13.104 Botschaft zum Bundesbeschluss über die Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der multinationalen Kosovo Force (KFOR) vom 29. November 2013

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf eines einfachen Bundesbeschlusses über die Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der multinationalen Kosovo Force (KFOR).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. November 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Übersicht Mit dem vorliegenden einfachen Bundesbeschluss soll der von der Bundesversammlung bis zum 31. Dezember 2014 mandatierte Einsatz der «Swiss Company» (Swisscoy) in der multinationalen Kosovo Force (KFOR) bis zum 31. Dezember 2017 verlängert werden. Der Maximalbestand soll von gegenwärtig 220 auf neu 235 Armeeangehörige angehoben werden. Hingegen kann der maximale Bedarf an temporären Aufstockungen gesenkt werden. Statt einer Aufstockung um 80 Armeeangehörige während 12 Monaten soll der Bundesrat neu autorisiert werden, das bestehende Kontingent um höchstens 60 Armeeangehörige für längstens vier Monate zu erhöhen.

Vierzehn Jahre nach dem militärischen Eingreifen der KFOR und fünf Jahre nach der unilateralen Unabhängigkeitserklärung ist Kosovo trotz grossem finanziellen und personellen Engagement der internationalen Gemeinschaft auch weiterhin auf Unterstützung beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen und der Bewältigung seiner Aufgaben innerhalb des gesamten Staatsgebietes angewiesen. Seit der Unabhängigkeit haben über 100 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Kosovo anerkannt und somit die Existenzberechtigung des Landes bekräftigt. Jedoch entwickelt sich die Wirtschaft nur sehr langsam. Die Perspektive für wirtschaftlichen Fortschritt in Kosovo verschlechtert sich durch die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa noch zusätzlich. International wird Kosovo finanziell und personell weiterhin mit beträchtlichen Mitteln unterstützt werden müssen, um die Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit, Rechtstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte zu meistern.

Nach der Unterzeichnung des Abkommens zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo im April 2013 wird die Stabilität in der Region wesentlich von der Vertrauensbasis abhängen, welche Kosovo zu den Serben im eigenen Land, insbesondere im Norden, aufbauen kann. Nachdem Belgrad im Zuge der angestrebten Integration in die Europäische Union (EU) gewillt scheint, seine Unterstützung der Kosovo-Serben aufzugeben, muss Pristina erst noch den Beweis antreten, dass die Menschenrechte und die legitimen Ansprüche dieser Bevölkerungsgruppe tatsächlich ernst genommen werden. Die Stabilität in Kosovo hängt aber auch entscheidend davon ab, dass die Kosovo-Serben im Norden gewillt sind, mit der Zentralregierung in Pristina
zu kooperieren.

Das Abkommen zwischen Belgrad und Pristina stellt einen Durchbruch dar, und die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verbessert. Der Süden ist seit der Unabhängigkeitserklärung weitgehend ruhig und stabil geblieben, der Norden hingegen ist nach wie vor volatil. Dies gilt insbesondere für die vier mehrheitlich von Kosovo-Serben bewohnten Gemeinden. Der Umstand, dass dort gewaltsame Auseinandersetzungen seit 2011 praktisch ausgeblieben sind, wird allgemein mit der Aufnahme der Gespräche zwischen den Regierungen in Belgrad und Pristina in Verbindung gebracht. Bei der Umsetzung des im April 2013 in Brüssel unterschriebenen Abkommens steigt nun allerdings die Gefahr, dass kurz- bis mittelfristig mit einer punktuellen Lageverschärfung gerechnet werden muss. Insbesondere die

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Aufhebung der serbischen Sicherheitsstrukturen kann im Norden mittelfristig zu einem Sicherheitsvakuum und zu einer Anhäufung von gewaltsamen Zwischenfällen führen. Allgemein wird damit gerechnet, dass es noch Jahre dauern wird, bis es den kosovarischen Sicherheitskräften gelingen wird, die Sicherheit im Norden eigenständig gewährleisten zu können.

Die Aufgabe der KFOR, ein sicheres Umfeld zu gewährleisten, kann weiterhin nicht vollumfänglich von lokalen Akteuren wahrgenommen werden und eine internationale militärische Präsenz vor Ort ist auf absehbare Zeit erforderlich. Seit 1999 wird diese Präsenz von der North Atlantic Treaty Organization (Nato) gestellt, wobei periodisch erwogen wird, ob die Einsatzverantwortung an die EU übergeben werden könnte. Ein solches Vorgehen ist, analog zur European Union Force Althea (EUFOR Althea) in Bosnien und Herzegowina, welche das Stabilisationsmandat der Nato-Mission (Stabilization Force, SFOR) übernommen hat, durchaus denkbar. Ob dies im konkreten Fall von Kosovo umsetzbar ist, muss noch offen bleiben. Aus Sicht des Bundesrates wäre ein militärisches Engagement der Schweiz in Kosovo unter Führung der EU ebenso denkbar. Die Schweiz beteiligt sich bekanntlich auch an der EU-geführten Stabilisierungsmission EUFOR Althea. Voraussetzung für eine Teilnahme an einer EUFOR-Mission in Kosovo wäre jedoch ein Exekutivmandat der Vereinten Nationen.

Die KFOR befindet sich in der zweiten Phase (dem sogenannten «Gate 2») der Reduktionen im Rahmen des Operationskonzepts «Deterrent Presence». Die nächsten Reduktionsschritte der KFOR sind absehbar. So ist vorgesehen, die KFOR im «Gate 3» weiter zu reduzieren. Voraussetzung hierfür ist eine weitere Beruhigung und Stabilisierung der Sicherheitslage in Kosovo. Der Übergang soll erfolgen, wenn entsprechende Kriterien erfüllt sind. Aktuell geht die Nato davon aus, dass dies nicht vor 2015 erfolgen wird. Die KFOR soll dann noch rund 2500 Soldaten vor Ort im Einsatz zählen. Die Möglichkeit der raschen Aufstockung der Truppenpräsenz in Kosovo durch fest definierte Truppenreserven wird beibehalten. Mit der vorgesehenen Reduktion der Truppen vor Ort werden die Infanteriekontingente nochmals gekürzt, die heutige Kommandostruktur soll vereinfacht und die aktuell z.T. noch national erbrachten Logistikleistungen auf Stufe KFOR sollen
zentral erbracht werden. Die Nachrichten- und Informationsbeschaffung respektive -auswertung würde dagegen nur marginal angepasst.

Die Swisscoy hat ihr Leistungsprofil seit Beginn des Einsatzes laufend angepasst.

Die Veränderungen waren stets ausgerichtet auf die Bedürfnisse der KFOR sowie auf die Möglichkeiten der Schweizer Armee, ihre besonderen Stärken einbringen zu können. So hatten auch die verschiedenen Anpassungen der operativen und bestandesmässigen Ausrichtung der KFOR seit Frühjahr 2010 Auswirkungen auf die Struktur der Swisscoy. Die von der Schweizer Armee erbrachten Leistungen werden zumindest auch im nächsten Reduktionsschritt unverändert nötig bleiben, da es sich um sogenannte Sockelleistungen handelt. Weitere Reduktionsschritte, also über «Gate 3» hinaus, dürften dann aber Auswirkungen auf das Profil und den Bestand des schweizerischen Kontingents haben.

Zurzeit betreibt die Swisscoy vier Liaison and Monitoring Teams (LMT), davon zwei im Süden und zwei im Norden Kosovos. Seit Januar 2012 stellt die Schweiz zusätz-

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lich das Kommando des Joint Regional Detachment (JRD) für die sechs LMT im Norden von Kosovo. Mit den zwei vor Ort stationierten Helikoptern stellt die Schweiz der KFOR die grösste Lufttransportkapazität zur Verfügung. Aufgrund der konkreten Bedürfnisse vor Ort hält sich die Schweizer Armee seit September 2013 zudem bereit, der KFOR bei Bedarf je eine zusätzliche Crew und einen zusätzlichen Helikopter für maximal zwei Monate zur Verfügung zu stellen. Zudem hat sich die Swisscoy in den letzten Jahren in den Bereichen Genie und Logistik als zuverlässige Partnerin der KFOR und der truppenstellenden Staaten etabliert. Darüber hinaus umfasst die Swisscoy ein Kampfmittelbeseitigungsteam und ein Militärpolizeidetachement.

Der Erhalt der Stabilität im Balkan bleibt eine zentrale Aufgabe der europäischen Staaten und ist im klaren Interesse der Schweiz. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist die Schweiz von den Ereignissen auf dem Südwestbalkan direkt betroffen. Fast zehn Prozent aller Kosovaren leben in der Schweiz, und wenn Kosovo wieder unruhig werden sollte, kann dieser Anteil unter Umständen wieder ansteigen. Der Einsatz der Swisscoy in der KFOR in Kosovo ist also in unserem nationalen sicherheitspolitischen Interesse.

Die Schweiz hat als einer der ersten Staaten Kosovo anerkannt. Sie unterhält einen intensiven politischen Dialog mit Pristina und Belgrad und investiert in die Zusammenarbeit. Die Swisscoy ist ein wesentlicher Teil dieses langjährigen aussenpolitischen Engagements. Sie trägt unmittelbar zur Sicherheit Kosovos bei und ist auch für die umliegenden Länder, insbesondere für Serbien, ein Garant der regionalen Stabilität. Diese wiederum trägt auch zur Sicherheit der Schweiz bei. Der Beitrag an die KFOR führt mitunter dazu, dass die Schweiz von den europäischen Staaten und der Nato wie auch von den Staaten des Westbalkans als zuverlässiger und engagierter Partner wahrgenommen wird. Bei einer Nichtverlängerung würde die Aussenpolitik in dem Sinn Schaden nehmen, als die Verlässlichkeit der Schweiz gegenüber ihren europäischen Partnern ­ insbesondere den Nachbarländern ­ wie auch gegenüber den Völkern des Westbalkans in Frage gestellt wäre. Zudem wird die Schweiz 2014 den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehaben. Es wäre ein denkbar schlechter Moment,
wenn die Schweiz während ihrem OSZE-Vorsitz ­ und Kosovo ist ein zentrales Aufgabenfeld der OSZE ­ bekannt machen würde, dass der Swisscoy-Einsatz nicht verlängert wird.

Der Einsatz in Kosovo ist das Schwergewicht des Schweizer Engagements in der militärischen Friedensförderung, ohne das zum jetzigen Zeitpunkt die anderen Pfeiler des Engagements ihre Wirkung nicht voll entfalten können. Ohne die Swisscoy würde die Friedensförderung der Armee auf ca. 70 Angehörige der Armee schrumpfen. Der Bundesrat hat im sicherheitspolitischen Bericht 2010 (BBl 2010 5133) und im Armeebericht 2010 (BBl 2010 8871) einen Ausbau, d.h. eine Verdoppelung, der militärischen Friedensförderung beschlossen, mit Zustimmung des Parlaments.

Die aktuelle Finanzplanung 2015­2017 sieht für den Einsatz der Swisscoy jährliche Kosten in der Höhe von 42,6 Millionen Franken vor. Der geplante Kostenrahmen für das Swisscoy-Kontingent mit 235 Armeeangehörigen beläuft sich auf 44,2 Milli-

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onen Franken. Die Mehrkosten gegenüber der aktuellen Finanzplanung führen zu keiner Erhöhung des Ausgabenplafonds der Armee. Dasselbe gilt für die temporäre Aufstockung um höchstens 60 Personen während vier Monaten. Der dafür geplante Kostenrahmen von maximal 5,9 Millionen Franken kann innerhalb des Ausgabenplafonds der Armee aufgefangen werden.

Jeweils per 31. Dezember legt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport zuhanden der Aussenpolitischen und Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte einen Zwischenbericht über den SwisscoyEinsatz vor.

Alle in der vorliegenden Botschaft gemachten Angaben beziehen sich auf den Stand Anfang November 2013. Zu diesem Zeitpunkt sind Prognosen über die weitere Entwicklung der politischen Lage nicht möglich. Die eidgenössischen Räte werden anlässlich der Behandlung der Botschaft über die Resultate und Implikationen sowie die Umsetzung der Wahlen im November 2013 sowie die Umsetzungserfolge des Abkommens zwischen Belgrad und Pristina vom April informiert.

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Botschaft 1

Lagebeurteilung Kosovo

1.1

Ausgangslage

Seit Oktober 1999 beteiligt sich die Schweizer Armee mit einem Kontingent (Swiss Company, Swisscoy) an der Kosovo Force (KFOR). Grundlage für die KFOR ist die Resolution 1244 der Vereinten Nationen vom 10. Juni 19991. Den Entscheid für eine militärische Beteiligung der Schweiz fasste der Bundesrat am 23. Juni 1999. Mit Bundesbeschluss vom 12. September 20012 hat die Bundesversammlung die Schweizer Beteiligung an der KFOR genehmigt und mit weiteren Bundesbeschlüssen bis Ende 2014 verlängert. Die Swisscoy setzt sich aktuell aus bis zu 220 freiwilligen, zum Selbstschutz und zur Auftragserfüllung bewaffneten Angehörigen der Armee zusammen. Der Bundesrat kann zusätzlich eine temporäre Aufstockung des Bestandes um 80 Personen für maximal ein Jahr genehmigen.

Mit der Verbesserung und Stabilisierung der Sicherheitslage während der vergangenen zwölf Jahre konnte die Truppenstärke der KFOR verringert werden. Bereits 2009 leitete die North Atlantic Treaty Organization (Nato) mit dem Operationskonzept «Deterrent Presence» eine kontinuierliche Reduzierung der präsenten KFORKräfte ein. Mit dem Beschluss der Nato zur weiteren Reduzierung der Einsatzstärke der KFOR vom 29. Oktober 2010 wurde die Gesamtpersonalstärke im März 2011 auf rund 5500 Armeeangehörige reduziert. Zum jetzigen Zeitpunkt stellen 31 Staaten insgesamt noch rund 5000 Personen in der KFOR. Der Reduktionsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Der nächste Schritt, für welchen die Nato weiterhin Interesse am Beitrag der Swisscoy bekundet, steht nicht vor 2015 an.

Die Aufgabe der KFOR, ein sicheres Umfeld zu gewährleisten, kann weiterhin nicht vollumfänglich von lokalen Akteuren wahrgenommen werden. Deshalb ist auf absehbare Zeit eine internationale militärische Präsenz vor Ort erforderlich. Seit 1999 wird diese Präsenz von der Nato übernommen, wobei periodisch erwogen wird, ob die Einsatzverantwortung an die Europäische Union (EU) übergeben werden könnte. Ein solches Vorgehen ist, analog zur European Union Force Althea (EUFOR Althea) in Bosnien und Herzegowina, die das Stabilisationsmandat der Nato-Mission (Stabilisation Force, SFOR) ab 2004 übernommen hat, durchaus denkbar. Ob dies im konkreten Fall von Kosovo umsetzbar ist, bleibt zurzeit noch offen. Aus Sicht des Bundesrates wäre ein militärisches Engagement der Schweiz in Kosovo unter Führung
der EU ebenso denkbar. Die Schweiz beteiligt sich bekanntlich auch an der EU-geführten Stabilisierungsmission EUFOR Althea. Voraussetzung für eine Teilnahme an einer EUFOR-Mission in Kosovo wäre lediglich ein Exekutivmandat der Vereinten Nationen (UNO) und ein entsprechender Beschluss von Bundesrat und Parlament.

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2

Der Text der Resolution 1244 der Vereinten Nationen kann im Internet unter folgender Adresse abgerufen werden: www.un.org > peace and security > security council > resolutions > 1999 BBl 2001 6555

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1.2

Politische Lage in Kosovo

Vierzehn Jahre nach dem militärischen Eingreifen der KFOR und fünf Jahre nach der unilateralen Unabhängigkeitserklärung ist Kosovo trotz grossem finanziellen und personellen Engagement der internationalen Gemeinschaft auch weiterhin auf Unterstützung beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen oder für den Zusammenhalt des Staatsgebietes angewiesen. Im Februar 2013 feierte Kosovo den fünften Jahrestag der Ausrufung seiner Unabhängigkeit. Seither haben über 100 UNO-Mitgliedstaaten Kosovo anerkannt und somit dessen Existenzberechtigung bekräftigt.

Auf der anderen Seite jedoch verweigert eine Vielzahl von Staaten, darunter fünf EU-Staaten (Griechenland, Rumänien, Slowakei, Spanien und Zypern) die Anerkennung. Die Regierung Kosovos sucht deshalb auf der Bühne der internationalen Politik vermehrt Beachtung. Das Land kämpft um seinen Einbezug in internationale Gremien. Dies zum Teil mit Erfolg, was durch den Beitritt zu den Bretton-WoodsInstitutionen sowie zur «European Bank for Reconstruction and Development» (EBRD) und der Entwicklungsbank des Europarats verdeutlicht wird. Die politischen Verantwortlichen Kosovos streben für die Zukunft den Beitritt zum Europarat, zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wie auch zu den Vereinten Nationen an ­ nicht zuletzt ein Mittel, um für die internationale Anerkennung zu kämpfen.

Weiter fehlt es an wirtschaftlicher Entwicklung. Die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa verschlechtert die Perspektive für wirtschaftlichen Fortschritt in Kosovo zusätzlich. Selbst wenn sich die Staaten Ostmittel- und Südosteuropas in einer leichten Konjunkturerholung befinden, ist der Aufwärtstrend aber schwach, zumal es an widerstandsfähigen Antriebskräften fehlt. Die Exporte entwickeln sich angesichts der fragilen Verfassung der europäischen Absatzmärkte zumeist stagnierend. Wenig Dynamik zeigen auch die privaten Investitionen, während die öffentlichen Investitionen angesichts klammer Staatskassen in den meisten Ländern sinken. So bleibt Kosovo noch auf längere Sicht auf ausländische Hilfe und Zahlungen der Diaspora angewiesen.

In den vergangenen fünf Jahren wurde das kosovarische Staatswesen weiter ausgebaut und konsolidiert. Dies in einem solchen Umfang, dass die internationale Gemeinschaft im September 2012 beschloss, die seit 2008 andauernde
internationale Beaufsichtigung Kosovos (International Civilian Office, ICO) zu beenden. Kosovo bleibt aber nach wie vor auf internationale Unterstützung bei der Bewältigung seiner staatlichen Aufgaben angewiesen. Nebst den zahlreichen bilateralen Gebern (u.a.

Schweiz, Deutschland, Norwegen, Schweden, USA, Luxemburg) sind verschiedene internationale Organisationen im Land aktiv: die Mission der Vereinten Nationen in Kosovo (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, UNMIK), welche die Umsetzung der UN-Resolution 1244 gewährleistet, die OSZE, die KFOR und die EU-Rechtsstaatsmission (European Rule of Law Mission, EULEX), deren Mandat im Juni 2014 an sich ausläuft. International wird Kosovo also finanziell und personell mit beträchtlichen Mittel weiterhin unterstützt werden müssen, um die Herausforderungen an Sicherheit, Rechtstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte zu meistern. Für die politische Festigung und Stabilität bleibt das fortdauernde Engagement der Staatengemeinschaft essentiell.

Gegenwärtig wichtigstes Element in der Festigung des internationalen Status von Kosovo sowie der Stabilisierung der Region ist die schrittweise Verbesserung des Verhältnisses zu Serbien. Nach Jahrzehnten der Auseinandersetzungen hatten Ver9601

treter von Serbien und Kosovo im März 2011 begonnen, sich unter Führung der EU in Brüssel zu Verhandlungen im Rahmen des sogenannten Pristina-Belgrad-Dialogs zu treffen. Als Gegenleistung für die von beiden Ländern angestrebte EU-Integration, verlangte Brüssel eine «Normalisierung der Beziehungen» zwischen beiden Ländern. Anfänglich wurden rein «technische» Fragen behandelt, wie z.B. der grenzüberschreitende Verkehr, die Entrichtung von Zollgebühren an der Grenze, die Übergabe von Zivilregistern oder die gegenseitige Anerkennung von Universitätsdiplomen. Ab Oktober 2012 wurde der Dialog auf Initiative des neu gewählten serbischen Präsidenten Nikolic offiziell auf eine politische Ebene gehoben und von den Premierministern Thaci und Dacic unter der Leitung der EU-Aussenbeauftragten Ashton geführt.

Nach zehn Verhandlungsrunden kam es zu einem wohl historischen Durchbruch: Kosovo und Serbien einigten sich am 19. April 2013 auf ein 15-Punkte-Abkommen, das zu einer Normalisierung der Beziehungen beitragen soll. Hart gerungen wurde vor allem über den künftigen Status Nordkosovos, welcher mehrheitlich von Kosovo-Serben bewohnt wird. Diese lehnten bisher die Autorität Pristinas ab und wurden auch nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos de facto von Belgrad aus verwaltet. Gemäss Abkommen soll sich Serbien aus der Finanzierung und Verwaltung der lokalen Behörden, wie z.B. der Polizei und der Justiz zurückziehen. Es ist vorgesehen, dass Kosovo-Serben in Nordkosovo durch die Schaffung eines kosovoserbischen Gemeindeverbandes einen gewissen Grad an Selbstbestimmung erhalten.

Die genaue Umsetzung wird zurzeit noch verhandelt, und es herrschen viele Unklarheiten.

Im Gegensatz zu den kosovo-serbischen Gemeinden im Süden Kosovos, die sich in grossem Ausmass in das politische System Kosovos integriert haben und die mit der Zentralregierung kooperieren, stehen die kosovo-serbischen Gemeinden im Norden Kosovos in Opposition zu Pristina. Sie lehnen das Abkommen grösstenteils ab, insbesondere auch weil sie um ihre von Serbien finanzierten Arbeitsstellen in der Verwaltung, ihre Pensionen und Krankenkassen fürchten. Schätzungen besagen, dass ungefähr 21 000 Arbeitsstellen in den von Belgrad verwalteten Institutionen in Nordkosovo betroffen sind, inklusive nicht mehr existente Stellen, deren frühere Inhaber aber
weiterhin von Serbien entlöhnt werden. Weder Belgrad noch Pristina haben sich bislang zur Frage der Entlöhnung oder eine der zahlreichen anderen legitimen Fragen (z.B. Gültigkeit von Diplomen, Fahrausweisen) geäussert, einerseits weil die nötigen Entscheide noch nicht getroffen worden sind, andererseits weil man vor den Wahlen keine schlechte Neuigkeiten verkünden will. Entscheidend wird jedoch sein, dass den Kosovo-Serben im Norden glaubhaft gemacht werden kann, dass das Abkommen ihren Interessen entspricht.

Serbien hat bezüglich Nordkosovos bereits Konzessionen gemacht und seine Polizeibehörden aufgelöst, welche in die kosovarische Polizei integriert werden sollen.

Pristina hat im Gegenzug ein umstrittenes Amnestiegesetz verabschiedet, welches (nicht nur) den Kosovo-Serben rückwirkend Straffreiheit garantiert. Weiter schreibt das Abkommen vor, dass sich Kosovo und Serbien auf dem Weg Richtung EU nicht im Wege stehen dürfen. Obwohl die Annäherung der beiden Staaten vor dem Hintergrund der jüngsten Geschichte und innerhalb dieser kurzen Frist bemerkenswert ist, haben sie nach wie vor keine offiziellen Beziehungen. Sie haben lediglich sogenannte Liaison-Personen ausgetauscht, von denen Serbien sich jedoch beeilt zu sagen, dass diese nicht mit einer diplomatischen Anerkennung gleichzusetzen seien.

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Der Lohn der EU für die Einigung der beiden Länder war reichhaltig: Serbien wurde aufgrund der Ergebnisse des Dialogs der Kandidatenstatus verliehen sowie die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen im Januar 2014 in Aussicht gestellt. Kosovo wurde nach einer Road-Map zur Visaliberalisierung ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU zugesichert.

Am 3. November 2013 fanden erstmals seit der Unabhängigkeit Lokalwahlen auf dem gesamten Territorium Kosovos statt. In Nordkosovo unterstützte die OSZE die staatliche Wahlkommission bei der Abhaltung der Wahlen nach den Gesetzen Kosovos. Die dort lebenden Kosovo-Serben stellte die Wahlbeteiligung vor ein Dilemma: eine Beteiligung an den Wahlen würde ihre politische Vertretung garantieren. Viele setzen dies jedoch mit einer impliziten Anerkennung der Unabhängigkeit Pristinas gleich, welche sie ablehnen. Die Wahlbeteiligung in Nordkosovo fiel denn auch unterdurchschnittlich aus und in Nord-Mitrovica kam es sogar zu gewalttägigen Ausschreitungen in drei Wahllokalen. Die Kosovo-Serben im Süden Kosovos hatten sich schon in der Vergangenheit erfolgreich an von Pristina ausgerichteten Wahlen beteiligt und ihre Wahlbeteiligung lag sogar über dem Landesdurchschnitt. Serbien stellt sich positiv gegenüber der Abhaltung von Lokalwahlen in Kosovo; anders als 2009, als es noch zum Wahlboykott aufgerufen hatte.

Die Stabilität in der Region wird entscheidend von der Vertrauensbasis abhängen, welche die kosovarischen Institutionen zu den Serben im eigenen Land, insbesondere im Norden, aufbauen können. Nachdem Serbien im Zuge der EU-Integration gewillt scheint, seine Unterstützung der Kosovo-Serben aufzugeben, muss Pristina erst noch den Beweis antreten, dass die Integration dieser Bevölkerungsgruppe tatsächlich ernst gemeint ist. Die Stabilität in Kosovo hängt entscheidend davon ab, ob die Kosovo-Serben im Norden gewillt sind, mit der Zentralregierung in Pristina zu kooperieren.

1.3

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage Kosovos kann mit der Ausnahme der vier mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden im Norden als ruhig und stabil bezeichnet werden.

Diese positive Lageentwicklung hat es erlaubt, dass im Süden Kosovos zahlreiche Sicherheitsaufgaben von der KFOR an die kosovarische Polizei übergeben werden konnten. Mit Ausnahme des serbisch-orthodoxen Klosters in Visoki Decani hat die KFOR unterdessen die Überwachung aller sensiblen Einrichtungen und Kulturgüter abgegeben.

Die Lage im Norden, welche schon immer weniger stabil war, ist seit dem gescheiterten Versuch einer Spezialeinheit der kosovarischen Polizei im Sommer 2011, die beiden Grenzübergänge zu Serbien in Nordkosovo zu besetzen, angespannt geblieben. Die ethnischen Spannungen haben sich daraufhin verschärft. Dies wurde insbesondere durch die Errichtung von Strassensperren verdeutlicht. Direkte Gewaltanwendungen zwischen den beiden Volksgruppen sind jedoch weitgehend ausgeblieben. Zu bewaffneten Auseinandersetzungen kam es vereinzelt, als KFOREinheiten versuchten, die Strassenblockaden aufzuheben und dabei beschossen wurden.

Weitere gewaltsame Auseinandersetzungen sind seit diesem Zeitpunkt unter anderem ausgeblieben, da unter Vermittlung der EU direkte Gespräche zwischen den 9603

Regierungen in Belgrad und Pristina aufgenommen wurden. Bei der Umsetzung des am 19. April 2013 in Brüssel unterschriebenen Abkommens steigt nun allerdings die Gefahr, dass kurz- bis mittelfristig mit einer punktuellen Lageverschärfung gerechnet werden muss. Insbesondere die Aufhebung der serbischen Sicherheitsstrukturen kann im Norden mittelfristig zu einem Sicherheitsvakuum und zu einer Anhäufung von gewaltsamen Zwischenfällen, ausgehend von kriminellen oder politisch motivierten Gruppierungen führen. Dies zeigt sich im tödlichen Anschlag auf einen EULEX-Polizisten, der am 19. September 2013 mutmasslich von extremistischen Kosovo-Serben verübt wurde, aber auch in den Unregelmässigkeiten und Gewalttätigkeiten im serbisch definierten Norden Kosovos anlässlich der Wahlen vom 3.

November 2013. Die politische Stabilisierung von Nordkosovo wird wohl noch auf absehbare Zeit auf sich warten lassen.

Allgemein ist davon auszugehen, dass es noch Jahre dauern wird, bis es den kosovarischen Sicherheitskräften gelingen wird, die Sicherheit im Norden gewährleisten zu können. Bis es zu den vereinbarten strukturellen Reformen kommt, wird die Sicherheitslage im Norden weitgehend ruhig, jedoch angespannt bleiben. Insbesondere in den ethisch gemischten Quartieren von Mitrovica werden kriminell motivierte Zwischenfälle (Handgranaten-Explosionen und Schiessereien) wie bis anhin an der Tagesordnung blieben.

Die Entwicklung der Sicherheitslage bleibt im ganzen Land eng mit der sozioökonomischen Lage verbunden. So weist Kosovo mit 35 Prozent eine sehr hohe Arbeitslosenrate auf und kann der meist jugendlichen arbeitsfähigen Bevölkerung nur wenige berufliche Perspektiven bieten. Diese Missstände haben bisher zwar kaum zu Protestaktionen geführt, die sich gegen die Regierung richten. Langfristig kann das Entstehen von sozialen Bewegungen innerhalb der jungen kosovarischen Bevölkerungsgruppen jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Das Fehlen von wirtschaftlichen Perspektiven wirkt sich vermehrt auf das Niveau der bewaffneten Kleinkriminalität aus, welche ein dominierendes Phänomen im Alltag Kosovos darstellt. Neben der Kleinkriminalität stellt die organisierte Kriminalität weiterhin ein anhaltendes Problem und eine Bedrohung für die Region dar.

So gilt Kosovo als eine wichtige Drehscheibe für illegalen Menschen-, Waffen-
und Drogenhandel sowie für Prostitution auf dem Balkan.

Die Gefährdung für den Teil des schweizerischen Einsatzkontingents, welcher im Süden des Landes eingesetzt wird, kann derzeit als gering beurteilt werden. Die Hauptrisiken gehen hier von den schlechten Strassenverhältnissen und den Gefahren des Strassenverkehrs sowie von Minen und Blindgängern aus. Für die Einsatzelemente im Norden von Kosovo (Liaison and Monitoring Teams [LMT], Genie und Super Puma) ist das Gefährdungspotenzial erhöht, insbesondere wenn die KFOR weitere Aktionen gegen radikale serbische Gruppierungen durchführen sollte (zum Beispiel zur Öffnung von Strassensperren). Das Einsatzrisiko wird in solchen Fällen allerdings reduziert, indem Gebiete mit erhöhter Bedrohung von den LMT gemieden werden. Die Schweizer Geniemittel kommen ihrerseits nur in Gebieten zum Einsatz, die zuvor durch Infanteriekräfte der KFOR gesichert wurden.

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1.4

Die Rolle der internationalen Gemeinschaft in Kosovo

Die internationale Gemeinschaft unterstützt aktiv den Stabilisierungsprozess in Kosovo. Diese ist von aussen- und sicherheitspolitischem Interesse für die Schweiz, weshalb sie sich nebst ihrem bilateralen Engagement an den internationalen Bemühungen beteiligt. Die KFOR ist dabei nur ein Element eines mehrschichtigen Engagements.

UNMIK Das Mandat der UNMIK, das anfänglich umfassende exekutive, legislative und judikative Vollmachten enthielt, hat sich nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos stark gewandelt. Formell konnte das Mandat dieser Mission nicht angepasst werden und basiert nach wie vor auf der Resolution 1244 des UNO-Sicherheitsrates von 1999. In der Realität hat sich das Mandat der UNMIK, die zivile Administration Kosovos sicherzustellen, zu einer begrenzteren Aufgabe der Koordination und Aufsicht der internationalen Präsenz im Land gewandelt. Die UNMIK versucht jedoch, auch im Bereich der Konfliktbeilegung zwischen Pristina und Belgrad eine vermittelnde Rolle einzunehmen. Die Schweiz hat die UNMIK in der Vergangenheit mit zivilen Experten unterstützt.

EULEX Seit Ende 2008 hat die EULEX sukzessive von der UNMIK Aufgaben im Aufbau von Justiz, Polizei und Zollwesen sowie Grenzschutz übernommen. Sie agiert wie die UNMIK im Rahmen der UNO-Resolution 1244 neutral bezüglich des Status Kosovos. Sie trägt durch Beobachtung, Begleitung und Beratung zur Stärkung des kosovarischen Rechtsstaates im Justiz-, Polizei- und Zollwesen bei. Weiter hat sie ein Exekutivmandat zur Verfolgung von schweren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen sowie zur Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Korruption. Von Anfang an hatte die EULEX mit dem Erbe der UNMIK und deren schlechtem Ruf bei der kosovarischen Bevölkerung zu kämpfen. Ungenügende Resultate in der Verfolgung von Straftaten, insbesondere in Fällen organisierter Kriminalität, sowie Management- und Kommunikationsfehler gaben zudem Anlass zu berechtigten Fragen. Trotzdem spielt die EULEX für die Sicherheit sowie den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in Kosovo eine wichtige Rolle. Insbesondere im Norden des Landes, wo zunehmend der geografische Schwerpunkt der internationalen Stabilisierungsaktivitäten liegt, bleibt die Zusammenarbeit zwischen der EULEX und der KFOR unerlässlich. Die für die Weiterentwicklung der Region zentrale Umsetzung
der Resultate des politischen Dialogs zwischen Pristina und Belgrad wird von der EULEX unterstützt. Im Juni 2012 wurde das EULEX-Mandat um zwei Jahre bis zum 14. Juni 2014 verlängert. Momentan findet eine strategische Überprüfung der Mission statt. Eine Verlängerung ihrer Mandatsperiode um weitere ein bis zwei Jahre, unter Beibehaltung exekutiver Funktionen, ist wahrscheinlich.

Die Schweiz stellt der EULEX zivile Expertise in den Bereichen Migration, Verfolgung von Kriegsverbrechen und organisierter Kriminalität, Zeugenschutz und Menschenrechte zur Verfügung. Aktuell sind sechs Personen im Einsatz.

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OSZE-Mission in Kosovo Das Mandat der OSZE in Kosovo leitet sich ebenfalls explizit von der UNOResolution von 1999 ab und beinhaltet Zuständigkeiten in den Bereichen Menschenrechtschutz, Demokratisierung und Dezentralisierung, Kulturgüterschutz, Genderund Jugendfragen sowie Medien. Die OSZE verhält sich ebenfalls statusneutral, was auch Opportunitäten bietet, insbesondere was die Arbeit in den von Kosovo-Serben dominierten Gebieten betrifft. Da die OSZE schon lange auch auf Gemeindeebene präsent ist, hat die Mission ein sehr enges Kontaktnetz auf allen Ebenen. Die OSZE spielt eine wichtige Rolle in der Vorbereitung von Wahlen, so auch im Hinblick auf die Gemeindewahlen im Norden Kosovos im November 2013. Eine weitere Priorität der OSZE ist die Unterstützung der Rückkehr von Vertriebenen und Flüchtlingen.

Auch diesbezüglich ist die Zusammenarbeit mit der KFOR im Hinblick auf die Sicherheit der Rückkehrenden wichtig. Die Popularität und das Ansehen der OSZE wie der KFOR sind nach wie vor hoch.

Die Schweiz hat die OSZE in Kosovo in der Vergangenheit stark unterstützt und stellte 2007/2008 den Missionschef. Momentan ist eine Person im Bereich Demokratisierung und Dezentralisierung zur Mission sekundiert. Weitere Personen sind in Rekrutierung.

2

Die Rolle der KFOR

Die Präsenz der KFOR in Kosovo wird durch die Resolution 1244 des UNOSicherheitsrates legitimiert. Nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos vom 17. Februar 2008 erklärte die kosovarische Regierung ihre ausdrückliche Zustimmung zur weiteren Stationierung der KFOR vor Ort. Die Resolution definiert auch weiterhin das Mandat der KFOR. Danach hat die KFOR bis auf Weiteres die folgenden drei Grundaufträge zu erfüllen: ­

Schaffung und Erhalt eines sicheren und stabilen Umfelds (inkl. Gewährleistung der uneingeschränkten Bewegungsfreiheit);

­

Anwendung und Überwachung des Abkommens, das den Rückzug der serbischen Kräfte aus Kosovo sowie die Entwaffnung der kosovarischen Befreiungsarmee vorsieht;

­

Unterstützung der UNMIK und ihrer Nachfolgemission EULEX sowie weiterer ziviler internationaler Partner.

Im Rahmen ihrer Grundaufträge arbeitet die KFOR eng mit der UNMIK und der EULEX in Kosovo zusammen.

2.1

Aktuelle Situation der KFOR

Seit ihrer Entsendung im Jahre 1999 konnte die KFOR ihre Aufträge erfüllen. Die KFOR passte dabei stets ihre Präsenz und ihr Auftreten den Gegebenheiten an und arbeitete mittelfristig darauf hin, dass die Anwesenheit von internationalen Friedenstruppen in Kosovo nicht mehr notwendig sein wird. Entlang dieser Stossrichtung hat die KFOR regelmässig Grösse, Struktur und Ausrichtung an die vor Ort festgestellten Entwicklungen angepasst. Dies lässt sich allein an der Truppenstärke zeigen: In 9606

mehreren Schritten wurde die KFOR-Präsenz von ursprünglich über 50 000 auf aktuell noch rund 5000 direkt in Kosovo stationierte Armeeangehörige reduziert.

Gegenwärtig beteiligen sich noch 31 Staaten (davon 23 Nato-Mitglieder) an der KFOR. Dieser schrittweise Abbau der Truppenpräsenz der KFOR wurde und wird jeweils erst vollzogen, wenn entsprechende Stabilitätskriterien erfüllt sind. Damit wird die Veränderung der Präsenz der KFOR vor Ort nicht von einem festen Zeitplan abhängig gemacht, sondern erfolgt auf Grund der konkreten Lageentwicklung.

Im Verlaufe der Zeit hat die KFOR auch ihre Ausrichtung grundlegend verändert: Seit 2009 steht nicht mehr die flächendeckende Präsenz im Vordergrund, sondern die Informations- und Nachrichtenbeschaffung.

Für die Reduktion hat die Nato drei Etappen (sogenannte «Gates») definiert, mit denen der Umbau der KFOR lagegerecht erfolgen soll. Im Rahmen von «Gate 1» wurden im Januar 2010 die Bestände auf rund 10 000 Soldaten abgebaut. «Gate 2» mit einem Truppenbestand von rund 5000 Soldaten wurde im Frühjahr 2011 erreicht. Bei dieser Etappe wurden die Infanteriebestände vor Ort reduziert, die Kommandostrukturen verschlankt und die Strukturen der Informations- und Nachrichtenbeschaffung signifikant verstärkt. Zwecks Informations- und Nachrichtenbeschaffung wurde ein Netz von sogenannten «Liaison and Monitoring Teams» (LMT) geschaffen. Diese haben den Auftrag, im Sinne eines Frühwarnsystems durch offene Präsenz und direkte Kontakte zum umfassenden Lagebild beizutragen und allfällige negative Trends und Entwicklungen frühzeitig erkennen zu können.

Dabei stehen die LMT in Kontakt mit den lokalen Behörden, mit der einheimischen Bevölkerung, mit Vertretern von UNO und EU sowie mit Repräsentanten von Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft. Die LMT sind in fünf Regionen (Joint Regional Detachments, JRD) zusammengefasst, die jeweils von einer Führungsnation geleitet werden. Im Süden wird das JRD durch die Türkei, im Osten durch die USA, im Westen durch Italien, im Zentrum durch Schweden und im Norden durch die Schweiz geführt.

Um die Sicherheit des Umfelds bei erhöhter Bedrohung weiterhin garantieren zu können, besteht für die Nato die Möglichkeit, innert sehr kurzer Zeit zusätzliche Truppen nach Kosovo zu dislozieren. Diese Reservebataillone (Operational
Reserve Force, ORF) stehen in ihren jeweiligen Heimatstaaten unter erhöhter Bereitschaft: Eine Reservekompanie kann sofort verlegt werden, die übrigen Elemente sind innerhalb von zwei Wochen vor Ort einsatzbereit. Seit dem Übergang ins «Gate 2» mussten diese Truppenverstärkungen mehrfach ausgelöst werden. So verlangte die Lage in Kosovo, dass das deutsch-österreichische Reservebataillon sowohl zwischen August 2011 und März 2012 als auch zwischen Mai 2012 und Ende 2012 permanent vor Ort im Einsatz stand. Zwischen April 2012 und September 2012 wurde zusätzlich das italienische Reservebataillon nach Kosovo verlegt. Diese Verstärkungen waren angesichts der Lage vor Ort insbesondere im Norden von Kosovo notwendig.

Parallel zur KFOR begann die Nato im Jahre 2008 mit weiteren Aktivitäten in Kosovo. Im Zentrum steht dabei der Aufbau einer bewaffneten Sicherheitskomponente, der «Kosovo Security Force» (KSF). Diese Zusatztätigkeit der KFOR liegt ausserhalb des UNO- und des KFOR-Mandats. Die Schweiz beteiligt sich nicht daran.

9607

2.2

Nächste Entwicklungsschritte der KFOR

Voraussetzung für einen Übergang ins «Gate 3» ist eine weitere Beruhigung und Stabilisierung der Sicherheitslage in Kosovo. Der Übergang soll erst dann erfolgen, wenn entsprechende Kriterien erfüllt sind. Dieser Schritt wird von der KFOR beantragt und vom Nordatlantikrat, dem politischen Führungsgremium der Nato, beschlossen. Aktuell geht die Nato davon aus, dass der Übergang ins «Gate 3» nicht vor 2015 erfolgen kann. Die KFOR soll dann noch rund 2500 Armeeangehörige vor Ort im Einsatz zählen. Die Möglichkeit der raschen Aufstockung der Truppenpräsenz in Kosovo durch fest definierte Truppenreserven wird beibehalten. Mit der für «Gate 3» vorgesehenen Reduktion der Truppen vor Ort würden die Infanteriekontingente nochmals gekürzt, die heutige Kommandostruktur würde weiter vereinfacht und die aktuell zum Teil noch national erbrachten Logistikleistungen würden auf Stufe KFOR konzentriert und zentral erbracht werden. Die Nachrichten- und Informationsbeschaffung respektive -auswertung würde dagegen nur marginal angepasst.

3

Aktuelle Struktur und Aufgaben der Swisscoy

Die Swisscoy erbringt Leistungen in ausgewählten Bereichen. Die oben beschriebenen Anpassungen der KFOR durch die Umsetzungen von «Gate 1» beziehungsweise «Gate 2» wirkten sich naturgemäss auch auf die Art der Leistungserbringung der Swisscoy aus. In diesem Kontext besonders hervorzuheben ist die im Sommer 2012 erfolgte Schliessung des Feldlagers «Casablanca» bei Suva Reka. Dieses wurde zusammen mit Österreich betrieben und bildete seit Einsatzbeginn die Heimbasis für viele Elemente der Swisscoy. Die Veränderungen im Auftrag und in der Lage machten jedoch deutlich, dass dieser Standort nicht mehr lage- und auftragsgerecht war.

3.1

Aufgabenbereiche der Swisscoy

Die Swisscoy hat ihr Leistungsprofil seit Beginn des Einsatzes laufend angepasst.

Die Veränderungen waren stets ausgerichtet auf die Bedürfnisse der KFOR sowie auf die Möglichkeiten der Schweizer Armee, ihre besonderen Stärken einzubringen.

So hatten auch die verschiedenen Anpassungen der operativen und bestandesmässigen Ausrichtung der KFOR seit Frühjahr 2010 Auswirkungen auf die Struktur der Swisscoy. Die Swisscoy erbringt aktuell in folgenden Bereichen Leistungen: Liaison and Monitoring Teams: Die Swisscoy betreibt vier LMT, davon zwei im Süden (in Malishevo und in Prizren) und zwei im Norden (in Mitrovica und in Zubin Potok). Die LMT haben mögliche Brennpunkte zu überwachen. Diese Tätigkeit soll dazu dienen, dass die KFOR neue Risiken oder kritische Situationen frühzeitig erkennt und entsprechende Massnahmen ergreifen kann. Somit ist der Aufbau und Unterhalt eines aktuellen Netzwerks zentral. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Bevölkerung in Kosovo zu den LMT Vertrauen gefasst hat und bereit ist, dieses Instrument auch zu nutzen, d.h. ihre wahren Einschätzungen und Sorgen mit den LMT zu teilen. Die Erfahrungen zeigen weiter, dass der Einsatz von Militärangehörigen für diese Aufgabe vorteilhaft ist. Mit dem Tragen der Uniform wird einerseits deutlich Präsenz vor Ort markiert. Andererseits können die LMT auch dann noch agieren, wenn sich die Sicherheitslage verschärft. Die Erfahrungen zeigen deutlich, dass die Schweizer Armeeangehörigen für derartige Aufgaben 9608

besonders gut geeignet sind, da sie in dieser Tätigkeit von ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen aus dem zivilen und militärischen Umfeld profitieren können.

Führung des Joint Regional Detachment North (JRD-North): Seit Januar 2012 stellt die Schweiz zusätzlich das Kommando des JRD für die sechs LMT im Norden von Kosovo. Konkret führt der Schweizer Kommandant des JRD-North mit seinem Stab drei LMT aus Slowenien, ein LMT aus Griechenland und zwei LMT aus der Schweiz. Der Kommandant des JRD-North hat direkten Zugang zum Kommandanten der KFOR. Mit der Übernahme dieser heiklen Aufgabe und den bisherigen Ergebnissen hat sich die Schweiz zusätzlichen Respekt und Anerkennung erarbeitet.

So wird der Schweizer Führung von allen Seiten ein umsichtiges Vorgehen attestiert, und die Schweiz wird als «ehrlicher Makler» ohne versteckte Agenda von allen Parteien und Gruppen akzeptiert.

Lufttransport: Mit den zwei vor Ort stationierten Helikoptern stellt die Schweiz der KFOR die grösste Lufttransportkapazität zur Verfügung. Die Fähigkeit, im Bedarfsfall rasch Truppen in Kosovo per Luft verschieben zu können, ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Auftragserfüllung. Dies umso mehr, als die von der Schweiz betriebenen Helikopter auch nachtflugfähig sind. Aufgrund der konkreten Bedürfnisse vor Ort hält sich die Schweizer Armee seit September 2013 zudem bereit, der KFOR bei Bedarf je eine zusätzliche Crew und einen zusätzlichen Helikopter für maximal zwei Monate zur Verfügung zu stellen. Mit dieser temporären Verstärkung wird die Lufttransportkapazität im entsprechenden Zeitraum verstärkt. Mit geeigneten Massnahmen kann zudem sichergestellt werden, dass die erlaubte Maximalgrösse des Swisscoy-Kontingents durch diese befristete Verstärkung nicht überschritten wird.

Logistik- und Genieleistungen: Seit August 2011 leisten Genie- und Transportkräfte der Swisscoy einen namhaften Beitrag zur Gewährleistung der Mobilität und Beweglichkeit (Freedom of Movement) der KFOR. Dies umfasst auch die genietechnische Öffnung von Hindernissen und Blockaden sowie deren Räumung. Darüber hinaus ergreift die Swisscoy Schutzmassnahmen (z.B. Erstellen von Evakuierungswegen im Gerichtsgebäude von Mitrovica oder Vorkehrungen gegen Überschwemmungen in Feldlagern der KFOR) und stellt Transport- und Versorgungsleistungen.

Die Swisscoy hat
sich in den letzten Jahren in diesen Tätigkeitsgebieten als äusserst zuverlässige Partnerin der KFOR und der truppenstellenden Staaten etabliert.

Zu den weiteren Elementen, welche die Swisscoy einbringt, gehören zudem ein Kampfmittelbeseitigungsteam, ein Militärpolizeidetachement, medizinisches Personal und eine eigene Nachrichtendienstzelle.

3.2

Standorte der Swisscoy

Aktuell erbringt die Swisscoy ihre Leistungen von den folgenden vier Standorten aus: ­

Der Stab, die Schweizer Stabsoffiziere im Hauptquartier der KFOR, die Militärpolizei, das EOD-Team, die Schweizer Nachrichtendienst-Zelle (Swiss Intelligence Cell/SWIC) sowie Teile der Übermittlung und Teile des Medical Teams befinden sich im Hauptquartier der KFOR in Pristina.

­

Die Supportkompanie, der Transportzug, der Genie-Zug sowie Teile der Übermittlung und Teile des Medical Teams sind im Feldlager Prizren stationiert.

9609

­

Das Lufttransportdetachement operiert ab dem östlich von Ferizaj gelegenen Camp Bondsteel.

­

Das JRD-North erfüllt seine Aufträge von Camp Novo Selo südlich von Mitrovica aus.

Daneben betreibt die Swisscoy je ein LMT-Haus in Malishevo, Prizren, Mitrovica und Zubin Potok.

3.3

Vorgesehene Aufgabenbereiche der Swisscoy nach 2014

Mit ihrer aktuellen Ausrichtung ist die Swisscoy in der Lage, auch im Falle einer Verlängerung des Mandats wichtige und notwendige Leistungen zu Gunsten der KFOR zu erbringen.

Wie bereits dargelegt, wird das Netz der LMT auch im «Gate 3» ein wichtiger Teil der Tätigkeit der KFOR sein. Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an internationalen Truppen sich in Kosovo ähnlich entwickeln wird wie derjenige in BosnienHerzegowina: Während die infanteristischen Kräfte bei positiver Lageentwicklung abgebaut werden können, bleibt der Bedarf an LMT stabil. Auf Grund der bisherigen positiven Leistungen hat die KFOR die Schweiz zudem ersucht, das JRD-North weiter zu führen. Dabei ist zentral, dass die Schweiz von allen Parteien und Gruppen im Norden von Kosovo akzeptiert ist, womit eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Auftragserfüllung gegeben ist. Mit der für «Gate 3» vorgesehenen weiteren Ausdünnung der Truppenpräsenz vor Ort steigt des Weiteren die Bedeutung der Fähigkeit, im Bedarfsfall rasch Truppen verlegen zu können. Die Schweizer Helikopter stellen somit einen entscheidenden Erfolgsfaktor für die gesamte KFOR dar. Auch ist vorgesehen, die temporäre Verstärkungsmöglichkeit im Bereich Lufttransport weiterhin anzubieten. Weiter ist für «Gate 3» vorgesehen, dass neben der Truppenausdünnung auch die Logistik- und Genieleistungen nur noch zentral durch die KFOR erbracht werden. Auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit in diesem Aufgabenfeld verfügt die Swisscoy bei der KFOR und den truppenstellenden Staaten über eine hohe Reputation. Sie wäre ausrüstungsmässig als auch personell dazu prädestiniert, diese Aufgabe KFOR-weit im «Gate 3» zu übernehmen. In diesem Tätigkeitsgebiet kommt im Übrigen der Vorteil der Schweizer Milizarmee zum Tragen: Die hohe Professionalität und das übergreifende Know-how der Swisscoy-Angehörigen erlaubt es, auch schwierige Aufgaben zu lösen und Synergieeffekte nutzen zu können. Allein die Tatsache, dass Angehörige der Logistik- und der Genie-Einheiten mehrere Fahrzeuge bedienen können, stellt einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Streitkräften dar.

Die übrigen Tätigkeitsfelder werden nach Massgabe der Bedürfnislage von KFOR und der Standortpartner fortgeführt. Sicherlich beibehalten werden müssen das medizinische Team, das Detachement der Militärischen Sicherheit
sowie die Elemente des Nachrichtendienstes. Auf Grund der bisherigen Ausrichtung der Swisscoy wird deutlich, dass die Schweiz in den vergangenen Jahren immer mehr sogenannte «Sockelleistungen» erbracht hat. Dies bringt mit sich, dass bei einem Übergang zu «Gate 3» die Leistungen der Swisscoy nicht bzw. nur unterproportional gekürzt werden. In verschiedenen Bereichen, insbesondere bei Logistik und Transport, ist gar mit einer Zunahme des Leistungsbedarfs zu rechnen, weil die Swisscoy im 9610

Rahmen von «Gate 3» für die KFOR zur Hauptversorgerin logistischer Dienstleistungen werden dürfte.

Eine Fortführung des Beitrags der Swisscoy ist aus Sicht der KFOR also wünschenswert. Das künftige Leistungsprofil der Swisscoy wäre zudem so ausgestaltet, dass es den Prioritäten entsprechen würde, die der Bundesrat im Bericht vom 23. Juni 20103 an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz (Sicherheitspolitischer Bericht 2010) und im Armeebericht 2010 vom 1. Oktober 20104 definiert hat. Die Leistungen würden in Bereichen erfolgen, in denen die Schweizer Armee mit ihrer Basierung auf der Miliz über erhebliche Stärken verfügt und wertvolle Beiträge leisten könnte. Auch punkto Rekrutierung der notwendigen Freiwilligen scheinen keine erheblichen Probleme zu bestehen. Engpässe bestehen teilweise bei Führungsfunktionen, insbesondere im Grade eines Hauptmanns oder Majors, sowie bei den Spezialistenfunktionen wie Motorfahrern. Insgesamt interessieren sich aber noch immer mehr Armeeangehörige für die Einsätze in der Friedensförderung, als Positionen zu besetzen sind.

3.4

Kontingentsgrösse und Möglichkeit zur temporären Aufstockung

Mit Bundesbeschluss vom 8. Juni 20115 ermächtigte das Parlament den Bundesrat, das Kontingent über die Obergrenze von 220 Angehörigen der Armee hinaus mit maximal 80 Personen für höchstens zwölf Monate aufzustocken. Als Zweck für solche Aufstockungen wurden die Instandhaltung der von der Swisscoy benötigten Infrastruktur, verstärkte Sicherung bei erhöhter Bedrohung beziehungsweise die Abdeckung eines höheren Bedarfs an Stabspersonal durch die Besetzung einer höheren Kommando- oder Stabsfunktion definiert. Seit 2012 hat der Bundesrat von dieser Kompetenz dreimal Gebrauch gemacht: So hat er für die Arbeiten zur Schliessung des Feldlagers «Casablanca» und zum Umzug des Gros der Swisscoy im Jahr 2012 für vier Monate 40 zusätzliche Personen bewilligt. Weiter hat er die Entsendung von 15 Personen für die Übernahme der Funktion des Kommandanten JRD-North für die Jahre 2012 und ­ nach erneutem Antrag der KFOR ­2013 bewilligt.

Die schweizerische Führung des JRD-North hat sich bewährt und die Nato hat Interesse daran, dass dies so bleibt. Deshalb ist vorgesehen, die dafür notwendigen 15 Posten ins normale Kontingent zu überführen und dessen Grösse entsprechend anzupassen. Dieser Schritt würde auch erlauben, allfällige weitere höhere Stabsoder Kommandantenfunktionen zu übernehmen, ohne dass zusätzliches Personal zu stellen wäre. Somit würde die neue Grösse des Swisscoy-Kontingents bei 235 Personen liegen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die KFOR ihren Bestand senkt und das von der Swisscoy geforderte Leistungsprofil entsprechend angepasst werden muss, soll der Bundesrat jederzeit beschliessen können, die Kontingentsgrösse nach unten anzupassen.

Mit Blick auf die anstehenden Veränderungen der KFOR und immer mögliche Lageverschärfungen sollen aber auch temporäre Kontingentsaufstockungen möglich 3 4 5

BBl 2010 5133 BBl 2010 8871 BBl 2011 5511

9611

bleiben. Diese sollen entweder zur Bewältigung von umfangreicheren Arbeiten im Bereich von Instandhaltung oder zur personellen Verstärkung der Sicherungselemente bei erhöhter Bedrohung dienen. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass für die Instandhaltung maximal 40 zusätzliche Personen, für die Erhöhung des Schutzgrades vor Ort maximal 20 zusätzliche Personen für jeweils höchstens vier Monate ausreichen. Deshalb soll der Bundesrat die Kompetenz zur temporären Kontingentsaufstockung auf maximal 60 zusätzliche Personen für höchstens vier Monate pro Kalenderjahr erhalten.

3.5

Nationales Interesse an der Weiterführung des Einsatzes

Die Swisscoy ist weiterhin das mit Abstand grösste Engagement der Schweiz im Rahmen der militärischen Friedensförderung. Für die Weiterführung dieses substanziellen Beitrages zur Friedenserhaltung auf internationaler Ebene sprechen unter anderem folgende Überlegungen: ­

Der Erhalt der Stabilität im Balkan bleibt eine zentrale Aufgabe der europäischen Staaten und liegt klar im Interesse der Schweiz. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist die Schweiz von den Ereignissen auf dem Südwestbalkan direkt betroffen. Fast zehn Prozent aller Kosovaren leben in der Schweiz, und wenn die Lage in Kosovo wieder unruhig werden sollte, könnte dieser Anteil rasch ansteigen. Der Einsatz der Swisscoy ist in unserem nationalen aussen- und sicherheitspolitischen Interesse.

­

Die Schweiz hat die Unabhängigkeit der Republik Kosovo früh anerkannt.

Sie unterhält einen intensiven politischen Dialog und investiert in die Zusammenarbeit. Die Swisscoy ist ein wesentlicher Teil dieses langjährigen aussenpolitischen Engagements. Das Abkommen zwischen Belgrad und Pristina stellt einen Durchbruch dar, und die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verbessert. Sie ist aber nach wie vor volatil, was sich in der wiederholten Auslösung von Truppenverstärkungen der KFOR zeigt. Der Auftrag der KFOR, ein sicheres Umfeld zu gewährleisten, kann weiterhin nicht vollumfänglich von lokalen Akteuren wahrgenommen werden. Deshalb ist auf absehbare Zeit eine internationale militärische Präsenz vor Ort erforderlich.

­

Die Leistungen der Swisscoy werden als sehr wertvoll betrachtet und sind mittlerweile ein wesentlicher Teil der KFOR. Eine Nichtverlängerung würde für die KFOR vor eine schwierige Situation stellen.

­

Insbesondere für die Umsetzung des Abkommens zwischen Belgrad und Pristina ist die Präsenz der KFOR in Kosovo unabdingbar. Für die serbische Seite war es eine zentrale Grundlage, dass die Sicherheit der Kosovo-Serben vorerst weiterhin durch die KFOR gewährleistet ist. Die Stabilisierung der Sicherheitslage, welche die KFOR in Kosovo gewährleistet, verstärkt somit die politische Stabilität, welche das Abkommen hergestellt hat. Die Entwicklungen im Norden Kosovos werden für die weitere Entwicklung in Kosovo und der gesamten Region zentral sein. Speziell in diesem umstrittenen Gebiet hat sich die Schweiz mit der Führung des JRD-North international Respekt und Anerkennung erarbeitet. Gleichzeitig wird deutlich, dass bis auf

9612

weiteres nur die KFOR von allen Parteien und Gruppen in der Rolle des Stabilitätsgaranten akzeptiert wird. Die KFOR ist insbesondere als Sicherheitsgarant im Norden Kosovos entscheidend, bis EULEX und die Polizei ihre Aufgaben vollumfänglich wahrnehmen können.

­

Mit Blick auf die weiteren Reduktionen nach «Gate 3» und deren Auswirkungen auf das Profil und den Bestand der künftigen Leistungserbringung ist es für die KFOR ein Hauptanliegen, dass die truppenstellenden Staaten ihre Truppen nicht unkontrolliert und einseitig abziehen. Dies ist auch ein Anliegen der Schweiz.

­

Der Beitrag an die KFOR trägt wesentlich dazu bei, dass die Schweiz von den europäischen Staaten und der NATO als zuverlässige und engagierte Partnerin wahrgenommen wird.

­

Der Einsatz in Kosovo ist das Schwergewicht des Schweizer Engagements in der militärischen Friedensförderung. Ohne die Swisscoy würde die Friedensförderung der Armee auf ca. 70 Angehörige der Armee schrumpfen.

Der Bundesrat hat im sicherheitspolitischen Bericht 2010 und im Armeebericht 2010 einen Ausbau, d.h. eine Verdoppelung der militärischen Friedensförderung beschlossen, mit Zustimmung des Parlaments.

­

Die Schweiz wird 2014 den Vorsitz der OSZE innehaben. Eine der Prioritäten des Schweizer Vorsitzes ist die Versöhnung und Zusammenarbeit im Westbalkan. Die KFOR ist ein wichtiger Aspekt für die regionale Stabilität und damit auch für die Ziele der OSZE. Ein Sonderbeauftragter des Schweizer Vorsitzes unterstützt die regionale Zusammenarbeit auf dem Westbalkan und die Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina.

Die Schweiz wird die OSZE-Mission in Kosovo darin unterstützen, innerhalb ihres Mandats, ihrer Rolle und mit ihrer Erfahrung, zur Umsetzung der Abkommen zwischen den Parteien beizutragen. Die Schweiz unterstützt den Dialog zwischen allen Volksgruppen in Kosovo, da dieser eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung des aktuellen sowie künftiger Abkommen zwischen Belgrad und Pristina spielt. 2014 finden in verschiedenen Ländern Südosteuropas Wahlen auf nationaler, regionaler oder kommunaler Ebene statt. Die Schweiz unterstützt die OSZE-Feldoperationen und Institutionen in ihrem Engagement, Voraussetzungen für die Durchführung freier und fairer Wahlen zu schaffen, um damit langfristig zur Stabilität in der Region beizutragen. Eine Nichtverlängerung der Swisscoy wäre mit diesem Engagement nicht kohärent und würde der Glaubwürdigkeit des Schweizer Vorsitzes schaden.

3.6

Dauer des Einsatzes und allfällige vorzeitige Beendigung

In seiner Resolution 1244 hat der UNO-Sicherheitsrat beschlossen, dass sich der Einsatz der KFOR verlängert, «sofern der Sicherheitsrat nichts anderes beschliesst».

Die aktuellen Beurteilungen gehen davon aus, dass die Präsenz der KFOR noch einige Jahre unabdingbar bleiben wird.

Der Einsatz der Swisscoy soll deshalb um drei Jahre, d.h. bis zum 31. Dezember 2017, verlängert werden. Eine frühere Beendigung des Einsatzes kann der Bundesrat 9613

jederzeit beschliessen. Der Bundesrat informiert die Aussenpolitischen und Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte nach Artikel 152 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20026.

3.7

Nutzen für Armee

Die Schweizer Armee zieht nach wie vor gewisse Lehren und Erkenntnisse aus dem Swisscoy-Einsatz. Besonders wichtig ist die Möglichkeit, eigene Verfahren im Einsatz prüfen und mit anderen Armeen vergleichen zu können. Dies umfasst Verfahren auf den Stufen Gruppe bis Truppenkörper in diversen Bereichen. Als Beispiele können angeführt werden: ­

Führung von Einsatzverfahren und Leitzentralen auf verschiedenen Stufen über längere Zeiträume;

­

Einsatz von Geniemitteln (z.B. Öffnen von Hindernissen, Beseitigung von Minen und Sprengfallen);

­

sanitätsdienstliche Versorgung im Einsatz;

­

Einsatz und Führung im Informations- und Nachrichtendienst (LMT, JRDNorth).

Ebenso erlaubt der Einsatz über längere Zeit auch Erfahrungen über Tauglichkeit, Leistungsfähigkeit, Wartungsbedarf etc. des eingesetzten Materials. Hier sind denn auch zahlreiche Lehren möglich geworden, die der gesamten Armee zugute kommen.

Besondere Erfahrungen im Bereich der Herausforderungen an die Führung sind die rund um die Uhr zu gewährleistende Bereitschaftssteuerung und Aktionsführung im Einsatz sowie die Aufrechterhaltung und Durchsetzung der Disziplin in einem Umfeld, in dem Kompensationsmöglichkeiten fehlen und Phasen der Unterbeschäftigung sich mit Stressphasen abwechseln.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die aktuelle Finanzplanung 2015­2017 sieht für den Einsatz der Swisscoy jährliche Kosten in der Höhe von 42,6 Millionen Franken vor. Mehrkosten gegenüber der aktuellen Finanzplanung würden zu keiner Erhöhung des Ausgabenplafonds der Armee führen.

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Für das dauernd in Kosovo präsente Swisscoy-Kontingent mit einem maximalen Sollbestand von 235 Angehörigen präsentieren sich die finanziellen Auswirkungen wie folgt:

6

SR 171.10

9614

Aktueller Kostenrahmen 2013

Geplanter Kostenrahmen 2015­2017

Betriebsausgaben, Verpflegung, Betriebsstoff, Kommunikation Basisausgaben, Material, Nachund Rückschub, Instandhaltung, Rekrutierung Einmietung von Flugleistungen Personalausgaben

9 400 000

7 900 000

800 000 4 000 000 28 400 000

1 200 000 4 200 000 30 900 000

Jährliche Gesamtkosten

42 600 000

44 200 000

Die Veränderungen in den ersten beiden Rubriken resultieren aus Verschiebungen, die sich aus den Einsatzerfahrungen ergeben. Der erhöhte Personalaufwand folgt aus der Tatsache, dass im geplanten Kostenrahmen nicht mehr mit einem Sollbestand von 220, sondern von 235 Angehörigen der Swisscoy gerechnet wird. Die 15 zusätzlichen Stellen ergeben sich aus der Integration des JRD-North, bei dem besondere Anforderungen erfüllt werden müssen. Auch sind die maximal drei zusätzlichen Stellen beim Kompetenzzentrum SWISSINT (vgl. Ziff. 4.3) eingeschlossen.

4.2

Finanzielle Auswirkungen der temporären Aufstockungen

Die allfällige Entsendung von zeitlich befristeten Zusatzelementen für Instandhaltung oder bei einer notwendigen Erhöhung des Schutzgrades würde die folgenden finanziellen Auswirkungen nach sich ziehen: Verstärkung für Standortwechsel und -abbau

Verstärkung für Ausbau der Sicherheitselemente

4 Monate max. 40 Personen

2­4 Monate ca. 20 Personen

Angenommene Einsatzdauer vor Ort Angenommene Detachementsgrösse Betriebsausgaben, Verpflegung, Betriebsstoff, Kommunikation Basisausgaben, Material, Nachund Rückschub, Instandhaltung, Rekrutierung Personalausgaben

650 000

140 000

3 500 000 1 000 000

50 000 550 000

Zusatzkosten für Spezialdetachement pro Einsatz

5 150 000

740 000

Bei einem allfälligen Standortwechsel oder -abbau ist noch offen, was mit der bestehenden Infrastruktur geschehen soll. Nebst einem Abbau und Rücktransport in die Schweiz sind auch andere Optionen wie die Abgabe an die UNO oder die EU denkbar. In jedem Fall werden jedoch die sensiblen oder wiederverwendbaren Installati9615

onen (z.B. Funk und Kommunikationsmittel) abgebaut und in die Schweiz bzw. an den neuen Standort verschoben. Für diese Arbeiten ist die Unterstützung durch ein Spezialdetachement notwendig. Im Gegensatz zu den unter Ziffer 4.1 ausgewiesenen Zahlen fallen die hier genannten Kosten nur dann an, wenn der Bundesrat die Entsendung eines entsprechenden Detachementes genehmigt.

Da in diesem Finanzrahmen Kosten für das Personal eingeschlossen sind, welches bei Swissint in Stans den Einsatz das ganze Jahr betreut, stellen diese Zahlen angenäherte Vollkostenwerte dar. Nicht aufgeführt sind die Personal- und Betriebskosten, die zweimal jährlich für die Ausbildung des Kontingents auf dem kantonalen Waffenplatz Stans-Oberdorf anfallen. Die Rechnungslegung der Ausbildung für Swisscoy-Kontingente ist also vergleichbar mit derjenigen eines normalen Wiederholungskurses in der Schweiz.

4.3

Personelle Auswirkungen

Seit Einsatzbeginn der Swisscoy im Jahr 1999 liegt die Anzahl der bewilligten projektbezogenen Mitarbeitenden im nationalen Einsatzführungskommando (Kompetenzzentrum SWISSINT in Stans) stabil bei 25 Stellen. Die Anpassungen im Leistungsprofil der Swisscoy sowie die absehbaren Entwicklungen in der KFOR führen beim nationalen Einsatzführungskommando in Stans zu einem erhöhten Planungs- und Führungsaufwand. Dies ist zum einen auf den erhöhten Aufwand bei der Bewirtschaftung der aktuellen Standorte zurückzuführen, der durch die Aufgabe des Feldlagers Casablanca entstanden ist. Heute ist der Koordinationsbedarf sowohl mit den selbst betriebenen Standorten (z.B. LMT-Häuser) als auch mit den Partnerstaaten höher, die die jeweiligen Feldlager betreiben, in denen die Swisscoy stationiert ist. Zum anderen ist die Personalgewinnung insbesondere für die LMT und das JRD-North aufwendiger, da spezielle Anforderungsprofile zu erfüllen sind. Schliesslich verlangen die Anpassungen der KFOR im geforderten Leistungsprofil entsprechende Umsetzungsarbeiten auf Schweizer Seite. Vor diesem Hintergrund ist eine Aufstockung um drei zusätzliche projektbezogene Stellen unabdingbar. Das komplexere Aufgabenspektrum der Swisscoy, insbesondere im Informations- und Nachrichtenbeschaffungsbereich (LMT und JRD-North), verlangt eine sachgerechte einsatzbezogene Ausbildung im Ausbildungszentrum in Stans. Deshalb wird die Verstärkung mit neun projektbezogen angestellten Zeitkadern im Ausbildungszentrum fortgeführt.

Sämtliche projektbezogenen Stellen sind in der entsprechenden Rubrik der Tabelle unter Ziffer 4.1 eingerechnet. Diese Stellen sind an den Einsatz der Swisscoy gebunden und fallen bei dessen Abschluss weg.

5

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die Kantone

Die Fortführung des Swisscoy-Einsatzes hat begrenzte Auswirkungen auf den Kanton Nidwalden als Standortkanton des Kompetenzzentrums SWISSINT. Weitere volkswirtschaftliche Auswirkungen entfallen.

9616

6

Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 20127 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 20128 angekündigt. Der vorliegende Beschluss entspricht dem Ziel 13 der Botschaft über die Legislaturplanung 2011­2015 «Instrumente zur frühzeitigen Erkennung und Bekämpfung sicherheitspolitischer Gefahren und Risiken werden wirksam angewendet», in dem es heisst: «Zu den Sicherheitsaufgaben gehört auch ein Beitrag zu Stabilität und Frieden jenseits unserer Grenzen». Mit dem vorliegenden Bundesbeschluss soll der Einsatz der Swisscoy in der KFOR bis zum 31. Dezember 2017 verlängert werden, wobei die Schweiz jederzeit die Möglichkeit hat, den Einsatz zu beenden.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Im Artikel 58 Absatz 2 gibt die Bundesverfassung9 (BV) der Armee folgenden Auftrag: «Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen». Artikel 1 Absatz 4 des Militärgesetzes vom 3. Februar 199510 (MG) führt denn auch aus, dass die Armee im Rahmen ihres Auftrags friedensfördernde Beiträge im internationalen Rahmen zu leisten hat.

Die Verfassungsmässigkeit des Friedensförderungsdienstes wurde bereits mehrfach geprüft und bejaht, soweit die Einsätze auf Freiwilligkeit beruhen (vgl. insbesondere Botschaft vom 8. Dezember 1993 betreffend das Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung sowie den Bundesbeschluss über die Organisation der Armee, BBl 1993 IV 1, Ziff. 61; H. Meyer, St. Galler Kommentar zu Art. 58 BV, Rz. 12).

Keine Rolle spielt dabei, welche Massnahmen zum Schutz von Personen, Truppen und zur Auftragserfüllung vorgenommen werden, wie die Bewaffnung. Der Bundesrat ist jedoch verpflichtet, Einsätze im Einzelfall auf die Vereinbarkeit mit den aussen- und sicherheitspolitischen Maximen, dem Neutralitätsrecht sowie der Neutralitätspolitik hin zu prüfen.

7.2

Zuständigkeiten

Der Bundesrat, der für die Führung der Aussen- und Sicherheitspolitik zuständig ist, kann zeitgerecht Friedensförderungseinsätze anordnen und die notwendige Ausrüstung und Bewaffnung sowie weitere Massnahmen festlegen. Die Befugnisse des Parlaments bleiben jedoch in grundsätzlichen Belangen stets gewahrt. Nach Artikel 66b MG muss der Bundesrat bei einem bewaffneten Einsatz vorgängig die Aussenpolitischen und Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte anhören.

7 8 9 10

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 SR 101 SR 510.10

9617

Ein bewaffneter Einsatz von mehr als 100 Angehörigen der Armee oder einer Dauer von mehr als drei Wochen bedarf der Zustimmung der Bundesversammlung (Art. 66b Abs. 4 MG). Alle diese Aspekte treffen auf die Weiterführung des Swisscoy-Einsatzes, wie er in dieser Botschaft vorgeschlagen wird, zu.

7.3

Rechtsform

Der beiliegende Bundesbeschluss stellt einen Einzelakt der Bundesversammlung dar, der in einem Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 173 Abs. 1 Bst. h BV). Da er nicht rechtsetzend ist, wird er in die Form eines einfachen Bundesbeschlusses gekleidet (Art. 163 Abs. 2 BV) und untersteht damit nicht dem Referendum.

9618