13.061 Bericht zur Abschreibung der Motion 09.3147 der Fraktion CVP/EVP/glp «Bankgeheimnis. Gleich lange Spiesse» vom 3. Juli 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2009

M 09.3147

Bankgeheimnis. Gleich lange Spiesse.

(Annahme NR 07.03.2011, Annahme SR 21.09.2011)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. Juli 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1560

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Bericht 1

Ausgangslage

Am 18. März 2009 reichte die Fraktion der CVP/EVP/glp die Motion 09.3147 mit dem Titel «Bankgeheimnis. Gleich lange Spiesse» ein. Darin wurde der Bundesrat beauftragt, dem Parlament die Gesetzesrevisionen vorzulegen, die notwendig sind, um einen angemessenen Schutz der Privatsphäre der Bankkundinnen und -kunden zu gewährleisten und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz zu stärken. Die Motion schlug vor, dass sich die Schweiz an den angloamerikanischen Trusts und an gewissen Unternehmensstrukturen von US-amerikanischen Bundesstaaten orientieren könnte. Sie wurde wenige Tage nach dem Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009 eingereicht, den Standard gemäss Artikel 26 des Musterabkommens über den Informationsaustausch in Steuersachen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu übernehmen und seinen Vorbehalt gegen diese Bestimmung zurückzuziehen. Am 20. Mai 2009 beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion und argumentierte, es liesse sich zu diesem Zeitpunkt nicht beurteilen, welche gesetzlichen Anpassungen allenfalls notwendig wären. Trotz dieser Stellungnahme haben sowohl der Nationalrat wie auch der Ständerat die Motion am 7. März 2011 beziehungsweise am 21. September 2011 angenommen.

In seinem Bericht über die Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2011 vom 2. März 2012 (BBl 2012 3713) beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion 09.3147 und erklärte, dass der Bundesrat die Wettbewerbssituation der Schweiz auf dem Gebiet des Schutzes der Privatsphäre laufend verfolge, zurzeit aber kein Anlass für besondere gesetzgeberische Massnahmen in diesem Bereich bestehe. Am 1. Juni 2012 entschied der Nationalrat, die Motion nicht abzuschreiben. Am 14. Juni 2012 folgte der Ständerat dem Erstrat und lehnte eine Abschreibung der Motion ebenfalls ab. Dabei präzisierte er, dass das Ziel der Motion auch durch eine Revision der einschlägigen Gesetze oder durch Verhandlungen mit den in diesem Bereich zuständigen internationalen Instanzen erreicht werden könne.

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Umfeld

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 kämpfen zahlreiche Länder gegen hohe Defizite und eine wachsende Verschuldung, die sie in teilweise sehr grosse Schwierigkeiten gebracht haben. Die Schulden- und Haushaltskrise hat viele Staaten dazu gebracht, ihre Steuerpolitik zu verschärfen und insbesondere ihren Kampf gegen die Steuerhinterziehung zu intensivieren und ihre Einnahmen auf diese Weise zu steigern. Gleichzeitig wurde bekannt, dass verschiedentlich das schweizerische Bankgeheimnis dazu genutzt wurde, unversteuerte Vermögenswerte den Steuerbehörden im Ausland zu verheimlichen. Diese Vorfälle haben den guten Ruf des schweizerischen Finanzplatzes beeinträchtigt und dazu geführt, dass sowohl in der Schweiz als auch im Ausland kritische Stimmen laut wurden. Der Bundesrat hat vor diesem Hintergrund die Bekämpfung der Finanzkriminalität und der Anlage unversteuerter Vermögenswerte in der Schweiz intensiviert.

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Ende 2009 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht «Strategische Stossrichtungen für die Finanzmarktpolitik der Schweiz». Seine Strategie hat er in einem Diskussionspapier vom 22. Februar 2012 und im Bericht zur Finanzmarktpolitik des Bundes vom 19. Dezember 2012 weiter präzisiert. Die Rahmenbedingungen für den Finanzmarkt sollen so ausgestaltet sein, dass folgende Ziele erreicht werden: Qualität, Stabilität und Integrität. Letztere ist eine Frage der Abwehr krimineller Gelder und der Steuerkonformität. Grundsätzlich kann der Staat dazu mittels einer angemessenen Regulierung und Aufsicht beitragen. Die Schweiz orientiert sich bei der Geldwäschereibekämpfung und im Steuerbereich an den international anerkannten Standards. Wichtigstes Gremium und wichtigster Standardsetter im Bereich der Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ist die Financial Action Task Force (FATF). Auf dem Gebiet des Informationsaustauschs in Steuerfragen wird der Standard durch die OECD gesetzt. Die Umsetzung dieses Standards wird durch das Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke (Global Forum), dem 120 Staaten beigetreten sind, überprüft. Die Schweiz beteiligt sich aktiv an den Arbeiten dieser massgebenden internationalen Gremien.

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Schutz der Privatsphäre und internationale Standards

Vor der Prüfung möglicher gesetzlicher Änderungen im Zusammenhang mit einem verstärkten Schutz der Privatsphäre für Kundinnen und Kunden von Finanzintermediären in der Schweiz sollten die diesbezüglichen internationalen Standards berücksichtigt werden. Zwei Aspekte sind in dieser Hinsicht besonders relevant: die internationalen Standards in Bezug auf die Feststellung des Nutzungsberechtigten sowie diejenigen in Bezug auf den Informationsaustausch.

3.1

Feststellung des Nutzungsberechtigten

Der Begriff des Nutzungsberechtigten1, der in der Schweiz auch als Synonym für die geläufigere Bezeichnung der wirtschaftlich berechtigten Person verwendet wird, bezieht sich auf die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die letztlich die effektive Kontrolle über eine juristische Person oder eine juristische Einrichtung wie etwa einen Trust ausüben. Die Feststellung des Nutzungsberechtigten ist bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität und Steuerhinterziehung von grosser Bedeutung. Sie ist beispielsweise eine unabdingbare Voraussetzung für den Informationsaustausch, weil kein Staat Informationen austauschen kann, über die er nicht verfügt.

Die FATF und das Global Forum haben internationale Standards bezüglich der Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten erarbeitet. Diese sind Bestandteil von erweiterten präventiven Vorschriften, die gemeinhin als Know your customer rules (KYC-Vorschriften) bezeichnet werden.

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Gemäss Definition im FATF-Glossar (F und E): www.fatf-gafi.org/fr/pages/glossaire/ bzw. www.fatf-gafi.org/pages/glossary/.

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Die Empfehlungen der FATF, die vor kurzem grundlegend überprüft wurden und die als Grundlage für die Peer-Reviews dienen2, verlangen, dass die Länder Massnahmen ergreifen müssen, um die missbräuchliche Verwendung juristischer Personen zur Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Zudem müssen sie sicherstellen, dass ihre Gesetzgebung den Zugang zu ausreichenden, genauen und aktuellen Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten und über die Kontrolle juristischer Personen gewährleistet.3 Analoge Bestimmungen gelten für die Transparenz bezüglich der wirtschaftlich Berechtigten und der Kontrolle von Trusts und anderer rechtlicher Konstrukte.

Das Global Forum seinerseits verlangt von den Staaten, dass sie sich von der Verfügbarkeit von Angaben zur Eigentümerschaft und Identität aller Kapitalgesellschaften und anderer juristischer Personen bei ihren zuständigen Behörden überzeugen.4

3.2

Informationsaustausch

Die Verfügbarkeit von Informationen stellt lediglich eine Voraussetzung dar. In einer zweiten Phase muss festgelegt werden, wie diese Informationen verwendet werden, um die Steuerkonformität in einem grenzüberschreitenden Kontext sicherzustellen. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Methoden: den Informationsaustausch und die Quellensteuer. Da es gegenwärtig keine internationalen Standards für die Quellensteuer gibt, werden nur die Standards in Bezug auf den Informationsaustausch dargelegt.

Die Standards auf dem Gebiet des Informationsaustauschs werden durch den Steuerausschuss der OECD festgelegt. Letzterer hat unter anderem ein Musterabkommen publiziert. Die Frage des Informationsaustauschs ist in Artikel 26 geregelt. Dieser Standard sieht vor, dass die Staaten auf Anfrage Informationen austauschen, die notwendig sind für die Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden ausländischen Staates betreffend der im Abkommen vorgesehenen Steuern. Der Standard sieht seit Juli 2012 vor, dass Amtshilfe nicht nur im Einzelfall, sondern auch für Gruppen von Steuerpflichtigen gewährt wird.

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Trusts und amerikanische Limited Liability Companies (LLCs)

Die Motion regt an, dass sich die Schweiz an den Trusts und den gesetzlichen Bestimmungen gewisser US-amerikanischer Bundesstaaten ­ genauer gesagt an den LLCs und insbesondere an deren Regelung im Bundesstaat Delaware ­ orientieren könnte, um ihr eigenes rechtliches Dispositiv zum Schutz der Privatsphäre zu stär2

3

4

Der letzte Evaluationszyklus der FATF stützte sich noch auf die Empfehlungen aus dem Jahr 2003. Die Konformität der FATF-Mitglieder mit den revidierten Empfehlungen wird Gegenstand des nächsten Evaluationszyklus sein, der 2014 beginnt.

Vgl. hierzu Empfehlung 10 (Sorgfaltspflichten der Finanzinstitutionen gegenüber der Kundschaft), Empfehlung 22 (Sorgfaltspflichten von bestimmten Unternehmen und Berufsgruppen ausserhalb des Finanzbereichs gegenüber der Kundschaft), Empfehlung 24 (Transparenz und Nutzungsberechtigte von juristischen Personen) und Empfehlung 25 (Transparenz und Nutzungsberechtigte von Rechtskonstruktionen).

Vgl. Arbeitsprogramm (Terms of Reference) des Globalen Forums, S. 4 ff.

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ken. In den nachfolgenden Abschnitten werden die Konstrukte des Trusts und der LLC, wie sie in Delaware besteht, vorgestellt, um mögliche Besonderheiten, die dem Schutz der Privatsphäre in der Schweiz dienlich sein könnten, zu identifizieren.

4.1

Der Trust

Beim Trust handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, bei dem ein Begründer (settlor) bestimmte Vermögenswerte auf eine oder mehrere andere Personen (trustee) überträgt. Der Trustee hat die Aufgabe, die Vermögenswerte zu verwalten und zu einem vom Begründer bestimmten Zweck einzusetzen. Der Zweck kann insbesondere darin bestehen, bestimmte Personen (beneficiaries) zu begünstigen. Auch möglich ist, dass sich der Begründer selbst begünstigt oder sich das Recht vorbehält, den Trust wieder aufzulösen und sich das Vermögen auszubezahlen.

Bei einem widerruflichen (revocable) Trust bleibt dem Begründer der Zugriff auf das Trustvermögen erhalten. Der Begründer enteignet sich seines Vermögens nicht definitiv. Bei einem unwiderruflichen (irrevocable) Trust muss zwischen dem nichtdiskretionären Trust (irrevocable fixed interest Trust) und dem diskretionären Trust (irrevocable discretionary Trust) unterschieden werden. Während bei Ersterem die Begünstigten bereits bestimmt sind, liegt bei Letzterem das Ermessen, wem die Zuwendungen des Trusts letztlich zukommen sollen, beim Trustee. Die Begünstigten werden bei Errichtung eines unwiderruflich nicht-diskretionären Trusts bereichert, beim unwiderruflich diskretionären Trust jedoch (noch) nicht.

Das schweizerische Recht kennt das Konzept des Trusts nicht. Ausländische Trusts werden jedoch seit dem Inkrafttreten des Übereinkommens vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung (SR 0.221.371) in der Schweiz am 1. Juli 2007, im schweizerischen Recht anerkannt. Gemäss dem schweizerischen Geldwäschereigesetz vom 10. Oktober 1997 (GwG; SR 955.0), den dazugehörigen Verordnungen5, der Vereinbarung vom 7. April 2008 über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB) sowie den von den Selbstregulierungsorganisationen erlassenen Reglementen sind Finanzintermediäre bei der Aufnahme einer Kundenbeziehung zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person verpflichtet. Handelt es sich bei der Vertragspartei um eine juristische Person, so muss der Finanzintermediär die Bevollmächtigungsbestimmungen der Vertragspartei zur Kenntnis nehmen und die Identität der Personen überprüfen, die im Namen der juristischen Person die Geschäftsbeziehung aufnehmen (vgl. Art. 3 Abs. 1 zweiter Satz GwG). Ein Trust wird für die Zwecke des GwG als
Sitzgesellschaft behandelt. Als Sitzgesellschaften gelten juristische Personen und Gesellschaften, «die kein Handels-, Fabrikations- oder anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben» (vgl. Art. 6 Abs. 2 der Verordnung vom 18. November 2009 über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation (VBF; SR 955.071) und Artikel 4 Absatz 1 VSB). Von Sitzgesellschaften wird eine Erklärung vom Vertragspartner verlangt, die darüber Auskunft gibt, wer an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigt ist (vgl. Art. 4 Abs. 3 Bst. b VSB). Besteht keine wirt5

Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 8. Dezember 2010 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (GwV-FINMA; SR 955.033.0), und Verordnung der Eidgenössischen Spielbankenkommission vom 12. Juni 2007über die Sorgfaltspflichten der Spielbanken zur Bekämpfung der Geldwäscherei (GwV ESBK; SR 955.021).

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schaftliche Berechtigung von bestimmten Personen (z.B. bei diskretionären Trusts), so ist anstelle der Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person vom Vertragspartner eine schriftliche Erklärung zu verlangen, welche diesen Sachverhalt bestätigt. Die Erklärung hat ferner Angaben zu enthalten über effektive (nicht treuhänderische) Gründer und, falls bestimmbar, Personen, die dem Vertragspartner oder seinen Organen gegenüber instruktionsberechtigt sind, sowie den Kreis von Personen, die als Begünstigte in Frage kommen können (vgl. Art. 53 Abs. 1 GwVFINMA sowie Art. 4 Ziff. 43 VSB). Wenn der diskretionäre Trust zugleich widerruflich ist, sind die «widerrufsberechtigten Personen» als wirtschaftlich berechtigte Personen zu betrachten (vgl. Art. 53 Abs. 2 GwV-FINMA).

4.2

Die LLC

Die LLC ist eine Unternehmensform, die sich bei ihrer Einführung in den Vereinigten Staaten an der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und an der panamaischen LLC orientierte, sich aber auch in einem gewissen Ausmass mit der schweizerischen GmbH vergleichen lässt. Alle US-amerikanischen Bundesstaaten verfügen über Gesetze, die diese Struktur regulieren, wobei ihre Hauptmerkmale überall gleich sind. Die LLC kombiniert Elemente einer Kapitalgesellschaft (company) mit solchen einer Personengesellschaft (partnership). Wie eine Kapitalgesellschaft besitzt auch die LLC eine eigene Rechtspersönlichkeit. Ihre Haftung beschränkt sich grundsätzlich auf das Vermögen. Gleichzeitig ist ihre Struktur flexibler als diejenige einer Kapitalgesellschaft. So steht es einer LLC frei, sich nach Wunsch zu organisieren, wobei dies üblicherweise über ein LLC Operating Agreement in schriftlicher Form erfolgt. Dieses Dokument muss zwar von allen Parteien unterzeichnet, nicht aber zwingend an die Behörden weitergeleitet werden. Auf bundesstaatlicher Ebene wird die LLC aus steuerlicher Sicht ebenfalls wie eine Personengesellschaft behandelt. Die Gesellschafter sind selbst steuerpflichtig. Obwohl die LLC nicht als Steuersubjekt betrachtet wird, muss sie sich dennoch bei den bundesstaatlichen Steuerbehörden registrieren und auch eine Steuererklärung für das Unternehmen einreichen. Bei einer LLC mit einem einzigen Partner muss der Alleininhaber die Einnahmen der LLC in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung angeben. Eine LLC (mit einem oder mehreren Gesellschaftern) kann jedoch ausdrücklich verlangen, bezüglich der Steuern als eigenständige Rechtspersönlichkeit (company) behandelt zu werden.

Da im Bundesstaat Delaware eine hohe Anzahl von LLCs ansässig sind, werden die Gesellschaften aus diesem Bundesstaat besonders häufig erwähnt. In Delaware gibt es keine Verpflichtung, den Namen der Aktionärinnen und Aktionäre und der wirtschaftlich berechtigten Personen einer Gesellschaft oder einer LLC zu registrieren.

Es genügt, die Direktoren und Direktorinnen zu registrieren, die bis zur ersten Generalversammlung oder bis zur Wahl ihrer Nachfolger im Amt sind. Die Rolle des Direktors oder der Direktorin kann jedoch auch von einer beauftragten Person (nominee) wahrgenommen werden. In Delaware eingetragene
Gesellschaften müssen eine Adresse in diesem Bundesstaat haben. Diese Bedingung kann durch einen Registered Agent erfüllt werden, der nicht verpflichtet ist zu überprüfen, wer die wirtschaftlich berechtigte Person der Gesellschaft oder der LLC ist. Die LLC muss dem Registered Agent im Übrigen eine natürliche Person als «Kontaktperson» angeben. Diese Person ist einfach berechtigt, Informationen des Registered Agent

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entgegenzunehmen, ist aber ebenfalls nicht verpflichtet, Informationen über die wirtschaftlich berechtigte Person der LLC aufzubewahren.

In der Schweiz wird die amerikanische LLC selbst als wirtschaftlich berechtigte Person betrachtet, ausser sie qualifiziert als Sitzgesellschaft, da sie kein Handels-, Fabrikations- oder anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt (vgl. Art. 6 Abs. 2 VBF und Art. 4 Abs. 1 VSB). In diesem Fall muss der Finanzintermediär die Massnahmen ergreifen, die erforderlich sind, damit die wirtschaftlich berechtigte Person der LLC festgestellt werden kann.

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Begründung des Antrags auf Abschreibung der Motion

Die internationalen Standards im Hinblick auf die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung sowie im Hinblick auf den steuerlichen Informationsaustausch fordern, dass die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmensstrukturen identifiziert werden und die zuständigen Behörden in der Lage sind, Zugang zu diesen Informationen zu erhalten. Diese Standards schränken daher den Schutz der Privatsphäre in einem gewissen Masse ein.

Die Einführung von Trusts oder LLCs in das schweizerische Recht scheint keine angemessene Massnahme zu sein, um den Schutz der Privatsphäre zu stärken. Die internationalen Standards der FATF und des Global Forums verlangen nämlich von den Finanzintermediären eine Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten von Vermögen von Unternehmensstrukturen, zu denen auch der Trust oder die LLC nach Delaware-Recht gehören. In der Regel sind der Informationsaustausch und die Quellensteuer nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Vermögenswerte direkt von natürlichen Personen gehalten werden, sondern sie sind auch auf natürliche Personen anwendbar, die an Unternehmensstrukturen wirtschaftlich berechtigt sind. Folglich würde die Einführung von Trusts oder LLCs nichts am Ausmass des Schutzes der Privatsphäre ändern, hat sich die Schweiz doch dazu verpflichtet, die internationalen Standards bezüglich der Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten und des Informationsaustauschs einzuhalten.

Ein Level Playing Field kann nur erreicht werden, wenn alle Akteure die internationalen Standards respektieren, die in Bezug auf die Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten und den Informationsaustausch gelten. Sowohl die FATF als auch das Global Forum nehmen Peer-Reviews vor. Bei einer Nichteinhaltung der Standards werden Empfehlungen formuliert und wird ein Follow-up sichergestellt, damit die Staaten die Empfehlungen auch tatsächlich umsetzen. Damit gewährleisten die PeerReviews die Einhaltung der internationalen Standards auf weltweiter Ebene. Bei einer Nichteinhaltung werden die unkooperativen Staaten durch die anderen Länder identifiziert. Nachdem die FATF Mängel bei der Feststellung der Nutzungsberechtigten von Trusts festgestellt hatte, mussten sowohl das Vereinigte Königreich als auch gewisse seiner Überseegebiete und Kronbesitzungen ihre Gesetzgebung anpassen und

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die Massnahmen zur Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten verstärken6. In Bezug auf die Vereinigten Staaten haben die FATF und das Global Forum in ihren Berichten darauf hingewiesen, dass die bestehenden Massnahmen zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten von LLCs ungenügend seien. Die Vereinigten Staaten wurden aus diesem Grund einem verschärften Follow-up-Verfahren der FATF unterstellt.

Der Bundesrat setzt sich auf internationaler Ebene für ein Level Playing Field ein, und zwar nicht nur im Bereich des Informationsaustauschs, sondern auch bezüglich wirksamer und den internationalen Standards entsprechender Mechanismen, die dazu dienen, die wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren und den zuständigen Behörden den Zugang zu diesen Informationen zu sichern. Die Verfügbarkeit von angemessenen Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmensstrukturen ist denn auch eine unverzichtbare Voraussetzung für andere Massnahmen wie etwa den Informationsaustausch. Wenn die Sorgfaltspflichten bezüglich der Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten nicht korrekt angewendet werden, kann die Steuerkonformität von Vermögen weder durch den Informationsaustausch noch durch eine Quellensteuer sichergestellt werden, auch wenn diese breit angewendet würden. Die Schweiz engagiert sich dafür sowohl in der FATF als auch im Global Forum. Dabei trägt sie nicht nur zur Entwicklung der Standards und der angewandten Methoden bei den Peer-Reviews bei, sondern nimmt auch aktiv an Letzteren teil. Sie stellt Fachleute für die Überprüfung anderer Staaten zur Verfügung, analysiert die Bewertungen anderer Staaten und gibt Stellungnahmen dazu ab.

Die Einführung von Strukturen zur Verschleierung wirtschaftlich berechtigter Personen in der Schweiz stünde daher im Widerspruch zu den aktuellen internationalen Entwicklungen, welche eine verstärkte Transparenz anstreben.7 Die Schweiz arbeitet zudem im Rahmen der OECD aktiv an der Gestaltung des globalen Standards für den lnformationsaustausch zur Sicherung der Steuerkonformität mit. Dieser Standard soll hohen Ansprüchen an die Einhaltung des Spezialitätsprinzips und des Datenschutzes genügen, Reziprozität garantieren und zuverlässige Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten bei allen Rechtsformen einschliesslich Trusts und
Sitzgesellschaften miteinschliessen. Im Übrigen würde die Einführung der in der Motion erwähnten Strukturen der Finanzmarktpolitik des Bundesrates widersprechen, die nebst anderem die Integrität des Finanzplatzes Schweiz gewährleisten will.

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Im Vorfeld des G8-Gipfels vom 17./18. Juni 2013 in Nordirland hat das Vereinigte Königreich neue Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Personen angekündigt (z.B. Einführung von Registern in denen die wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften eingetragen werden sollen) . Zudem sollen die Überseegebiete und Kronbesitzungen des Vereinigten Königreichs bei der Ausarbeitung ihrer eigenen Aktionspläne zur Verbesserung der Identifikation von wirtschaftlich berechtigten Personen unterstützt werden.

Vgl. zum Beispiel die Medienmitteilung der Finanzminister und der Zentralbankdirektoren der G20-Länder vom 18./19. April 2013: www.g20.org/events_financial_track/20130418/780961081.html.

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Fazit

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen empfiehlt der Bundesrat der Bundesversammlung, auf die Einführung von Gesetzesänderungen für einen verstärkten Schutz der Privatsphäre, die auf im Vereinigten Königreich und in gewissen US-amerikanischen Bundesstaaten bisher geltenden gesetzlichen Bestimmungen basieren, zu verzichten. Der Bundesrat beantragt deshalb die Abschreibung der Motion 09.3147.

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