12.485 Parlamentarische Initiative MWST-Sondersatz für Beherbergungsleistungen.

Verlängerung Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. November 2012

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren, Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG). Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

12. November 2012

Im Namen der Kommission Der Präsident: Christophe Darbellay

2012-3011

925

Übersicht Der Gesetzesentwurf sieht vor, den befristeten Mehrwertsteuer-Sondersatz für Beherbergungsleistungen gemäss Artikel 25 Absatz 4 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 bis Ende 2017 zu verlängern.

Der befristete Sondersatz für Beherbergungsleistungen wurde 1996 aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage der Tourismusbranche eingeführt und seither insgesamt viermal verlängert. Die aktuelle Frist läuft Ende 2013 aus.

Ende Dezember 2011 hat der Nationalrat die Teilreform B des Mehrwertsteuergesetzes an den Bundesrat zurückgewiesen und ihn beauftragt, ein Modell mit zwei Steuersätzen auszuarbeiten, welchem zufolge Beherbergungsleistungen dem reduzierten Satz zu unterstellen sind.

Um zu verhindern, dass der Beherbergungssektor vor einem allfälligen Inkrafttreten dieser Reform zwischenzeitlich auf den Normalsatz umstellen müsste, beantragt die Kommission für Wirtschaft und Abgaben eine Aufrechterhaltung des geltenden Rechts und damit eine Verlängerung des Sondersatzes um weitere vier Jahre.

926

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Gemäss Artikel 25 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG) gilt der Sondersatz von 3,8 Prozent für Beherbergungsleistungen bis zum 31. Dezember 2013.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) beschloss in ihrer Sitzung vom 22. Oktober 2012 mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung, eine Kommissionsinitiative einzureichen, um den Sondersatz für Beherbergungsleistungen um weitere vier Jahre bis Ende 2017 zu verlängern. Die ständerätliche Schwesterkommission (WAK-S) stimmte dem Entscheid der WAK-N am 6. November 2012 mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Das Sekretariat wurde zusammen mit der Verwaltung beauftragt, einen entsprechenden Erlassentwurf vorzubereiten.

Dieser wurde am 12. November 2012 von der WAK-N mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Auf eine Vernehmlassung wurde verzichtet, da die Gesetzesänderung nur als provisorische Lösung bis zur Reform der Mehrwertsteuersätze gedacht ist und sie mit einer ordentlichen Vernehmlassung kaum vor Ablauf der Frist des Sondersatzes umgesetzt werden könnte.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Ausgangslage

2.1.1

Geltendes Recht

Am 1. Januar 1995 trat die Verordnung über die Mehrwertsteuer in Kraft. Auf Grund einer Übergangsbestimmung (Art. 8ter) in der alten Bundesverfassung bestand die Möglichkeit, dass der Bund auf dem Weg der Gesetzgebung für bestimmte im Inland erbrachte Tourismusleistungen einen tieferen Satz in der Umsatzsteuer festlegen konnte.1 Dies war unter zwei Bedingungen möglich. Einerseits musste die Dienstleistung in erheblichem Ausmass durch Ausländer konsumiert werden, was in der Hotellerie der Fall war, und zweitens musste die Wettbewerbsfähigkeit der Branche einen tieferen Satz erfordern. Die schwierige Lage des einheimischen Tourismusgewerbes Mitte der Neunzigerjahre veranlasste den Bundesrat, als vorübergehende Massnahme einen Sondersatz bis längstens Ende Dezember 2001 vorzuschlagen. Die Räte stimmten diesem in der Frühlingssession 1996 zu.

Seither hat die Bundesversammlung den Sondersatz für Beherbergungsleistungen insgesamt viermal verlängert:

1

1.

Einführung des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) am 1. Januar 2001: bis 31. Dezember 2003

2.

Beschluss vom 20. Juni 2003: bis 31. Dezember 2006

Mit der neuen Finanzordnung wurde im November 2004 in der Bundesverfassung verankert, dass das MWSTG einen Sondersatz für Beherbergungsleistungen vorsehen kann (Art. 130 Abs. 2 BV).

927

3.

Beschluss vom 16. Dezember 2005: bis 31. Dezember 2010

4.

Teilrevision A des MWSTG vom 12. Juni 2009: bis 31. Dezember 2013

2.1.2

Mehrwertsteuerreform Teil B

Im zweiten Teil der Revision des MWSTG (Mehrwertsteuerreform Teil B) sah der Bundesrat vor, die drei Steuersätze durch einen Einheitssatz von 6,1 Prozent zu ersetzen. Am 15. Dezember 2010 entschied der Nationalrat, diese Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen und ihm stattdessen den Auftrag zu erteilen, ein Modell mit zwei Steuersätzen vorzulegen, in dem die Beherbergungsleistungen, die Nahrungsmittellieferungen und die gastgewerblichen Leistungen zum reduzierten Satz besteuert werden.

Obwohl der Ständerat dem Nationalrat am 14. März 2011 nicht folgte, hielt der Nationalrat am 21. Dezember 2011 an seinem Entscheid fest, worauf der Rückweisungsantrag gemäss Artikel 87 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes (ParlG) definitive Gültigkeit erlangte.

Die neue Vorlage mit einem Zweisatzmodell ist zurzeit in Bearbeitung. Aller Voraussicht nach wird sie vom Bundesrat Anfang 2013 an die Bundesversammlung überwiesen, so dass sie von der WAK-N im 2. Trimester 2013 behandelt werden kann.

2.1.3

Die aktuelle Lage des Beherbergungssektors

Gemäss Zahlen des Satellitenkontos Tourimus des Bundesamts für Statistik (BFS)2 gehen in der Schweiz rund 3 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung auf die Tourismusbranche zurück, und ca. 4 Prozent aller Schweizer Arbeitskräfte sind in diesem Sektor beschäftigt. Dabei machen die erwähnten Statistiken ebenfalls deutlich, dass die Hotellerie innerhalb des Tourismussektors einen wichtigen Stellenwert hat. In den letzten zehn Jahren lag der Anteil des Beherbergungssektors sowohl an der touristischen Bruttowertschöpfung als auch der Beschäftigung konstant bei etwa 25 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt entspricht dies einer Wertschöpfung von knapp 4 Mia. Franken und rund 37 000 Beschäftigten im Jahr 2011.

Die Angaben des BFS zeigen jedoch auch, dass 2009 alle ökonomischen Kerngrössen der Hotellerie rückläufig waren und sich seither nur langsam erholen. So nahm die Zahl der Beschäftigten in der Beherbergung von 2008 auf 2009 um 9 Prozentpunkte ab. Diese Tendenzen widerspiegeln sich auch in der Beherbergungsstatistik des BFS (HESTA). Seit 2009 liegen die Wachstumsraten der Logiernächte sowohl in der Hotellerie als auch Parahotellerie (Jugendherbergen, Campingplätze) im Vergleich zum Vorjahr fast durchwegs im negativen Bereich und entwickeln sich schlechter als in den meisten anderen europäischen Ländern. Dies betrifft primär die Bergregionen und das Tessin und ist hauptsächlich auf eine sinkende Anzahl Gäste aus dem europäischen Ausland zurückzuführen.

2

928

www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/10.html

Die negative Entwicklung des Beherbergungssektors seit 2008 ist neben strukturellen Schwächen vor allem eine Folge der globalen Finanzkrise sowie auch der starken Aufwertung des Schweizer Frankens im Zuge der Eurokrise. Dies bestätigen sowohl ein Bericht des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) vom 8. November 2011 als auch die Tourismusprognosen von BAKBASEL im Auftrag des Staatsekretariats für Wirtschaft SECO.3 Zudem zeigt eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), dass der Schweizer Tourismus im Allgemeinen und die Hotellerie im Speziellen eine hohe Wechselkursanfälligkeit aufweisen.4 Der starke Franken führt insbesondere zu einer schlechteren preislichen Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Beherberungssektors. So lag der Preisniveauindex für Gaststätten und Hotels in der Schweiz 2010 gemäss Angaben von Eurostat fast 40 Punkte über jenem seiner Nachbarländer und wurde in Europa nur von Dänemark und Norwegen übertroffen.5 Zwar waren die Schweizer Hotelpreise auch in der Vergangenheit höher als im europäischen Ausland, doch haben sich diese Unterschiede in den letzten Jahren deutlich verschärft.

Nichtsdestotrotz kommen verschiedene Analysen zum Schluss, dass der Tourismus in der Schweiz in einigen Bereichen durchaus sehr konkurrenzfähig ist. So stellt die Tourismus Benchmarkung Studie des SECO vom Dezember 2011 fest, dass die Tourismusbranche in der Schweiz im internationalen Vergleich von gut ausgebildeten Arbeitskräften, einem flexiblen Arbeitsmarkt und einer attraktiven Unternehmensbesteuerung profitiert.6 Im «Travel & Tourism Competitiveness Index» des Weltwirtschaftsforums (WEF) erreicht die Schweiz zudem regelmässig den ersten Platz, wobei festzuhalten ist, dass sich der Index aus einer grossen Anzahl Indikatoren zusammensetzt, welche nur zu einem kleinen Teil den Beherbergungssektor betreffen.7

2.1.4

Die Mehrwertsteuer im europäischen Vergleich

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL8) schreibt in Titel VIII den Mitgliedstaaten einen Normalsatz von mindestens 15 Prozent vor (Art. 97 Abs. 1 MwStSystRL). Diese Vorschrift wurde am 7. Dezember 2010 vom EU-Ministerrat bis Ende 2015 verlängert.9 Die Anwendung von maximal zwei ermässigten Steuersätzen ist zulässig, aber nicht zwingend (Art. 98 MwStSystRL). Diese dürfen nicht weniger als 5 Prozent betragen, wobei jedoch zahlreiche befristete Übergangsbestimmungen einzelnen Mitgliedstaaten auch die

3 4

5 6 7 8 9

www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/28402.pdf Abrahamsen, Yngve und Banu Simmons-Süer (2011): «Die Wechselkursabhängigkeit der Schweizer Wirtschaft» KOF Studien Nr. 24.

www.kof.ethz.ch/publikationen/p/kof-studien/2080/ ec.europa.eu/eurostat www.seco.admin.ch/dokumentation/publikation/00008/00025/04043/index.html? lang=de www.weforum.org/issues/travel-and-tourism-competitiveness ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Dauer der Verpflichtung, einen Mindestnormalsatz einzuhalten, ABl. L 326 vom 10.12.2010, S. 1.

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Anwendung niedrigerer Sätze erlauben. Die ermässigten Steuersätze sind grundsätzlich nur auf die im Anhang III der MwStSystRL explizit genannten Leistungen anwendbar, so auch auf «Beherbergungsleistungen in Hotels und ähnlichen Einrichtungen, einschliesslich der Beherbergung in Ferienunterkünften, und Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen der Wohnwagen» (Ziffer 12 von Anhang III).

Wie die Tabelle im Anhang zeigt, unterliegen Beherbergungsleistungen in den meisten europäischen Ländern einem reduzierten Steuersatz. Nur in Dänemark, Grossbritannien, Litauen und der Slowakischen Republik ist dies nicht der Fall. Mit Ausnahme von Luxemburg liegt der reduzierte Satz für die Beherbergung allerdings überall deutlich höher als jener von 3,8 Prozent in der Schweiz. Was die direkten Nachbarländer betrifft, so werden auf Hotelübernachtungen in Deutschland und Frankreich 7 Prozent, in Italien und Österreich sogar 10 Prozent Mehrwertsteuer erhoben.

2.2

Beratungen der Kommission

2.2.1

Antrag der Mehrheit

Die Diskussion um eine abermalige Verlängerung des Sondersatzes für die Beherbergungsleistungen wurde in der Kommission vor dem Hintergrund der geplanten Revision des MWSTG gemäss dem Rückweisungsauftrag des Nationalrates geführt.

Wie oben erwähnt (Kap. 2.1.2) sollte die Botschaft des Bundesrates zum Zweisatzmodell gemäss Angaben des Eidgenössischen Finanzdepartements im Frühjahr 2013 vorliegen. Die Umsetzung des neuen MWSTG würde jedoch gleichzeitig eine Anpassung von Artikel 130 der Bundesverfassung erfordern, da dieser in Absatz 2 die Möglichkeit eines Sondersatzes für Beherberungsleistungen zwischen dem reduzierten und dem Normalsatz vorsieht. Entsprechend muss die Vorlage nicht nur vom Parlament behandelt werden, sondern auch Volk und Ständen zur Abstimmung vorgelegt werden. Deshalb ist damit zu rechnen, dass das revidierte MWSTG frühestens am 1. Januar 2016 in Kraft treten könnte.

Die Mehrheit der Kommission will verhindern, dass der Hotelleriesektor seine Dienstleistungen zwischen dem Ablauf der aktuellen Frist des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen und dem allfälligen Inkrafttreten des neuen MWSTG vorübergehend zum Normalsatz von 8 Prozent versteuern müsste. In Anbetracht des beträchtlichen administrativen Aufwandes, den eine zweimalige Umstellung für die Branche mit sich bringen würde, hält es die Kommissionsmehrheit für angemessen, das geltende Steuerregime um weitere vier Jahre zu verlängern. Die neue Frist bis Ende 2017 soll gewährleisten, dass die geplante Mehrwertsteuerreform auch tatsächlich in diesem Zeitraum umgesetzt werden kann. Falls dies bereits vor Ablauf der Frist erfolgen sollte, würde Artikel 25 Absatz 4 des MWSTG und damit auch der Sondersatz für Beherbergungsleistungen aufgehoben. Eine konkrete Frist ist zudem notwendigerweise für den Fall festzusetzen, dass die Mehrwertsteuerreform im Parlament scheitert, da ansonsten nicht klar wäre, ob und wie lange der Sondersatz weiterhin gelten würde.

Zusätzlich zum Handlungsbedarf aus administrativen Gründen ist die Mehrheit der Kommission der Ansicht, dass die Weiterführung des Sondersatzes für Beherbungs-

930

leistungen auch angesichts der schwierigen Wirtschaftslage der Tourismusbranche angezeigt ist.

2.2.2

Antrag der Minderheit

Eine Minderheit der Kommission (Birrer-Heimo, Fässler Hildegard, Kaufmann, Kiener Nellen, Leutenegger Oberholzer, Marra, Pardini) spricht sich jedoch gegen eine Verlängerung des Sondersatzes aus und beantragt Nichteintreten. Obwohl auch sie anerkennt, dass die Hotellerie mit Problemen zu kämpfen hat, erachtet sie die systematische und anhaltende Bevorzugung eines einzelnen Wirtschaftszweiges, welche ursprünglich nur als provisorische Massnahme gedacht war, als nicht gerechtfertigt. Zudem ist sie der Meinung, dass eine Mehrwertsteuerreduktion für die Beherbergung nach dem Giesskannenprinzip nicht sinnvoll ist, zumal Statistiken zeigen, dass nicht alle Tourismusregionen und Betriebe gleichermassen von ökonomischen Schwierigkeiten betroffen sind. Stattdessen wäre es zielführender, Anreize für Entwicklungen und Innovationen im Tourismusbereich zu schaffen, wie dies der Bund zum Teil bereits tut (siehe z.B. Innotour, das Förderprogramm Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus des SECO).

3 Art. 25

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen Steuersätze

Absatz 4: Der Sondersatz für Beherbergungsleistungen von aktuell 3,8 Prozent ist bis zum 31. Dezember 2013 befristet. Dieses Befristung wird nun um vier Jahre auf den 31. Dezember 2017 verlängert. Ansonsten erfolgt keine Änderung des Gesetzestextes.

Bei einer Umsetzung der Mehrwertsteuerreform Teil B im Sinne des Rückweisungsauftrages vor Ende 2017 würde der Sondersatz für Berherbungsleistungen gemäss Artikel 25 Absatz 4 bereits vor Ablauf der neuen Frist ausser Kraft gesetzt.

4

Finanzielle Auswirkungen

Eine Aufhebung des Sondersatzes und eine Besteuerung der Beherbergungsleistungen zum Normalsatz hätte jährliche Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer von rund 180 Millionen Franken zur Folge. Über die vier Jahre der Verlängerung ergäben sich somit Mehreinnahmen von rund 720 Millionen Franken. Insbesondere wegen der viertel- und halbjährlichen Abrechnungsperioden würde sich die Aufhebung des Sondersatzes verzögert auswirken. So würden im Jahr 2014 nur rund 75 Prozent der Mehreinnahmen eines ganzen Jahres erzielt und erst ab dem Jahr 2015 würde der volle Mehrertrag erreicht.

931

5

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist und die in der EU anwendbare Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie10 nicht übernommen hat, hat diese Richtlinie in der Schweiz keine Gültigkeit. Die Schweiz kann ihr Mehrwertsteuerrecht weiterhin autonom gestalten. Die Bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU berühren die Mehrwertsteuer nur im Rahmen der Amts- und Rechtshilfe. Diese Bestimmungen sind durch diese Vorlage nicht betroffen.

Zu erwähnen ist weiter der am 28. Oktober 199411 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossene Staatsvertrag betreffend die MWST im Fürstentum Liechtenstein. Mit diesem Vertrag übernimmt das Fürstentum Liechtenstein, das im Übrigen mit der Schweiz ein einziges Zollgebiet bildet, das in der Schweiz geltende Mehrwertsteuerrecht für sein Staatsgebiet.

Ziel des Vertrags ist es, eine einheitliche Regelung, Auslegung und Durchsetzung der MWST in beiden Ländern zu gewährleisten. Dieser Vertrag behält seine Gültigkeit, sofern er nicht von einer der beiden Vertragsparteien aufgekündigt wird. Entsprechend dem Vertrag wird das Fürstentum Liechtenstein sein Mehrwertsteuerrecht dem revidierten schweizerischen Mehrwertsteuergesetz anpassen müssen.

Ausserdem besteht ein am 23. November 196412 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossener Vertrag über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet. Nach diesem Staatsvertrag findet in der deutschen Gemeinde Büsingen das schweizerische Mehrwertsteuerrecht Anwendung. Dies bedeutet, dass die Schweiz auch auf dem Gebiet der Gemeinde Büsingen die MWST auf der Einfuhr und den dort erbrachten Leistungen erhebt. Im Gegenzug beteiligt sich die Schweiz mit einem Anteil aus dem Mehrwertsteuerertrag an den Sonderlasten der Gemeinde Büsingen und ihrer Bevölkerung. Der Staatsvertrag behält seine Gültigkeit, sofern er nicht von einer der Vertragsparteien aufgekündigt wird.

6

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsmässige Grundlage für den Sondersatz bildet Artikel 130 BV gemäss dem Bundesbeschluss vom 19. März 2004 über eine neue Finanzordnung, wonach das Gesetz für die Besteuerung der Beherbergungsleistungen einen Satz zwischen dem reduzierten und dem Normalsatz festlegen kann (Art. 130 Abs. 2 BV).

10 11 12

932

ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

SR 0.641.295.142 SR 0.631.112.136

Anhang

Besteuerung der Beherbergungsleistungen in der EU Mitgliedstaaten

Normalsatz

Beherbergungsleistungen

Belgien

21

6

Bulgarien

20

9

Tschechische Republik

20

14

Dänemark

25

25

Deutschland

19

7

Estland

20

9

Griechenland

23

6,5

Spanien

21

10

Frankreich

19,6

7

Irland

23

9

Italien

21

10

Zypern

17

8

Lettland

21

12

Litauen

21

21

Luxemburg

15

3

Ungarn

27

18

M alta

18

7

Niederlande

21

6

Österreich

20

10

Polen

23

8

Portugal

23

6

Rumänien

24

9

Slowenien

20

8,5

Slowakische Republik

20

20

Finnland

23

9

Schweden

25

12

Vereinigtes Königreich

20

20

Quelle: Europäische Kommission, Steuern und Zollunion, 1. Juli 2012, Die Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ec.europa.eu/taxation_customs/ resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/rates/vat_rates_de.pdf) Änderungen bis Oktober 2012 berücksichtigt.

933

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