13.038 Botschaft zum Bundesgesetz über die Weiterbildung vom 15. Mai 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Weiterbildung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2012

M 09.3883

Elternbildung gehört ins Weiterbildungsgesetz (N 14.4.11, Tschümperlin; S 6.12.11; N 13.3.12)

2009

P

Weiterbildungsoffensive (S 5.3.09, Sommaruga Simonetta)

2007

M 07.3283

08.4025

Kampf gegen Illettrismus (S 19.6.07, Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur S; 07.012; N 20.9.07; S 25.9.07)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Mai 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2012-0402

3729

Übersicht Mit dem neuen Weiterbildungsgesetz wird der Verfassungsauftrag von 2006 umgesetzt. Das Gesetz ordnet Weiterbildung in den Bildungsraum Schweiz ein und legt Grundsätze über die Weiterbildung fest. Das Gesetz ist als Grundsatzgesetz konzipiert; als solches setzt es den bereits bestehenden Bestimmungen über die Weiterbildung in der Spezialgesetzgebung des Bundes einen Rahmen. Ziel ist es, die hauptsächlich privat organisierte und individuell verantwortete Weiterbildung zu stärken; staatliche Eingriffe stehen nicht im Vordergrund.

Ausgangslage Am 21. Mai 2006 haben Volk und Stände die neuen Verfassungsbestimmungen zur Bildung mit grossem Mehr angenommen. Gemäss der bildungsrechtlichen Neuordnung haben Bund und Kantone die Aufgabe, gemeinsam für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz zu sorgen (Art. 61a der Bundesverfassung vom 18. April 1999, BV). Zum Bildungsraum zählen neben dem kantonalen Schulwesen (Art. 62 BV) die Berufsbildung (Art. 63 BV), die Hochschulen (Art. 63a BV), die Forschung (Art. 64 BV) und die Weiterbildung (Art. 64a BV).

Mit Artikel 64a BV wird die Weiterbildung erstmals auf Verfassungsebene geregelt und in die Bildungspolitik integriert. Zugleich ist mit der expliziten Aufnahme der Weiterbildung in die Bundesverfassung der Bildungsraum Schweiz vervollständigt worden. Bisher fehlte eine Grundlage für die Betrachtung der Weiterbildung aus einer integrierten Bildungsoptik und damit für eine einheitliche Weiterbildungspolitik.

Der Bund hat nun neu den Auftrag, Grundsätze über die Weiterbildung festzulegen, die Kompetenz, die Weiterbildung zu fördern, und die Aufgabe, auf Gesetzesstufe Bereiche und Kriterien festzulegen.

Weiterbildung ist historisch und pragmatisch gewachsen. Dies führte zu einem heterogenen Verständnis von Weiterbildung und je nach Kontext zu unterschiedlichen Begrifflichkeiten. So finden sich Bestimmungen zur Weiterbildung in verschiedensten Spezialgesetzen ­ viele davon ausserhalb des Bildungsbereiches. Mit der Umsetzung von Artikel 64a BV besteht erstmals die Möglichkeit, Weiterbildung zu definieren und in den gesamten Bildungsbereich einzuordnen.

Die Schweiz verfügt über ein ausgesprochen umfassendes staatlich geregeltes Bildungssystem. Bisher fehlten jedoch die Bezüge zwischen der sogenannten formalen Bildung und dem
Weiterbildungsbereich. Eine grosse Herausforderung bei der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs war es, diese Bezüge herauszuarbeiten und die Grundsätze einer umfassenden Weiterbildungspolitik zu formulieren.

3730

Inhalt der Vorlage Der vorliegende Gesetzesentwurf hat zum Ziel, die hauptsächlich privat organisierte und individuell verantwortete Weiterbildung zu stärken. Staatliche Eingriffe stehen nicht im Vordergrund. Vielmehr werden Rahmenbedingungen optimiert, die eine individuelle Entwicklung durch Weiterbildung ermöglichen und eine flexible Anpassung der Angebote an Entwicklungen bieten.

Durch ein einheitliches Begriffsverständnis und die Definition von gemeinsamen Grundsätzen leistet das geplante Weiterbildungsgesetz einen Beitrag zur Koordination und Kohärenz der Bildungsgesetzgebung. Ausserdem schafft es über die Möglichkeiten der Anrechnung von Bildungsleistungen aus Weiterbildung und informeller Bildung Bezüge zum formalen Bildungssystem.

Begriffe Mit dem Weiterbildungsgesetz soll das lebenslange Lernen im Bildungsraum Schweiz gestärkt werden. Der Gesetzesentwurf definiert Weiterbildung (nichtformale Bildung) als Lernen in strukturierten Bildungsangeboten ausserhalb der formalen Bildung.

Die formale Bildung umfasst die staatlich geregelte Bildung, die in der obligatorischen Schule stattfindet, zu Abschlüssen der Sekundarstufe II, der höheren Berufsbildung oder zu akademischen Graden führt oder Voraussetzung für eine staatlich reglementierte berufliche Tätigkeit bildet.

Daneben gibt es noch die informelle Bildung, welche durch persönliches Lernen ausserhalb strukturierter Lehr-Lernbeziehungen wie Selbststudium, Lesen von Fachliteratur oder Lernen in der Familie erworben wird. Informelle Bildung entzieht sich naturgemäss jeder Regelung.

Grundsätze Im Gesetzesentwurf werden im Hinblick auf ein insgesamt günstiges Bildungsklima Grundsätze herausgearbeitet.

­

Verantwortung: Weiterbildung steht primär in der Verantwortung des Einzelnen. Es steht jedoch auch im Interesse der Arbeitgeber, die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Stufen zu begünstigen. Der Staat verhält sich im Weiterbildungsbereich subsidiär und greift nur dort ein, wo es spezifische öffentliche Interessen zu wahren gilt.

­

Qualität: Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung sollen eine bessere Vergleichbarkeit der Angebote und mehr Transparenz bewirken und einen hohen Bildungsstandard garantieren.

­

Anrechnung: Die Anrechnung von Weiterbildung und informellen Bildungsleistungen an die formale Bildung erhöht die Durchlässigkeit des Bildungssystems. Sie liegt im Interesse sowohl des Einzelnen als auch der Gesellschaft und der Wirtschaft, indem sie die Bildungsdauer reduziert und die Effizienz beim Erwerb formaler Bildungsabschlüsse erhöht.

3731

­

Chancengleichheit: Über das allgemeine Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung hinaus werden im Gesetzesentwurf die Bedeutung der Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und die Integration von Ausländerinnen und Ausländern sowie die Arbeitsmarktfähigkeit gering qualifizierter Personen besonders hervorgehoben. Diesen Zielgruppen soll in den Spezialgesetzen und bei den konkreten Weiterbildungsangeboten besondere Beachtung geschenkt werden.

­

Wettbewerb: Staatliche Angebote dürfen den Wettbewerb nicht verfälschen.

Anders als im formalen Bildungsbereich handelt der Staat in der Weiterbildung subsidiär. Umso mehr hat die öffentliche Hand dafür zu sorgen, dass staatlich unterstützte Angebote im Wettbewerb mit privat finanzierten Angeboten nicht übervorteilt werden.

Grundkompetenzen Erwachsener Eine wesentliche politische Motivation für den Weiterbildungsartikel in der Bundesverfassung war die Problematik der Nachholbildung und des Illettrismus.

Die Nachholbildung im formalen Bildungsbereich ist geregelt (z. B. Nachholen eines Lehrabschlusses oder einer Erwachsenenmaturität). Hingegen fehlen bildungspolitisch klare Antworten auf die Probleme des Illettrismus. Grundkompetenzen sind eine Voraussetzung, um am lebenslangen Lernen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Dies ist auch der Grund dafür, dass der Illettrismus Gegenstand eines Bildungsgesetzes und nicht mehr der Kulturförderung sein soll.

Mit der Aufnahme der Förderung von Grundkompetenzen Erwachsener ins Weiterbildungsgesetz wird dem Willen von Bundesrat und Parlament Folge geleistet. In der Botschaft vom 8. Juni 2007 zum Kulturförderungsgesetz (KFG) hat der Bundesrat den Transfer der Illettrismusbekämpfung vom Kulturförderungsgesetz ins Weiterbildungsgesetz explizit vorgesehen. Es handelt sich damit nicht um einen neuen Fördertatbestand, sondern um eine langfristig geplante Transferierung einer Bestimmung des Kulturförderungsgesetzes vom 11. Dezember 2009 (Art. 15 KFG, Aspekt Illettrismus) ins Weiterbildungsgesetz.

Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen durch den Bund Die Förderung der Weiterbildung durch den Bund bleibt Sache der Spezialgesetze.

Voraussetzungen nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf sind namentlich ein definiertes öffentliches Interesse, gesetzlich festgelegte Ziele und die Einhaltung einer Reihe von im Weiterbildungsgesetz festgelegten Grundsätzen.

Instrumentarium zur Beobachtung des Weiterbildungsmarktes Im hauptsächlich privat organisierten und auf Eigenverantwortung beruhenden Weiterbildungsbereich geht es vor allem darum, Dysfunktionen zu identifizieren und zu beheben. Zu diesem Zweck soll das Wissen gesammelt, vertieft und den bildungspolitisch Verantwortlichen zur Verfügung gestellt werden. Studien, Forschung sowie gezielte statistische Erhebungen und die Interpretation der Ergebnisse im Sinne eines Monitorings sind dazu wichtige Voraussetzungen.

3732

Ausgaben und Mindereinnahmen des Bundes Die Ausgaben und Mindereinnahmen des Bundes im Bereich Weiterbildung belaufen sich heute aufgrund verschiedener Spezialgesetze auf jährlich rund 600 Millionen Franken; das Weiterbildungsgesetz führt zu zusätzlichen Ausgaben in der Grössenordnung von jährlich 2 Millionen Franken.

Anpassung der Spezialgesetze Parallel zur Vernehmlassung wurden gemeinsam mit den zuständigen Bundesstellen die aufgrund des vorliegenden Entwurfs notwendigen Änderungen in anderen Bundesgesetzen geprüft. Die im Anhang zum Weiterbildungsgesetz aufgenommenen Änderungen der Spezialgesetze betreffen terminologische Anpassungen oder Präzisierungen und sollen die Rechtssicherheit im Vollzug erleichtern.

3733

Inhaltsverzeichnis Übersicht

3730

Abkürzungsverzeichnis

3736

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Definition von Weiterbildung 1.1.2 Bedeutung der Weiterbildung 1.1.3 Weiterbildungsbeteiligung 1.1.4 Stand der Weiterbildungspolitik 1.1.5 Weiterbildung in der Bundesgesetzgebung 1.1.6 Kantonale Regelungen 1.1.7 Handlungsbedarf und Zielsetzungen 1.1.8 Expertenkommission und Vernehmlassungsverfahren 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Einleitung 1.2.2 Begriffsklärung und Abgrenzung 1.2.3 Regelungsgegenstand und Geltungsbereich 1.2.4 Grundsätze 1.2.5 Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen durch den Bund 1.2.6 Grundkompetenzen Erwachsener 1.2.7 Statistik und Monitoring 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Standpunkte und Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren 1.3.2 Anpassung des Vernehmlassungsentwurfs 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 1.6 Umsetzung 1.6.1 Prüfung der Vollzugstauglichkeit im vorparlamentarischen Verfahren 1.6.2 Umsetzung und Vollzug 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

3737 3737 3737 3738 3741 3742 3742 3744 3745 3749 3750 3750 3751 3753 3753 3757 3757 3760 3760 3760 3761 3763 3763 3764 3764 3765 3766

2 Erläuterungen der Gesetzesbestimmungen 2.1 Grundkonzept der Vorlage 2.2 Gesetzesbestimmungen

3767 3767 3768

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf Kantone 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft

3784 3784 3784 3785 3786 3786 3787

3734

4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

3787 3787 3787

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Verhältnis zum Hochschul-Verfassungsartikel 5.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.4 Erlassform 5.5 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.6 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung 5.7 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

3788 3788 3788 3790 3791 3792 3792 3792

Glossar

3794

Literaturverzeichnis

3796

Anhänge: 1 Internationale Definitionen 2 Grafische Darstellungen zur Weiterbildungsbeteiligung

3798 3799

Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) (Entwurf)

3805

3735

Abkürzungsverzeichnis BFI

Bildung, Forschung und Innovation

BP

Berufsprüfung (eidg. Fachausweis)

CAS

Certificate of Advanced Studies

DAS

Diploma of Advanced Studies

EMBA

Executive Master of Business Administration

EU

Europäische Union

EVD

Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement neu ab 1.1.2013 Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung)

HFKG

Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz vom 30. September 2011, HFKG, (BBl 2011 7455)

HFP

Höhere Fachprüfung (eidg. Diplom)

ISCED

International Standard Classification of Education

MAS

Master of Advanced Studies

MZB

Mikrozensus Aus- und Weiterbildung

NDS HF

Nachdiplomstudium an einer höheren Fachschule

NDK HF

Nachdiplomkurs an einer höheren Fachschule

OECD

Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

PhD

Doktorat

Sek II

Sekundarstufe II

UNESCO

United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

WBK

Kommission für Wissenschaft, Bildung und Forschung

3736

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Mit den neuen Bildungsartikeln der Bundesverfassung1 (BV) wurde die Grundlage für einen kohärenten Bildungsraum Schweiz gelegt. Damit kommt der Weiterbildung erstmals eine Bedeutung im gesamten Bildungssystem zu. Sie ist in ihrer Funktion und in ihren Abhängigkeiten zu den grossen Bereichen obligatorische Schule, nachobligatorische Abschlüsse der Sekundarstufe II und zum Tertiärbereich zu erfassen.

Ziel des Weiterbildungsgesetzes ist die Einordnung der Weiterbildung in den Bildungsraum Schweiz. Damit verbunden trägt der vorliegende Entwurf auch zur Qualität, Durchlässigkeit und Transparenz des Bildungssystems bei.

Als Grundsatzgesetz hat das Weiterbildungsgesetz weder Vorschriften zu Inhalten von Weiterbildungen zu erlassen noch die Förderung von spezifischen Weiterbildungsangeboten zu regeln. Vielmehr geht es darum, die Dynamik des Weiterbildungsbereichs zu bewahren und mit günstigen Rahmenbedingungen das bisher weitgehend selbstregulierte und gut funktionierende Nebeneinander von staatlichen und privaten, gemeinnützigen und gewinnorientierten, betrieblichen und öffentlichen Weiterbildungsangeboten und Trägerschaften zu sichern.

1.1.1

Definition von Weiterbildung

Lernen geschieht in unterschiedlichen Kontexten und Formen und ist nicht an eine Lebensphase, etwa das Jugendalter oder eine Erwerbstätigkeit, gebunden. Dieser Tatsache trägt seit einigen Jahren der durchaus wörtlich zu verstehende Begriff «lebenslanges Lernen»*2 Rechnung. Er umfasst Lernen im formalen Bereich, d. h.

in Bildungsgängen, die staatlich geregelt sind und zu einem Abschluss der höheren Berufsbildung oder einem akademischen Grad führen, nichtformale Bildung in Kursen, Seminaren usw. sowie informelle, individuelle Bildung, die ein Mensch sich durch das Studium von Fachliteratur, Lernen in der Familie oder bei ehrenamtlichen Tätigkeiten aneignet.

Wie von den Bildungsartikeln in der BV vorgesehen, soll mit dem Weiterbildungsgesetz (WeBiG) eine Einordnung der Weiterbildung in den Bildungsraum Schweiz erreicht werden. Dies geschieht mit der Definition von Weiterbildung* als nichtformaler Bildung*. Diese Definition ist unabhängig von Institutionen, Inhalten und individueller Bildungsbiografie und grenzt sich klar von den anderen in der BV genannten Bildungsbereichen ab.

1 2

SR 101 * Siehe Glossar am Ende dieser Botschaft.

3737

Die Unterscheidung zwischen Bildung im formalen, im nichtformalen und im informellen Bereich hat sich in den letzten Jahren international etabliert und bietet den Vorteil, den Regelungsgegenstand des Weiterbildungsgesetzes genau zu beschreiben.3

Informelle Bildung* lässt sich aufgrund der individuellen Ausgestaltung nicht in Rechtssätzen regeln. Deshalb wird dieser äusserst wichtige Bereich des lebenslangen Lernens nicht durch die Definition von Weiterbildung im Sinne des Weiterbildungsgesetzes erfasst. Trotzdem berücksichtigt das Weiterbildungsgesetz auch diese Lernform, indem es die Möglichkeit der Anrechnung der informellen Bildung an formale Bildung* vorsieht.

1.1.2

Bedeutung der Weiterbildung

Das lebenslange Lernen und insbesondere auch die Weiterbildung hat im Zuge der Globalisierung, des damit einhergehenden Strukturwandels von Gesellschaft und Wirtschaft und der Erkenntnis der Begrenztheit der natürlichen Ressourcen stark an Bedeutung gewonnen. Wissensgesellschaft und technologischer Fortschritt, aber auch das Erfordernis einer nachhaltigen Entwicklung auf allen Ebenen stellen ständig neue und häufig auch höhere Qualifikationsanforderungen. Der Erwerb von Wissen und Können sowie deren kontinuierliche Aktualisierung und Weiterentwicklung sind Voraussetzung für die persönliche Entfaltung und für die Teilhabe an allen Bereichen der Wirtschaft und der Gesellschaft.4 Als Land mit beschränkten natürlichen Ressourcen ist die Schweiz zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf ihr Humankapital angewiesen. Ein gut funktionierendes Bildungssystem ist deshalb für den Wirtschaftsstandort Schweiz zentral.

3 4

Internationale Definitionen vgl. Anhang 1.

Vgl. auch Art. 41 BV (Sozialziele).

3738

Wandel des Beschäftigungs- und des Bildungssystems Die Schweiz hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft gewandelt. Das Beschäftigungs- und das Bildungssystem sind eng verknüpft: Der Wandel von Berufsbildern und des Beschäftigungssystems hat unmittelbare Folgen auf das Bildungssystem. Weiterbildung spielt dabei eine wichtige Rolle. Anbieter von Weiterbildungen reagieren sehr schnell auf neue Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Damit ergänzen Weiterbildungen in geeigneter Weise das formale Bildungssystem.

Im Zuge der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt wurde in den letzten Jahren das staatlich geregelte formale Bildungssystem durch die Schaffung von Fachhochschulen5 und durch die Totalrevision des Berufsbildungsgesetzes6 neu geordnet. Ferner wurde durch die Einführung der Berufsmaturität ab 1993 die Durchlässigkeit von berufspraktischen und allgemeinbildenden Abschlüssen mit Blick auf weiterführende Studien verbessert.

Im Weiterbildungsangebot widerspiegelt sich die Nachfrage am Arbeitsmarkt.

Allgemeine, berufsübergreifende Elemente gewinnen neben der Vermittlung von fachtechnischem Wissen an Bedeutung. Sprachen sind die mit Abstand am häufigsten genutzten Weiterbildungsangebote.

Demografische Entwicklungen Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) ist bereits jede zweite Person der erwerbstätigen Bevölkerung in der Schweiz über vierzig Jahre alt. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Jugendlichen und damit das zukünftige Arbeitskräftepotenzial. Der Zufluss an neuem und aktuellem Wissen und Können erfolgt je länger desto weniger über die Rekrutierung von Nachwuchskräften. Innovation wird künftig tendenziell weniger über den Generationenwechsel als über Weiterbildung auf allen Qualifikationsniveaus gewährleistet.

Berufliche Neuorientierung und Wiedereinstieg Berufliche Karrieren ohne grössere Veränderungen werden immer seltener. Wechsel aufgrund persönlicher Neuorientierungen, durch den technologischen Fortschritt bedingte Veränderungen von Berufsbildern, Quer- und Wiedereinstiege in den Arbeitsmarkt nach einer Familienphase werden sich voraussichtlich in den nächsten Jahren zum Normalfall entwickeln. So bildet etwa der Lehrgang zur Pflegehelferin SRK, der sich vor allem an Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger richtet, eine wichtige Einstiegsqualifikation
im Gesundheitsbereich. Absolventinnen und Absolventen dieses Lehrgangs bilden eines der wichtigsten Nachwuchs-Reservoirs für Gesundheitsberufe auf Sekundarstufe II.

Berufliche Neuorientierung und beruflicher Wiedereinstieg sind nicht zuletzt wegen der raschen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt in der Regel mit einem beträchtlichen Weiterbildungsaufwand verbunden.

5 6

Fachhochschulgesetz vom 6. Oktober 1995, SR 414.71.

Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 2002, SR 412.10.

3739

Integration Eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung und die erfolgreiche Integration von Menschen mit Behinderungen, von gering qualifizierten Personen, von Migrantinnen und Migranten, aber auch von älteren Menschen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt setzt Weiterbildungsanstrengungen auf verschiedenen Ebenen voraus.

Im Migrationsbereich stehen der Erwerb von Sprachkenntnissen und beruflicher Qualifikation, aber auch die Anrechnung bereits erworbener Bildungsleistungen und Berufserfahrungen im Vordergrund. Ebenso ist Menschen mit Behinderungen der Zugang zu Weiterbildungsangeboten zu ermöglichen. Für die ältere Generation hat insbesondere der Erwerb von Grundkenntnissen in Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eine wichtige Bedeutung, damit sie möglichst lange im Arbeitsmarkt bleiben und später selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann.

Zugang zu Weiterbildung Verschiedene Faktoren können eine Teilnahme an Weiterbildung erschweren oder gar verunmöglichen. Dazu zählen zum Beispiel mangelnde Zeit, persönliche und familiäre Gründe (Vereinbarkeit von Beruf, Weiterbildung und Familie) oder geografische Erreichbarkeit, aber auch das Fehlen von Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Alltagsmathematik und Anwenden von Informations- und Kommunikationstechnologien bei Erwachsenen.

Internationales Umfeld Im internationalen Kontext wird Weiterbildung schon seit Längerem als Schlüsselelement zum Konzept des lebenslangen Lernens verstanden (EU, OECD). Der Begriff des lebenslangen Lernens hat sich seit 1996, dem «Europäischen Jahr des lebenslangen Lernens», international etabliert. Unter dem Begriff des lebenslangen Lernens werden sämtliche im Verlaufe des Lebens unternommenen Bildungsaktivitäten einer Person verstanden, die der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dienen.

Das lebenslange Lernen ist ein roter Faden der EU-Bildungsstrategie. Ziele im 2007 präsentierten Aktionsplan (EU 2007) sind unter anderem die Verbesserung der Qualität der Angebote, eine stärkere Sensibilisierung für die Weiterbildung, die rasche Umsetzung des europäischen Qualifikationsrahmens und eine Verbesserung des Monitorings. Wichtige Instrumente für die Umsetzung sind die EU-Bildungsprogramme, an denen die Schweiz seit 2011 als Vollmitglied teilnimmt. Auch der Bologna- und der
Kopenhagenprozess zielen auf die Förderung von Durchlässigkeit, Transparenz und Mobilität auf dem europäischen Bildungs- und Arbeitsmarkt ab.

Die Förderung der Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens ist überdies eine Priorität des Europarates.

Seit 1949 organisiert die UNESCO alle zwölf Jahre eine Weltkonferenz für Erwachsenenbildung (Conférence Internationale sur l'Education des Adultes, CONFINTEA). Ziel der Weltkonferenzen ist es, eine regelmässige Bestandsaufnahme über die Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich Weiterbildung zu erstellen und auf dieser Grundlage Empfehlungen zur Weiterentwicklung zu formulieren ­ unter anderen die Empfehlung zur Förderung der nichtformalen Bildung von Jugendlichen. Die jüngste Weltkonferenz fand Ende 2009 in Brasilien statt.

3740

1.1.3

Weiterbildungsbeteiligung7

Internationale Vergleiche von Weiterbildungssystemen dokumentieren eine erfreuliche Positionierung der Schweiz im internationalen Feld. Als Vergleich dienen von der OECD und der EU entwickelte Indikatoren.8 Die Strukturindikatoren der EU zum lebenslangen Lernen zeigen eine überdurchschnittliche Teilnahme an generellen Lernaktivitäten in der Schweiz.

Gemäss neuesten Daten des Mikrozensus Aus- und Weiterbildung 2011 nehmen fast 80 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz zwischen 25 und 64 Jahren an nichtformalen und an informellen Lernaktivitäten teil.

Differenzierte Weiterbildungsbeteiligung9 Verschiedene Faktoren wie Bildungsniveau, Arbeitsmarktstatus und Beschäftigungsgrad, Alter sowie Sprachregion und Nationalität beeinflussen die Weiterbildungsteilnahme.

Gering qualifizierte Personen: Die Weiterbildungsbeteiligung (nichtformale Bildung) von Personen ohne nachobligatorischen Abschluss liegt bei 31 Prozent, während sich 79 Prozent der Personen mit einem Abschluss im Tertiärbereich weiterbilden. Eine Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung insgesamt muss gezielt bei der Gruppe der gering qualifizierten Personen ansetzen. Diese laufen grössere Gefahr, wegen mangelnder Qualifikationen aus dem Erwerbsprozess auszuscheiden und dadurch soziale Folgekosten zu generieren.

Die Nichtteilnahme korreliert mit dem Kompetenzniveau in Lesen, Rechnen und Probleme-Lösen, wie eine Auswertung von Daten zur Literalität, Alltagsmathematik und Problemlösefähigkeit zeigt. Ein wichtiger Hinderungsgrund für die Teilnahme an Weiterbildung ist demzufolge nicht nur finanzieller oder zeitlicher Art, sondern auf mangelnde Grundkompetenzen zurückzuführen. Gemäss Erhebungen der internationalen Studie «Adult Literacy and Life Skills Survey» (BFS 2005) können rund 16 Prozent der 16­65-jährigen Bevölkerung der Schweiz nicht in ausreichendem Masse lesen und schreiben.

Frauen: Die Zahlen aus dem Mikrozensus 2011 weisen keine Unterschiede bei der Beteiligung an Weiterbildung nach Geschlecht aus. Obwohl bei beiden Geschlechtern berufliche Gründe im Vordergrund stehen, ist bei Frauen das ausserberufliche Interesse an Weiterbildung deutlich ausgeprägter als bei Männern.

Teilzeitbeschäftigte: Vollzeitbeschäftigte beider Geschlechter bilden sich häufiger beruflich weiter (63 Prozent) als Teilzeitbeschäftigte mit einem
Beschäftigungsgrad unter 50 Prozent (46 Prozent). Teilzeitbeschäftigte mit einem Beschäftigungsgrad zwischen 50 und 89 Prozent bilden sich am häufigsten weiter (63 Prozent).

Ältere Menschen: Bis zum Alter von 54 Jahren bleiben die Teilnahmequoten relativ stabil. Danach nehmen sie ab. Die Teilnahmequote an Weiterbildung mit ausserbe-

7 8

9

Grafische Darstellungen in Anhang 2.

Internationale Vergleiche sind mit Vorbehalt zu betrachten: Neben definitorischen und terminologischen Unschärfen sind insbesondere Abgrenzungsprobleme aufgrund von nationalen Gepflogenheiten und Systemunterschieden zu berücksichtigen.

Quellen: BFS 2012; BFS 2006; BFS 2005.

3741

ruflichen Zielen ist in allen Altersklassen, d. h. auch über die Pensionierungsgrenze hinaus, relativ stabil und liegt bei etwa 27 Prozent.

1.1.4

Stand der Weiterbildungspolitik10

Am 21. Mai 2006 haben Volk und Stände die neuen Verfassungsbestimmungen zur Bildung mit grossem Mehr angenommen.11 Die Bestimmungen übertragen Bund und Kantonen die gemeinsame Sorge für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraums Schweiz (Art. 61a Abs. 1 BV). Sie bilden den Schlusspunkt langjähriger Diskussionen um die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bildungsbereich.

Zum Bildungsraum zählen neben dem Schulwesen (Art. 62 BV) insbesondere die Berufsbildung (Art. 63 BV), die Hochschulen (Art. 63a BV) und die Weiterbildung (Art. 64a BV). Der neue Verfassungsartikel zur Weiterbildung bildet die Grundlage und den Auftrag für den vorliegenden Gesetzesentwurf.

Zuständigkeit für Weiterbildung Bis zur Verankerung des Weiterbildungsartikels in der Bundesverfassung teilten sich Bund und Kantone die Kompetenzen in der Weiterbildung. Während der Bund im Rahmen der Berufsbildung befugt war, die berufsorientierte Weiterbildung zu fördern, lag die Kompetenz über die allgemeine Erwachsenenbildung bei den Kantonen, wobei der Bund aufgrund des früheren Artikels 67 Absatz 2 BV12 eine ergänzende Rolle wahrnahm.

Eine gesamtheitliche gesetzliche Betrachtung der Weiterbildung, wie sie im Bericht «Weiterbildung in der Schweiz» (Schläfli & Gonon 1999) zum Postulat 97.3249 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) vertreten und auch von der Motion «Weiterbildungsgesetz» der WBK-N (01.3425) gefordert wurde, ist erst mit den Verfassungsbestimmungen von 2006 möglich.

Der vorliegende Gesetzesentwurf löst diese Forderung nun ein.

1.1.5

Weiterbildung in der Bundesgesetzgebung

Rund 80 Spezialgesetze des Bundes enthalten Bestimmungen zur Weiterbildung.

Wie die Weiterbildung insgesamt sind auch diese Regelungen historisch gewachsen, weisen unterschiedlichste Detaillierungsgrade auf und erfüllen verschiedenste Zwecke. Auch zeigen sich aus bildungssystematischer und terminologischer Sicht Differenzen: Mit «Weiterbildung» werden heute in den Spezialgesetzen sowohl formale als auch nichtformale Bildungen bezeichnet.

10 11 12

Detaillierterer Überblick im Erläuternden Bericht zur Vernehmlassung zu einem Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG). (EVD 2011).

Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2005 über die Neuordnung der Verfassungsbestimmungen, AS 2006 3033.

Siehe Art. 67 Abs. 2 der Bundesverfassung in der Fassung vom 18. April 1999: «Der Bund kann in Ergänzung zu kantonalen Massnahmen die ausserschulische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie die Erwachsenenbildung unterstützen». Die Erwachsenenbildung wurde in Art. 67 Abs. 2 BV mit der Annahme des der neuen Bildungsverfassung durch Volk und Stände am 21. Mai 2006 aufgehoben.

3742

Die spezialrechtlichen Regelungen sind aus einer Fachoptik entstanden und sind spezifisch auf Themen und Zielgruppen ausgerichtet. Ihnen fehlt oftmals der Bezug zum Bildungssystem. Der vorliegende Entwurf zu einem Weiterbildungsgesetz stellt die erforderlichen Bezüge und Abgrenzungen zur formalen Bildung her und legt namentlich Grundsätze fest, die auf alle Bereiche der vom Bund gesetzlich geregelten und unterstützten Weiterbildung angewendet werden und damit auch die Kohärenz in der Bundesgesetzgebung bei der Regelung der Weiterbildung erhöhen.

Weiterbildungsfunktionen aus staatlicher Sicht Viele Spezialgesetze des Bundes enthalten Bestimmungen zur Weiterbildung. Die dabei verfolgten Funktionen von Weiterbildung sind unterschiedlich.

­

Im Bereich der Arbeitslosen- und der Invalidenversicherung wird mit Weiterbildungsmassnahmen angestrebt, Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte oder Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt zu integrieren oder ihren Verbleib im Arbeitsprozess zu ermöglichen.

­

Weiterbildung wird im Interesse des Gesundheitsschutzes oder zur Sicherung polizeilich geschützter Güter verlangt und geregelt. Beispiele für Vorschriften dieser Art sind in der Tierschutzgesetzgebung zu finden oder betreffen Drogenfachleute oder Kontrollorgane im Lebensmittelbereich.

­

Weiterbildung dient auch zur soziokulturellen Integration spezifischer Gruppen. Zielgruppenspezifische Weiterbildungsmassnahmen werden namentlich im Rahmen von Migration, Illettrismus, Jugend und Sport, Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen usw. unterstützt.

­

Der Bund als Arbeitgeber unterstützt die Weiterbildung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er ermöglicht ihnen den Zugang zu Weiterbildungsveranstaltungen oder tritt selber als Veranstalter auf. Dabei tritt der Bund bei Weiterbildungen für das Militär und den Zivilschutz in einer besonderen Rolle auf.

Die unterschiedlichen Funktionen, welche die Regelung und Unterstützung von Weiterbildung durch Spezialgesetze des Bundes zu erfüllen haben, spiegeln sich in der jeweiligen Regelungsdichte oder auch in den Subventionierungsmechanismen.

Wo Weiterbildung vom Staat für die Erreichung von spezifischen Zielen eingesetzt wird, tritt der Staat teilweise selbst als Veranstalter auf oder erlässt wie beispielsweise im Tierschutzbereich detaillierte Regelungen, wie die entsprechende Weiterbildung auszugestalten ist.

Um öffentliche Anliegen wie den Umweltschutz gebührend zu berücksichtigen und Synergien aus der Begegnung von Forschung, Beratung und Erfahrungswissen aus der Praxis zu generieren, werden im Landwirtschaftsbereich Institutionen gefördert, die unter anderem einen Weiterbildungsauftrag haben.

Im Arbeitslosenversicherungsbereich sind arbeitsmarktliche Massnahmen (kollektive Bildungsmassnahmen) vorgesehen. Diese müssen von der Arbeitslosenversicherung mit einem möglichst guten Preis-Leistungs-Verhältnis organisiert werden und richten sich an eine spezifische Klientel. Kollektive Bildungsmassnahmen können gemäss Artikel 59cbis des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 198213 sowohl von öffentlichen wie auch von privaten Trägern durchgeführt werden. Je 13

SR 837.0

3743

nach Region besteht für derartige Angebote jedoch kein Markt. Im Migrationsbereich werden zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten Massnahmen subventioniert (z. B. Projekte zur Förderung der sozialen Integration und zur Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit oder Sprachkurse nach einem spezifisch auf die sprachliche Förderung von Migrantinnen und Migranten ausgerichteten Konzept [«fide»]). Die Angebote sind spezifisch und werden je nach Kontext von öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern durchgeführt.

Übersicht über die vorhandenen Mittel und Finanzflüsse Im Rahmen der Spezialgesetze mit Weiterbildungstatbeständen beteiligt sich der Bund mit rund 600 Millionen Franken pro Jahr an Weiterbildung.14 Etwa die Hälfte der Aufwendungen entfällt auf Bildungsmassnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Rund 60 Millionen Franken fallen im Bereich Migration und Integration an. Im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200215 richtet der Bund über Pauschalzahlungen an die Kantone für die berufsorientierte Weiterbildung und die Vorbereitung auf eidgenössische Prüfungen Beiträge aus. Als Arbeitgeber investiert der Bund rund 42 Millionen Franken in die Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Einen grossen Anteil ­ nämlich ca. 125 Millionen Franken ­ machen die Mindereinnahmen aus, die dem Bund durch die steuerliche Behandlung der Weiterbildung entstehen. Diese sind darauf zurückzuführen, dass zum einen Weiterbildungsleistungen von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind und zum anderen Weiterbildungskosten bei der direkten Bundessteuer abgezogen werden können.

Daneben gibt es weitere Spezialgesetze, deren jährliche Budgets für Weiterbildung zwischen wenigen tausend Franken bis hin zu mehreren Millionen Franken pro Jahr liegen.

Die derzeitige Heterogenität in der Bundesgesetzgebung bezüglich der Weiterbildung erschwert den Überblick über die Finanzflüsse; auch fehlen anerkannte Kriterien der Gleichbehandlung und übergreifende Verfahren.

1.1.6

Kantonale Regelungen

Die Weiterbildung ist in den Kantonen sehr unterschiedlich geregelt. Vier Kantone haben ein Gesetz ausschliesslich für die Weiterbildung (FR, GE, GR und VS). Die Kantone Freiburg und Graubünden haben zusätzlich Ausführungsverordnungen über die Weiterbildung erlassen. Der Kanton Appenzell Innerrhoden kennt eine Verordnung ausschliesslich über die Weiterbildung. Des Weiteren haben sechs Kantone die Weiterbildung im Erlasstitel des Berufsbildungsgesetzes erwähnt (AG, BE, JU, LU, TI, UR). Die Kantone Aargau, Bern, Luzern und Uri haben zudem gleichlautende Ausführungsverordnungen erlassen. Weiter findet sich im Kanton Schwyz eine Verordnung mit der Weiterbildung im Erlasstitel.

14 15

Vgl. dazu die Übersicht in Ziffer 5.3 des Berichts des EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes (EVD 2009).

SR 412.10

3744

In allen Kantonen finden sich Weiterbildungstatbestände in zahlreichen Spezialerlassen. Dies gilt auch für die Kantone, die Weiterbildung in einem eigenen Rechtserlass regeln.

Die Förderungs- und Beitragskriterien sind in den kantonalen Regelwerken unterschiedlich ausgestaltet. Eine Subventionierung erfolgt häufig in Bereichen, in denen ohne Förderung keine Angebote bereitgestellt oder Massnahmen umgesetzt werden könnten. Knapp die Hälfte der Kantone kennen die individuelle Weiterbildungsförderung in Form von finanzieller Unterstützung an bestimmte Personen oder Gruppen (Subjektförderung). In einigen Kantonen ist die Subjektförderung auf gering qualifizierte und benachteiligte Personen ausgerichtet.

Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) strebt mit ihren Empfehlungen zur Weiterbildung von Erwachsenen (EDK 2003) eine Koordination der Angebote und Strukturen an. Vorgesehen ist insbesondere, benachteiligten Gruppen den Zugang zur Weiterbildung zu ermöglichen und die Qualitätsentwicklung der Weiterbildungsträger zu unterstützen.

Angesichts der neuen Bildungsartikel in der Bundesverfassung und in Erwartung eines Bundesgesetzes über die Weiterbildung haben viele Kantone die Modernisierung ihrer Weiterbildungsregelungen sistiert.

1.1.7

Handlungsbedarf und Zielsetzungen

Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker in Bund und Kantonen rufen seit geraumer Zeit nach übergreifenden gesetzlichen Regelungen in der Weiterbildung.

Die Gründe sind vielschichtig. Sie reichen von verbesserter Koordination der Weiterbildungsaktivitäten über definitorische Klärungen des gesamten Bereichs, mehr Transparenz und Qualität im Weiterbildungsmarkt sowie wirksamem Wettbewerb bis hin zu einer spezifischen und koordinierten Förderung der Weiterbildungsbeteiligung bestimmter Gruppen.

Definitionen klären Die parlamentarische Initiative der WBK-N «Weiterbildung» (09.426) sah neben dem Einlösen des Verfassungsauftrags vor allem die definitorische Klärung des gesamten Weiterbildungsbereichs als Priorität. Hintergrund dieses Anliegens sind der immer grösser werdende Weiterbildungsmarkt sowie Schwierigkeiten seitens der Konsumentinnen und Konsumenten bei der Einordnung von Weiterbildungsangeboten.

Die Gründe für diese Schwierigkeiten liegen nicht nur im Weiterbildungsmarkt, sondern haben mit Veränderungen des Bildungssystems insgesamt zu tun.

So wurden zum Beispiel die unter dem alten Berufsbildungsgesetz als Weiterbildung bezeichneten eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen sowie die Bildungsgänge an höheren Fachschulen mit dem 2004 in Kraft getretenen neuen Berufsbildungsgesetz als höhere Berufsbildung der Tertiärstufe und damit der formalen Bildung zugeordnet, was ihre internationale Vergleichbarkeit entscheidend erhöht hat.

Auch die hochschulische Tertiärstufe erfuhr mit der Schaffung von Fachhochschulen und der Umsetzung des Bologna-Systems tiefgreifende Veränderungen. Neue Titel 3745

wie Bachelor und Master, aber auch Weiterbildungsabschlüsse wie Certificates of Advanced Studies (CAS), Diplomas of Advanced Studies (DAS), Masters of Advanced Studies (MAS) und weitere erschienen auf dem Markt.

Der vorliegende Gesetzesentwurf legt Grundsätze über die Weiterbildung (nichtformale Bildung) fest. Zur nichtformalen Bildung gehören sowohl allgemeinbildende als auch berufsorientierte Lernaktivitäten in Form von Unterricht ausserhalb des formalen Bildungssystems. Unter das Weiterbildungsgesetz fallen Weiterbildungsprogramme an Hochschulen (CAS, DAS, MAS und weitere) oder Kurse zur Vorbereitung auf Berufs- und höhere Fachprüfungen sowie Nachdiplomstudien an höheren Fachschulen wie auch Weiterbildungsangebote von öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern, IT- und Sprachdiplome, aber auch Zertifikate für Fallschirmspringen oder beispielsweise Lötkurse.

Nicht zur Weiterbildung im Sinne des Weiterbildungsgesetzes gehören in entsprechenden Spezialgesetzen geregelte berufsqualifizierende oder funktionsbezogene Ausbildungen wie beispielsweise die Ausbildung zur Schulleiterin oder zum Facharzt, aber auch Ausbildungen im Psychologiebereich, die Voraussetzungen für eine Berufszulassung darstellen. Auch die Bildungsgänge an höheren Fachschulen sowie die eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen gehören nicht zur Weiterbildung, sondern zur formalen Bildung (siehe Art. 3 Begriffe).

Verfassungsauftrag umsetzen Der Bund erhielt mit Artikel 64a BV den Auftrag, Grundsätze über die Weiterbildung festzulegen (Art. 64a BV Abs. 1). Zudem erhielt er die Kompetenz, die Weiterbildung zu fördern (Abs. 2) sowie Bereiche und Kriterien festzulegen (Abs. 3).

Gemäss einem im Vorfeld der Gesetzeserarbeitung erstellten Gutachten «ergibt sich, dass die Umsetzung des Verfassungsauftrags, Grundsätze über die Weiterbildung zu erlassen, durch die bestehende Gesetzgebung des Bundes noch nicht als erfüllt betrachtet werden kann. Der Bund ist somit verpflichtet, zusätzliche Vorschriften über die Weiterbildung zu erlassen.» (Ehrenzeller 2009, S. 17). Hingegen ist die Förderung der Weiterbildung in Artikel 64a Absatz 2 BV dem Bund nicht zwingend aufgetragen. Da der Bund aufgrund von rund 35 Spezialgesetzen für die Weiterbildung Ausgaben tätigt, wird Absatz 3, das heisst die Festlegung von Kriterien, zu einem
verpflichtenden Gesetzgebungsauftrag.

Die formelle Umsetzung des in Artikel 64a BV formulierten Auftrags kann sowohl durch ein einziges Grundsatzgesetz, mehrere Gesetze mit grundsätzlichen Regelungen in bestimmten Sachbereichen (zum Beispiel Grundkompetenzen) oder durch ergänzende Bestimmungen in den bereits bestehenden Spezialgesetzen erfüllt werden.

Laut Gutachten ist eine ausschliessliche Umsetzung des Verfassungsauftrages in Spezialgesetzen rechtlich möglich, aber legislatorisch nicht sinnvoll, da dies zu zahlreichen Wiederholungen führen würde (Ehrenzeller 2009, S. 19). Der Bundesrat hat deshalb 2009 das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) beauftragt, ein Grundsatzgesetz ohne Fördertatbestände zu erarbeiten.

Für eine Umsetzung in einem Grundsatzgesetz spricht, dass damit die Koordination und Kohärenz auf Bundesebene und eine bildungssystematisch klare Einordnung erreicht werden kann.

Ein Grundsatzgesetz fördert die Gesamtsicht auf die in verschiedenen Spezialgesetzen geregelten Weiterbildungsmassnahmen, baut inhaltliche Überschneidungen ab 3746

und schliesst Lücken. Es geht nicht darum, bestehende materielle Regelungen in Spezialgesetzen zu ersetzen oder Kompetenzen zu beschneiden. Ziel ist es vielmehr, Zuständigkeiten zu klären, die Koordination zu verbessern und übergreifende Verfahren unter Effizienz- und Rechtsgleichheitsaspekten bereitzustellen.

Ein Grundsatzgesetz ohne Fördertatbestände beschränkt sich auf den Erlass von Grundsätzen und legt übergreifende Kriterien fest. Die Regelung und Finanzierung von konkreten Weiterbildungsbereichen bleibt ­ mit Ausnahme des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener, die Voraussetzung für die Teilhabe am lebenslangen Lernen bilden ­ Gegenstand der Spezialgesetze, sei es in bereits bestehenden oder in noch zu erlassenden.

Rahmenbedingungen verbessern Der Weiterbildungsmarkt ist weitgehend privatwirtschaftlich organisiert. Im Gegensatz zum formalen Bildungsbereich handelt der Staat in der Weiterbildung ­ wenn überhaupt ­ vorwiegend unterstützend. Der Gesetzesentwurf trägt dieser subsidiären Haltung Rechnung. Er ist so ausgerichtet, dass er gezielt die Rahmenbedingungen verbessert und insgesamt zu einem bildungsfreundlichen Klima beiträgt: ­

Mit der Einordnung der Weiterbildung in den Bildungsraum wird die Transparenz erhöht. Auch soll eine konsistente statistische Erfassung, die mit internationalen Parametern vergleichbar ist, ermöglicht werden. Die Einordnung erleichtert zudem der von den Kantonen verantworteten Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung, den Branchenverbänden und den Privaten den Überblick über das Weiterbildungsangebot.

­

Die Qualitätsanforderungen und die Regelung der Anrechnung von Bildungsleistungen an formale Bildung verbessern die Transparenz der Angebote für Nachfragerinnen und Nachfrager und tragen dazu bei, die Durchlässigkeit des Bildungsraumes zu erhöhen.

­

Die Verbesserung der Chancengleichheit fördert den Zugang zur Weiterbildung und den Abbau von Bildungshemmnissen aller Art (z. B. Möglichkeiten von Hilfsmitteln bei Prüfungen usw.).

­

Die Klärung der Förderung erhöht die Transparenz und den Wettbewerb und betont den subsidiären Charakter öffentlich-rechtlicher Angebote.

Bessere Rahmenbedingungen für Weiterbildung werden auch durch andere Gesetze eingelöst. Zu nennen ist beispielsweise der Entwurf zum Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten16. Er sieht eine Vereinfachung der Abzugsfähigkeit von Aus- und Weiterbildungskosten vor.

Weiterbildungsbeteiligung fördern Die Weiterbildungsbeteiligung in der Schweiz ist im internationalen Vergleich hoch.

Allerdings lässt sich beobachten, dass der Zugang zu Weiterbildung für verschiedene Personengruppen ­ insbesondere Personen, die nicht über genügende Grundkompetenzen verfügen ­ erschwert ist. Aufgrund der grossen Bedeutung von Weiterbildung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die gesellschaftliche Solidarität ist die Beteiligung weiter zu erhöhen.

16

BBl 2011 2607

3747

Selbstverantwortung im Mittelpunkt Ausgangspunkt für die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung ist, dass Individuen und Unternehmen aus Eigeninteresse und in ausreichendem Masse an der für sie sinnvollen Weiterbildung teilnehmen. Der Entwurf ordnet daher die Verantwortung für Weiterbildung in erster Linie dem Einzelnen zu.

Bund und Kantone verhalten sich subsidiär und fördern gezielt dort, wo der Einzelne die Eigenverantwortung nicht wahrnehmen kann oder wo die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse an Weiterbildung hat. Im Weiteren betont das Weiterbildungsgesetz auch die Verantwortung der Arbeitgeber, für eine adäquate Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Stufen zu sorgen. Die Umsetzung dieser Forderung richtet sich indessen nach den spezifischen Bedürfnissen in den Branchen, Unternehmen und Betrieben und kann nicht vom Staat vorgeschrieben werden.

Instrumente zur Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung Im politischen Kontext werden häufig konkrete Instrumente zur Förderung der Weiterbildungsbeteiligung gefordert, namentlich Weiterbildungsurlaub (Motion Rossini Stéphane 01.3170 «Weiterbildungsurlaub»), Recht auf fünf Weiterbildungstage (Motionen Fehr Mario 07.3505 und 09.3744 «Recht auf fünf Weiterbildungstage») oder Weiterbildungsgutscheine für spezifische Personengruppen (Motion Fehr Jacqueline 09.4075 «Weiterbildungsgutscheine für Freiwilligenarbeit» und Postulat Weber-Gobet Marie-Thérèse 10.3298 «Bildungsgutscheine für Wiedereinsteigerinnen und -einsteiger mit tiefem und mittlerem Einkommen»). Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzesentwurfes wurden die Vor- und Nachteile dieser Instrumente untersucht: ­

Die empirischen Befunde zu Weiterbildungsurlaub und Lernzeitkonten zeigen, dass diese zwar eine minimale Wirkung auf die Weiterbildungsbeteiligung haben können, aber in der Praxis kaum je in Anspruch genommen werden (1,5 %). Zudem erreichen sie nicht diejenigen Gruppen, die sich unterdurchschnittlich an Weiterbildungsmassnahmen beteiligen (BackesGellner 2011, S. 19 f.).

­

Ein flächendeckendes Weiterbildungsobligatorium ist in der Praxis nicht oder kaum durchsetzbar. So könnte ein derartiges Obligatorium nicht von Amtes wegen, sondern nur auf Klage der berechtigten Partei hin durchgesetzt werden (Geiser 2011, S. 14 f.).

­

Steuerabzüge sind nicht geeignet, die Beteiligung von gering qualifizierten Personen an Weiterbildung zu erhöhen, da sich die Anreizwirkung eher bei gut verdienenden, im Erwerbsleben stehenden Personen einstellt (Wolter 2008).

­

Versuche mit subventioniertem Sparen für Weiterbildung, die theoretisch auch gering qualifizierte Personen erreichen, sind an Missbräuchen in der Praxis gescheitert (Backes-Gellner 2011, S. 33 f.).

­

Einzig Weiterbildungsgutscheine sowie Programme für genau definierte Personengruppen scheinen in der Lage zu sein, die Teilnahme an Weiterbildung derjenigen Personengruppen zu erhöhen, die sich unterdurchschnittlich an Weiterbildung beteiligen (Messer & Wolter 2009).

3748

Die Nichtbeteiligung an Weiterbildung kann teilweise auch auf «Schulmüdigkeit» zurückgeführt werden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Unternehmen angesprochen, betriebsinterne und damit eng mit dem Arbeitskontext verbundene Weiterbildungen für Angestellte mit niedrigem Qualifikationsniveau durchzuführen.

Zu begrüssen ist, dass die Weiterbildung auch in Gesamtarbeitsverträgen (GAV) zunehmend an Bedeutung gewinnt.

1.1.8

Expertenkommission und Vernehmlassungsverfahren

Im Februar 2010 setzte das EVD eine Expertenkommission17 ein mit dem Auftrag, bis Ende 2011 einen vernehmlassungsfähigen Gesetzesentwurf samt Erläuterungen zu erarbeiten.

Das Mandat, das sich gemäss Bundesratsbeschluss an den im Bericht des EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes vom November 2009 definierten Eckwerten18 orientierte, verlangte, ein Grundsatzgesetz ohne Fördertatbestände zu entwerfen, dessen Gegenstand die nichtformale Bildung ist.

Die Expertenkommission Weiterbildungsgesetz hat sich eingehend mit dem Mandat und mit den in Kapitel 4 des Berichts des EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes skizzierten Umsetzungsmöglichkeiten befasst. Zur Klärung einzelner Fragen wurden verschiedene Gutachten erstellt.19 Wie im Auftrag festgehalten und in der Verfassung vorgesehen, konzipierte die Expertenkommission den Gesetzesentwurf als Grundsatzerlass. Das Weiterbildungsgesetz soll ein einheitliches Verständnis von Weiterbildung definieren, für eine bessere Koordination der Weiterbildungspolitik bundesintern und zwischen Bund und Kantonen sorgen, Grundsätze über die Weiterbildung, namentlich für die Spezialgesetzgebung, festlegen und eine einheitliche Förderpraxis des Bundes ermöglichen. Das neue Weiterbildungsgesetz hat nicht zum Ziel, die Bestimmungen zur Weiterbildung in den Spezialgesetzen zu ersetzen, sondern diesen einen gemeinsamen Rahmen zu geben, in dem sich alle Weiterbildungsaktivitäten und -förderungen des Bundes bewegen.

17

18 19

Zusammensetzung Expertenkommission: Präsident: Dr. Hansruedi Stadler, alt Ständerat Kanton Uri; Vizepräsidentin: Prof. Dr. Ursula Renold, Direktorin des ehemaligen Bundesamts für Berufsbildung und Technologie; Vertreter der Kantone: Hans Ambühl, Generalsekretär Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren; Jean-Pierre Brügger, Interkantonale Konferenz für Weiterbildung; Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft und interessierter Kreise: Prof. Dr. Bernhard Ehrenzeller, Universität St. Gallen; Prof. Dr. Uschi Backes-Gellner, Universität Zürich; Dr. Jacqueline Monbaron, Universität Fribourg; Vreni Müller-Hemmi, alt Nationalrätin Kanton Zürich, Präsidentin Forum Weiterbildung (2000­2008); Vertreter der Bundesverwaltung: Jürg Burri, Stv. Direktor Staatssekretariat für Bildung und Forschung; Martin Kaiser-Ferrari, Stv. Direktor Bundesamt für Sozialversicherungen.

Vgl. dazu Ziffer 4.2 des Berichts des EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes (EVD 2009).

Die Gutachten sind auf der Website des SBFI publiziert: www.sbfi.admin.ch > Themen > Allgemeine Bildung > Weiterbildung > Dossier Weiterbildung

3749

Einbezug der interessierten Kreise Bereits bei der Erarbeitung des Weiterbildungsberichtes zeigte es sich, wie heterogen der Gesetzgebungsgegenstand «Weiterbildung» ist und wie unterschiedlich die Betrachtung der zahlreichen Akteure ausfällt. In Fortsetzung der Arbeitsgruppe für den Weiterbildungsbericht hatte die Expertenkommission vor allem Systemfragen zu klären.

Um die interessierten Kreise mit ihren spezifischen Anliegen in die Erarbeitung des Gesetzesentwurfs einzubeziehen, organisierte die Kommission vier Tagungen zur Diskussion zentraler Themen wie Begrifflichkeiten und Ziele des Weiterbildungsgesetzes, Grundkompetenzen, Grundsätze sowie Steuerung und Finanzierung. Ergänzend dazu fanden Aussprachen mit Bundesämtern und weiteren Akteuren der Weiterbildung statt.

Vernehmlassungsverfahren Am 9. November 2011 ermächtigte der Bundesrat das EVD zur Eröffnung der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Weiterbildungsgesetzes. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte bis am 13. April 2012.

26 Kantone, 2 interkantonale Konferenzen, 8 Parteien, der Städteverband, 8 Wirtschaftsdachverbände und 134 Vertreterinnen und Vertreter weiterer interessierter Kreise haben sich zur Vorlage geäussert (EVD 2012).

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Einleitung

Zu Beginn der Vorbereitungsarbeiten für ein Weiterbildungsgesetz hatte sich die Terminologie als grösstes Problem erwiesen. Lebenslanges Lernen, Erwachsenenbildung, Fortbildung*, die wenig trennscharfe Unterscheidung von allgemeiner und beruflicher Weiterbildung ­ dies alles führte zu sich überlappenden Problemkreisen.

Erst die Betrachtung des Gegenstandes unter dem Aspekt der «nichtformalen Bildung» brachte die nötige Klarheit und Struktur in die Diskussion.

Eine Analyse des Regelungsgegenstandes ergab, dass Weiterbildung auf den Ebenen des Bundes und der Kantone schon durch eine ganze Reihe von Spezialgesetzgebungen geregelt und gefördert wird; dies unter verschiedenen Gesichtspunkten, in unterschiedlichem Detaillierungsgrad und aus unterschiedlichen Gründen.

Das Weiterbildungsgesetz legt ­ wie von der Verfassung vorgesehen ­ Grundsätze fest und gibt dem staatlichen Handeln die Richtung vor. Die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes können in den Spezialgesetzen nach Bedarf für den betreffenden Teilbereich konkretisiert werden. Spezialgesetze können in ihren Regelungen auch über die Vorgaben gemäss Weiterbildungsgesetz hinausgehen.

Die Ausgestaltung des Weiterbildungsgesetzes als Grundsatzgesetz erlaubt es einerseits, die Heterogenität der von Bund und Kantonen geregelten und unterstützten Weiterbildung aufzufangen und unter einheitlichen Gesichtspunkten zu betrachten.

Andererseits lässt sie den Spezialgesetzen genügend Autonomie, um die Anforderungen, die in den jeweiligen Teilbereichen bestehen, weiter definieren zu können.

Die Lösung der Terminologiefrage und das Herausarbeiten allgemeiner Weiterbildungsgrundsätze stellen die Grundlage einer kohärenten Weiterbildungspolitik des 3750

Bundes dar. Damit diese auch wirksam wird, muss ein Monitoring ­ die kritische Beobachtung und Erforschung der Weiterbildung, die über die reine Statistik hinausgeht ­ garantiert sein.

1.2.2

Begriffsklärung und Abgrenzung

Begriffe Durch das Verständnis von Weiterbildung als nichtformale Bildung wird der Regelungsgegenstand des Weiterbildungsgesetzes auf denjenigen Bildungsbereich beschränkt, der durch rechtlich festgelegte Curricula und Bildungstitel bzw. akademische Grade nicht abgedeckt ist.

Mit der Klärung der Begriffe und der Beschreibung von Weiterbildung als nichtformale Bildung wird vermieden, dass Kompetenzkonflikte mit Bildungsgesetzen, welche die formale Bildung betreffen, entstehen. Kompetenzkonflikte würden entstehen, wenn Weiterbildung als Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten, zielgerichteten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase in Schule, Hochschule oder Beruf beschrieben würde. Ein Hochschulstudium nach einigen Jahren Berufstätigkeit oder ein Zweitstudium wären mit einer derartigen, von der Bildungsbiografie des Einzelnen abhängigen Definition eine Weiterbildung und hätten sich demnach an den Grundsätzen des Weiterbildungsgesetzes auszurichten.

Einordnung ausgewählter Bildungsgefässe Zertifikats-, Diplom- und Weiterbildungsmasterkurse Der vorliegende Entwurf verortet Weiterbildungen wie Zertifikats-, Diplom- und Weiterbildungsmasterkurse (CAS, DAS, MAS) bei der nichtformalen Bildung.

Formale Abschlüsse sind die akademischen Grade Bachelor, Master (bzw. Lizentiat) und das Doktorat. So wird unter anderem der Tatsache Rechnung getragen, dass die Bologna-Richtlinien lediglich diese drei Studienstufen regeln und internationale Abkommen keine Anerkennung der Weiterbildungsabschlüsse vorsehen.

Vorbereitende Kurse und Nachdiplomstudien sowie Nachdiplomkurse Die Abschlüsse der höheren Berufsbildung, die bis zum Inkrafttreten des neuen Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200220 unspezifisch als Weiterbildung bezeichnet wurden, sind der formalen Bildung zugeordnet. Sie fallen nicht unter das Weiterbildungsgesetz. Zu den Abschlüssen der höheren Berufsbildung gehören namentlich Berufsprüfungen mit eidgenössischem Fachausweis und höhere Fachprüfungen mit eidgenössischem Diplom sowie Diplome der höheren Fachschulen.

Während der Erwerb von Diplomen an höheren Fachschulen auf dem Weg des Besuchs von in Bezug auf Inhalt und Umfang staatlich geregelten Bildungsgängen erfolgt, regelt der Gesetzgeber bei den Berufs- und höheren Fachprüfungen lediglich das Qualifikationsverfahren.

Vorbereitende
Kurse, die im Hinblick auf das zu durchlaufende Qualifikationsverfahren von einem Grossteil der Prüfungsanwärterinnen und -anwärter besucht werden, stellen rechtlich keine zwingende Voraussetzung für das Absolvieren von Berufs- und höheren Fachprüfungen dar. Die Kurse zur Vorbereitung auf Berufsprü20

SR 412.10

3751

fungen und höhere Fachprüfungen sind aus diesem Grund der Weiterbildung (nichtformale Bildung) zuzuordnen, während die Abschlüsse selbst (eidg. Fachausweis/ eidg. Diplom) zur formalen Bildung gehören.

Der Umfang der Regelung und die Finanzierung der vorbereitenden Kurse, der Nachdiplomstudien und der berufsorientierten Weiterbildung ist Sache der Spezialgesetzgebung, vorliegend des Berufsbildungsgesetzes und der nachgehenden Rechtserlasse, und nicht des Weiterbildungsgesetzes. Im Rahmen der laufenden Reform der höheren Berufsbildung soll namentlich die Regelung der vorbereitenden Kurse und deren Subventionierung in enger Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeitswelt und den Kantonen überprüft werden.

Unter Weiterbildung fallen auch die berufsorientierte Weiterbildung, die Nachdiplomstudien und die Nachdiplomkurse gemäss Berufsbildungsgesetz. Sie führen zu im entsprechenden Berufsfeld anerkannten Bescheinigungen, Zertifikaten und Abschlüssen, mit Titeln, die im Falle der Nachdiplomstudien in der Verordnung vom 11. März 200521 über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen geschützt sind.

Reglementierte berufliche Tätigkeiten Ausbildungen, die zur Ausübung reglementierter beruflicher Tätigkeiten befähigen, werden vom Weiterbildungsgesetz ebenfalls zur formalen Bildung gezählt. Um beispielsweise als Ärztin oder Chiropraktor selbstständig arbeiten zu können, verlangt das Medizinalberufegesetz vom 23. Juni 200622 entsprechende sogenannte Weiterbildungstitel (sowie lebenslange Fortbildung). Im Psychologieberufegesetz vom 18. März 201123 existieren ähnliche Bestimmungen. Ausbildungen, die zur Übernahme von speziell geregelten Funktionen und beruflichen Tätigkeiten qualifizieren, gehören zur formalen Bildung, selbst wenn sie, wie dies beispielsweise in der Lehrerbildung häufig der Fall ist, in der Form von CAS, DAS oder MAS angeboten werden.

Finanzierung und Wertigkeit Ob ein Bildungsgefäss der formalen oder der nichtformalen Bildung zugeordnet wird, präjudiziert weder die Finanzierung des entsprechenden Angebots noch dessen Wertigkeit.

So haben sich Sprachdiplome wie beispielsweise die Cambridge-Diplome oder im IT-Bereich übliche Hersteller-Zertifikate international längst als feste, anerkannte Grössen etabliert, ohne deshalb
der formalen Bildung anzugehören.

Das Weiterbildungsgesetz ist kein Fördergesetz. Die Förderung von Weiterbildung geschieht weiterhin über entsprechende Spezialgesetze in Bund und Kantonen und ist daher im Rahmen dieser Gesetze zu regeln.

21 22 23

SR 412.101.61 SR 811.11 SR 935.81

3752

1.2.3

Regelungsgegenstand und Geltungsbereich

Der vorliegende Entwurf bezieht sich auf Weiterbildung in allen beruflichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bereichen.

Weiterbildung kann ­ aufgrund der niedrigeren Regelungsdichte ­ im Vergleich zur formalen Bildung viel dynamischer auf Tendenzen und Entwicklungen der Arbeitswelt und der Freizeitgestaltung reagieren. Es ist deshalb nicht Aufgabe des Weiterbildungsgesetzes, Anforderungen an Bildungsinhalte festzulegen. Diese Aufgabe obliegt ­ sofern notwendig und sinnvoll ­ der Spezialgesetzgebung. Das Weiterbildungsgesetz hat als Grundsatzgesetz vielmehr zum Ziel, einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die der Qualität der Weiterbildungsangebote sowie der Transparenz des Weiterbildungsmarktes förderlich sind.

In den Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes fallen grundsätzlich alle vom Staat und von privater Seite angebotenen Weiterbildungen. Dazu gehören auch namentlich die in rund 80 Bundesgesetzen erwähnten Weiterbildungen. Als Beispiel sei die im Berufsbildungsgesetz geregelte berufsorientierte Weiterbildung genannt, die eine wichtige Funktion für die Sicherung und Entwicklung des Humankapitals in Unternehmen einnimmt.

Ebenfalls zum Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes gehört die Weiterbildung im Hochschulbereich, wobei die Zuständigkeit für die Umsetzung der Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes im Hochschulbereich den gemeinsamen hochschulpolitischen Organen obliegt.

Nicht in den Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes fällt die formale Bildung.

Diese ist bereits in entsprechenden Bildungserlassen geregelt.

1.2.4

Grundsätze

Mit den neuen Verfassungsbestimmungen zur Bildung wurde es möglich, den Begriff des lebenslangen Lernens im Bildungssystem kohärent abzubilden. Weiterbildung ist Teil dieses Lernens und hat vielfältige Bezüge zum formalen System. In den formulierten Grundsätzen geht es darum, das Spezifische der nichtformalen Bildung zu fassen und Bezüge zur formalen Bildung herzustellen. Die Grundsätze gelten für die staatlich geregelte oder unterstützte Weiterbildung. Es ist davon auszugehen, dass die Grundsätze eine Signalwirkung auf nicht staatlich unterstützte Weiterbildungen haben und diesbezüglich einen Orientierungsrahmen bilden werden.

Verantwortung für Weiterbildung Die hohe Weiterbildungsqualität in der Schweiz verdankt sich wesentlich einem funktionierenden Markt und dem Interesse und der Bereitschaft der Einzelnen und der Unternehmen, sich in eigener Verantwortung weiterzubilden beziehungsweise die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen. Aufgabe des Staates muss es auch künftig sein, die Eigenverantwortung von Individuen und Unternehmen zu stärken und für entsprechend günstige Rahmenbedingungen zu sorgen.24 24

Vgl. Botschaft vom 24. Januar 2007 über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008­2011, BBl 2007 1223, hier 1323.

3753

Eine Unterstützung der Weiterbildung durch den Staat rechtfertigt sich einzig unter klar definierten Voraussetzungen: ­

ergänzend und subsidiär, wenn die Privaten diese Aufgabe nicht ausreichend wahrnehmen (z. B. aufgrund eines Marktversagens) oder wenn durch staatliche Unterstützung gemeinschaftliche Kosten vermieden werden können;

­

wenn die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eine Regelung verlangt (z. B.

Weiterbildung von Kontrollorganen für Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände, im Militär und Zivilschutz bei der Erfüllung der Dienstpflicht usw.);

­

als öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber im Rahmen der Personalgesetzgebung.

Qualität Qualität ist ein Thema mit vielen Dimensionen und Aspekten. Dies widerspiegelt sich in der Vielfalt der schon bestehenden Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsmassnahmen, Zertifizierungen, Checklisten zur Qualitätsbeurteilung von Weiterbildungsangeboten für Nachfragerinnen und Nachfrager und weiteren Beratungsdiensten.25 Im Zuge der Erarbeitung des Weiterbildungsgesetzes zeigte es sich, dass für Qualität im Weiterbildungsgesetz wegen der grossen Heterogenität der Angebote und den unterschiedlichen Bedürfnissen von Staat, Anbietern und Nachfragern keine allgemeinen, inhaltlichen Gütekriterien aufgestellt werden können. In der Weiterbildung sind ­ anders als im formalen Bildungssystem ­ überwiegend private und nicht subventionierte Anbieter tätig. Aus Überzeugung und auch aus Gründen der Praktikabilität verzichtet der vorliegende Entwurf deshalb darauf, detaillierte Qualitätsvorschriften zu machen.

Qualität soll in erster Linie als Aufgabe der Anbieterinstitution definiert werden.

Wer staatlich geregelte oder unterstützte Weiterbildungen anbieten möchte, hat sich an den im Weiterbildungsgesetz festgehaltenen Grundsatz zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung zu halten. Die Methodenwahl bleibt den Anbietern überlassen; sie kann bei Bedarf in den einschlägigen Spezialgesetzen festgelegt werden.

Nicht der richtige Weg wäre eine allgemeinverbindliche Zertifizierungsvorschrift, um Qualitätsgrundsätze für die Weiterbildung zu definieren und durchzusetzen. Zum einen würde es sich um einen unverhältnismässigen Markteingriff handeln. Zum andern wären insbesondere gelegentliche Anbieter oder Kleinstanbieter, die je nach Bereich einen wichtigen Marktanteil abdecken, kaum in der Lage, die notwendigen Ressourcen für eine Zertifizierung aufzubringen.

Von einer übergeordneten, staatlich betriebenen oder anerkannten Zertifizierungsstelle für Weiterbildungsangebote wurde im Gesetzesentwurf abgesehen. Bereits heute gibt es im Bereich der nichtformalen Bildung die unterschiedlichsten nationa-

25

Orientierung für Nachfragerinnen und Nachfrager (Datenbanken, Checklisten, Merkblätter) bei Berufs- und Laufbahnberatungsstellen, www.alice.ch, www.weiterbildung.ch, www.eduqua.ch.

3754

len und internationalen Angebote zur Sicherung der Qualität.26 Zu erwähnen ist an dieser Stelle zudem die Schweizerische Akkreditierungsstelle (SAS) des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO).

Anrechnung von Bildungsleistungen Die Vielfalt der Bildungsbiografien ­ nicht zuletzt auch mit ausländischem Hintergrund ­ stellt den Bildungsraum Schweiz vor neue Herausforderungen. Die Hälfte aller Erwerbstätigen übt heute einen anderen Beruf aus als den ursprünglich erlernten. Persönliche Weiterentwicklungen in einem Berufsfeld oder Umorientierungen sind Teil des heutigen Arbeitsalltags. Auch ist der Eingliederung und dem Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt vermehrt Beachtung zu schenken.

In diesem Kontext kommt der Anrechnung von Bildungsleistungen ein hoher Stellenwert zu. Der Gesetzesentwurf verlangt von Bund und Kantonen, dafür zu sorgen, dass bei den verantwortlichen Stellen transparente und gleichwertige Verfahren zur Anrechnung von Bildungsleistungen eingerichtet werden. Im Vollzug sind die Bildungsinstitutionen und die zuständigen Prüfungskommissionen gefordert, die Kriterien für die Anrechenbarkeit festzulegen und diese auch entsprechend umzusetzen. Mit der Anrechnung von Bildungsleistungen wird die Bildungsdauer reduziert und die Effizienz und Effektivität beim Erwerb von formalen Bildungsabschlüssen erhöht.

Im Berufsbildungsbereich bestehen schon jetzt Möglichkeiten, bereits erbrachte Bildungsleistungen an formale Bildungen anrechnen zu lassen. So ist es möglich, dass Absolventinnen und Absolventen früherer Monopolausbildungen der Schweizerischen Post ­ beispielsweise im Logistikbereich ­ nach Erfüllung von entsprechenden Zusatzanforderungen ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis erwerben und so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern können. Der Gesetzesentwurf schafft Voraussetzungen, diese Praxis gezielt zu erweitern und den Einzelnen die Möglichkeit zu geben, in nichtformaler oder informeller Bildung erworbene und nachweisbare Fähigkeiten geltend zu machen.

Zudem soll sichergestellt werden, dass eine mögliche Anrechnung durch die Bildungsanbieter geprüft wird. Es wird auch künftig eine inhaltliche Abklärung notwendig sein, um eine Vergleichbarkeit herstellen zu können. Ein Ausweis über absolvierte ECTS-Punkte (European Credit Transfer and Accumulation System) oder der nachgewiesene
Besuch einer Weiterbildungsveranstaltung werden auch künftig nicht automatisch eine Anrechnung der erworbenen Bildungsleistung nach sich ziehen.

Voraussetzung für die Möglichkeit der Anrechnung von Bildungsleistungen an formale Bildung ist der Nachweis bescheinigter Kompetenzen. Die mit dem Grundsatz zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung geforderte transparente Darstellung von Lernprogrammen und -inhalten erleichtert diesen Nachweis. Sie stellt

26

In der Weiterbildung übliche Zertifizierungen/Qualitätslabels (Auswahl): eduQua, ISONorm 9001, Q2E ­ Qualität durch Evaluation und Entwicklung, moduqua, 2Q Qualität und Qualifikation, SVOAM 2005.

Internationale Akkreditierungsagenturen (Beispiele aus dem Bereich Business Schools): Association to Advance Collegiate Schools of Business AACSB (www.aacsb.edu); Accreditation Council for Business Schools and Programs ACBSP (www.acbsp.org); European Foundation for Management Development EQUIS (www.efmd.org); Foundation for International Business Administration Accreditation FIBAA (www.fibaa.de) usw.

3755

eine wesentliche Voraussetzung für das gute Funktionieren von Verfahren zur Anrechnung von Bildungsleistungen dar. Als Beispiel dafür, dass die transparente Gestaltung von Bildungsangeboten die Anrechenbarkeit an formale Bildung erleichtert, ist die Ausbildung zum Berufsunteroffizier zu nennen. Wer die entsprechenden Kompetenznachweise erfüllt, kann den eidgenössischen Fachausweis Ausbildnerin oder Ausbildner erlangen. Die militärische Kaderausbildung ist auch an Bachelorund Masterstudien der Universität St. Gallen anrechenbar. Generell zeigt dies die Breite der Anrechnungsmöglichkeiten und können die Aus- und Weiterbildungen der Armee in ihrer Attraktivität damit aufgewertet werden. Durch die künftig noch erweiterte Anrechenbarkeit wird ihre Anschlussfähigkeit an das formale Bildungssystem erhöht.

Verbesserung der Chancengleichheit Die Bundesverfassung statuiert in Artikel 8 Absatz 2 ein Verbot der Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Rasse, Geschlecht, Alter, Sprache, sozialer Stellung, Lebensform, religiöser, weltanschaulicher oder politischer Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Diese Verfassungsbestimmung gilt auch für den Weiterbildungsbereich.

In Ergänzung zum Diskriminierungsverbot ist bildungspolitisch darauf zu achten, dass alle einen chancengleichen Zugang zur Weiterbildung haben. Besondere Beachtung zu schenken ist der Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann, der Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, der erleichterten Integration von Ausländerinnen und Ausländern sowie der Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit von gering qualifizierten Personen.

Die Gleichstellung von Frau und Mann in Bezug auf den Zugang zu Weiterbildung können die Anbieter verbessern, indem sie beispielsweise Angebote konzipieren, die mit Familienpflichten in Bezug auf Zeit und Unterbruchsmöglichkeiten vereinbar sind. Arbeitgeber sind bei der Unterstützung der Weiterbildung ihrer weiblichen Angestellten gefordert, die Chancengleichheit auch in diesem Bereich zu leben.

In Bezug auf Menschen mit Behinderung heisst chancengleicher Zugang, dass Dauer und Ausgestaltung von Weiterbildungsangeboten sowie die Qualifikationsverfahren den spezifischen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen angepasst sind. So
soll die Verwendung behinderungsspezifischer Hilfsmittel oder der Beizug notwendiger persönlicher Assistenz ­ beispielsweise die Anwesenheit eines Gebärdendolmetschers im Unterricht ­ vorgesehen oder erlaubt sein. Leitgedanke ist nicht die Anwendung von anderen Massstäben für Menschen mit Behinderungen, sondern der Abbau von Benachteiligungen (Nachteilsausgleich). Das Behindertengleichstellungsgesetz vom 13. Dezember 200227 sieht bereits eine entsprechende Regelung vor.

Was die Erleichterung der Integration von Ausländerinnen und Ausländern betrifft, so kann sie namentlich durch die Verwendung der Schriftsprache bewirkt werden oder durch den Beizug interkultureller Übersetzerinnen und Übersetzer.

Bei der Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit von gering qualifizierten Personen kommt den Arbeitgebern im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht eine wichtige Rolle zu.

Gleichzeitig sollen auch Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten 27

SR 151.3

3756

gezielte Anstrengungen unternehmen, um die Arbeitsmarktfähigkeit gering qualifizierter Personen zu verbessern. Mit den Regelungen zum Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener wird im Weiterbildungsgesetz ein Instrument geschaffen, das möglichst vielen Erwachsenen mit fehlenden Grundkompetenzen ­ koordiniert durch Bund und Kantone ­ den Erwerb fehlender Grundkompetenzen für den Zugang zum lebenslangen Lernen ermöglichen soll.

Wettbewerb Die Weiterbildungsausgaben im Rahmen von Spezialgesetzen des Bundes machen rund zehn Prozent des geschätzten Marktvolumens von jährlich insgesamt 5,3 Milliarden Franken aus. Weite Bereiche der Weiterbildung werden von privaten Anbietern bewirtschaftet und funktionieren ohne staatliche Eingriffe und Zuschüsse.

Staatliche Regelungen würden einen inadäquaten Eingriff in einen funktionierenden Markt bedeuten.28 Der Gesetzesentwurf setzt auf Eigenverantwortung und Wettbewerb und sieht grundsätzlich vor, dass die staatliche Durchführung, Unterstützung oder Förderung von Weiterbildung den Wettbewerb nicht beeinträchtigen darf.

1.2.5

Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen durch den Bund

Um den Grundsätzen des Weiterbildungsgesetzes genügend Nachdruck zu verleihen, sind die Grundsätze mit den Förderkriterien verknüpft.

Finanzhilfen sollen zudem grundsätzlich nachfrageorientiert und nicht institutionenorientiert geleistet werden. Auch ist die Wirksamkeit der Förderung regelmässig zu überprüfen.

1.2.6

Grundkompetenzen Erwachsener

In der Weiterbildung sind die Förderbereiche durch Spezialgesetze festgelegt und finanziert. Eine Ausnahme bildet im vorliegenden Gesetzesentwurf der Bereich der Grundkompetenzen Erwachsener. Wegen seiner fundamentalen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Bedeutung und der systematischen Nähe zur Weiterbildung soll dieser Bereich im Weiterbildungsgesetz speziell Eingang finden.

Nachholbildung geregelt Nachholbildung, die zu staatlich anerkannten Abschlüssen führt, ist in den entsprechenden Bildungsgesetzen bereits geregelt. Für die berufliche Grundbildung zum Beispiel finden sich Regelungen im Berufsbildungsgesetz. Diese ermöglichen es Erwachsenen, auf verschiedenen Wegen eine berufliche Grundbildung abzuschliessen. Das Nachholen allgemeinbildender Abschlüsse auf Sekundarstufe II ist in den kantonalen Bildungsgesetzen geregelt (Erwachsenenmaturität). Da die Sekundar-

28

Vgl. die Stellungnahme des Bundesrates vom 17. Aug. 2005 zum Bericht der WBK-N vom 23. Juni 2005 zur pa. Iv. 97.419 «Bildungsrahmenartikel in der Bundesverfassung», BBl 2005 5547, hier 5553.

3757

stufe I nicht mit einem Abschluss, sondern nach Durchlaufen der obligatorischen Schulzeit endet, bestehen auf dieser Stufe keine eigentlichen Nachholbildungen.

Grundkompetenzen Erwachsener Regelungsbedarf besteht hingegen bei den Grundkompetenzen Erwachsener. Die normalerweise in der obligatorischen Schule erworbenen Grundkompetenzen bilden die Voraussetzung zur Teilnahme am lebenslangen Lernen. Wer z. B. nicht lesen kann, ist von Weiterbildung praktisch ausgeschlossen. Dies zeigt sich in Analysen in Zusammenhang mit dem Adult Literacy and Life Skills Survey, die das Grundkompetenzenniveau Erwachsener mit deren Weiterbildungsteilnahme in Verbindung bringen (BFS 2005; BFS 2006).

Dass Erwachsene über gewisse Grundkompetenzen nicht verfügen, hat nicht unbedingt damit zu tun, dass die obligatorische Schule ihre Aufgabe nicht erfüllt hätte.

Die Kompetenz, Touchscreens von Ticketautomaten zu bedienen oder Informationen im Internet zu suchen, ist beispielsweise erst in jüngerer Zeit zu einer Voraussetzung zur Teilhabe am lebenslangen Lernen geworden. Ausserdem können einst erworbene Kompetenzen verloren gehen, wenn sie nicht gepflegt werden. Wer in Beruf oder Freizeit nicht regelmässig liest, verlernt mindestens einen Teil seiner Lesekompetenz.

Grundkompetenzen Erwachsener nach dem Weiterbildungsgesetz können nicht mit Grundkompetenzen im Sinne der obligatorischen Schule gleichgesetzt werden. Die mit dem Gesetzesentwurf geregelten Grundkompetenzen sind individueller und auf unterschiedliche Lebenssituationen bezogen. Sie haben Erwachsene im Fokus und beziehen sich auf Kompetenzen, die gezielt die Teilhabe am lebenslangen Lernen über die ganze Lebensspanne ermöglichen sollen. Bei der Ausgestaltung von Angeboten zur Vermittlung von Grundkompetenzen an Erwachsene können deshalb nicht die in einem schulischen Kontext stehenden Niveaubeschriebe der obligatorischen Schule verwendet werden.

Breite Angebotspalette Der Erwerb von Grundkompetenzen Erwachsener wird im Rahmen verschiedener Spezialgesetze gefördert. Beispiele sind Alphabetisierungs- und Sprachkurse im Rahmen der Ausländergesetzgebung oder IT-Basiskurse im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Weiter bekämpft der Bund im Rahmen des Kulturförderungsgesetzes vom 11. Dezember 200929 den Illettrismus. Neben diesen Bundesgesetzen sehen auch kantonale
Gesetze die Förderung des Erhalts und des Erwerbs von Grundkompetenzen Erwachsener vor.

Eine Analyse des Angebots an spezifischen Kursen im Rahmen des Projekts «GO Kantone» ergab, dass in der Regel vor Ort Angebote bestehen, dass jedoch die Erreichung der Zielgruppe zum Teil Probleme bereitet (Schräder & Grämiger 2011).

Gemäss der Studie ergeben sich auch dadurch Schwierigkeiten, dass die einzelnen Spezialgesetze aus ihrer spezifischen Optik heraus Grundkompetenzen fördern.

Beispielsweise ist das Arbeitslosenversicherungsgesetz auf eine rasche und dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichtet. Bildungsziele, die längerfristige Massnahmen erfordern, können so in der Regel nicht erreicht werden.

29

SR 442.1; vgl. Art. 15.

3758

Weiter fehlt aufgrund der Fragmentierung in den Spezialgesetzen eine gesamtheitliche und koordinierte Betrachtung und Förderung von Grundkompetenzen Erwachsener.

Schliesslich können bestimmte Zielgruppen durch die geltenden Spezialgesetze nicht erreicht werden, da sie heute nicht unter geregelte Tatbestände fallen (z. B.

50-jährige Schweizer Staatsangehörige mit fehlenden Grundkompetenzen, die im Arbeitsmarkt integriert sind).

Koordination nötig In der bundesinternen Koordination und der Koordination zwischen Bund und Kantonen liegt ein erhebliches Potenzial, die beschriebene Situation im Bereich der Grundkompetenzen Erwachsener zu verbessern. Die vorgesehene interinstitutionelle Zusammenarbeit mit klaren Verantwortlichkeiten vor Ort kann einerseits zur Zusammenführung von Zielgruppen und somit zur Bildung kritischer Massen für differenzierte Angebote führen und andererseits im Sinne der Nachhaltigkeit Bildungsziele mit anders gelagerten Prioritäten wie rasche Integration in den Arbeitsmarkt zu vereinbaren suchen.

Die Förderung der Allgemeinbildung Erwachsener und in diesem Sinne auch von Grundkompetenzen Erwachsener steht primär in der Verantwortung der Kantone, auch wenn der Bund in Bereichen wie Ausländergesetzgebung, Kulturförderung, Arbeitslosen- oder Invalidenversicherung teilweise verwandte Aufgaben wahrnimmt.

Bei der Erarbeitung des Weiterbildungsgesetzes wurde geprüft, ob für die Behebung mangelnder Abstimmungen ein neues Spezialgesetz zu erlassen ist, oder ob Grundkompetenzen in das Weiterbildungsgesetz integriert werden sollten. Zwei Gründe waren ausschlaggebend für die Aufnahme des Fördertatbestands des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener in das Weiterbildungsgesetz: ­

Es handelt sich nicht um einen neuen Fördertatbestand, sondern um eine Transferierung des Inhalts eines unbestrittenen Teil-Artikels des Kulturförderungsgesetzes ins Weiterbildungsgesetz. Der vorliegende Gesetzesentwurf verwendet jedoch den Ausdruck «Illettrismus» nicht, sondern geht das Problem in einem gegenüber dem Kulturbegriff weiteren Verständnis an. Im Sinne der Bildung werden unter Grundkompetenzen Erwachsener ­ gemäss der verbreiteten Förderpraxis in den Spezialgesetzen ­ nicht nur Lesen und Schreiben verstanden, sondern auch grundlegende Kenntnisse in Alltagsmathematik und in der Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien, namentlich zur erfolgreichen Bewältigung des Alltags.

­

Die Erarbeitung eines neuen Spezialgesetzes ist vom Regelungsinhalt und vom Umfang her nicht angemessen, umso mehr die bessere Koordination bereits bestehender Massnahmen von Bund und Kantonen im Vordergrund steht. Die Schaffung eines neuen Spezialgesetzes würde zudem die Schliessung der besprochenen Lücke weiter verzögern.

3759

1.2.7

Statistik und Monitoring

Wie im Bericht des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD)30 über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes (EVD 2009) erwähnt, fehlen zurzeit umfassende und regelmässig aktualisierte, statistische Informationen über die Weiterbildung, namentlich über die Träger von Weiterbildung und die Arbeitgeber (betriebliche Weiterbildung, Unterstützung sonstiger Weiterbildungen der Arbeitnehmenden). Diese Lücke ist zu schliessen. Ein wichtiges Anliegen ist es auch, den Weiterbildungsbereich periodisch zu untersuchen, sein Leistungsprofil zu evaluieren und auch international verlässlich zu vergleichen. Schliesslich führt eine bessere Datengrundlage zu einer höheren Transparenz und ermöglicht es, den Nutzen von Weiterbildung abzuschätzen. Dies stärkt den Wettbewerb und stimuliert die privaten Weiterbildungsaktivitäten (Weber & Tremel 2008, S. 32 f.)

Die Abschnitte «Erforschung und Entwicklung der Weiterbildung» und «Statistik und Monitoring» des vorliegenden Gesetzesentwurfs bilden die Grundlage für ein verstärktes forschungsgestütztes und statistisch besser untermauertes Monitoring.

Diese auf Dauer angelegte, systematische Beobachtung lässt Stärken und Schwächen des Weiterbildungsbereichs besser erkennen und allfällige Fehlentwicklungen früher und gezielter beheben.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Standpunkte und Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren

Mit Beschluss vom 9. November 2011 beauftragte der Bundesrat das EVD, ein Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf eines Bundesgesetzes über die Weiterbildung (VE-WeBiG) durchzuführen. Die Vernehmlassungsfrist dauerte bis zum 13. April 2012. Insgesamt sind 179 Stellungnahmen eingegangen (EVD 2012).

Allgemeine Beurteilung der Vernehmlassungsvorlage Die Erarbeitung eines Weiterbildungsgesetzes zur Erfüllung des Verfassungsauftrags gemäss Artikel 64a wurde von den Vernehmlassungsteilnehmenden grossmehrheitlich begrüsst. Verbunden damit stiess auch die Konzeption als «Rahmengesetz» sowie die Formulierung von übergreifenden Grundsätzen auf Zustimmung.

Allerdings gab die konkrete Ausgestaltung einzelner Grundsätze zu ausgedehnten Ausführungen in den Stellungnahmen Anlass.

Trotz dieser grundsätzlich positiven Aufnahme des Entwurfs traten in den Vernehmlassungsantworten wie bereits anlässlich der Ausarbeitung des Vernehmlassungsentwurfs die unterschiedlichen und vielfach gegensätzlichen Erwartungen und Forderungen an ein Weiterbildungsgesetz zutage, und es wurden dementsprechend Vorbehalte angebracht.

30

Neu seit dem 1.1.2013 WBF (Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung).

3760

Stellungnahmen der Kantone Der Entwurf zu einem Weiterbildungsgesetz hat eine hohe ordnungspolitische Bedeutung und richtet sich primär an Bund und Kantone. Den Stellungnahmen der Kantone zur Vorlage ist dementsprechend ein besonderes Gewicht beizumessen.

Aus kantonaler Sicht wurde der Gesetzesentwurf vor allem aus bildungssystemischer Sicht begrüsst. Mit der über die Legaldefinition von Weiterbildung als nichtformale Bildung erreichten Einordnung der Weiterbildung ins Bildungssystem waren über zwei Drittel der sich zu diesem Punkt äussernden Kantone (22) explizit einverstanden. 3 Kantone machten je eigene Definitionsvorschläge.

Breite Zustimmung fand bei den Kantonen die Regelung, den gesamten Bereich der Weiterbildung dem Weiterbildungsgesetz zu unterstellen. Kritisch äusserte sich einzig der Hochschulbereich. Dieser befürchtete trotz der Erwähnung der Zuständigkeit der gemeinsamen hochschulpolitischen Organe (Art. 2 Abs. 2 VE-WeBiG), Rahmenvorschriften über die Weiterbildung im Hochschulbereich zu erlassen, einen nicht gerechtfertigten Verlust an Autonomie.

Mit den Grundsätzen und ihrer generellen Stossrichtung waren sowohl die Kantone wie auch die überwiegende Mehrheit der weiteren Vernehmlassungsteilnehmenden einverstanden. Kritische Voten der Kantone betrafen die Grundsätze zur Qualität und zur Vermeidung von ungerechtfertigten Wettbewerbsverfälschungen. Eine Mehrheit der sich äussernden Kantone unterstrich, dass Qualität in erster Linie Sache der Anbieter sei. Sie äusserten sich deshalb skeptisch gegenüber weiteren allgemeinen Richtlinien zur Qualität (Art. 6 Abs. 3 VE-WeBiG). Das Anliegen des Grundsatzes zur Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen wurde von den Kantonen getragen, die vorgeschlagenen Bestimmungen gingen jedoch zu weit.

Beide Bestimmungen wurden aufgrund der Ergebnisse der Vernehmlassung im Sinne der Rückmeldungen der Kantone überarbeitet.

Kritisch beurteilt wurde eine ausschliesslich nachfrageorientierte Finanzierung.

(Art. 10 Abs. 2 VE-WeBiG). Auch diese Bestimmung wurde angepasst.

Die Regelungen betreffend Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen werden von den Kantonen in hohem Masse begrüsst. Bei der im Vernehmlassungsentwurf aufgeführten Grundkompetenz «Grundkenntnisse zu den wichtigsten Rechten und Pflichten» bestanden aus Sicht der Kantone Vorbehalte. Verschiedene
Kantone verlangten eine Streichung dieser Grundkompetenz, andere eine inhaltlich klarere Definition.

Auch wurde aus den kantonalen Stellungnahmen klar, dass eine Ausweitung des Grundkompetenzenkatalogs nicht mitgetragen würde.

Viele Kantone betonten die Bedeutung einer einheitlichen Terminologie in der Spezialgesetzgebung des Bundes für einen kohärenten und koordinierten Vollzug der Grundsatzgesetzgebung in Bund und Kantonen.

1.3.2

Anpassung des Vernehmlassungsentwurfs

Gleichzeitig mit der Kenntnisnahme des Ergebnisberichts hat der Bundesrat am 27. Juni 2012 das EVD beauftragt, den Gesetzesentwurf zu überarbeiten und eine Botschaft zu erstellen.

3761

Im Verhältnis zum Vernehmlassungsentwurf wesentlich angepasst wurden die folgenden Punkte: ­

Geltungsbereich: Die Eigenständigkeit des Hochschulbereichs wurde verdeutlicht.

­

Grundsatz zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung: Der entsprechende Artikel hält neu wie von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden gefordert, fest, dass die Verantwortung für Qualität und Qualitätsentwicklung in erster Linie bei den Anbieterinnen und Anbietern von Weiterbildung liegt. Auch wurde von übergreifenden Richtlinien abgesehen.

­

Grundsatz zum Wettbewerb und Voraussetzungen für die Förderung durch den Bund: Die Artikel wurden im Sinne der Vernehmlassungsergebnisse stark überarbeitet.

­

Entwicklung der Weiterbildung: Die beiden Bestimmungen wurden überarbeitet.

­

Grundkompetenzen Erwachsener: Die Vernehmlassungsergebnisse zum Regelungsbereich Grundkompetenzen Erwachsener legten eine genauere Beschreibung der Inhalte der Grundkompetenz «Grundkenntnisse zu den wichtigsten Rechten und Pflichten» nahe. Im Gegensatz zur Grundkompetenz Lesen und Schreiben liegen für diesen Bereich national und international keine gefestigten inhaltlichen und didaktischen Konzepte für spezifische Kurse vor. Vielmehr zeigt sich, dass Kenntnisse in diesem Bereich und Schlüsselkompetenzen wie Lernkompetenz, Sozialkompetenz und weitere, mit Vorteil im Rahmen von Programmen zur Förderung der Grundkompetenzen in Lesen und Schreiben, Alltagsmathematik und IKT eingebettet werden. Dieser transversale, handlungsorientierte Ansatz wird beispielsweise im Bereich des Spracherwerbs von Migrantinnen und Migranten vom fide-Rahmenkonzept des Bundesamtes für Migration31 verfolgt und stellt die Alltagsnähe der vermittelten Inhalte sicher.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde der Artikel zum Begriff der Grundkompetenzen Erwachsener überarbeitet.

31

­

Weiterbildungskonferenz: Die Vernehmlassung zeigte die Fülle der unterschiedlichen Gruppen auf, die einen Anspruch auf Einsitz in einer Weiterbildungskonferenz verlangten. Unter diesen Vorzeichen ist eine Weiterbildungskonferenz, auch in Berücksichtigung des Aufgabenkatalogs, kein praktikables Gremium. Der vorliegende Entwurf verzichtet deshalb auf eine derartige Konferenz. Stattdessen legt der Entwurf fest, dass das SBFI den Dialog mit den interessierten Kreisen pflegt und zu diesem Zweck periodische Zusammenkünfte durchführt. Auch wird die interinstitutionelle Zusammenarbeit im Bereich der Grundkompetenzen Erwachsener festgeschrieben.

­

Eidgenössische Anerkennung NDS HF: Der vorliegende Entwurf verzichtet auf eine Aufhebung der eidgenössischen Anerkennung der Nachdiplomstudien an höheren Fachschulen. Die Nachdiplomstudien fallen in den Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes.

www.fide-info.ch

3762

­

1.4

Anhang zum Weiterbildungsgesetz: Parallel zur Vernehmlassung wurden gemeinsam mit den zuständigen Bundesstellen die aufgrund des vorliegenden Entwurfs notwendigen Änderungen in anderen Bundesgesetzen geprüft.

Die im Anhang zum Weiterbildungsgesetz aufgenommenen Änderungen der Spezialgesetze betreffen terminologische Anpassungen oder Präzisierungen und sollen die Rechtsicherheit im Vollzug erleichtern.

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die neuen Verfassungsbestimmungen zur Bildung übertragen Bund und Kantonen die gemeinsame Sorge für den Bildungsraum Schweiz. Im Bereich der Weiterbildung ist der Bund aufgefordert, Grundsätze über die Weiterbildung zu definieren.

Diese Grundsätze gelten sowohl für die vom Bund als auch für die von den Kantonen geregelte und geförderte Weiterbildung.

Weiterbildung liegt ­ im Gegensatz beispielsweise zum Bereich der obligatorischen Schule ­ primär in der Verantwortung des Einzelnen. Der Staat greift nur ein, wo dies das öffentliche Interesse erfordert. Grundlage für ein staatliches Eingreifen ist jeweils ein Spezialgesetz.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Ein Blick über die Grenzen der Schweiz zeigt, dass es im Bereich der Weiterbildung bisher in keinem europäischen Land übergreifende Grundsatzgesetze gibt.

In Deutschland existieren auf Länderebene sogenannte Weiterbildungs- oder Erwachsenenbildungsgesetze, welche die gesetzliche Grundlage der Förderung von Volkshochschulen (oft in Kombination mit Bibliotheken) darstellen. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung wird gesondert in einem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz geregelt. In Österreich gibt es ein Erwachsenenbildungsförderungsgesetz auf Bundesebene. Daneben bestehen aber in beiden Ländern noch eine ganze Reihe weiterer legislativer Grundlagen, beispielsweise im Sozialversicherungs- oder im Arbeitsrecht.

Die vor allem im deutschsprachigen Raum vorherrschende Orientierung der gesetzlichen Grundlagen an Institutionen und an deren Förderung führt zu einem unklaren Weiterbildungsbegriff, der nichtformale und formale Bildung (insbesondere höhere Berufsbildung) vermengt. Dies ist der Transparenz abträglich. Das integrale Verständnis von Weiterbildung als «Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase», das sich in vielen Gesetzen widerspiegelt, wird im Kontext von sich verändernden Lernbiografien immer problematischer.32

32

Die Botschaft vom 4. März 2011 zum Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten (BBl 2011 2607, hier 2626) zitiert eine Reihe einschlägiger Abgrenzungsprobleme.

3763

Verbreitet sind in unseren Nachbarländern sogenannte «Bildungsurlaubsgesetze», die darauf abzielen, Arbeitnehmenden die Teilnahme an Weiterbildung zu ermöglichen. Die entsprechenden Möglichkeiten werden von den Arbeitnehmenden jedoch nur in äusserst geringem Masse genutzt (in Deutschland, das seit den 1970er-Jahren über entsprechende Gesetze verfügt, machen nur 1,5 % der Berechtigten von ihrem Recht Gebrauch) (Backes-Gellner 2011, S. 19 f.).

Frankreich verfügt seit den 1970er-Jahren über eine Gesetzgebung, die nach dem Prinzip «ausbilden oder zahlen» funktioniert. Die Unternehmungen müssen einen bestimmten Anteil ihrer Lohnsummen in die Bildung ihrer Angestellten investieren oder aber entsprechende Beiträge in einen staatlichen Fonds bezahlen. Die Bestimmung der Weiterbildungsinhalte sowie die Auswahl der Nutzniesser stehen dabei in der Kompetenz der einzelnen Unternehmen. Seit 2003 kennt Frankreich zudem einen Bildungsurlaub für Vollzeitbeschäftigte von 20 Stunden pro Jahr (vgl. BMBF 2004, S. 137­146).

In Italien können Arbeitnehmende nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens fünf Jahren ein Recht auf unbezahlte Arbeitsfreistellung für Ausbildungsmassnahmen bis zu einer Dauer von elf Monaten in Anspruch nehmen. Verbreitet sind in Italien auch paritätisch verwaltete Fonds und Bildungsurlaube auf der Ebene der Gesamtarbeitsverträge mit dem Zweck, die Weiterbildung der Arbeitnehmenden in einem bestimmten Berufsfeld zu fördern (vgl. BMBF 2004, S. 174­178). Trotz dieser Möglichkeiten ist die Beteiligung an beruflich orientierter Weiterbildung in Italien insgesamt sehr gering.

1.6

Umsetzung

1.6.1

Prüfung der Vollzugstauglichkeit im vorparlamentarischen Verfahren

Überprüfung der Spezialgesetzgebung des Bundes Im Hinblick auf die Erarbeitung der Botschaft beauftragte der Bundesrat das EVD, parallel zur Vernehmlassung die gestützt auf den Entwurf notwendigen Änderungen der Spezialgesetze in Zusammenarbeit mit den für den Vollzug dieser Gesetze zuständigen Stellen des Bundes auszuarbeiten und zu prüfen, welcher Anpassungsbedarf sich aus der Grundsatzgesetzgebung ergibt und ob ein einheitlicher Vollzug sichergestellt werden kann.

Es gingen von 32 Verwaltungseinheiten Rückmeldungen zu 82 Spezialgesetzen ein.

Die Verwendung der Terminologie in den Spezialgesetzen stimmt in vielen Fällen mit der Terminologie nach Weiterbildungsgesetz überein. Sind die Abweichungen in der Spezialgesetzgebung vorwiegend terminologischer Natur, wird vorgeschlagen, die Anpassungen direkt im Rahmen der «Änderung bisherigen Rechts» im Anhang zum Weiterbildungsgesetz vorzunehmen.

Anpassungen mit materiellen Auswirkungen, Anpassungen aufgrund von Artikel 10 E-WeBiG sowie namentlich die Anpassung der nachgelagerten Rechtserlasse sollen im Rahmen von Revisionen der entsprechenden Spezialgesetze erfolgen.

Der Entwurf zu einem Weiterbildungsgesetz äussert sich nicht zum Begriff «Ausbildung». Dieser wird in einigen Spezialgesetzen sowohl zur Bezeichnung von formaler Bildung als auch zur Bezeichnung von Weiterbildung verwendet. Der Entscheid 3764

über die Verwendung des Begriffs ist im Kontext des jeweiligen Spezialgesetzes zu treffen. Die meisten Verwaltungseinheiten haben sich für eine Beibehaltung der bisherigen Terminologie ausgesprochen.

Die Prüfung der Spezialerlasse hat ergeben, dass der Begriff «Weiterbildung» in mehreren Spezialgesetzen, wie etwa in der deutschen Fassung des Medizinalberufegesetzes vom 23. Juni 2006, für formale, nicht dem Weiterbildungsgesetz unterliegende Bildung verwendet wird. Entsprechende terminologische Anpassungen müssen im Rahmen der Revision der Spezialgesetze und der nachgelagerten Rechtserlasse erfolgen.

Der Anhang des Weiterbildungsgesetzes umfasst eine Reihe von Änderungen anderer Erlasse, wovon die meisten terminologischer Natur sind. Weitere Anpassungen sollen im Rahmen späterer Revisionen der Spezialgesetze stattfinden.

Stellungnahmen der Kantone Viele Kantone betonen die Bedeutung einer einheitlichen Terminologie in der Spezialgesetzgebung des Bundes für einen kohärenten und koordinierten Vollzug der Grundsatzgesetzgebung in Bund und Kantonen. Auch wurde von Kantonsseite im Vernehmlassungsverfahren immer wieder betont, dass die interinstitutionelle Zusammenarbeit schon beim Erlass von Spezialgesetzen und Verordnungen des Bundes mitgedacht werden müsse, um die Normierung von Parallel-Verfahren und unverbundenen Fördertatbeständen zu vermeiden. Der Koordination auf Seiten der öffentlichen Hand, die vom Weiterbildungsgesetz angestrebt werde, komme eine sehr grosse Bedeutung zu.

1.6.2

Umsetzung und Vollzug

Als Grundsatzgesetz ist das Weiterbildungsgesetz von verschiedenen Akteuren in Bund und Kantonen umzusetzen.

Die Überprüfung der Spezialgesetze des Bundes hat in einzelnen Bundesgesetzen Änderungsbedarf ­ insbesondere in Bezug auf die normative Verankerung einer von der Nachfrageorientierung abweichenden Finanzierungsform ­ zu Tage gefördert.

Einzelne Verwaltungseinheiten haben auch vorgeschlagen, wichtige Grundsätze wie beispielsweise den Grundsatz zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in den Spezialgesetzen mit Weiterbildungstatbeständen nachgelagerten Erlassen zu regeln. Die entsprechenden Anpassungen werden im Rahmen der nächsten Revision der betroffenen Erlasse angestrebt.

Die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes sind auch von den Kantonen umzusetzen. Insbesondere die Umsetzung des Grundsatzes zur Anrechnung von Bildungsleistungen an die formale Bildung mit dem Ziel der Bezeichnung der zuständigen Stellen sowie der Definition eines rechtsstaatlichen Verfahrens wird die Prüfung von Anpassungen von kantonalen Bildungserlassen zur Folge haben.

3765

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Wir beantragen, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 2012

M

09.3883

Elternbildung gehört ins Weiterbildungsgesetz (N 14.4.11, Tschümperlin; S 6.12.11; N 13.3.12)

Der Bundesrat wird aufgefordert, die Elternbildung im Zusammenhang mit dem Weiterbildungsgesetz in geeigneter Form zu berücksichtigen.

Das Weiterbildungsgesetz enthält als Grundsatzgesetz keine Regelung von konkreten Fördertatbeständen wie der Elternbildung. Diese sind Gegenstand von Spezialgesetzen.

Das Weiterbildungsgesetz sieht jedoch die Möglichkeit vor, gesamtschweizerische Organisationen der Weiterbildung für definierte Aufgaben mit Beiträgen zu unterstützen. Artikel 12 des Gesetzesentwurfs erfüllt das Anliegen der Motion.

2009

P

08.4025

Weiterbildungsoffensive (S 5.3.09, Sommaruga Simonetta)

Der Bundesrat wird eingeladen, bildungspolitische Massnahmen zu prüfen, um die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Volkswirtschaft zu steigern und die Arbeitsmarktfähigkeit der Erwerbsbevölkerung zu verbessern.

Der Grundlagenbericht zur Fachkräftesituation, der im Rahmen der EVD-Fachkräfteinitiative erstellt wurde, identifiziert verschiedene Handlungsfelder, die zur Verbesserung der Fachkräfte-Versorgung in der Schweiz und damit zur Stärkung der Volkswirtschaft beitragen. Höherqualifizierung und Weiterbildung auf allen Ebenen stellen dabei wichtige Faktoren dar.

Das Weiterbildungsgesetz begegnet den beschriebenen Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen: Der Grundsatz zur Anrechenbarkeit von nichtformalen und informellen Bildungsleistungen an die formale Bildung trägt zur gewünschten Flexibilisierung von Bildungskarrieren bei und fördert die Vereinbarkeit von Bildung und Berufstätigkeit.

Die Bestimmungen zum Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener berücksichtigen diejenigen Personen, die einer speziellen Förderung bedürfen, um eine Nachholbildung oder eine Weiterbildung überhaupt in Angriff nehmen zu können.

2007

M

07.3283

Kampf gegen Illettrismus (S 19.6.07, Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur S; 07.012; N 20.9.07; S 25.9.07)

Der Bundesrat wird aufgefordert, im Zusammenhang mit der Schaffung des Weiterbildungsgesetzes die Nachholbildung von Erwachsenen im Bereich der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) zusammen mit den Kantonen zu regeln.

Mit der Regelung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener (5. Abschnitt des Gesetzesentwurfs) ist das Anliegen der Motion erfüllt.

3766

2

Erläuterungen der Gesetzesbestimmungen

2.1

Grundkonzept der Vorlage

Das Konzept des Entwurfs zu einem Bundesgesetz über die Weiterbildung ist durch Artikel 64a BV vorgegeben und durch die Einbettung der Weiterbildung in die neue Bildungsverfassung geprägt.

Allgemeine Bestimmungen zur Weiterbildung und die Festlegung von Grundsätzen über die Weiterbildung sollen die Weiterbildung im Bildungsraum Schweiz neu einordnen.

Allgemeine Bestimmungen zur Weiterbildung Die rechtliche Einordnung der Weiterbildung in den Bildungsraum Schweiz soll einhergehen mit der Stärkung des lebenslangen Lernens, das alle Formen der Bildung (formale Bildung, nichtformale Bildung, informelle Bildung) und damit auch die Weiterbildung umfasst.

Die Klärung der Begriffe soll die einheitliche Verwendung des Begriffs der Weiterbildung sicherstellen und bei allen interessierten und betroffenen Kreisen für ein klares Verständnis sorgen, was in der Bildung unter die Weiterbildung fällt.

Der Bund verfolgt seine Ziele in der Weiterbildung gemeinsam mit den Kantonen.

Im Zentrum stehen die Unterstützung der Initiative des Einzelnen, günstige Rahmenbedingungen für Individuen und Anbieterinnen und Anbieter von Weiterbildung, die Koordination der von Bund und Kantonen geregelten und unterstützten Weiterbildung sowie eine bessere Beobachtung des Weiterbildungsmarktes.

Grundsätze über die Weiterbildung Die Grundsätze über die Weiterbildung sollen übergeordnet in Bund und Kantonen, namentlich auch in den Spezialgesetzen und bei den in der Weiterbildung tätigen Akteuren zu einem einheitlichen Verständnis von Weiterbildung führen. Sie stellen eine gesetzgeberische Konkretisierung der generellen Ziele der neuen Bildungsverfassung (hohe Qualität und Durchlässigkeit, Kooperations- und Koordinationspflicht von Bund und Kantonen, Gleichwertigkeit allgemeinbildender und berufsbezogener Bildungswege, Art. 61a BV) in Form von Leitprinzipien (Verantwortung, Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung, Durchlässigkeit über eine bessere Anrechnung von Bildungsleistungen, Verbesserung der Chancengleichheit, Wettbewerb usw.)

dar. Gleichzeitig dienen sie der Verwirklichung der Sozialziele der Bundesverfassung (Art. 41 Abs. 1 Bst. f BV).

Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen durch den Bund Mit einheitlichen Förderkriterien soll sichergestellt werden, dass bundesintern die Förderung der Weiterbildung in
den rund 35 Spezialgesetzen gleichen Spielregeln unterliegt. Der Gesetzesentwurf soll zudem mit einem eigenen spezialgesetzlichen Weiterbildungstatbestand für den Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener ergänzt werden.

Instrumentarium zur Beobachtung des Weiterbildungsmarktes Im Gesetz werden Instrumente erwähnt, die es ermöglichen, die Entwicklung der Weiterbildung auf nationaler und internationaler Ebene zu verfolgen und auf Dysfunktionen auf dem Weiterbildungsmarkt rechtzeitig zu reagieren. Zu den Instru3767

menten zählen namentlich Studien, Forschung und Pilotversuche, die Erhebung der notwendigen statistischen Daten, ein periodischer Dialog mit den interessierten Kreisen der Weiterbildung und ein Monitoring über den Weiterbildungsmarkt, für das der Bund im Rahmen des Bildungsmonitorings in Zusammenarbeit mit den Kantonen sorgt.

2.2

Gesetzesbestimmungen

Titel Der Titel des Gesetzesentwurfs benennt den Regelungsgegenstand des Gesetzes, die Weiterbildung. Regelungsgegenstand sind Grundsätze über die Weiterbildung, Ziele und Entwicklung der Weiterbildung sowie ­ als spezialgesetzlicher Weiterbildungstatbestand mit einem Förderartikel ­ die Förderung des Erwerbs und des Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener.

Ingress Der Ingress verweist auf Artikel 64a BV, auf den sich der Gesetzesentwurf zur Hauptsache abstützt. Ergänzend dazu werden die verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Bundes zur gemeinsamen Koordination und Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Bildungsraum Schweiz (Art. 61a Abs 2 BV), im Hochschulbereich (Art. 63a Abs. 5 BV) und für die Förderung der Grundkompetenzen (Art. 66 Abs. 2 BV, ergänzend zu Art. 64a BV) genannt. Damit werden die Bestimmungen zur Weiterbildung im Hochschulbereich (Art. 2 Abs. 2), zur Koordination zwecks Sicherstellung einer effizienten Zusammenarbeit sowie einer hohen Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraums Schweiz (Art. 4 und 15) sowie der 5. Abschnitt zum Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener abgestützt. Mit dieser verfassungsmässigen Abstützung des Weiterbildungsgesetzes im Ingress kommt die ganzheitliche Funktion der Weiterbildung im schweizerischen Bildungsraum zum Ausdruck.

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1­4) Die Weiterbildung ist seit 2006 ein neuer Politikbereich des Bundes. Sie gelangte aufgrund von Artikel 64a BV als jüngster Bildungsbereich mit einer Grundsatz- und Förderkompetenz ausgestattet in die Regelungskompetenz des Bundes. Damit wird erstmals die Weiterbildung rechtlich in den Bildungsraum Schweiz eingebettet.

Dieser umfasste bisher neben dem kantonalen Schulwesen insbesondere die beiden Bereiche Hochschulbildung und Berufsbildung.

Weil der Begriff der Weiterbildung umgangssprachlich und wenig spezifisch verwendet wird, kommt den allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzesentwurfs eine besondere Bedeutung zu.

Art. 1

Zweck und Gegenstand

In Absatz 1 wird der Zweck des Weiterbildungsgesetzes dargelegt. Mit der klaren systemischen Einordnung und der Verknüpfung von Weiterbildung mit anderen Bildungsformen über Anrechenbarkeiten wird die Weiterbildung als Teil des lebens3768

langen Lernens im Bildungsraum Schweiz, wie ihn Artikel 61a BV festlegt, gestärkt.

Absatz 2 umschreibt den Gegenstand des Gesetzes: Festlegen von Grundsätzen über die Weiterbildung, von Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen durch den Bund, die Förderung der Erforschung und Entwicklung der Weiterbildung und die spezialgesetzliche Regelung und Förderung des Erwerbs und des Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener durch den Bund.

Mit der Regelung der Grundkompetenzen Erwachsener wird der im Kulturförderungsgesetz festgeschriebene Fördertatbestand der Illettrismusbekämpfung neu in der Weiterbildungsgesetzgebung als Bildungstatbestand aufgenommen (in der Botschaft zum Kulturförderungsgesetz ist ein Transfer der Illettrismusbekämpfung vom Kulturförderungsgesetz ins Weiterbildungsgesetz explizit vorgesehen).33 Nebst Lesen und Schreiben sind auch Alltagsmathematik und die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien zentrale Voraussetzungen für das lebenslange Lernen. Der Erwerb und der Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener wird bereits im Rahmen verschiedener Spezialgesetze gefördert (z. B. Arbeitslosenversicherungsgesetz, Ausländergesetz). Das Weiterbildungsgesetz schliesst eine Lücke, da auch Personen mit mangelnden Grundkompetenzen erfasst werden, die unter kein Spezialgesetz fallen (z. B. erwerbsfähige Schweizerinnen und Schweizer, welche nicht unter das Arbeitslosenversicherungs- oder das Invalidenversicherungsgesetz fallen).

Absatz 3 weist daraufhin, dass der Bund im Übrigen die Bereiche der Weiterbildung in den Spezialgesetzen regelt und fördert. Die konkrete Regelung und Förderung von Weiterbildung in Teilbereichen wie beispielsweise Jugend und Sport, berufsorientierte Weiterbildung, Migration, Arbeitslosenversicherung usw. bleibt Aufgabe der Spezialgesetzgebung.

Art. 2

Geltungsbereich34

Der sachliche Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes erstreckt sich im Rahmen einer Grundsatzkompetenz auf den gesamten Bereich der Weiterbildung. Einzelne Bestimmungen richten sich nicht an den gesamten Bereich der Weiterbildung sondern beispielsweise nur an die von Bund und Kantonen geregelte und unterstützte Weiterbildung. Diese Einschränkung des Geltungsbereichs gründet auf der Regelung, «soweit die nachfolgenden Bestimmungen keine andere Regelung vorsehen».

Der Vorbehalt in Absatz 2 verdeutlicht, dass es Aufgabe der gemeinsamen hochschulpolitischen Organe ist, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Vorschriften zu erlassen, welche die Umsetzung der im Weiterbildungsgesetz festgelegten Grundsätze für den Hochschulbereich konkretisieren.

33

34

Vgl. BBl 2007 4836, Erläuterung zu Art. 13 Leseförderung: «Die Bekämpfung des Illettrismus wird mittelfristig im Bundesgesetz über die Weiterbildung geregelt. Artikel 13 stellt somit eine Übergangslösung dar, die mit Inkrafttreten des Weiterbildungsgesetzes aufzuheben sein wird.» Vgl. dazu auch die Ausführungen unter Ziff. 5 (Rechtliche Aspekte)

3769

Art. 3

Begriffe

Das Weiterbildungsgesetz geht vom international gebräuchlichen Grundgedanken des lebenslangen Lernens aus. Dieses Lernen findet in verschiedenen Bildungskontexten statt. Gemeinsam bilden diese Bildungskontexte den Bildungsraum Schweiz (siehe auch Art. 1 Abs. 1). Mit der Benennung und Abgrenzung der verschiedenen Bildungskontexte wird der Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes klar festgelegt und Weiterbildung in den Bildungsraum eingeordnet.

Artikel 3 kommt mit der Klärung der Begrifflichkeiten eine wichtige bildungssystematische Ordnungsfunktion zu.

Buchstabe a: Der Gesetzesentwurf definiert Weiterbildung als strukturierte Bildung ausserhalb der formalen Bildung und bezeichnet die nichtformale Bildung als Synonym zu Weiterbildung.

Das Weiterbildungsgesetz richtet sich an Weiterbildungen in allen beruflichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bereichen. Dabei definiert der Staat in der Regel keine inhaltlichen Vorgaben für den Erwerb des Abschlusses und belässt die Angebote der Autonomie der Anbieter. Ausnahme bilden spezialgesetzliche Regelungen (beispielsweise Rahmenvorschriften zu Weiterbildungen im Hochschulbereich MAS, DAS und CAS, NDS und NDK in der Berufsbildung und Anforderungen an Sprachdiplome im Ausländergesetz). Im Weiteren können namentlich auch Branchen oder Organisationen der Weiterbildung Standards festlegen. Ziel dieser Regelungen ist es, die Akzeptanz der Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt und deren Anrechenbarkeit an die formale Bildung zu ermöglichen bzw. zu verbessern.

Neben eher kürzeren Weiterbildungen wie Workshops, Seminaren oder innerbetrieblichen Weiterbildungsveranstaltungen gehören auch umfangreichere Programme zur Weiterbildung.

Beispiele für umfangreiche Programme sind:

35

­

Weiterbildungen an den Hochschulen (CAS, DAS, MAS, EMBA usw.): Es handelt sich bei diesen Programmen und ihren Abschlüssen nicht um akademische Grade (Bachelor, Master, PhD), sondern um eine daran anschliessende und in hohem Masse von der entsprechenden Hochschule autonom bestimmten Art von Weiterbildungen.35

­

Nachdiplomstudien (NDS) und Nachdiplomkurse (NDK) an höheren Fachschulen: Diese sind strukturell mit den Weiterbildungen an Hochschulen verwandt.

­

Kurse zur Vorbereitung auf Berufs- und höhere Fachprüfungen: Diese Kurse sind nicht Bestandteil der staatlich geregelten Bildung für den Erwerb des Fachausweises einer Berufsprüfung oder des Diploms einer höheren Fachprüfung (siehe Ziff. 1.2.2).

­

Gewisse Ausbildungen in der Armee, im Bevölkerungsschutz (z. B. im Zivilschutz und in der Feuerwehr) sowie im Bereich des Jugend- und Erwachsenensports (z. B. an der Eidgenössischen Hochschule für Sport in Magglingen).

Vgl. dazu die Ausführungen in Ziff. 1.2.1.

3770

­

Sprachkurse, IT-Kurse oder Kurse aus weiteren Bereichen, die auf international gebräuchliche Diplome und Zertifikate vorbereiten (z. B. GoetheDiplom oder SAP-Berater-Zertifizierung).

Buchstabe b: Die formale Bildung als Abgrenzung zur Weiterbildung (nichtformalen Bildung) umfasst diejenige staatlich geregelte Bildung, die in der obligatorischen Schule stattfindet oder zu allgemein- oder berufsbildenden Abschlüssen auf Sekundarstufe II, akademischen Graden (Bachelor, Master, Lizentiat, Doktorat) oder Abschlüssen der höheren Berufsbildung (Berufs- und höhere Fachprüfungen sowie Abschlüsse von Bildungsgängen an höheren Fachschulen) führt.

Zur formalen Bildung gehören auch die Abschlüsse, die Voraussetzung für eine staatlich reglementierte berufliche Tätigkeit bilden. Als Beispiele seien die im Medizinal- und im Psychologieberufegesetz geregelten Bildungsabschlüsse und das Anwaltspatent erwähnt. Vergleichbar zu den Berufs- und den höheren Fachprüfungen werden die Zulassungsvoraussetzungen (Vorbildung, Praxis) und die Inhalte der Prüfung staatlich geregelt.

Buchstabe c: Strukturierte Bildung ist namentlich Bildung in organisierten Kursen, mit Lernprogrammen (Curricula, Qualifikationsverfahren) und einer definierten Lehr-Lern-Beziehung (Organisation, Qualifikation Ausbildnerinnen und Ausbildner etc.), jeweils abgestimmt auf die Bedürfnisse des entsprechenden Ausbildungsangebots. Dieser Begriff ist nötig, damit die informelle Bildung von der formalen und der nichtformalen Bildung abgegrenzt werden kann.

Buchstabe d: Unter informelle Bildung ausserhalb von strukturierten Bildungsangeboten fallen Kompetenzen, die am Arbeitsplatz oder beispielsweise beim Lesen von Fachliteratur erworben wurden. Informelle Bildung kann definitionsgemäss nicht formalisiert werden. Doch sollen auch informell erworbene Kompetenzen durch geeignete Verfahren nachgewiesen und gemäss dem Grundsatz zur Anrechnung von Bildungsleistungen an formale Bildung nach Artikel 7 angerechnet werden können.

Die Durchlässigkeit des Bildungssystems wird damit entscheidend erhöht.

Art. 4

Ziele

Übergeordnetes Ziel der Weiterbildungsordnung des Bundes ist es, gemeinsam mit den Kantonen ein weiterbildungsfreundliches Klima zu schaffen, das die Initiative der Einzelnen, sich weiterzubilden, fördert (Bst. a) und möglichst allen Personen die Teilnahme an der Weiterbildung ermöglicht (Bst. b). Dazu gehören ­ im Einklang mit dem allgemeinen Bildungsartikel 61a BV ­ Transparenz, Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraums sowie das allgemeine Erfordernis eines chancengleichen Zugangs.

Weiter geht es um eine verbesserte Koordination der Weiterbildungspolitik innerhalb des Bundes und zwischen Bund und Kantonen (Bst. c). Zur Verwirklichung dieses Ziels tragen das in den allgemeinen Bestimmungen geklärte einheitliche Verständnis von Weiterbildung ebenso bei wie die im folgenden Abschnitt definierten Grundsätze. Beide, das einheitliche Verständnis von Weiterbildung und die verbesserte Koordination, sollen dazu führen, die hohe Qualität von Bildung und Weiterbildung in der Schweiz zu stärken und günstige Rahmenbedingungen für die öffentlich-rechtlichen und die privaten Anbieterinnen und Anbieter zu schaffen.

3771

Buchstabe e spricht die für die Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Volkswirtschaft notwendige Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit der internationalen Entwicklung der Weiterbildung an. Die Vergleichbarkeit (Benchmarking) der Ergebnisse nationaler und internationaler Entwicklungen und eine entsprechende Prüfung der Wirksamkeit soll ein rechtzeitiges und rasches Reagieren der Politik ermöglichen.

Für die Umsetzung der genannten Ziele werden mit den nachfolgenden Gesetzesbestimmungen entsprechende Instrumente definiert.

2. Abschnitt: Grundsätze (Art. 5­9) Der Bund hat gemäss Artikel 64a Absatz 2 BV Grundsätze über die Weiterbildung festzulegen. Auch wenn sie nach Artikel 2 für den gesamten Bereich der Weiterbildung gelten, so ist doch festzuhalten, dass die konkrete Durchsetzbarkeit auf die von Bund und Kantonen geregelte und unterstützte Weiterbildung beschränkt ist. Für Anbieterinnen und Anbieter privater Weiterbildung ergeben sich indirekte Wirkungen, indem eine Orientierung an diesen Grundsätzen unter anderem für die Anrechenbarkeit der Weiterbildung an die formale Bildung wegleitend ist und in vielen Fällen für Bildungsanbieter und Studierende Vorteile erwirkt.

Die vorliegenden fünf Grundsätze sind als Mindestanforderungen zu verstehen. Als Grundsatzgesetz enthält das Weiterbildungsgesetz keine spezifischen inhaltlichen Bestimmungen. Weitergehende sachbezogene Vorschriften bzw. Konkretisierungen der Grundsätze sind in den Spezialgesetzen vorzunehmen.

Art. 5

Verantwortung

Der Staat setzt auf die Eigenverantwortung und Eigeninitiative der Einzelnen (Abs. 1).

Der Bundesgesetzgeber appelliert in Absatz 2 an die Fürsorgepflicht privater und öffentlicher Arbeitgeber. Sie sollen die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begünstigen, d. h. für ein günstiges Umfeld für Bildung im Unternehmen sorgen. Die Bildung der Mitarbeitenden ist aus betrieblicher Sicht ein zentraler Erfolgsfaktor. Unternehmen profitieren insgesamt von gut ausgebildeten Personen auf allen Stufen.

Im Sinne der Subsidiarität greifen die staatlichen Instanzen nur dort ein, wo Dysfunktionen bestehen oder ein öffentliches Interesse dies erfordert. Dies wird insbesondere mit den Absätzen 3 und 4 zum Ausdruck gebracht. Beispiel für ein Eingreifen im Sinne von Absatz 3 ist die Förderung des Erwerbs und des Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener. In Teilbereichen, in denen die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe (z. B. Integrationspolitik, Armee und Sicherheit etc.) dies erfordert, kann der Staat gemäss Absatz 4 Weiterbildungsobligatorien oder ähnliche Regelungen vorsehen. Der vorliegende Entwurf enthält kein allgemeines Weiterbildungsobligatorium oder ein Recht auf eine bestimmte Anzahl Weiterbildungstage.

Empirische Untersuchungen zeigen, dass der Weiterbildungsurlaub kaum genutzt wird ­ insbesondere nicht von den Zielgruppen, die sich stärker an Weiterbildung beteiligen sollten. Ein allgemeines Weiterbildungsobligatorium wäre in der Praxis kaum durchsetzbar.36 36

Vgl. dazu Ziff. 1.1.7.

3772

Art. 6

Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung

Absatz 1 verortet die Verantwortung für die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung von Weiterbildung bei den jeweiligen Anbieterinnen und Anbietern.

Erklärtes Ziel von Bund und Kantonen ist es, bei der Weiterbildung, die sie regeln oder unterstützen, für eine hohe Qualität zu sorgen.

Wie die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im Einzelnen auszugestalten und mit welchen Methoden sie sicherzustellen ist, lässt Artikel 6 angesichts der grossen Vielfalt von möglichen Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsmethoden offen.

Bund und Kantone sind gemäss Absatz 2 befugt, die Entwicklung von Verfahren zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung zu unterstützen.

Absatz 3 konkretisiert, welchen Anforderungen die von Bund und Kantonen geregelte und unterstützte Weiterbildung betreffend Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung zu genügen hat. Die Anforderungen sorgen für Transparenz, dienen der Qualitätssicherung eines Weiterbildungsangebots und schaffen Voraussetzungen für die Anrechenbarkeit an die formale Bildung.

So sollen klare Lernprogramme, Anforderungen an die Qualifikation, d. h. validierte Kompetenzen der Ausbildnerinnen und Ausbildner, sowie definierte Qualifikationsverfahren und eine angemessene Qualitätssicherung die Qualität sicherstellen. Weiterbildungen, die diese Anforderungen erfüllen, weisen die notwendige Aussagekraft und Stabilität auf, um als nichtformale Bildung an formale Bildung angerechnet werden zu können. In diesem Sinne ist es auch im Interesse von Angeboten, die nicht staatlich geregelt oder unterstützt werden, die Qualität besonders in den genannten Bereichen sicherzustellen.

Dem Transparenzgebot wird im WeBiG Nachachtung verschafft: Die adäquate Information der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Leistungsbezüger) über Angebot und Abschlüsse ist für die Herstellung von Transparenz unabdingbar. Die Information über die Angebote soll deshalb im Rahmen von Qualitätssicherungsverfahren überprüft werden. So sollen z. B. Angaben zur Bezeichnung und Wertigkeit des Abschlusses ­ insbesondere bei arbeitsmarktrelevanten Weiterbildungen ­ zu möglichen weiterführenden Abschlüssen, zum Arbeitsaufwand für Studierende wie auch zu Aufnahmekriterien gemacht werden. Arbeitsmarktrelevante Weiterbildungen sind mit aussagekräftigen Diplomen, Zertifikaten oder Bestätigungen
zu bescheinigen.

Für alle Weiterbildungsangebote gelten überdies Vorschriften zur Preisangabe. (Vgl.

Art. 10 Abs. 1 Bst. m der Preisbekanntgabeverordnung vom 11. Dezember 197837) Im Rahmen des Vollzugs können die Qualitätsanforderungen noch weiter konkretisiert werden. Für die Umsetzung und Konkretisierung des Grundsatzes im Hochschulbereich sind die hochschulpolitischen Organe zuständig.

Art. 7

Anrechnung von Bildungsleistungen an die formale Bildung

Nach Artikel 61a Absatz 1 BV sorgen Bund und Kantone für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraums Schweiz. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen nicht zuletzt Bezüge zwischen der formalen sowie der nichtformalen und der informellen Bildung hergestellt werden. Artikel 7 verpflichtet daher Bund und Kantone, 37

SR 942.211

3773

im formalen Bereich auf allen Stufen für transparente und möglichst gleichwertige Verfahren zur Anrechnung von Weiterbildung und informellen Bildungsleistungen ­ unabhängig davon, ob diese im In- oder Ausland erworben wurden ­ zu sorgen.

Diese Zielsetzung erfordert, dass Bund und Kantone die Organe bezeichnen, welche die Kriterien für die Anrechenbarkeit von Weiterbildung und informeller Bildung an die formale Bildung festlegen. In der Regel dürfte diese Aufgabe den für das Angebot oder die Abschlüsse zuständigen Bildungsinstitutionen und Prüfungskommissionen übertragen werden. Die entsprechenden Verfahren zur Prüfung der Anrechenbarkeit müssen rechtsstaatlichen Anforderungen, namentlich hinsichtlich Prüf- und Begründungspflicht, genügen.

In Bezug auf die Anrechnung solcher Bildungsleistungen im Hochschulbereich ist es Sache der Hochschulträger und der Hochschulen selbst, auf der Grundlage der Rahmenvorschriften der Hochschulkonferenz entsprechende Anrechnungsverfahren einzurichten.

Art. 8

Verbesserung der Chancengleichheit

Artikel 8 Absatz 2 der Bundesverfassung statuiert ein allgemeines und damit auch für sämtliche Anbieter von Weiterbildung geltendes Diskriminierungsverbot.

Namentlich die diskriminierende Verweigerung des Zugangs zu einer Weiterbildung aufgrund von Herkunft oder Rasse, Alter oder einer Behinderung ist unstatthaft.

Zur Verbesserung der Chancengleichheit sind neben dem Diskriminierungsverbot auch gezielte Anstrengungen in konkreten Bereichen notwendig. Diese werden im Gesetz nicht abschliessend aufgezählt.

Nach Buchstabe a ist in der von Bund und Kantonen geregelten oder unterstützten Weiterbildung die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen zu verwirklichen, d. h. die Angebote sind entsprechend auszugestalten, um diese Vorgabe einzuhalten.

Als Beispiel, an dem auch die Verbindung mit den Spezialgesetzen klar zum Ausdruck kommt, sei namentlich auf Buchstabe b hingewiesen: Den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen kann seitens der Anbieter von Weiterbildung Rechnung getragen werden, indem beispielsweise Kandidatinnen oder Kandidaten, die aufgrund einer Behinderung besondere Hilfsmittel oder mehr Zeit für ein Qualifikationsverfahren benötigen, angemessen entsprochen wird. Die Mehrauslagen, die behinderten Personen durch erforderliche Hilfsmittel entstehen, können gemäss Artikel 16 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 195938 über die Invalidenversicherung unter gewissen Voraussetzungen von der Invalidenversicherung übernommen werden.

Buchstabe c weist auf die Bedeutung hin, bei von Bund und Kantonen geregelter oder unterstützter Weiterbildung Massnahmen zu treffen, welche die Integration der Ausländerinnen und Ausländer erleichtern. Dabei geht es nicht primär um die Förderung spezifischer Integrationsangebote, deren Regelung und Unterstützung in Spezialgesetzen vorgesehen ist, sondern ähnlich wie beim Anliegen der Gleichstellung von Frau und Mann und der Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen um den Einbezug der Zieldimension der Integration von Ausländerinnen und Ausländern bei der Ausgestaltung der Angebote.

38

SR 831.20

3774

Während die Buchstaben a­c Vorgaben definieren, die im Rahmen aller von Bund und Kantonen geregelten und unterstützten Weiterbildungen transversal angestrebt werden sollen, richtet Buchstabe d das Augenmerk auf einen bestimmten Adressatenkreis: gering qualifizierte Personen. Die explizite Nennung der gering qualifizierten Personen zeigt den hohen Stellenwert, welcher der Weiterbildung für die Verbesserung der Chancengleichheit von gering qualifizierten Personen, ergänzend zum Erwerb und zum Erhalt von Grundkompetenzen, zukommt.

Art. 9

Wettbewerb

Artikel 9 orientiert sich an der in der Bundesverfassung festgeschriebenen Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Im privat ausgerichteten Weiterbildungsmarkt darf die staatliche Durchführung, Förderung oder Unterstützung von Weiterbildung den wirksamen Wettbewerb nicht beeinträchtigen. Wettbewerb ist dann gegeben, wenn seine elementaren Funktionen in einem bestimmten Markt nicht durch private oder staatliche Einflüsse erheblich gestört sind. Wenn Abnehmer (Leistungsbezüger) die Möglichkeit haben, ohne erheblichen Aufwand auf vergleichbare Angebote auszuweichen, kann dies als Richtlinie zur Feststellung wirksamen Wettbewerbs gelten.

Der Grundsatz nach Artikel 9 ist in erster Linie als Handlungsanweisung an die staatlichen Behörden zu verstehen. Dabei ist in mehreren Bundesgesetzen bereits explizit festgelegt, dass die staatlichen Stellen Dritten gewerbliche Leistungen erbringen können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind und diese auf der Grundlage einer Kosten- und Leistungsrechnung zu mindestens kostendeckenden Preisen erbracht werden (siehe unter anderen Art. 41a des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 2005, Art. 48a des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 2002 oder Art. 177b des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 1998).

Gemäss Absatz 2 beeinträchtigt die staatliche Durchführung, Förderung oder Unterstützung den Wettbewerb nicht, wenn die Weiterbildung nicht im Wettbewerb mit privaten, nicht subventionierten Angeboten steht. Die Qualität einer Weiterbildung wird wesentlich durch die Qualifikation der Lehrpersonen, das Konzept des Bildungsgangs, die Lernmaterialien sowie die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung usw. geprägt. Die Leistung betrifft den Inhalt des Angebots (Dauer, Preis, Begleitung und Unterstützung usw.). Die Spezialität umfasst die spezifische Ausrichtung des Bildungsangebots. So sind beispielsweise berufsspezifische Bildungsgänge in der Informatik für Polymechanikerinnen und -mechaniker anders zu beurteilen als solche für Finanzcontroller. Es ist häufig der Adressatenkreis, der die Spezialität ausmacht.

Nach Absatz 3 sind Beeinträchtigungen des Wettbewerbs zulässig, sofern dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, die Beeinträchtigung geeignet, erforderlich und zumutbar, also verhältnismässig ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht.
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines überwiegenden öffentlichen Interesses geht es nicht darum, ein öffentliches Interesse lediglich zu erkennen. Vielmehr sind alle erkennbaren Interessen, abhängig von ihrer Bedeutung ins Verhältnis zueinander zu setzen und abzuwägen.

3775

Unverhältnismässig ist eine staatliche Massnahme dann, wenn sie erkennbar in einem Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht, wenn die durch sie herbeigeführten Nachteile also deutlich grösser sind als diejenigen, die durch sie abgewendet werden sollen.

3. Abschnitt: Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen durch den Bund (Art. 10) Art. 10 Der Artikel 10 richtet sich an die Spezialgesetzgebung des Bundes. Er setzt die Anforderungen des Subventionsgesetzes39 an eine Förderung der Weiterbildung durch den Bund um und legt die Kriterien fest, die der Spezialgesetzgeber kumulativ zu erfüllen hat, wenn er Finanzhilfen für die Weiterbildung leistet. Dazu gehört die spezialgesetzliche Verankerung der Ziele und der Kriterien für die staatliche Unterstützung der Weiterbildung sowie die regelmässige Überprüfung der Wirksamkeit der Finanzhilfe. Der Grundsatz der Subsidiarität bezieht sich auf ein sowohl qualitativ wie auch quantitativ ausreichendes Angebot. Im Weiteren ist sicherzustellen, dass die Grundsätze des WeBiG eingehalten werden.

Absatz 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass der überwiegende Teil der Weiterbildung im Rahmen des freien Wettbewerbs erfolgt. Die Finanzhilfe soll nachfrageorientiert ausgerichtet werden. Idealtypisch wird die Finanzhilfe dem Leistungsbezüger einer Weiterbildung ausgerichtet, und dieser wählt den Leistungserbringer aus. Auch andere nachfrageorientierte Finanzierungsmodelle sind denkbar.40 Die nachfrageorientierte Finanzhilfe ­ beispielsweise mittels Bildungsgutscheinen ­ dient dazu, bei konkurrierenden Angeboten Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, und bildet so ein wichtiges Instrument zur Umsetzung des in Artikel 9 definierten Grundsatzes.

Die Finanzhilfe an Anbieter von Weiterbildung (Leistungserbringer) soll die Ausnahme bilden und setzt eine entsprechende spezialgesetzliche Grundlage voraus. In der Spezialgesetzgebung, namentlich in der Integrations-, der Arbeitslosen- und der Landwirtschaftsgesetzgebung, bestehen übergeordnete öffentliche Interessen, die einer nachfrageorientierten Subventionierung entgegenstehen. Als Beispiele fliessen sowohl im RTVG41, im AsylG42, im AuG43, im LwG44 sowie im KJFG45 aus verschiedenen Gründen (politische Zielsetzung, staatliche Leistungsvereinbarungen, Effizienz) Subventionen an Weiterbildungsinstitutionen.

39 40 41 42 43 44 45

Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (SuG), SR 616.1.

Vgl. dazu SKBF, 2003.

Bundesgesetz vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen (RTVG), SR 784.40.

Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG), SR 142.31.

Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über Ausländerinnen und Ausländer (AuG), SR 142.20.

Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (LwG), SR 910.1.

Bundesgesetz vom 30. September 2011 über die Förderung der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (KJFG), SR 446.1.

3776

4. Abschnitt: Erforschung und Entwicklung der Weiterbildung (Art. 11­12) Art. 11

Ressortforschung des Bundes

Mit dem von der Bundesversammlung am 14. Dezember 2012 verabschiedeten Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG)46 hat das Bundesparlament für die Ressortforschung in Artikel 16 Absatz 2 Buchstaben b­d einen Rahmen geschaffen, der die erforderlichen Massnahmen in der Weiterbildung abdeckt.

Um die Entwicklung der Weiterbildung im Rahmen der Ziele von Bund und Kantonen zu begleiten, braucht es Forschungsprojekte (Studien, Pilotversuche). Sie dienen der Beschaffung von Steuerungswissen zur Politikgestaltung und von wissenschaftlichen Grundlagen, namentlich für die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen in der Weiterbildung, für das Monitoring und für Evaluationen zur Beurteilung der Trends und der Vergleichbarkeit von nationalen und internationalen Entwicklungen in der Weiterbildung.

Spezialgesetzliche Regelungen wie im Berufsbildungsgesetz47 bleiben auch weiterhin möglich.

Art. 12

Finanzhilfen für Organisationen der Weiterbildung

Verschiedene Organisationen wie namentlich der Schweizerische Verband für Weiterbildung (SVEB), der Schweizerische Bund für Elternbildung und der Verband der Schweizerischen Volkshochschulen übernehmen seit Jahren für ihre Teilbereiche eine Koordinationsfunktion. Einige Organisationen wurden dabei von Pro Helvetia und später vom Bundesamt für Kultur unterstützt.

Mit den neuen Verfassungsbestimmungen zur Bildung ändert sich das Umfeld und Tätigkeitsgebiet der Organisationen der Weiterbildung. Der vorliegende Artikel stellt eine Abkehr von Beiträgen für die Selbstregulierung der Weiterbildung durch die Dachverbände dar. Beiträge des SBFI werden konsequent an klar definierte Aufgaben (siehe Katalog in Abs. 1) geknüpft.

Die Beiträge werden an Organisationen der Weiterbildung ausgerichtet, wenn sie gesamtschweizerisch tätig sind und die Organisation nicht gewinnorientiert ist (Abs. 2).

Im Zentrum stehen Informations- und Koordinationsaufgaben und Massnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung, die über den Geltungsbereich der Spezialgesetze hinausgehen. Ziel ist es, in Abstimmung mit den Kantonen und mit Einbezug der gesamtschweizerischen Organisationen der Weiterbildung im Sinne von Artikel 12 Absatz 2 die in Artikel 4 festgelegten Ziele der Weiterbildung zu verfolgen und dabei namentlich ­ soweit erforderlich ­ adressatengerecht und gezielt Menschen für die Teilnahme am lebenslangen Lernen zu sensibilisieren.

46 47

BBl 2012 9657 Siehe die Art. 54 und 55 Abs. 1 Bst. g und h BBG. Letztere sehen Beiträge für besondere Leistungen im öffentlichen Interesse für Massnahmen zu Förderung des Verbleibs im Beruf und des Wiedereinstiegs und zur Förderung der Koordination, der Transparenz und der Qualität des Weiterbildungsangebotes vor.

3777

Der Bundesrat wird in der Verordnung die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Finanzhilfen an diese Organisationen konkretisieren (Abs. 3).

5. Abschnitt: Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener (Art. 13­16) Der Abschnitt über den Erwerb und den Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener stellt eine spezialgesetzliche Regelung dar. Soweit der Erwerb und vor allem der Erhalt von Grundkompetenzen nicht in der obligatorischen Schule erfolgt, findet die Vermittlung von Grundkompetenzen in der Regel im Kontext von Weiterbildung statt. Der Umfang des zusätzlichen Regelungsbedarfs in diesem Bereich ist aus Sicht des Bundes verhältnismässig gering, weshalb sich eine Integration direkt ins Weiterbildungsgesetz aufdrängt.

Der 5. Abschnitt des Weiterbildungsgesetzes stützt sich auf Artikel 64a BV und ergänzend auf Artikel 66 Absatz 2 BV. Werden üblicherweise die Bereiche gemäss Artikel 64a Absatz 3 BV ­ wie weiter oben erläutert ­ im Rahmen von Spezialgesetzen definiert, findet die Konkretisierung im Fall der Grundkompetenzen Erwachsener aufgrund der dargelegten Sachlage im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes statt.

Art. 13

Grundkompetenzen Erwachsener

Grundkompetenzen Erwachsener sind die kompetenzmässigen Voraussetzungen, damit eine Person den Alltag erfolgreich bestreiten und an Bildung teilnehmen kann.

Zielgruppe der Regelung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener sind Personen, die aufgrund unzureichender Grundkompetenzen keine oder nur unter erschwerten Bedingungen «reguläre» Weiterbildungen besuchen können, selbst wenn diese keine weiteren Voraussetzungen verlangen, wie z. B. Computerkurse für Anfängerinnen und Anfänger.

Die Grundkompetenzen Erwachsener werden in Absatz 1 abschliessend aufgezählt.

Sie beinhalten grundlegende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und in Alltagsmathematik sowie Anwenderkenntnisse von Informations- und Kommunikationstechnologien.

Die Kurse zum Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener sollen ­ wie in Absatz 2 ausgeführt ­ praxisnah ausgestaltet werden und so die im Zentrum stehende Grundkompetenz in ein Umfeld einbinden, das die Vermittlung weiterer alltagsrelevanter Kompetenzen ermöglicht. In einem Kurs zur Alltagsmathematik können Kenntnisse zur Budgetplanung oder zu Versicherungen vermittelt werden; in einem Kurs zu Lesen und Schreiben oder auch Informations- und Kommunikationstechnologien können Handlungsfelder wie Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Behörden und weitere thematisiert werden und der Umgang mit Verträgen, Formularen und Korrespondenz mit Behörden geschult werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Kurse in den genannten Grundkompetenzen für die Betroffenen nicht nur eine Grundlage für eine weitere Bildungsteilnahme, beispielsweise das Nachholen eines formalen Bildungsabschlusses, bilden. Sie vermitteln transversal weitere Kompetenzen, die für das Bestehen in der Arbeitswelt, die Bewältigung des Alltags und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben notwendig sind.

3778

Art. 14

Ziel

Gemäss Artikel 10 Absatz 1 müssen die Ziele und Kriterien einer staatlichen Unterstützung definiert sein. Ziel der Bestimmungen zu den Grundkompetenzen Erwachsener ist es, eine Lücke zu schliessen und in Ergänzung zu den Spezialerlassen des Bundes und der kantonalen Gesetzgebung möglichst vielen Erwachsenen mit fehlenden Grundkompetenzen den Erwerb und den Erhalt dieser Fähigkeiten zu ermöglichen. Die Zielformulierung bekräftigt die integrierte Sicht des neuen Weiterbildungsgesetzes im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Individuums, die Subsidiarität des Staates und das lebenslange Lernen.

Art. 15

Zuständigkeit und Koordination

Die Regelung des Erwerbs und des Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener ist in der bundesstaatlichen Zuständigkeitsordnung Sache der Kantone, soweit nicht spezialgesetzliche Regelungen eine bundesrechtliche Zuständigkeit festlegen (z. B.

Ausländergesetzgebung, Arbeitslosen- und Invalidenversicherung).

Die Regelung in Absatz 1 «im Rahmen ihrer Zuständigkeit» bezieht sich auf die bundesstaatliche Kompetenzausscheidung zwischen Bund und Kantonen.

Die Koordination zwischen Bund und Kantonen, aber auch die bundesinterne Abstimmung, ist heute unbefriedigend. Die Erreichung des Ziels, Erwachsenen mit fehlenden Grundkompetenzen den Erwerb und den Erhalt von Grundkompetenzen zu ermöglichen, setzt eine funktionierende interinstitutionelle Zusammenarbeit voraus (Abs. 2). Über eine koordinierte Zusammenarbeit der verschiedenen involvierten Bundes- und kantonalen Stellen soll eine bessere Abstimmung in der Betreuung und Begleitung der Betroffenen sowie in der Mittelallokation erreicht werden.

Art. 16

Finanzhilfen an die Kantone

Im Rahmen der Förderung von Grundkompetenzen Erwachsener kann es nicht darum gehen, neue Spezialfälle zu schaffen. Vielmehr geht es um die Schaffung eines Auffangtatbestands. Ziel ist es, dass die Kantone mit Beiträgen des Bundes Lücken bei der Vermittlung von Grundkompetenzen an einen von der geltenden bundesrechtlichen Spezialgesetzgebung und vom kantonalen Recht nicht erfassten Personenkreis gezielt und koordiniert schliessen. Dem Bund kommt dabei eine subsidiäre Rolle zu. Er soll die Möglichkeit haben, mit den Beiträgen gezielte Anreize für eine erfolgreiche und adressatengerechte Umsetzung zu schaffen.

Die Beiträge an die Kantone sollen gemäss Artikel 10 Absatz 2 nachfrageorientiert ausgerichtet werden. Im Vordergrund stehen Fallpauschalen pro erwachsene Person in entsprechender Weiterbildung an die Kantone. Voraussetzung für eine Förderung ist neben einer wesentlichen Beteiligung des Kantons ein mit den verschiedenen bundesrechtlichen Spezialgesetzen und dem kantonalen Recht abgestimmtes Vorgehen, das den Erfolg der Bildungsmassnahme begünstigt.

Absatz 2 sieht eine Konkretisierung der Beitragskriterien im Rahmen der Bundesratsverordnung vor. Es wird darauf zu achten sein, dass in den Angeboten zum Erwerb und zum Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener ein handlungsorien3779

tierter Ansatz verfolgt wird und die Teilnehmenden so neben der entsprechenden Grundkompetenz noch weitere für die Alltagsbewältigung relevante Fähigkeiten erwerben.

6. Abschnitt: Finanzierung (Art. 17) Art. 17 Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die entsprechenden Mittel im Rahmen der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) bereitgestellt werden. Das Bundesparlament entscheidet über die Beiträge zur Förderung von Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener sowie über die erforderlichen Mittel gemäss Artikel 12.

Die Förderung der Weiterbildung aufgrund von Spezialgesetzen wie beispielsweise dem Arbeitslosenversicherungsgesetz erfolgt nicht über Gelder aus der BFI-Botschaft, sondern separat im Rahmen der Anwendung der entsprechenden Erlasse.

Im Rahmen der BFI-Botschaft bietet sich die Gelegenheit, über die Entwicklung und die Bedeutung der Weiterbildung zu informieren und Massnahmen darzulegen, die geeignet sind, die Ziele gemäss Artikel 4 des vorliegenden Gesetzesentwurfes zu verfolgen.

7. Abschnitt: Statistik und Monitoring (Art. 18­19) Art. 18

Statistik

Die derzeit verfügbaren empirischen Grundlagen für die Steuerung der Weiterbildungspolitik sind unzureichend. Dies betrifft, wie im Bericht des EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes erwähnt, insbesondere die Statistik. Das Bundesamt für Statistik (BFS) arbeitet bereits daran, die identifizierten Lücken zu schliessen. Künftig werden dem BFS drei Datenquellen für die Weiterbildungsstatistik zur Verfügung stehen: ­

SAKE: Im Rahmen dieser Erhebung werden jährlich Daten zur Teilnahme an nichtformaler Bildung erhoben.

­

Mikrozensus Aus- und Weiterbildung (MZB): Im Rahmen des MZB werden alle fünf Jahre (erstmals 2011) ausführliche Informationen zur Beteiligung an formaler und nichtformaler Bildung sowie zu informellem Lernen erhoben. Zusätzlich zu den Basiskennzahlen liefert diese Erhebung unter anderem auch statistische Informationen zur Intensität (Anzahl besuchter Kursstunden), zu den Inhalten, zur Unterstützung durch den Arbeitgeber sowie zu den Kosten und der Finanzierung der verschiedenen Aus- und Weiterbildungsaktivitäten. Der Fragebogen enthält zudem Fragen zu Motiven für die Teilnahme beziehungsweise die Nicht-Teilnahme an Weiterbildung.

­

Statistik der betrieblichen Weiterbildung (SBW): Basierend auf einer Unternehmensbefragung stellt diese Statistik alle fünf Jahre (erste Erhebung 2012) Kennzahlen zum Weiterbildungsverhalten, zur Weiterbildungspolitik, zu

3780

Kosten und Finanzierung sowie zu Anerkennung und Stellenwert von Weiterbildung in Unternehmen zur Verfügung.

Sämtliche Erhebungen sind auf äquivalente Erhebungen im Europäischen Statistiksystem abgestimmt, sodass internationale Vergleiche möglich sind.

Um die notwendigen Daten und Statistiken für das Monitoring des Weiterbildungsgesetzes sicherzustellen, ist in enger Zusammenarbeit zwischen dem BFS und dem SBFI ein Informationsauftrag zu erarbeiten. Auf Basis der Analyse der zur Verfügung stehenden Daten und der identifizierten Informationsdefizite können anschliessend die notwendigen Massnahmen und eine Kostenplanung abgeleitet werden. Die Erhebungsmodalitäten werden in der Statistikerhebungsverordnung vom 30. Juni 199348 geregelt.

Art. 19

Monitoring

Artikel 19 sieht ein Monitoring über die Beteiligung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen an der Weiterbildung und über den Weiterbildungsmarkt vor.

Der Gesetzesentwurf weist eine sehr geringe direkte Regelungsdichte auf. Grund dafür ist die Überzeugung, dass sich staatliches Eingreifen nur rechtfertigt, wenn Dysfunktionen vorhanden sind.

Das Monitoring soll dazu dienen, Dysfunktionen rechtzeitig zu identifizieren und den Nutzen der Weiterbildung für Gesellschaft und Wirtschaft zu überprüfen.

Die Monitoringaktivitäten sind mit dem Bildungsmonitoring von Bund und Kantonen abzustimmen.

Die Beobachtung des Weiterbildungsmarktes und der Weiterbildungsbeteiligung im Rahmen des Monitorings erfordert einen regelmässigen Dialog mit den interessierten Kreisen der Weiterbildung unter Einbezug der Forschungsergebnisse (vgl.

Art. 11) sowie der statistischen Daten (vgl. Art. 18). Zu den interessierten Kreisen zählen namentlich die zuständigen Stellen in Bund und Kantonen, die gesamtschweizerischen Organisationen der Weiterbildung sowie die Spitzenverbände der Wirtschaft und die Sozialpartner.

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen (Art. 20­22) Art. 20

Vollzug

Der Vollzug des Weiterbildungsgesetzes wird mit intern vorhandenen Ressourcen sichergestellt.

Art. 21

Änderung bisherigen Rechts

Vorbemerkung Parallel zur Vernehmlassung wurden im Rahmen eines Projekts «Prüfung der Anpassung anderer Erlasse» in enger Zusammenarbeit mit den für den Vollzug der Spezialgesetze zuständigen Stellen des Bundes die Auswirkungen auf die einzelnen 48

SR 431.012.1

3781

Spezialgesetze und die nötigen Anpassungen geprüft und Vorschläge für eine Integration in den Gesetzesentwurf ausgearbeitet.

Auf eine Vereinheitlichung der Terminologie in den Steuergesetzen wurde verzichtet, da terminologische Anpassungen zu Rechtsunsicherheiten führen würden und vorgängig eine materielle Diskussion erfordern. Ebenfalls auf eine Vereinheitlichung verzichtet wurde im Bereich der Medizinal- und der Psychologieberufe sowie in den damit in Verbindung stehenden Gesetzen.

Anpassungen in der Terminologie mit materiellen Auswirkungen sind im Rahmen der Revision der Spezialgesetzgebung zu prüfen. Der Anhang zum Weiterbildungsgesetz umfasst damit eine Reihe von Änderungen, die rein terminologischer Natur sind:

49 50 51 52 53

­

Unter den Tatbestand in Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe g des Ausländergesetzes49 kann sowohl eine Ausbildung, eine Weiterbildung als auch eine Erwerbstätigkeit (z. B. im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts) subsumiert werden. Somit handelt es sich hier zugleich um formale und nichtformale Bildung, was mit der terminologischen Anpassung zum Ausdruck gebracht wird. Die weiteren Anpassungen im Ausländergesetz betreffen nur einzelne Sprachversionen.

­

Unter Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b des Bundespersonalgesetzes50 fällt auch die formale Bildung (z. B. Steuerexperte). Die Formulierung wird entsprechend angepasst.

­

Die Berufsbildungsfonds nach Artikel 60 des Berufsbildungsgesetzes51 unterstützen allgemein die Bildung in der entsprechenden Branche. Absatz 2 wird deshalb entsprechend angepasst.

­

Die Überführung der Illettrismusbekämpfung von der Kultur- in die Bildungsgesetzgebung hat zur Folge, dass das betreffende Tätigkeitsfeld in Artikel 15 des Kulturförderungsgesetzes (KFG)52 zu streichen ist. Wie bis anhin soll das Bundesamt für Kultur für die Förderung des Lesens zuständig sein (Art. 15 KFG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 KFG). Leseförderung hat zum Ziel, die Bevölkerung und insbesondere Kinder und Jugendliche an das Lesen und Schreiben heranzuführen. Im Rahmen der Kulturpolitik des Bundes bezieht sich die Leseförderung massgeblich auf literarische Texte. Damit literarische Texte in hinreichender Qualität und Vielfalt zur Verfügung stehen, ist die Förderung der Literaturkultur unabdingbare Voraussetzung der Leseförderung. In Artikel 15 KFG soll die Literaturförderung deshalb explizit Erwähnung finden.

­

Seit der Revision der Rechtsgrundlagen im Bildungsrecht fördert das Bundesamt für Kultur (BAK) die Ausbildung an Schweizer Filmschulen nicht mehr. Das BAK leistet an die Filmschulen Beiträge, die der Herstellung von Abschlussfilmen dienen. In den Filmförderungskonzepten 2012­2015 sind keine Beiträge an Filmschulen mehr vorgesehen. Abschlussfilme sollen künftig nur noch über Artikel 3 Filmgesetz53 gefördert werden. Die ErwähSR 142.20 SR 172.220.1 SR 412.10 SR 442.1 SR 443.1

3782

nung der Ausbildung in Artikel 6 erübrigt sich nach der Fachhochschulreform. Die Weiterbildungsstiftung FOCAL wird vom BAK weiterhin mit Beiträgen unterstützt. Diese Unterstützung fällt unter den Anwendungsbereich nach Artikel 6.

54 55 56 57 58 59 60 61

­

Im Tierschutzgesetz54 ist auf Gesetzesstufe generell immer von Aus- und Weiterbildung die Rede. Damit werden sämtliche Bildungsformen, die in den nachfolgenden Erlassen geregelt werden, abgedeckt.

­

Der Tatbestand in den Artikeln 53 und 56 des Transplantationsgesetzes55 bezeichnet die nichtformale Bildung. Die Terminologie soll entsprechend angepasst werden.

­

Der Tatbestand in Artikel 64 Absatz 2 des Gewässerschutzgesetzes56 umfasst die formale und nichtformale Bildung. Die Terminologie soll entsprechend angepasst werden.

­

Der Entwurf zum revidierten Lebensmittelgesetz57 verwendet in Artikel 54 die Terminologie «Aus- und Weiterbildung». Inhaltlich handelt es sich bei der betroffenen Bildung um formale Bildung, weshalb «Weiterbildung» gestrichen werden soll.

­

Der Anwendungsbereich von Artikel 29 Buchstabe c des revidierten Epidemiengesetzes58 erstreckt sich sowohl auf formale als auch auf nichtformale Bildung. Die Terminologie soll entsprechend angepasst werden.

­

Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a des Arbeitslosenversicherungsgesetzes59 sieht eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit für Personen vor, welche die Beitragszeit wegen des Besuchs einer Bildungsmassnahme nicht erfüllen konnten. Unter die Bildungsmassnahmen werden alle systematischen, auf der Grundlage eines ordnungsgemässen, rechtlich oder zumindest faktisch anerkannten Lehrganges beruhenden Vorbereitungen auf eine erwerbliche Tätigkeit subsumiert. Darunter fallen namentlich gymnasiale Ausbildungen, Fachmittelschulen sowie jegliche Zwischenlösungen wie beispielsweise Brückenangebote, 10. Schuljahre und weitere.

­

Artikel 2 Absatz 2 zweiter Satz des Jagdgesetzes60 betrifft die nichtformale Bildung und soll entsprechend angepasst werden.

­

Artikel 13 Absatz 1 des Fischereigesetzes61 betrifft sowohl die formale als auch die nichtformale Bildung und soll entsprechend angepasst werden.

­

In 35 weiteren Gesetzen wird die Terminologie über die Sprachversionen hinweg vereinheitlicht.

SR 455 SR 810.21 SR 814.20 ...; AS ...; BBl 2011 5661 SR 818.101; AS ...; BBl 2012 8157 SR 837.0 SR 922.0 SR 923.0

3783

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Das geplante Weiterbildungsgesetz trägt wesentlich zur besseren Abstimmung der Weiterbildungspolitik bundesintern und zwischen Bund und Kantonen bei, was einen zweckmässigen und effizienteren Mitteleinsatz sicherstellen soll.

Effizienzgewinne versprechen zum einen die strengen Anforderungen, die an eine staatliche Förderung der Weiterbildung in Artikel 10 E-WeBiG gestellt werden, und Artikel 9 E-WeBiG, der ungerechtfertigte Wettbewerbsverfälschungen verhindern soll. Zum andern führt die Koordination zu einem Abbau von Doppelspurigkeiten.

Dies betrifft die Koordination der Weiterbildung generell und im Besonderen die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen bei der Entwicklung und Durchführung von Angeboten zur Vermittlung von Grundkompetenzen Erwachsener.

Ausgaben ergeben sich aufgrund der Bestimmungen in den Artikeln 11 (Ressortforschung des Bundes), 12 (Finanzhilfen an Organisationen der Weiterbildung), 16 (Beiträge an die Kantone), 18 (Statistik) und 19 (Monitoring) E-WeBiG. Die Mittel für die Aktivitäten nach den Artikeln 12 und 16 E-WeBiG werden mit den periodischen BFI-Botschaften beantragt. Die Finanzanträge für die Aufgaben nach Artikel 11 E-WeBiG (Ressortforschung des Bundes), allfällige Mittel für die Führung einer über den Grundauftrag des Bundesamts für Statistik hinausgehenden Weiterbildungsstatistik (Art. 18 Statistik) sowie finanzielle Mittel für die Sicherstellung eines Monitorings nach Artikel 19 E-WeBiG (Monitoring) erfolgen im Rahmen der Verfahren zum jährlichen Voranschlag des Bundes.

Die sonstigen Fördertatbestände verbleiben in den Spezialgesetzen und werden über die jeweils betroffenen Budgets und Zahlungsrahmen bestritten.

Finanzhilfen an die Kantone (Art. 16 E-WeBiG): In Ergänzung zur Spezialgesetzgebung kann der Bund die Kantone bei der Vermittlung von Grundkompetenzen an Erwachsene unterstützen. In den ersten Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes geht es vor allem darum, mittels Studien sowie Forschungs- und Entwicklungsprojekten (Art. 11 E-WeBiG) die richtigen Konzepte auszuarbeiten und die Zielgruppen zu bestimmen. Auf dieser Grundlage kann die Bundesversammlung voraussichtlich ab der BFI-Periode 2017­2020 die entsprechenden Mittel festlegen.62 Ausgehend vom Status quo (in der Finanzierungsperiode 2012 ist unter dem Titel Bekämpfung des Illettrismus eine
Mio. Fr./Jahr in der Kulturbotschaft eingestellt) wird ein Betrag im niedrigen einstelligen Millionenbereich ausreichen.

Erforschung und Entwicklung der Weiterbildung (Art. 11 und 12 E-WeBiG): Die daraus entstehenden Kosten dürften jährlich rund dreieinhalb Millionen Franken betragen. Darin inbegriffen sind Beiträge im Umfang von etwa zweieinhalb Millionen Franken, die bereits heute unter anderen Rechtstiteln gesprochen werden.

62

Da im Moment keine gesetzliche Grundlage zur Koordination der Aktivitäten von Bund und Kantonen im Bereich Grundkompetenzen besteht, ist die Bestimmung des jetzt schon eingesetzten Finanzvolumens sowie der Identifikation der Zielgruppen nur rudimentär möglich. Vgl. Schräder & Grämiger 2011.

3784

Statistik (Art. 18 E-WeBiG) und Monitoring (Art. 19 E-WeBiG): Für die Bereitstellung der Steuerungsgrundlagen wird von einem jährlichen Betrag von zwei Millionen Franken ausgegangen.

Übersicht über die Beiträge des Bundes Steuerung Weiterbildung

Ausgaben 2012 (ohne WeBiG)

Ausgaben WeBiG 2017­2020; p.a.

Differenz

Art. 11 und 12 E-WeBiG Erforschung und Entwicklung der Weiterbildung (Ressortforschung des Bundes und Finanzhilfen für gesamtschweizerische Organisationen der Weiterbildung)

2,5 Mio.

(Berufsbildungsgesetz; Bundesgesetz über die Unterstützung von Dachverbänden der Weiterbildung)

3,5 Mio.

+1 Mio.

Art. 18 und 19 E-WeBiG Statistik und Monitoring

2 Mio.

(Berufsbildungsgesetz, Bundesstatistikgesetz)

2 Mio.

­

Zwischentotal

4,5 Mio.

5,5 Mio.

+ 1 Mio.

Weiterbildungstatbestand: Grundkompetenzen Erwachsener

Ausgaben 2012

Ausgaben WeBiG 2017­2020; p.a.

Differenz

Art. 16 E-WeBiG Finanzhilfen an die Kantone (Spezifische Fördertatbestände bleiben weiterhin in den Spezialgesetzen: z.B. Ausländergesetz, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Invalidenversicherungsgesetz etc.)

1 Mio.

(Kulturförderungsgesetz: Illettrismusbekämpfung)

2 Mio.

niedriger einstelliger Millionenbetrag

+1 Mio.

Zwischentotal

1 Mio.

2 Mio.

+1 Mio.

Total der jährlichen Aufwendungen des Bundes

5,5 Mio.

7,5 Mio.

+2 Mio.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Mit dem Erlass des Weiterbildungsgesetzes fallen beim Bund neue Aufgaben an. Diese betreffen namentlich die Koordination der interinstitutionellen Zusammenarbeit bundesintern und zwischen Bund und Kantonen sowie die Prüfung und Beobachtung des Weiterbildungsmarktes. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind 200 Stellenprozente notwendig.

Diese Stellenprozente werden durch interne Massnahmen im SBFI geschaffen.

3785

3.2

Auswirkungen auf Kantone

Die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes gelten für die im kantonalen Recht geregelte Weiterbildung. In diesem Rahmen sind die Kantone verpflichtet, ihr bestehendes Regelwerk soweit nötig anzupassen und den Vollzug sicherzustellen. Diese Anpassungen in der kantonalen Gesetzgebung betreffen insbesondere die Sicherstellung der Anrechnung von Bildungsleistungen an die formale Bildung. Das Weiterbildungsgesetz selbst verlangt indessen keine gesetzlichen Regelungen der Weiterbildung in den Kantonen.

Das geplante Weiterbildungsgesetz setzt weiter den Rahmen für eine bessere Koordination der Weiterbildung zwischen dem Bund und den Kantonen. Der Bund verfolgt die in Artikel 4 E-WeBiG festgelegten Ziele in der Weiterbildung gemeinsam mit den Kantonen. Er koordiniert mit den Kantonen die geregelte und unterstützte Weiterbildung und pflegt zu diesem Zweck einen regelmässigen Dialog.

Das Weiterbildungsgesetz fördert und koordiniert insbesondere den Erwerb und den Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener. Bund und Kantonen wird die Aufgabe übertragen, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die interinstitutionelle Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Durchführung von Angeboten zum Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener sicherzustellen. Der Bund ist bereit, in Ergänzung zu bisherigen Massnahmen primär nachfrageorientiert auf Gesuch hin den Kantonen für die Vermittlung von Grundkompetenzen an Erwachsene Beiträge zu sprechen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Transparenzsteigerung und verbesserte Durchlässigkeit dürften mittel- und längerfristig zu einer grösseren Weiterbildungsbeteiligung führen. Die Transparenz wird auch einen Beitrag leisten, den Wettbewerb zu fördern und ungerechtfertigte Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Als Grundsatzgesetz, das einen allgemeinen Rahmen für die Spezialgesetze mit Weiterbildungstatbeständen bildet, trägt der Gesetzesentwurf zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und zur Vervollständigung des Bildungsraums Schweiz bei.

Die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes tragen dem Umstand Rechnung, dass die Weiterbildung heute über weite Bereiche privat organisiert ist und effiziente Leistungen erbringt. Mit der Stärkung des Wettbewerbs und der Berücksichtigung der Bedürfnisse kleiner Weiterbildungsanbieter (etwa bei den regulatorischen Anforderungen der Qualitätssicherung) können die Vorzüge dieses Systems gesichert und ausgebaut werden.

In erster Linie wirken die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes auf staatlich unterstützte Weiterbildung, d. h. auf einen Teilbereich des Weiterbildungsmarktes.

Private, nicht subventionierte Anbieter von Weiterbildung sind nur indirekt von den Regelungen betroffen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese sich aus Gründen der Qualität und der Positionierung ihres Angebots an den Grundsätzen des Weiterbildungsgesetzes orientieren werden.

Insgesamt erhöht das Weiterbildungsgesetz die Transparenz und Durchlässigkeit des Bildungssystems, und der Wettbewerb zwischen Weiterbildungsanbietern wird gestärkt. Dies dürfte dazu beitragen, dass sich Akteure besser orientieren und damit 3786

bessere Weiterbildungsentscheide treffen können. Die Qualität der Weiterbildungsangebote wird tendenziell gestärkt.

Der gesamtwirtschaftliche Effekt eines Weiterbildungsgesetzes lässt sich nicht beziffern, er dürfte aber positiv sein.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Das Weiterbildungsgesetz ist ein Grundsatzgesetz weitgehend ohne Fördertatbestände. Auswirkungen auf die Nachfragerinnen und Nachfrager ergeben sich mittel- und längerfristig aus einer grösseren Transparenz und Qualität des Weiterbildungsbereichs sowie einer erhöhten Durchlässigkeit des Bildungsraums.

Die Bildungschancen von Personen mit fehlenden Grundkompetenzen werden mit dem Grundkompetenzenkatalog, der verstärkten interinstitutionellen Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen und den finanziellen Beiträgen des Bundes erhöht.

Indirekte Auswirkungen ergeben sich aus der Umsetzung der Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes durch die Spezialgesetze. Mit den zahlreichen terminologischen Anpassungen in Spezialgesetzen (Anhang E-WeBiG) sind keine gesellschaftlichen Auswirkungen verbunden.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Erarbeitung eines Bundesgesetzes über die Weiterbildung wird in der Botschaft vom 25. Januar 201263 über die Legislaturplanung 2011­2015, im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201264 über die Legislaturplanung 2011­2015 und in den Zielen des Bundesrats für 2012 und 201365 erwähnt.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz 2012 (BAKOM 2012) setzt sich zum Ziel, die IKT-Kompetenzen aller zu fördern. Der Handlungsschwerpunkt des Bundes ist wie folgt formuliert: «Im Rahmen einer koordinierten Strategie von Bund und Kantonen zur Integration der IKT ins Bildungssystem trägt der Bund dazu bei, den selbstständigen Umgang der und des Einzelnen mit den IKT im Sinne des lebenslangen Lernens zu fördern.

Dabei unterstützt er auch Massnahmen zum Erwerb von IKT-Basiskompetenzen.» (BAKOM 2012, S. 12).

63 64 65

BBl 2012 418, hier 585, 591 und 620.

BBl 2012 7155, hier 7165.

Ziele des Bundesrates 2012, Band 1, 9. November 2011 (BK 2011); Ziele des Bundesrates 2013, Band 1, 31. Oktober 2012 (BK 2012).

3787

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich primär auf Artikel 64a BV, der dem Bund die Kompetenz gibt, Grundsätze über die Weiterbildung festzulegen (Abs. 1) und die Weiterbildung zu fördern (Abs. 2), auf Artikel 61a Absatz 2 BV (Koordination und Monitoring der Weiterbildung im Bildungsraum Schweiz), auf Artikel 63a Absatz 5 BV (subsidiäre Bundeskompetenz im Bereich der Weiterbildung im Hochschulbereich) sowie ergänzend auf Artikel 66 Absatz 2 BV (Ausbildungsbeiträge).

Die Bestimmungen des Gesetzes bewegen sich innerhalb dieser Bundeszuständigkeit. Dies gilt auch für die Förderung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener gemäss den Artikeln 13­16 E-WeBiG, die als Voraussetzung für eine Weiterbildung zu verstehen sind. Sie finden ihre verfassungsmässige Grundlage in Artikel 64a Absätze 2 und 3 BV, in Verbindung mit Artikel 66 Absatz 2 BV.

Artikel 66 Absatz 2 BV gibt dem Bund die Kompetenz, unter Wahrung der kantonalen Schulhoheit selbständig Massnahmen zu ergreifen, um die Ausbildung zu fördern. Dazu kann auch der Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener gezählt werden. Inhaltlich handelt es sich bei der Förderung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener um eine Förderung von gering qualifizierten Personen.

Soweit das Gesetz die Koordination der Weiterbildung zwischen Bund und Kantonen regelt, handelt es sich um eine Konkretisierung der Bestimmung von Artikel 61a Absatz 2 BV. Danach sind Bund und Kantone gehalten, ihre Anstrengungen im Bildungsbereich zu koordinieren und ihre Zusammenarbeit durch gemeinsame Organe und andere Vorkehren sicherzustellen.

Die Vorschriften des Gesetzes nehmen primär die staatlichen Organe in die Pflicht.

Verfassungsmässige Rechte des Einzelnen sind durch die Vorlage nicht betroffen.

Dies gilt insbesondere für die Wirtschaftsfreiheit, der namentlich durch Artikel 9 E-WeBiG Rechnung getragen wird.

5.2

Verhältnis zum Hochschul-Verfassungsartikel

Die Bundesverfassung enthält zwei explizite Bestimmungen zur Weiterbildung.

Neben Artikel 64a BV mit dem Auftrag an den Bund, Grundsätze über die Weiterbildung zu erlassen, ist auch im vorangehenden Verfassungsartikel zu den Hochschulen von Weiterbildung die Rede. Artikel 63a Absatz 5 BV hält fest: «Erreichen Bund und Kantone auf dem Weg der Koordination die gemeinsamen Ziele nicht, so erlässt der Bund Vorschriften über die Studienstufen und deren Übergänge, über die Weiterbildung und über die Anerkennung von Institutionen und Abschlüssen.» Im Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) vom 23. Juni 2005 zur parlamentarischen Initiative «Bildungsrahmenartikel in der Bundesverfassung» steht, dass die akademische Weiterbildung an den Hochschulen von Artikel 63a Absätze 3­5 erfasst wird und deshalb nicht unter Artikel 64a BV fällt. Der Bundesrat teilte in seiner Stellungnahme vom 17. August 2005 die von der WBK-N geäusserte Auffassung und wies insbesondere darauf hin, dass die staatliche Förderung der Weiterbildung im bisherigen Rahmen bleiben soll.

3788

Die Weiterbildung ist, bildungssystemisch und funktional betrachtet, Teil des Bildungsraumes Schweiz, wie er in Artikel 61a BV angelegt ist. Deshalb gelten die generellen Ziele von hoher Qualität und Durchlässigkeit und auch die Koordinations- und Kooperationspflicht von Bund und Kantonen gleichermassen für den Bereich der Weiterbildung. Die beiden Kompetenzbestimmungen betreffend die Weiterbildung, Artikel 63a Absatz 5 und Artikel 64a Absatz 1 BV, sind deshalb auch im Lichte von Artikel 61a BV auszulegen.

Artikel 63a Absätze 3­5 BV erfasst auch die Weiterbildung im Hochschulbereich.

Die gemeinsamen hochschulpolitischen Organe von Bund und Kantonen (Art. 63a Abs. 3 und 4 BV) haben danach den Bereich der akademischen Weiterbildung zu regeln, ansonsten der Bund seine subsidiäre Gesetzgebungskompetenz wahrzunehmen hat. Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer 4 HFKG sieht vor, dass der Hochschulrat über die Weiterbildung Vorschriften in Form von einheitlichen Rahmenvorschriften erlässt. Er hat dabei die Grundsätze der Aufgabenteilung gemäss Artikel 5 HFKG zu beachten. Die besondere Erfassung der akademischen Weiterbildung in Artikel 63a Absatz 5 BV ist ein bewusster Entscheid des Verfassungsgebers, den sachbedingten Eigenheiten und besonderen Anforderungen der akademischen Weiterbildung unter Wahrung der Hochschulautonomie angemessen Rechnung zu tragen (Ehrenzeller & Brägger 2011, S. 59 ff.).

Artikel 64a Absatz 1 BV spricht generell von den Grundsätzen der Weiterbildung, die der Bund zu erlassen hat. Es stellt sich die Frage, ob diese Grundsätze der Weiterbildung auch für die akademische Weiterbildung gelten oder nur für den übrigen, nicht akademischen Weiterbildungsbereich. Wie die Beratungen in der Expertenkommission gezeigt haben, wäre eine völlig unabhängige und zusammenhanglose Regulierung von akademischer und nichtakademischer Weiterbildung vom begrifflichen wie vom funktionalen Verständnis der Weiterbildung her im Bildungsraum Schweiz fragwürdig. Auch die akademische Weiterbildung beruht wesentlich auf der Eigenverantwortung des Einzelnen und ist nicht Teil des formalen Bildungssystems. Mit den Artikeln 63a und 64a BV bestehen zwar zwei unterschiedliche Regulierungszuständigkeiten, gleichzeitig sind jedoch die jeweiligen gesetzgebenden Organe den gleichen Oberzielen verpflichtet (Art. 61a
BV). Aus der Gesamtsicht des Bildungsraumes Schweiz ergeben sich wichtige Schnittstellen zwischen dem Hochschul- und dem Nichthochschulbereich, die einer gesetzgeberischen Abstimmung bedürfen. Die Grundsätze der Weiterbildung nach Artikel 64a BV hätten beschränkte Bedeutung, wenn beispielsweise die Durchlässigkeit im Weiterbildungsbereich zwischen nicht akademischer und akademischer Weiterbildung, das Transparenzgebot oder die Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen nicht übergreifend erfasst werden könnten.

Eine koordinierte Betrachtungsweise von Artikel 63a Absatz 3 und Artikel 64a Absatz 1 BV bringt die «gemeinsame Sorge» von Bund und Kantonen wie auch die Gesamtverantwortung des Bundes im Weiterbildungsbereich am angemessensten und kohärentesten zum Ausdruck. Daraus folgt, dass auch die Weiterbildung im Hochschulbereich vom Gesetz erfasst werden soll. Deshalb wird der Entwurf neben Artikel 64a auch auf Artikel 63a Absatz 5 BV abgestützt. Nach Artikel 63a Absatz 5 BV hat der Bund eine subsidiäre und umfassende Bundeskompetenz in Bezug auf die Weiterbildung im Hochschulbereich. Die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes sind im Rahmen dieser verfassungsrechtlichen Bestimmung und der Wahrung der Hochschulautonomie zu konkretisieren. Es ist dabei Aufgabe der zuständigen hochschulpolitischen Organe von Bund und Kantonen, für eine eigenständige, 3789

spezifische und sachgerechte Regelung der akademischen Weiterbildung zu sorgen.

Im Geltungsbereich des Weiterbildungsgesetzes (Art. 2 Abs. 2) wird deshalb der Vorbehalt der Zuständigkeit der gemeinsamen hochschulpolitischen Organe, im Rahmen der Grundsätze einheitliche Rahmenvorschriften über die Weiterbildung zu erlassen und die Koordination sicherzustellen, explizit verankert.

Der vorliegende Gesetzesentwurf basiert auf den dargelegten Leitlinien. Die darin formulierten Grundsätze enthalten keine für die Koordination im Hochschulbereich sachfremden Vorgaben, die mit Artikel 63a Absätze 3­5 BV und dem u.a. darauf abgestützten HFKG in Widerspruch stehen. Der Vorbehalt in Artikel 2 Absatz 2 E-WeBiG bildet auch die Grundlage, dass beispielsweise im besonders wichtigen Bereich der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung die hochschulpolitischen Organe in Umsetzung von Artikel 6 E-WeBiG eigene Richtlinien erlassen können.

Auch bei der Anrechnung von Bildungsleistungen aus dem Nichthochschulbereich wird in Artikel 7 E-WeBiG die selbstständige Regelungskompetenz der Kantone und der hochschulpolitischen Organe wie auch der Hochschulen selbst gewahrt.

Der über Grundsätze hinausgehende Erlass von Regelungen der Weiterbildung im Hochschulbereich bleibt Aufgabe der gemeinsamen Organe von Bund und Kantonen bzw. von Bund und Kantonen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten. Ebenso ist die Koordination der Weiterbildungsmassnahmen im gesamtschweizerischen Hochschulbereich Sache der gemeinsamen Organe.

5.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der Gesetzesentwurf orientiert sich an der europäischen Nomenklatur des lebenslangen Lernens und den Begriffen der formalen, der nichtformalen und der informellen Bildung.66 Übergreifende Strategien zum lebenslangen Lernen im Wissen um die Bedeutung ganz unterschiedlicher Lernformen (formale, nichtformale und informelle Bildung) prägen die Bildungspolitiken im europäischen Umfeld. Neben der formalen Bildung wird international die Bedeutung der Weiterbildung sowohl in organisierter und strukturierter Form (nichtformale Bildung) als auch als informelle Bildung als Voraussetzung für die persönliche Entwicklung und für die Teilhabe am Leben in Gesellschaft und Arbeitswelt betont. Im Unterschied zu vielen europäischen Ländern verfügt die Schweiz über ein ausgeprägtes und differenziertes formales Bildungssystem, was auch auf die Weiterbildung ausstrahlt.

Der konkrete Abgleich mit dem europäischen Recht ist auf der Ebene der Spezialgesetzgebung vorzunehmen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Nomenklatur zu richten.

66

Internationale Definitionen siehe Anhang 1.

3790

5.4

Erlassform

Der Auftrag in Artikel 64a Absatz 1 BV zum Erlass von Grundsätzen über die Weiterbildung lässt sich auf drei verschiedene Arten erfüllen: ­

formell durch ein einziges Grundsatzgesetz,

­

durch mehrere Gesetze mit grundsätzlichen Regelungen in bestimmten Sachbereichen

­

durch ergänzende Bestimmungen in den bereits bestehenden Spezialgesetzen.

Im Vorfeld der Erarbeitung des vorliegenden Entwurfs wurden diese Möglichkeiten im Rahmen eines Gutachtens näher untersucht (Ehrenzeller 2009).

Kohärenz statt Reglementierung Für die Umsetzung in einem Grundsatzgesetz sprechen folgende Gründe: Kohärenz auf Bundesebene. Ein Grundsatzgesetz fördert die Gesamtsicht auf die in verschiedenen Spezialgesetzen geregelten Weiterbildungsmassnahmen, baut inhaltliche Überschneidungen ab und schliesst Lücken. Zuständigkeiten werden geklärt und die Koordination wird verbessert.

Ein solches Vorgehen findet sich zum Beispiel auch im Bundesgesetz vom 6. Oktober 200067 über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, das zahlreiche Bestimmungen in den sozialversicherungsrechtlichen Spezialgesetzen des Bundes überflüssig gemacht und den Rechtsbereich vereinheitlicht hat.

Gesamtheitliche Bildungsgesetzgebung. Ein Grundsatzgesetz zur Weiterbildung ergänzt auf Bundesebene die Berufsbildungs- und Hochschulgesetzgebung zu einem bildungspolitischen Ganzen und schafft auch klare Verhältnisse hinsichtlich der Geltung für die Kantone. Viele Kantone haben angesichts der neuen Bildungsartikel in der Bundesverfassung die Modernisierung ihrer Weiterbildungsregelungen sistiert.

Eine ausschliessliche Regelung in Spezialgesetzen zur Umsetzung des Verfassungsauftrags wäre rechtlich zwar möglich, aber legislatorisch nicht sinnvoll. Es käme zu einer übermässigen Reglementierungsdichte und würde zu zahlreichen Wiederholungen führen. Allgemeine Ziele der Weiterbildungspolitik wie Sicherung der Qualität oder sachübergreifende Aspekte könnten nicht in kohärenter Weise geregelt werden. Die vom Verfassungsgeber angestrebten Steuerungsmöglichkeiten wären somit sehr beschränkt.

Heterogene Weiterbildung ordnen Aufgrund der Heterogenität möglicher Weiterbildungen und ihrer Verankerung in Erlassen ist ein Grundsatzgesetz angebracht, das sich auf die Definition von Grundsätzen und die Festlegung von Förderkriterien beschränkt. Die Regelung konkreter Tatbestände und die Berücksichtigung spezifischer Weiterbildungsanliegen wie zum Beispiel Umweltbildung, politische Bildung, Elternbildung, Integrationsmassnahmen für Migrantinnen und Migranten usw. sind weiterhin im Rahmen spezialgesetzlicher Erlasse zu prüfen.

67

SR 830.1

3791

Eine Ausnahme stellt die Frage der Grundkompetenzen Erwachsener dar. Sie bilden die Voraussetzung zum Zugang zu lebenslangem Lernen. Ihr Erwerb hat zudem alle Eigenschaften der im Weiterbildungsgesetz definierten nichtformalen Bildung.

Diese Nähe zur Weiterbildung und der Umfang des Regelungsbedarfs legen es nahe, die Förderung der Grundkompetenzen Erwachsener in den vorliegenden Gesetzesentwurf zu integrieren.

In diese Richtung wies schon die Botschaft vom 8. Juni 200768 zum Kulturförderungsgesetz: Die Bekämpfung des Illettrismus sei mittelfristig im Bundesgesetz über die Weiterbildung zu regeln, und dieser Fördertatbestand soll vom Kulturförderungsgesetz ins Weiterbildungsgesetz transferiert werden.

Rahmenbedingungen auch in anderen Gesetzen Das Weiterbildungsgesetz versteht sich als Bildungsgesetz, das dazu beiträgt, die Rahmenbedingungen für die Weiterbildung allgemein zu verbessern. Als Bildungsgesetz regelt es allerdings nicht sämtliche Einflussfaktoren des Weiterbildungsbereichs. Dieser wird auch durch weitere Faktoren beeinflusst wie Abzüge für Weiterbildung im Steuerrecht, Stipendienmöglichkeiten oder Bestimmungen zur Weiterbildung im Arbeitsvertragsrecht. Dazu kommen die spezifischen Regelungen in den Spezialgesetzen, z. B. Migration oder Gesundheitsschutz.

5.5

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Bestimmungen in den Artikeln 12 und 16 E-WeBiG können je neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, weshalb sie nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte bedürfen.

5.6

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Artikel 10 E-WeBiG sichert die Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung und erweitert diese um Spezifika der Weiterbildungsfinanzierung. Im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der Anpassung anderer Erlasse aufgrund des Weiterbildungsgesetzes wurden die gesetzlichen Grundlagen der Weiterbildungssubventionstatbestände des Bundes untersucht.

5.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält zwei Delegationen zum Erlass von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht durch den Bundesrat: ­

68

Artikel 12 Absatz 3 E-WeBiG: Der Bundesrat legt die Kriterien für die Gewährung der Beiträge an gesamtschweizerische Organisationen der Weiterbildung fest.

BBl 2007 4819, insbesondere 4836.

3792

­

Artikel 16 Absatz 2 E-WeBiG: Der Bundesrat legt die Kriterien zur Gewährung von Beiträgen an die Kantone für die Förderung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen fest.

Die Delegationen erfüllen die verfassungsrechtlichen Anforderungen.

3793

Glossar Lebenslanges Lernen fr. = apprentissage tout au long de la vie it. = apprendimento permanente

Weiterbildung fr. = formation continue it. = formazione continua Nichtformale Bildung fr. = formation non formelle it. = formazione non formale

Informelle Bildung fr. = formation informelle it. = formazione informale

Formale Bildung fr. = formation formelle it. = formazione formale

3794

Der Begriff «lebenslanges Lernen» trägt der Tatsache Rechnung, dass Lernen in unterschiedlichen Kontexten und Formen geschieht und nicht an eine Lebensphase, etwa das Jugendalter oder eine Erwerbstätigkeit, gebunden ist. Der Begriff umfasst sowohl Lernen im formalen Bereich als auch nichtformale Bildung (Weiterbildung) in Kursen, Seminaren usw. sowie informelle, individuelle Bildung durch Fachliteratur, in der Familie, in ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Das Weiterbildungsgesetz definiert Weiterbildung als nichtformale Bildung und ist somit enger als der allgemeine Sprachgebrauch, der in der Regel von einem bildungsbiografischen Verständnis ausgeht.

Unter die nichtformale Bildung (Weiterbildung) fallen allgemeinbildende oder berufsorientierte Bildungsaktivitäten in Form von Unterricht ausserhalb des formalen Bildungssystems, also beispielsweise Managementseminare, Computerkurse oder Vorbereitungskurse für eine Berufs- oder höhere Fachprüfung. Die Weiterbildung findet dabei in einem organisierten und strukturierten Rahmen statt.

Bildung, die ein Mensch sich aneignet durch Aktivitäten, die zwar ein Lernziel verfolgen, die aber ausserhalb einer Lehr-Lernbeziehung stattfinden.

Dazu zählen zum Beispiel Fachliteratur, Hobbys, ehrenamtliche Tätigkeiten oder die Handhabung von technischen Geräten. Es handelt sich um Bildung aufgrund individuellen Erfahrungslernens.

Die formale Bildung umfasst innerhalb des nationalen Bildungssystems die staatlich geregelte Bildung in der obligatorischen Schule, die staatlich geregelte Bildung, die zu einem Abschluss auf der Sekundarstufe II (berufliche Grundbildung oder allgemeinbildende Schulen) führt und die staatlich geregelte Bildung, die zu einem Abschluss auf der Tertiärstufe (höhere Berufsbildung, akademische Grade) führt.

Hinzu kommt die staatlich geregelte Bildung, die zu einem Abschluss führt, der Voraussetzung für eine staatlich reglementierte berufliche Tätigkeit bildet (z. B. Medizinal- und Psychologieberufe, Anwaltsberuf).

Fortbildung fr. = perfectionnement it. = perfezionamento

Fortbildung bezeichnete in früheren Jahren insbesondere in der Lehrerbildung einen Teilbereich der Weiterbildung. Da die Abgrenzung zwischen Fortund Weiterbildung zunehmend unklar war, gab die EDK die Unterscheidung Ende der 1990er-Jahre auf.

Seither wird nur noch von Weiterbildung gesprochen.

3795

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Weber, K. & Tremel, P. (2008). Expertise Weiterbildung.

Ein institutioneller Blick.

http://edudoc.ch/record/88486

Weber & Tremel 2008

Wolter, S. C. (2008). Die steuerliche Behandlung der Kosten für die Aus- und Weiterbildung.

http://edudoc.ch/record/28975

Wolter 2008

3797

Anhang 1

Internationale Definitionen Formal education is defined as education that is institutionalized, intentional, planned through public organizations and recognized private bodies and, in their totality, makes up the formal education system of a country. Formal education programmes are thus recognized as such by the relevant national educational authorities or equivalent, e.g. any other institution in co-operation with the national or sub-national educational authorities. Formal education consists mostly of initial education. Vocational education, special needs education and some parts of adult education are often recognized as being part of the formal education system. [...]

Formal education typically takes place in institutions that are designed to provide full-time education for pupils and students in a system designed as a continuous educational pathway. This is referred to as initial education defined as formal education of individuals before their first entrance to the labour market, i.e. when they will normally be in full-time education. [...]

Non-formal education is defined as education that is institutionalized, intentional and planned by an education provider. The defining characteristic of non-formal education is that it is an addition, alternative and/or complement to formal education within the process of the lifelong learning of individuals. [...] It caters for people of all ages but does not necessarily apply a continuous pathway-structure; it may be short in duration and/or low in intensity; and it is typically provided in the form of short courses, workshops or seminars. Non-formal education mostly leads to qualifications that are not recognized as formal or equivalent to formal qualifications by the relevant national or sub-national educational authorities or to no qualifications at all. Nevertheless, formal recognized qualifications may be obtained through exclusive participation in specific non-formal educational programmes: this often happens when the non-formal programme completes the competencies obtained in another context. [...] The successful completion of a non-formal educational programme and/or a non-formal qualification does not normally give access to a higher level of education [...].

Informal learning is defined as forms of learning that are intentional or deliberate,
but not institutionalized. It is consequently less organized and less structured than either formal or non-formal education. Informal learning may include learning activities that occur in the family, in the work place, in the local community, and in daily life, on a self-directed, family-directed or socially directed basis.

(Quelle: International Standard Classification of Education, ISCED 2011, §§ 36, 37, 39, 41, 43) Die ISCED-Definition wird mit kleineren Abweichungen auch von OECD und Eurostat verwendet.

3798

Anhang 2

Grafische Darstellungen zur Weiterbildungsbeteiligung Teilnahme am lebenslangen Lernen: Hohe Beteiligung im internationalen Vergleich Die Schweiz gehört zu den Staaten, in denen sich mehr als 50 Prozent der 25­64jährigen Bevölkerung weiterbilden. Von den OECD-Ländern weisen einzig Schweden und Neuseeland höhere Werte auf als die Schweiz. Tiefe Teilnahmequoten von unter 20 Prozent finden sich in Griechenland und Ungarn.

3799

Teilnahme an Weiterbildung Beim Indikator Teilnahme an nichtformalen Weiterbildungsaktivitäten geht es um die Bevölkerungsanteile, die an beruflicher und/oder allgemeiner Weiterbildung teilnehmen. Dabei wird deutlich, dass Weiterbildung ein in der gesamten Bevölkerung weit verbreitetes Phänomen ist. Rund 63 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung im Alter von 25­64 Jahren haben sich im Verlaufe eines Jahres weitergebildet.

Berücksichtigt man auch die Teilnahme an informellem Lernen, erreicht man eine Teilnahmequote von über 75 Prozent.

Teilnahme nach Bildungsniveau Generell lässt sich feststellen, dass, je höher das Bildungsniveau einer Person ist, desto häufiger Weiterbildung betrieben wird. 79 Prozent der Personen, die über eine abgeschlossene Ausbildung auf der Tertiärstufe verfügen, betreiben Weiterbildung.

Bei Personen, welche die obligatorische Schule als höchsten Bildungsabschluss vorweisen, fällt dieser Anteil auf 31 Prozent.

Quelle: MZB 2011

3800

Teilnahme nach Beschäftigungsgrad Vollzeitbeschäftigte beider Geschlechter bilden sich laut empirischen Befunden häufiger weiter (63 %) als Teilzeitbeschäftigte mit einem Beschäftigungsgrad unter 50 Prozent (46 %). Teilzeitbeschäftigte mit einem Beschäftigungsgrad zwischen 50 und 89 Prozent bilden sich am häufigsten weiter (63 %).

Quelle: MZB 2011

3801

Zweck der Teilnahme an Weiterbildung (nichtformale Bildung) Im Jahr 2011 nahmen fast zwei von drei Personen an mindestens einer nichtformalen Bildungsaktivität teil. Die Weiterbildungsteilnahme hat wesentlich häufiger berufliche als ausserberufliche Gründe.

Obwohl bei beiden Geschlechtern berufliche Gründe im Vordergrund stehen, ist bei Frauen das ausserberufliche Interesse an Weiterbildung deutlich ausgeprägter als bei Männern: 35 Prozent der Frauen haben an mindestens einer nicht beruflich motivierten Weiterbildungsaktivität teilgenommen, gegenüber einem Anteil von lediglich 18 Prozent bei den Männern. In Bezug auf die beruflich motivierte Weiterbildung lässt sich eine umgekehrte Tendenz beobachten: 57 Prozent der Männer gegenüber 51 Prozent der Frauen. Diese Differenz lässt sich teilweise durch die unterschiedliche Integration der beiden Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt erklären. Werden ausschliesslich Erwerbstätige betrachtet, so ergibt sich denn auch ein anderes Bild: Die Quote der Männer, die aus beruflichen Gründen an einer nichtformalen Weiterbildung teilnehmen (61 %), unterscheidet sich nicht mehr signifikant von jener der Frauen (60 %).

Quelle: MZB 2011

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Teilnahme nach Altersklasse Bis zum Alter von 54 Jahren bleiben die Teilnahmequoten relativ stabil. Ab dem Rentenalter nimmt der Anteil Personen, die sich weiterbilden, stark ab, da ab diesem Zeitpunkt vor allem ausserberufliche Aktivitäten im Vordergrund stehen. Die Teilnahmequoten an Weiterbildung mit ausserberuflichen Zielen sind in allen Altersklassen relativ stabil und liegen bei etwa 27 Prozent.

Quelle: MZB 2011

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