zu 12.462 Parlamentarische Initiative Anzahl Richterstellen am Bundesstrafgericht Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 11. Februar 2013 Stellungnahme des Bundesrates vom 10. April 2013

Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 11. Februar 2013 betreffend die parlamentarische Initiative «Anzahl Richterstellen am Bundesstrafgericht» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. April 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Das Bundesstrafgericht besteht gemäss Artikel 41 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010 (StBOG; SR 173.71) aus 15­35 ordentlichen Richtern und Richterinnen. Es wird durch nebenamtliche Richter und Richterinnen ergänzt; deren Zahl beträgt höchstens die Hälfte der Zahl der ordentlichen Richter und Richterinnen. Im Rahmen dieser Vorgaben bestimmt die Bundesversammlung die Anzahl der Richter und Richterinnen mittels Verordnung. Ebenfalls durch Verordnung regelt die Bundesversammlung das Arbeitsverhältnis und die Besoldung der Richter und Richterinnen (Art. 46 Abs. 3 StBOG).

Bei der ersten Wahl des Bundesstrafgerichts im Jahr 2003 verzichtete die Bundesversammlung darauf, vorgängig eine Verordnung über die Zahl der Richterstellen zu erlassen. Dies vor allem deshalb, weil damals die minimale gesetzliche Stellenzahl nicht erreicht wurde. Heute sind am Bundesstrafgericht 15,5 Richterstellen besetzt; eine Verordnung über die Richterstellen fehlt aber immer noch. Nebenamtliche Richter oder Richterinnen sind bisher keine gewählt worden.

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Vorlage der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates

Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) beantragt auf dem Weg der parlamentarischen Initiative die Annahme zweier Verordnungen. Die erste Verordnung sieht eine Höchstzahl von ordentlichen Richterstellen vor, die dem aktuellen Bestand von 16 Richterstellen entspricht, und legt die Zahl der nebenamtlichen Richter und Richterinnen auf höchstens 3 fest. Die zweite Verordnung regelt die Entschädigung der nebenamtlichen Richter und Richterinnen des Bundesstrafgerichts. Es sollen die gleichen Ansätze gelten wie für die nebenamtlichen Richter und Richterinnen des Bundesgerichts und des Bundespatentgerichts.

Die Vorschläge der RK-S gehen auf eine Eingabe des Bundesstrafgerichts vom 17. April 2012 an die Kommissionen für Rechtsfragen der Bundesversammlung zurück, zu der sich das Bundesgericht am 23. April 2012 zustimmend geäussert hat.

Das Bundesstrafgericht ersuchte die Bundesversammlung, eine Verordnung als Grundlage für die Wahl nebenamtlicher Richter und Richterinnen zu erlassen.

Beim Bundesstrafgericht besteht heute die Gefahr, dass es nicht über genügend italienischsprachige Richter und Richterinnen verfügt, wenn Ausstandsvorschriften zur Anwendung gelangen. Richter und Richterinnen, die sich mit einem Aspekt eines Straffalls in der Beschwerdekammer befasst haben, können im gleichen Fall nicht in der Strafkammer urteilen (Art. 21 Abs. 2 und 56 Bst. b der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 [StPO; SR 312.0]).

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Kommission beantragte Zahl von höchstens 16 Vollzeitstellen für ordentliche Richter und Richterinnen dem Ist-Zustand entspricht (aufgerundet).

Er nimmt weiter davon Kenntnis, dass die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Wahl von bis zu 3 nebenamtlichen Richtern und Richterinnen nicht als Kapazitätserweiterung gedacht ist, sondern die Funktionsfähigkeit des Gerichts beim Vorliegen von Ausstandsgründen sichern soll. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Anwendung der Ausstandsvorschriften bei Verfahren in italienischer Sprache zu Problemen führen kann. In seiner Botschaft zum StBOG nannte er als Grund für die Einführung nebenamtlicher Richter und Richterinnen beim Bundesstrafgericht insbesondere gelegentliche Schwierigkeiten bei der Besetzung der Spruchkörper wegen der Arbeitssprachen der Richter und Richterinnen (Botschaft vom 10. September 2008; BBl 2008 8125, hier 8167).

Der Bundesrat ist mit den beiden Verordnungsentwürfen der RK-S grundsätzlich einverstanden. Allerdings erscheint ihm fraglich, ob die Festlegung einer Höchstzahl statt einer festen Zahl von Richterstellen dem Sinn des Gesetzes voll entspricht.

Artikel 41 Absatz 3 StBOG sieht nämlich vor, dass die Bundesversammlung die Anzahl der Richter und Richterinnen in einer Verordnung bestimmt, das heisst in einem rechtsetzenden Erlass. Eine Delegation an die Gerichtskommission ist im Gesetz nicht vorgesehen. In Artikel 1 Buchstaben a und b des Entwurfs zur Verordnung über die Richterstellen am Bundesstrafgericht sollte daher der Ausdruck «höchstens» eigentlich gestrichen werden. Der Bundesrat verzichtet jedoch auf einen entsprechenden Antrag.

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