13.021 Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz Bericht zur Abschreibung der Motion 09.3344 Luginbühl vom 20. März 2009 vom 27. Februar 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren In Beantwortung der Motion 09.3344 Luginbühl («Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz») unterbreiten wir Ihnen den vorliegenden Bericht und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. Februar 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2012-3094

2213

Zusammenfassung Die Nachkontrolle zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) zu Aspekten der Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Gustav Rau (BBl 2006 7707) verlangt, das System der Stiftungsaufsicht zu überprüfen.

Dies wird mitunter auch durch die Motion 09.3344 Luginbühl («Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz») verlangt. Anlässlich der Kenntnisnahme des «Grundlagenberichts zur künftigen Ausgestaltung der Stiftungsaufsicht» vom 23. Dezember 2010 hat der Bundesrat am 23. Februar 2011 das EJPD beauftragt, bis Ende 2012 zu prüfen, ob und wie die Rechtsgrundlagen im Bereich der Stiftungsaufsicht zu präzisieren sind. Da die Motion Luginbühl nicht nur aufsichtsrechtliche Aspekte umfasst, muss auch geprüft werden, ob und wie allenfalls das Zivil- und das Steuerrecht angepasst werden sollen.

In Beantwortung dieses Auftrags sowie der Anliegen der Motion Luginbühl legt der Bundesrat dem National- und Ständerat einen Bericht zur Abschreibung der Motion vor, da im jetzigen Zeitpunkt weder zivil- noch steuerrechtlich ein zwingender Handlungsbedarf besteht, das Stiftungsrecht anzupassen. Die vom Motionär geforderten Anpassungen des Stiftungsrechts an die europäischen Entwicklungen können sich nicht bloss auf zivilrechtliche oder fiskalische Anpassungen fokussieren. Sie haben zusätzlich der Diskussion über die Corporate Governance, Aspekten der FATF/ GAFI bezüglich der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie Überlegungen der OECD bezüglich der Transparenz Rechnung zu tragen.

Eine Angleichung des schweizerischen Rechts an die europäischen Vorgaben könnte zur Folge haben, dass es seine Attraktivität gegenüber dem Ausland einbüsst, weil es aufgrund einer erhöhten Normendichte seine charakteristischen liberalen Grundzüge verlieren würde. Die Zielsetzung der Revision von 2004 (Pa.Iv. Schiesser) das Stiftungsrecht zu liberalisieren wurde angesichts der positiven Entwicklung des schweizerischen Stiftungswesens erreicht. Eine erneute Anpassung der zivilrechtlichen Grundlagen würde auf wenig Verständnis stossen, zumal sich mit übereilten Massnahmen künftige (noch unklare) Entwicklungen im Ausland nicht antizipieren lassen. Im steuerrechtlichen Bereich könnte eine Steigerung der Attraktivität nur über bi- oder multilaterale Abkommen
erfolgen, deren Inhalt stark von den konkreten Verhandlungsergebnissen abhängt, womit auch nicht in jedem Fall ein positiver Effekt für den Stiftungsstandort Schweiz einhergehen muss. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung in der Europäischen Union weiter zu beobachten, insbesondere was die «Europäische Stiftung» betrifft.

Das langfristige Ziel der Motion ist es, den Stiftungsstandort Schweiz nachhaltig zu stärken. Aus diesem Grunde muss der Bundesrat die internationalen Entwicklungen im Bereich der Stiftungen aufmerksam verfolgen und die zivil- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen regelmässig auf ihre Wettbewerbsfähigkeit hin überprüfen.

Sollte sich Handlungsbedarf ergeben, wird er dem Parlament rechtzeitig entsprechende Massnahmen vorschlagen müssen. Im heutigen Zeitpunkt muss die Zielsetzung der Motion als eine Daueraufgabe verstanden werden, die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz auch in Zukunft sicherzustellen.

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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

2214

1 Ausgangslage

2216

2 Zivilrechtliche Aspekte 2.1 Schweizerisches Recht 2.2 Europäisches Recht 2.3 Mögliche Massnahmen zur Umsetzung der Motion 2.3.1 Präzisierung der Definition der Stiftung 2.3.2 Formelle Erleichterungen für die Errichtung und den Mindestinhalt der Stiftungsurkunde 2.3.3 Pflicht zum Handelsregistereintrag 2.3.4 Übernahme der Aufsicht durch die Aufsichtsbehörde vor der Eintragung ins Handelsregister 2.3.5 Präzisierung der Regeln zur Organisation von Stiftungen 2.3.6 Stiftungsaufsicht 2.3.7 Verkürzung oder Aufhebung der Frist für eine Zweckänderung durch die Stifterin oder den Stifter 2.3.8 Familienstiftungen

2217 2217 2218 2219 2219 2220 2221 2221 2222 2222 2225 2226

3 Fiskalische Aspekte 3.1 Stiftungsrechtliche Situation im Bereich der Mehrwertsteuer 3.1.1 Ausgangslage 3.1.2 Beurteilung 3.2 Stiftungsrechtliche Situation im Bereich der direkten Steuern 3.2.1 Ausgangslage 3.2.2 Steuerbefreiung von Stiftungen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen 3.2.3 Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen 3.2.4 Abzugsfähigkeit von grenzüberschreitenden Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen 3.2.5 Steuerliche Behandlung von Familien- und Unterhaltsstiftungen 3.2.6 Steuerliche Behandlung von Zustiftungen 3.2.7 Europäisches Recht 3.3 Stiftungsrechtliche Situation im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuern 3.3.1 Erbschafts- und Schenkungssteuern in der Schweiz 3.3.2 Erbschafts- und Schenkungssteuern auf internationaler Ebene

2228 2228 2228 2230 2230 2230

4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Würdigung 4.1 Zivilrechtliche Aspekte 4.2 Fiskalische Aspekte 4.3 Gesamtbeurteilung

2247 2247 2249 2250

2231 2233 2237 2239 2241 2241 2245 2245 2246

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Bericht 1

Ausgangslage

Der Motionär verlangte mit seiner am 20. März 2009 eingereichten Motion eine Anpassung der zivilrechtlichen und fiskalischen Rahmenbedingungen an die europäische Entwicklung für gemeinnützige Stiftungen. In der Folge nahm der Ständerat die Motion im Sommer 2009 mit folgendem Inhalt an: «Der Bundesrat wird beauftragt, vor dem Hintergrund der finanzpolitischen und realwirtschaftlichen Entwicklungen, den Stiftungsstandort Schweiz für in- und ausländische Stifter und Stiftungen attraktiv zu halten. Diesbezüglich wird er insbesondere ersucht, Anpassungen oder Kooperationen an bzw. mit europäischen Entwicklungen vorzunehmen. Die Rahmenbedingungen für gemeinnützige Förderstiftungen wie auch Familienstiftungen sind fiskalisch ebenso attraktiv auszugestalten, wie sie es im benachbarten Ausland sind. Dann sollen die Stiftungen aber auch in ihrer gemeinnützigen Rolle mehr Bedeutung erlangen.» Der Nationalrat beschloss die Annahme der Motion im Dezember 2009, nachdem diese auf Antrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) dahingehend ergänzt wurde, dass der Bundesrat zudem zu prüfen hat, ob es zweckmässig sei, eine Revision der Stiftungsaufsicht vorzunehmen. Der Ständerat stimmte dieser Änderung am 1. März 2010 zu.

Der Motionär führte in der Begründung seines Vorstosses an, Stiftungen sollten länderübergreifend agieren können. Zu diesem Zweck seien u.a. die steuerlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, da es im Ausland steuertechnisch vorteilhafter sei, eine Stiftung zu errichten. Diesbezüglich verweist der Motionär stellvertretend auf Deutschland, das die Steuergesetzgebung rückwirkend per 1. Januar 2007 verbessert hat, und auf die «Feasibility Study on a European Foundation Statute» (Bericht), die von der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben wurde.

Anpassungen des Stiftungsrechts an europäische Entwicklungen können sich nicht bloss auf zivilrechtliche oder fiskalische Anpassungen beschränken. Zusätzlich muss auch der Diskussion zur Corporate Governance, Aspekten der FATF/GAFI bezüglich der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie Überlegungen der OECD bezüglich der Transparenz Rechnung getragen werden.

Die Nachkontrolle zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) zu Aspekten der Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen
von Dr. Gustav Rau (BBl 2006 7707) verlangt, das heutige System der Stiftungsaufsicht einer systematischen Überprüfung zu unterziehen. Dabei sollten gemäss der GPK-S namentlich verschiedene Organisationsformen der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht (ESA) geprüft und den internationalen Entwicklungen im Bereich des Gesellschaftsrechts Rechnung getragen werden. Im Weiteren soll geprüft werden, ob die Grundsätze der Stiftungsaufsicht, die wichtigsten Aufsichtsmassnahmen sowie die Bedingungen ihrer Ausübung in einer formellen Rechtsgrundlage zu verankern sind.

Mit Beschluss vom 20. Mai 2009 hat der Bundesrat das EJPD (Bundesamt für Justiz [BJ], Revisionsaufsichtsbehörde [RAB]) beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem EDI bis Ende 2010 zu prüfen, ob Artikel 84 Absatz 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210) auf Gesetzesstufe konkretisiert werden soll. Der Bundesrat hat am 23. Februar 2011 den «Grundlagenbericht zur künftigen Ausgestaltung der Stiftungsaufsicht» vom 23. Dezember 2010 zur Kenntnis genommen und entschieden, es sei zu prüfen, ob im bestehenden gesetzlichen System die Prüfkriterien 2216

der Aufsicht präzisiert und die Berichterstattung der Stiftungsorgane geregelt werden sollten. Die Stiftungsaufsicht wäre dabei wie bisher auf eine reine Rechtsaufsicht beschränkt und hätte lediglich zu kontrollieren, ob die Tätigkeit der Stiftungsorgane mit Gesetz, Stiftungsurkunde und Reglementen im Einklang steht. Das EJPD hat unter Beizug der Kantone und der interessierten Kreise zu prüfen, ob und wie die Rechtsgrundlagen präzisiert werden sollen, und dem Bundesrat bis Ende 2012 Bericht zu erstatten. Festhalten möchte der Bundesrat auch an der bestehenden direkten Beaufsichtigung der Stiftungen durch die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Kantone. Eine Delegation der Kontrolle an externe Revisorinnen und Revisoren wäre für die Stiftungen mit zusätzlichen Kosten verbunden. Zudem würde sich die Frage nach einer besonderen Zulassung dieser Revisorinnen und Revisoren stellen. Prüfen liess der Bundesrat auch, ob das bisherige System der unmittelbaren behördlichen Aufsicht durch Bund und Kantone mit einer Oberaufsicht ergänzt werden soll. Er erteilte dem EDI am 23. Februar 2011 einen entsprechenden Auftrag.

2

Zivilrechtliche Aspekte

2.1

Schweizerisches Recht

Mit der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Revision des Stiftungsrechts und des Stiftungssteuerrechts ist dem Gesetzgeber eine nachhaltige Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Errichtung von Stiftungen gelungen. Nichtsdestotrotz werden seitens des Motionärs mit Blick auf internationale Entwicklungen weitere Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz verlangt. Nachdem die Motion von Ständerat Luginbühl im Parlament auf Zustimmung stiess, wurden inzwischen vereinzelt kritische Stimmen in Bezug auf eine erneute Änderung der zivilrechtlichen Grundlagen des Stiftungsrechts geäussert, insbesondere im Hinblick auf eine Anpassung des schweizerischen Rechts an die europäischen Entwicklungen.

Der Bundesrat erachtet den Stiftungsstandort Schweiz als erfolgreich, was sich beispielsweise an der Anzahl der vom EDI beaufsichtigten Stiftungen belegen lässt: Während im Jahr 2000 1925 Stiftungen der Bundesaufsicht unterstellt waren, ist diese Zahl im Jahr 2011 auf 3561 Stiftungen angewachsen1. Ein wesentlicher Grund für diese positive Entwicklung im Stiftungswesen liegt zweifellos in der Stabilität und der Voraussehbarkeit des schweizerischen Rechts. Die meisten Stifterinnen und Stifter verfolgen mit der Errichtung einer Stiftung langfristige Projekte und sind daher auf eine beständige Rechtsordnung angewiesen. Sofern keine absolut zwingende Notwendigkeit für eine Gesetzesrevision besteht, sollte deshalb von einer Änderung der bewährten Rechtsgrundlagen abgesehen werden. Die Voraussetzungen für einen attraktiven Stiftungsstandort sollten daher nur mit grösster Vorsicht angepasst werden.

1

www.edi.admin.ch/esv/05263/05265/index.html?lang=de

2217

2.2

Europäisches Recht

Der Motionär verlangt eine Anpassung der zivil- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen an die europäische Entwicklung für gemeinnützige Stiftungen, obwohl es im Zeitpunkt der Einreichung des Vorstosses noch kein EU-weit harmonisiertes Stiftungsrecht gab, sondern erst eine Machbarkeitsstudie für die Schaffung einer «Europäischen Stiftung» vorlag.2 Das BJ hat die Machbarkeitsstudie analysiert und kam im Spätsommer 2009 zum Schluss, dass die schweizerische Stiftung die geforderten Charakteristika einer «Europäischen Stiftung» (Fundatio Europaea; FE) im Wesentlichen erfüllt. Zu dieser Einschätzung gelangte auch Prof. Dominique Jakob, Inhaber des Lehrstuhls Privatrecht/Zentrum für Stiftungsrecht der Universität Zürich.3 Im Februar 2011 liess das Europäische Parlament verlauten, dass es mehrheitlich die Schaffung eines gemeinsamen Statuts einer «Europäischen Stiftung» unterstütze.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hat die Ausarbeitung eines Entwurfs für ein «Europäisches Stiftungsstatut» in Aussicht gestellt, worauf die Europäische Kommission aufgefordert wurde, einen entsprechenden Gesetzesentwurf auszuarbeiten, der dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament zur Verabschiedung unterbreitet werden kann.

Die Europäische Kommission hat am 8. Februar 2012 einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der FE4 vorgelegt, die sich auf Erkenntnisse stützt, welche die Kommission im Rahmen einer Durchführbarkeitsstudie und zweier öffentlicher Konsultationen gewonnen hatte. Die Verordnung zielt darauf ab, dass Stiftungen, deren Tätigkeit sich über mehrere Mitgliedstaaten erstreckt, effektiver und insbesondere unter erheblicher Entlastung von bürokratischem Aufwand handeln können.

Unter der FE versteht der Verordnungsentwurf eine «für einen gemeinnützigen Zweck gesondert errichtete Einrichtung», die beispielsweise Kunst, Kultur und Umweltschutz, Bürger- und Menschenrechten, aber auch Wissenschaft, Forschung und Innovation gewidmet sein kann. Zur Errichtung einer FE bedarf es einer Tätigkeit in mindestens zwei Mitgliedstaaten sowie eines Vermögens von mindestens 25 000 Euro. Der Verordnungsentwurf verleiht der FE in allen Mitgliedstaaten Rechtspersönlichkeit und räumt ihr uneingeschränkte Handlungsfähigkeiten in allen Mitgliedstaaten ein. Es steht der FE ­ vorbehaltlich
einer anderen Regelung in der Satzung ­ frei, einer Handelstätigkeit oder sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen, vorausgesetzt, der «Gewinn wird ausschliesslich zur Verfolgung ihres gemeinnützigen Zwecks» verwendet. Auch der Mindestinhalt der Satzung einer FE wird durch den Verordnungsentwurf geregelt. Die FE bedarf der Registrierung in einem Mitgliedstaat, wobei es den Mitgliedstaaten im Einzelnen überlassen bleibt, welches Register zuständig ist. Die Leitung einer FE erfolgt durch einen aus mindestens drei Mitgliedern bestehenden Vorstand. Die FE unterliegt der Aufsicht durch eine Behörde, die in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU zu bestimmen ist. Diese stellt sicher, dass der Vorstand im Einklang mit der Satzung der FE, dieser Verordnung sowie dem anwendbaren innerstaatlichen Recht handelt. Die Sitzstaaten sind 2 3 4

http://ec.europa.eu/internal_market/company/docs/eufoundation/feasibilitystudy_en.pdf Vgl. Dominique Jakob, Das Stiftungsrecht der Schweiz im Europa des dritten Jahrtausends, SJZ 104 (2008), S. 542.

COM(2012)35 final; vgl. auch den Textvorschlag unter dem Link: http://ec.europa.eu/internal_market/company/eufoundation/index_de.htm

2218

verpflichtet, die FE in Bezug auf Einkommen- und Ertragsteuern, Schenkungs- und Erbschaftsteuern, Grundsteuer, Übertragungssteuern, Eintragungs- und Stempelgebühren sowie ähnliche Abgaben in gleicher Weise wie gemeinnützige Einrichtungen des Sitzstaates zu behandeln.

2.3

Mögliche Massnahmen zur Umsetzung der Motion

Mit Blick auf die Vorgaben der Motion Luginbühl und des Bundesratsbeschlusses vom 23. Februar 2011 sollen nachstehend mögliche Massnahmen im Zivilgesetzbuch geprüft werden. Die folgenden Ausführungen stützen sich auch auf die Auswertung der Stellungnahmen der kantonalen Stiftungsaufsichtsbehörden zum Grundlagenbericht über die künftige Ausgestaltung der Stiftungsaufsicht und auf verwaltungsinterne Abklärungen. Sie beziehen zudem Hinweise auf allfällige Änderungen ein, welche sich aufgrund der Anforderungen der FATF/GAFI bzw. der OECD in Bezug auf Transparenz, Corporate Governance, Berichterstattungspflicht usw. aufdrängen. Die nachstehenden Ausführungen verstehen sich in Übereinstimmung mit der Motion als Erfüllung des Prüfauftrages.

2.3.1

Präzisierung der Definition der Stiftung

Vorab wurde geprüft, ob die gesetzliche Definition der Stiftung präziser gefasst werden müsse, indem die wesentlichen Bedeutungen des Begriffs und damit die gesetzlichen Verwendungszwecke von Stiftungen genauer umschrieben werden.

Damit liesse sich die Stiftung klarer von anderen juristischen Personen abgrenzen.

Eine Präzisierung der aktuellen gesetzlichen Definition der Stiftung ist nicht zwingend, zumal die wesentlichen Merkmale dieser Rechtsform (Zweckwidmung; Vorhandensein von Destinatären; keine Thesaurierung) in der Rechtsprechung, Lehre und Rechtsanwendung anerkannt sind. Aufgrund dieser typischen Wesensmerkmale können Stiftungen nicht für beliebige Zwecke eingesetzt werden, sondern sind von Rechts wegen auf bestimmte Verwendungszwecke beschränkt. Auch unter dem geltenden Recht müssen potenzielle Stifterinnen und Stifter vorgängig prüfen, ob diese Rechtsform ihren Bedürfnissen und Zielsetzungen genügt.

Eine Beschränkung der Stiftung auf gemeinnützige Zwecke wie bei der FE greift angesichts der Rechtswirklichkeit in der Schweiz nicht und war mitunter auch ein Grund für die breite Ablehnung des Vorentwurfs für eine Revision des Stiftungsrechts von 1993, in dem vorgesehen war, dass Stiftungen keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen dürfen. Die Beschränkung der FE auf gemeinnützige Zwecke erklärt sich aus dem Umstand, dass dieses Konstrukt grenzüberschreitend angelegt ist und eine subsidiäre Alternative zu den Stiftungen des nationalen Rechts bildet.

Aus Gründen der Rechtssicherheit werden die im Zivil- und Steuerrecht der meisten EU-Mitgliedstaaten akzeptierten gemeinnützigen Zwecke erschöpfend definiert. Die Gemeinnützigkeit im schweizerischen Recht ist im Wesentlichen ein Begriff des Steuerrechts, der insbesondere im Hinblick auf die Steuerbefreiung relevant ist.

«Gemeinnützigkeit» setzt voraus, dass die Tätigkeit uneigennützig (d.h. altruistisch) und im allgemeinen Interesse (d.h. Eigeninteressen sind von untergeordneter Bedeutung) ausgeübt wird. Eine Einschränkung der schweizerischen Stiftung auf gemeinnützige Zwecke hätte angesichts der Rechtswirklichkeit einen Rückschritt zur Folge, 2219

der im Widerspruch zur Zielsetzung der Motion Luginbühl stehen würde. Die Stiftungen des schweizerischen Rechts wären zwar wie die FE gemeinnützig, nicht aber gewisse Stiftungen des nationalen Rechts einzelner EU-Mitgliedstaaten, die für weitere Verwendungszwecke offenstehen, von denen die Stiftung des schweizerischen Rechts ausgeschlossen wäre. Eine Selbstbeschränkung auf gemeinnützige Zwecke ist daher abzulehnen, weil sie den Anliegen der Motion Luginbühl entgegenstehen würde.

In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, ob es sinnvoll ist, sog. «Unterarten» von Stiftungen positivrechtlich zu regeln. Es geht dabei mit Blick auf das deutsche Stiftungsrecht primär um die juristisch unselbstständige «Zustiftung» im Sinne einer Zuwendung in den Vermögensstock einer bereits bestehenden Stiftung. Das «zugestiftete» Vermögen ist an den Zweck der Stiftung gebunden oder wird einem Sonderzweck innerhalb der von der Stiftung verfolgten Ziele dienstbar gemacht. Diese Möglichkeit gestattet es, Vermögenszuwendungen in eine bestehende Infrastruktur einzubinden, damit die Mittel im Sinne des Zustifters oder der Zustifterin effizienter und dauerhaft einem Zweck zugutekommen. In der Schweiz gibt es bereits heute diverse solche «Zustiftungen», ohne dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt.

«Zustiftungen» beruhen regelmässig auf einer Vereinbarung zwischen den «Zustiftern» und der Stiftung. Da die privatautonome Ausgestaltung dieser «Unterstiftungen» in der Praxis funktioniert, ist kein Bedarf nach einer gesetzlichen Regelung für «Zustiftungen» auszumachen.

2.3.2

Formelle Erleichterungen für die Errichtung und den Mindestinhalt der Stiftungsurkunde

Im Rahmen der Prüfung der Anliegen der Motion Luginbühl wurde insbesondere mit Blick auf die Regelung der FE die Frage aufgeworfen, ob die gesetzliche Pflicht zur öffentlichen Beurkundung einer Stiftungserrichtung unter Lebenden abzuschaffen sei. Dadurch liessen sich die Modalitäten zur Errichtung von Stiftungen vereinfachen bzw. an die Formvorschriften über die Verfügung von Todes wegen sowie an die europäischen Entwicklungen angleichen; im Gegenzug müsste der Mindestinhalt der Stiftungsurkunde im Gesetz präzisiert werden.

Diese Erleichterung erscheint auf den ersten Blick von Interesse, weist bei näherer Betrachtung aber auch Nachteile auf. Der Verzicht auf den Beizug einer Urkundsperson macht es nötig, den Mindestinhalt der Stiftungsurkunde im Gesetz detailliert aufzuführen, damit die Stifterin oder der Stifter in der Lage ist, die Urkunde weitgehend selbstständig auszuarbeiten. Dies würde jedoch zu einem Eingriff in die aktuelle liberale Ordnung führen. Die Lösung des geltenden Rechts geht vom umgekehrten Ansatz aus und verzichtet ­ im Gegensatz zum europäischen Recht ­ auf eine eingehende Regelung des Mindestinhalts der Stiftungsurkunde, was im Gegenzug aber voraussetzt, dass bei der Errichtung Kenntnisse einer Urkundsperson in Anspruch zu nehmen sind. Es sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, die eine Systemumkehr als zwingend erscheinen lassen, zumal der Vorschlag, den Mindestinhalt der Urkunde im Gesetz festzuhalten, im gescheiterten Expertenentwurf von 1993 enthalten war und auch anlässlich der Revision des Stiftungsrechts von 2004 nicht übernommen wurde.

2220

2.3.3

Pflicht zum Handelsregistereintrag

Die Kritik, die Schweiz sei ein intransparenter Finanzplatz, und die Bestrebungen seitens der FATF/GAFI sowie der OECD zu mehr Transparenz verlangen nach der Einführung einer allgemeinen Pflicht zur Eintragung sämtlicher Stiftungen in das Handelsregister.5 Mit einer generellen Eintragungspflicht von privatrechtlichen Stiftungen in das Handelsregister (einschliesslich der bislang davon ausgenommenen kirchlichen Stiftungen und Familienstiftungen) liesse sich das Anliegen nach mehr Transparenz verwirklichen. Damit könnte auch der international vermehrt gestellten Forderung nach umfassender Transparenz zur Bekämpfung der Geldwäscherei, des Terrorismus und der Steuerhinterziehung begegnet werden. Die Forderung nach mehr Transparenz ist jedoch keine erklärte Zielsetzung der Motion und ist an dieser Stelle nicht weiterzuverfolgen.

Die allgemeine Registrierungspflicht von Stiftungen wird angesichts der künftigen Umsetzung der Vorgaben der FATF/GAFI und der OECD im schweizerischen Recht vertieft zu untersuchen sein.

2.3.4

Übernahme der Aufsicht durch die Aufsichtsbehörde vor der Eintragung ins Handelsregister

Bei einer nicht im Bereich der beruflichen Vorsorge tätigen Stiftung muss die Aufsichtsbehörde im Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister noch nicht bestimmt sein (vgl. BGE 120 II 374 E. 4, S. 379 ff.). Zuvor bestand teilweise die abweichende Praxis, welche zur Eintragung einer Stiftung in das Handelsregister die Bestätigung des zuständigen Gemeinwesens, die Aufsicht zu übernehmen, oder eine regelrechte Prüfung der Zulässigkeit der Stiftung und damit deren Eintragungsfähigkeit durch die Aufsichtsbehörde forderte6. Diese Vorgehensweise entbehrte nach Ansicht des Bundesgerichts bei den gewöhnlichen Stiftungen jeglicher gesetzlichen Grundlage7.

Das gesetzeskonforme Verfahren wurde daraufhin in der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV; SR 221.411) positivrechtlich normiert, wodurch es den Stifterinnen und Stiftern auch ohne Mitwirkung der Aufsichtsbehörde möglich ist, ihre Stiftung rasch zu errichten und im Handelsregister eintragen zu lassen.

Der administrative Aufwand, die Informationspflichten sowie die im Nachgang zum Handelsregistereintrag stattfindende Koordinationsarbeit würden an sich eine Vereinfachung des aktuellen Verfahrens nahelegen. Dadurch würde aber ein vorgängi5

6

7

Nach Schätzungen wären bei einer allgemeinen Eintragungspflicht zwischen 100 bis höchstens 1000 Familienstiftungen (vgl. Grüninger Harold, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 4. Auflage, Basel 2011, Art. 335 N 3) neu im Handelsregister einzutragen, was angesichts der Gesamtzahl der eingetragenen Stiftungen (2011: 17 761) keine übermässige Zahl darstellt.

Vgl. Rebsamen Karl, Handbuch für das Handelsregister, 2. Aufl., Basel 1993, S. 169, und Hahnloser Bernhard, Die Stiftungsaufsicht, Schriftenreihe Arbeitsgemeinschaft für gemeinnützige Stiftungen, Heft l, Basel 1989, S. 9/10, sowie z.B. VPB 52 1988 Nr. 55.

Vgl. auch Riemer Hans Michael, in: Arthur Meier-Hayoz [Hrsg.], Berner Kommentar; Band I: Einleitung und Personenrecht, 3. Abteilung: Die juristischen Personen, 3. Teilband: Die Stiftungen, Systematischer Teil und Kommentar zu Art. 80­89bis ZGB, Bern 1975, Art. 81 N 99.

2221

ges Bewilligungsverfahren eingeführt, was dem aktuellen Bestreben nach einer Reduktion der administrativen Verfahren entgegenstünde.

2.3.5

Präzisierung der Regeln zur Organisation von Stiftungen

Es gilt weiter zu prüfen, inwieweit die Regeln zur Organisation von Stiftungen allenfalls zu präzisieren wären, so namentlich durch Konkretisierung der Aufgaben des obersten Stiftungsorgans. Damit liessen sich die Anliegen der Corporate Governance im Bereich des Stiftungsrechts auf der Grundlage positivrechtlicher Normen umsetzen (sog. Foundation Governance).

Im Gegensatz zu den körperschaftlich organisierten Rechtsformen, bei denen die Gesellschafterversammlung einen gewissen Einfluss auf die Rechtseinheit ausüben kann, verfügt eine Stiftung als rechtlich verselbstständigtes Vermögen über kein solches Organ, sodass die Wahrung des Stiftungszwecks der staatlichen Aufsicht unterstellt wird. Werden die Rechte und Pflichten der verschiedenen involvierten Akteure und Akteurinnen klar geregelt, so lassen sich die rechtlich relevanten Handlungsspielräume und Verantwortlichkeiten sinnvoll abgrenzen. Dies würde auch der Konzeption der FE entsprechen, die eine eingehende Regelung zur Organisation der Stiftung und der Aufgaben deren Organe vorsieht.

Dies wurde von den Stiftungskreisen sehr wohl erkannt: Verschiedene Selbstregulierungswerke mit mehr oder weniger detaillierten Richtlinien oder Empfehlungen erläutern die Grundsätze für die Leitung und Verwaltung einer Stiftung, die Aufgaben des Stiftungsrates, die operative Leitung (Geschäftsführung), die Grundsätze der Transparenz und Rechenschaftsablage sowie die Organverantwortlichkeit.8 Zahlreiche Stiftungen ziehen diese Regeln der stiftungsinternen self governance vermehrt auf freiwilliger Basis als Führungs- und Kontrollinstrumente für ihre Organe bei, sodass keine Notwendigkeit für eine umfassende gesetzliche Regelung besteht, wie sie im europäischen Recht vorgesehen ist. Andernfalls riskiert das schweizerische Stiftungsrecht seine vielgepriesene Liberalität einzuschränken, ohne dass dafür ein sachlicher Grund bestünde. Im heutigen Zeitpunkt ist deshalb den Selbstregulierungsbestrebungen der Stiftungen der Vorzug zu geben.

2.3.6

Stiftungsaufsicht

Allgemeines Gemäss dem Zusatzauftrag der WAK-N ist überdies zu prüfen, ob und inwieweit es zweckmässig ist, eine Revision der Stiftungsaufsicht vorzunehmen.

Im heutigen Recht sind die Förderstiftungen von Rechts wegen der staatlichen Aufsicht unterworfen. Die Stiftungsaufsicht will das Fehlen eines unmittelbaren, auf Beteiligung gründenden Selbstbestimmungsrechts des Zweckvermögens ausgleichen. Sie dient dem Schutz der Interessen des Stifters und der Destinatäre. Zentrales 8

Swiss Foundation Code des Verbandes der Schweizer Förderstiftungen vom 25. Oktober 2005; Swiss NPO-Code der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten grosser Hilfswerke vom 31. März 2006.

2222

Anliegen der Aufsicht ist die Wahrung der privaten und öffentlichen, durch die Stiftung verfolgten Interessen, die sich nicht mit den subjektiven Interessen der Stiftungsorgane decken müssen. Der Staat übernimmt damit die Funktion eines unabhängigen Garanten, der die Beachtung des Rechts durch die Stiftungsorgane sicherstellt. Die Aufsichtstätigkeit besteht im Wesentlichen in der Kontrolle der Verwirklichung des Stifterwillens. Die Aufsichtsbehörde hat also insbesondere einzuschreiten, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet erscheint. Dabei ist zu beachten, dass das Handeln der Stiftungsorgane, so insbesondere die erforderliche Entscheidungsfreiheit, nicht unnötig beschränkt werden darf und dass in Ermessensfragen nur sehr zurückhaltend geprüft werden soll, ob der zustehende Beurteilungsspielraum innerhalt der rechtlichen Schranken korrekt ausgeübt wurde.

Die Aufsichtsbehörden prüfen gestützt auf Artikel 84 Absatz 2 ZGB die zweckmässige Verwendung des Stiftungsvermögens, die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben (Gesetz, Stiftungsurkunde, Reglemente) sowie die Anlagepolitik.9 Bei der Anlage von Stiftungsvermögen sind die Grundsätze der Liquidität, der Rendite, der Sicherheit, der Risikoverteilung und der Substanzerhaltung zu beachten. Die Aufsichtsbehörde überprüft Entscheide über die Vermögensanlage, wobei die vorgenannten Grundsätze unter Berücksichtigung der gesamten Umstände und der Verhältnismässigkeit so anzuwenden sind, dass dem Stiftungszweck dauerhaft Nachachtung verschafft wird (vgl. dazu insb. BGE 124 III 99 E. 2a). Dabei ist von einer nach kaufmännischen Grundsätzen ausgerichteten sorgfältigen Verwaltung auszugehen, in deren Rahmen den Stiftungsorganen in Bezug auf die Vermögensanlage eine möglichst grosse Entscheidungsfreiheit zuzugestehen ist. Dieses Ermessen ermöglicht es den Aufsichtsbehörden, den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen zu können, weshalb die geltende Regelung beibehalten werden sollte.

Gemäss Artikel 84 ZGB stehen die Stiftungen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. Die Bundesaufsicht wird dabei über die Stiftungen ausgeübt, welche national oder international wirken, die kantonale Aufsicht über Stiftungen, welche lokal oder kantonsweit wirken. Bei einem Oberaufsichtssystem würde die
Aufsicht über sämtliche klassischen Stiftungen, also auch über jene, die nach geltendem Recht vom Bund beaufsichtigt werden, von den kantonalen Stiftungsaufsichtsbehörden ausgeübt, dem Bund käme neu eine Oberaufsichtskompetenz zu. Es wäre indessen vor dem Hintergrund der Vielfalt der Stiftungszwecke und der Stiftungstätigkeiten, welche ihrerseits Ausfluss der den klassischen Stiftungen zugestandenen Privatautonomie bilden, nicht möglich, einer neuen Oberaufsichtsbehörde sinnvolle Aufgaben zu übertragen.

Dies gilt namentlich in Bezug auf allfällige Weisungskompetenzen einer neuen Oberaufsichtsbehörde gegenüber den kantonalen Aufsichtsbehörden. Die Weisungen müssten sich auf «sehr allgemeine» Fragen beschränken, welche jedoch von der Rechtsprechung bereits weitestgehend geklärt sind oder bei Bedarf noch geklärt werden können. Ein Oberaufsichtssystem würde somit bei den klassischen Stiftungen keinen Mehrwert bringen. Es bestünde im Gegenteil die Gefahr, dass damit die Aufsicht über die Stiftungen unnötig verkompliziert und verteuert würde.

9

Vgl. dazu Grüninger Harold, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 4. Auflage, Basel 2011, Art. 84 N 14a f.

2223

Stellungnahme der BVG- und Stiftungsaufsichtsbehörden Die im «Grundlagenbericht zur künftigen Ausgestaltung der Stiftungsaufsicht» des BJ/EDI vom 23. Dezember 2010 aufgezeigten möglichen Ausgestaltungsformen der Aufsicht haben Auswirkungen auf die Organisation und die Kompetenzen der involvierten Akteure und Akteurinnen. Im Hinblick auf den Entscheid über die Zielrichtung der Revision wurden die schweizerischen Stiftungsaufsichtsbehörden eingeladen, ihren Standpunkt darzulegen und Wünsche zu äussern. Die schweizerische Konferenz der kantonalen BVG- und Stiftungsaufsichtsbehörden hat am 24. Februar 2012 stellvertretend für alle Aufsichtsbehörden schriftlich Stellung bezogen. Die Resultate lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die kantonalen Aufsichtsbehörden sehen im Bereich der klassischen Stiftungen grundsätzlich keinen Bedarf an einer gesetzlichen Präzisierung der Gesetzesgrundlagen zur Stiftungsaufsicht. Die meisten kantonalen Aufsichtsbehörden verfügen über kantonalrechtliche Verordnungen, in denen die Stiftungsaufsicht bzw. die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden detailliert geregelt wird. Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde ist eine Rechtsaufsicht: Im Rahmen von Aufsichtsmassnahmen prüft die Aufsichtsbehörde auf der Grundlage der Berichte des Stiftungsrates und der Revisionsstelle, der Jahresrechnung inklusive Anhängen sowie spezifischer Erläuterungen von weiteren sachkundigen Personen, ob die Leitungs- oder Verwaltungsorgane der Stiftung rechtskonform gehandelt haben. Soweit andere Stellen (bspw.

Subventionsgeber) eine spezifische Fachaufsicht ausüben, stützen sich die Aufsichtsbehörden bei ihrer Tätigkeit auf deren Berichte und Feststellungen.

Die kantonalen bzw. regionalen Aufsichtsbehörden erachten das heutige System der unmittelbaren behördlichen Aufsicht für zweckmässig. Es ist zwingend, dass eine räumliche Nähe zu den beaufsichtigten Anstalten besteht, damit deren Tätigkeiten beurteilt werden können. Die Aufsichtsbehörden stützen sich auf die Feststellungen der Revisionsstellen und die Berichte und Informationen des Stiftungsrates. Erforderlichenfalls gestatten es die kantonalen Verordnungen den Aufsichtsbehörden, besondere Prüfaufträge zu erteilen, wenn der Beizug von weiteren Fachpersonen oder die Einholung von Expertisen oder Gutachten für eine verlässliche Beurteilung der Stiftung
angezeigt ist. Im Rahmen der ordentlichen Revision sind ausserdem eine Aussage zu den internen Kontrollmechanismen einer Stiftung abzugeben und eine Risikobeurteilung vorzunehmen, sodass die Aufsichtsbehörden Kenntnis von allfälligen Defiziten erlangen. Es ist nach Auffassung der Aufsichtsbehörden nicht erforderlich, das heutige behördliche Kontrollsystem durch eine mediatisierte Aufsicht zu ersetzen.

In den verschiedenen kantonalen Verordnungen sind die Aufsichtsmittel bereits eingehend geregelt, sodass eine zusätzliche gesetzliche Normierung auf Bundesebene nicht zweckmässig erscheint. Die Aufsichtsbehörde muss immer im Einzelfall entscheiden, welche Massnahme verhältnismässig und zielführend ist. Zudem ist es schwierig, die Massnahmen in allgemein gültiger Weise zu präzisieren. Die beaufsichtigten Stiftungen und Institutionen sind derart unterschiedlicher Natur (von reinen Förderstiftungen bis hin zu Unternehmensstiftungen), dass eine Präzisierung in gewissen Teilbereichen eine Verstärkung der Aufsicht bewirken würde, während dieselben Bestimmungen in anderen Bereichen aus sachlichen Gründen nicht angewandt werden könnten. Die von den Stiftungen einzureichenden Belege sind in den meisten kantonalen Verordnungen geregelt (bspw. Bericht des Stiftungsrates, Bericht der Revisionsstelle mitsamt der entsprechenden Jahresrechnung inklusive Anhängen), sodass die Gefahr einer Überregulierung besteht, wenn auf Bundesebene 2224

zusätzliche Vorgaben eingeführt würden. Gegebenenfalls müsste im Rahmen der Bestimmungen zur Rechnungslegung präziser auf die Eigenheiten der Stiftungen eingegangen werden, was aber eine Frage des materiellen Rechts bildet. Das revidierte Rechnungslegungsrecht, das am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, hat unmittelbare Auswirkungen auf die Stiftungen, so namentlich bei Stiftungen, die der ordentlichen Revisionspflicht unterstellt sind. Diese werden zusätzlich einen Abschluss nach anerkannten Standards zur Rechnungslegung (Art. 962a Abs. 5 OR) oder eine Konzernrechnung nach anerkannten Standards (Art. 963b Abs. 1 OR) erstellen müssen.

Die schweizerische Konferenz der kantonalen BVG- und Stiftungsaufsichtsbehörden hält abschliessend fest, dass im Bereich der klassischen Stiftungen nur wenig aufsichtsrechtliche Probleme bestehen (so insb. personelle Zusammensetzung der Organe; Interessenkonflikte von Personen innerhalb der Stiftung; strafrechtlich relevantes Handeln von Personen wie Veruntreuung, persönliche Bereicherung). Im Einzelfall schreiten die Aufsichtsbehörden rasch ein und versuchen eine Eskalation der Probleme zu verhindern. Themen wie Loyalität, erhöhte Transparenz oder Bekämpfung von Geldwäscherei sind zwar zunehmend von Bedeutung, lassen sich jedoch nicht allein mit Gesetzesvorschriften lösen. Ferner wird auch die Einführung eines Oberaufsichtsmodells abgelehnt.

Der Bundesrat kann sich dieser Argumentation anschliessen. Es ist daher am heutigen System der Stiftungsaufsicht festzuhalten, da keine zwingenden Gründe für eine grundlegende Reform sprechen.

2.3.7

Verkürzung oder Aufhebung der Frist für eine Zweckänderung durch die Stifterin oder den Stifter

Des Weiteren ist zu prüfen, ob im Rahmen einer allfälligen Revision des Stiftungsrechts in Artikel 86a Absatz 1 ZGB die minimale Zehnjahresfrist für die Änderung des Stiftungszwecks auf Antrag des Stifters oder aufgrund von dessen Verfügung von Todes wegen nicht verkürzt oder gar abgeschafft werden soll.

Anlässlich des «2. Schweizer Stiftungsforums» vom 8. September 2009 wurde vereinzelt geltend gemacht, die Änderung des Zwecks auf Antrag des Stifters oder aufgrund einer Verfügung von Todes wegen solle nicht erst nach zehn Jahren möglich sein, wie dies in Artikel 86a Absatz 1 ZGB vorgesehen wird, da namentlich bei noch lebenden Stiftern doch schon vor Ablauf der Zehnjahresfrist ein Bedürfnis nach einer Änderung des Stiftungszwecks entstehen könne.

Die eingeschränkte Möglichkeit, den Stiftungszweck zu ändern, war bereits vor der Revision des schweizerischen Stiftungsrechts, welche am 1. Januar 2006 in Kraft trat, ein langjähriger Kritikpunkt. Die Ansetzung der Frist auf zehn Jahre soll bewirken und gewährleisten, dass die Stiftung in ihrer Tätigkeit nicht durch rasch abfolgende Zweckänderungen behindert wird.10

10

Vgl. Sprecher Thomas, Die Revision des schweizerischen Stiftungsrechts, Zürich 2006, Rz 217; Grüninger Harold, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 4. Auflage, Basel 2011, Art. 86a N 7.

2225

Objektive Aussagen darüber, ob diese Zehnjahresfrist unnötig starr ist oder nicht, können angesichts der kurzen Zeitdauer seit dem Erlass des revidierten Stiftungsrechts nicht gemacht werden. Vereinzelt wurde zwar der Wunsch nach einer entsprechenden Verkürzung geäussert, was aber nicht bedeutet, dass diesbezüglich ein dringender Handlungsbedarf besteht. Im Gegenteil: Eine massive Verkürzung oder sogar Aufhebung der Frist für die Zweckänderung würde in die Grundstruktur der Stiftung eingreifen. Diese ist von Rechts wegen als relativ starres Gebilde konzipiert, dessen Zweck auf längere Dauer ausgerichtet ist. Kann der Stifter den Zweck jederzeit ändern, so wird auch die Charakteristik der Stiftung geändert. Da keine konkrete Begründung vorgebracht wird, wonach sich die Zehnjahresfrist des Zweckvorbehaltes negativ auf die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz auswirken würde, besteht nach Auffassung des Bundesrates keine Notwendigkeit, diese Regelung bereits sechs Jahre nach deren Inkraftsetzung abzuändern.

2.3.8

Familienstiftungen

Eine Stiftung wird durch Bindung ihres Vermögens an eine bestimmte Familie zur Familienstiftung. Entscheidendes Unterscheidungskriterium ist die Konzentration des Destinatärkreises auf Angehörige einer bestimmten Familie. Die Bezeichnung als Familienstiftung durch den Stifter oder die Stifterin ist für sich allein nicht ausschlaggebend. Es kommt vielmehr darauf an, welcher Sinn der Stiftungsurkunde ihrem ganzen Inhalt nach zukommt. Von Bedeutung sind namentlich die Bestimmungen über den Zweck der Stiftung und darüber, welchen Personen die Stiftung nach ihrem Zwecke zugutekommen soll.11 Familienstiftungen dürfen ausschliesslich der Bestreitung der Kosten für Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen oder ähnlichen Zwecken dienen (vgl. Art. 335 Abs. 1 ZGB). Die Errichtung von Familienfideikommissen ist vom Gesetz her explizit nicht gestattet (vgl. Art. 335 Abs. 2 ZGB). Die Familienstiftung darf somit nur in bestimmten Situationen Leistungen an die Begünstigten erbringen. Es dürfen keine Leistungen «einfach so», d.h. ohne besondere Voraussetzungen erbracht werden. Insbesondere sind reine Unterhalts- oder Genussstiftungen unzulässig.12 Da Familienstiftungen weder im Handelsregister einzutragen sind, noch einer staatlichen Aufsicht unterstehen, finden sich kaum verlässliche Aussagen über die Anzahl solcher unter schweizerischem Recht errichteten Stiftungen.13 In den letzten Jahren soll die Familienstiftung in der Schweiz stark an Attraktivität eingebüsst haben, was auf eine zunehmend restriktive Handhabung der Vorgaben von Artikel 335 ZGB zurückzuführen sei.14 Artikel 335 ZGB statuiert eine doppelte Beschränkung:

11 12 13

14

Vgl. Grüninger, a.a.O., Art. 87 N 1.

Vgl. Grüninger, a.a.O., Art. 335, N 6 ff.

Gemäss Grüninger Harold, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 4. Auflage, Basel 2011, Art. 335 N 3 soll es sich um 100 bis 1000 Familienstiftungen handeln.

Vgl. Entscheid des BGer. A.457/2001 vom 4. März 2002, E. 4.5.

2226

­

in personeller Hinsicht: Der Destinatärkreis ist auf Familienangehörige beschränkt.

­

in sachlicher Hinsicht: Die möglichen Zwecke für eine Familienstiftung werden in einem abschliessenden Katalog (Erziehung, Ausstattung, Unterstützung und ähnliche Zwecke) aufgeführt. Untersagt sind somit Familienstiftungen, die «den Begünstigten Vorteile aus dem Stiftungsvermögen ohne besondere, an bestimmte Lebenslagen anknüpfende Voraussetzungen einfach deshalb zukommen lassen, um eine höhere oder angenehmere Lebenshaltung zu gestatten».15 Voraussetzungslos begünstigende, sog. Unterhalts- oder Genussstiftungen sind daher unzulässig.16

Aus diesem Grund werde in der Praxis auf «ausländische Vehikel» (z.B. die liechtensteinische Familienstiftung sowie der Trust) ausgewichen. In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass Artikel 335 ZGB der Errichtung von Trusts nicht entgegensteht, weil diese Regelung spätestens seit dem BGE 135 III 614 nicht mehr als Eingriffsnorm im Sinne von Artikel 16 des Übereinkommens vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung (SR 0.221.371) angesehen werden kann. Die Tatsache, dass wegen Artikel 335 ZGB für die Errichtung reiner Unterhaltsstiftungen in der Schweiz auf «ausländische Vehikel» ausgewichen werden muss, wurde vom Bundesgericht jedoch nicht als derart stossend beurteilt, dass es vom Gesetzgeber ein Tätigwerden verlangt hätte.

Gemäss einzelnen Lehrmeinungen stellt das Fehlen eines tauglichen Gefässes für die Nachfolgeplanung einen Nachteil der Schweiz im «Wettbewerb der Rechtsordnung» dar.17 Neben einem praktischen Bedürfnis wird für eine Revision von Artikel 335 ZGB auch ins Feld geführt, dass die deutsche, die österreichische und die liechtensteinische Rechtsordnung die Errichtung von Unterhaltsstiftungen grundsätzlich zulassen.18 Vor diesen Hintergrund wird teilweise in der juristischen Lehre dafür plädiert, Unterhaltsstiftungen künftig ebenfalls zuzulassen.19 Die Kritik am geltenden Recht trägt jedoch dem Umstand zu wenig Rechnung, dass der historische Gesetzgeber den Müssiggang bekämpfen und eine dauernde Bindung «zur toten Hand» vermeiden wollte. Eine ersatzlose Streichung von Artikel 335 Absatz 2 ZGB hätte zur Folge, dass Familienstiftungen auch als voraussetzungslos begünstigende Unterhalts- oder Genussstiftungen errichtet werden können, dafür aber befristet sein müssten, um so eine zeitlich unbeschränkte Vermögensbindung zu verhindern. In Anlehnung an die angelsächsischen Trusts und vergleichbare Rechts-

15 16

17 18

19

Vgl. BGE 108 II 393, 394; siehe auch BGer. 5C.9/2001 vom 18. Mai 2001, E. 3b.

Vgl. auch Opel Andrea, Hat die schweizerische Familienstiftung ausgedient?, Eine Analyse unter zivil- und steuerrechtlichem Blickwinkel mit Verbesserungsvorschlägen, in: Jusletter 31. August 2009, S. 3.

Vgl. Opel, a.a.O., S. 4.

Vgl. Opel, a.a.O., S. 2 und 5 mit Verweis auf Grüninger, BSK-ZGB I, Art. 335 N 18 ff., und Künzle Hans Rainer, Familienstiftung ­ Quo Vadis?, in: Breitschmid Peter et al.

[Hrsg.], Grundfragen der juristischen Person, Festschrift Hans Michael Riemer zum 65. Geburtstag, Bern 2007, S. 175 f.

Vgl. Grüninger, BSK-ZGB I, Art. 335 N 3; Hamm Michael/Peters Stefanie, Die schweizerische Familienstiftung ­ ein Auslaufmodell?, successio 2008, S. 251; Künzle, a.a.O, S. 189 ff.; Wach Thomas, Die angelsächsischen Trusts und die schweizerische Rechtsordnung, SJZ 83 (1987), S. 210, und Opel, a.a.O., S. 9.

2227

institute unserer Rechtsordnung (z.B. Nutzniessung) wäre es möglich, eine zeitliche Begrenzung der Stiftungsexistenz von beispielsweise 100 Jahren vorzuschlagen.20 Ob eine Neuregelung der Familienstiftung geeignet ist, eine Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz herbeizuführen, ist zu bezweifeln. Blosse Vermutungen oder rein fiskalische Gründe rechtfertigen keine Neuordnung des Privatrechts. Grundlegende Änderungen bei den Familienstiftungen würden zwangsläufig Aspekte des Ehegüter- und Erbrechts tangieren, was auch auf eine umfassende Neuregelung in diesen Bereichen hinauslaufen würde.

3

Fiskalische Aspekte

3.1

Stiftungsrechtliche Situation im Bereich der Mehrwertsteuer

3.1.1

Ausgangslage

Schweizerisches Recht Der Bundesrat hatte dem Parlament am 25. Juni 2008 mit der Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer eine Mehrwertsteuerreform in zwei Teilen unterbreitet.

Teil A enthielt den Entwurf einer Totalrevision des Mehrwertsteuergesetzes mit über 50 Einzelmassnahmen zur Entlastung der Unternehmen. Teil B sah darüber hinaus einen einheitlichen Steuersatz sowie eine deutliche Verringerung der Steuerausnahmen vor.

Mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Teil A der MWST-Reform; MWSTG; SR 641.20) trat am 1. Januar 2010 ein vollständig überarbeitetes Mehrwertsteuergesetz in Kraft. Die Ziele der Reform lagen generell in der deutlichen Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems, in der Gewährung grösstmöglicher Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen, in der Erhöhung der Transparenz sowie in einer verstärkten Kundenorientierung der Verwaltung. Grössere Übersichtlichkeit im Spendenbereich wurde insbesondere durch die Definition der Begriffe «Spende» und «gemeinnützige Organisation» in Artikel 3 Buchstaben i und j MWSTG erreicht. Der Inhalt der Regelungen entspricht weitgehend dem Artikel 33a aMWSTG und wurde mit der Steuerausnahme für Bekanntmachungsleistungen von gemeinnützigen Organisationen und an diese erweitert (vgl. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 27 MWSTG). Für den Begriff der Gemeinnützigkeit wird vollumfänglich auf die für die direkte Bundessteuer geltende Definition abgestellt.

Er spielt vor allem im Zusammenhang mit der höheren Umsatzgrenze von 150 000 Franken für die obligatorische Steuerpflicht von gemeinnützigen Stiftungen (Art. 10 Abs. 2 Bst. c MWSTG, die ordentliche Umsatzgrenze liegt bei 100 000 Franken) sowie für gewisse Ausnahmebestimmungen eine Rolle. So sind bestimmte Leistungen von gemeinnützigen Organisationen der Krankenpflege und des Jugendaustausches oder ­ wie erwähnt ­ auch Bekanntmachungsleistungen von gemeinnützigen Organisationen und an diese von der Mehrwertsteuer ausgenommen (Art. 21 Abs. 2 20

Vgl. z.B. auch Art. 749 Abs. 2 ZGB für die Nutzniessung; vgl. Sprecher Thomas, Die Revision des schweizerischen Stiftungsrechts, Zürich 2006, S. 83; Thorens Justin, L'art. 335 CCS et le trust de common law, in: Bolle Pierre-Henri [Hrsg.], Mélanges en l´honneur de Henri-Robert Schüpbach, Basel 2000, S. 160; Künzle, a.a.O., S. 186 und 192, welcher von einer Dauer von 50 Jahren spricht.

2228

Ziff. 8, 10, 17 und 27 MWSTG). Im Unterschied zum Recht der Europäischen Union (vgl. Art. 137 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsystem21 e contrario) können in der Schweiz ansässige Stiftungen in viel grösserem Umfang von der Steuer ausgenommene Umsätze freiwillig versteuern und so nach Artikel 10 MWSTG steuerpflichtig werden. Dies ist dann interessant, wenn die Vorsteuerlast auf den Investitionen und übrigen Aufwendungen grösser ist als die Steuerlast auf den freiwillig versteuerten Leistungen.

Als weitere Vereinfachung können Stiftungen nach der sog. Pauschalsteuersatzmethode abrechnen (Art. 37 Abs. 5 MWSTG i.V.m. Art. 97 ff. MWSTV). Pauschalsteuersätze sind Branchensätze, die im Sinne einer Pauschale die gesamte Vorsteuer berücksichtigen, die in den Bezügen von Waren, Dienstleistungen, Betriebsmitteln und Investitionsgütern enthalten sind. Mit der Anwendung der Pauschalsteuersatzmethode werden administrative Arbeiten hinsichtlich Buchhaltung und Mehrwertsteuerabrechnung wesentlich vereinfacht, weil die Ermittlung der Vorsteuer entfällt.

Das Parlament hat den Teil B der Mehrwertsteuerreform (Einheitssatz und Aufhebung der meisten Steuerausnahmen) am 21. Dezember 2011 definitiv an den Bundesrat zurückgewiesen, verbunden mit dem Auftrag zur Ausarbeitung eines Zweisatz-Modells. Der Bundesrat hat am 30. Januar 2013 die Zusatzbotschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (Zwei-Satz-Modell) verabschiedet, welche die Beibehaltung der Steuerausnahmen für den Stiftungsbereich vorsieht.

Europäisches Recht Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsystem (MwStSystRL) sieht in Artikel 132 Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten vor. Nach Artikel 133 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Gewährung von bestimmten dieser Steuerbefreiungen für Einrichtungen, die nicht Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall von der Erfüllung einer oder mehrerer der genannten Bedingungen abhängig machen. Die Mitgliedstaaten können somit in ihrem eigenen Recht selber festlegen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sie eine Einrichtung als gemeinnützig anerkennen. Ob eine Einrichtung als gemeinnützig anerkannt wird, hat Auswirkungen darauf, ob Umsätze von der Steuer
ausgenommen sind (z.B. Art. 132 Abs. 1 Bst. g, h und i MwStSystRL) sowie ob der reduzierte Steuersatz zur Anwendung kommt (Anhang III Ziff. 15 MwStSystRL).

Das deutsche Umsatzsteuergesetz vom 21. Februar 2005 (UStG; BGBl. I 2005, 386) sieht namentlich für gemeinnützige Körperschaften grundsätzlich die Anwendung des ermässigten Umsatzsteuersatzes von 7 % vor (§ 12 Abs. 2 Ziff. 8 Bst. a Satz 1 UStG). Als weitere Vorteile gewährt das UStG gemeinnützigen Körperschaften die Möglichkeit der Vorsteuerpauschalierung (§ 23a UStG; durch das «Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerlichen Engagements» stieg die Besteuerungsgrenze ab 1. Januar 2007 von 30 678 auf 35 000 Euro an) sowie die Vergütung der Vorsteuern (§ 4a UStG).

21

ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

2229

3.1.2

Beurteilung

Das totalrevidierte Mehrwertsteuergesetz ist erst seit dem 1. Januar 2010 in Kraft.

Die allgemeine administrative Vereinfachung und die erhöhte Rechtssicherheit, namentlich durch die Definition der Spende und der gemeinnützigen Organisation, wirken sich zweifellos positiv auch auf die Stiftungen aus. Auch die höhere Umsatzgrenze, die vielen Ausnahmebestimmungen und die Möglichkeit, die Steuer nach der Pauschalsteuersatzmethode abzurechnen, liegen im Interesse der gemeinnützigen Stiftungen. Das Schweizer Mehrwertsteuerrecht erlaubt zudem die freiwillige Versteuerung der meisten ausgenommenen Umsätze und damit das Recht auf Vorsteuerabzug in viel grösserem Umfang, als dies gemäss Unionsrecht möglich ist, wobei auch der Erhalt von Spenden für das Vorsteuerabzugsrecht unschädlich ist.

Einzig Subventionen führen zu einer anteilsmässigen Kürzung des Vorsteuerabzugs.

Dies wurde in den parlamentarischen Beratungen zum geltenden Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 so beschlossen (Art. 33 Abs. 2 MWSTG). In erster Linie aus finanzpolitischen Gründen ist ein Verzicht auf die Vorsteuerkürzung beim Erhalt von Subventionen nicht möglich. Ein solcher Verzicht würde zudem nicht automatisch zum vollen Vorsteuerabzugsrecht der gemeinnützigen Organisationen führen, da das Vorsteuerabzugsrecht an eine entsprechende unternehmerische Tätigkeit anknüpft. Eine unternehmerische Tätigkeit, die unter anderem eine Ausrichtung auf die Erzielung von Einnahmen aus Leistungen verlangt, liegt nach der Praxis der ESTV dann vor, wenn längerfristig mindestens 25 Prozent der Aufwendungen durch Entgelte aus Leistungen (exkl. Kapital- und Zinserträge) gedeckt sind.

Durch die Rückweisung des Teils B der Mehrwertsteuerreform hat sich die Ausgangslage seit der Einreichung der Motion Luginbühl massgeblich geändert. Mit der Aufhebung sämtlicher Steuerausnahmen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Soziales, Kultur und Sport, wie dies Teil B der MWST-Reform vorgesehen hatte, wären gemeinnützige Stiftungen, die selber Leistungen erbringen und nicht nur Mittel aus dem Ertrag ihres Stiftungsvermögens ausschütten, vermehrt steuerpflichtig geworden. Durch die Rückweisung und deren Umsetzung in der Zusatzbotschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (Zwei-Satz-Modell) vom 30. Januar 2013 bleiben diese Steuerausnahmen nun aber alle bestehen. Die
Steuerpflicht im Bereich der gemeinnützigen Stiftungen wird somit nicht ausgeweitet, wie dies in Teil B der MWST-Reform von Bundesrat geplant war.

Für den Bereich der Mehrwertsteuer drängen sich im internationalen Vergleich somit keine Verbesserungsmassnahmen auf.

3.2

Stiftungsrechtliche Situation im Bereich der direkten Steuern

3.2.1

Ausgangslage

Stiftungen werden gemäss Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe b DBG als juristische Personen besteuert. Die Gewinnsteuer der Stiftungen beträgt 4,25 Prozent des Reingewinnes (im Gegensatz zu 8,5 Prozent für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften), wobei Gewinne unter 5000 Franken nicht besteuert werden (vgl. Art. 71 DBG). Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den 5000 Franken um eine Frei-

2230

grenze handelt, nicht um einen Freibetrag.22 Für die Gewinnermittlung der Stiftungen gelten die einheitlichen Gewinnermittlungsprinzipien gemäss DBG. Diese werden allerdings durch Artikel 66 Absatz 1 DBG ergänzt und präzisiert, wonach Einlagen in das Vermögen der Stiftungen nicht zum steuerbaren Gewinn gerechnet werden. Das StHG kennt ähnliche Regelungen (vgl. insbesondere Art. 20 Abs. 1 und Art. 26 Abs. 1 StHG), wobei allerdings weder ein Steuertarif noch ein Steuerfreibetrag im StHG enthalten sind.

Zudem sind Stiftungen gemäss Artikel 29 StHG auch kapitalsteuerpflichtig. Bei Stiftungen besteht das steuerbare Eigenkapital aus dem Reinvermögen, wie es nach den Bestimmungen für die natürlichen Personen berechnet wird (vgl. Art. 29 Abs. 2 Bst. c StHG).

3.2.2

Steuerbefreiung von Stiftungen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen

Stiftungen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, sind für den Gewinn, der ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet ist, von der Steuerpflicht befreit (vgl. Art. 56 Bst. g DBG). Gemäss StHG ist zudem das Kapital solcher Stiftungen ebenfalls von der Steuerpflicht befreit (vgl. Art. 23 Abs. 1 Bst. f StHG).

Eine Steuerbefreiung aufgrund der Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken setzt einerseits die Verfolgung eines Allgemeininteresses und andererseits die Uneigennützigkeit voraus. Ob eine bestimme Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit liegt, beurteilt sich nach der jeweils massgebenden Volksauffassung. Ein Allgemeininteresse wird regelmässig nur dann angenommen, wenn der Kreis der Destinatäre, denen die Förderung oder Unterstützung zukommt, grundsätzlich offen ist. Im Allgemeininteresse können Tätigkeiten in karitativen, humanitären, gesundheitsfördernden, ökologischen, erzieherischen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereichen liegen. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist das Allgemeininteresse unter dem DBG nicht mehr nur auf Tätigkeiten in der Schweiz begrenzt. Auch die weltweite Aktivität einer schweizerischen juristischen Person kann von der Steuerpflicht befreit werden, soweit deren Tätigkeit im Allgemeininteresse liegt und uneigennützig erfolgt.23 Uneigennützigkeit bedingt, dass für den im Allgemeininteresse liegenden Zweck von Körperschaftsmitgliedern oder Dritten ­ unter Hintansetzung der eigenen Interessen ­ Opfer erbracht werden. Zur Gewährung der Steuerbefreiung muss deshalb stets verlangt werden, dass keine eigenen Interessen verfolgt werden.

Voraussetzung für eine Steuerbefreiung wegen der Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken ist weiter das Fehlen von Erwerbs- oder Selbsthilfezwecken. Unternehmerische Zwecke sind grundsätzlich nicht gemeinnützig (vgl. Art. 56 Bst. g DBG).

Lediglich eine Erwerbstätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist erlaubt, wenn sie ein Mittel zum Zweck und nicht die einzige wirtschaftliche Grundlage der Stiftung

22

23

Vgl. Lutz Georg, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 2. Auflage, Basel 2008, Art. 71, N 2.

Vgl. dazu Kreisschreiben Nr. 12 der ESTV vom 8. Juli 1994 über die Steuerbefreiung juristischer Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke oder Kultuszwecke verfolgen [KS 12], Ziff. II./3./a.

2231

darstellt.24 Der Erwerb und die Verwaltung von wesentlichen Kapitalbeteiligungen an Unternehmen gelten als gemeinnützig, wenn das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist und keine geschäftsleitenden Tätigkeiten ausgeübt werden (vgl. Art. 56 Bst g DBG).

Bei den öffentlichen Zwecken handelt es sich hingegen nur um eine begrenzte Kategorie von Aufgaben, die eng an die Staatsaufgaben anzulehnen sind und grundsätzlich nicht verlangen, dass Opfer erbracht werden. Dabei ist zu beachten, dass juristischen Personen, die in erster Linie Erwerbs- oder Selbsthilfezwecke verfolgen, die Steuerbefreiung wegen der Verfolgung öffentlicher Zwecke grundsätzlich nicht gewährt werden kann, auch wenn sie zugleich öffentlichen Zwecken dienen. Vorbehalten bleibt eine Steuerbefreiung, wenn eine solche juristische Person durch öffentlich-rechtlichen Akt mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betraut wurde oder das Gemeinwesen zumindest ein ausdrückliches Interesse an der betreffenden juristischen Person ausgedrückt hat, eine gewisse Aufsicht des Gemeinwesens vorgesehen ist und darüber hinaus die ausschliessliche und unwiderrufliche Widmung des Eigenkapitals für den öffentlichen Zweck in den Statuten stipuliert wird.

Bei juristischen Personen ohne Erwerbs- oder Selbsthilfezwecke ist einzig notwendig, dass sie tatsächlich eine umfassende Tätigkeit zugunsten eines öffentlichen Zwecks ausüben und ihre finanziellen Mittel ausschliesslich und unwiderruflich ihrem statutarischen und tatsächlichen Zweck gewidmet sind und im Falle einer Liquidation der öffentlichen Hand oder einer steuerbefreiten Institution mit gleicher oder ähnlicher Zwecksetzung anheimfallen. Öffentlich sind dabei alle Zwecke eines Gemeinwesens, die in dessen ordentlichen Aufgabenkreis fallen.25 In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass es nach Ansicht der Arbeitsgruppe Steuerbefreiung der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) nicht erforderlich ist, dass die juristische Person ihren Sitz in der Schweiz hat.26 Dies dürfte insbesondere für Betriebsstätten von ausländischen juristischen Personen relevant sein.

Damit besteht bereits unter heutigem Recht die Möglichkeit, gemeinnützige Stiftungen sowie Stiftungen, die öffentliche Zwecke verfolgen, von der Steuerpflicht zu befreien. Bezüglich der
Besteuerung der gemeinnützigen Stiftungen besteht somit kein Handlungsbedarf im Sinne der Motion. Hingegen stellt sich die Frage, ob im Bereich der Abzugsfähigkeit von freiwilligen Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen eine Attraktivitätssteigerung des Stiftungsstandortes Schweiz über das Steuerrecht möglich ist.

In diesem Zusammenhang ist ergänzend auf die Motion 09.3343 von Ständerat Alex Kuprecht vom 20. März 2009 hinzuweisen. Diese fordert, dass Vereine ganz oder bis zu einem bestimmten Betrag steuerbefreit werden, sofern diese Vereine ihre Erträge und Vermögensmittel ausschliesslich für ideelle Zwecke verwenden. Im Rahmen der Umsetzung dieser Motion erarbeitet das EFD momentan einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Vorschlag einen inhaltlichen Zusammenhang mit der Motion Luginbühl aufweisen wird.

24 25 26

Vgl. dazu KS 12, Ziff. II./3/b.

Vgl. dazu KS 12, Ziff. II./4.

Vgl. Praxishinweise der SSK-Arbeitsgruppe Steuerbefreiung vom 18. Januar 2008 zur Steuerbefreiung juristischer Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke oder Kultuszwecke verfolgen, Ziff. 5./IV.

2232

3.2.3

Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass bereits gemäss geltendem Recht die freiwilligen Leistungen von Geld und übrigen Vermögenswerten an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz, die im Hinblick auf ihre öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecke von der Steuerpflicht befreit sind, von den Einkünften abgezogen werden.

Maximal abziehbar sind 20 Prozent der um die Aufwendungen (Art. 26­33 DBG) verminderten Einkünfte (vgl. Art. 33a DBG). Gleiches gilt auch im Bereich des StHG, wobei die Maximalabzüge vom kantonalen Recht bestimmt werden (vgl.

Art. 9 Abs. 2 Bst. i StHG). Im Bereich der juristischen Personen gelten solche freiwilligen Leistungen als geschäftsmässig begründeter Aufwand (vgl. Art. 59 Abs. 1 Bst. c DBG; Art. 25 Abs. 1 Bst. c StHG), wobei im Bereich des DBG eine Limite von 20 Prozent des Reingewinnes besteht. Vor dem 1. Januar 2006 betrug diese Limite noch 10 Prozent.

Zuwendungen an steuerbefreite gemeinnützige Organisationen sind in den Kantonen wie folgt abziehbar (natürliche Personen: je nach kantonaler Regelung in Prozent des Reineinkommens oder des Nettoeinkommens; juristische Personen: in Prozent des steuerbaren Reingewinns)27:

Bund Aargau Appenzell Ausserrhoden Appenzell Innerrhoden Basel-Landschaft Basel-Stadt Bern Freiburg Genf Glarus Graubünden Jura Luzern Neuenburg Nidwalden Obwalden Schaffhausen Schwyz Solothurn St. Gallen Tessin 27

Natürliche Personen

Juristische Personen:

20 % 20 % 10 % 20 % 100 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 10 % 20 % 5% 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 10 %

20 % 20 % 3% 20 % 100 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 10 % 20 % 10 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 10 %

Stand: 1. Januar 2011

2233

Natürliche Personen

Thurgau Uri Waadt Wallis Zug Zürich

20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 %

Juristische Personen:

20 % 20 % 20 % 10 % 20 % 20 %

Im Zusammenhang mit dem Maximalabzug im Rahmen des DBG ist darauf hinzuweisen, dass dieser Abzug mit Inkrafttreten des Artikels 33a DBG per 1. Januar 2006 von 10 Prozent des Reineinkommens nach Abzug der Zuwendungen auf 20 Prozent der um die Aufwendungen (Art. 26­33 DBG) verminderten Einkünfte erhöht wurde. Auch für juristische Personen wurde der entsprechende Prozentsatz von 10 Prozent auf 20 Prozent erhöht (vgl. Art. 59 Abs. 1 Bst. c DBG). Zudem wurden per 1. Januar 2006 die bisher auf Geldleistungen beschränkten Zuwendungen auf übrige Vermögenswerte ausgedehnt.

Um eine Attraktivitätssteigerung des Stiftungsstandortes zu erreichen, wäre eine erneute Erhöhung des Maximalabzuges gemäss Artikel 33a und Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c DBG möglich. Von einer solchen Erhöhung wäre hingegen nur die direkte Bundessteuer betroffen. Eine Abzugsmöglichkeit besteht zwar gemäss Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe i und Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe c StHG auch auf Ebene der Kantons- und Gemeindesteuern. Allerdings überlässt es das StHG bis anhin den Kantonen, die Höhe des Maximalabzuges festzulegen. Dies entspricht der Idee des Gesetzgebers, dass das StHG ein Rahmengesetz sein soll.

Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen, die höher sind als der Maximalabzug gemäss DBG, sind aus steuerlicher Sicht wenig attraktiv. Eine Erhöhung dieses Maximalabzuges würde daher wohl zu einer steuerlichen Attraktivitätssteigerung des Stiftungsstandortes Schweiz führen. Wird zudem nur der Prozentsatz erhöht, so dürfte dies für die veranlagenden Steuerbehörden zu keinem nennenswerten administrativen Mehraufwand führen. Allerdings wird eine Erhöhung des Maximalabzuges Steuerausfälle zur Folge haben, wobei diese mangels aussagekräftiger Daten nicht beziffert werden können.

Aufgrund der Daten für die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2005 im Kanton Bern (natürliche Personen) kann Folgendes festgehalten werden: 69,57 Prozent der Steuerpflichtigen machten einen Abzug für freiwillige Zuwendungen geltend. Die Höhe der durchschnittlichen Zuwendung betrug 660 Franken, was einem Betrag von 459 Franken pro steuerpflichtige Person entspricht. Dies zeigt, dass der Abzug zwar sehr häufig geltend gemacht wird, allerdings im Schnitt ein eher tiefer Betrag abgezogen wird. Nicht feststellen lässt sich, wie häufig der Maximalabzug geltend
gemacht wird.

Die Daten für die kantonalen Einkommenssteuern der Steuerperiode 2007 des Kantons Zug (natürliche Personen) ergeben folgendes Bild: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Maximalabzug für freiwillige Zuwendungen 20 Prozent des Reineinkommens beträgt. Im Kanton Zug machten lediglich 23,48 Prozent der Steuerpflichtigen einen Abzug für freiwillige Zuwendungen geltend. Die Höhe der durchschnittlichen Zuwendung betrug hingegen Fr. 1241 Franken, was einem Betrag 2234

von 291 Franken pro steuerpflichtige Person entspricht. Der höchste Abzug betrug dabei 530 000 Franken.

Gemäss Spendenmonitor 2011 des Forschungsinstitutes gfs-zürich betrug das geschätzte Spendenvolumen der Schweizer Privathaushalte im Jahr 2011 insgesamt 1,3 Milliarden Franken (2010: 1,27 Milliarden Franken). Dabei spendeten 72 % der Haushalte (2010: 69 %), wobei durchschnittlich 684 Franken (2010: 694 Franken) gespendet wurden. Tendenziell wurden vermehrt Summen zwischen 101 und 500 Franken gespendet. Gleichzeitig gab es etwas weniger vierstellige Beträge.28 Aufgrund dieser Daten lässt sich allerdings kein Schluss ziehen, wie sich eine Erhöhung des Maximalabzuges finanziell auswirken würde. Aufgrund der vorhandenen Daten ist zwar davon auszugehen, dass im Normalfall der Maximalabzug bereits heute nicht ausgereizt wird, nachweisen lässt sich dies allerdings nicht.

Ebenso ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Maximalabzug für freiwillige Zuwendungen im Sinne von Artikel 33a und Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c DBG erst vor einigen Jahren erhöht wurde. Insbesondere aus diesem Grund ­ aber auch wegen der vorhersehbaren Steuerausfälle ­ wird eine Erhöhung dieses Maximalabzuges abgelehnt.

Eine weitere Möglichkeit der steuerlichen Attraktivitätssteigerung des Stiftungsstandortes Schweiz wäre die Einführung eines Spendenvortrages. Darunter ist die Möglichkeit zu verstehen, Zuwendungen, die den Maximalbetrag gemäss DBG (bzw. kantonalem Recht) übersteigen, im Rahmen des übersteigenden Anteils in den nachfolgenden Steuerperioden abzuziehen. Ein solcher Vortrag könnte zeitlich begrenzt (z.B. über fünf oder zehn Jahre) oder unbegrenzt erfolgen. Bislang kennen das DBG und das StHG die Möglichkeit, einen Abzug vorzutragen, nicht. Einzig für selbstständig Erwerbstätige und juristische Personen ist ein Verlustvortag vorgesehen (vgl. Art. 211 und Art. 67 DBG, Art. 25 Abs. 2 und Art. 67 Abs. 1 StHG). Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein solcher Spendenvortrag abzulehnen ist, da dies zu einer Ungleichbehandlung mit anderen Abzügen führen würde. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Vortragsmöglichkeit einzig bei freiwilligen Zuwendungen, nicht aber beispielsweise bei Liegenschaftsunterhalts- oder Weiterbildungskosten zulässig sein soll. Weiter würde die Einführung eines Spendenvortrages das
Steuersystem komplizieren und auf Seiten der Steuerbehörden zu administrativem Mehraufwand führen. Zudem dürfte der Spendenvortrag nicht für alle Steuerpflichtigen einfach zu verstehen sein. Die Einführung eines Spendenvortrages würde zudem Steuerausfälle zur Folge haben, welche allerdings nicht bezifferbar sind.

Eine weitere mögliche Massnahme wäre die Einführung eines zusätzlichen Abzugs für Zuwendungen in das Vermögen von Stiftungen bzw. juristischen Personen, wie ihn beispielsweise Deutschland bereits kennt (als sogenannte «Spenden in den Vermögensstock»; vgl. dazu Ziff. 3.2.7). Bei einer Einführung eines solchen Abzuges wären die entsprechenden Zuwendungen von der Stiftung als Vermögen zu erhalten, und nur die Erträge daraus dürften im Sinne des Stiftungszweckes verwendet werden. Weder das schweizerische Zivilrecht noch das schweizerische Steuerrecht verlangen allerdings eine bestimmte Höhe des Stiftungsvermögens. Lediglich hinsichtlich des Anfangskapitals wird in der Praxis regelmässig ein solches von

28

Vgl. Spendenmonitor 2011 des Forschungsinstitutes gfs-zürich, Mitteilung vom 26. April 2012 auf www.gfs-zh.ch.

2235

50 000 Franken verlangt.29 Wie hoch das Vermögen der Stiftung sein muss, hängt vom Stiftungszweck ab. Somit stellt sich die Frage, wie der «Vermögensstock» definiert bzw. dessen Höhe festgelegt werden soll. In der Praxis existieren teilweise bereits solche gesonderten Vermögensteile von Stiftungen (vgl. Ziff. 2.2.1 und 3.2.6). Diese sind allerdings bislang nicht gesetzlich geregelt. Die Einführung eines Abzuges für Zuwendungen in den «Vermögensstock» einer Stiftung würde aber ­ insbesondere aus Rechtssicherheitsgründen ­ bedingen, dass dieser «Vermögensstock» gesetzlich definiert und geregelt würde. Die entsprechende gesetzliche Regelung sollte dabei sinnvollerweise im ZGB und nicht im DBG bzw. StHG erfolgen, da der «Vermögensstock» selbst ein zivilrechtliches Gebilde darstellt (vgl. dazu die Ausführungen zu den Zustiftungen in Ziff. 2.2.1 und 3.2.6). Die Einführung eines Abzuges für Spenden in den «Vermögensstock» würde zudem eine effektive und über längere Zeit andauernde Kontrolle der Stiftungen durch die Stiftungsaufsicht oder die Steuerbehörden bedingen, um Missbräuche zu verhindern, und damit zu einem administrativen Mehraufwand führen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie allfällige Missbräuche geahndet werden könnten. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher neuer Abzug das Steuersystem zusätzlich komplizieren würde. Im Weiteren würde die Einführung eines zusätzlichen Spendenabzuges zu Steuerausfällen führen. Aus diesen Gründen lehnt der Bundesrat die Einführung eines zusätzlichen Abzuges für Zuwendungen in den «Vermögensstock» einer Stiftung ab.

Ergänzend ist zudem noch auf den folgenden Umstand hinzuweisen: Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe f StHG regelt die Steuerbefreiung von juristischen Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen. Die Steuerbefreiung aus diesen Gründen ist somit harmonisiert. In der Praxis treten vereinzelt Fälle auf, in denen ein Kanton den Entscheid des Sitzkantons über die Steuerbefreiung einer juristischen Person nicht akzeptiert und Zuwendungen an die betroffene juristische Person nicht zum Abzug zulässt. Dass Kantone den Steuerbefreiungsentscheid eines anderen Kantons nicht akzeptieren, hängt insbesondere auch mit Missbrauchsmöglichkeiten im föderalen System zusammen. Vereinzelt treten nämlich Fälle auf, in denen eine
juristische Person nach einem negativen Steuerbefreiungsentscheid in so manchem Kanton ein Steuerbefreiungsgesuch stellt, bis dieses gutgeheissen wird. Ob der Entscheid des Sitzkantons über eine Steuerbefreiung einer juristischen Person für die anderen Kantone verbindlich ist, wurde bislang noch nicht durch das Bundesgericht beurteilt. Es liegen einzig kantonale Urteile dazu vor.30 Da es sich dabei allerdings lediglich um vereinzelte Fälle handelt, erachtet es der Bundesrat nicht als notwendig, deswegen eine Gesetzesänderung vorzunehmen.

29 30

Vgl. Leitfaden für Stiftungen gemäss Art. 80 ff. ZGB vom November 2010 des Eidgenössischen Departements des Innern, Ziff. 4.

Vgl. z.B. Urteil des Verwaltungsgerichts Aargau vom 25. Juni 2004, publiziert in: Der Steuerentscheid 2005, B27.4, Nr. 16.

2236

3.2.4

Abzugsfähigkeit von grenzüberschreitenden Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen

Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz im Ausland Ein Abzug gemäss Artikel 33a DBG bzw. Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe i StHG ist nur zulässig, wenn die Zuwendung an eine juristische Person mit Sitz in der Schweiz erfolgt, die im Hinblick auf ihre öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecke von der Steuerpflicht befreit ist (gleiches gilt auch bezüglich des geschäftsmässig begründeten Aufwands bei juristischen Personen; vgl. dazu Art. 59 Abs. 1 Bst. c DBG und Art. 25 Abs. 1 Bst. c StHG). Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz im Ausland sind daher von in der Schweiz steuerpflichtigen Personen nicht abziehbar bzw. stellen keinen geschäftsmässig begründeten Aufwand dar.

In der Literatur wird allerdings die Meinung vertreten, dass der Wortlaut von Artikel 33a DBG insofern zu relativieren sei, als freiwillige Zuwendungen an ausländische juristische Personen, deren schweizerische Betriebsstätten wegen Verfolgung öffentlicher oder gemeinnütziger Zwecke von der Steuerpflicht befreit sind, ebenfalls abgezogen werden könnten. Abzugsfähig seien darüber hinaus Zuwendungen an internationale Organisationen, denen die Schweiz als Mitglied angehört.31 Die SSK-Arbeitsgruppe Steuerbefreiung hingegen legt die entsprechenden Gesetzesbestimmungen enger aus. Sie vertritt die Ansicht, dass selbst wenn die Steuerbefreiung einer juristischen Person mit Sitz im Ausland und Zweigniederlassung in der Schweiz gestützt auf Artikel 56 Buchstabe g DGB zugestanden werden könnte, Zuwendungen an diese oder an ihre Betriebsstätte in der Schweiz nicht nach Artikel 33a DGB vom Einkommen bzw. nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c DBG vom Gewinn abzugsfähig wären. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass gemeinnützige Zuwendungen im Sinne der vorerwähnten Artikel nur dann steuerlich abzugsfähig sind, wenn sie an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz geleistet werden, welche wegen öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecken steuerbefreit sind.32 Im Bereich der direkten Bundessteuer und der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden bestehen keine internationalen Abkommen, die diese Regelung durchbrechen. Entsprechend sind nach dem Gesagten Zuwendungen von in der Schweiz steuerpflichtigen Personen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz im Ausland grundsätzlich nicht abzugsfähig.

Zwar bestünde hier die Möglichkeit,
das DBG und StHG so zu ändern, dass Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen (bzw. juristische Personen) mit Sitz im Ausland ebenfalls zum Abzug zugelassen bzw. als geschäftsmässig begründeter Aufwand anerkannt werden. Anders als die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Stiftungen mit Sitz in der Schweiz würde die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an 31

32

Vgl. Richner Felix/Frei Walter/Kaufmann Stefan/Meuter Hans Ulrich, Handkommentar zum DBG, 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 33a N 6; Zigerlig Rainer/Jud Guido, in: Zweifel Martin/Athanas Peter [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 2. Auflage, Basel 2008, Art. 33a N 5; zum StHG: Reich Markus, in: Zweifel Martin/Athanas Peter [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 2. Auflage, Basel 2002, Art. 9 N 52.

Vgl. Praxishinweise der SSK-Arbeitsgruppe Steuerbefreiung vom 18. Januar 2008 zur Steuerbefreiung juristischer Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke oder Kultuszwecke verfolgen, Ziff. 5./IV.

2237

Stiftungen mit Sitz im Ausland die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz nicht steigern, weshalb eine entsprechende Änderung des DBG und StHG ausserhalb der Zielsetzung der Motion liegt. Vielmehr dürfte eine solche unilaterale Massnahme einen negativen Effekt haben, da sie Zuwendungen an Stiftungen mit Sitz im Ausland steuerlich attraktiver machen würde und somit wohl einen Spendenabfluss ins Ausland zur Folge hätte.

Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz in der Schweiz Aus Sicht einer Attraktivitätssteigerung des schweizerischen Stiftungsrechts grundsätzlich interessanter wäre eine Abzugsfähigkeit von Zuwendungen von im Ausland steuerpflichtigen Personen an gemeinnützige Stiftungen in der Schweiz. Da allerdings wie oben erwähnt im Bereich der direkten Bundessteuer und der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden keine internationalen Abkommen bestehen, die die Abzugsfähigkeit von grenzüberschreitenden Zuwendungen regeln, sind bei Zuwendungen von im Ausland steuerpflichtigen Personen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz in der Schweiz jeweils die gesetzlichen Bestimmungen des Wohnsitz- bzw. Sitzstaates des Zuwenders massgebend.

Diesbezüglich ist auch auf den Schlussbericht der «Feasibility Study on a European Foundation Statute» (vgl. Ziff. 1) hinzuweisen, aus welchem hervorgeht, dass der überwiegende Teil der EU-Mitgliedstaaten Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen mit Sitz im Ausland (insbesondere Länder ausserhalb der EU) nicht zum Abzug zulässt.

In der Zwischenzeit liegt ein Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE) vor. Dieser sieht in steuerlicher Hinsicht jedoch keine EU-weite harmonisierte Regelung vor. Vielmehr sollen im betroffenen Mitgliedstaat die für inländische gemeinnützige Einrichtungen geltenden Regelungen auch für die FE gelten (vgl. Ziff. 3.2.7). Dadurch würden sich hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen von im Ausland steuerpflichtigen Personen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz in der Schweiz, soweit momentan ersichtlich, keine Änderungen zum jetzigen Zustand ergeben. Die Abzugsfähigkeit würde von den gesetzlichen Bestimmungen des Wohnsitz- bzw. Sitzstaates des Zuwenders abhängen.

Für den Stiftungsstandort Schweiz dürfte es vorteilhaft sein, wenn Zuwendungen von im Ausland steuerpflichtigen
Personen an gemeinnützige Stiftungen mit Sitz in der Schweiz abzugsfähig wären. Da diese Abzugsfähigkeit primär von den gesetzlichen Bestimmungen des Wohnsitz- bzw. Sitzstaates des Zuwenders abhängt, kann eine entsprechende Änderung der heutigen Situation allerdings nur über internationale Abkommen erfolgen. Ob und mit welchem Inhalt allfällige internationale Abkommen neu abgeschlossen bzw. geändert werden, hängt stets von den Verhandlungsergebnissen im konkreten Einzelfall ab. Da dieser Weg beschwerlich ist und nur in einzelnen Ländern zu vorteilhafteren Regelungen für den Stiftungsstandort Schweiz führt, muss er als nicht zweckmässig angesehen werden. Zudem ist vor dem Hintergrund, dass bei Zuwendungen von im Ausland steuerpflichtigen Personen an Stiftungen mit Sitz in der Schweiz wohl eher Einzelfälle betroffen sind, fraglich, ob der Aufwand für die Aushandlung entsprechender internationaler Abkommen ein solches Vorgehen rechtfertigt.

2238

Es ist jedoch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der EuGH in seinem Urteil vom 27. Januar 2009 in der Rechtssache C-318/07 (Persche) festgehalten hat, dass wenn ein Steuerpflichtiger in einem Mitgliedstaat die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an Einrichtungen geltend macht, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig und dort als gemeinnützig anerkannt sind, solche Spenden unter die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr fallen. Nach Ansicht des EuGH steht Artikel 56 dieses EG-Vertrags der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach bei Spenden an als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen nur Spenden an im Inland ansässige Einrichtungen von der Steuer abgezogen werden können, ohne jede Möglichkeit für den Spender nachzuweisen, dass eine Spende an eine Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, die nach dieser Regelung geltenden Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Vergünstigung erfüllt. Nach Ansicht gewisser Autoren ist das in der Rechtssache Persche ergangene Urteil auch auf Spenden anwendbar, welche gegenüber einer in der Schweiz ansässigen gemeinnützigen Organisation oder Stiftung ausgerichtet werden, da die Kapitalverkehrsfreiheit auch gegenüber Drittstaaten wie der Schweiz anwendbar ist. Der EuGH hält diesbezüglich aber fest, dass ein Ausschluss von Spenden an in Drittstaaten ansässige Organisationen zulässig sei, wenn eine vertragliche Verpflichtung des Drittstaates zur Gewährung von Informationen fehle. Die Schweiz erfüllt diese Voraussetzungen heute gegenüber der Mehrheit der EUMitgliedstaaten. Somit dürften schweizerische gemeinnützige Stiftungen und Organisationen grundsätzlich vom in der Rechtssache Persche ergangenen Urteil profitieren können.33 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in der Praxis fraglich sein wird, ob die entsprechenden Abzüge tatsächlich gewährt werden. Das Problem besteht darin, dass die Kapitalverkehrsfreiheit nur die EU-Mitgliedstaaten verpflichten würde, nicht aber die Schweiz. Insbesondere Deutschland ist nicht bereit, der Schweiz die Vorteile unter diesen Umständen zu gewähren (vgl. dazu auch Ziff.

3.2.7). Da die Durchsetzung über den Gerichtsweg zeitaufwendig und zudem unsicher ist (es stellt sich die Frage, ob der Informationsaustausch reicht oder ob es auch noch die Amtshilfe
bei der Erhebung der Steuer braucht, wie Deutschland es nach innerstaatlichem Recht verlangt), müsste die Abzugsfähigkeit wohl durch Gegenseitigkeitsvereinbarung festgehalten werden (vgl. dazu aber die Ausführungen weiter oben in dieser Ziffer). Die Vorteile für den Stiftungsstandort Schweiz würden damit aber wohl teilweise wieder zunichte gemacht.

3.2.5

Steuerliche Behandlung von Familien- und Unterhaltsstiftungen

Besteuerung von Familien- und Unterhaltsstiftungen Im Bundessteuerrecht gibt es keine speziellen Bestimmungen über die Besteuerung von Familienstiftungen, d.h. es gelten die gleichen Regeln wie für klassische Stiftungen. Familienstiftungen sind somit gemäss Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe b DBG und Artikel 20 Absatz 1 StHG als juristische Personen gewinnsteuerpflichtig. Ebenso sind diese Stiftungen gemäss Artikel 29 StHG kapitalsteuerpflichtig (vgl. dazu 33

Vgl. Luuk Jan Ole/Oesterhelt Stefan/Winzap Maurus, EuGH Report 2/09, publiziert in: Steuerrevue 6/2009, S. 497 ff., S. 499.

2239

die Ausführungen unter Ziff. 3.2.1). Bei der Liquidation der Stiftung werden die aus nicht versteuerten Gewinnen gebildeten stillen Reserven zusammen mit dem Reinbzw. Betriebsgewinn des letzten Jahres besteuert. Noch nicht verrechnete Verlustvorträge können den allgemeinen Regeln entsprechend noch mit ordentlichen und ausserordentlichen Gewinnbestandteilen verrechnet werden.34 Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei Vorliegen einer unzulässigen Familienstiftung (Familienfideikommiss) der Ertrag der (nichtigen) Familienstiftung vollumfänglich den Begünstigten zuzuordnen ist; infolge Nichtigkeit ist eine solche Stiftung als transparent zu betrachten.35 Die Vermögenswidmung führt im Bereich des DBG und des StHG zu keiner Besteuerung. Allerdings wird die Vermögenswidmung in den meisten Kantonen als Zuwendung an die Stiftung eingestuft und mit der Erbschafts- oder Schenkungssteuer zum für Nichtverwandte geltenden Höchstsatz erfasst.36 Ergänzend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Zuwendungen von Familienstiftungen an ihre Begünstigten nicht vom Ertrag abgezogen werden dürfen, auch wenn diese Zuwendungen in der Stiftungsurkunde festgelegt sind, ausgenommen für die Erziehung und in begründeten Notlagen.37 Besteuerung der Zuwendungen an die Begünstigten von Familien- und Unterhaltsstiftungen Bei den Zuwendungen an die Begünstigten während des Bestehens der Familienstiftung muss unterschieden werden, ob es sich um Leistungen handelt, welche gemäss Artikel 335 Absatz 1 ZGB zivilrechtlich zulässig sind oder nicht. Zuwendungen, welche zur Bestreitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen oder zu ähnlichen Zwecken erfolgen, sind zivilrechtlich zulässig und grundsätzlich von den Empfängern zu versteuern. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung dürften diese Zuwendungen ­ entsprechend der eng auszulegenden, zwingend idealen Zweckbestimmung der Familienstiftung ­ allerdings regelmässig unter die Ausnahmen im Sinne von Artikel 24 Buchstabe d oder Artikel 24 Buchstabe e DBG fallen und damit für die Destinatäre steuerfrei bleiben.38 Sofern es sich jedoch um zivilrechtlich unzulässige Leistungen handelt, liegen steuerbare Einkünfte aus Stiftungen vor, welche mit der Generalklausel gemäss Artikel 16 Absatz 1 DBG erfasst werden.39 Ebenso einkommenssteuerpflichtig sind grundsätzlich Zuwendungen aus Stiftungen mit Sitz im Ausland, sofern nicht die Voraussetzungen von Artikel 24 Buchstabe d oder e erfüllt sind.

34 35 36 37 38 39

Vgl. Wipfli Hans, Besteuerung der Vereine, Stiftungen und übrigen juristischen Personen, Muri/Bern 2001, S. 305, mit weiteren Hinweisen.

Vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 24 N 27.

Vgl. Opel Andrea, Familienstiftungen und Trust ­ Postulat für eine kohärente Besteuerung, publiziert in: ASA 78, S. 265 ff., S. 274.

Vgl. Wegleitung der ESTV für die Steuerperiode 2011 zur Steuererklärung für Vereine, Stiftungen und übrige juristische Personen, Ziff. 2.2.

Vgl. Urteil 2A.668/2004 des Bundesgerichtes vom 22. April 2005, E. 2.4.

Vgl. Urteil 2A.668/2004 des Bundesgerichtes, a.a.O., E. 4.1.

2240

3.2.6

Steuerliche Behandlung von Zustiftungen

Unter den zivilrechtlichen Aspekten werden im Weiteren (juristisch unselbstständige) Zustiftungen erwähnt. Dabei handelt es sich um Zuwendungen in den Vermögensstock einer bereits bestehenden Stiftung, indem das «zugestiftete» Vermögen an den spezifischen Stiftungszweck gebunden ist oder einem Sonderzweck innerhalb der von der Stiftung verfolgten Ziele dienstbar gemacht wird (vgl. Ziff. 2.2.1).

In steuerlicher Hinsicht werden solche Zustiftungen grundsätzlich gleich behandelt wie das übrige Stiftungsvermögen, da es sich ­ wie erwähnt ­ bei der Zustiftung nicht um eine eigenständige Stiftung handelt. Unter Umständen ist es jedoch möglich, dass hinsichtlich der Zustiftung eine teilweise Steuerbefreiung gewährt wird.

Dies kann dann der Fall sein, wenn die Stiftung als Ganzes die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Sinne von Artikel 56 Buchstabe g oder h DBG nicht erfüllt, diese Voraussetzungen jedoch hinsichtlich der Zustiftung gegeben sind und eine Spartenrechnung geführt wird.40 Hinsichtlich der steuerlichen Abzugsfähigkeit von solchen Zustiftungen auf Seiten des Zuwenders ist darauf hinzuweisen, dass dieser die Zustiftung unter Umständen im Rahmen von Artikel 33a DBG und Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe i StHG bzw.

Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c DBG und Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe c StHG abziehen kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl.

Ziff. 3.2.3). Eine zusätzliche Abzugsmöglichkeit im Sinne einer «Vermögensstockspende» sieht das geltende Recht nicht vor (vgl. dazu Ziff. 3.2.3 und 3.2.7).

3.2.7

Europäisches Recht

Deutschland Stiftungen, die ausschliesslich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, können in Deutschland steuerbefreit werden. Eine Stiftung verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Mildtätige Zwecke liegen vor, wenn Personen selbstlos unterstützt werden, die sich in einer (vom Gesetz definierten) Notlage befinden. Eine Stiftung verfolgt kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. Eine wirtschaftliche Tätigkeit der Stiftung ist erlaubt, wenn es sich um einen sogenannten Zweckbetrieb handelt. Ein Zweckbetrieb liegt vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmässigen Zwecke der Stiftung zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in grösserem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Besteht hingegen kein Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Tätigkeit und dem Stiftungszweck, so besteht eine Steuerpflicht, wenn die Einkünfte höher als 35 000 Euro sind.

40

Vgl. dazu KS 12, Ziff. IV./2.

2241

Zuwendungen in Form von Geld, Vermögenswerten und anderen Wirtschaftsgütern (mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen) sind steuerlich abziehbar. Die Höhe des Abzuges beläuft sich auf bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. Abziehbare Zuwendungen, die die Höchstbeträge überschreiten oder im Veranlagungszeitraum der Zuwendung nicht berücksichtigt werden können, sind im Rahmen der Höchstbeiträge in den folgenden Veranlagungszeiträumen als Sonderausgaben abziehbar. Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung des öffentlichen Rechts oder einer steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts können auf Antrag der steuerpflichtigen Person im Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Million Euro zusätzlich zu den oben erwähnten Höchstbeträgen abgezogen werden. Dieser besondere Abzug kann innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden.

Zuwendungen an Stiftungen im Ausland sind abzugsfähig, wenn es sich bei der Stiftung um eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse handelt, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die nach dem deutschen Recht steuerbefreit wäre. Weitere Voraussetzung ist, dass der Ansässigkeitsstaat der ausländischen Stiftung Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung, sprich Vollstreckung, von Steuerforderungen leistet.

Im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungssteuer wird die Steuerbefreiung hinsichtlich Zuwendungen an inländische Stiftungen mit ausschliesslich qualifizierten Zwecken gewährt. Eine komplette Befreiung von der Erbschaftssteuer wird gewährt, wenn das Erbe innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod an eine Stiftung mit gemeinnützigem Zweck fliesst. Im internationalen Verhältnis werden Zuwendungen an ausländische Stiftungen mit gemeinnützigem Zweck von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit, wenn das Empfängerland eine Gegenrechtserklärung mit Deutschland unterzeichnet hat.

Frankreich Gemeinnützige Stiftungen profitieren von steuerlichen Vergünstigungen. Ein gemeinnütziger Zweck liegt dabei vor, wenn die Stiftungstätigkeit
eine nicht profitable ist, das Stiftungsmanagement nicht profitabel gesinnt ist, die Stifter und Stifterinnen keine Vorteile erhalten und von den Stiftungsaktivitäten nicht nur eine eingeschränkte Personengruppe profitiert. Wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Stiftungszweck sind normalerweise von der Gewinnsteuer befreit. Wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Zusammenhang mit dem Stiftungszweck werden ordentlich mit der Gewinnsteuer erfasst.

Französische Steuerpflichtige profitieren von einer Steueranrechnung in Bezug auf Zuwendungen an Stiftungen. Die begünstigten Stiftungen ­ unabhängig davon, ob ihr Hauptsitz in Frankreich oder im Ausland ist ­ müssen zumindest einen Teil ihrer Aktivitäten in Frankreich ausüben oder die nationale Gemeinschaft begünstigen. Die Zuwendungen sind nicht auf eine bestimmte Form (z.B. Bargeld) beschränkt.

Die Steuerreduktion für natürliche Personen beträgt 66 Prozent des Wertes der Zuwendung (75 Prozent für Zuwendungen an Stiftungen, die gratis Essen an Personen in schwierigen Situationen verteilen), jedoch maximal 20 Prozent des steuerbaren Einkommens. Bei höheren Beträgen können diese bis fünf Jahre vorgetragen werden.

2242

Juristische Personen profitieren von einer Steuerreduktion von 60 Prozent der Zuwendungen, jedoch maximal 0,5 Prozent des Jahresumsatzes. Der Abzug kann bis zu fünf Jahre vorgetragen werden.

Zuwendungen an Stiftungen im Ausland unterliegen der französischen Schenkungssteuer, ausser ein Steuerabkommen sieht eine andere Regelung vor. In Bezug auf die Schweiz ist darauf hinzuweisen, dass Frankreich mit verschiedenen Kantonen ein solches Steuerabkommen im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschlossen hat (vgl. Ziff. 3.3.2). Diese Abkommen dürfen nicht mit dem Abkommen vom 31. Dezember 1953 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern verwechselt werden. Es handelt sich dabei um Gegenrechtserklärungen im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuern über die steuerliche Behandlung von Zuwendungen zu ausschliesslich uneigennützigen Zwecken.

Gemeinnützige Stiftungen, die ihre Mittel ausschliesslich für Betreuung, Umwelt, Tierschutz, wissenschaftliche, kulturelle oder künstlerische Zwecke verwenden, sind von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit.

Österreich Stiftungen, die ausschliesslich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder religiöse Zwecke verfolgen, erhalten Steuerbegünstigungen. Gemeinnützig sind solche Zwecke, wenn durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Mildtätig (humanitär, wohltätig) sind solche Zwecke, wenn sie darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen. Religiös sind solche Zwecke, wenn durch ihre Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften gefördert werden. Diese Stiftungen dürfen, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen und keinen Gewinn erstreben.

Hinsichtlich der Körperschaftssteuer sind Stiftungen, welche die oben genannten Zwecke verfolgen, steuerbefreit. Für Einkünfte aus einem wirtschaftlichen Betrieb, der sich als Mittel zur Erreichung des Stiftungszweckes darstellt, besteht eine Abgabepflicht.

Zuwendungen an Stiftungen für spezielle, sogenannte
begünstigte Zwecke (namentlich für mildtätige Zwecke, Zwecke der Entwicklungszusammenarbeit oder nationale bzw. internationale Nothilfe) werden als abzugsfähige Sonderausgaben oder geschäftsmässig begründeter Aufwand anerkannt. Die Zuwendungen reduzieren die Bemessungsgrundlage bis zu maximal 10 Prozent des steuerbaren Einkommens.

Zuwendungen an vergleichbare Organisationen in anderen EU- oder EWR-Ländern werden unter bestimmten Umständen zum Abzug zugelassen (die Organisation muss über eine Periode von mindestens drei Jahren einen der drei erwähnten förderungswürdigen Zwecke verfolgen und nur untergeordnete wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, zudem dürfen die Verwaltungskosten 10 Prozent der Summe der Zuwendungen nicht übersteigen).

Zuwendungen an Stiftungen im Rahmen von Erbschaften und Schenkungen werden zu einem Satz von 2,5 Prozent besteuert. Zuwendungen in Form von Liegenschaften werden zu einem Satz von 3,5 Prozent besteuert.

2243

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE) Die Europäische Kommission hat am 8. Februar 2012 den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE)41 veröffentlicht.

Primär enthält diese Verordnung Normen, welche die Gründung der FE, den Inhalt der Satzung der FE, die Eintragung bzw. Registrierung der FE, die Organisation der FE, den Sitz der FE, die Beendigung der FE sowie die mitgliedstaatliche Aufsicht regeln. Die steuerliche Behandlung ist in lediglich drei Artikeln ­ Artikel 49­51 ­ geregelt. In der Folge wird daher insbesondere auf diese Artikel eingegangen.

Zusätzlich soll der Begriff des gemeinnützigen Zwecks gemäss dem Verordnungsvorschlag mit dem Begriff des gemeinnützigen Zwecks im Sinne des DBG verglichen werden.

Steuerliche Behandlung Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der FE selbst hält der Verordnungsvorschlag der Kommission fest, dass der Mitgliedstaat, in dem die FE ihren Satzungssitz hat, die FE in Bezug auf Einkommen- und Kapitalertragsteuern, Schenkungsund Erbschaftssteuern, Grundsteuern, Übertragungssteuern, Eintragungssteuern, Stempelgebühren und ähnliche Abgaben in gleicher Weise behandeln muss wie gemeinnützige Einrichtungen mit Sitz in diesem Mitgliedstaat (vgl. Art. 49 Abs. 1 Verordnungsvorschlag). In Bezug auf die in Absatz 1 genannten Steuern und Abgaben stellen die Mitgliedstaaten, in denen die FE nicht ihren Satzungssitz hat, die FE steuerlich den gemeinnützigen Einrichtungen mit Sitz in diesen Mitgliedstaaten gleich (vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnungsvorschlag). Für die Zwecke von Artikel 49 Absätze 1 und 2 des Verordnungsvorschlags wird die FE den nach dem Recht der betreffenden Mitgliedstaaten gegründeten gemeinnützigen Einrichtungen gleichgestellt (vgl. Art. 49 Abs. 3 Verordnungsvorschlag).

Gemäss Artikel 50 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags wird jede natürliche oder juristische Person, von der die FE im Inland oder aus anderen Mitgliedstaaten Zuwendungen erhält, in Bezug auf Einkommensteuern, Schenkungssteuern, Übertragungssteuern, Eintragungssteuern, Stempelgebühren und ähnliche Abgaben steuerlich so behandelt, als hätte sie ihre Zuwendungen gemeinnützigen Einrichtungen mit Sitz in dem Mitgliedstaat zukommen lassen, in dem sie steuerlich ansässig ist. Für die Zwecke von Artikel
50 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags wird eine FE, die eine Zuwendung erhält, einer gemeinnützigen Einrichtung gleichgestellt, die nach dem Recht des Mitgliedstaats gegründet wurde, in dem der Spender steuerlich ansässig ist (vgl. Art. 50 Abs. 2 Verordnungsvorschlag).

Begünstigte der FE werden in Bezug auf finanzielle Zuwendungen oder andere Leistungen, die sie erhalten haben, so behandelt, als wenn sie diese von einer gemeinnützigen Einrichtung mit Sitz in dem Mitgliedstaat erhalten hätten, in dem sie steuerlich ansässig sind (vgl. Art. 51 Verordnungsvorschlag).

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der FE keine Harmonisierung innerhalb der EU stattfindet. Der Verordnungsvorschlag sieht einzig vor, dass die FE hinsichtlich der Besteuerung sowie der steuerlichen Behandlung der Spenderinnen und Spender sowie der

41

COM(2012)35 final

2244

Begünstigten gleich behandelt werden wie im Mitgliedstaat ansässige gemeinnützige Einrichtungen.

Begriff des gemeinnützigen Zweckes im Sinne des Verordnungsvorschlags Die FE ist eine für einen gemeinnützigen Zweck gesondert errichtete Einrichtung, die dem Gemeinwohl im weiteren Sinn dient (Art. 5 Abs. 1 und 2 Verordnungsvorschlag). Unter einer gemeinnützigen Einrichtung wird eine Stiftung mit gemeinnütziger Zweckbestimmung oder eine ähnliche gemeinnützige Körperschaft ohne Mitglieder verstanden, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden ist (vgl. Art. 2 Abs. 5 Verordnungsvorschlag). Die möglichen Zwecke, welche ein FE verfolgen darf, sind in Artikel 5 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags abschliessend aufgezählt.

Sofern ihre Satzung keine Beschränkung vorsieht, steht es der FE frei, einer Handelstätigkeit oder sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen, vorausgesetzt, der Gewinn wird ausschliesslich zur Verfolgung ihres gemeinnützigen Zwecks verwendet (vgl. Art. 11 Abs. 1 Verordnungsvorschlag). Wirtschaftstätigkeiten, die nicht mit dem gemeinnützigen Zweck der FE in Zusammenhang stehen, sind im Umfang von höchstens 10 Prozent des Jahresnettoumsatzes der FE zulässig, sofern die Ergebnisse dieser zweckfremden Tätigkeit im Abschluss gesondert ausgewiesen werden (vgl. Art. 11 Abs. 2 Verordnungsvorschlag).

Hinsichtlich des Begriffs des gemeinnützigen Zwecks, wie er im schweizerischen Steuerrecht verwendet wird, ist zunächst festzuhalten, dass derselbe Begriff im Verordnungsvorschlag insofern einschränkender definiert wird, als abschliessend festgehalten wird, welche Zwecke als gemeinnützig gelten. Das schweizerische Steuerrecht enthält keine entsprechende Aufzählung. Es ist allerdings zu beachten, dass gemäss schweizerischem Recht für eine Steuerbefreiung einer juristischen Person wegen der Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken verlangt wird, dass dieser Zweck im Allgemeininteresse liegt und die juristische Person zudem uneigennützig handelt (vgl. Ziff. 3.2.2). Aus dem Verordnungsvorschlag hingegen geht lediglich hervor, dass eine gemeinnützige Einrichtung dem Gemeinwohl im weiteren Sinne dienen muss.

Im Weiteren sieht der Verordnungsvorschlag eine weitgehende Zulässigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten der FE vor. Das schweizerische Steuerrecht lässt hingegen solche wirtschaftliche
Tätigkeiten von steuerbefreiten juristischen Personen, die wegen der Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken steuerbefreit sind, nur dann zu, wenn diese Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung und Mittel zum Zweck sind (vgl. Ziff. 3.2.2). In dieser Hinsicht ist der Verordnungsvorschlag somit weniger einschränkend als die geltende Regelung im Schweizer Recht.

3.3

Stiftungsrechtliche Situation im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuern

3.3.1

Erbschafts- und Schenkungssteuern in der Schweiz

Bei den Erbschaft- und Schenkungssteuern handelt es sich um rein kantonale Steuern. Der Bund erhebt keine solchen Steuern. Diese Steuern sind zudem nicht harmonisiert. Entsprechend unterschiedlich fällt die diesbezügliche kantonale Gesetzgebung aus. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass der Kanton 2245

Schwyz weder eine Erbschafts- noch eine Schenkungssteuer erhebt und der Kanton Luzern auf die Erhebung einer Schenkungssteuer verzichtet.

Bei innerkantonalen Erbschaften bzw. Schenkungen sind juristische Personen (und somit auch Stiftungen), die die Voraussetzung einer Steuerbefreiung gemäss dem massgebenden kantonalen Steuergesetz erfüllen, regelmässig von der Steuerpflicht gemäss Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz befreit (vgl. z.B. Art. 6 Abs. 1 ESchG BE; § 10 Abs. 1 Bst. f ESchG ZH; Art. 145 Abs. 1 StG SG).

Soweit es sich um ausserkantonale Erbschaften bzw. Schenkungen handelt, haben die Kantone häufig Gegenrechtsvereinbarungen mit anderen Kantonen abgeschlossen. Diese Gegenrechtsvereinbarungen sehen jeweils vor, dass Vermögenszuwendungen durch letztwillige Verfügungen oder Schenkungen an (unter anderem) gemeinnützige Institutionen im anderen Kanton von der Erbschafts- oder Schenkungssteuer befreit werden.

Bezogen auf gemeinnützige Stiftungen kann daher festgehalten werden, dass diese im nationalen Bereich zwar mehrheitlich von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit sind. Ein gesamtschweizerisch lückenloses System besteht allerdings nicht.

Hinsichtlich eines attraktiven Stiftungsstandortes Schweiz wäre eine nationale Harmonisierung in Bezug auf die Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungssteuer sicherlich wünschenswert. Da Erbschafts- und Schenkungssteuern (zumindest nach Ansicht des historischen Gesetzgebers) nicht als direkte Steuern gelten42, besitzt der Bund gemäss Artikel 129 BV allerdings keine Kompetenz, in diesem Bereich eine Harmonisierung zu veranlassen. Somit ist es Sache der Kantone selbst, ihre Gesetzgebung hinsichtlich der Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungssteuer allenfalls anzupassen, und es besteht auf Stufe des Bundesgesetzgebers ­ ohne Anpassung der Bundesverfassung ­ kein Handlungsmöglichkeit im Sinne der Motion Luginbühl.

An dieser Stelle ist zudem darauf hinzuweisen, dass die Eidgenössische Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» bei der Bundeskanzlei eingereicht wurde. Diese Initiative sieht die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer durch den Bund vor.

3.3.2

Erbschafts- und Schenkungssteuern auf internationaler Ebene

Auf internationaler Ebene bestehen zwar auch Gegenrechtserklärungen zwischen Kantonen und ausländischen Staaten. Allerdings bestehen solche nur vereinzelt. So haben 23 Kantone mit Frankreich, 11 Kantone mit Deutschland, 4 Kantone mit Liechtenstein, 2 Kantone mit den Vereinigten Staaten und 1 Kanton mit Israel eine Gegenrechtserklärung unterzeichnet.

Im internationalen Bereich bestünde daher für die Kantone grundsätzlich die Möglichkeit, weitere solche Gegenrechtserklärungen zu vereinbaren. Aufgrund der Autonomie der Kantone ist der Bundesrat der Ansicht, dass ­ ausgenommen die Abkommen zwischen der Schweiz und verschiedenen Ländern zur Vermeidung der 42

Vgl. Behnisch Urs R., in: Ehrenzeller Bernhard/Mastronardi Philippe/Schweizer Rainer J./Vallender Klaus A. [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2008, Art. 128 N 16.

2246

Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erbschaftssteuern ­ es den Kantonen obliegt, zu entscheiden, ob sie umfassendere Abkommen in diesem Bereich abschliessen wollen, und gegebenenfalls den Bund mit der Aushandlung dieser Abkommen zu beauftragen.

4

Zusammenfassung der Ergebnisse und Würdigung

4.1

Zivilrechtliche Aspekte

Die unter Ziffer 2.3 geprüften möglichen Massnahmen im Zivilrecht lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Präzisierung der Definition der Stiftung: Eine Präzisierung der gesetzlichen Definition der Stiftung ist nicht zwingend, zumal die wesentlichen definitorischen Merkmale dieser Rechtsform (Zweckwidmung, keine Thesaurierung, Destinatäre) in der Rechtsprechung, Lehre und Rechtsanwendung anerkannt sind. Angesichts der Beschränkung der Europäischen Stiftung auf gemeinnützige Zwecke ist eine diesbezügliche Beschränkung des schweizerischen Rechts nicht angezeigt. Im Interesse des Stiftungsstandortes Schweiz besteht im heutigen Zeitpunkt kein Bedarf, die geltende Rechtslage in Bezug auf die Definition der Stiftung zu ändern. Ebenso verhält es sich mit den privatautonomen «Zustiftungen», die ohne entsprechende spezifische positivrechtliche Regeln bereits heute funktionieren.

­

Formelle Erleichterungen für die Errichtung und den Mindestinhalt der Stiftungsurkunde: Mit dem Verzicht auf die Pflicht, die Errichtung einer Stiftung unter Lebenden öffentlich zu beurkunden, würden sich zwar die Modalitäten zur Errichtung von Stiftungen in Übereinstimmung mit den europäischen Entwicklungen vereinfachen lassen. Da aber im Gegenzug der Mindestinhalt der Stiftungsurkunde im Gesetz zu präzisieren wäre, drängt sich diese Massnahme nicht auf, zumal kein konkreter Bedarf für eine Abkehr vom bisherigen System geltend gemacht wird. Das geltende Recht verzichtet ­ im Gegensatz zum europäischen Recht ­ auf eine eingehende Regelung des Mindestinhalts der Urkunde, es schreibt aber vor, dass die Kenntnisse einer Urkundsperson in Anspruch zu nehmen sind.

­

Pflicht zum Handelsregistereintrag: Im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (FATF/GAFI) bzw. der Transparenz in Steuerfragen (OECD) sollen sämtliche Stiftungen im Handelsregister erfasst werden, womit insbesondere dem gegenüber der Schweiz erhobenen Vorwurf eines intransparenten Finanzplatzes entgegengetreten werden kann. Die allgemeine Registrierungspflicht von Stiftungen wird angesichts der künftigen Umsetzung der Vorgaben der FATF/GAFI und der OECD im schweizerischen Recht vertieft zu untersuchen sein.

­

Übernahme der Aufsicht durch die Aufsichtsbehörde vor der Eintragung ins Handelsregister: Es besteht keine zwingende Notwendigkeit, das aktuelle Eintragungsverfahren, welches die Bezeichnung der Aufsichtsbehörde nach der Eintragung der Stiftung in das Handelsregister vorsieht, umzukehren.

Zudem stünde die vorgängige Übernahme der Aufsicht dem Bestreben nach einer Reduktion der administrativen Bewilligungsverfahren entgegen.

2247

­

Präzisierung der Regeln zur Organisation von Stiftungen: Die Verbesserung der Corporate Governance soll primär den Selbstregulierungsbestrebungen der interessierten Kreise überlassen werden (bspw. Swiss Foundation Code 2009), sodass im heutigen Zeitpunkt kein expliziter Bedarf für eine entsprechende gesetzliche Regelung besteht.

­

Stiftungsaufsicht: Der Grundlagenbericht zur künftigen Ausgestaltung der Stiftungsaufsicht kommt zum Schluss, dass die geltende Konzeption der Rechtsaufsicht Vorteile aufweist, welche die anderen Modelle nicht haben.

Der Bundesrat erachtet das heutige System der direkten Aufsicht ebenfalls für zweckmässig, da sowohl eine mediatisierte Aufsicht als auch ein Oberaufsichtsmodell zu einem erheblichen Mehraufwand führen würde, dessen Mehrwert sich nicht erhärten lässt. Das heutige Modell hat sich trotz vereinzelter Kritik bewährt, sodass kein sachlich begründeter Bedarf für eine Neuordnung der Aufsicht besteht. Eine Revision der Rechtsgrundlagen für die Stiftungsaufsicht ist auch nicht erforderlich, da das Konzept der staatlichen Aufsicht, das die ausländischen Rechtsordnungen ebenfalls kennen, keine negativen Auswirkungen auf die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz hat.

­

Verkürzung oder Aufhebung der Frist für eine Zweckänderung durch die Stifterin oder den Stifter: Die Verkürzung oder gar die Abschaffung der Zehnjahresfrist für die Änderung des Stiftungszwecks durch die Stifterin oder den Stifter erscheint erst sechs Jahre nach der Einführung des Zweckänderungsvorbehalts als verfrüht.

­

Familienstiftungen: Es erscheint zweifelhaft, ob eine Liberalisierung in diesem Bereich geeignet ist, die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz zu steigern. Im heutigen Zeitpunkt ist nicht nachgewiesen, dass ein dringlicher Handlungsbedarf besteht, der eine grundlegende Neuordnung im Bereich von Familienstiftungen rechtfertigen würde, zumal dadurch zwangsläufig auch das Ehegüter- und Erbrecht tangiert würde.

Aufgrund der vorangehenden Ausführungen gelangt der Bundesrat als Ergebnis seiner Prüfung zum Schluss, dass zivilrechtlich keine Notwendigkeit besteht, das Stiftungsrecht im Sinne der Anliegen der Motion Luginbühl anzupassen.

Bestimmte materielle Änderungen oder Anpassungen könnten noch vertieft geprüft werden, doch besteht im heutigen Zeitpunkt kein zwingender sachlich begründeter Bedarf für die Ausarbeitung entsprechender Gesetzesnormen. Die geforderte Berücksichtigung der Entwicklungen im europäischen Recht könnte sich nämlich gegenteilig auswirken: Eine Angleichung des schweizerischen Rechts an die europäischen Vorgaben hätte zur Folge, dass es seine Attraktivität gegenüber dem Ausland einbüssen könnte, weil es aufgrund einer erhöhten Normendichte seine charakteristischen liberalen Grundzüge verlieren würde. Eine Anpassung der zivilrechtlichen Grundlagen ist daher nach Prüfung der Anliegen der Motion Luginbühl im heutigen Zeitpunkt nicht angezeigt, da die zuvor erläuterten möglichen Änderungen keinen oder nur einen minimalen Einfluss auf die für den Stiftungsstandort Schweiz relevanten Rahmenbedingungen hätten.

Die Notwendigkeit für eine Revision des Stiftungsrechts lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass die geltende gesetzliche Regelung ungenügend sei. Mit der Revision von 2004 wurde das Stiftungsrecht liberalisiert, was angesichts der positiven Entwicklung des schweizerischen Stiftungswesens als gelungen betrachtet 2248

werden kann. Bei den gegenwärtigen Schwierigkeiten, mit denen Förderstiftungen teilweise konfrontiert sind, handelt sich um unmittelbare Auswirkungen der Finanzkrise: Die erschwerte Mittelaufbringung ist vorab ein ökonomisches und nicht ein zivilrechtliches Problem.

4.2

Fiskalische Aspekte

Die unter Ziffer 3 geprüften fiskalischen Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen und würdigen.

1.

Mehrwertsteuer: Bei der Mehrwertsteuer besteht vor dem Hintergrund der Entwicklungen bei der Totalrevision des Mehrwertsteuergesetzes kein Handlungsbedarf.

2.

Direkte Steuern: Bei den direkten Steuern erweist sich das geltende Steuersystem als im internationalen Vergleich kompetitiv. Aus Sicht des Standortwettbewerbs lässt sich derzeit kein Handlungsbedarf ausmachen. Zu den einzelnen möglichen Massnahmen kann Folgendes festgehalten werden: ­ Erhöhung des Maximalabzuges für freiwillige Zuwendungen nach Artikel 33a und Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c DBG: Da eine Erhöhung dieses Abzuges erst vor einigen Jahren stattgefunden hat und die Massnahme ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist, ist die Massnahme im aktuellen Zeitpunkt abzulehnen.

­ Einführung eines Spendenvortrages: Die Einführung eines Spendenvortrages würde einen Einbruch in das Steuersystem darstellen und Ungleichbehandlungen mit anderen Abzügen schaffen, welche nicht vorgetragen werden können.

­ Einführung eines zusätzlichen Abzuges für Zuwendungen in das Vermögen von juristische Personen («Spenden in den Vermögensstock»): Die Einführung eines solchen zusätzlichen Abzuges würde das Steuersystem komplizieren, zu administrativem Mehraufwand (insb. Kontrolltätigkeit) führen und Mindereinnahmen zur Folge haben. Gleichzeitig ist nicht klar, wie Missbräuchen begegnet werden könnte. Aus diesen Gründen wird die Einführung eines zusätzlichen Abzuges für Zuwendungen in das Vermögen von juristischen Personen abgelehnt. Im Übrigen dürfte diese Massnahme keine substanzielle Stärkung des Stiftungsstandortes bewirken.

­ Abzug für Zuwendungen an gemeinnützige juristische Personen mit Sitz im Ausland: Die unilaterale Einführung eines solchen Abzuges wird abgelehnt, da er zu keiner Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz beiträgt.

­ Abzugsfähigkeit von Zuwendungen von im Ausland steuerpflichtigen Personen an gemeinnützige Stiftungen in der Schweiz: Eine solche Abzugsfähigkeit wäre wünschenswert, hängt heute aber grundsätzlich von den massgebenden gesetzlichen Bestimmungen des Wohnsitzbzw. Sitzstaates des Zuwenders ab. Eine Änderung des heutigen Zustandes über internationale Abkommen wird abgelehnt, da dieser Weg beschwerlich ist und nur in einzelnen Ländern zu vorteilhafteren Regelungen für den Stiftungsstandort Schweiz führen dürfte. In diesem 2249

­

Zusammenhang ist zudem sicherlich die Entwicklung in der Europäischen Union weiter zu beobachten, insbesondere was die «Europäische Stiftung» betrifft. Aufgrund des aktuellen Stands der Dinge bezüglich der «Europäischen Stiftung» ist allerdings noch kein Handlungsbedarf ersichtlich.

Erbschafts- und Schenkungssteuern: Da die Erbschafts- und Schenkungssteuern rein kantonale Steuern sind und der Bund keine Harmonisierungskompetenz besitzt, besteht ­ ohne Anpassung der Bundesverfassung ­ keine Handlungsmöglichkeit auf Stufe Bund.

Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass sich aus fiskalischer Sicht heute kein dringender Handlungsbedarf im Sinne der Motion ergibt.

4.3

Gesamtbeurteilung

Aufgrund der zuvor dargelegten Prüfergebnisse im zivilrechtlichen und im fiskalischen Bereich besteht im heutigen Zeitpunkt kein Handlungsbedarf für Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz. Der Bundesrat beantragt daher den Räten, die Motion Luginbühl abzuschreiben.

Der Bundesrat teilt indessen die Zielsetzung der Motion. Er wird die internationalen Entwicklungen aufmerksam verfolgen und die zivil- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen regelmässig auf ihre Wettbewerbsfähigkeit hin überprüfen. Sollte sich Handlungsbedarf ergeben, wird er dem Parlament rechtzeitig entsprechende Massnahmen vorschlagen. Der Bundesrat versteht die Zielsetzung der Motion in diesem Sinne als eine Daueraufgabe, die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz auch in Zukunft sicherzustellen.

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