Anhang 1

Übereinkommen Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte, 2011

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 1. Juni 2011 zu ihrer einhundertsten Tagung zusammengetreten ist, ist sich der Verpflichtung der Internationalen Arbeitsorganisation bewusst, menschenwürdige Arbeit für alle durch die Verwirklichung der Ziele der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und der Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung zu fördern; anerkennt den bedeutenden Beitrag von Hausangestellten zur globalen Wirtschaft, der die Verbesserung der Erwerbschancen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Familienpflichten, mehr Möglichkeiten zur Betreuung von alternden Bevölkerungen, von Kindern und von Menschen mit Behinderungen sowie erhebliche Einkommenstransfers innerhalb und zwischen Ländern einschliesst; ist der Auffassung, dass hauswirtschaftliche Arbeit nach wie vor unterbewertet und unsichtbar ist und hauptsächlich von Frauen und Mädchen durchgeführt wird, von denen viele Migrantinnen oder Angehörige benachteiligter Gemeinschaften sind und die besonders anfällig für Diskriminierung in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen und andere Verletzungen der Menschenrechte sind; ist ferner der Auffassung, dass in Entwicklungsländern mit historisch geringen Chancen auf eine formale Beschäftigung Hausangestellte einen bedeutenden Anteil der einheimischen Erwerbsbevölkerung darstellen und weiterhin zu den am stärksten ausgegrenzten Personen gehören; weist darauf hin, dass die internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen für alle Arbeitnehmer gelten, einschliesslich der Hausangestellten, soweit nichts anderes bestimmt ist; verweist auf die besondere Relevanz für Hausangestellte des Übereinkommens (Nr. 97) über Wanderarbeiter (Neufassung), 1949, des Übereinkommens (Nr. 143) über Wanderarbeitnehmer (ergänzende Bestimmungen), 1975, des Übereinkommens (Nr. 156) über Arbeitnehmer mit Familienpflichten, 1981, des Übereinkommens (Nr. 181) über private Arbeitsvermittler, 1997, und der Empfehlung (Nr. 198) betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006, sowie des Multilateralen Rahmens der IAO für Arbeitsmigration: Nichtverbindliche Grundsätze und Leitlinien für einen rechtebasierten Ansatz für die
Arbeitsmigration (2006); anerkennt die besonderen Bedingungen, unter denen hauswirtschaftliche Arbeit durchgeführt wird, die es wünschenswert erscheinen lassen, die allgemeinen Nor-

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men durch spezifische Normen für Hausangestellte zu ergänzen, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Rechte in vollem Umfang in Anspruch zu nehmen; verweist auf andere einschlägige internationale Instrumente wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und insbesondere dessen Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, und dessen Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen; hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 16. Juni 2011, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über Hausangestellte, 2011, bezeichnet wird.

Art. 1 Zum Zwecke dieses Übereinkommens: a)

bezeichnet der Ausdruck «hauswirtschaftliche Arbeit» Arbeit, die in einem oder mehreren Haushalten oder für einen oder mehrere Haushalte durchgeführt wird;

b)

bezeichnet der Ausdruck «Hausangestellter1» jede Person, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses hauswirtschaftliche Arbeit verrichtet;

c)

ist eine Person, die hauswirtschaftliche Arbeit nur gelegentlich oder sporadisch und nicht berufsmässig verrichtet, kein Hausangestellter.

Art. 2 1. Das Übereinkommen gilt für alle Hausangestellten.

2. Ein Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, kann nach Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und, soweit solche bestehen, mit den Verbänden, die Hausangestellte vertreten, und denjenigen, die Arbeitgeber von Hausangestellten vertreten, folgende Gruppen ganz oder teilweise aus seinem Geltungsbereich ausnehmen:

1

Die männliche Form schliesst grundsätzlich die weibliche Form mit ein.

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a)

Gruppen von Arbeitnehmern, denen auf andere Weise ein mindestens gleichwertiger Schutz geboten wird;

b)

begrenzte Gruppen von Arbeitnehmern, bei denen besondere Probleme von erheblicher Bedeutung auftreten.

3. Jedes Mitglied, das die im vorstehenden Absatz gebotene Möglichkeit für sich in Anspruch nimmt, hat in seinem ersten Bericht über die Durchführung des Übereinkommens nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation alle auf diese Weise ausgenommenen besonderen Gruppen von Arbeitnehmern und die Gründe für deren Ausnahme anzugeben und in späteren Berichten alle etwaigen Massnahmen anzugeben, die getroffen worden sind, um die Anwendung des Übereinkommens auf die betreffenden Arbeitnehmer auszudehnen.

Art. 3 1. Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um die wirksame Förderung und den wirksamen Schutz der Menschenrechte aller Hausangestellten, wie in diesem Übereinkommen festgelegt, sicherzustellen.

2. Jedes Mitglied hat in Bezug auf Hausangestellte die in diesem Übereinkommen dargelegten Massnahmen zu ergreifen, um die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit zu achten, zu fördern und zu verwirklichen, nämlich: a)

die Vereinigungsfreiheit und die effektive Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen;

b)

die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit;

c)

die effektive Abschaffung der Kinderarbeit;

d)

die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

3. Wenn sie Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellte und die Arbeitgeber von Hausangestellten in den Genuss der Vereinigungsfreiheit und der effektiven Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen kommen, haben die Mitglieder das Recht der Hausangestellten und der Arbeitgeber von Hausangestellten zu schützen, Verbände, Vereinigungen und Bünde ihrer Wahl zu gründen und diesen, vorbehaltlich der Regeln des betreffenden Verbands, beizutreten.

Art. 4 1. Jedes Mitglied hat ein Mindestalter für Hausangestellte festzulegen, das mit den Bestimmungen des Übereinkommens (Nr. 138) über das Mindestalter, 1973, und des Übereinkommens (Nr. 182) über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, 1999, in Einklang steht und nicht niedriger ist als das durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Arbeitnehmer allgemein festgelegte Alter.

2. Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Arbeit, die von Hausangestellten verrichtet wird, deren Alter unter 18 Jahren und über dem Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung liegt, ihrer Schulpflicht nicht im Wege steht oder ihre Möglichkeiten zur Teilnahme an weiteren Bildungs- oder Berufsbildungsmassnahmen nicht beeinträchtigt.

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Art. 5 Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellte wirksam vor allen Formen von Missbrauch, Belästigung und Gewalt geschützt sind.

Art. 6 Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellte wie Arbeitnehmer allgemein, in den Genuss fairer Beschäftigungsbedingungen sowie menschenwürdiger Arbeitsbedingungen und, wenn sie im Haushalt wohnen, menschenwürdiger Lebensbedingungen, die ihre Privatsphäre achten, kommen.

Art. 7 Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellte in leicht verständlicher Weise über ihre Beschäftigungsbedingungen informiert werden, und zwar vorzugsweise, wenn möglich, durch schriftliche Verträge in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gesamtarbeitsverträgen, insbesondere über: a)

den Namen und die Anschrift des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers;

b)

die Anschrift der gewöhnlichen Arbeitsstätte oder Arbeitsstätten;

c)

das Anfangsdatum und, wenn der Vertrag für einen bestimmten Zeitraum gilt, seine Dauer;

d)

die Art der auszuführenden Arbeit;

e)

die Entlohnung, die Berechnungsmethode und das Zahlungsintervall;

f)

die normale Arbeitszeit;

g)

den bezahlten Jahresurlaub und die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten;

h)

gegebenenfalls die Bereitstellung von Verpflegung und Unterkunft;

i)

gegebenenfalls die Probezeit;

j)

gegebenenfalls die Rückführungsbedingungen;

k)

die Bedingungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, einschliesslich einer vom Hausangestellten oder vom Arbeitgeber gegebenenfalls einzuhaltenden Kündigungsfrist.

Art. 8 1. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben vorzuschreiben, dass migrantische Hausangestellte, die in einem Land angeworben werden, um hauswirtschaftliche Arbeit in einem anderen Land zu verrichten, ein schriftliches Stellenangebot oder einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der in dem Land, in dem die Arbeit verrichtet werden soll, durchgesetzt werden kann, mit den in Artikel 7 genannten Beschäftigungsbedingungen erhalten, bevor sie zur Aufnahme der hauswirtschaftlichen Arbeit, für die das Angebot oder der Vertrag gilt, Landesgrenzen passieren.

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2. Der vorangegangene Absatz gilt nicht für Arbeitnehmer, die gemäss bilateralen, regionalen oder multilateralen Vereinbarungen oder im Rahmen von Gebieten regionaler Wirtschaftsintegration für Beschäftigungszwecke Freizügigkeit geniessen.

3. Die Mitglieder haben Massnahmen zu ergreifen, um miteinander zusammenzuarbeiten, damit die wirksame Anwendung der Bestimmungen dieses Übereinkommens auf migrantische Hausangestellte sichergestellt wird.

4. Jedes Mitglied hat durch Rechtsvorschriften oder andere Massnahmen die Bedingungen festzulegen, unter denen migrantische Hausangestellte nach Ablauf oder Beendigung des Arbeitsvertrags, für den sie rekrutiert worden sind, Anspruch auf Rückführung haben.

Art. 9 Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellte: a)

mit ihrem Arbeitgeber oder potenziellen Arbeitgeber frei vereinbaren können, ob sie im Haushalt wohnen möchten;

b)

die im Haushalt wohnen, nicht verpflichtet sind, während der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten oder des Jahresurlaubs im Haushalt oder bei Mitgliedern des Haushalts zu bleiben;

c)

berechtigt sind, ihre Reise- und Identitätsdokumente in ihrem Besitz zu halten.

Art. 10 1. Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen mit dem Ziel, die Gleichbehandlung von Hausangestellten und Arbeitnehmern allgemein in Bezug auf die normale Arbeitszeit, die Überstundenvergütung, die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten und den bezahlten Jahresurlaub gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gesamtarbeitsverträgen sicherzustellen, wobei die besonderen Merkmale der hauswirtschaftlichen Arbeit zu berücksichtigen sind.

2. Die wöchentliche Ruhezeit hat mindestens 24 aufeinanderfolgende Stunden zu betragen.

3. Zeiten, in denen Hausangestellte nicht frei über ihre Zeit verfügen können und sich zur Verfügung des Haushalts halten, um möglichen Aufforderungen Folge zu leisten, sind insoweit als Arbeitszeiten anzusehen, wie dies durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften, Gesamtarbeitsverträge oder andere, der innerstaatlichen Praxis entsprechende Mittel festgelegt ist.

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Art. 11 Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellte vom Mindestlohnschutz erfasst werden, soweit ein solcher Schutz besteht, und dass das Entgelt ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts festgesetzt wird.

Art. 12 1. Hausangestellte sind in regelmässigen Zeitabständen und mindestens einmal im Monat direkt in bar zu entlohnen. Sofern die Zahlungsweise nicht durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gesamtarbeitsverträge vorgesehen ist, kann die Zahlung mit Zustimmung des betreffenden Arbeitnehmers per Banküberweisung, Bankscheck, Postscheck, Zahlungsanweisung oder durch ein anderes gesetzliches geldliches Zahlungsmittel erfolgen.

2. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften, Gesamtarbeitsverträge oder Schiedssprüche können die Zahlung eines begrenzten Teils des Entgelts der Hausangestellten in Form von Sachleistungen vorsehen, die nicht ungünstiger sind als diejenigen, die allgemein für andere Gruppen von Arbeitnehmern gelten, unter der Voraussetzung, dass Massnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer mit solchen Sachleistungen einverstanden ist, dass sie dem persönlichen Gebrauch und Nutzen des Arbeitnehmers dienen und dass der ihnen zugemessene Geldwert fair und angemessen ist.

Art. 13 1. Jeder Hausangestellte hat das Recht auf eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung. Jedes Mitglied hat in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der innerstaatlichen Praxis unter gebührender Berücksichtigung der besonderen Merkmale der hauswirtschaftlichen Arbeit wirksame Massnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit und Gesundheit der Hausangestellten bei der Arbeit sicherzustellen.

2. Die im vorstehenden Absatz genannten Massnahmen können in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und, soweit solche bestehen, mit den Verbänden, die Hausangestellte vertreten, und denjenigen, die Arbeitgeber von Hausangestellten vertreten, schrittweise durchgeführt werden.

Art. 14 1. Jedes Mitglied hat in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unter gebührender Berücksichtigung der besonderen Merkmale der hauswirtschaftlichen Arbeit geeignete Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Hausangestellten im Bereich der Sozialen Sicherheit, einschliesslich des Mutterschutzes, Bedingungen zugute kommen, die nicht ungünstiger sind als diejenigen, die für Arbeitnehmer allgemein gelten.

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2. Die im vorstehenden Absatz genannten Massnahmen können in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und, soweit solche bestehen, mit den Verbänden, die Hausangestellte vertreten, und denjenigen, die Arbeitgeber von Hausangestellten vertreten, schrittweise umgesetzt werden.

Art. 15 1. Um Hausangestellte, einschliesslich migrantischer Hausangestellter, die von privaten Arbeitsvermittlern angeworben oder vermittelt worden sind, wirksam vor missbräuchlichen Praktiken zu schützen, hat jedes Mitglied: a)

die für die Tätigkeit von privaten Arbeitsvermittlern, die Hausangestellte anwerben oder vermitteln, massgeblichen Bedingungen in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der innerstaatlichen Praxis festzulegen;

b)

sicherzustellen, dass angemessene Einrichtungen und Verfahren zur Untersuchung von Beschwerden, angeblichem Missbrauch und angeblichen betrügerischen Praktiken hinsichtlich der Tätigkeiten privater Arbeitsvermittler im Zusammenhang mit Hausangestellten vorhanden sind;

c)

alle erforderlichen und geeigneten Massnahmen im Rahmen seiner Zuständigkeit und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern zu treffen, um einen ausreichenden Schutz für Hausangestellte vorzusehen und Missbräuche gegenüber Hausangestellten zu verhindern, die in seinem Hoheitsgebiet durch private Arbeitsvermittler angeworben oder vermittelt worden sind. Diese Massnahmen haben Rechtsvorschriften zu umfassen, die die jeweiligen Verpflichtungen des privaten Arbeitsvermittlers und des Haushalts gegenüber dem Hausangestellten festlegen und Zwangsmassnahmen vorsehen, einschliesslich des Verbots privater Arbeitsvermittler, die Missbrauch betreiben oder betrügerische Praktiken anwenden;

d)

wenn Hausangestellte in einem Land für eine Arbeit in einem anderen Land angeworben werden, den Abschluss von bilateralen, regionalen oder multilateralen Vereinbarungen in Erwägung zu ziehen, um Missbrauch und betrügerische Praktiken bei der Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung zu verhindern;

e)

Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die von privaten Arbeitsvermittlern erhobenen Gebühren nicht vom Entgelt der Hausangestellten abgezogen werden.

2. Bei der Durchführung jeder der Bestimmungen dieses Artikels hat jedes Mitglied sich mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und, soweit solche bestehen, mit den Verbänden, die Hausangestellte vertreten, und denjenigen, die Arbeitgeber von Hausangestellten vertreten, zu beraten.

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Art. 16 Jedes Mitglied hat Massnahmen zu ergreifen, um in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der innerstaatlichen Praxis sicherzustellen, dass alle Hausangestellten entweder von sich aus oder über einen Vertreter effektiven Zugang zu Gerichten oder anderen Streitbeilegungsmechanismen haben unter Bedingungen, die nicht ungünstiger sind als diejenigen, die Arbeitnehmern allgemein zur Verfügung stehen.

Art. 17 1. Jedes Mitglied hat wirksame und zugängliche Beschwerdemechanismen und Mittel zu schaffen, um die Einhaltung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zum Schutz der Hausangestellten sicherzustellen.

2. Jedes Mitglied hat unter gebührender Berücksichtigung der besonderen Merkmale der hauswirtschaftlichen Arbeit Massnahmen gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Bezug auf Arbeitsaufsicht, Durchsetzung und Zwangsmassnahmen zu entwickeln und durchzuführen.

3. Soweit dies mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vereinbar ist, haben solche Massnahmen die Bedingungen festzulegen, unter denen unter gebührender Achtung der Privatsphäre Zugang zu den Räumlichkeiten des Haushalts gewährt werden kann.

Art. 18 Jedes Mitglied hat die Bestimmungen dieses Übereinkommens in Beratung mit den massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden durch Rechtsvorschriften sowie Gesamtarbeitsverträge oder zusätzliche der innerstaatlichen Praxis entsprechende Massnahmen durchzuführen, indem je nach Sachlage bestehende Massnahmen auf Hausangestellte ausgedehnt oder an diese angepasst werden oder indem spezifische Massnahmen für sie entwickelt werden.

Art. 19 Dieses Übereinkommen berührt nicht günstigere Bestimmungen, die aufgrund anderer internationaler Arbeitsübereinkommen auf Hausangestellte anwendbar sind.

Art. 20 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Art. 21 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen ist.

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2. Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Art. 22 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird zwölf Monate nach der Eintragung wirksam.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen innerhalb des ersten Jahres jedes neuen Zehnjahres-Zeitraums nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Art. 23 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die von den Mitgliedern mitgeteilt worden sind.

2. Der Generaldirektor macht die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die mitgeteilt worden ist, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Art. 24 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Art. 25 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Art. 26 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen neu fasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt Folgendes:

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a)

Die Ratifikation des neu gefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 22 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neu gefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b)

Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neu gefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neu gefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Art. 27 Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

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