225 # S T #

N o

2 3

Bundesblatt 97. Jahrgang.

Bern, den 8. November 1945.

Band II.

Erscheint in der Regel alle 14 Tage. Preis HO Franken im Jahr, 10 Franken im HaltJahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 60 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern.

# S T #

4872

Dreizehnter Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen.

(Vom 26. Oktober 1945.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir vom 1. April 1945 bis zum 30. September 1945 auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität ergriffen haben.

Allgemeine Verwaltung.

Bundeskanzlei B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 7. August 1945 b e t r e f f e n d Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Beteiligung der Wehrmänner an Wahlen und Abstimmungen während der Dauer des Aktivdienstes (A, S. 61, 601).

Die Bundeskanzlei hat, kurz nachdem die Kriegshandlungen in Europa beendet waren, einen Entwurf zu einem Bundesratsbeschluss ausgearbeitet, der die Beteiligung der Wehrmänner an eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Wahlen und Abstimmungen im Rahmen der ordentlichen Gesetzgebung geordnet hatte. Im Meinungsaustausch mit den kantonalen Behörden sind dann eine Reihe Fragen aufgetaucht, die vor dem 21. August 1945 nicht mehr abgeklärt werden konnten, so dass wir den Beschluss vom 30. Januar 1940 über die Beteiligung der Wehrmänner an Wahlen und Abstimmungen während der Dauer des Aktivdienstes mit einigen durch die neuen Verhältnisse gebotenen Abänderungen vorübergehend weiter in Kraft belassen mussten.

Die erste Abänderung bestand darin, dass Ausdrücke wie «Armeekommando» und «Generaladjutantur» durch «Eidgenössisches Militärdepartement» ersetzt Bundesblatt. 97. Jahrg. Bd. II.

17

226 wurden. Durch dio zweite Abänderung ist die Kontrollstelle für das bei der Truppe zugelassene Propagandamaterial aufgehoben worden. Die Bestimmung (Art, 5), womit diese Kontrollstelle geschaffen wurde, ist durch eine Vorschrift ersetzt worden, die bis anhin in der dem Bundesratsbeschluss vom 80. Januar 1940 beigehefteten Instruktion enthalten war (Ziff. 12 und 13). Der Form nach ist die Bestimmung in lit. c jedoch neu; sie untersagt das Verteilen von politischem Propagandamaterial an die Truppe, das gegen die Armee gerichtet ist oder die militärische Disziplin zu gefährden geeignet ist.

Departemente.

A. Politisches Departement.

1. B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 8. Juni 1945 über die Übernahme und Verwaltung der Anlagen und des Vermögens der Deutschen Eeichsbahn in der Schweiz (A. S. 61, 406).

Am 8. Mai hatte der Bundesrat beschlossen, keine offizielle Eeichsregierung mehr anzuerkennen und die amtlichen Bäume und Archive der deutschen Vertretungen zu getreuen Händen einer künftigen Bechtsnachfolgerin der letzten von der Schweiz anerkannten Eeichsregierung in Verwahrung zu nehmen.

Diese fiduziarische Verwaltung wurde einer besonderen Dienststelle des Politischen Departements, den «Deutschen Interessenvertretungen in der Schweiz», anvertraut und in der Folge auf das gesamte Eeichseigentum in der Schweiz ausgedehnt, Zum Eeichseigentum gehören auch die Eeichsbahnanlagen in der Schweiz.

Wegen der besonderen technischen Natur dieses Teils der Vermögensmasse ist mit ihrer treuhänderischen Verwaltung das Post- und Eisenbahndepartement beauftragt worden.

2. Bundesratsbeschluss vom 13. Juli 1945 über die Sperre des Vermögens ausgewiesener Personen (A. S. 61, 475).

Während die gegenüber Deutschland, Polen und nachträglich gegenüber Japan erlassenen Sperren auch die Staatsangehörigen dieser Länder in der Schweiz und in Drittländern erfassen, gelten die am 6. Juli 1940, am 1. Oktober 1943 und am 20. Dezember 1944 verfügten Massnahmen lediglich gegenüber den an einem bestimmten Stichtag in den betreffenden Ländern domizilierten Personen. Diese Blockierungsbeschlüsse bilden somit keine Handhabe, um die ausgewiesenen Staatsangehörigen dieser Länder an der Verfügung über ihre Vermögenswerte in der Schweiz zu hindern. Dies bedeutet eine unerwünschte Gesetzeslücke, weil sich die von alliierter Seite immer wieder vorgebrachten Hinweise auf angebliche Vermögensverschiebungen von Angehörigen der Achsenstaaten in erster Linie auf diese Personen beziehen. Es war deshalb aus allgemeinen politischen Erwägungen der Erlass eines besondern Bundesratsbeschlusses geboten. Seine Aufhebung kann erst dann in Betracht gezogen werden, wenn die Angelegenheit der Vermögen von Angehörigen der Achsenßtaaten in der Schweiz eine vollständige Abklärung gefunden hat.

227 B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 20. August 1945 über vorsorgliche Massnahmen bei Eigentums- und Besitzesrechtsklagon b e t r e f f e n d in Kriegsgebieten abhanden gekommene Sachen (A. S. 61, 628).

Im Abkommen vom 8. März dieses Jahres wurde schweizerischerseits den Alliierten zugesichert, bei der Verfolgung von Eigentum mitzuwirken, das im Ausland unter Zwang den rechtmässigen Besitzern abhandengekommen ist.

Entschliesst sich der Eigentumer, auf gerichtlichem Wege vorzugehen, so braucht er sofort, nachdem die Sache in der Schweiz aufgefunden worden ist, einen vorsorglichen Eechtsschutz, um zu verhindern, dass sie vor Erledigung oder während der Dauer des Prozesses weiter veräussert oder fortgeschafft wird. Der Bundesratsbeschluss verschafft dem Eechtsuchenden die Möglichkeit, unabhängig von kantonalen Prozessgesetzen vorsorgliche Massnahmen zu beantragen. Er muss in Kraft bleiben, bis die den Alliierten gegebene Zusicherung erfüllt ist.

Bundesratsbeschluss vom 7. September 1945 über die A u s k u n f t s p f l i c h t auf Grund der Vorschriften b e t r e f f e n d Sperre und Anmeldung ausländischer Vermögenswerte in der Schweiz (A. S.

61, 709).

Im Zusammenhang mit der Durchführung der Bestimmungen über die Pflicht zur Anmeldung deutscher Vermögenswerte in der Schweiz ergaben sich Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Bechtsanwälte bezüglich der in ihrer Verwaltung befindlichen deutschen Werte durch den Bundesratsbeschluss über die Meldepflicht für deutsche Vermögenswerte in der Schweiz vom 29. Mai 1945 von der Geheimhaltungspflicht im Sinne von StGB, Art. 821, Ziff. 8, befreit seien. Damit sah siph der Bundesrat vor die Notwendigkeit gestellt, eine besondere, das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte, Notare usw. für die Meldepflicht ausdrücklich aufhebende Bestimmung zu erlassen, da die Nichtanmeldung durch die Eechtsanwälte eine schwere Beeinträchtigung der Enquete über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz bedeutet hätte.

Eine Aufhebung des Beschlusses kann erst dann in Betracht gezogen werden, wenn die Bestimmungen über Sperre und Anmeldung ausländischer Vermögenswerte aufgehoben werden.

G. Justiz- und Polizeidepartement.

I. Justizabteüung.

B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 4. Mai 1.945 b e t r e f f e n d A u f h e b u n g des Artikels 22ter der Verordnung über v o r ü b e r g e h e n d e Milderungen der Zwangsvollstreckung (A. S. 61, 292).

Durch Beschmss vom 12. August 1941 (A. S. 57, 865) hatten wir die Verordnung vom 24. Januar 1941 über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung (A, S. 57, 61) ergänzt und damit den Eechtsstillstand, wie er zugunsten derjenigen Schuldner besteht, die sich im Militärdienst befinden, u. a. auch auf die Arbeitsdienstpflichtigen ausgedehnt (vgl. 5. Vollmachten-

228

bericht, Bundesbl. 1941, Seite 888). Die Erfahrung lehrte, dass die Bechtswohltat vielfach missbraucht wurde. Obwohl diese Schuldner finanziell im allgemeinen besser gestellt sind als die Militärdienst Leistenden, da sie ja nicht mir Sold und Lohnausgleich beziehen, sondern Lohn und gegebenenfalls Versetzungsentschädigung oder finanzielle Beihilfe im Sinne des Bundesratsbeschlusses vom 9. Juni 1944, zeigte sich, dass die finanziellen Verpflichtungen sehr oft nicht erfüllt wurden, trotzdem diese Schuldner dazu in der Lage gewesen wären. Benachteiligt wurden nicht nur kreditgewährende Kaufleute und Gewerbetreibende, sondern vor allem alimentenborechtigte geschiedene Ehefrauen sowie ausscrehelicho Kinder und Nachkommen aus geschiedenen. Ehen.

Verschiedene kantonale und kommunale Amtsstellen wiesen auf diese Missverhältnisse hin, ebenso die Vereinigung schweizerischer Amtsvormünder. Im Einverständnis mit dem Bundesgericht, das ebenfalls festgestellt hatte, dasa bei den Schuldnern oft nur böser Wille vorhanden war, haben wir daher den Bechtsstillstand für die Arbeitsdienstpflichtigen auf den l, Juni 1945 wieder aufgehoben.

II. Polizeiabteilung.

Bundesratsbeschluss vom 4. Mai 1945 b e t r e f f e n d Verlängerung des Bundesratsbeschlusses über Ausbürgerung (A. S. 61, 291).

Die Geltungsdauer des Bundesratsbeschlusses vom 18. Mai 1943 über Ausbürgerung war nach Art. 6 auf zwei Jahre beschränkt. Mit Bücksicht auf die Verhältnisse wurde diese Geltungsdauer bis zum 18. Mai 1947 verlängert.

III. Bundesanwaltschaît, Bundesratsbeschluss vom 31. Juli 1945 b e t r e f f e n d die teilweise A u f h e b u n g des Bundesratsbeschlusses über die Neugründung von Zeitungen, Z e i t s c h r i f t e n sowie von Presse- und Nachrichtenagenturen (A. S. 61, 562).

Der Bundesratsbeschluss vom 80. Dezember 1941 über die Neugründung von Zeitungen, Zeitschriften sowie von Presse- und Nachrichtenagenturen (Presseerlass) ist nur noch anwendbar auf Presseunternehmen und Nachrichtenagenturen, die mit ausländischer Beteiligung oder Mitwirkung ein neues Presseorgan oder eine neue Agentur gründen oder wesentliche Änderungen bestehender Orgene wollen (Art. l und 3).

Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 31. Juli 1945 betrifft Zeitungen und Zeitschriften, die der Bundesrat auf Grund von Art. l des Presseerlasses vom 80. Dezember
1941 nur provisorisch bewilligen konnte, weil die Gesuchsteller zur Zeit des Bewilligungsverfahrens den Nachweis der schweizerischen Herkunft der finanziellen Mittel nicht erbringen konnten. Diese Unternehmen haben die Verpflichtung übernommen, dem Justiz- und Polizeidepärtement später Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren, um den Nachweis über die Herkunft der finanziellen Mittel zu leisten.

229

B. Militärdepartement.

1. B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 27. April 1945 b e t r e f f e n d die Teilrevision des M i l i t ä r v e r s i c h e r u n g s r e c h t e s (A. S, 61, 273).

Der Buf nach einer Revision des heute geltenden Militärversicherungsgesetzes geht auf Jahre zurück. Er ist seit der Mobilmachung 1989 erneut sehr laut und deutlich geworden und hat auch im Parlament zu zahlreichen Anfragen, Motionen und Postulaten geführt.

Schon im Jahre 1943 hatte das Militärdepartement durch Herrn Prof.

Dr. Bohren, alt Direktor der Suva, den Geschäftsgang und die Organisation der Militärversicherung überprüfen lassen. Es ist darüber irn Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1943 unter dem Titel «Militärdepartement, VIII. Militärversicherung», S. 282 ff., berichtet worden. In der Folge wurde auch die Gesetzesrevision an die Hand genommen. Der Chef der Militärversicherung reichte Ende September 1944 dem Militärdepartement den Vorentwurf zu einem neuen Militärversicherungsgesetz mit ausführlichen Erläuterungen ein. Das Militärdepartement ernannte darauf eine Kommission von 17 Sachverständigen, der es die Aufgabe zuwies, den Vorentwurf des Chefs der Militärversichcrung zu überprüfen und zu überarbeiten in der 'Weise, dass aus den Komtnissionsberatungen ein bereinigter Gosetzesentwurf hervorgehen sollte. Aus diesen Erwägungen heraus ist die Kommission zusammengesetzt worden aus Vertretern der interessierten Gerichts- und Verwaltungsstellen, der Armee, der Ärzteschaft, sowie Vertretern der Versichertenkreise und einigen Parlamentariern, die sich bisher schon in den Bäten für die Militärversicherung besonders eingesetzt hatten. Als Präsident der Expertenkommission konnte Herr Xationalrat Joh. Huber, St. Gallen, gewonnen werden. Mit einer konstituierenden Sitzung hat die Kommission am 9. Januar 1945 ihre Tätigkeit aufgenommen. In ihrer aweiten Sitzung vom 5.--7. Eebruar in St. Moritz ist die Kommission auf Grund einlässlicher Aussprache zum Schlüsse gelangt, dass eine Totalrevision des Militärversicherungsgosetzes sich innert nützlicher Frist nicht durchführen lasse und dass daher die dringlichsten Postulate vom Bundesrat auf dem Wege des Volhnachtenbeschlusses unverzüglich verwirklicht werden sollten, um so wenigstens den als gerechtfertigt
erachteten Begehren für die laufende Aktivdienstzeit noch entsprechen zu können. Daneben ist die Kommission bereit, die Totalrevision des Militärversicherungsgesetzes sofort an die Hand zu nehmen.

Der Bundesrat musste sich der Auffassung der Expertenkommission anschliessen. Er hat auf Grund der Beratungen der Kommission die als Sofortmassnahrnen sich ergebenden Punkte im Vollmachtenbeschluss betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes zusammengefasst, der vor seinem Erlass den Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Bäte zur Begutachtung vorgelegt worden war.

230 Die Änderungen zur bisherigen gesetzlichen Begelung sind folgende: 1. Die Hilfsdienstpflichtigen und die Angehörigen der Organisationen des Luftschutzes, der Ortswehren und der Betriebswachen wurden bezüglich Militärversicherung den Wehrmännern gleichgestellt. Nachdem gegenüber der ursprünglichen Begelung der Yersicherungsfrage im Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 19S9 schon durch den Bundesratsbeschluss vom 18. Januar 1944 eine Annäherung zur Gleichstellung gemacht worden ist, hatte die noch bestehende Ablehnung der Versicherung für Krankheit bei Dienstleistung von nicht mehr als 3 Tagen immer und immer wieder Anstoss erregt.

Die militärgerichtlich zu Gefängnis mit militärischem Strafvollzug verurteilten Wehrmänner wurden während ihrer Strafzeit der Militärversicherung unterstellt mit der Einschränkung, dass während der Strafzeit keine Barleistungen ausgerichtet werden. Schon bisher gingen die Kosten der Verpflegung und Heilung der während des Strafvollzuges erkrankten militärgerichtlich Verurteilten gemäss Art. 36 der Verordnung über das Rechnungswesen der Militärjustiz vom 24. Februar 1922 ganz allgemein zu Lasten des Bundes.

Nach den gleichen Grundsätzen werden für Unfälle während des Strafvollzuges die Leistungen ausgerichtet. Für den militärischen Strafvollzug ist seit November 1942 auf dem Zugerberg Brachland angekauft und ein eigener Gutsbetrieb eingerichtet worden. Die Sträflinge sind in einer selbständigen Strafvollzugskompagnie zusammengefasst mit einem ständigen Kp.-Kdt., der zugleich Betriebsleiter ist. Der Betrieb ist streng militärisch organisiert, und neben der Arbeit im Gutsbetrieb wird militärische Ausbildung getrieben.

Die Sträflinge tragen während der ganzen Strafzeit die Uniform. Dire Unterstellung unter Militärversicherung für Krankheit und Unfall während der Strafzeit ist daher entschieden die zweckmässigere Lösung. Wir erinnern daran, dass die in den Detachementen Gampelen und Götschihof zusammengefassten alkoholkranken Wehrmänner seit der Aktivdienstzeit auch militärversichert sind. Der Erfolg des militärischen Strafvollzuges, der auch eine militärische Nacherziehung des Verurteilten bringen soll, wird sicher eher erreicht, wenn in bezug auf Versicherung eine Behandlung als Wehrmann zugebilligt wird.

Ausschlaggebend sind aber praktische Erwägungen. Der Bund haftet
heute schon für die Folgen von Krankheit und Unfall. Wenn wir für die Erledigung der daherigen Ansprüche die bewährte Organisation der Militärversicherung heranziehen, dann ist das sicher zweckmässig.

2. Durch den Bundesratsbeschluss vom 21. Mai 1941 waren die Fragen der Sold- und Krankengeldleistungen an kranke Wchrmänner geregelt worden.

Diese Begelung ist in die Teilrevision aufgenommen worden mit der einzigen Abänderung, dass auch der nicht in einer Militärsanitätsanstalt hospitalisierte Wehrmann für interkurrente Krankheiten und Unfälle inskünftig militärversichert ist, obschon der Aufenthalt in diesen Anstalten nicht als Militärdienst gilt. Diese Neuregelung hat sich aufgedrängt, weil es oft nur von Örtlichen Zufälligkeiten abhängt, ob ein erkrankter oder, verunfallter Wehrmann in eine

231 Militärsanitätsanstalt oder ein Zivilspital eingewiesen werden muas. Die ungleiche Behandlung bezüglich der Haftpflicht der Militärversicherung hei Krankheiton während der Spitalzeit hatte immer böses Blut gemacht.

8. Bis zum 81. Dezember 1942 wurde bei der Militärversicherung ein Tagesverdienst über Fr. 15 bei der Festsetzung des Krankengeldes nicht mehr berücksichtigt und für die Berechnung der Invaliden- und Hinterlassenenpensionen fiel ein Jahresverdienst über Fr. 4 500 ausser Betracht. Diese Maximalansätze wurden durch den Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1942 betreffend Teuerungszulagen zu den Militärpensionen und Erhöhung der Leistungen der Militärversicherang ab 1. Januar 1943 auf Fr. 18 Tagesverdienst und Fr, 5400 Jahresverdienst erhöht, indem 3 neue Verdienstklassen eingeführt wurden. Damit kamen die Maximalleistungen der Militärversicherung auf ein Krankengeld von Fr. 12.60 (70 % von Fr. 18) und auf eine Pension von Fr. 3780 (70 % des SOOfachen Tagesverdienstes von Fr. 18). Diese Ansätze haben mit der Entwicklung der Löhne nicht Schritt gehalten. Qualifizierte Arbeiter und Angehörige des Mittelstandes wiesen Lohne aus, die über diese Maximalansätze hinausgehen. Nachdem durch den Bundesratsbeschluss vom 9. Februar 1945 ab 1. März 1945 für die Suva der anrechenbare Tagesverdienst auf Fr. 26 und der Jahresverdienst auf Fr. 7800 erhöht worden sind, musste für die Militärversicherung eine Angleichung unbedingt eintreten, wenn man der durch so krasse Ungleichheiten verursachten Kritik nicht erneut Tür und Tor Öffnen wollte, verlangt doch schon die Motion Guinand vom 16. Dezember 1944 nichts weniger, als dass die Militärversicherung den gesamten, durch Krankheit oder Unfall verursachten Schaden sowohl des Versicherten als auch seiner Familie EU decken habe. Es ist klar, dass die Leistungen der Militärversicherung im Rahmen des für den Fiskus Tragbaren bleiben müssen. Da der Versicherte bei der Militärversicherung durch keine Prämien zu den Leistungen beiträgt, können auch nicht die Ansätze der Suva in Frage kommen.

Mit der Berücksichtigung eines Tagesverdienstes bis Fr. 23 und eines Jahresverdienstes bis Fr. 6900 sind wir den berechtigten Interessen gerecht geworden.

Diese Erhöhung brachte die Einführung von 5 neuen Verdienstklassen und steigerte das maximale Krankengeld von Fr. 12.60
auf Fr. 16.10 und die maximale Invalidenpension von Fr. 3780 auf Fr. 4830.

4, Das bisherige Eecht machte in seinen Leistungen keinen Unterschied, ob der Versicherte verheiratet oder ledig ist. Das ist schon lange als ungerecht empfunden worden. Mit der Einführung einer Familienzulage an Verheiratete und einer weitern Zulage für jedes pensionsberechtigte Kind ist dem Familienschutzgedanken Rechnung getragen worden. Bei der Bemessung dieser Zulagen waren zwei Überlegungen zu machen: Einmal dürfen die Zulagen nicht so hoch sein, dass der Versicherte mit der Pension plus Zulagen mehr erhalten könnte als sein Verdienst beträgt. Zum andern darf nicht vergessen werden, dass heute vielfach schon bei der Festsetzung der Arbeitslöhne dem Familienstand Rechnung getragen wird. Damit weist der Versicherte, wenn er verheiratet ist,

232 bereits ein erhöhtes Einkommen aus, das automatisch seine Einreihung in eine höhere Verdienstklasse bei der Militärversicherung mit sich bringt. Es geht daher nicht an, durch die Gewährung hoher Familienzulagen bei der Militärversicherung diese Familienschutzleisfrangen zu übersteigern. Wir hielten eine monatliche Familienzulage von Fr. 10 für Verheiratete plus Fr. 5 für jedes pensionsberechtigte Kind für recht und billig. Den gleichen Ansatz von Fr. 5 im Monat für jedes pensionsberechtigte Kind hielten wir auch für die Witwenpensionen als genügend.

5. Nach Art. 33 MVG 1901 bezahlte die Militärversicherung im Todesfalle ein Sterbegeld von Fr. 40, das nicht ausgerichtet wurde, wenn eine Bestattung durch die Truppe erfolgte. Daneben richtete sie in allen Todesfällen gemäss Art. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 16. Juni 1919 betreffend Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung eine einmalige Entschädigung von Fr. 200 aus. Dieser grosse Unterschied der Leistungen bei militärischer und ziviler Bestattung hat schon lange grosse Mißstimmung erregt. Im erstem Falle übernimmt die Truppe, d. h. der Staat, die Kosten für Sarg, Einkleidung der Leiche, Kosten einer ortsüblichen Bestattung, für Grabstätte und für Transport der Leiche; im letztern Fall bezahlt die Militärversicherung nur den Transport der Leiche vom Sterbeort zum Bestattungsort, eventuell einen besondern Transportsarg und für alle übrigen Auslagen der Hinterlassenen nur das Sterbegeld von Fr, 40. Eine Ausgleichung dieser grossen Unterschiede liess sich nicht umgehen. Auf Grund von Erhebungen über die Kosten ortsüblicher Bestattungen gelangten wir zu der Lösung, dass bei einer Bestattung durch die Truppe die bisherige Entschädigung von Fr. 200 als Sterbegeld beibehalten werden soll als Beitrag an die Kosten-für Traueranschaffungen, dass das Sterbegeld aber auf Fr. 500 zu erhöhen sei bei ziviler Bestattung mit der Auflage.

dass dieser Betrag in erster Linie für die Kosten der Bestattung zu verwenden sei, 6. Nach geltendem Iteeht ist die eidgenössische Pensionskommission zuständig zur Entscheidung über die Gewährung oder Verweigerung, ebenso über den Entzug und die Änderung einer Pension. Diese Kommission funktioniert iin .Bereiche dieser Zuständigkeit als erste entscheidende. Instanz.

Dieser Kompetenzausscheidung entsprechend wurde
bisher selbst in Fällen, wo während eines beim eidgenössischen Versicherungsgericht .hängigen Berufungsverfahrens gegen eine Verfügung der Militärversicherung in gleicher Sache ein Pensionsanspruch erhoben wurde oder sich aus den Umständen des Falles ergab, die .gerichtliche Entscheidung ausgesetzt und die Fälle zuerst zur erstinstanzlichen Beurteilung an die Pensionskommission gewiesen. Das trug naturgemäss dazu bei, dass die Erledigung dieser Geschäfte über Gebühr hinausgeschoben wurde. Das eidgenössische Versicherungsgericht hatte in seinen Geschäftsberichten schon wiederholt auf diese Unzukömmlichkeit aufmerksam gemacht; sie konnte in der Weise behoben werden, dass das Gericht ermächtigt wurde, in derartigen Fällen gleichzeitig auch über diesen Anspruch zu urteilen,. ohne dass vorher die Pensionskoimnission um ihren Entscheid angegangen werden muss.

233

7. Die Anpassung der neuen Bestimmungen- auf die alten Versicherung«, fälle ist wie folgt geregelt worden: a. Die im Buiidesratsbeschluss vom 19. Januar 1944 dem Militärdepartement erteilte Ermächtigung zur ausserrechtlichen Entschädigung von Krankheitsfällen, die durch Dienstleistungen von nicht mehr als 3 Tagen im Hilfsdienst, beim Luftschutz, bei der Orts-wehr oder bei don Betriebswachen entstanden sind, musste beibehalten werden.

fc. Die Anpassung der laufenden Dauerpensionen der bisher höchsten Verdienstklassen an die neue Verdienstklassenorduung liess sich nicht umgehen. Als durch den Buridesratsbeschluss vom 16. Juni 1919 die Verdienstklassen von 5 auf 13 erhöht wurden, wurde in Art. 5 zu allen alten Invalidenund Hinterlassenenpensionen eine Zulage von 40 % gewährt, die heute noch ausgerichtet wird. Bei der Erhöhung der Ycrdienstklassen von 18 auf 16 durch den Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1942 wurde von einer Anpassung der laufenden Pensionen abgesehen. Mit der nochmaligen Erhöhung der Verdieiistklassen auf 21 innert kurzer Frist musste nun aber eine Anpassung erfolgen, wenn man die Vorteile der Erhöhung nicht einer grossen Zahl von Invaliden und Hinterlassenen vorenthalten wollte. Das war aber nicht ihr Zweck; will und soll diese Erhöhung doch möglichst rasch und überall dort Hilfe bringen, wo diese nach den herrschenden Anschauungen und den Bedürfnissen des Lebens geboten erschien. Statt wie 1919 zu allen laufenden Pensionen eine Zulage zu gewähren, wird auf 1. Januar 1946 die Eevision der Invaliden- und Hinterlassenenpensionen der damals höchsten 13. und 16. Verdienstklassen vorgesehen, und zwar in der Weise, dass auf diese Pensionen ab 1. Janaur 1946 die neuen Verdienstklassen zur Anwendung gelangen sollen nach den Einkommensverhältnissen im Zeitpunkt ihrer Zusprechung. Bei den Bezügern von Zeitpensionen ist von einer solchen Anpassung abgesehen worden, weil sie automatisch mit dem Ablauf der Zeitpension eintreten wird.

c. Ahnliche Erwägungen waren zu machen für die Gewährung der Familienzulagen an Bezüger von Pensionen, die im Zeitpunkt der Einführung dieser Zulagen schon gesprochen sind. Soll sich der sozialethische Gehalt dieser Vorlage rasch und unmittelbar auswirken können, dann durften diese Familienzulagen nicht nur den zukünftigen Pensionsbezügern gewährt werden,
sondern sie mussten auch den frühem Pensionsbezügern zugute kommen, und zwar sowohl den Bezügern von Zeitpensionen wie den Bezügern von Dauerpensionen.

Aus rein administrativen Gründen, es fehlten der Militärversicherung zur Hauptsache die Angaben über den Familienstand und mussten noch beschafft werden, ist verfügt worden, dass für die laufenden Pensionen der Anspruch auf die Familienzulagen erst mit dem 1. Juli 1945 eintrat.

Schliesslich musste noch die Zuständigkeit bei allfälligen Streitigkeiten, die sich aus diesem Angleichungsverfahren ergeben können, geregelt werden.

Das Total der finanziellen Auswirkungen dieser Teilrevision schätzen und berechnen wir auf 1,5 bis 2 Millionen Franken pro Jahr. Dabei ist aber ab-

234 gestellt worden auf die außerordentlichen Verhältnisse der Aktivdienstzeit.

Mit der Demobilmaclmng der Armee werden mindestens für neue Fälle die Verhältnisse eich sofort günstiger gestalten.

2. Bundesratsbeschluss vom 8. August 1945 b e t r e f f e n d die A u f h e b u n g des Aktivdienstzustandes (A. S. 61, 571).

Vor der endgültigen Genehmigung durch den Bundesrat ist dieser Beschluss im Entwurf den Vollmachtenkommissionen des Nationalrates und des Ständerates vorgelegt worden. Beide Kommissionen stimmten der Auffassung zu, dass bei der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 über die Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Organisation des Militärdepartementes und der Armeeleitung) von der Schaffung der Stelle des Armeeinspektors abzusehen sei. Entsprechend dem einstimmigen Beschluss beider Kommissionen ist Art. l durch einen zweiten Absatz ergänzt worden, in welchem diese Abänderung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 verankert worden ist.

Die beiden Konimissionen gehen dahin einig, dass das Ende des Aktivdienstes als neuer Bechtszustand dadurch zu verdeutlichen sei, dass derselbe ausdrücklich als allgemeiner Aktivdienstzustand als beendigt erklärt und nur noch Ausnahmebestimmungen für die Übergangszeit bis zum vollen Friedenszustande aufgestellt werden.

Die Eegelung dieses Ubergangszustandes erfolgt durch den vorliegenden Bundesratsbeschluss. Mit ihm werden alle entbehrlich erscheinenden Bundesratsbeschlüsse auf dem Gebiete des Militärwesens aufgehoben (Art. 2) und andere durch neue weniger weitgehende Bestimmungen ersetzt. Abgesehen von militärstrafrechtlichen Bestimmungen fallen unter die letzte Gruppe die Vorschriften von Art. 7 und 8. Während in den Bundesratsbeschlüssen vom 1. September 1989 betreffend die Kriegsmobilmachung der Armee und vom 10. Mai 1940 betreffend die allgemeine Wiedermobilmachung der ganzen Armee jede Ausfuhr wie Veräusserung von Pferden, Maultieren, Motorfahrzeugen usw. ohne Zustimmung der eidgenössischen Militärbehörden untersagt war, beschränkt sich dieses Verbot in Art. 7 nur noch auf die Ausfuhr, Die in den Bundesratsbeschlüssen vom 7. November 1939 und vom 23. Januar 1940 betreffend Tagesentschädigung für Pferde und Maultiere im Aktivdienst enthaltenen Abänderungen von Art. 81, Abs. l, des
Verwaltungsreglenientes sind in Art. 8 materiell übernommen worden, wodurch die Aufhebung der beiden genannten Vollmachtenbeschlüsse möglich war (vgl. Art. 2, Ziff. 6 und 10). Soweit nicht aufgehoben oder abgeändert, behalten die Vollmachtenbeschlüsse sowie1 die auf Grund der Aktivdienstbestnnmungen der Militärorganisation erlassenen Vorschriften und Massnahmen bis auf weiteres ihre Gültigkeit (Art. 3) und werden, sobald es die Verhältnisse erlauben, von Fall zu Fall abgebaut werden.

Die gesamte Leitung des Heerwesens geht für die noch im Aktivdienst bleibenden Heeresteile an das eidgenössische Militärdepartement über. Ein

235 Bückbau der Heeresgliederung, Truppenordnung, Bewaffnung und Ausrüstung auf den Vorkriegszustand ist nicht mehr möglich und wäre im Interesse der Landesverteidigung auch nicht zu verantworten. Deshalb wird einstweilen bis zur Durchführung der geplanten, an die Kriegserfahrungen angepassten Heeresreform die wesentliche Grundordnung, wie sie sich im Laufe des Aktivdienstes entwickelt hat und vom Oberbefehlshaber der Armee in Anwendung der ihm durch Art. 209 der Militärorganisation übertragenen Befugnisse oder durch Beschlüsse des Bundesrates geschaffen worden ist, beibehalten (Art, 4).

Für die noch zu erledigenden Aktivdieustaufgaben wurde die Befugnis des A\ifgebots der notwendigen Truppen durch den Bundesrat auf Antrag des eidgenössischen Militärdepartements vorbehalten (Art. 5).

Einer besonderen Eegelung bedarf der Abbau der durch das Militärstrafgesetz und die einschlägigen Noterlasse für das Aktivdienstverhältnis entstandenen Strafgesetzgebung. Der Bundesratsbeschluss geht in der Weise vor, dass die Notgesetzgebung im wesentlichen aufgehoben (Art. 2) und im übrigen das noch weiter Notwendige in neuer Fassung in Kraft behalten wird (Art 9 ff.).

Eine Verdeutlichung der Annäherung an das Friedensverhältnis wurde in der Frage der Ausdehnung der Militärgerichtsbarkeit auf die Zivilbevölkerung verlangt. Dem ist in der Fassung des Art. 9 dadurch Bechmmg getragen, dass die Ausdehnung nunmehr auf wenige militärisch besonders wichtige Tatbestände der in Art. 3 des Militärstrafgesetzes für die Inkraftsetzung bei Aktivdienst vorgesehenen Delikte beschränkt und dass auf die gesamte durch Art. l der Verordnung vom 28. Mai 1940 betreffend Abänderung und Ergänzung des Militärstrafgesetzes erfolgte Ausdehnung der Militärgerichtsbarkeit verzichtet worden ist. In der gleichen Richtung bewegt sich der in Art. 12 neu festgelegte Grundsatz, dass auf die nach dem 20. August 1945 noch im Dienste befindlichen Truppen die Strafverschärfungen des Militärstraf' gesetzes auf im Aktivdienst begangene Delikte nicht mehr Anwendung finden sollen.

Der Verzicht auf das formelle Weiterbestehen eines teilweisen Aktivdienstzustandes bedingt eine Neufassung der Bestimmungen der Art. 107 und 108 des Militärstrafgesetzes, um sie als allgemeine Strafnorm bei Zuwiderhandlungen gegen allgemeine oder besondere Anordnungen, gegen
die noch bestehen bleibenden Bundesratsbeschlüsse mit der Strafandrohung der Art. 107 und 108 und gegen Kominandomassnahmen, die zur Sicherung der Grenzdienste usw.

nötig sind, anwenden zu können (Art. 11).

Zur Sicherung der einstweilen noch unentbehrlichen verstärkten Wahrung der militärischen Geheimnisse in Prozessverhandlungen wurden die besondern Verfahrensbestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 4. August 1942 noch aufrechterhalten (Art. 18). Zur Vereinfachung der Gerichtsstandbestimmung bei örtlicher Konkurrenz verschiedener Gerichte oder hinsichtlich der Berücksichtigung der Sprachverhältnisse usw. wurde die Entscheidungsbefugnis dem Oberauditor zugewiesen (Art. 14).

236 Eine besondere Bestimmung (Art. 15) ordnet den Vollzug der Todesstrafe. Diese Strafart ist durch Art. 6 der Verordnung vom 28. Mai 1940 betreffend Abänderung und Ergänzung des Militärstrafgesetzes eingeführt worden. Sie ist beschränkt auf die Tatbestände der Verletzung militärischer Geheimnisse und des militärischen Landesverrates. Sie wurde aber nicht bloss für die eigentliche Kriegszeit, wie es Art. 27 des Militärstrafgesetzes vorsieht, sondern für die Zeit des ganzen Aktivdienstes als anwendbar erklärt.

Die Frage des weitern Vollzuges der Todesstrafe nach dem 20. August 1945 hat in den Vollmachtenkoinmissionen zu eingehenden Auseinandersetzungen geführt.

Der Bundesrat hat sich in dieser Frage der mehrheitlichen Auffassung der nätionalrätlichen Vollmachtenkommission angeschlossen, die sich für den Verzicht auf den Vollzug der Todesstrafe in jedem Falle unter Umwandlung in lebenslängliches Zuchthaus aussprach.

8. Bundesratsbeschluss vom 20. August 1945 über die Abänderung des B u n d e s b e s c h l u s s c s b e t r e f f e n d die Festungsgebiete (A. S. 61, 631).

Das Befestigungswesen hat sich in den letzten Jahren derart entwickelt, dass die aus den Vorkriegsjahren stammende Gesetzgebung (vgl. insbesondere Bundesbeschluss vom 18. März 1937 betreffend die Festungsgebiete und die entsprechende Verordnung vom 1. Oktober 1937/13. Juni 1938) dein heutigen Stand nicht mehr gerecht zu werden vermag.

Im Jahre 1939 gehörten dem engeren Festangsgebiet diejenigen Grundstücke des Bundes an, auf denen Befestigungsanlagen erstellt oder geplant waren, sowie diejenigen Grundstücke, die der Bund zu diesem Zwecke erwarb (Bundesratsbeschluss vom 18. Januar 1938) ; auaserdem waren in einigen wenigen Fällen von Befestigungen an der Nordgrenze kleinere Grundstücke oder Teile davon, die im Eigentum von Privaten standen, durch Bundesrats-, beschlüsse als engeres Festungsgebiet erklärt worden. Abgesehen von den Festungsgebieten St. Gotthard, St. Maurice und Sargans wurde im Zusammenhang mit dem Ausbau der Grenzbefestigungen das Grenzgebiet durch verschiedene Bundesratsbeschlüsse. fäst ausnahmslos als weiteres Festungsgebiet bezeichnet, .was nach den Bestimmungen der Verordnung vom 1. Oktober 1937 den strafrechtlichen Schutz der militärischen Anlagen in diesem Gebiet zur Folge hatte.

Zum Schutze der von der
Armee während des Aktivdienstes erstellten Befestigungsanlagen, die sich fast auf das ganze Gebiet der Schweiz verteilen, wurden die nötigen Verfügungen durch das Armeekommando kraft seiner Kommando- und Polizeigcwalt erlassen, die ihre strafrechtliche Sanktion in den Art. 107 und 108 des Militärstrafgesetzes (Ungehorsam gegen allgemeine und besondere Anordnungen) fanden. Um mit der Aufhebung des allgemeinen Aktivdienstzustandes auch die militärischen Anlagen ausserhalb der bereits bezeichneten weiteren Festungsgebiete der Festungsgesetzgebung unterstellen

237 zu können, hätte fast das ganze Gebiet der Schweiz als «weiteres Festungsgebiet» bezeichnet werden müssen, eine Massnahme, die begreiflicherweise im Zeitpunkt des Einstellens der Feindseligkeiten nicht in Frage kommen konnte. Man hat sich daher zu der Lösung entschlossen, wonach von einer Unterscheidung von «engeren» und «weiteren» Festungsgebieten abgesehen wurde, indem die bisherigen «engeren Festungsgebiete» nur noch als «Festungsgebiete» bezeichnet werden, der Begriff «weitere Festungsgebiete» wegfällt, dagegen die militärischen Anlagen ausserhalb der Festungsgebiete, für die im Interesse der Landesverteidigung besondere Sicherheiten notwendig sind, den Vorschriften des Bundesbeschlusses vom 18. März 1987 unterstellt werden (Art. 1).

Art. 4 des Bundesbeschlusses vorn 18. März 1987, wonach das Überfliegen der Festungsgebiete verboten ist (Ausnahmen konnten durch das eidgenössische Militärdepartement gemäss Art. 7 des Bundesbeschlusses verfügt werden), ist in dem Sinne abgeändert worden, dass der Bundesrat ermächtigt ist, die zum Schutze der militärischen Interessen notwendigen Beschränkungen der Luftschiffahrt zu verfügen. Die Bestimmungen dieses Artikels in der bisherigen Fassung (Überfliegungsverbot) hätten in Zukunft mit Eücksicht auf die Zivilaviatik durch Ausnahmeverfügungen derart durchlöchert werden müssen, dass man es vorzog, sie durch eine den heutigen Verhältnissen angepasste Vorschrift zu ersetzen; Die Neufassung von Art. 15, bedingt durch die Aufhebung des Bundesgesetzes vom 11. Juni 1928 über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege, ist rein formeller Natur.

Die in Art. 8bis neu aufgenommene Meldepflicht der Kantone und Gemeinden hat sich in der Praxis als notwendig erwiesen. Die unter lit. a aufgeführten Meldungen haben vor allem den Zweck, die Militärbehörden in die Lage zu versetzen, rechtzeitig die erforderlichen Massnahmen zur Sicherstellung des freien Schussfeldes der Werke zu treffen. Bei den unter lit. fc genannten Fällen wird die Möglichkeit geschaffen, militärischerseits die Frage des Einbaues von allfälligen Minenobjekten vor Baubeginn überprüfen zu können.

Im Hinblick darauf, dass diese wenigen Abänderungen des Bundesbeschlusses vorn 17. März 1937 betreffend die Festungsgebiete mit der Aufhebung des allgemeinen Aktivdienstzustandes in Kraft zu
setzen sind, hat der Bundesrat einen entsprechenden Beschluss, der sich auf die Vollmachten stützt, fassen müssen, in der Meinung, dass diese Änderungen später in die ordentliche Gesetzgebung aufzunehmen sind.

Gleichzeitig konnte der Bundesratsbesehluss vom 8. .Inni 1940 betreffend Sicherungsmassnahmen in militärischen Gebieten, der gestützt auf den Bundesbeschluss vom 30. August 1989 betreffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität erlassen wurde, aufgehoben werden.

238 E. Finanz- und Zolldepartement.

I. Finanzverwaltung.

1. Bundesratsbeschluss vom 12. September 1945 über die Ausrichtung einer Herbstzulage an das Bundespersonal für das Jahr 1945 (A. S. 61, 720).

Neben den laufenden Teuerungszulagen sind dem Bundespersonal in den letzten Jahren jeweilen im September/Oktober die nachgenannten zusätzlichen Zulagen bewilligt worden: Verheiratete

mit

Ledige

ohne

UnterstUtzungspflicht

1941 200 Pranken 150 Franken 100 Franken 1942 240 » 200 » 160 » 1943 250 » 210 » 170 » 1944 . . . . . .

210 » 175 » 140 ' » Mit diesen Zuwendungen sollte dein Personal ermöglicht werden, für den Winter Kleider sowie Vorräte an Lebensrnitteln und Brennmaterialien einzukaufen.

Der Föderativverband des eidgenössischen Personals verlangte in seiner Eingabe vom 30. Juni für das Jahr 1945 einen Zuschlag zur laufenden Teuerungszulage von 800 Franken für jeden Bundesbediensteten, ohne Eücksicht auf den Zivil- und Familienstand sowie die Gehaltshöhe des Dienstaehmers.

Den vorbereitenden Behörden war von vorneherein klar, dass eine zusätzliche Zulage in dieser Form und Höhe nicht in Frage kommen konnte.

Man musste sich fragen, ob es noch am Platze sei, dem Bundespersonal zur laufenden Teuerungszulage wiederum eine Herbstzulage zu gewähren, nachdem sich die Lebenskosten gemessen am Verständigungsindex seit 1989 wie folgt entwickelt hatten: 1939 = 100

Juli des Vorjahres = 100

Juli 1941 . . .

129,1 117,6 » 1942 . . .

142,6 111,0 » 1943 . . .

148,6 104,2 » 1944 . . .

152,2 102,4 » 1945 . . .

158,4 100,8 Nach diesen Zahlen hat sich die Teuerung vom Herbst 1944 bis ssuru Herbst -1945 nicht wesentlich verändert, jedenfalls ist sie viel weniger angestiegen als in früheren Jahren, "Weil aber die Bezüge der weitaus meisten Bundeebediensteten seit Jahren hinter, der Zunahme der Lebenskosten erheblich zurückblieben, hielt es der Bundesrat für einmal noch als gerechtfertigt, dem Personal zum Aufholen von Bückständen für das Jahr 1945 eine Herbstzulage zu bewilligen. Da es sich zur Hauptsache um das Bereitstellen von Mitteln zu notwendigsten Anschaffungen von Wintervorräten handelt, war auf den

239 Zivil- und Familienstand wie bisher Eücksicht zu nehmen. Dementsprechend ermächtigte der Bundesrat das Finanz- und Zolldepartement, die Vollmachtenkommissionen der beiden Bäte um ihre gutachtliche Äusserung über Bichtlinieh zu ersuchen, die folgende einmalige Herbstzulagen vorsahen: für Verheiratete 200 Franken, für Ledige mit Unterstützungspflicht 160 Franken und für Ledige ohne Unterstützungspflicht 120 Franken. Beide Kommissionen haben diese Absichten des Bundesrates einstimmig gutgehèissen.

Diese Zulagen erfordern in der ganzen Verwaltung 16,3 Millionen Franken.

Davon entfallen rund ein Drittel auf die Bundesbahnen und ungefähr ein Viertel auf die PTT-Verwaltung.

2. Bundesratsbeschluss vom 28, September 1945 b e t r e f f e n d Verlängerung und A b ä n d e r u n g der Bundesratsbeschlüsse über Bezüge und Versicherung der im Dienste des Bundes stehenden Personen (A. S. 61, 808).

Die Gültigkeitsdauer der Bundesratsbeschlüsse vom SO, Mai 1941 über die vorläufige Neuordnung der Bezüge und der Versicherung des Bundespersonals sowie vom 18, Januar 1942 über die Gehälter und Pensionen der Mitglieder des Bundesrates, des Bundeskanzlers, der Mitglieder der Bundesgerichte, der Kommandanten der Heereseinheiten und der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule und vom 1. Juni 1942 über die Genehmigung der Statuten der eidgenössischen Versicherungskasse und der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen läuft Ende 1945 ab.

Mit dem Bundesratsbeschluss vom 80. Mai 1941 wurde der bis Ende 1940 nach dem Fiskalnotrecht vorgeschriebene Abbau der beamtengesetzlichen Dienstbezüge auf 1. Januar 1941 von nominell 18 % auf nominell 8 % gemildert.

Dabei blieb nach wie vor ein Betrag von 1800 Franken des Jahresverdienstes vom Abbau verschont. Bis zum Jahre 1941 waren trotz des Abbaues der beamteiigesetzlichen Dienstbezüge die höhern gesetzlichen Gehälter versichert.

Durch den Bundesratsbeschluss vom Mai 1941 sind dann auch die versicherten Jahresverdienste auf den abgebauten Stand herabgesetzt worden. Auf diese Weise wurden die Bezüge und die Versicherung auf einer Linie stabilisiert, die unter der Noçm nach dem Beamtengesetz von 1927 liegt.

Der Bundesratsbeschluss vom 80. Mai 1941 ermöglichte ausserdem einige grundsätzliche Änderungen für die beiden Personalversicherungskassen. Diese sind seither
getrennt worden in je eine sogenannte alte und neue Kasse. Bei der neuen Kasse, in welche die seit Juli 1941 eingetretenen Bediensteten aufgenommen werden, leisten der Bund und der Versicherte je einen Beitrag von 5 % des versicherten Verdienstes. In die alte Kasse leisten der Bund 7 %, die Bundesbahnen 8 %, die Versicherten der allgemeinen Verwaltung 6 % und diejenigen der Bundesbahnen 7 % des versicherten Jahresverdienstes.

240

Mit dem erwähnten Bundesratsbeschluss ist sodann bestimmt worden, dass der Bund jährlich einen Beitrag von 11 Millionen Franken zur Verzinsung des Fehlbetrages der eidgenössischen Versicherungskasse und die Bundesbahnen einen solchen von jährlich 22 Millionen Franken zum gleichen Zweck für die Pensions- und Hilfskasse zu übernehmen haben. Das Bentenmaximum für Invalide ist für die alten Kassen von 70 oder 75 % auf 68 % herabgesetzt und für die neuen Kassen auf 60 % festgesetzt worden. Bndlich bestimmt der hier in Frage stehende Bundesratsbeschluss vom Mai 1941, dass der durch das Fiskalnotrecht im Juli 1936 angeordnete Abbau der laufenden Renten beider Personalversicherungskassen weiterhin gültig bleibt.

Seit dem Jahre 1941 mussten dem Bundespersonal auf den abgebauten Gehältern Teuerungszulagen bewilligt werden. Es wäre nahe gelegen, in erster Linie die beamtengesetzliche Gehaltsbasis wieder herzustellen, um dann auf der Grundlage höherer Besoldungen weniger hohe Teuerungszulagen zu gewähren. Sobald aber in bezug auf die Besoldungen zu den beamtengesetzlichen Normen zurückgekehrt würde, ergäben sich zwangsläufig auch wieder höhere versicherte Jahresverdienste. Abgesehen hiervon entstünden bei den beiden Personalversicherungskassen des Bundes aus dieser Massnahine neue Fehlbeträge von zusammen rund 50 Millionen Franken. Auch wenn das Personal an diese neuen Fehlbeträge den statutarischen Anteil von rund 8 Millionen Franken leistete, wäre immer noch mit einer Vermehrung des Fehlbetrages von rund 42 Millionen Franken zu rechnen. Da ausserdem. bald zu prüfen sein wird, wie die bestehenden Personalvorsicherungskassen in die neue allgemeine Alters- und Hinterbliebenenversicherung einzubauen sind, hielt der Bundesrat den Zeitpunkt nicht für günstig, am Versicherungsverhältnis seines Personals jetzt etwas zu ändern. Besonders aus diesen Gründen ist eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Vollmachtenbeschlusses vom Mai 1941 angezeigt, und zwar, wie bei der Verlängerung der Finanzordnung, bis Ende 1949.

Unter dem Zwang dieser Verhältnisse haben die Vollmachtenkommissionen der vom Bundesrat in Aussicht genommenen Verlängerung des Beschlusses vom 30. Mai 1941 einhellig zugestimmt.

Der Bundesratsbeschluss vom 30. Mai 1941 enthält neben den vorerwähnten Hauptpunkten gewisse Teile, die ihrer Natur nach
durch Zeitablauf gegenstandslos geworden sind und darum nicht verlängert werden mussten (Art. 5, 8 bis 18).

Ferner waren nicht zu verlängern die Normen für die Gehälter von Bureaugehilfinnen und für die Löhne von Arbeitern, wofür der Bundesrat nach Art. 62 des Beamtengesetzes ohne weiteres selber zuständig ist.

Von eher nebensächlicher Bedeutung, aber formell doch notwendig, war die Verlängerung der Bundesratsbeschlüsse vom 18. Januar 1942 und vom 1. Juni 1942.

Der erstgenannte, betreffend die Gehälter und Pensionen der Mitglieder des Bundesrates, des Bundeskanzlers, der Mitglieder der beiden eidgenössischen

241 Gerichte, der Hoereseinheitskommandanten und des Lehrkörpers der Eidgenössischen Technischen Hochschule, bestimmt, dass der für die Bundesbediensteten noch immer gültige Abbau der Dienstbezüge von nominell 8 % vom 1. Januar 1942 an für diese Personen nicht mehr gilt. Ihre Dienstbezüge sind wieder auf den nominellen Stand von 1927 gebracht worden. Auf der andern Seite bedeutet dieser Beschluss nichts anderes als die Gleichstellung dieser Personen mit dem Bundespersonal, soweit es sich um die Versicherungsbasis handelt. Da der Beschluss vom 18. Januar 1942 ebenfalls ausdrücklich bis Ende 1945 befristet ist, war seine Verlängerung geboten.

Endlich hielt es der Bundesrat für ratsam, die Geltungsdauer des zwar nicht ausdrücklich befristeten, aber auf die ausserordentlichen Vollmachten gestützten Beschlusses vom l. Juni 1942 betreffend Genehmigung der Statuten der beiden Personalversicherungskassen bis Ende 1949 zu verlängern, weil er einige Artikel des verlängerten Vollmachtenbeschlusses vom Mai 1941 modifiziert.

Da die Besoldungsskala für die Beamten Gegenstand von Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom Mai 1941 bildet, ist im neuen Beschluss auch die nachstehend besprochene Ä n d e r u n g berücksichtigt worden. Diesem Erfordernis trägt Art. 2 Eechnung, nachdem die beiden Vollmachtenkommissionen den Absichten des Bundesrates, die Mindestansätze der Besoldungsklassen 26--15 um je 276 Franken (300 = 8 %) und den Mindestbetrag der Klasse 14 um 92 Franken (100 = 8 %) zu erhöhen, zustimmten. Durch die Erhöhung der Mindestbeträge wird die Spanne zwischen Minimum und Maximum dieser Besoldungsklassen geringer. Damit vermindert sich auch der Betrag der ordentlichen Besoldungserhöhung, der nach dem Beamtengesetz einem Fünfzehntel dieser Spanne entsprechend wenigstens 100 Franken betragen muss. Um einen Überblick zu bekommen, wie sich diese Verhältnisse für die folgenden Jahre gestalten, sind die beiden Besoldungsskalen auf der in dieser Weise veränderten Basis im neuen Vollmachtenbeschluss unter Art. 2 wiedergegeben.

Aus Art. 3 geht hervor, wie die Erhöhung der Mindestbeträge auf die am 1. Januar 1946 bereits im Dienste des Bundes stehenden Beamten angewendet werden soll. Je näher der Beamte sich am Maximum seiner Besoldungsklasse befindet, desto weniger hat er an der Erhöhung des Mindestbetrages teil. Die
Verbesserung von 276 Franken bzw. 92 Franken geht regelmässig sinkend bis auf Null zurück, bis der Beamte am Höchstbetrag seiner Besoldungsklasse steht.

Über die Notwendigkeit der Erhöhung der Mindestbeträge für die untern und mittlern Besoldungsklassen konnte kein Zweifel mehr bestehen. Der Föderativverband des eidgenössischen Personals postulierte eine Erhöhung um 300--ÌOO Franken. Von der Eegierung des Kantons Basel-Stadt ist der Bundesrat schriftlich ersucht worden, die Gehälter und Löhne des untern PTT- und SBB-Personals möglichst bald zu verbessern. Eine Kleine Anfrage von Herrn Nationalrat Pugin im Frühjahr 1945 bewegte sich in der gleichen Bundesblatt. 97. Jahrg. Bd. II.

18

242 Sichtung. In der Septembersession hat der Nationalrat -je eine Motion der Genfer Abgeordneten Pugin und Guinand, die einen ähnlichen Zweck verfolgten, gutgeheissen. Die Nachteile der bisherigen Ordnung der Mindestbesoldungen zeigten sich hauptsächlich bei den Verkehrsbetrieben und der Zollverwaltung, die .Mühe haben, geeignetes Personal zu rekrutieren. Es sei namentlich erwünscht, so meldeten die Verwaltungen, dass die Dienstbezüge auch für Anfänger auf eine Höhe gebracht werden, die ihnen etwelche Bücklagen zum Gründen eines eigenen Hausstandes ermöglichen. Nur zu oft komme es vor, dass junge Bedienstete ohne alle Barmittel, oft noch mit Schulden belastet, heiraten und so von Anfang an durch finanzielle Sorgen bedrückt würden, unter denen Arbeitsfreude und Arbeitsleistung leiden. Auch soziale Spannungen würden dadurch bedrohlich genährt.

Von der Korrektur der Mindestgehälter werden etwa 40 % der Beamten Nutzen ziehen. Eine analoge Besserstellung erfahren die Arbeitskräfte, die nicht die Eigenschaft von Beamten haben, sondern als Angestellte und Arbeiter im Dienste des Bundes stehen. Hierüber wird der Bundesrat wie weiter oben dargelegt in Anlehnung an die bisherige Praxis besonderen Beschluss fassen.

Es ist damit zu rechnen dass die Gesamtkosten der Verbesserung der Mindestbeträge für alle Kategorien zusammen etwa 6,4 Millionen Franken jährlich ausmachen werden. Zu diesem Mehraufwand kommt für 1946 noch die schätzungsweise 2,8 Millionen Franken betragende Leistung als Einkaufsbeitrag der Verwaltungen für die Erhöhung der versicherten Jahresverdienste.

Dieser Aufwand ist aber nicht ohne weiteres als zusätzliche und jedenfalls nicht als wiederkehrende Ausgabe zu betrachten. Es handelt sich dabei mehr um eine vom Bund als Arbeitgeber vorweg zu leistende Einkaufszahlung, die er auch ohne die Korrektur der Mindestansätze im Verlaufe der kommenden Jahre hätte übernehmen müssen.

8. Bundesratsbeschluss vom 28. September 1945 über die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1946 (A.B. 61, 793).

Mit Bericht vom 81. August 1945 hat das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement die Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Bäte über die Absichten des Bundesrates betreffend das Ausmass der Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1946 in Kenntnis gesetzt. Beide
Konimissionen stimmten den ihnen vorgelegten Bichtlinien für die Bemessung dieser Zulagen zu. Am 28. September 1945 erliess der Bundesrat den formellen Beschluss.

Nachdem feststand, dass für die Teuerungszulagen an das Bundespersonal pro 1946 auf die abgebauten Gehälter abzustellen ist, bot die Gestaltungsform dieser Zulagen keine Schwierigkeiten. Man blieb beim bisherigen System, wonach die Teuerungszulagen ans einer Grandzulage und aus Kinderzuschüssen bestehen. Wie für 1944 und 1945 setzen sich die Grundzulagen zusammen aus einer Kopfquote und einem variablen Betrag. Verglichen mit der Ordnung

243 für das Jahr 1945 ist die Kopfquote auf der ganzen Linie 180 Franken im Jahr oder 15 Franken im Monat höher. Die veränderliche Zulage ist von 12 auf 15 % erhöht worden. Im Minimum soll die Grundzulage für das Jahr 1946 1600 Franken für Verheiratete, 1400 Franken für Ledige mit Unterstützungspflicht und 1200 Franken für die übrigen Alleinstehenden betragen. Für gewisse Bedienstete deren Tagewerk zum Teil aus blosser Dienstbereitschaft besteht, wie z. B. die Barrierenwärterinnen der Bundesbahnen, kommen diese Mindestansätze nicht in Frage... Ihre Grundzulage soll 68 % für Verheiratete, 55 % für Ledige mit Unterstützungspflicht und 47 % für die übrigen Alleinstehenden nicht übersteigen.

Der Kinderzuschuss bleibt für 1946 auf der gleichen Höhe wie für 1945.

Zur Kinderzulage, die nach dem verlängerten Bundesratsbeschluss vom 30. Mai 1941 130 Franken für jedes Kind unter 18 Jahren beträgt, erhält jeder Bedienstete einen Zuschlag von je 40 Franken jährlich, wenn er ein Kind oder zwei Kinder unter 18 Jahren hat, und je 60 Franken für grössere Familien, Weil auf den Ortszuschlägen keine Teuerungszulage gewährt werden kann, ist der Teuerungsausgleich für Orte mit höchstem Ortszuschlag, wie z. B. für Bern, etwas weniger weitgehend als für Landorte, wo nicht ganz die Hälfte der Bediensteten ihren Wohnsitz hat. Er verhält sich zu den Eichtsätzen der eidgenössischen Lohnbegutachtungskommission vom Juni 1945 wie folgt: Richtsatz der Lohn-

Teuerungsausgleich 1946

Für einen Verlohn von franken

£££*.

Juni 1945

* ^Auï'" "" Stadt Bern Land

weniger als 8000 (Mittel 2619) .

8000--4000 (Mittel 8562) . . .

4000--5000 (Mittel 4492) . . .

5000--6000 (Mittel 5454) . . .

über 6000 (Mittel 7800) . . . .

53 % 43 % 34 % 33 % 82 %

53 % 45 % 40 % 37 % 33 %

68 % 51 % 44 % 40 % 36 %

Bei diesem Vergleich ist immer daran zu erinnern, dass die Lohnbegutachtungskommission noch besondere Zuschläge für Schwerarbeiter empfiehlt.

Ein Schwerarbeiter muss für den Ankauf seiner zusätzlichen Eation jährlich etwa 200 Franken ausgeben, ein Mittelschwerarbeiter etwa 110 Franken. Das sind etwa 8--7 % der Vorkriegslöhne. Die Masse der verheirateten Bundesbediensteten gehört zu diesen beiden Gruppen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die zum Vergleich herangezogenen Eichtsätze der Lohnbegutachtungskommission auf der Preis- und Versorgungslage vom Juni 1945 ruhen, während es sich hier darum handelt, die Einkommenslage des Bundespersonals für das ganze kommende Jahr 1946 zu treffen, wo eine bessere Versorgungslage zu erhoffen ist.

Der Föderativverband des eidgenössischen Personals verfolgt schon seit langem das Postulat eines Einbezuges der Teuerungszulagen in die versicherten Jahresverdienste. Eine Änderung der Versicherungsverhältnisse hält aber der

244 Bundesrat im jetzigen Augenblick nicht für ratsam. Die Erfahrungen der dreissiger Jahre, wo die Lebenskostenveränderungen und die Finanzlage des Bundes zu einem Abbau der laufenden Eenten zwangen, mahnen zu allergrösster Zurückhaltung. Um aber doch einigermassen für eine allfällig nötig werdende Verbesserung der Versicherungsverhältnisse gerüstet zu sein, ist für 1946 erstmals die Einzahlung von Beiträgen in einen Stabilisierungsfonds vorgesehen. Die Verwaltung und die Bediensteten leisten je 2 % der Grundzulage in diesen Fonds. Solange über seine endgültige Verwendung noch nicht entschieden ist, richten sich die Ansprüche der Einleger oder ihrer Hinterbliebenen genau nach den Normen, wie sie in den Statuten der beiden Versicherungskassen für das Einlegerverhältnis bestimmt sind bzw. nach den Bestimmungen der Hüfskasse für das Aushilfspersonal. Wenn daher ein Funktionär wegen Krankheit oder Invalidität aus dem Dienste ausscheidet, bevor über die endgültige Verwendung des Stabilisierungsfonds entschieden ist, so erhält er (neben seinen Ansprüchen auf die statutarischen Leistungen seiner Versicherungskasse oder der Hilfskasse) einen Zusatz in Form der von ihm und dem Bund geleisteten 2 % der Grundzulagen samt Zins und Zinseszins. Für Hinterbliebene bestehen analoge Ansprüche. Freiwillig Austretende bekommen nur ihre eigenen Einlagen zurück.

Auf den Vergütungen für Dienstreisen soll nach dem neuen Vollmachtenbeschluss ein Zuschlag von 12 % gewährt werden, statt bisher 10 %. Das Mass dieses Zuschlages und desjenigen auf den übrigen Nebenbezügen hätte der Bundesrat von sich aus ordnen können. Weil aber diese Verhältnisse bisher immer Gegenstand der Beschlüsse über die Teuerungszulagen bildeten, ist darauf verzichtet worden,- sie wegzulassen. Sobald aber, wie es für das Jahr 1947 in Aussicht steht, die Teuerungszulagen auf dem Wege dringlicher Bundesbeschlüsse zu bewilligen sein werden, ist auch in diesen Punkten zu den ordentlichen Zuständigkeitsnormen zurückzukehren.

Für die Magistratspersonen und für die übrigen Amtsträger, die nicht die Eigenschaft von Bundesbeamten haben, ist wie in den frühern Beschlüssen der Anspruch auf Zulagen in einem besondern Artikel geregelt. Materiell ist der Anspruch gleich wie für Bundesbedienstete. Formell muss er anders ausgedrückt werden, weil es sich hier um
Zulagen zu den wiederhergestellten nominellen Ansätzen des Jahres 1927 handelt.

Alle übrigen Bestimmungen des Vollmachtenbeschlusses vom 28. September 1945 entsprechen den bisherigen Normen.

Der teilweise Ausgleich der seit 1989 eingetretenen Lebenskostenverteuerung erfordert für rund 90 000 Arbeitskräfte folgende Beträge :

245 Millionen Franken

Grundzulagen Zuschüsse zu den Kinderzulagen Betreffnisse aus der Milderung des Gehaltsabbaues auf 1. Januar 1941 von nominell 18 auf nominell 8 % ...

jährlich wiederkehrende Beiträge der Verwaltungen von 2 % der Grundzulage als vorsorgliche Rücklage in den Stabilisierungsfonds Total

167,8 3,0 13,5 3,1 176,9

Von dieser Summe entfallen rund ein Drittel auf die Bundesbahnen und 26 % auf die ETT-Verwaltung. Mit der Verbesserung der Grundzulagen für das Jahr 1946 erhöhen sich die Personalaufwendungen, gleichbleibender Personalbestand angenommen, gegenüber 1939 um nicht ganz 40 % gegenüber 53 % Lebenskostenverteuerung nach dem Verständigungsindex.

4. Bundesratsbeschluss vom 12. September 1945 über die Ausrichtung einer einmaligen Winterzulage an Eentenbezüger der beiden Personalversicherungskassen des Bundes für das Jahr 1945 (A. S. 61, 723).

Für das Jahr 1944 wurden den Eentenbezügern der beiden Personalversicherungskassen auf Grund des Vollmachtenbeschlusses vom 18. Dezember 1944 einmalige Winterzulagen von 50 Franken für verheiratete Invalide, entsprechend abgestuft für die andern Rentnerkategorien, zugesprochen. Als im Jahre 1945 dem aktiven Personal Herbstzulagen gewährt wurden, schien es gegeben, auch den Rentenbezügern eine bescheidene Zulage zur Erleichterung der Wintereinkäufe zu gewähren. Diese Winterzulagen wurden im Einvernehmen mit den Vollmachtenkommissionen, verglichen mit jenen von 1944, wie folgt festgesetzt: Winterzulage 1945

Winterzulage 1944

Verheiratete Invalide Fr. 60 Fr. 50 Ledige Invalide und Witwen » 45 » 35 Waisen » 18 » 15 Die letztes Jahr aufgestellte Fjinschränkung, wonach nur Rentner mit weniger als 300 Franken Monatsrente Anspruch auf eine Winterzulage hatten, wurde diesmal fallen gelassen.

Die Kosten der Winterzulagen an die Rentenbezüger belaufen sich für die beiden Kassen zusammen auf 1,7 Millionen Franken (1944: 1,0 Millionen).

5. Bundesratsbeschluss vom 28. September 1945 über die Ausrichtung von T e u e r u n g s z u l a g e n an Eentenbezüger der beiden Personalversicherungskassen des Bundes für das Jahr 1946 (A. S. 61, 800).

Bis jetzt wurden den Rentenbezügern der Personalversicherungskassen Teuerungszulagen ausgerichtet, die von der Höhe der Renten unabhängig

246 waren und sich lediglich nach dem Zivilstand des Bezügers richteten. Dieses System lässt sich mit dem notwendig gewordenen ständigen Ausbau der Teuerungszulagen an die Bentenbezüger nicht mehr aufrecht erhalten. Mit der Ordnung für das Jahr 1946 ist der Bundesrat im Einvernehmen mit den Vollmachtenkommissionen erstmals dazu übergegangen, den Invaliden und den Witwen eine aus einem prozentualen Anteil und einer festen Kopfquote zusammengesetzte Teuerungszulage zuzusprechen. Die Teuerungszulage soll immerhin im Einzelfall ein bestimmtes Minimum nicht unterschreiten. Zur Waisenrente wird wie bisher eine von der Rentenhöhe unabhängige Teuerungszulage ausgerichtet. Für 1946 wurden folgende Ansätze festgelegt: Teuerungszulage 1946:

Verheiratete Invalide

Ledige Invalide und Witwen

... .

Prozentuale Zulage Kopfquote Mindest-Zulage

..4% Fr. 500 » 660

4% Fr. 360 » 480

-- Fr. 200 --

Demgegenüber betrugen die Teuerungszulagen 1945: Ordentliche Zulage Winterzulage

Fr. 600 » 60

Fr. 450 » 45

Fr. 180 » 18

Die Teuerungszulagen an Eentenbezüger für das Jahr 1946 werden, verglichen mit jenen für das Jahr 1945, voraussichtlich folgenden Aufwand erfordern: ]945 1946

Ordentliche Zulage

Winterzulage

In Millionen Tranken

Eidgenössische Versicherungskasse .

Pensions- und Hilfskause SBB . .

6,7 11,5

5,7 J.0,3

0,7 1,0

18,2

16,0

1,7

6. Bundesratsbeschluss vom l, Mai 1945 b e t r e f f e n d Abänderung des Bundesratsbeschlusses über das Dienstverhältnis und die Bezüge des Bundespersonals während des Aktivdienstz u s t a n d e s (A. S. 61, 279).

Dieser Beschluss ist durch den Bundesratsbeschluss vom 14. August 1945 aufgehoben worden, II. Steuerverwaltung.

Bundesratsbeschluss .vom 13. Juli 1945 über die Abänderung des neuen W e h r o p f e r b e s c h l u s s e s (A. S. 61, 504), Durch eine Ergänzung von Art. 3, Abs. 2, seines Beschlusses vom 20. November 1942 (A. S. 58, 1093) hat der Bundesrat klargestellt, dass die Erben eines Steuerpflichtigen, der in der Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31, Dezem-

247 ber 1947 stirbt, das volle, vom Erblasser für die drei massgebenden Jahre» geschuldete Wehropfer zu entrichten haben.

Ferner wurde in Abänderung von Art. 1, Abs. l, lit. b, des Wehropferbeschlusses eine Lücke ausgefüllt, indem in Anpassung an die im Wehrsteuerbeschluss geltende Eegelung die beschränkte Wehropferpflicht für durch Verpfändung schweizerischer Grundpfandtitel sichergestellte Forderungen verfügt wurde.

F. Yolkswirtschaftsdepartement.

1. Bundesratsbeschluss vom 4. Mai 1945 b e t r e f f e n d Ergänzung des Bundesratsbeschlusses über A r b e i t s e i n s a t z bei Bauarbeiten von nationalem Interesse (obligatorische Krankenversicherung) (A. S, 61, 293).

In unserem zwölften Bericht hatten wir mitgeteilt, dass der Bundesratsbeschluss vom 27. Juni 1944 zufolge der Einführung von Leistungen für den Fall der Invalidität oder des Todes einer Ergänzung bedürfe. Diese erfolgte durch den Bundesratsbeschluss vom 15. Dezember 1944, der bestimmt, dass der Kanton, in welchem die Arbeitskraft eingesetzt war, dem Bund die Eente zur Hälfte zurückzuerstatten habe. Nachdem sich jedoch in der ständerätlichen Kommission speziell gegen diese Bestimmung Widersprach erhoben hatte, haben wir sie mit Beschluss vom 4. Mai 1945 aufgehoben.

2. Bundesratsbeschluss vom 11. Mai 1945 über das Verbot der A u s f u h r von Kriegsmaterial (A. S. 61, 309).

Dieser Beschluss wurde durch Bundesratsbeschluss vom 12. September 1945 (A. 8. 61, 719) aufgehoben.

3. Bundesratsbeschluss vom 26. Juni 1945 über die vorzeitige K ü n d i g u n g von P a c h t v e r t r ä g e n zur E r f ü l l u n g der A n b a u p f l i c h t wirtschaftlicher U n t e r n e h m u n g e n (A. S. 61, 409).

Nachdem der Abbau des Industriepflanzwerkes schon für das Kulturjahr 1945/46 eingeleitet ist, wird die Anbaupflicht für 1946/47 ganz wesentlich herabgesetzt werden. In vielen langfristigen Pachtverträgen, die zur Erfüllung der Anbaupflicht wirtschaftlicher Unternehmungen abgeschlossen worden waren, wurde eine vorzeitige Kündigung für den Fall der Aufhebung kriegswirtschaftlicher Vorschriften vorbehalten. Um diesem Vorbehalt die nötige Wirksamkeit zu verschaffen, musste Art. 89, Abs. 3, des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 1940/7. November 1941 über Massnahmen gegen die Bodenspekulation und die Überschuldung sowie zum Schutze der Pächter teilweise aufgehoben werden. Damit konnte ein erster Schritt für den Abbau der kriegsbedingten Pächterschutzbestimmungen getan werden.

248 4. Bundesratsbeschluss vom 18. Mai 1945 über Massnahmen gegen die Einschleppung ansteckender Krankheiten durch Flüchtlinge (A. S. 61, 317).

Die Grundlage für die Durchführung von Massnahmen zur Verhinderung der Einschleppung ansteckender Krankheiten durch Flüchtlinge war mit dem Bundesratsbeschluss vom 11. April 1944 geschaffen worden. Dieser sah vor, dass die Kantone die Hälfte der aus der Durchführung der Massnahmen entstehenden Kosten zu tragen hätten. In den Vollmachtenkommissionen der beiden Bäte ist nach eingehender Diskussion gewünscht worden, es sei auf die Angelegenheit zurückzukommen. Auch von zwei Kantonsregierungen sind schriftliche Eingaben eingelangt, worin gegen die Kostenregelung Einsprache erhoben wurde. Deshalb sahen wir uns veranlagst, die Beteiligung der Kan.tone auf 25 Prozent der Kosten des Grenzsanitätsdienstes herabzusetzen, nachdem die Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte dieser Lösung beigepflichtet hatte.

5. Bundesratsbeschluss vom 29. Mai 1945 b e t r e f f e n d Ergänzung des Bundesratsbeschlusses über die Beschränkung der Verfügung über Binnenschiffe (A. 8. 61, 518).

Anfangs dieses Jahres begannen sich ausländische Beedereien für die schweizerische Binnenschiffahrts-Flotte zu interessieren. Die Beschränkung des Verfügungsrechtes über die Binnenschiffe wäre indessen zwecklos, wenn diese beliebig für Transporte getrachtet werden könnten, an denen die Schweiz kehl Interesse hat. Aus diesem Grunde haben wir die Miet- und Pachtverträge der Genehmigungspflicht unterstellt, die gemäss unserem Beschluss vom 5. Dezember 1941 für alle Bechtsgeschäfte über die Veräusserung oder Belastung von Schiffen erforderlich ist.

6. Bundesratsbeschluss vom 27. Juli 1945 b e t r e f f e n d A b ä n d e rung des BundeBratsbeschlusses über die Regelung der Arbeitslosenfürsorge während der Kriegskrisenzeit (A. S. 61, 561).

Nach Art. 20, Abs. l, des Bundesratsbeschlusses vom 14. Juli 1942 über die Begelung der Arbeitslosenfürsorge während der Kriegskrisenzeit hatte ein Arbeitsloser vor Beginn seiner Bezugsberechtigung eine Karenzfrist von drei Tagen zu bestehen. Diese musste im Gegensatz zur früheren Begelung innerhalb eines Jahres nur einmal bestanden werden.

Da die Teuerung das Anlegen von Ersparnissen für Zeiten der Verdienstlosigkeit weitgehend verunmöglicht hat, ist das
Erfordernis der dreitägigen Karenzfrist als untragbare Härte bezeichnet worden. Durch den Bundosratsbeschluss vom 27. Juli 1945 ist daher die Karenzfrist von drei Tagen auf einen Tag herabgesetzt worden.

249 7. Bundesratsbeschluss vom 81. Juli 1945 über die Weiterf ü h r u n g der Lohn- und Verdienstersatzordnung nach Aufhebung des Aktivdienstzustandes (A. S. 61, 568).

Anspruch auf Lohn- oder Verdienstausfallentschädigung gab während der Dauer des Aktivdienstzustandes einzig die Leistung von aktivem Dienst. Nachdem eine erhebliche Anzahl von Wehrmännern auch nach dem 20. August 1945 kürzere oder längere Dienstleistungen zu vollbringen hat und im Nationalrat die Weiterführung von den Nationalräten Dietschi (Basel), Schmid (Zürich) postuliert wird, entschloss sich der Bundesrat im Einverständnis mit den Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Eäte, die Lohn- und Verdienstersatzordnung nach Aufhebung des Aktivdienstzustandes vorläufig weiter aufrecht zu erhalten. Der neue Beschluss gewährt einen Anspruch auf Lohn- oder Verdienetausfallentschädigung für jeden besoldeten obligatorischen Militärdienst in der schweizerischen Armee mit Einschluss der militärischen Hilfsdienste und des Instruktionsdienstes. Die Beiträge werden vorläufig in der bisherigen Höhe weiter erhoben.

88. Bundesratsbeschluss vom 14. August 1945 b e t r e f f e n d die Abänderung des Bundesratsbeschlusses über den Schutz des Anstellungsverhältnisses militärpflichtiger Arbeitnehmer (A. S. 61, 609).

Nach dem Bundesratsbeschluss vom 18. September 1940 war das Anstellungsverhältnis des Arbeitnehmers, der in den Aktivdienst einrückte, einem besondern Schutze unterworfen (Kündigungsbeschränkung, Verlängerung der Kündigungsfrist uw.). Mit Beendigung des Aktivdienstzustandes stellte sich die Frage, ob es angezeigt sei, den genannten Beschluss aufzuheben. Dies schien unratsam, weil auch jetzt noch ausserordentliche, nicht friedenszeitmässige Militärdienstleistungen erforderlich sind, die bis zum 20. August 1945 unter den Begriff des Aktivdienstes gefallen sind. Auf die Umschreibung der ausserordentlichen Militärdienstleistungen, die den Begriff des Aktivdienstes ersetzt, wird im abgeänderten Bundesratsbeschluss Bezug genommen. Damit wird der Schutz des Anstellungsverhältnisses des Wehrmannes, wie er durch den Bundesratsbeschluss vom 13. September 1940 geschaffen wurde, vom 21. August 1945 an für mindestens so lange weitergewährt, als die angeführten ausserordentlichen Dienstleistungen andauern.

9. Bundesratsbeschluss vom 17. August
1945 über die Abänderung der V o r s c h r i f t e n über die Arbeitsdienstpflicht (A. S.

61, 625).

Auch nach dem Kriegsende und der Aufhobung des Aktivdienstzustandes war die Lage auf dem Arbeitsmarkt derart, dass ohne die Anwendung der Arbeitsdienstpflicht die Landesversorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen ernstlich gefährdet erschien. Wir beschlossen deshalb, die Arbeitsdienstpflicht vorläufig aufrechtzuerhalten.

250 Der Anregung der nationalrätlichen Vollmachtenkommission entsprechend wurde die Anwendung der Arbeitsdienstpflicht auf Dienstleistungen beschränkt, die der Versorgung des Landes mit Lebensrnitteln und Brennstoffen dienen.

Ferner wurde die soziale Stellung der eingesetzten Arbeitskräfte noch weiter verbessert, indem ihnen der volle Ausgleich des Minderverdienstes und der Mehrauslagen gewährt wurde, die durch die Leistung von Arbeitsdienst unter Umständen entstehen können.

10, Bundesratabeschluss vom 28. August 1945 über die Mass· nahmen zur Versorgung des Landes mit Kernobst und K e r n o b s t erzeugnissen (A. S. 61, 667).

Der diesjährige Ertrag der Kernobsternte sowie die grosse Nachfrage nach diesem Obst und Erzeugnissen davon verlangen Massnahmen zu einer möglichst vollständigen Erfassung der Inlandproduktion und zu einer gleichmassigen Verteilung des verfügbaren Obstes auf all© Landesgegenden, Bevölkerungskreise und Bedarfsgebiete, Die Sektion für Obst und Obstprodukte des Kriegs-Ernährungs-Arntes wurde ermächtigt, die erforderlichen Vorkehren zu treffen.

Um die Obsternte möglichst restlos in den Dienst der Versorgung unseres Landes mit Lebens- und Futtermitteln zu stellen, ist das Brennen von Kernobst sowie von Erzeugnissen, Abfällen und Eückständen aus diesem Obst so weit beschränkt worden, als für diese Bohstoffe keine andere Verwertungsmöglichkeit besteht.

-11. Bundesratsbeschluss vom 12. September 1945 über Beitragsleistung an die Schweizerische Winterhilfe 1945/46 (A. S.

61, 716).

Seit dem Winter 1941/42 gewährte der Bund der Schweizerischen Winterhilfe jährlich 500 000 Franken. In einer Eingabe vom 24, August 1945 stellte sie das Gesuch, es sei ihr zur Verstärkung ihrer eigenen Mittel für den schweizerischen Ausgleichsfonds auch für das Jahr 1945/46 ein Bundesbeitrag von 500 000 Franken zu bewilligen. Damit soll ihr wiederum ermöglicht werden, den Kantonen, deren Sammelergebnis für eine wirksame Hilfstatigkeit nicht ausreicht, zusätzliche Beiträge zur Verfügung zu stellen. Wahrscheinlich wird das Ergebnis der privaten Sammlung der Institution wegen der weitgehenden Inanspruchnahme der Bevölkerung durch andere wohltätige Sammlungen in diesem Jahr hinter den Ergebnissen früherer Jahre zurückbleiben. Im Gegensatz dazu rnuss damit gerechnet werden, dass die Bedürfnisse der sozialen
Fürsorge eher noch zunehmen werden. Aus diesen Überlegungen heraus kamen wir dazu, dem Gesuch der Schweizerischen Winterhilfe auch für das Jahr 1945/46 im bisherigen Eahmen zu entsprechen.

251 Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26. Oktober 1945.

6102

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Ed. v. Steiger.

Der Bundeskanzler: Leimgruber

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Dreizehnter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen. (Vom 26. Oktober 1945.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1945

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

4872

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.11.1945

Date Data Seite

225-251

Page Pagina Ref. No

10 035 404

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.