungen (Komitologieverfahren) des Schengener Grenzkodex (WE Nr.

14) punktuell geändert. Soweit im Grenzkodex der Europäischen Kommission die Befugnis für den Erlass konkretisierender Vorschriften zur Festlegung praktischer Modalitäten der Grenzüberwachung sowie zur Änderung bestimmter Anhänge übertragen ist, soll anstatt des früheren Regelungsverfahrens neu das sogenannten Regelungsverfahren mit Kontrolle Anwendung finden.

Beschluss 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten Fundstelle:

ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 129

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 24. Oktober 2008 (SR 0.362.380.031); in Kraft seit 8. April 2010

Inhalt:

Der vorliegende Beschluss 2008/633/JI ergänzt die VIS-Verordnung (WE Nr. 63) dahingehend, als er die Zugriffsberechtigung auf die im VIS gespeicherten Daten unter bestimmten Bedingungen auf die für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständigen Behörden sowie auf Europol ausdehnt, um die Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten zu erleichtern.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2009 4255.

71

Beschluss 2006/628/EG des Rates vom 24. Juli 2006 zur Festlegung des Beginns der Anwendung des Artikels 1 Nummern 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 871/2004 über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung Fundstelle:

ABl. L 256 vom 20.9.2006, S. 15

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 31. Oktober 2008

72

Aufgehoben durch:

Wurde mit dem Übergang auf SIS II durch Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 [WE Nr. 28] aufgehoben

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss 2006/628/EG legt der Rat den Zeitpunkt für das Inkrafttreten einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 871/2004 (vgl. Anhang B SAA) fest, welche die im SDÜ enthaltenen Rechtsgrundlagen für das SIS I ergänzt hat, soweit sie den ersten Pfeiler betreffen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung). Konkret geht um Zugriffsberechtigung im Abrufverfahren der Visaund Migrationsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben (Visaerteilung, Erteilung von Aufenthaltstiteln sowie Handhabung der ausländerrechtlichen Vorschriften des SDÜ).

Entscheidung 2008/859/EG des Rates vom 4. November 2008 zur Änderung von Anlage 3 Teil I der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion betreffend Drittstaatsangehörige, die ein Visum für den Flughafentransit benötigen Fundstelle:

ABl. L 303 vom 14.11.2008, S. 11

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Dezember 2008 (SR 0.362.380.014), in Kraft seit 19. Dezember 2008 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

Mit der Entscheidung 2008/859/EG wird eine Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) betreffend Flughafentransitvisa vorgenommen, die aber für die Schweiz keine neuen Pflichten begründet. Konkret möchte Frankreich in Bezug auf Staatsangehörige von Ghana und Nigeria das Visumerfordernis für den Flughafentransit auf diejenigen Personen beschränken, die nicht Inhaberin oder Inhaber eines gültigen Visums für einen Mitgliedstaat der EU oder des EWR, für Japan, Kanada, die Schweiz oder die Vereinigten Staaten von Amerika sind.

6479

73

Beschluss 2008/839/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 299 vom 8.11.2008, S. 43

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Dezember 2008 (SR 0.362.380.013), in Kraft seit 19. Dezember 2008

74

Geändert durch:

Verordnung (EU) Nr. 542/2010 [WE Nr. 110]

Aufgehoben durch:

Verordnung (EU) Nr. 1272/2012 [WE Nr. 139a]

Inhalt:

Das bestehende Schengener Informationssystem (SIS I) wird durch das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) abgelöst werden. Um die Migration vom alten auf das neue System ohne operationellen Unterbruch des Fahndungssystems zu bewerkstelligen, ist der Aufbau einer vorübergehenden Migrationsarchitektur erforderlich. Mit dem vorliegenden Beschluss, der jene Aspekte des SIS abdeckt, die dem dritten Pfeiler zuzuordnen sind (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit) werden zu diesem Zweck die Aufgaben und Zuständigkeiten der beteiligten Akteure (EU-Rat, Europäische Kommission, Frankreich und SchengenStaaten) während der Migration auf das SIS II im Einzelnen festgelegt.

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 des Rates vom 24. Oktober 2008 über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 299 vom 8.11.2008, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Dezember 2008 (SR 0.362.380.013), in Kraft seit 19. Dezember 2008

75

Geändert durch:

Verordnung (EU) Nr. 541/2010 [WE Nr. 109]

Aufgehoben durch:

Verordnung (EU) Nr. 1273/2012 [WE Nr. 139b]

Inhalt:

Das bestehende Schengener Informationssystem (SIS I) wird durch das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) abgelöst werden. Um die Migration vom alten auf das neue System ohne operationellen Unterbruch des Fahndungssystems zu bewerkstelligen, ist der Aufbau einer vorübergehenden Migrationsarchitektur erforderlich. Mit der vorliegenden Verordnung, die jene Aspekte des SIS abdeckt, die dem ersten Pfeiler zuzuordnen sind (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung) werden zu diesem Zweck die Aufgaben und Zuständigkeiten der beteiligten Akteure (EU-Rat, Europäische Kommission, Frankreich und SchengenStaaten) während der Migration auf das SIS II im Einzelnen festgelegt.

Entscheidung 2008/905/EG des Rates vom 27. November 2008 zur Änderung von Anlage 13 der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion mit Hinweisen zum Ausfüllen der Visummarke Fundstelle:

ABl. L 327 vom 5.12.2008, S. 19

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 14. Januar 2009 (SR 0.362.380.015), in Kraft seit 14. Januar 2009 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

76

Mit dieser Entscheidung trägt der Rat dem Umstand Rechnung, dass die Schweiz ab dem 12. Dezember 2008 auf operativer Ebene an der an der Visazusammenarbeit von Schengen beteiligt ist. Entsprechend musste die Gemeinsame Konsularische Instruktion (GKI), die zuhanden der Visabehörden der Schengen-Staaten konkrete, praktische Leitlinien zur Handhabung der einschlägigen Rechtsgrundlagen und Verfahren aufstellt, angepasst werden. Konkret geht es um eine Ergänzung der Anhänge zwecks Zuweisung eines entsprechenden Ländercodes für die Schweiz.

Entscheidung 2008/910/EG des Rates vom 27. November 2008 zur Änderung der Teile 1 und 2 des Schengener Konsultationsnetzes (Pflichtenheft) Fundstelle:

ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 38

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 14. Januar 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 14. Januar 2009 Wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out obsolet

6480

Inhalt:

77

Mit der vorliegenden Entscheidung wird das Pflichtenheft des Schengener Konsultationsnetzes (VISION), das den zuständigen Visabehörden im Rahmen des Visumverfahrens zur Konsultation der anderen Schengen-Staaten dient, angepasst, um eine Überlastung des Netzes aufgrund automatisch generierter Fehlermeldungen zu vermeiden. Entsprechend wurden die technischen Vorgaben für die nochmalige Übermittlung von Konsultationsanfragen geändert.

Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden Fundstelle:

ABl. L 350 vom 30.12.2008, S. 60

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 14. Januar 2009 (SR 0.362.380.041); in Kraft seit 22. Juli 2010

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Rahmenbeschluss wurde eine allgemeine Regelung zum Schutz personenbezogener Daten geschaffen, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Schengener Zusammenarbeit verarbeitet werden (dritter Pfeiler). Soweit in einzelnen Bereichen keine Sonderregeln bestehen (z.B. für das SIS), gilt der Rahmenbeschluss für Daten, die insbesondere von den Polizei-, Zoll- und Justizbehörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Feststellung oder Verfolgung von Straftaten oder der Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen verarbeitet werden.

Allerdings gelten die Vorgaben grundsätzlich nur für die Bekanntgabe von Daten im Rahmen der Schengener Zusammenarbeit. Den Schengen-Staaten steht es jedoch frei, ihn auch auf ihre nationale Datenverarbeitung anzuwenden. Der Rahmenbeschluss basiert auf den allgemeinen Datenschutzgrundrundsätzen (der Rechtmässigkeit, der Verhältnismässigkeit, der Zweckbindung und der sachlichen Richtigkeit, etc.) und führt auch einige spezifische Vorschriften ein (z.B. Eingrenzung des Zwecks der Verarbeitung von Daten, die an andere Schengen-Staaten übermittelt wurden; Bestimmung der Voraussetzungen der Weiterleitung von Daten an Dritte).

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2009 6749 ff.

78

Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger Fundstelle:

ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 30. Januar 2009 (SR 0.362.380.042); in Kraft seit 13. Oktober 2010

Inhalt:

Mit der vorliegenden Richtlinie 2008/115/EG (sog. Rückführungsrichtlinie) werden die nationalen Verfahren zur Rückführung illegal anwesender Personen aus NichtSchengen-Staaten (Drittstaaten) im Sinne einer Mindestharmonisierung angeglichen. Konkret enthält die Richtlinie Vorschriften über den Erlass von Wegweisungsverfügungen, die Inhaftierung zur Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs, die Ausschaffung sowie den Erlass von Einreiseverboten. Die Richtlinie findet Anwendung auf Drittstaatsangehörige, die sich illegal in einem Schengen-Staat aufhalten. Ein illegaler Aufenthalt liegt vor, wenn die Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) oder nationale Voraussetzungen für die Einreise oder den Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt sind (z.B. durch Ablehnung eines Asylgesuches oder durch Ablauf einer Bewilligung). Mit der Richtlinie soll letztlich die Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Staaten beim Vollzug von Wegweisungen in Drittstaaten verbessert werden. Durch die Vereinheitlichung der Verfahren wird beispielsweise die Organisation und Durchführung von gemeinsamen Sonderflügen vereinfacht. Einheitliche Verfahren verringern zudem das Risiko, dass die einzelnen Staaten aufgrund von unterschiedlichen Regelungen auch unterschiedlich von der illegalen Migration betroffen sind.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2009 8881 ff.

6481

79

Entscheidung 2008/972/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 zur Änderung von Anlage 13 der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion betreffend Hinweise zum Ausfüllen der Visummarke Fundstelle:

ABl. L 345 vom 23.12.2008, S. 88

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Januar 2009 (SR 0.362.380.016), in Kraft seit 18. Februar 2009 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

80

Mit der vorliegenden Entscheidung 2008/972/EG wird die Gemeinsame Konsularische Instruktion (GKI), die zuhanden der Visabehörden der Schengen-Staaten konkrete, praktische Leitlinien zur Handhabung der einschlägigen Rechtsgrundlagen und Verfahren aufstellt, aufdatiert. Konkret geht es um eine Anpassung von untergeordneter Bedeutung: Anlage 13 der GKI, die gemeinsame Regeln für das Ausfüllen der Visummarke der unterschiedlichen Kategorien in Form von Beispielen enthält, wird in Bezug auf die Angaben zur Gültigkeitsdauer in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Entscheidung 2006/440/EG (WE Nr. 17) gebracht.

Verordnung (EG) Nr. 81/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 in Bezug auf die Nutzung des Visa-Informationssystems (VIS) im Rahmen des Schengener Grenzkodex Fundstelle:

ABl. L 35 vom 4.2.2009, S. 56

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 63) Notenaustausch vom 18. Februar 2009 (SR 0.362.380.036), in Kraft seit 8. April 2010

Inhalt:

81

Die vorliegende Verordnung betrifft eine Änderung des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14), die grundlegenden Bestimmungen über die Einreisevoraussetzungen und die Durchführung der Grenzkontrollen enthält. Zweck der Anpassungen ist es sicherzustellen, dass das VIS an den Aussengrenzen wirksam eingesetzt werden kann. Niedergelegt wird insbesondere die Pflicht zur Nutzung des VIS an den Aussengrenzen. Dies ist insofern wichtig, als sich einzig anhand der durch das VIS vorgesehenen biometrischen Kontrolle zweifelsfrei feststellen lässt, ob die Person, die in den Schengen-Raum einreisen will, mit der Visuminhaberin oder dem Visuminhaber identisch ist.

Entscheidung 2009/171/EG des Rates vom 10. Februar 2009 zur Änderung von Anlage 2 Liste A der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion an die diplomatischen Missionen und die konsularischen Vertretungen, die von Berufskonsularbeamten geleitet werden betreffend die Visavorschriften für Inhaber von indonesischen Diplomaten- und Dienstpässen Fundstelle:

ABl. L 61 vom 5.3.2009, S. 17

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 17 März 2009 (SR 0.362.380.017), in Kraft seit 17. März 2009 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

6482

Mit dieser Entscheidung wird eine Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) vorgenommen. Anlage 2 Liste A der GKI enthält eine indikative Liste der Staaten, deren Diplomaten von der Visumspflicht durch einen oder mehrere Schengen-Staaten befreit sind. Neu wird in dieser Liste der Hinweis auf die neue Praxis Österreichs aufgenommen, gemäss welcher Inhaberinnen und Inhaber von indonesischen Diplomatenpässen von der Visumpflicht ausgenommen werden.

Aufgrund des rein informatorischen Gehalts der entsprechenden Liste hat der Beschluss als solcher jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Schweiz.

Sie bleibt entsprechend den Vorgaben des Schengen-Besitztands frei zu entscheiden, gegenüber welchen Drittstaaten sie die Visumpflicht für Inhaberinnen und Inhaber von Diplomatenpässen liberalisieren will.

82

Entscheidung 2009/377/EG der Kommission vom 5. Mai 2009 über die Annahme von Durchführungsmassnahmen für das Konsultationsverfahren und die sonstigen Verfahren nach Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VISVerordnung) Fundstelle:

ABl. L 117 vom 12.5.2009, S. 3

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 63) Notenaustausch vom 4. Juni 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 8. April 2010

83

Aufhebung:

Wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out durch Durchführungsbeschluss K(2012) 1301 endg. [WE Nr. Nr. 132] aufgehoben

Inhalt:

Mit dieser Entscheidung hat die Europäische Kommission Durchführungsmassnahmen in Bezug auf die Verwendung des elektronischen Kommunikationssystems VIS Mail erlassen, das nach Beendigung des VIS-Roll-Out (Zeitpunkt, ab dem alle Schengen-Staaten an das VIS angeschlossen sind) das Schengener Konsultationsnetz (VISION) ersetzen wird. Da in einer Übergangsphase beide Systeme parallel im Einsatz sind, definiert die Entscheidung 2009/377/EG die erforderlichen Funktionalitäten der Kommunikationsinfrastruktur «VIS Mail», die für die Zeit ab der Inbetriebnahme des VIS bis zum Abschluss des Roll-Out in der jeweiligen betroffenen Region zur Anwendung kommen sollen. Konkret soll das VIS Mail in dieser Zeit bereits zur Übermittlung von bestimmten Informationen (Mitteilungen im Rahmen der konsularischen Zusammenarbeit, Mitteilungen zur Anforderung von Kopien von Reisedokumenten und anderen dem Visumantrag beigefügten Unterlagen, Mitteilungen über unrichtige Daten, Mitteilungen, dass ein Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erlangt hat) zur Verfügung stehen. Nach Abschluss des Roll-Out werden schliesslich alle Arten von VIS-Mitteilungen allein über «VIS Mail» ausgetauscht.

Entscheidung K(2009) 3769 endg. der Kommission vom 20. Mai 2009 zur Änderung der Entscheidung der Kommission K(96) 352 vom 7. Februar 1996 über weitere technische Spezifikationen für die einheitliche Visagestaltung in Bezug auf das Nummerierungssystem Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 24. Juni 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 24. Juni 2009

Inhalt:

84

Mit der Verordnung (EG) Nr. 856/2008 (WE Nr. 64) wurden zusätzliche Sicherheitselemente festgelegt, welche im Hinblick auf die einheitliche Visagestaltung zu beachten sind. Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung K(2009) 3769 endg. hat die Europäische Kommission zur Konkretisierung die erforderlichen konkreten technischen Spezifikationen festgelegt, die in die Visavignette übernommen werden müssen. Die geänderten Spezifikationen unterliegen aufgrund ihrer Besonderheit der Geheimhaltung und werden deshalb nicht im ABl. veröffentlicht.

Entscheidung K(2009) 3770 endg. der Kommission vom 20. Mai 2009 zur Änderung der technischen Spezifikationen zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt; berichtigt durch K(2009) 6293 endg.

(nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt)

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 51) Notenaustausch vom 24. Juni 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 13. Oktober 2010

Inhalt:

Mit der vorliegenden Entscheidung werden die technischen Spezifikationen angepasst, welche die Europäische Kommission durch Beschluss K(2002) 3069 endg. (vgl. Anhang B SAA) im Hinblick auf die einheitliche Ausgestaltung der Aufenthaltstitel für Drittstaatenangehörige erlassen hatte. Inhaltlich geht es um die Konkretisierung der neuen, durch Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51) eingeführten Sicherheitselemente und biometrischen Merkmale, die im Ausländerausweis übernommen werden müssen. Diese zusätzlichen gemeinsamen Sicherheitsmassnahmen unterliegen wegen ihres besonderen Charakters der Geheimhaltung und werden daher nicht publiziert.

6483

85

Verordnung (EG) Nr. 390/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktionen an die diplomatischen Missionen und die konsularischen Vertretungen, die von Berufskonsularbeamten geleitet werden, hinsichtlich der Aufnahme biometrischer Identifikatoren einschliesslich Bestimmungen über die Organisation der Entgegennahme und Bearbeitung von Visumanträgen Fundstelle:

ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 1

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 63) Notenaustausch vom 7. Juli 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 8. April 2010

86

Aufhebung:

Art. 2 aufgehoben durch Verordnung (EG) Nr. 810/2009 [WE Nr. 88]

Inhalt:

Mit dieser Verordnung wird die Gemeinsame Konsularische Instruktion (GKI) angepasst, welche grundlegende Bestimmungen für das Ausstellen von SchengenVisa enthält und Teil des bereits anlässlich der Genehmigung des SAA übernommenen Schengen-Besitzstands ist (vgl. Anhang B SAA). Inhaltlich geht es um Vorgaben zur biometrischer Identifikatoren (Gesichtsbild, Fingerabdrücke) sowie zur Organisation der konsularischen Dienste im Hinblick auf die Einführung des VIS, wobei den Schengen-Staaten für die Entgegennahme der Anträge und die Erfassung der biometrischen Identifikatoren verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl stehen (Vertretung, Outsourcing an externe Dienstleister).

Verordnung (EG) Nr. 444/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten Fundstelle:

ABl. L 142 vom 6.6.2009, S. 1; berichtigt in ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 127

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 2) Notenaustausch vom 7. Juli 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 26. Oktober 2009

Inhalt:

87

Mit der vorliegenden Verordnung nimmt der Rat und das Parlament verschiedene Änderungen der EU-Ausweisverordnung (WE Nr. 2) vor, um auf der Grundlage von gemachten Praxiserfahrungen und Tests die Sicherheit der biometrischen Ausweise zu erhöhen. Konkret werden insbesondere im Hinblick auf Ausweise von Kindern unter zwölf Jahren ergänzende Vorgaben gemacht, die eine eindeutige Zuordnung zwischen Pass, biometrischen Daten und dem Passinhaber gewährleisten (z.B. Grundsatz «Eine Person ­ ein Pass»; Ausnahmen von der Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken).

Entscheidung 2009/538/EG der Kommission vom 10. Juli 2009 zur Änderung der Entscheidung 2008/456/EG mit Durchführungsbestimmungen zur Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» in Bezug auf die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten, die Vorschriften für die Verwaltung und finanzielle Abwicklung aus dem Fonds ko-finanzierter Projekte und die Förderfähigkeit der Ausgaben im Rahmen solcher Projekte Fundstelle:

ABl. L 180 vom 11.7.2009, S. 20

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 36) Notenaustausch vom 19. August 2009 (SR 0.362.380.035), in Kraft seit 20. März 2010.

Inhalt:

6484

Mit der Entscheidung 2009/538/EG hat die Europäische Kommission die Durchführungsbestimmungen zum Aussengrenzenfonds (Entscheidung 2008/456/EG, WE Nr. 57) geändert. Angesichts der bisher gemachten Erfahrungen im Zusammenhang mit der Administration des Fonds wird neben einer Verfahrensanpassung für die Vorlage geänderter Jahresprogramme auch der Förderzeitraum der Jahresprogramme von zwei auf zweieinhalb Jahre verlängert, damit die Schengen-Staaten den Fonds effizient durchführen und den Zeitplan für die Vorlage des Schlussberichts über die Durchführung des Jahresprogramms anpassen können.

88

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) Fundstelle:

ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 23. September 2009 (SR 0.362.380.020), in Kraft seit 23. September 2009 (in Anwendung seit 5. April 2010 bzw. 5. April 2011)

Geändert durch:

Verordnung (EU) Nr. 154/2012 [WE Nr. 134]

Durchgeführt durch: Beschluss K(2010) 1620 endg. [WE Nr. 104]; geändert durch Durchführungsbeschluss K(2011) 5501 endg. [WE Nr. 122] Beschluss K(2010) 3667 endg. [WE Nr. 108]; Durchführungsbeschluss K(2011) 5500 endg. [WE Nr. 121]; Durchführungsbeschluss K(2011) 7192 endg. [WE Nr. 125]; Durchführungsbeschluss K(2012) 1152 endg. [WE Nr. 131]; Durchführungsbeschluss K(2012) 4726 endg. [WE Nr. 135]; Durchführungsbeschluss K(2012) 5310 endg. [WE Nr. 137]; Durchführungsbeschluss K(2013) 1725 endg. [WE Nr. 142].

Inhalt:

89

Mit der vorliegenden Verordnung (EG) Nr. 810/2009 werden die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Schengen-Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt. Die Verordnung kodifiziert die bisher in verschiedenen Rechtsakten, insbesondere im SDÜ und der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) enthaltenen Grundsätze und fasst sie in einem neuen, konsolidierten Rechtsakt zusammen. Die Vorgaben gelten für Drittstaatsangehörige, die gemäss der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (vgl. Anhang B SAA) der Visapflicht unterstellt sind.

Entscheidung 2009/720/EG der Kommission vom 17. September 2009 zur Festlegung des Zeitpunkts für den Abschluss der Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 257 vom 30.9.2009, S. 26

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 21. Oktober 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 21. Oktober 2009 Mit Übergang zum SIS II obsolet geworden.

Inhalt:

90

Ursprünglich hätte die Migration vom SIS I auf das SIS II mittels der Übergangsarchitektur bereits bis spätestens 30. September 2009 stattfinden müssen (vgl. WE Nr.

73 und 74), doch war dieser Zeitpunkt aufgrund der eingetretenen Schwierigkeiten bei der Entwicklung des C.SIS und der damit verbundenen Verzögerungen nicht mehr realistisch. Mit der vorliegenden Entscheidung, die auf jene Aspekte des SIS Anwendung findet, die in den ersten Pfeiler der EU fallen (Ausschreibungen zur Einreiseverweigerungen), wurde der späteste Zeitpunkt für den Abschluss der Migration neu auf den 30. Juni 2010 festgelegt.

Beschluss 2009/724/JI der Kommission vom 17. September 2009 zur Festlegung des Zeitpunkts für den Abschluss der Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 257 vom 30.9.2009, S. 41

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 21. Oktober 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 21. Oktober 2009 Mit Übergang zum SIS II obsolet geworden

6485

Inhalt:

91

Ursprünglich hätte die Migration vom SIS I auf das SIS II mittels der Übergangsarchitektur bereits bis spätestens 30. September 2009 stattfinden müssen (vgl. WE Nr.

73 und 74), doch war dieser Zeitpunkt aufgrund der eingetretenen Schwierigkeiten bei der Entwicklung des C.SIS und der damit verbundenen Verzögerungen nicht mehr realistisch. Mit dem vorliegenden Beschluss, der auf jene Aspekte des SIS Anwendung findet, die in den dritten Pfeiler der EU fallen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit), wurde der späteste Zeitpunkt für den Abschluss der Migration neu auf den 30. Juni 2010 festgelegt.

Entscheidung K(2009) 7476 endg. der Kommission vom 5. Oktober 2009 zur Änderung der Entscheidung K(2008) 8657 endg. der Kommission über Zertifikatsregeln entsprechend der Vorgabe in den technischen Spezifikationen der Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 4. November 2009 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 4. November 2009

Inhalt:

92

Mit der vorliegenden Entscheidung werden die Zertifikatsregeln angepasst, welche die Europäische Kommission aufgrund der technischen Spezifikationen für Sicherheitsmerkmale für biometrische Pässe mit der Entscheidung K(2008) 8657 endg.

verabschiedet hat (WE Nr. 68). Die Zertifikatsregeln dienen dazu, sicherzustellen, dass die auf dem Chip gespeicherten Fingerabdruckdaten nur durch die zugriffsberechtigten Behörden mittels zertifizierten Lesegeräten gelesen werden können. Neu werden von den Mitgliedstaaten als organisatorische Ausgestaltung der Public Key Infrastruktur (PKI), welche dem Schutz der im Pass gespeicherten biometrischen Merkmale dient, insbesondere die Einrichtung eines SPOC (Single point of contact) verlangt und die dabei zu beachtenden technischen Anforderungen definiert.

Entscheidung 2009/756/EG der Kommission vom 9. Oktober 2009 zur Festlegung der Auflösungs- und Verwendungsspezifikationen für Fingerabdrücke für die biometrische Identifizierung und Überprüfung im Visa-Informationssystem Fundstelle:

ABl. L 270 vom 15.10.2009, S. 14

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 63) Notenaustausch vom 4. November 2009 (nicht in der AS publiziert) in Kraft seit 8. April 2010.

Inhalt:

93

6486

Diese vorliegende Entscheidung 2009/756/EG stellt eine technische Vollzugsmassnahme der Europäischen Kommission zur VIS-Verordnung (WE Nr. 63) dar, in deren Anhang die technischen Spezifikationen (Auflösungs- und Verwendungsspezifikationen) für Fingerabdrücke für die biometrische Identifizierung und Überprüfung im Visa-Informationssystem (VIS) festgelegt werden.

Entscheidung 2010/49/EG der Kommission vom 30. November 2009 zur Bestimmung der ersten Regionen, in denen das Visa-Informationssystem (VIS) in Betrieb genommen wird Fundstelle:

ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 62

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 63) Notenaustausch vom 17. Dezember 2009 (SR 0.362.380.038), in Kraft seit 8. April 2010.

Inhalt:

Gemäss den Vorgaben der VIS-Verordnung (WE Nr. 63) erfolgt die Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) nicht in allen Drittstaaten zugleich, sondern beginnt schrittweise in zum Voraus definierten Regionen. Mit der vorliegenden Entscheidung wird eine erste Gruppe von Regionen bestimmt, in denen bei sämtlichen Visumanträgen mit der Erhebung und Übermittlung von Visumdaten an das VIS begonnen werden sollte. Aufgrund einer eingehenden Analyse der Sachlage hat die Europäische Kommission Nordafrika (Ägypten, Algerien, Libyen, Mauretanien, Marokko und Tunesien) als erste Region für das VIS-Roll-Out bestimmt.

Als zweite Region wurde der Nahe Osten (Israel, Jordanien, Libanon, Syrien) und als dritte die Golf-Region (Afghanistan, Bahrain, Iran, Irak, Jemen, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate) festgelegt. Während das VIS in der ersten Region bereits seit dem 11. Oktober 2011 in Anwendung steht, wurde es im Nahen Osten am 10. Mai und in der Golfregion am 2. Oktober 2012 in Betrieb genommen. Die weiteren Regionen werden ebenso wie die genauen Daten für die Inbetriebnahme von der Europäischen Kommission zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt.

94

Entscheidung 2009/876/EG der Kommission vom 30. November 2009 zur Annahme von technischen Umsetzungsmassnahmen für die Dateneingabe und die Verknüpfung der Antragsdatensätze, den Datenzugang, die Änderung, Löschung und vorzeitige Löschung von Daten sowie für das Führen von und den Zugriff auf Aufzeichnungen im Visa-Informationssystem Fundstelle:

ABl. L 315 vom 2.12.2009, S. 30

Verfahren:

Modell 2plus (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat, Inkrafttreten mit Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu WE Nr. 63) Notenaustausch vom 17. Dezember 2009 (SR 0.362.380.039), in Kraft seit 8. April 2010.

Inhalt:

95

Diese Entscheidung der Europäischen Kommission stellt eine Vollzugsmassnahme zur VIS-Verordnung (WE Nr. 63) dar, die Zweck, Funktionalitäten und Systemarchitektur des Visa-Informationssystems sowie die Bedingungen und Verfahren für den Austausch von Visa-Daten zwischen den Schengen-Staaten in den Grundzügen regelt. Inhaltlich konkretisiert die Entscheidung folgende Aspekte: die Dateneingabe und die Verknüpfung der Antragsdatensätze, den Datenzugang, die Änderung, Löschung und vorzeitige Löschung von Daten sowie das Führen von und den Zugriff auf Aufzeichnungen.

Verordnung (EG) Nr. 1244/2009 des Rates vom 30. November 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind Fundstelle:

ABl. L 336 vom 18.12.2009, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 17. Dezember 2009 (SR 0.362.380.025), in Kraft seit 17. Dezember 2009

Inhalt:

96

Mit Verordnung (EU) Nr. 1244/2009 wurden Mazedonien, Montenegro und Serbien von der Liste der visumspflichtigen Drittländer gestrichen (vgl. Verordnung (EG) Nr. 539/2001, Anhang B SAA). Mit dieser Visaliberalisierung werden die Staatsangehörigen der genannten Staaten von der Visumpflicht für das Überschreiten der Schengen-Aussengrenze zum Zweck eines kurzfristigen Aufenthalts (max. drei Monate pro Halbjahreszeitraum) befreit, sofern sie im Besitze eines gültigen biometrischen Reisepasses sind. Nicht liberalisiert wird demgegenüber die Einreise für einen langfristigen Aufenthalt (Aufenthalt von mehr als drei Monaten innerhalb von sechs Monaten, gerechnet ab der Ersteinreise) oder zwecks Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die Visumbefreiung bedeutet schliesslich nicht den Wegfall sämtlicher Einreisevoraussetzungen, die der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) für das Überschreiten der Aussengrenzen aufstellt. Ist eine der übrigen Einreisevoraussetzungen (gültiges Reisedokument, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Aufenthalts, keine Ausschreibung im SIS zur Einreiseverweigerung und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) nicht erfüllt, wird die Einreise in den Schengen-Raum verweigert.

Beschluss 2009/914/EG des Rates vom 30. November 2009 zur Änderung des Beschlusses des mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen von 1990 eingesetzten Exekutivausschusses zur Änderung der Finanzregelung für die Einrichtung und den Betrieb der technischen Unterstützungseinheit für das Schengener Informationssystem (C.SIS) Fundstelle:

ABl. L 323 vom 10.12.2009, S. 6

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 13. Januar 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 13. Januar 2010

Inhalt:

Mit der Beschluss 2009/914/EG nimmt der Rat eine Änderung der Finanzregelung für die Einrichtung und den Betrieb der technischen Unterstützungseinheit für das Schengener Informationssystem (C.SIS) vor. Diese legt fest, welchen finanziellen Beitrag die einzelnen Schengen-Staaten an die gemeinsam zu bestreitenden Einrichtungs- und Betriebskosten des C.SIS leisten. Das geänderte C.SIS-Finanzreglement regelt die finanzielle Beteiligung der neuen Schengen-Staaten Bulgarien, Rumänien und Liechtenstein. Dabei ist vorgesehen, dass sich Bulgarien und Rumänien ab einem vom Rat noch festzulegenden Zeitpunkt an den in der Vergangenheit angefallenen Kosten für die Einrichtung des C.SIS ab dem 1. Januar 2007 ebenso beteiligen wie an den künftigen Kosten für das C.SIS. Dasselbe gilt für das Fürstentum Liechtenstein, das seinen finanziellen Verpflichtungen ab Inkrafttreten des Beitrittsprotokolls zum SAA nachkommt (7. April 2011).

6487

97

Beschluss 2010/32/EG des Rates vom 30. November 2009 zur Änderung des Beschlusses des mit dem Schengener Übereinkommen von 1990 eingesetzten Exekutivausschusses zur Änderung der Finanzregelung für die Einrichtung und den Betrieb der technischen Unterstützungseinheit für das Schengener Informationssystem (C.SIS) Fundstelle:

ABl. L 14 vom 20.1.2010, S. 9

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 13. Januar 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 13. Januar 2010

Inhalt:

98

Mit dem Beschluss 2010/32/EG nimmt der Rat eine Änderung der Finanzregelung vor, die für die Einrichtung und den Betrieb der technischen Unterstützungseinheit für das Schengener Informationssystem (C.SIS) Anwendung findet. Inhaltlich geht es dabei insbesondere um die Einbeziehung der Kosten für das Management des technischen Supports und der Datenverschlüsselung einerseits und für das Management des Schengen-Kommunikationsnetzwerks andererseits.

Beschluss 2009/915/EG des Rates vom 30. November 2009 zur Änderung des Beschlusses 2000/265/EG des Rates vom 27. März 2000 zur Festlegung einer Finanzregelung für die Haushaltsaspekte der vom Stellvertretenden Generalsekretär des Rates zu verwaltenden Verträge über die Einrichtung und den Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur für den Schengen-Rahmen («SISNET»), die von ihm als Vertreter bestimmter Mitgliedstaaten geschlossen worden sind Fundstelle:

ABl. L 323 vom 10.12.2009, S. 9

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 13. Januar 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 13. Januar 2010

Inhalt:

99

Der stellvertretende Generalsekretär des Rates ist ermächtigt, für den Abschluss von Verträgen über die Einrichtung und den Betrieb der ursprünglichen Kommunikationsinfrastruktur des SIS (SISNET) solange als Vertreter bestimmter Mitgliedstaaten zu handeln und solche Verträge zu verwalten, bis diese durch eine neue, von der EU finanzierte Kommunikationsinfrastruktur ersetzt wird. Die finanziellen Verpflichtungen, die sich aus diesen Verträgen für die Schengen-Staaten ergeben, werden durch die im Beschluss 2000/265/EG enthaltene Finanzregelung geregelt. Mit der vorliegenden dritten Änderung werden die notwendigen Anpassungen vorgenommen, um ab dem 1. Januar 2010 die finanziellen Auswirkungen aufgrund des geplanten Beitritts von Rumänien, Bulgarien sowie der geplanten Assoziierung des Fürstentum Liechtensteins zu regeln.

Beschluss 2009/1024/EU des Rates vom 22. Dezember 2009 zur Änderung des Schengener Konsultationsnetzes (Pflichtenheft) Fundstelle:

ABl. L 353 vom 31.12.2009, S. 49

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 4. Februar 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 4. Februar 2010 Wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out obsolet

Inhalt:

100

Mit diesem Beschluss passt der Rat das Pflichtenheft des Schengener Konsultationsnetzes VISION an, um den aktuellen Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88) Rechnung zu tragen. Das Schengener Konsultationsnetz dient zur Konsultation der zentralen Behörden anderer Schengen-Staaten im Hinblick auf die Erteilung eines Schengen-Visums an einen Drittstaatsangehörigen. Um die Übermittlung der einschlägigen Informationen zwischen den zentralen Behörden zu ermöglichen, müssen die bestehenden Vorgaben angepasst werden. Die Änderungen enthalten insbesondere Anpassungen der diversen Einträge und Erklärungen in den jeweiligen Formularen, Tabellen und Erläuterungen zum Ablauf des Konsultationsverfahrens.

Beschluss 2009/1015/EU des Rates vom 22. Dezember 2009 zur Änderung der Anlage 3 Teil I der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion betreffend Drittstaatsangehörige, die ein Visum für den Flughafentransit benötigen Fundstelle:

ABl. L 348 vom 29.12.2009, S. 51

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 18. Februar 2010 (SR 0.362.380.026), in Kraft seit 18. Februar 2010 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

6488

Inhalt:

101

Mit diesem Beschluss 2009/1015/EU wird eine Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) vorgenommen. Konkret werden die Staatsangehörigen von Äthiopien für Deutschland und die Niederlande vom Visumerfordernis für den Flughafentransit befreit, sofern sie Inhaber eines gültigen Visums für einen Schengen-Staat (inklusive GB, IRL, RO, BG, CY, FL), Japan, Kanada oder die Vereinigten Staaten sind oder wenn sie nach Inanspruchnahme des Visums die Rückreise aus diesen Ländern antreten. Zudem wurde eine entsprechende Visumerleichterung auf alle Schengen-Staaten ausgedehnt. Sie gilt für all jene Drittstaatsangehörigen, die beim Flughafentransit der Visumpflicht unterliegen, sofern sie Inhaberin oder Inhaber eines gültigen Visums für einen Schengen-Staat (inklusive GB, IRL, RO, BG, CY, FL), Japan, Kanada oder die Vereinigten Staaten sind. Diese Visumerleichterung gilt jedoch nicht für den Flughafentransit von Drittstaatsangehörigen, die nach Ablauf des genannten Visums aus einem anderen Drittstaat zurückkehren.

Beschluss K(2010) 319 endg. der Kommission vom 27. Januar 2010 zur Ersetzung der Entscheidung K(96) 352 vom 7. Februar 1996 über weitere technische Spezifikationen für die einheitliche Visagestaltung Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 26. Februar 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 26. Februar 2010

Inhalt:

102

Die Europäische Kommission ist gemäss der Verordnung (EG) Nr. 1683/95, welche die Schweiz im Rahmen der Genehmigung des SAA übernommen hat (vgl. Anhang B SAA), befugt, die technischen Spezifikationen für die einheitliche Gestaltung der Schengen-Visa festzulegen. Mit dem vorliegenden Beschluss werden die bis anhin geltenden Anforderungen (vgl. Entscheidung K(96) 352 endg., Anhang B SAA) mit zusätzlichen technischen Sicherheitsmassnahmen ergänzt, welche die Fälschung von Visa weiter erschweren sollen. Dabei handelt es sich um mehrfarbige Melierfasern, UV-Untergrunddruck und ein verbessertes Kinegramm. Die technischen Spezifikationen dieser Sicherheitsmerkmale, die im Anhang des Beschlusses detailliert aufgeführt sind, unterliegen aufgrund ihrer Besonderheit der Geheimhaltung und werden deshalb nicht veröffentlicht.

Beschluss 2010/50/EU des Rates vom 25. Januar 2010 zur Änderung von Anlage 2 Liste A der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion an die diplomatischen Missionen und die konsularischen Vertretungen, betreffend Visavorschriften für Inhaber von Diplomatenpässen aus Saudi Arabien Fundstelle:

ABl. L 26 vom 30.01.2010, S. 22

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 10. März 2010 (SR 0.362.380.027), in Kraft seit 10. März 2010 Mit Inkrafttreten des Visakodex (WE Nr. 88) obsolet geworden

Inhalt:

103

Mit diesem Beschluss wird eine Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) vorgenommen. Anlage 2 Liste A der GKI enthält eine indikative Liste der Staaten, deren Diplomatinnen und Diplomaten beim Flughafentransit von der Visumspflicht durch einen oder mehrere Schengen-Staaten befreit sind. Neu wird in dieser Liste der Hinweis auf die neue Praxis Frankreichs aufgenommen, gemäss welcher Inhaberinnen und Inhaber von Diplomatenpässen aus SaudiArabien von der Visumpflicht ausgenommen werden. Aufgrund des rein informatorischen Gehalts der entsprechenden Liste hat der Beschluss als solcher jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Schweiz. Sie bleibt entsprechend den Vorgaben des Schengen-Besitztands frei zu entscheiden, gegenüber welchen Drittstaaten sie die Visumpflicht für Inhaberinnen und Inhaber von Diplomatenpässen liberalisieren will. Gegenüber Staatsangehörigen Saudi-Arabiens bleibt es bei der Visumpflicht für Diplomaten.

Beschluss 2010/69/EU der Kommission vom 8. Februar 2010 zur Änderung der Entscheidung 2008/456/EG mit Durchführungsbestimmungen zur Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme in Bezug auf die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten, die Vorschriften für die Verwaltung und finanzielle Abwicklung aus dem Fonds ko-finanzierter Projekte und die Förderfähigkeit der Ausgaben im Rahmen solcher Projekte Fundstelle:

ABl. L 36 vom 9.2.2010, S. 30

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 10. März 2010 (SR 0.362.380.028), in Kraft seit 10. März 2010

6489

Inhalt:

104

Mit diesem Beschluss nimmt die Europäische Kommission eine Änderung der Durchführungsbestimmungen für den Aussengrenzenfonds vor, die in der Entscheidung 2008/456/EG (WE Nr. 57) enthalten sind. Konkret führt der Beschluss 2010/69/EU neu eine Obergrenze ein, gemäss welcher der Gesamtumfang der einem Mitgliedstaat gewährten Vorfinanzierung 90 % des Gesamtbetrags, der dem betreffenden Mitgliedstaat in der Finanzierungsentscheidung zur Billigung des Jahresprogramms zugewiesen wurde, nicht überschreiten darf. Zudem wird festgehalten, dass durch den Aussengrenzenfonds maximal 75 % der Projektkosten finanziert werden können. Die restlichen 25 % der Projektkosten tragen die betroffenen Staaten selbst.

Beschluss K(2010) 1620 endg. der Kommission vom 19. März 2010 über ein Handbuch für die Bearbeitung von Visumanträgen und die Änderung von bereits erteilten Visa Fundstelle :

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 15. April 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 15. April 2010

105

Geändert durch:

Durchführungsbeschluss K(2011) 5501 endg. [WE Nr. 122]

Inhalt:

Mit dem vorliegenden Beschluss hat die Europäische Kommission ein Handbuch verabschiedet, welches praktische Anweisungen (Leitlinien, Empfehlungen und in der Praxis bewährte Verfahren) für die Konsularbediensteten enthält, die für die Prüfung von Visumanträgen oder für die Änderung von bereits erteilten Visa zuständig sind. Seinem Charakter als an die zuständigen Behörden gerichtete Verwaltungsweisung entsprechend soll das Handbuch in erster Linie die einheitliche Anwendung der Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88) in der Praxis gewährleisten.

Verordnung (EU) Nr. 265/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 2010 zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 in Bezug auf den Verkehr von Personen mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt Fundstelle:

ABl. L 85 vom 31.3.2010, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 31. März 2010 (SR 0.362.380.029), in Kraft seit 31. März 2010

Inhalt:

106

Mit dieser Verordnung werden die bisherigen, auf der Grundlage des SDÜ (vgl.

Anhang A SAA) noch beschränkten Reisemöglichkeiten von Inhaberinnen und Inhabern von nationalen Langzeitvisa (Visa für den Aufenthalt von mehr als drei Monate, Visum D) innerhalb des Schengen-Raumes ausgedehnt. Neu vermitteln Langzeitvisa, deren Gültigkeitsdauer auf maximal 12 Monaten beschränkt ist, der jeweiligen Inhaberin oder dem jeweiligen Inhaber unter den gleichen Bedingungen wie ein nationaler Aufenthaltstitel die Berechtigung, sich während maximal 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen im Schengener Raum frei bewegen, sofern sie zusätzlich ein gültiges Reisedokument mit sich führen. Einschränkungen dieses Reiserechts ergeben sich selbstverständlich, wenn die fragliche Person von einem Schengen-Staat zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben wurde. Im Hinblick auf die Ausstellung eines D-Visums werden die Staaten verpflichtet, systematisch eine Abfrage des Schengener Informationssystems (SIS) durchzuführen. Ist der fragliche Drittstaatsangehörige im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben, so muss bei der Ausfertigung eines D-Visums der ausschreibende Schengen-Staat konsultiert und dessen Interessen berücksichtigt werden, so wie dies bisher bereits bei der Erteilung eines nationalen Aufenthaltstitels der Fall war. Ein D-Visum darf (wie ein Aufenthaltstitel auch) nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe erteilt werden, namentlich wenn humanitäre Gründe oder internationale Verpflichtungen dies gebieten.

Beschluss K(2010) 2378 endg. der Kommission vom 19. April 2010 zur Festsetzung der den Mitgliedstaaten für das Haushaltsjahr 2010 zugewiesenen Beträge in Anwendung der Entscheidung Nr.

574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Mai 2010 (nicht in der AS publiziert), in Kraft seit 19. Mai 2010

6490

Inhalt:

107

Mit Beschluss K(2010) 2378 endg. der Europäischen Kommission werden die Anteile an den Geldern des Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36) bestimmt, die den einzelnen Schengen-Staaten im Haushaltsjahr 2010 grundsätzlich für förderungswürdige Projekte zur Verfügung stehen. Die zugewiesenen Richtbeträge sind dabei als Orientierungswerte zu verstehen. In diesem Sinne stehen der Schweiz 2010 für Projekte im Bereich Flughäfen rund 1.16 Mio. Euro und für solche im Bereich Konsularstellen ca. 1.21 Mio. Euro zur Verfügung. Dies entspricht einem Anteil von 1,24 % an den für die Schengen-Staaten gesamthaft für das Jahr 2010 reservierten Fondsmitteln.

Beschluss 2010/252/EU des Rates vom 26. April 2010 zur Ergänzung des Schengener Grenzkodex hinsichtlich der Überwachung der Seeaussengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit Fundstelle:

ABl. L 111 vom 4.5.2010, S. 20

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 26. Mai 2010 (SR 0.362.380.040), in Kraft seit 26. Mai 2010

Inhalt:

108

Mit dem Beschluss 2010/252/EU des Rates ist der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) mit Vorgaben ergänzt worden, die sich in der Praxis für die Überwachung der Seeaussengrenzen im Rahmen der von FRONTEX koordinierten operativen Zusammenarbeit als sinnvoll herausgestellt haben. Der Beschluss legt neben Einsatzregeln zum Abfangen und zum Aufgriff von Personen im Rahmen gemeinsamer Einsätze auch Leitlinien für Such- und Rettungsaktionen sowie die Ausschiffung fest. Die Schweiz ist mangels Seeaussengrenzen von diesen Vorgaben nicht unmittelbar betroffen.

Beschluss (K(2010) 3667 endg. der Kommission vom 11. Juni 2010 über ein Handbuch für die Organisation der Visumstellen und die Zusammenarbeit vor Ort Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 30. Juni 2010 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 30.

Juni 2010

Inhalt:

109

Mit Beschluss K(2010) 3667 endg. der Europäischen Kommission wurde das Handbuch verabschiedet, das praktische Anweisungen (Leitlinien, Empfehlungen und in der Praxis bewährte Verfahren) für die Organisation der Visumstellen und die Schengener Zusammenarbeit vor Ort enthält. Das Handbuch richtet sich an die Konsularbediensteten und soll seinem Charakter als Verwaltungsweisung entsprechend in erster Linie die einheitliche Anwendung der Voraussetzungen gewährleisten, die im Visakodex (WE Nr. 88) für die Erteilung, die Änderung, die Annullierung oder Aufhebung von Schengen-Visa geregelt sind.

Verordnung (EU) Nr. 541/2010 des Rates vom 3. Juni 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.

1104/2008 über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 155 vom 22.6.2010, S. 19

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 30. Juni 2010 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 30.

Juni 2010

Aufgehoben durch:

Verordnung (EU) Nr. 1273/2012 [WE Nr. 139b]

Inhalt:

Die Verordnung (EU) Nr. 541/2010 des Rates ändert die bisherige Rechtsgrundlage (WE Nr. 74) zur Migration der bestehenden Datensätze vom derzeitigen System (SIS 1+) auf das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II).

Die aufgrund verschiedener technischer Probleme eingetretenen Verzögerungen für die Inbetriebnahme des SIS II machte eine erneute Verlängerung der Geltungsdauer der Rechtsgrundlagen erforderlich. Neu ist der 31. März 2013 bzw. im Falle der Umsetzung eines Alternativszenarios der 31. Dezember 2013 als spätester Endtermin für die Migration vorgesehen.

6491

110

Verordnung (EU) Nr. 542/2010 des Rates vom 3. Juni 2010 zur Änderung des Beschlusses 2008/839/JI des Rates über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 155 vom 22.6.2010, S. 23

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 30. Juni 2010 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 30.

Juni 2010

111

Aufgehoben durch:

Verordnung (EU) Nr. 1272/2012 [WE Nr. 139a]

Inhalt:

Die Verordnung (EU) Nr. 542/2010 des Rates ändert die bisherige Rechtsgrundlage (WE Nr. 73) zur Migration der bestehenden Datensätze vom derzeitigen System (SIS 1+) auf das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II).

Die aufgrund verschiedener technischer Probleme eingetretenen Verzögerungen für die Inbetriebnahme des SIS II machte eine erneute Verlängerung der Geltungsdauer der Rechtsgrundlagen erforderlich. Neu ist der 31. März 2013 bzw. im Falle der Umsetzung eines Alternativszenarios der 31. Dezember 2013 als spätester Endtermin für die Migration vorgesehen.

Beschluss 2010/365/EU des Rates vom 29. Juni 2010 über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über das Schengener Informationssystem in der Republik Bulgarien und Rumänien Fundstelle:

ABl. L 166 vom 1.7.2010, S. 17

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 1. September 2010 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 1. September 2010

Inhalt:

112

Im Beschluss 2010/365/EU hat der Rat gestützt auf die positiven Evaluationsergebnisse im Bereich des Datenschutzes festgestellt, dass Bulgarien und Rumänien die Voraussetzungen für eine teilweise Inkraftsetzung der Bestimmungen über das Schengener Informationssystem (SIS) erfüllt. Mit der Inkraftsetzung der einschlägigen Bestimmungen auf den 15. Oktober 2010 wurde der Weg für den Beginn der nächste Etappe der Evaluation im Bereich des SIS frei, kann doch dieser Bereich ohne den Austausch von Echtdaten nicht evaluiert werden. Bis zur vollständigen Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands in den beiden Staaten, wofür wie üblich ein weiterer Beschluss des Rates der EU erforderlich sein wird, gelten jedoch gewisse Einschränkungen hinsichtlich der Einspeisung von Daten ins SIS und deren Verarbeitung. Namentlich können Rumänien und Bulgarien noch keine Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung (Art. 96 SDÜ) über das SIS verbreiten.

Empfehlung K(2010) 5559 endg. der Kommission vom 16. August 2010 zur Änderung der Empfehlung über einen gemeinsamen «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)», der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen heranzuziehen ist Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 10. September 2010

Inhalt:

113

Mit der Empfehlung K(2010) 5559 endg. der Europäischen Kommission wurde der gemeinsame Leitfaden für Grenzschutzbeamte (WE Nr. 23) ­ auch SchengenHandbuch genannt ­ aufdatiert, um neben der Aufnahme der operationellen Zusammenarbeit mit der Schweiz auch dem Inkrafttreten einer Reihe von Weiterentwicklungen, namentlich des Visakodex (WE Nr. 88), Rechnung zu tragen. Das Schengen-Handbuch enthält zuhanden der zuständigen nationalen Behörden praktische Anweisungen (Leitlinien, Empfehlungen und in der Praxis bewährte Verfahren) für die Durchführung von Grenzübertrittskontrollen bei Personen.

Verordnung (EU) Nr. 1091/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind.

Fundstelle:

ABl. L 329 vom 14.12.2010, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 15. Dezember 2010 (SR 0.362.380.046), in Kraft seit 15. Dezember 2010

6492

Inhalt:

114

Mit Verordnung (EU) Nr. 1091/2010 wurden Albanien, Bosnien und Herzegowina von der Liste der visumspflichtigen Drittländer gestrichen (vgl. Verordnung (EG) Nr. 539/2001, Anhang B SAA). Mit dieser Visaliberalisierung, die am 15. Dezember 2010 wirksam wurde, werden die Staatsangehörigen der genannten Staaten von der Visumpflicht für das Überschreiten der Schengen-Aussengrenze zum Zweck eines kurzfristigen Aufenthalts (max. drei Monate pro Halbjahreszeitraum) befreit.

Allerdings geschieht dies nicht voraussetzungslos: So müssen die Staatsangehörigen von Albanien sowie von Bosnien und Herzegowina im Besitz eines gültigen biometrischen Reisepasses sein. Überdies bleibt die Visumpflicht für eine Einreise in die Schweiz bestehen, wenn die entsprechenden Personen für einen langfristigen Aufenthalt (Aufenthalt von mehr als 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen, gerechnet ab der Ersteinreise) einreisen oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen. Sollte es aufgrund der Visaliberalisierung mit diesen Ländern zu Schwierigkeiten kommen, so kann der Rat die Suspendierung der Visaliberalisierung beschliessen. Die Visumbefreiung bedeutet schliesslich nicht den Wegfall sämtlicher Einreisevoraussetzungen, die der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) für das Überschreiten der Aussengrenzen aufstellt. Ist eine der übrigen Einreisevoraussetzungen (gültiges Reisedokument, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Aufenthalts, keine Ausschreibung im SIS zur Einreiseverweigerung und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) nicht erfüllt, wird die Einreise in den Schengen-Raum verweigert.

Verordnung (EU) Nr. 1211/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12.2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind Fundstelle:

ABl. L 339 vom 22.12.2010, S. 6

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 4. Januar 2011 (SR 0.362.380.047), in Kraft seit 4. Januar 2011

Inhalt:

115

Mit Verordnung (EU) Nr. 1211/2010 wurden Taiwan und die Nördlichen Marianen von der Liste der visumspflichtigen Drittländer gestrichen (vgl. Verordnung (EG) Nr.

539/2001, Anhang B SAA). Mit dieser Visaliberalisierung, die am 15. Dezember 2010 wirksam wurde, werden die Staatsangehörigen der genannten Staaten von der Visumpflicht für das Überschreiten der Schengen-Aussengrenze zum Zweck eines kurzfristigen Aufenthalts (max. drei Monate pro Halbjahreszeitraum) befreit. Die Visumpflicht für eine Einreise in die Schweiz bleibt indessen bestehen, wenn die entsprechenden Personen für einen langfristigen Aufenthalt (Aufenthalt von mehr als 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen, gerechnet ab der Ersteinreise) einreisen oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen. Sollte es aufgrund der Visaliberalisierung mit diesen Ländern zu Schwierigkeiten kommen, so kann der Rat die Suspendierung der Visaliberalisierung beschliessen. Die Visumbefreiung bedeutet zudem nicht den Wegfall sämtlicher Einreisevoraussetzungen, die der Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) für das Überschreiten der Aussengrenzen aufstellt. Ist eine der übrigen Einreisevoraussetzungen (gültiges Reisedokument, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Aufenthalts, keine Ausschreibung im SIS zur Einreiseverweigerung und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) nicht erfüllt, wird die Einreise in den Schengen-Raum verweigert.

Beschluss 2011/148/EU der Kommission vom 2. März 2011 zur Änderung der Entscheidung 2008/456/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zur Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» in Bezug auf die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten, die Vorschriften für die Verwaltung und finanzielle Abwicklung aus dem Fonds ko-finanzierter Projekte und die Förderfähigkeit der Ausgaben im Rahmen solcher Projekte Fundstelle:

ABl. L 61 vom 8.3.2011, S. 28

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 31. März 2011 (SR 0.362.380.048), in Kraft seit 31. März 2011

Inhalt:

Mit Beschluss 2011/148/EU sind aufgrund der gewonnenen Erfahrungen die Durchführungsbestimmungen (WE Nr. 57) der Europäischen Kommission zum Aussengrenzenfonds angepasst worden. Dabei wird einerseits mittels Formularen präzisiert, welche Informationen die Schengen-Staaten im Rahmen der Durchführung der Jahresprogramme bereitstellen müssen. Andererseits werden die Vorschriften für die Förderfähigkeit der Ausgaben für im Rahmen des Aussengrenzenfonds ko-finanzierte Massnahmen vereinfacht, um den Verwaltungsaufwand für die Staaten zu verringern und mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten. Dies betrifft beispielsweise die Bedingungen für die Förderfähigkeit von Personal- oder Reisekosten, die mit dem Projekt in Verbindung stehen, oder die Vergabe von Unteraufträgen.

6493

116

Beschluss K(2011) 1582 endg. der Kommission vom 11. März 2011 zur Festsetzung der den Mitgliedstaaten für das Haushaltsjahr 2011 zugewiesenen Beträge in Anwendung der Entscheidung Nr.

574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 11. April 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 11. April 2011

Inhalt:

117

Mit Beschluss K(2011) 1582 endg. der Europäischen Kommission werden die Anteile an den Geldern des Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36) bestimmt, die den einzelnen Schengen-Staaten im Haushaltsjahr 2011 grundsätzlich für förderungswürdige Projekte zur Verfügung stehen. Die zugewiesenen Richtbeträge sind dabei als Orientierungswerte zu verstehen. Im Jahr 2011 belaufen sich die für die Schweiz vorgesehenen Richtbeträge für Projekte im Bereich Flughäfen auf rund 1.54 Mio.

Euro. Für Projekte im Bereich Konsularstellen stehen ca. 1.52 Mio. Euro zur Verfügung. Dies entspricht einem Anteil von 1,28 % an den für die Schengen-Staaten gesamthaft für das Jahr 2011 reservierten Fondsmitteln.

Verordnung (EU) Nr. 493/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zur Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen Fundstelle:

ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 13

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 16. Mai 2011 (SR 0.362.380.049), in Kraft seit 16. Mai 2011

Inhalt:

118

Mit der Verordnung (EU) Nr. 493/2011 wird das bereits bestehende Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (ILO-Netz) effektiver gestaltet, das durch die Verordnung (EG) Nr. 377/2004 eingerichtet wurde (vgl. Anhang B SAA).

In diesem Netzwerk sind Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen SchengenStaaten zusammengefasst, die vom jeweiligen Staat ins Ausland (meist an die Konsularbehörden) entsandt werden, um Kontakte zu den Behörden des Gastlandes herzustellen und aufrechtzuerhalten mit dem Ziel, zur Verhinderung und Bekämpfung der illegalen Einwanderung, zur Rückkehr illegaler Einwanderer und zur Steuerung der legalen Wanderung beizutragen. Um Synergien im Bereich des Migrations- und Grenzschutzmanagements zu nutzen, schafft die Verordnung die Rechtsgrundlage für eine enge Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Grenzschutzagentur (FRONTEX) und den ILO-Netzen. Dabei wird namentlich der Informationsaustausch sowohl auf operativer als auch auf strategischer Ebene intensiviert. Die Verordnung sieht überdies vor, dass zum Zwecke des Informationsaustauschs über die Entsendung von Verbindungsbeamten sowie für den Informationsaustausch zwischen Verbindungsbeamten das sichere, internetbasierte Informations- und Koordinierungsnetz für die Migrationsbehörden (ICONet, vgl. WE Nr. 5) genutzt werden kann. ICONet wurde bisher u.a. für den Informationsaustausch im Rahmen eines Frühwarnsystems zur illegalen Einreise oder die Organisation von gemeinsamen Rückführungen genutzt.

Empfehlung K(2011) 3918 endg. der Kommission vom 20. Juni 2011 zur Änderung der Empfehlung über einen gemeinsamen «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)», der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen heranzuziehen ist Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 13. Juli 2011

Inhalt:

6494

Der Leitfaden für Grenzschutzbeamte, das sog. Schengen-Handbuch (WE Nr. 23), welches von den Grenzschutzbeamten als Orientierungshilfe für die Durchführung der Aussengrenzkontrollen heranzuziehen ist, wird in regelmässigen Abständen den veränderten Bedürfnissen der Praxis angepasst. Mit der Empfehlung K(2011) 3918 endg. der Europäischen Kommission ist dies wiederum der Fall. Die aktuelle Anpassung präzisiert, dass ein visumpflichtiger Drittstaatsangehöriger auch mit zwei Reisepässen (einem gültigen Reisepass ohne Visum und einem ungültig gemachten Reisepass mit einem gültigen Visum) einreisen darf. Zudem wird das Vorgehen festgelegt, wie gefälschte Dokumente zu markieren oder zu entwerten sind, falls diese nicht beschlagnahmt werden können. Diese Aktualisierung stellt, wie schon das Handbuch als solches, keine neuen Rechte und Pflichten auf. Es ist rechtlich unverbindlich und enthält lediglich Empfehlungen an die Grenzschutzbeamten betreffend eine einheitliche und optimale Umsetzung der im Bereich der Grenzkontrollen geltenden Regelungen des Schengen-Besitzstands.

119

Beschluss 2011/369/EU des Rates vom 9. Juni 2011 zur Änderung des Schengener Konsultationsnetzes (Pflichtenheft) Fundstelle:

ABl. L 166 vom 25.6.2011, S. 22

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 8. Juli 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 8. Juli 2011 Wird bei Abschluss des VIS-Roll-Out obsolet

Inhalt:

120

Das Schengener Konsultationsnetz (VISION) ermöglicht eine auf elektronischem Wege erfolgende Konsultation der Zentralbehörden eines oder mehrerer anderer Schengen-Staaten zu Visumsanträgen. Eine Konsultation erfolgt, soweit ein Schengen-Staat verlangt hat, vor der Erteilung eines Schengen-Visums an einen Angehörigen eines bestimmten Drittstaates begrüsst zu werden. Widersetzt sich der konsultierte Schengen-Staat der Visumserteilung, so kann lediglich ein nationales Visum ausgestellt werden. Mit dem Beschluss 2011/369/EU aktualisiert der Rat das entsprechende Pflichtenheft, das die technischen Spezifikationen des automatisierten Konsultationsverfahrens regelt. Konkret werden die darin aufgeführten Ländercodes (insbesondere diejenigen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und des Kosovo) für die Zwecke der VISION-Konsultationen an die aktualisierte Liste des Drei-Buchstaben-Codes der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) angepasst, was eine entsprechende Überarbeitung der einschlägigen Rubriken in den Formularen erforderlich macht.

Durchführungsbeschluss 2011/406/EU der Kommission vom 1. Juli 2011 zur Änderung des SIRENEHandbuchs Fundstelle:

ABl. L 186 vom 15.7.2011, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 17. August 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 17. August 2011 Mit Übergang zum SIS II obsolet geworden

Inhalt:

121

Mit dem Durchführungsbeschluss 2011/406/EU wird das SIRENE-Handbuch zum SIS 1+ (WE Nr. 47 und 48) angepasst. Das Handbuch enthält Weisungen für die Mitarbeitenden der SIRENE-Büros der einzelnen Schengen-Staaten. Es handelt sich um eine detaillierte Beschreibung der Vorschriften und Verfahren für den Austausch der Zusatzinformationen, die zur Anwendung der Bestimmungen des SDÜ (vgl. Anhang A, Teil SAA) erforderlich sind. Konkret werden die bestehenden Abläufe in den SIRENE-Büros soweit wie möglich an die für das SIS II optimierten Verfahren (SIRENE-Handbuch zum SIS II, WE Nr. 50 und 66) angepasst. Namentlich wurde auf überholte Abläufe und ungenutzte Formulare verzichtet sowie gewisse Anwendungen nutzerfreundlicher und sprachlich präziser umschrieben, was eine klarere Darstellung der Kompetenzen und Aufgaben des SIRENE-Büros erlaubt.

Durchführungsbeschluss K(2011) 5500 endg. der Kommission vom 4. August 2011 über die Erstellung der Liste der von den Visumantragstellern in China (in Peking, Guangzhou, Chengdu, Shanghai und Wuhan), Saudi-Arabien, Indonesien und Vietnam (in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt) vorzulegenden Belege Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 2. September 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 2. September 2011

Inhalt:

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2011) 5500 endg. präzisiert die Europäische Kommission die Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88), dessen Anhang II in nicht abschliessender Weise auflistet, welche Belege bei der Beantragung eines Schengen-Visums (Kategorie C) oder eines Flughafentransitvisums (Kategorie A) vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten in einzelnen Konsularbezirken besser Rechnung tragen zu können, präzisiert der Durchführungsbeschluss Art und Umfang der Belege, die in China (in Peking, Guangzhou, Chengdu, Shanghai und Wuhan), Saudi-Arabien, Indonesien und Vietnam (in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt) vorzulegen sind. Selbstverständlich bleibt es den Konsulaten unbenommen, im Verlauf der Prüfung eines bestimmten Visumantrags zusätzliche Unterlagen zu verlangen.

6495

122

Durchführungsbeschluss K(2011) 5501 endg. der Kommission vom 4. August 2011 zur Änderung des Beschlusses K(2010) 1620 endg. der Kommission vom 19. März 2010 über ein Handbuch für die Bearbeitung von Visumsanträgen und die Änderung von bereits erteilten Visa Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 2. September 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 2. September 2011

Inhalt:

123

Mit Beschluss K(2011) 5501 endg. passt die Europäische Kommission das Handbuch für die Bearbeitung von Visumanträgen und die Änderung von bereits erteilten Visa (WE Nr. 104) an veränderte praktische Bedürfnisse an. Das Handbuch, das sich im Sinne einer Verwaltungsweisung lediglich an die Konsularbediensteten richtet und zu keinen neuen Rechten und Pflichten für die Antragsteller führt, enthält verfahrenstechnische Leitlinien, Empfehlungen und in der Praxis bewährte Verfahren (best practices). Mit der vorliegenden Weiterentwicklung wird das Handbuch mit zusätzlichen Anweisungen ergänzt ­ so etwa zur Anwendung der Bestimmungen über die Flughafentransitvisumspflicht, zu Zuständigkeiten, zur Gültigkeitsdauer von Visa zum Zwecke der Durchreise, zur Verlängerung von Visa und zum Ausfüllen der Visummarken.

Beschluss K(2011) 5499 endg. der Kommission vom 4. August 2011 zur Änderung der Entscheidung K(2006) 2909 endg. der Kommission über die technischen Spezifikationen der Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung in ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 2. September 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 2. September 2011

Inhalt:

124

Mit dem Beschluss K(2011) 5499 endg. der Europäischen Kommission werden die technischen Spezifikationen für die Sicherheitsmerkmale von biometrischen Pässen und Reisedokumenten überarbeitet und aktualisiert (vgl. WE Nr. 16). Neben einer Modernisierung der Verschlüsselungsverfahren, die ein unbemerktes Auslesen der auf dem Pass gespeicherten Daten verhindern und die Datenübertragung zwischen Pass und Lesegerät verschlüsseln, wird namentlich der Ablauf bei der Erfassung der Fingerabdrücke und die dafür notwendige Qualitätsschwelle angepasst. Werden im Rahmen der Qualitätsprüfung der abzunehmenden Fingerabdrücke Mängel festgestellt, ist neu ­ anstatt auf zwei Finger der zweiten Hand auszuweichen ­ der erfasste Finger mit der besten Qualität auf dem Chip zu speichern. Zudem wird präzisiert, wie die Qualität der erfassten Fingerabdrücke im Chip gespeichert werden muss.

Beschluss K(2011) 5478 endg. der Kommission vom 4. August 2011 zur Änderung der Entscheidung K(2002) 3069 der Kommission zur Festlegung der technischen Spezifikationen für die einheitliche Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 2. September 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 2. September 2011

Inhalt:

6496

Mit Beschluss K(2011) 5478 endg. der Europäischen Kommission werden die technischen Spezifikationen (vgl. Entscheidung K(2002) 3069, Anhang B SAA) betreffend die Aufnahme biometrischer Daten und deren Schutz in den Aufenthaltstiteln von Drittstaatsangehörigen (biometrischer Ausländerausweis) zum zweiten Mal angepasst. Die neuen Vorgaben sind etwa in Bezug auf die Erstregistrierung der Fingerabdrücke, insbesondere aufgrund der Unterstützung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) sowie der in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen, zustande gekommen und dienen dem verbesserten Schutz der elektronisch gespeicherten Daten vor Fälschungen und Verfälschungen. Die technischen Qualitätsanforderungen unterliegen wegen ihres besonderen Charakters der Geheimhaltung und werden daher nicht publiziert.

125

Durchführungsbeschluss K(2011) 7192 endg. der Kommission vom 13. Oktober 2011 über die Erstellung der Liste der von Visumantragstellern in Bosnien und Herzegowina, Sri Lanka und der Türkei (Ankara, Istanbul, Edirne und Izmir) vorzulegenden Belege Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 16. November 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 16. November 2011

Inhalt:

126

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2011) 7192 endg. präzisiert die Europäische Kommission die Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88), dessen Anhang II in nicht abschliessender Weise auflistet, welche Belege bei der Beantragung eines Schengen-Visums (Kategorie C) oder eines Flughafentransitvisums (Kategorie A) vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten in einzelnen Konsularbezirken besser Rechnung tragen zu können, präzisiert der Durchführungsbeschluss Art und Umfang der Belege, die in Bosnien und Herzegowina, Sri Lanka und der Türkei (Ankara, Istanbul, Edirne und Izmir) vorzulegen sind. Selbstverständlich bleibt es den Konsulaten unbenommen, im Verlauf der Prüfung eines bestimmten Visumantrags zusätzliche Unterlagen zu verlangen.

Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Fundstelle:

ABl. L 286 vom 1.11.2011, S. 1

Verfahren:

Modell 3 (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA: Übernahme unter Vorbehalt der Genehmigung durch Parlament) Notenaustausch vom 24. November 2011 (BBl 2012 5899; noch nicht in der AS veröffentlicht), noch nicht in Kraft

Inhalt:

Mit der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 wird eine Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (sog. IT-Agentur, neuerdings offiziell auch «eu-LISA» genannt) errichtet, die inskünftig die Aufgaben übernehmen wird, welche bislang von der Europäischen Kommission wahrgenommen wurden. Die IT-Agentur mit Sitz in Tallinn (Estland) ist eine Regulierungsagentur, die über eine Autonomie im rechtlichen, administrativen und finanziellen Bereich verfügt und ausschliesslich Aufgaben auf operativem Gebiet wahrnimmt. Konkret wird die Agentur, welche ihre Arbeit am 1. Dezember 2012 aufgenommen hat, für die Sicherstellung eines 24-Stunden-Betriebs der Zentralsysteme des VIS, von EURODAC und in einer späteren Phase auch des SIS II zuständig sein und einen fortlaufenden und ununterbrochenen Datenfluss mit den nationalen Schnittstellen sicherstellen. Zudem wird ihr die Entwicklung und das Betriebsmanagement von künftigen InformatikGrossprojekten überantwortet werden, die im Bereich Justiz und Inneres allenfalls noch geschaffen werden. In diesem Zusammenhang kann sie von der Europäischen Kommission mit der Durchführung von entsprechenden Pilotprojekten (pilot schemes) beauftragt werden. Der IT-Agentur kommt indessen keinerlei Befugnis zum Erlass von Rechtsnormen zu. Die Beschlussfassung zur Frage, ob neue Informationssysteme geschaffen werden sollen oder nicht, welchen Inhalt und Zweck sie haben sollen, wer zugriffsberechtigt sein und unter welchen Modalitäten die Datenbearbeitung zulässig sein soll, obliegt daher weiterhin den zuständigen EU-Institutionen (Rat und Europäisches Parlament). Die Agentur besitzt Rechtspersönlichkeit und verfügt über einen eigenen Verwaltungsapparat (namentlich Verwaltungsrat, Beratergruppen und Exekutivdirektor).

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2012 5888 ff.

Zusatzvereinbarung: Die Verhandlungen zur Zusatzvereinbarung laufen seit Herbst 2012 und sollten noch im Laufe des Jahres 2013 abgeschlossen werden. Sollte die Zusatzvereinbarung wie von der Kommission angekündigt dem EuGH zur Prüfung vorgelegt werden, dürfte die Unterzeichnung der Vereinbarung kaum vor Ende des Jahres stattfinden können.

Die Vereinbarung soll vom Bundesrat selbstständig abgeschlossen werden (vgl. Art.

2 des Entwurfs des BB, BBl 2012 5897). Sie regelt Art und Umfang der Beteiligung der assoziierten Staaten an den Aktivitäten der IT-Agentur, namentlich die Art der Berechnung des finanziellen Beitrags der Schweiz an den Haushalt der Agentur, die Modalitäten für die Beschäftigung von Schweizer Staatsangehörigen in der Agentur sowie der Umfang der Stimmrechte der Vertreterinnen und Vertreter der assoziierten Staaten in den Organen der Agentur.

Für weitere Einzelheiten: siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 2012 5883 ff.

6497

127

Beschluss Nr. 1105/2011/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Liste der visierfähigen Reisedokumente, die den Inhaber zum Überschreiten der Aussengrenzen berechtigen, und über die Schaffung eines Verfahrens zur Aufstellung dieser Liste Fundstelle:

ABl. L 287 vom 4.11.2011, S. 9

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 13. Dezember 2011 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 13. Dezember 2011

Inhalt:

128

Das bestehende Handbuch visierfähiger Reisedokumente, welche die Inhaberin oder den Inhaber zum Überschreiten der Aussengrenzen berechtigen, basiert auf den Beschlüssen SCH/Com-ex (98)56 und SCH/Com-ex (99)14 (vgl. Anhang A, Teil 3, SAA). Mit Beschluss Nr. 1105/2011/EU des Europäischen Parlaments und des Rates werden diese aufgehoben und das Handbuch totalrevidiert. Gegenstand des Handbuchs ist die Schaffung eines Verfahrens, im Rahmen dessen die Europäische Kommission eine Liste aller Reisedokumente, die von Drittstaaten bzw. von den EU-Mitgliedstaaten ausgestellt wurden, erstellt und periodisch nachführt. Dabei hat jeder Schengen-Staat Gelegenheit, sich innerhalb von drei Monaten zur Frage der Anerkennung oder Nichtanerkennung eines Reisedokumentes zu äussern. Tut er das nicht innert Frist, so gilt das entsprechende Reisedokument solange als anerkannt, bis der entsprechende Schengen-Staat die Nichtanerkennung mitteilt. Anhand dieser Liste können die Grenzschutzbehörden sowie die konsularischen Dienste daher verlässlich überprüfen, ob ein Dokument als Reisedokument im Sinne von Artikel 5 des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) anerkannt wird und visierfähig ist, d.h.

geeignet ist, mit einem Schengen-Visum versehen zu werden. Wird ein Reisedokument von einem Schengen-Staat nicht anerkannt, bleibt der Inhaberin oder dem Inhaber des Reisedokumentes die Einreise in das entsprechende Hoheitsgebiet verwehrt. Gleichzeitig ist die Europäische Kommission auch beauftragt, eine (nicht vollständige) Liste bekannter Fantasie- und Tarnpässe, die weder visierfähig sind noch zum Überschreiten der Aussengrenzen berechtigen, zu führen und periodisch zu aktualisieren.

Verordnung (EU) Nr. 1168/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union Fundstelle:

ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 13. Dezember 2011 (SR 0.362.380.050), in Kraft seit 13. Dezember 2011

Inhalt:

6498

Mit der Verordnung (EU) Nr. 1168/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates wurde die FRONTEX-Verordnung (WE Nr. 1) ein weiteres Mal revidiert. Mit der Revision wird das Mandat der Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen (FRONTEX) erweitert, um diese in ihrem Aktionsradius (Koordinationsfunktion) und ihren Wirkungsmöglichkeiten (eigene technisch-operative Kapazitäten) zu stärken. Namentlich erhält FRONTEX neu die Möglichkeit, einen Pool nationaler Grenzwächter zu bilden, die im Rahmen gemeinsamer Operationen als sogenannte Gemeinsame Unterstützungsteams eingesetzt werden können. Im Unterschied zu den «Rapid Border Intervention Teams» (RABITS), die lediglich in plötzlich auftretenden aussergewöhnlichen Situationen eingesetzt werden können, kommen die Gemeinsamen Unterstützungsteams auf der Basis des jährlichen Arbeitsplans von FRONTEX in sämtlichen Fällen zum Einsatz, in denen ein Schengen-Staat technische oder operationelle Hilfe benötigt. Die einzelnen SchengenStaaten sind im selben Umfang grundsätzlich verpflichtet, nationale Grenzwächter für diesen Einsatzpool zur Verfügung zu stellen, wie dies für die RABITS bereits der Fall gewesen ist. Die genaue Anzahl der Grenzwächter, die für diesen Pool zur Verfügung zu halten sind, wird in bilateralen Vereinbarungen zwischen den einzelnen Schengen-Staaten und FRONTEX jährlich festgelegt. Zudem verfügt die Agentur inskünftig auch über eigenes Material (Schiffe, Flugzeuge, etc.), welches sie anschaffen oder leasen kann. Schliesslich verstärkt FRONTEX die Aktivitäten in den Bereichen Rückführung und Risikoanalyse und intensiviert auch die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Institutionen (insbesondere Europol, EASO, internationale Organisationen). Diese neuen Funktionen werden im Rahmen des bestehenden FRONTEX-Budgets erfüllt.

129

Beschluss K(2011) 9883 endg. der Kommission vom 20. Dezember 2011 zur Festsetzung der den Mitgliedstaaten für das Haushaltsjahr 2012 zugewiesenen Beträge in Anwendung der Entscheidung Nr.

574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Januar 2012 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 19. Januar 2012

Inhalt:

130

Mit dem Beschluss K(2011) 9883 endg. werden die Anteile an den Geldern des Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36) bestimmt, die den einzelnen Schengen-Staaten im Haushaltsjahr 2012 grundsätzlich für förderungswürdige Projekte zur Verfügung stehen. Der Schweiz weist die Europäische Kommission dabei einen Richtbetrag in der Höhe von insgesamt 4 299 020 Euro zu, wovon 2 300 932 Euro für den Bereich Flughäfen und 1 998 088 Euro für den Bereich Konsularstellen bestimmt sind. Der zugewiesene Richtbetrag ist ein Orientierungswert zur Bestimmung der Höhe des für die Schweiz im Jahr 2012 verfügbaren Fondsanteils, wobei 50 % (2 149 510 Euro) von der Europäischen Kommission im Jahr 2012 als Vorfinanzierung an die Schweiz überwiesen werden. Die restlichen 50 % werden der Schweiz nach Genehmigung der Schlussberichterstattung über die Durchführung des Jahresprogramms 2012 voraussichtlich im Jahr 2015 erstattet. Der zugewiesene Betrag von 4 299 020 Euro entspricht 1,34 % der für die Schengen-Staaten insgesamt reservierten Fondsmittel für das Jahr 2012 (321 910 920 Euro).

Beschluss K(2011) 9771 endg. der Kommission vom 22. Dezember 2011 über die Annahme von Leitlinien für Grundsätze, Kriterien und Richtsätze für Finanzkorrekturen der Kommission nach Artikel 44 der Entscheidung Nr. 2007/435/EG des Rates vom 25. Juni 2007 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme, Artikel 46 der Entscheidung Nr.

573/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme, Artikel 48 der Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Errichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme und Artikel 46 der Entscheidung Nr. 575/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Errichtung des Europäischen Rückkehrfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 19. Januar 2012 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 19. Januar 2012

Inhalt:

Mit dem Beschluss K(2011) 9771 endg. legt die Europäische Kommission Leitlinien für Finanzkorrekturen fest, die sie im Rahmen der Fonds des generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» vornehmen kann. Zu diesem gehören insgesamt vier Fonds ­ der Flüchtlingsfonds, der Rückkehrfonds, der Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen sowie der Aussengrenzenfonds ­, wobei nur der letztgenannte Schengen-relevant und daher für die Schweiz von Bedeutung ist. Diese Leitlinien sollen die Europäische Kommission in die Lage versetzen, die Rechtmässigkeit der für die Ko-Finanzierung von den SchengenStaaten übermittelten Ausgaben anhand konkreter und einheitlicher Vorgaben zu überprüfen. Konkret sind Finanzkorrekturen immer dann vorzunehmen, wenn eine Unregelmässigkeit bei einem Einzelvorhaben aufgedeckt wurde oder schwerwiegende Mängel bei den nationalen Verwaltungs- und Kontrollsystemen vorliegen, welche zu systembedingten Unregelmässigkeiten führen könnten. Die Höhe der Finanzkorrektur richtet sich nach der Schwere und Art der Unregelmässigkeit(en) sowie nach den finanziellen Auswirkungen der Mängel in einem konkreten Jahresprogramm. Bevor eine finanzielle Berichtigung vorgenommen wird, wird der entsprechende Schengen-Staat über die Mängel in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten Stellung zu nehmen. Eine Finanzkorrektur führt im Wesentlichen zu einer Verringerung der einem Schengen-Staat zugewiesenen Fondsgelder.

6499

131

Durchführungsbeschluss K(2012) 1152 endg. der Kommission vom 27. Februar 2012 über die Erstellung der Liste der von den Visumantragstellern in Ägypten (Kairo und Alexandria) einzureichenden Unterlagen Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2012 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 28. März 2012

Inhalt:

132

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2012) 1152 endg. präzisiert die Europäische Kommission die Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88), dessen Anhang II in nicht abschliessender Weise auflistet, welche Belege bei der Beantragung eines Schengen-Visums (Kategorie C) oder eines Flughafentransitvisums (Kategorie A) vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten in einzelnen Konsularbezirken besser Rechnung tragen zu können, präzisiert der Durchführungsbeschluss Art und Umfang der Belege, die in Ägypten (Kairo und Alexandria) vorzulegen sind. Selbstverständlich bleibt es den Konsulaten unbenommen, im Verlauf der Prüfung eines bestimmten Visumantrags zusätzliche Unterlagen zu verlangen.

Durchführungsbeschluss K(2012) 1301 endg. der Kommission vom 29. Februar 2012 zur Annahme der technischen Spezifikationen für das elektronische Kommunikationssystem «VIS Mail» für die Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das VisaInformationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2012 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 28. März 2012

Inhalt:

133

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2012) 1301 endg. konkretisiert die Europäische Kommission die technischen Spezifikationen für die Kommunikationsinfrastruktur «VIS Mail», mit der die Zentraleinheit des Visa-Informationssystems (CVIS) und die nationalen Schnittstellen verbunden sind. Das VIS Mail dient zur Sicherstellung der gesamten im Zusammenhang mit der Visaerteilung erforderlichen Kommunikation zwischen den Konsular- und Zentralbehörden der SchengenStaaten. So werden beispielsweise Dokumentenanfragen oder Datenberichtigungen (z.B. wenn ein Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines Schengen-Staates erlangt hat und daher aus dem System gelöscht werden muss) ebenso über das VIS Mail abgewickelt wie der Informationsaustausch zwecks vorgängiger Konsultation der anderen Schengen-Staaten, die gemäss dem Visakodex (WE Nr. 88) im Rahmen der Visumerteilung unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich ist. Sobald das VIS in allen konsularischen Vertretungen installiert ist (Ende des VIS-Roll-Out in allen Regionen) wird das VIS-Mail die derzeitige Kommunikationsinfrastruktur, das Schengener Konsultationsnetz (VISION) ersetzen und einen gesicherten Austausch der erforderlichen Personen- und Visadaten ermöglichen. Dies dürfte in rund zwei Jahren der Fall sein.

Durchführungsbeschluss 2012/274/EU der Kommission vom 24. April 2012 zur Bestimmung der zweiten Gruppe von Regionen, in denen das Visa-Informationssystem (VIS) in Betrieb genommen wird Fundstelle:

ABl. L 134 vom 24.5.2012, S. 20

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 24. Mai 2012 (nicht in der AS veröffentlicht), in Kraft seit 24. Mai 2012

Inhalt:

6500

Gemäss den Vorgaben der VIS-Verordnung (WE Nr. 63) erfolgt die Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) nicht in allen Drittstaaten gleichzeitig, sondern schrittweise in zum Voraus bestimmten Regionen. Nachdem die Europäische Kommission mit Entscheidung 2010/49/EG (WE Nr. 93) eine erste Gruppe von Regionen bestimmt hatte, benennt sie mit diesem Durchführungsbeschluss nun eine zweite Gruppe von Regionen, in welchen bei sämtlichen Visumanträgen mit der Erhebung von Visumdaten und deren Übermittlung an das VIS begonnen werden soll. Es handelt sich um die folgenden Regionen: Westafrika (4. Region), Zentralafrika (5. Region), Ostafrika (6. Region), südliches Afrika (7. Region), Südamerika (8. Region), Zentralasien (9. Region) und Südostasien (10. Region). Die besetz-

ten palästinensischen Gebiete, die aufgrund der zu erwartenden technischen Schwierigkeiten aus der Region Naher Ostern ausgenommen wurden, bilden schliesslich die 11. Region für den VIS-Roll-Out. Wann genau das VIS in jeder dieser Regionen in Betrieb genommen werden wird, ist von der Europäischen Kommission noch festzulegen.

134

Verordnung (EU) Nr. 154/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) Fundstelle:

ABl. L 58 vom 29.2.2012, S. 3

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 16. Juli 2012 (SR 0.362.380.052); in Kraft seit 16. Juli 2012

Inhalt:

135

Mit der Verordnung (EU) Nr. 154/2012 wird eine mehrdeutige Formulierung in einer Bestimmung des Visakodex (WE Nr. 88) ausgemerzt, um eine eindeutige und einheitliche Auslegung sicherzustellen. Konkret geht es um die Festlegung der Voraussetzungen, unter welchen Drittstaatsangehörige von der Visumspflicht für den Flughafentransit befreit sind. Klargestellt wurde namentlich, dass diese Befreiung für Drittstaatsangehörige gilt, die im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels eines EU-Mitgliedstaates sind, der die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Bereich Visum nicht oder noch nicht vollständig anwendet (konkret: von Bulgarien, Dänemark, Irland, Rumänien, dem Vereinigten Königreich und Zypern).

Durchführungsbeschluss K(2012) 4726 endg. der Kommission vom 11. Juli 2012 über die Erstellung der Liste der von den Visumantragstellern im Vereinten Königreich (Edinburgh, London und Manchester) einzureichenden Unterlagen Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 16. August 2012 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 16. August 2012

Inhalt:

136

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2012) 4726 endg. präzisiert die Europäische Kommission die Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88), dessen Anhang II in nicht abschliessender Weise auflistet, welche Belege bei der Beantragung eines Schengen-Visums (Kategorie C) oder eines Flughafentransitvisums (Kategorie A) vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten in einzelnen Konsularbezirken besser Rechnung tragen zu können, präzisiert der Durchführungsbeschluss Art und Umfang der Belege, die im Vereinten Königreich (Edinburgh, London und Manchester) vorzulegen sind. Selbstverständlich bleibt es den Konsulaten unbenommen, im Verlauf der Prüfung eines bestimmten Visumantrags zusätzliche Unterlagen zu verlangen.

Verordnung (EU) Nr. 977/2011 der Kommission vom 3. Oktober 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) Fundstelle:

ABl. L 258 vom 4.10.2011, S. 9

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 16. August 2012 (SR 0.362.380.054); in Kraft seit 16. August 2012

Inhalt:

Mit der vorliegenden Verordnung wird der Visakodex (WE Nr. 88), der die Voraussetzungen und Verfahren für die Erteilung von Schengen-Visa festlegt, geringfügig geändert. Konkret werden die in Anhang VII Visakodex enthaltenen Vorgaben im Hinblick auf das Ausfüllen der Visumsmarken leicht angepasst. Um die Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen zu erleichtern, müssen auf der Visumsmarke zusätzliche Codes angebracht werden. Diese zeigen an, ob alle oder nur ein Teil der Daten im VIS gespeichert sind. Hintergrund dieser Vorgaben ist der Umstand, dass das VIS gestaffelt nach Regionen in Betrieb genommen wird. Während in den vom Roll-Out erfassten Regionen die Speicherung aller Daten Pflicht ist, sind die Schengen-Staaten in den übrigen Regionen frei, auf freiwilliger Basis alle oder einen Teil der verlangten Daten ans VIS zu übermitteln.

6501

137

Durchführungsbeschluss K(2012) 5310 endg. der Kommission vom 6. August 2012 über die Erstellung der Liste der von den Visumantragstellern in Chile, Kasachstan (Almaty und Astana), Nicaragua und Nigeria (Abuja und Lagos) einzureichenden Unterlagen Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 6. September 2012 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 6. September 2012

Inhalt:

138

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2012) 5310 endg. präzisiert die Europäische Kommission die Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88), dessen Anhang II in nicht abschliessender Weise auflistet, welche Belege bei der Beantragung eines Schengen-Visums (Kategorie C) oder eines Flughafentransitvisums (Kategorie A) vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten in einzelnen Konsularbezirken besser Rechnung tragen zu können, präzisiert der Durchführungsbeschluss Art und Umfang der Belege, die in Chile, Kasachstan (Almaty und Astana), Nicaragua und Nigeria (Abuja und Lagos) vorzulegen sind. Selbstverständlich bleibt es den Konsulaten unbenommen, im Verlauf der Prüfung eines bestimmten Visumantrags zusätzliche Unterlagen zu verlangen.

Empfehlung K(2012) 9330 endg. der Kommission vom 14. Dezember 2012 zur Änderung der Empfehlung über einen gemeinsamen «Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)», der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen heranzuziehen ist (K(2006) 5186 endg).

Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 1 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: blosse Kenntnisnahme) Diplomatische Note vom 10. Januar 2013

Inhalt:

139a

Der Leitfaden für Grenzschutzbeamte, das sog. Schengen-Handbuch (WE Nr. 23), welches von den Grenzschutzbeamten als Orientierungshilfe für die Durchführung der Aussengrenzkontrollen heranzuziehen ist, wird in regelmässigen Abständen den veränderten Bedürfnissen der Praxis angepasst. Mit der Empfehlung K(2012) 9930 endg. der Europäischen Kommission ist dies wiederum der Fall. Die aktuelle Anpassung trägt dem Umstand Rechnung, dass Liechtenstein seit Dezember 2011 an der operationellen Zusammenarbeit teilnimmt. Darüber hinaus werden auch Präzisierungen im Hinblick auf die Gültigkeit von Kindereinträgen im Reisepass der Eltern (die mit Verordnung (EG) Nr. 444/2009 (WE Nr. 86) grundsätzlich nicht mehr statthaft sind) vorgenommen. Schliesslich werden auch Leitlinien zur Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen türkische Staatsangehörigen zur visafreien Einreise nach Deutschland, Dänemark oder der Niederlande berechtigt sind, in das Handbuch aufgenommen. Dabei wird für die übrigen Schengen-Staaten klargestellt, dass in solchen Fällen weiterhin ein Schengener Durchreisevisum erforderlich ist, wenn die Einreise in einen der drei genannten Staaten durch einen anderen Schengen-Staat erfolgt. Diese Aktualisierung stellt, wie schon das Handbuch als solches, keine neuen Rechte und Pflichten auf. Es ist rechtlich unverbindlich und enthält lediglich Empfehlungen an die Grenzschutzbeamten betreffend eine einheitliche und optimale Umsetzung der im Bereich der Grenzkontrollen geltenden Regelungen des Schengen-Besitzstands.

Verordnung (EU) Nr. 1272/2012 des Rates vom 20. Dezember 2012 über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Neufassung) Fundstelle:

ABl. L 359 vom 29.12.2012, S. 21

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 20. Februar 2013 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 20. Februar 2013

Inhalt:

6502

Gestützt auf die bestehenden Rechtsgrundlagen hätte die Migration der Daten von SIS 1+ auf SIS II bis spätestens dem 31. März 2013 erfolgen müssen. Die Geltungsdauer der Verordnung (EU) Nr. 1272/2012 ist demgegenüber unbefristet. Sie stellt sicher, dass die Migration vom alten auf das neue System ohne operationellen Unterbruch bewerkstelligt werden kann, indem sie eine vorübergehende Migrationsarchitektur aufbaut. Entsprechend hebt die Verordnung die ursprünglichen Rechtsgrundlagen (WE 73 und WE 110) auf. Um der speziellen Situation des Vereinigten Königreichs und Irlands in der Schengener Zusammenarbeit gerecht zu werden (die beiden Staaten nehmen im Bereich Grenze und Visa nicht an an Schengen teil), wurden dafür zwei identische Rechtsakte (vgl. WE Nr. 139b) erlassen, wobei die vorliegende Verordnung jene Aspekte des SIS II abdeckt, die der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit zuzuordnen sind.

139b

Verordnung (EU) Nr. 1273/2012 des Rates vom 20. Dezember 2012 über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Neufassung) Fundstelle:

ABl. L 359 vom 29.12.2012, S. 32

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 20. Februar 2013 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 20. Februar 2013

Inhalt:

140

Gestützt auf die bestehenden Rechtsgrundlagen hätte die Migration der Daten von SIS 1+ auf SIS II bis spätestens dem 31. März 2013 erfolgen müssen. Die Geltungsdauer der Verordnung (EU) Nr. 1273/2012 ist demgegenüber unbefristet. Sie stellt sicher, dass die Migration vom alten auf das neue System ohne operationellen Unterbruch bewerkstelligt werden kann, indem sie eine vorübergehende Migrationsarchitektur aufbaut. Entsprechend hebt die Verordnung die ursprünglichen Rechtsgrundlagen (WE 74 und WE 109) auf. Um der speziellen Situation des Vereinigten Königreichs und Irlands in der Schengener Zusammenarbeit gerecht zu werden (die beiden Staaten nehmen im Bereich Grenze und Visa nicht an an Schengen teil), wurden dafür zwei identische Rechtsakte (vgl. WE Nr. 139A) erlassen, wobei die vorliegende Verordnung jene Aspekte des SIS II abdeckt, die sich auf Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung bezieht.

Beschluss K(2013) 220 endg. der Kommission vom 25. Januar 2013 zur Festsetzung der den Mitgliedstaaten für das Haushaltsjahr 2013 zugewiesenen Beträge in Anwendung der Entscheidung Nr.

574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Einrichtung des Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms «Solidarität und Steuerung der Migrationsströme» Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 22. Februar 2013 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 22. Februar 2013

Inhalt:

141

Mit dem Beschluss K(2013) 220 endg. werden die Anteile an den Geldern des Aussengrenzenfonds (WE Nr. 36) bestimmt, die den einzelnen Schengen-Staaten im Haushaltsjahr 2013 grundsätzlich für förderungswürdige Projekte zur Verfügung stehen. Der Schweiz weist die Europäische Kommission dabei einen Richtbetrag in der Höhe von insgesamt 5 664 696 Euro zu. Der zugewiesene Richtbetrag ist ein Orientierungswert zur Bestimmung der Höhe des für die Schweiz im Jahr 2013 verfügbaren Fondsanteils, wobei 50 % (2 832 348 Euro) von der Europäischen Kommission im Jahr 2013 als Vorfinanzierung an die Schweiz überwiesen werden. Die restlichen 50 % werden der Schweiz nach Genehmigung der Schlussberichterstattung über die Durchführung des Jahresprogramms 2013 voraussichtlich im Jahr 2016 erstattet. Der zugewiesene Betrag von 5 664 696 Euro entspricht 1,33 % der für die Schengen-Staaten insgesamt reservierten Fondsmittel für das Jahr 2013 (424 885 696 Euro).

Durchführungsbeschluss 2013/115/EU der Kommission vom 26. Februar 2013 über das SIRENEHandbuch und andere Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) Fundstelle:

ABl. L 71 vom 14.3.2013, S. 1

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 28. März 2013 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 28. März 2013 (anwendbar seit dem 9. April 2013)

Inhalt:

Mit dem Durchführungsbeschluss 2013/115/EU wird das SIRENE-Handbuch für das SIS II ersetzt. Zwar wurde dieses Handbuch bereits im Jahr 2008 mit der Entscheidung 2008/333/EG (WE Nr. 50) und dem Beschluss 2008/334/JI (WE Nr. 66) angenommen. Im Hinblick auf die Inbetriebnahme des SIS II am 9. April 2013 mussten jedoch nochmals Anpassungen vorgenommen werden, um den von den Schengen-Staaten gemeldeten zugangsberechtigten Dienststellen Rechnung zu tragen, um die enthaltenen Regeln auf das neueste Schnittstellenkontrolldokument anzupassen und um die Formulare, die für den Austausch von Zusatzinformationen zu verwenden sind, an die neueste technische Infrastruktur anzupassen. Da diese Anpassungen umfangreicher Natur waren, wurde mit dem Durchführungsbeschluss das SIRENE-Handbuch totalrevidiert. Zudem regelt der Durchführungsbeschluss die auf den Austausch von Zusatzinformationen anwendbaren Datenschutzbestimmungen. Zu diesem Zweck werden die allgemeine Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG; vgl. Anhang B SAA) und der Rahmenbeschluss 2008/977/JI (WE Nr.

77) für anwendbar erklärt.

6503

142

Durchführungsbeschluss K(2013) 1725 endg. der Kommission vom 26. März 2013 über die Erstellung der Liste der von den Visumantragstellern in Jordanien, im Kosovo und in den Vereinigten Staaten (Atlanta, Bedford, Boston, Chicago, Cleveland, Detroit, Houston, Los Angeles, Miami, Newark, New York, Philadelphia, San Franzisco, San Juan, Tampa, Washington) einzureichenden Belege Fundstelle:

Nicht zur Veröffentlichung im ABl. bestimmt

Verfahren:

Modell 2 (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA: Übernahme durch Bundesrat) Notenaustausch vom 26. April 2013 (nicht in der AS veröffentlicht); in Kraft seit 26. April 2013

Inhalt:

6504

Mit dem Durchführungsbeschluss K(2013) 1725 endg. präzisiert die Europäische Kommission die Vorgaben des Visakodex (WE Nr. 88), dessen Anhang II in nicht abschliessender Weise auflistet, welche Belege bei der Beantragung eines Schengen-Visums (Kategorie C) oder eines Flughafentransitvisums (Kategorie A) vorzulegen sind, um die Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Schengener Grenzkodex (WE Nr. 14) zu belegen. Um den örtlichen Gegebenheiten in einzelnen Konsularbezirken besser Rechnung tragen zu können, präzisiert der Durchführungsbeschluss Art und Umfang der Belege, die in Jordanien, in Kosovo und in den Vereinigten Staaten (Atlanta, Bedford, Boston, Chicago, Cleveland, Detroit, Houston, Los Angeles, Miami, Newark, New York, Philadelphia, San Franzisco, San Juan, Tampa, Washington) vorzulegen sind. Selbstverständlich bleibt es den Konsulaten unbenommen, im Verlauf der Prüfung eines bestimmten Visumantrags zusätzliche Unterlagen zu verlangen.

Anhang II

Übersicht über die Verfahren zur Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Bundesrat übernommen wurden Die nachfolgende Übersicht betrifft jene Weiterentwicklungen, deren Übernahme der Bundesrat selbstständig beschlossen hat (Modell 2) und zu deren Umsetzung Anpassungen auf Verordnungsstufe erforderlich geworden sind. Die übrigen Weiterentwicklungen nach Modell 2 haben keinen Umsetzungsbedarf ausgelöst. Die Übersicht beschreibt den Verfahrensstand per 31. März 2013.

I. Kosten für die Ausstellung von Schengen-Visa Entscheidung 2006/440/EG (WE Nr. 17) Übernahme (Bundesrat)

20. Februar 2008

Inkrafttreten

Der Notenaustausch zur Übernahme der Entscheidung 2006/440/EG ist am 28. März 2008 in Kraft getreten (AS 2008 1203); er wird seit dem 12. Dezember 2008 angewendet.

Umsetzungsbedarf

Änderung der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Gebühren zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (GebV-AuG) Umsetzung bis zur Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands am 12. Dezember 2008 (vgl. Art. 15 SAA)

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

Die Verordnungsänderung wurde am 22. Oktober 2008 vom Bundesrat verabschiedet und ist am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten (AS 2008 5421).

II. Bestimmung der visumpflichtigen Drittstaaten Verordnung (EG) Nr. 851/2005 (WE Nr. 6); Entscheidung 2006/684/EG (WE Nr. 22); Verordnung (EG) Nr. 1932/2006 (WE Nr. 25) Übernahme (Bundesrat)

20. Februar 2008

Inkrafttreten

Die Notenaustausche zur Übernahme der oben genannten EU-Rechtsakte sind am 28. März 2008 in Kraft getreten: AS 2008 1201 (WE Nr. 6); AS 2008 1205 (WE Nr. 22); AS 2008 1207 (WE Nr. 25). Sie werden seit dem 12. Dezember 2008 angewendet.

Umsetzungsbedarf

Erlass der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) Umsetzung bis zur Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands am 12. Dezember 2008 (vgl. Art. 15 SAA)

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

Die Verordnungsänderung wurde am 22. Oktober 2008 vom Bundesrat verabschiedet und ist am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten (AS 2008 5541).

6505

III. Durchführungs- und technische Umsetzungsmassnahmen zum VIS Entscheidung 2009/377/EG (WE Nr. 82); Entscheidung 2009/876/EG (WE Nr. 94) Übernahme (Bundesrat)

29. Mai 2009 (WE Nr. 82) und 16. Dezember 2009 (WE Nr. 94)

Inkrafttreten

Die Notenaustausche zur Übernahme der Weiterentwicklungen sind am 4. Juni 2009 (WE Nr. 82) und am 17. Dezember 2009 (WE Nr. 94) in Kraft getreten (AS 2010 3121).351 Sie werden seit dem 11. Oktober 2011 (Zeitpunkt der EU-seitigen Bereitstellung des C-VIS) angewendet.

Umsetzungsbedarf

Erlass der Verordnung vom 6. Juli 2011 über das zentrale Visa-Informationssystem (VISV352) und Anpassung der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) sowie der Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS-Verordnung) Umsetzung in Koordination mit gesetzlichen Umsetzung der VIS-Verordnung (WE Nr. 63), abhängig vom Fortschritt der EU-seitigen Bereitstellung des C-VIS

Vernehmlassung/Anhörung

31. Juni bis 13. August 2010

Inkrafttreten

Die nationalen Rechtsgrundlagen sind vom Bundesrat am 6. Juli 2010 verabschiedet worden. Sie sind auf den 11. Oktober 2011 in Kraft getreten: AS 2011 4449 (AuG, BGIAA); AS 2011 3861 (VISV).

IV. Voraussetzungen und Verfahren der Visaerteilung (Visakodex) Verordnung (EG) Nr. 810/2009 (WE Nr. 88) Übernahme (Bundesrat)

29. Mai 2009 (WE Nr. 82) und 16. Dezember 2009 (WE Nr. 94)

Inkrafttreten

Der Notenaustausch zur Übernahme des Visakodex ist am 23. September 2009 in Kraft getreten (AS 2009 5281) und wird seit dem 5. April 2010 angewendet.

Umsetzungsbedarf

Anpassung der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) sowie der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Gebühren zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (GebV-AuG)

Vernehmlassung/Anhörung

16. Dezember 2009 bis 15. Januar 2010

Inkrafttreten

Die Verordnungsänderungen sind vom Bundesrat am 12. März 2010 verabschiedet worden und sind am 5. April 2010 in Kraft getreten (AS 2010 1205).

Umsetzung bis 5. April 2010 (vgl. Art. 58 Visakodex)

351

Der Notenaustausch (WE Nr. 82) wurde nicht in der AS publiziert (vgl. Art. 3 Abs. 3 PublG i.V.m. Art. 2 PublV).

352 Diese Übergangslösung wird bei Inbetriebnahme des nationalen Visumsystems (ORBIS) im Jahr 2014 durch die Verordnung über das zentrale Visa-Informationssystem und das nationale Visumsystem (definitive Lösung) ersetzt werden.

6506

V. Visum für den Flughafentransit Beschluss 2009/1015/EU (WE Nr. 100); Verordnung (EU) Nr. 154/2012 (WE Nr. 134) Übernahme (Bundesrat)

17. Februar 2010 (WE Nr. 100) und 4. Juli 2012 (WE Nr. 134)

Inkrafttreten

Die Notenaustausche zur Übernahme der Weiterentwicklungen sind am 18. Februar 2010 bzw. am 16. Juli 2012 in Kraft getreten: AS 2010 1187 (WE Nr. 100); AS 2012 4097 (WE Nr. 134).

Umsetzungsbedarf

Anpassung der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) Umsetzung bis 18. Februar 2010 (WE Nr. 100)353; Umsetzung ohne Fristsetzung (WE Nr. 134)

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde jeweils keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

Die Verordnungsänderungen sind vom Bundesrat am 17. Februar 2010 (WE Nr.

100) bzw. 4. Juli 2012 (WE Nr. 134) verabschiedet worden und sind am 18. Februar 2010 bzw. 23. Juli 2012 in Kraft getreten: AS 2010 605 (WE Nr. 100); AS 2012 3817 (WE Nr. 134).

VI. Verkehr von Inhabern eines Visums für den langfristigen Aufenthalt Verordnung (EG) Nr. 625/2010 (WE Nr. 105) Übernahme (Bundesrat)

31. März 2010

Inkrafttreten

Der Notenaustausch zur Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 625/2010 ist am 31. März 2010 in Kraft getreten (AS 2010 1527); er wird seit dem 5. April 2010 angewendet.

Umsetzungsbedarf

Anpassung der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

Die Verordnungsänderung wurde vom Bundesrat am 31. März 2010 verabschiedet und ist am 5. April 2010 in Kraft getreten (AS 2010 1449).

Umsetzung bis 5. April 2010 (vgl. Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 625/2010)

353

Gemäss Artikel 2 ist der Beschluss 2009/1015/EU in der EU zwar bereits am 11. Januar 2010 in Kraft getreten, der Schweiz wurde der Rechtsakt durch die EU hingegen erst am 19. Januar 2010 notifiziert.

6507

VII. SIRENE-Handbuch zum SIS II Durchführungsbeschluss 2013/115/EU (WE Nr. 141) Übernahme (Bundesrat)

27. März 2013

Inkrafttreten

Der Notenaustausch zur Übernahme des Duchführungsbeschlusses 2013/115/EU ist am 27. März 2013 in Kraft getreten354; er wird seit dem 9. April 2013 angewendet.

Umsetzungsbedarf

Anpassung der Verordnung vom 8. März 2013 über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIRENE-Büro (N-SISVerordnung) Umsetzung bis 9. April 2010355

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

Die Verordnungsänderung wurde vom Bundesrat am 27. März 2013 verabschiedet und ist am 9. April 2013 in Kraft getreten (AS 2013 939).

354 355

Nicht in der AS veröffentlicht.

Vgl. Beschluss 2013/157/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung des Beschlusses 2007/533/JI über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 8) sowie Beschluss 2013/158/EU des Rates vom 7. März 2013 zur Festlegung des Beginns der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 87 vom 27.3.2013, S. 10).

6508

Anhang III

Übersicht über die Verfahren zur Umsetzung von Weiterentwicklungen, die vom Parlament übernommen wurden Die nachfolgende Übersicht betrifft jene Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands, deren Übernahme vom Parlament genehmigt werden mussten (Modell 3) und zu deren Umsetzung gegebenenfalls Anpassungen auf Gesetzesund/oder Verordnungsstufe erforderlich geworden sind. Die Übersicht beschreibt den jeweiligen Verfahrensstand per 31. März 2013.

I. Schengener Grenzkodex Verordnung (EG) Nr. 562/2006 (WE Nr. 14) Auswirkungen auf den Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklung Anpassung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

28. März bis 30. Juni 2007

Verabschiedung Botschaft

24. Oktober 2007 (BBl 2007 7937)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 11. März 2008; Nationalrat: 29. Mai 2008; Ständerat (Differenzbereinigung): 11. Juni 2008; Schlussabstimmung: 13. Juni 2008 (BBl 2008 5319)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 2. Oktober 2008 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 17. Oktober 2008 In Kraft getreten am 12. Dezember 2008: AS 2008 5629 (Bundesbeschluss); AS 2008 5633 (Notenaustausch WE Nr. 14).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Schaffung der Verordnung vom 22. Oktober 2008 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)

Vernehmlassung/Anhörung

28. März bis 30. Juni 2007

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 12. Dezember 2008: AS 2008 5441 (VEV); AS 2008 5421 (übrige Verordnungen).

II. Aussengrenzagentur (FRONTEX/RABIT) Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 (WE Nr. 1); Verordnung (EG) Nr. 863/2007 (WE Nr. 37) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen Anpassung des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

8. Dezember 2006 bis 15. März 2007

Verabschiedung Botschaft

13. Februar 2008 (BBl 2008 1455)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 28. Mai 2008; Nationalrat: 24. September 2008; Schlussabstimmung: 3. Oktober 2008 (BBl 2008 8357)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 22. Januar 2009 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 30. Januar 2009 In Kraft getreten am 1. August 2010, zusammen mit der erforderlichen Zusatzvereinbarung: AS 2010 3573 (Zusatzvereinbarung); AS 2009 4583 (Bundesbeschluss); AS 2009 4587 (Notenaustausch WE Nr. 1); AS 2009 4589 (Notenaustausch WE Nr. 37).

6509

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Schaffung der Verordnung vom 26. August 2009 über die operative Zusammenarbeit mit den anderen Schengen-Staaten zum Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums (VZAG)

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 1. Oktober 2009 (anwendbar seit 1. August 2010): AS 2009 4553.

III. Aussengrenzenfonds Entscheidung 574/2007/EG (WE Nr. 36); Entscheidung 2007/599/EG (WE Nr. 43); Entscheidung 2008/456/EG (WE Nr. 57) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme der Weiterentwicklungen kein gesetzlicher Umsetzungsbedarf Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

11. September bis 11. Dezember 2009

Verabschiedung Botschaft

24. Februar 2010 (BBl 2010 1665)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 16. Juni 2010; Nationalrat: 20. September 2010; Schlussabstimmung: 1. Oktober 2010 (BBl 2010 6617)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 20. Januar 2011 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 9. Februar 2011 Vorläufige Anwendung der Notenaustausche sowie der erforderlichen Zusatzvereinbarung, ab dem der Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung folgenden Tag (20. März 2010): AS 2010 2807 (Zusatzvereinbarung); AS 2010 3027 (Notenaustausch WE Nr. 36); AS 2010 3019 (Notenaustausch WE Nr. 43); AS 2010 3021 (Notenaustausch WE Nr. 57).

In Kraft getreten am 9. Februar 2011: AS 2011 977 (Bundesbeschluss); AS 2011 979 (Notenaustausche).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

kein Anpassungsbedarf

IV. Visa-Informationssystem (VIS) Verordnung (EG) Nr. 767/2008 (WE Nr. 63); Beschluss Nr. 633/2008/JI (WE Nr. 70) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen Anpassung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) sowie des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

24. Februar bis 16. März 2009

Verabschiedung Botschaft

29. Mai 2009 (BBl 2009 4245)

Parlamentarische Debatte

Nationalrat: 17. September 2009; Ständerat: 23. November 2009; Nationalrat (Differenzbereinigung): 1. Dezember 2009; Ständerat (Differenzbereinigung): 3. Dezember 2009; Nationalrat (Differenzbereinigung): 8. Dezember 2009; Ständerat (Differenzbereinigung): 9. Dezember 2009; Einigungskonferenz: 10. Dezember 2009; Schlussabstimmung: 11. Dezember 2009 (BBl 2009 8823)

6510

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 1. April 2010 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 8. April 2010 Teilweises Inkrafttreten: 15. Mai 2010 (AS 2010 2063) und 1. Januar 2011 (AS 2010 5761); Vollständiges Inkrafttreten: 11. Oktober 2011 (Zeitpunkt der EU-seitigen Bereitstellung des C-VIS): AS 2011 4449 (Bundesbeschluss); AS 2010 2073 (Notenaustausch WE Nr. 63); AS 2010 2075 (Notenaustausch WE Nr. 70).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Erlass der Verordnung vom 6. Juli 2011 über das zentrale Visa-Informationssystem (VISV)356 und Anpassung der Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS-Verordnung):

Vernehmlassung/Anhörung

30. Juni bis 13. August 2010

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 11. Oktober 2011: AS 2011 3861 (alle Erlasse).

V. Einführung biometrischer Daten in Schweizer Pässen Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 (WE Nr. 2); Entscheidung K(2005) 409 endg. (WE Nr. 8); Entscheidung K(2006) 2909 endg. (WE Nr. 16) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen Anpassung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2001 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (AwG) sowie des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

29. September 2006 bis 8. Januar 2007

Verabschiedung Botschaft

8. Juni 2007 (BBl 2007 5159)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 10. Dezember 2007; Nationalrat: 12. März 2008; Schlussabstimmung: 13. Juni 2008 (BBl 2008 5309)

Referendum und Inkrafttreten

Vorlage angenommen in der Volksabstimmung vom 17. Mai 2009 (BBl 2009 7539); Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 26. Oktober 2009 In Kraft getreten am 1. März 2010: AS 2009 5521 (Bundesbeschluss); AS 2009 5529 (Notenaustausch WE Nr. 2); AS 2009 5531 (Notenaustausch WE Nr. 8); AS 2009 5533 (Notenaustausch WE Nr. 16).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Anpassung der Verordnung vom 20. September 2002 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (VAwG) und Schaffung der Verordnung vom 20. Januar 2010 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV)

Vernehmlassung/Anhörung

18. Juni bis 10. Oktober 2008

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 1. März 2010: AS 2009 5535 (VAwG); AS 2010 621 (RDV).

356

Diese Übergangslösung wird bei Inbetriebnahme des nationalen Visumsystems (ORBIS) im Jahr 2014 durch die Verordnung über das zentrale Visa-Informationssystem und das nationale Visumsystem (definitive Lösung) ersetzt werden.

6511

VI. Einführung biometrischer Daten im Ausländerausweis Verordnung (EG) Nr. 380/2008 (WE Nr. 51) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklung Anpassung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) sowie des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

24. Juni bis 7. Oktober 2009

Verabschiedung Botschaft

18. November 2009 (BBl 2010 51)

Parlamentarische Debatte

Nationalrat: 3. März 2010; Ständerat: 7. Juni 2010; Schlussabstimmung: 18. Juni 2010 (BBl 2010 4335)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 7. Oktober 2010 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 13. Oktober 2010 In Kraft getreten am 24. Januar 2011: AS 2011 175 (Bundesbeschluss); AS 2011 181 (Notenaustausch WE Nr. 51)

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Anpassung der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE), der Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMISVerordnung) sowie der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Gebühren zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (GebV-AuG)

Vernehmlassung/Anhörung

26. Mai bis 9. September 2010

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 24. Januar 2011: AS 2011 99 (alle Erlasse)

VII. Rückführung von Drittstaatsangehörigen Richtlinie 2008/115/EG (WE Nr. 78) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklung Anpassung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) sowie des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

5. Juni bis 5. September 2009

Verabschiedung Botschaft

11. November 2009 (BBl 2009 8881)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 18. März 2010; Nationalrat: 2. Juni 2010; Ständerat: 7. Juni 2010; Nationalrat: 8. Juni 2010; Schlussabstimmung: 18. Juni 2010 (BBl 2010 4325)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 7. Oktober 2010 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 13. Oktober 2010 Inkrafttreten: 1. Januar 2011: AS 2010 5925 (Bundesbeschluss); AS 2010 5935 (Notenaustausch WE Nr. 78)

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Anpassung der Verordnung vom 11. August 1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen (VVWA)

Vernehmlassung/Anhörung

13. Juli bis 15. September 2010

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 1. Januar 2011: AS 2010 5769

6512

VIII. Schengener Informationssystem (SIS) Beschluss 2005/211/JI (WE Nr. 4); Verordnung (EG) Nr. 1160/2005 (WE Nr. 9); Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (WE Nr. 28); Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 (WE Nr. 31); Beschluss 2007/533/JI (WE Nr. 42)] Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme der Weiterentwicklungen kein gesetzlicher Umsetzungsbedarf Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

Es wurde keine Vernehmlassung durchgeführt (vgl. BBl 2007 8600)

Verabschiedung Botschaft

14. November 2007 (BBl 2007 8591)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 11. März 2008; Nationalrat: 2. Mai 2008; Schlussabstimmung: 13. Juni 2008 (BBl 2008 5317)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 2. Oktober 2008 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 17. Oktober 2008 In Kraft getreten am 12. Dezember 2008: AS 2008 5111 (Bundesbeschluss); AS 2008 5113 (Notenaustausch WE Nr. 4); AS 2008 5115 (Notenaustausch WE Nr. 9), AS 2008 5119 (Notenaustausch WE Nr. 28); AS 2008 5121 (Notenaustausch WE Nr. 31); AS 2008 5117 (Notenaustausch WE Nr. 42).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Schaffung der Verordnung vom 7. Mai 2008 über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIRENE-Büro (N-SIS-Verordnung)

Vernehmlassung/Anhörung

27. Dezember 2007 bis 29. Februar 2008

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 1. Juni 2008 bzw. 9. April 2013: AS 2008 2229 (soweit das SIS I betreffend); AS 2013 855 und 939 (betreffend SIS II).

IX. Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden Rahmenbeschluss 2006/960/JI (WE Nr. 35) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklung Schaffung des Bundesgesetzes über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und denjenigen der anderen Schengen-Staaten (Schengen-Informationsaustausch-gesetz, SIaG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

14. Mai bis 20. August 2008

Verabschiedung Botschaft

12. November 2008 (BBl 2008 9061)

Parlamentarische Debatte

Nationalrat: 28. April 2009; Ständerat: 26. Mai 2009; Schlussabstimmung: 12. Juni 2009 (BBl 2009 4493)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 1. Oktober 2009 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 21. Oktober 2009 In Kraft getreten am 1. Januar 2010: AS 2009 6915 (Bundesbeschluss); AS 2009 6583 (Bundesgesetz); AS 2009 6917 (Notenaustausch WE Nr. 35).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Kein Anpassungsbedarf

6513

X. Waffenrecht Richtlinie 2008/51/EG (WE Nr. 56) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklung Anpassung des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

26. September bis 30. Dezember 2008

Verabschiedung Botschaft

13. Mai 2009 (BBl 2009 3649)

Parlamentarische Debatte

Ständerat: 10. September 2009; Nationalrat: 17. September 2009; Ständerat (Differenzbereinigung): 22. September 2009; Nationalrat (Differenzbereinigung): 26. November 2009; Ständerat (Differenzbereinigung): 3. Dezember 2009; Nationalrat (Differenzbereinigung): 8. Dezember 2009; Einigungskonferenz: 10. Dezember 2009; Schlussabstimmung: 11. Dezember 2009 (BBl 2009 8801; BBl 2009 8817)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 1. April 2010 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 8. April 2010 In Kraft getreten am 28. Juli 2010: AS 2010 2899 (Bundesbeschluss); AS 2010 2905 (Notenaustausch WE Nr. 56).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Anpassung der Verordnung vom 2. Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WV)

Vernehmlassung/Anhörung

26. September bis 30. Dezember 2008

Inkrafttreten

In Kraft getreten am 28. Juli 2010: AS 2010 2827.

XI. Datenschutz Rahmenbeschluss 2008/977/JI (WE Nr. 77) Auswirkungen auf die Gesetzgebung

Genehmigung der Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklung Anpassung des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG), des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG), des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG), des Strafgesetzbuches vom 21 Dezember 1937 (StGB), des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und denjenigen der anderen Schengen-Staaten (Schengen-Informationsaustausch-Gesetz; SIAG), des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WG) sowie des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmG) Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

15. Mai 2009 bis 14. August 2009

Verabschiedung Botschaft

11. September 2009 (BBl 2009 6749)

Parlamentarisches Verfahren

Nationalrat: 26. November 2009; Ständerat: 1. März 2010; Nationalrat: 3. März 2010; Schlussabstimmung: 19. März 2010 (BBl 2010 2107)

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum: Referendumsfrist am 8. Juli 2010 unbenutzt abgelaufen; Mitteilung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen: 22. Juli 2010 Inkrafttreten: 1. Dezember 2010: AS 2010 3417 (Bundesbeschluss); AS 2010 3387 (Bundesgesetz); AS 2010 3419 (Notenaustausch WE Nr. 77).

Anpassungen auf Verordnungsstufe

Anpassung der Verordnung zum Bundesgesetz über den Datenschutz (VDSG)

Vernehmlassung/Anhörung

Es wurde keine Vernehmlassung/Anhörung durchgeführt.

Inkrafttreten

1. Dezember 2010: AS 2010 3399.

6514

XII. IT-Agentur Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (WE Nr. 126) Auswirkungen auf Legislaturplan

Genehmigung der Übernahme der Weiterentwicklung kein Umsetzungsbedarf auf Stufe Bundesgesetz Fakultatives Referendum

Vernehmlassung

Es wurde keine Vernehmlassung durchgeführt.

Verabschiedung Botschaft

23. Mai 2012 (BBl 2012 5875)

Parlamentarische Debatte

Nationalrat: 10. September 2012 (Rückweisung); Ständerat: 11. Dezember 2012 (Rückweisung) ­ Wiederaufnahme der Beratungen in der Sommer-Session 2013 geplant

Referendum und Inkrafttreten

Fakultatives Referendum Inkrafttreten: noch offen357 (geplant für spätestens November 2013); Das Inkrafttreten der erforderlichen Zusatzvereinbarung wird später erfolgen.358

Anpassungen auf Verordnungsstufe

357 358

Kein Anpassungsbedarf

BBl 2012 5897 (Bundesbeschluss); BBl 2012 5899 (Notenaustausch WE Nr. 126) Die Verhandlungen zur Zusatzvereinbarung konnten nur mit Verzögerung beginnen, da die Kommission zunächst über kein entsprechendes Verhandlungsmandat verfügte. Sie sind gegenwärtig noch im Gang, sollten aber im Laufe des Jahres 2013 abgeschlossen werden können. Das Inkrafttreten der Vereinbarung dürfte allerdings sich weiter verzögern, da die Kommission angekündigt hat, die Vereinbarung dem Europäischen Gerichtshof vorgängig zur Prüfung vorlegen zu wollen.

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