09.503 Parlamentarische Initiative Stempelsteuer schrittweise abschaffen und Arbeitsplätze schaffen Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. November 2012

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf für eine Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben zur Abschaffung der Emissionsabgabe auf der Ausgabe folgender inländischer Urkunden: Aktien, Stammanteile von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Anteilscheine von Genossenschaften, Partizipationsscheine und Genussscheine. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

12. November 2012

Im Namen der Kommission Der Präsident: Christophe Darbellay

2012-3006

1089

Übersicht Nachdem die Eidgenössischen Räte im Rahmen der «Too big to fail»-Vorlage bereits die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Fremdkapital beschlossen haben, soll mit dieser Vorlage nun auch die Emissionsabgabe auf Eigenkapital eliminiert werden.

Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital erfasst die entgeltliche oder unentgeltliche Ausgabe und Erhöhung des Nennwertes von inländischen Beteiligungsrechten.

Diese können in Form von Aktien, Stammeinlagen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteilen, Genuss- und Partizipationsscheinen von Gesellschaften oder Genossenschaften ausgestaltet sein. Die Emissionsabgabe ist daher insbesondere geschuldet, wenn eine neue Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gegründet wird oder deren Kapital erhöht wird.

Der Abgabesatz beträgt 1 Prozent und wird auf dem Betrag berechnet, welcher der Gesellschaft oder Genossenschaft als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens jedoch vom Nennwert.

Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital beeinträchtigt die Standortattraktivität und die Effizienz der schweizerischen Volkswirtschaft. Die Beseitigung der Abgabe wirkt sich daher tendenziell positiv auf das Wachstum aus.

Die Mindereinnahmen aus der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital werden für den Bund auf 240 Millionen Franken veranschlagt. Die Kantone und Gemeinden sind davon nicht betroffen. Längerfristig dürfte ein Teil dieser Mindereinnahmen durch die Wachstumseffekte, welche die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital auslöst, wieder wettgemacht werden.

1090

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative Stempelsteuer schrittweise abschaffen und Arbeitsplätze schaffen (09.503)

1.1.1

Die Forderung der Initiative

Mit der am 10. Dezember 2009 eingereichten Initiative wird der Bundesrat beauftragt, die Stempelsteuer schrittweise abzuschaffen. Die Abschaffung soll in drei Schritten erfolgen. Konkret soll das Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) vom 27. Juni 1973 durch die Einfügung der folgenden drei Übergangsbestimmungen geändert werden: 1.

Die Bestimmungen zur Emissionsabgabe gemäss Artikel 5 und 5a ff. werden auf den 1. Januar 2011 ausser Kraft gesetzt.

2.

Die Bestimmungen zur Abgabe auf Versicherungsprämien gemäss Artikel 21 ff. werden auf den 1. Januar 2011 ausser Kraft gesetzt.

3.

Die Bestimmungen zur Umsatzabgabe gemäss Artikel 13 ff. werden auf den 1. Januar 2016 ausser Kraft gesetzt. Auf diesen Termin wird das ganze Bundesgesetz über die Stempelabgabe ausser Kraft gesetzt.

In der Begründung wird die Stempelsteuer als gravierender Wettbewerbsnachteil des Finanzplatzes Schweiz bezeichnet, welcher nicht nur die Finanzbranche, sondern die gesamte schweizerische Volkswirtschaft bremse. Die Abschaffung der Stempelsteuer würde die Attraktivität des Finanzplatzes verbessern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wachstum würde generiert, ins Ausland abgewanderte Geschäfte könnten zurückgeholt und Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden.

1.1.2

Vorprüfung der parlamentarischen Initiative

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrates nahm die Vorprüfung der Initiative am 23. November 2010 vor. Sie beschloss mit 12 gegen 11 Stimmen und einer Enthaltung der Initiative Folge zu geben. Die WAK des Ständerates stimmte diesem Beschluss am 4. April 2011 mit 5 gegen 4 Stimmen und 3 Enthaltungen zu. Somit wurde die WAK des Nationalrates mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt (Art. 111 Abs.1 ParlG).

1.1.3

Zweite Phase der parlamentarischen Initiative

Die WAK des Nationalrates behandelte die Initiative am 30. August und am 8. November 2011 und hat über das weitere Vorgehen beraten. Sie hat insbesondere mit 12 zu 6 Stimmen einem Antrag zugestimmt, welcher folgende Punkte umfasst:

1091

1.

Punkt eins der Initiative, die Abschaffung der Emissionsabgabe, soll in der Kommission behandelt werden. Da die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Fremdkapital bereits in der «Too big to fail»-Vorlage enthalten ist und vom Parlament in der Herbstsession 2011 beschlossen wurde, verbleibt unter diesem Punkt nur noch die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital.

2.

Punkte zwei (Abschaffung der Versicherungsabgabe) und drei (Abschaffung der Umsatzabgabe) werden einer Subkommission zugewiesen, da die beiden Punkte als noch nicht entscheidungsreif beurteilt worden sind. Für die Umsetzung der Punkte zwei und drei sollen dem Rat zu einem späteren Zeitpunkt (innerhalb der Frist von 2 Jahren gemäss Art. 111 Abs. 1 ParlG) ein Entwurf und ein zusätzlicher Bericht vorgelegt werden.

An der Sitzung vom 10. Januar 2012 ist die WAK-N mit 14 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf den Vorentwurf zu Punkt 1 eingetreten und hat ihn mit 14 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Kommission hat beschlossen, bei den interessierten Kreisen ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen.

Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 7. Februar 2012 bis zum 10. Mai 2012.

Insgesamt gingen 43 Stellungnahmen ein (siehe Kap. 2.3.). Nach Diskussion der Ergebnisse der Vernehmlassung beschloss die Kommission mit 17 zu 7 Stimmen, dem Rat den ursprünglichen Vernehmlassungsentwurf zu unterbreiten. Eine Minderheit lehnt die Vorlage insgesamt ab und beantragt, nicht darauf einzutreten.

1.2

Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Emissionsabgabe

1.2.1

Die Stempelabgaben bis 1972

Die Stempelsteuer hatte mit dem Aufkommen des kommerziellen Waren- und Geldverkehrs bereits im 17. und 18. Jahrhundert in den damaligen wirtschaftskräftigen Staaten (Holland, England, Frankreich) Eingang gefunden.

Unter dem grossen Druck des Finanzbedarfs im Ersten Weltkrieg überwies der Bundesrat 1916 dem Parlament eine Botschaft zur Einführung eines Verfassungsartikels (Art. 41bis aBV [entspricht Art. 132 Abs. 1 BV]) betreffend Einführung einer Stempelabgabe auf Bundesebene (BBl 1916 540). Nach der Volksabstimmung vom 13. Mai 1917 beschloss das Parlament am 4. Oktober 1917 das Bundesgesetz über die Stempelabgaben. Mit der neuen Verfassungsbestimmung wurde den Kantonen die Besteuerung der neu vom Bund besteuerten oder freigestellten Urkunden aberkannt. Der Übergang der Steuerbefugnis an den Bund wurde den Kantonen mit einem Kantonsanteil von 20 Prozent der Gesamteinnahmen aus den Stempelabgaben abgegolten.

1.2.2

Die Stempelabgaben ab 1973

Teilrevision 1978: Diese Revision diente vorab der Erhöhung der Steuersätze. Die Emissionsabgabe wurde von 2 auf 3 Prozent und die Umsatzabgabe von 1 auf 1,5 Promille auf inländischen Wertpapieren und von 2 auf 3 Promille auf ausländischen

1092

Wertpapieren erhöht. Die Emissionsabgabe auf Anteilen inländischer Anlagefonds wurde von 0,6 auf 0,9 Prozent heraufgesetzt.

Teilrevision 1985: Die Bestimmung, wonach den Kantonen ein Anteil von einem Fünftel zufällt, wurde in der Volksabstimmung vom 9. Juni 1985 (Bundesbeschluss über die Aufhebung des Kantonsanteils am Reinertrag der Stempelabgaben) aufgehoben.

Teilrevision 1993: Per 1. April 1993 wurde die Emissionsabgabe auf inländischen Anlagefondsanteilen aufgehoben und der Nullsatz für Umstrukturierungen (Fusionen, Aufspaltungen und Umwandlungen) eingeführt. Als Kompensation wurde die Emissionsabgabe auf inländischen Anleihens- und Kassaobligationen wieder eingeführt. Die Steuersätze betragen demnach 1,2 Promille pro Laufzeitjahr für Anleihensobligationen und 0,6 Promille pro Laufzeitjahr für Kassaobligationen. Zudem wurde eine pro rata temporis berechnete Emissionsabgabe von 0,6 Promille auf inländischen Geldmarktpapieren eingeführt.

Teilrevision 1996: Auf den 1. Januar 1996 wurde der Steuersatz der Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten von 3 auf 2 Prozent gesenkt. Zudem wurde ein Freibetrag von 250 000 Franken für die bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft anfallende Emissionsabgabe eingeführt.

Teilrevision 1997: Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 1997 wurde die Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten von 2 auf 1 Prozent gesenkt. Der Freibetrag von 250 000 Franken wurde auf Kapitalerhöhungen ausgedehnt.

Teilrevision 2004: Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung mit Wirkung ab dem 1. Juli 2004 wurde im Bereich der Emissionsabgabe folgende Befreiung eingeführt: Auf Beteiligungsrechten, die in Durchführung von Beschlüssen über die Fusion, Spaltung oder Umwandlung von Einzelfirmen, Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit, Vereinen, Stiftungen oder Unternehmen des öffentlichen Rechts begründet oder erhöht werden, ist die Emissionsabgabe, sofern der bisherige Rechtsträger während mindestens fünf Jahren bestand, bloss auf dem Nennwert der neu geschaffenen Beteiligungsrechte geschuldet.

Teilrevision 2005: Mit Botschaft vom 18. August 2004 hat der Bundesrat dem Parlament vorgeschlagen, den in der Volksabstimmung vom 16. Mai 2004 zum Steuerpaket 2001 verworfenen Teilbereich Stempelabgaben unverändert zu bestätigen
um das bis Ende 2005 befristete Dringlichkeitsrecht zur Umsatzabgabe abzulösen. Zu diesem Umsatzabgabepaket gehört als artfremde Bestimmung die Erhöhung des Freibetrages von 250 000 auf 1 Million Franken für die Berechnung der Emissionsabgabe bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft und bei einer späteren Kapitalerhöhung. Dieser Vorlage (Umsatzabgabe und Emissionsabgabe) stimmte das Parlament in der Frühjahrssession 2005 zu. Die Mindereinnahmen betragen bezüglich Emissionsabgabe zirka 30 Millionen Franken. Das gegen die Vorlage ergriffene Referendum wurde vorzeitig abgebrochen, so dass die Revision am 1. Januar 2006 in Kraft treten konnte.

1.2.3

Die Stempelabgaben des Fürstentums Liechtenstein

Auf Grund des Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des Vertrages vom 29. März 1923 zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürsten1093

tum Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet findet das Bundesgesetz über die Stempelabgaben auch im Fürstentum Liechtenstein Anwendung. Gemäss diesem Vertrag führt die Eidgenössische Steuerverwaltung eine besondere Rechnung und rechnet alljährlich über diese Einnahmen mit der Fürstlichen Regierung ab. Der Anteil der Eidgenossenschaft für die Abgeltung der Verwaltungskosten wurde im Laufe der Jahre mehrmals geändert.

Die heute geltende Regelung bestimmt, dass der Eidgenossenschaft 1 Prozent der Einnahmen und zusätzlich ein Pauschalbetrag von 30 000 Franken zusteht. Im Rechnungsjahr 2010 des Bundes wurden diesbezüglich insgesamt 591 200 Franken als Entgelt vereinnahmt. Auf die Emissionsabgabe auf Eigenkapital entfallen zirka 13 000 Franken.

1.3

Die Einnahmen der Emissionsabgabe auf Eigenkapital

1.3.1

Einnahmen der Eidgenossenschaft

Wie die folgende Abbildung zeigt, schwanken die Einnahmen aus der Emissionsabgabe auf Eigenkapital relativ stark. In den letzten zehn Jahren wurden untere und obere Extremwerte von 120 Millionen Franken im Jahr 2005 bzw. 375 Millionen Franken im Jahr 2001 erreicht. Nimmt man das Mittel der letzten zehn Jahre zum Massstab, dürfte das künftige Einnahmenpotenzial bei rund 240 Millionen Franken liegen. Die Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten stammt zu über zwei Dritteln von grossen Gesellschaften mit Beteiligungsrechten im Umfang von über 50 Millionen Franken. Wegen des Freibetrags von 1 Million Franken sind kleinere Kapitalunternehmen schon heute von der Abgabe befreit.

Einnahmen aus der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, 2001­2010 in Millionen Franken

1094

1.3.2

Einnahmen des Fürstentums Liechtenstein

Die Einnahmen der Emissionsabgabe auf Eigenkapital für das Fürstentum Liechtenstein sahen in den letzten vier Jahren wie folgt aus: Einnahmen des Fürstentums Liechtenstein aus der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, 2007­2010 in Millionen Franken 2007

2008

2009

2010

Durchschnitt 2007­2010

1.534

2.556

1.172

1.368

1.657

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Übersicht

Die Vorlage befasst sich somit lediglich mit der Emissionsabgabe auf Eigenkapital.

Die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital wurde bereits mit der Motion (04.3736) von Nationalrat Bührer vom 16. Dezember 2004 gefordert. Das Parlament hat diese Motion am 12. März 2007 (NR) und am 28. Mai 2008 (SR) angenommen und überwiesen. Entgegen der Absicht des Bundesrates, die Motion Bührer im Rahmen der angekündigten Unternehmenssteuerreform III umzusetzen, schlägt die Kommission dem Parlament die Abschaffung mit der vorliegenden parlamentarischen Initiative vor. Die weiteren Punkte der Initiative (Umsatzabgabe und Versicherungsstempel) sollen in einer Subkommission weiter behandelt werden. Von der Abschaffung betroffen ist das Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG; SR 641.10). Die von der Initiative in Punkt 1 geforderte Abschaffung der Emissionsabgabe auf Fremdkapital (Anleihen) wurde im Rahmen der «Too big to fail»-Vorlage vom Parlament am 30. September 2011 beschlossen. Die Gesetzesvorlage ist am 1. März 2012 in Kraft getreten.

2.2

Handlungsbedarf: Erwägungen der Kommission

2.2.1

Argumente der Mehrheit

Die Mehrheit setzt sich für die Abschaffung der Emissionsabgabe ein. In den Augen der Mehrheit ist es absurd, dass innovative Personen, welche mit Eigenkapital ein Unternehmen gründen oder ihre Tätigkeit dank einer Kapitalerhöhung ausweiten und damit Arbeitsplätze schaffen, gleichzeitig mit einer Ex-Ante-Besteuerung bestraft werden. Eine solche Steuer beeinträchtigt die Standortattraktivität und die Effizienz der schweizerischen Volkswirtschaft. Die Beseitigung der Abgabe würde sich daher tendenziell positiv auf das Wachstum auswirken, ins Ausland abgewanderte Geschäfte könnten in die Schweiz zurückgeholt und Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden. Mittel- und langfristig würden die anfänglichen Steuerausfälle durch diese Effekte mehr als kompensiert.

1095

2.2.2

Argumente der Minderheit

Die Minderheit (Leutenegger Oberholzer, Birrer-Heimo, Fässler Hildegard, Levrat, Marra, Pardini, Schelbert) beantragt auf den Gesetzesvorentwurf nicht einzutreten.

Sie argumentiert, dass man die Emissionsabgabe nicht abschaffen darf, ohne die Gegenfinanzierung zu klären (siehe auch Punkt 6 zu Art. 53a [neu]). Ausserdem ist die Minderheit der Meinung, dass die Emissionsabgabe bei der Gründung einer Firma eine kleine Rolle spielt und dass deren Abschaffung deshalb keinen positiven Standorteffekt haben würde. Weiter ist sie auch der Ansicht, dass es falsch ist, eine Teilrevision herauszubrechen ohne eine Gesamtschau über die Stempelsteuer vorzunehmen. Schliesslich weist die Minderheit darauf hin, dass gewisse Versicherungsund Bankdienstleistungen nicht der Mehrwertsteuer unterstehen.

2.3

Vernehmlassung

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) hat am 18. Januar 2012 das Eidgenössische Finanzdepartement beauftragt, bei den Kantonen, den politischen Parteien, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Wirtschaft, der Gemeinden, der Städte und Berggebiete ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen.

Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 7. Februar 2012 bis zum 10. Mai 2012.

Insgesamt gingen 43 Stellungnahmen ein.

20 Kantone, die FDK, die FDP.Die Liberalen, die CVP und 10 Organisationen (economiesuisse, Schweizerischer Arbeitgeberverband, sgv, FER, CP, Swiss Banking, SwissHoldings, Treuhand Kammer, SIX Swiss Exchange AG, SVIG) sprechen sich für die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital aus.

Hauptargument ist, dass durch die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital die Standortattraktivität des Finanzplatzes Schweiz gestärkt und das Wirtschaftswachstum begünstigt würde. 15 Kantone und die FDK weisen darauf hin, dass die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital für die Kantone weder direkt noch indirekt zu einer Mehrbelastung führen darf.

3 Kantone (BE, GE, VD) äussern Bedenken wegen der Mindereinnahmen und stellen verschiedene Zusatzforderungen.

Gegen die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital sprechen sich die SP, die Grüne Partei, der SGB und Travail.Suisse aus.

Die Hauptargumente sind, dass die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital beim Bund zu erheblichen Steuerausfällen führen und nicht ­ wie im Erläuternden Bericht ausgeführt ­ zu Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen würde. Es gehe nicht an, einerseits Massnahmen, die Steuerausfälle bewirken, zu beschliessen, während man andererseits Sparmassnahmen vorsieht. Der finanzpolitische Handlungsspielraum des Bundes sollte nicht beschnitten werden, da in naher Zukunft wichtige Investitionen anstehen für die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs, für Erziehung, Bildung und Forschung, die Energiepolitik etc. Es gäbe keinen Beweis dafür, dass Steuererleichterungen für Unternehmen zu einem vermehrten Wachstum beitragen und so die Mindereinnahmen kompensieren.

1096

3

Geltendes Recht

Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital erfasst die entgeltliche oder unentgeltliche Ausgabe und Erhöhung des Nennwertes von inländischen Beteiligungsrechten.

Diese können in Form von Aktien, Stammeinlagen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschafts-Anteilen, Genuss- und Partizipationsscheinen von Gesellschaften, Genossenschaften oder gewerblicher Unternehmen ausgestaltet sein.

Die Emissionsabgabe ist daher insbesondere geschuldet, wenn eine grössere neue Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft mit Sitz in der Schweiz gegründet wird oder deren Kapital über 1 Million Franken hinaus erhöht wird.

Im Weiteren fällt eine Emissionsabgabe bei Zuschüssen und in Fällen des Mantelhandels an. Unter Zuschüssen werden Leistungen der Gesellschafter oder Genossenschafter ohne entsprechende Gegenleistung verstanden. Man spricht dabei von verdeckten Kapitaleinlagen, weil das im Handelsregister eingetragene Gesellschaftskapital oder der einbezahlte Genossenschaftsanteil nicht verändert werden.

Der Mantelhandel wird umschrieben als Handwechsel der Mehrheit der Aktien, Stamm- oder Genossenschafts-Anteilen einer Gesellschaft oder Genossenschaft, welche wirtschaftlich liquidiert oder in liquide Form gebracht worden ist.

Der Abgabesatz beträgt 1 Prozent und wird auf dem Betrag berechnet, welcher der Gesellschaft oder Genossenschaft als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens jedoch vom Nennwert.

Bei der Gründung oder Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft gilt für die entgeltlich ausgegebenen Beteiligungsrechte ein Freibetrag von 1 Million Franken.

4

Internationaler Rechtsvergleich

In der Europäischen Union befasste sich die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital u.a.

mit der Harmonisierung der als «Gesellschaftssteuer» bezeichneten Emissionsabgabe. Materiell wurde die Richtlinie in den Jahren 1973, 1974 und 1985 geändert.

Bezogen auf die in der Richtlinie sehr detailliert festgehaltenen steuerbaren Vorgänge gilt ein maximaler Steuersatz von 1 Prozent auf Eigenkapital.

Im Rahmen der Umsetzung des Lissabon-Programms erarbeiteten die Kommissionsdienststellen einen Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie. Zweck der Neufassung war es, die Vorschriften zu vereinfachen und zu modernisieren sowie die «Gesellschaftssteuer» abzuschaffen, um die Entwicklung von EU-Unternehmen zu fördern. Der Vorschlag der Richtlinie wurde am 4. Dezember 2006 dem Parlament überwiesen.

Die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses liegt seit dem 14. März 2007 vor. Der Ausschuss stellt fest, dass noch 7 der 27 Mitgliedstaaten diese Steuer erheben (Polen, Portugal mit 0,5 %, Zypern mit 0,6 %; Griechenland, Spanien, Luxemburg, Österreich mit 1,0 %) und befürwortet die Abschaffung.

Luxemburg hat seine Abgabe per 2010 abgeschafft. EU-weit sollte die Gesellschaftssteuer per 1. Januar 2012 aufgehoben werden. Eine Zustimmung kam jedoch 1097

nicht zustande, weil einige Mitgliedstaaten auf die entsprechenden Steuereinnahmen nicht verzichten wollten.

Per 1. Januar 2009 ersetzt die Richtlinie 2008/7/EG des Rates betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital die Richtlinie 69/335/EWG. Die neue Richtlinie bietet den Mitgliedstaaten, welche die Gesellschaftssteuer bereits ab dem 1. Januar 2006 anwenden, die Möglichkeit, die betreffenden Vorgänge auch weiterhin der Gesellschaftssteuer zu unterwerfen. Die Richtlinie sieht jedoch vor, dass es für einen Mitgliedstaat, der beschlossen hat, keine Gesellschaftssteuer zu erheben, nicht mehr möglich ist, diese wieder einzuführen.

5

Auswirkungen der Emissionsabgabe auf Eigenkapital auf die Volkswirtschaft

5.1

Auf die Volkswirtschaft

Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital beeinträchtigt die Standortattraktivität und die Effizienz der schweizerischen Volkswirtschaft. Die Beseitigung der Abgabe wirkt sich daher tendenziell positiv auf das Wachstum aus.

Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital weist keine Vorteile gegenüber anderen Steuern auf, die darauf abzielen, Kapitaleinkommen zu belasten. Charakteristisch für sie ist jedoch eine Reihe von Nachteilen im Hinblick auf das Standort- und das Effizienzziel:

5.1.1

Standortziel

Attraktivität des Unternehmensstandortes: Aus Sicht der Attraktivität des Unternehmensstandortes Schweiz, die in diesem Zusammenhang verstanden wird als die Fähigkeit, mobiles Kapital in die Schweiz zu lenken und der Abwanderung mobilen Kapitals entgegenzuwirken, wirkt die Emissionsabgabe auf Eigenkapital je nach Unternehmenstyp unterschiedlich. Während diesbezüglich bei den KMU kein gravierendes Problem besteht, sieht die Situation bei grossen Unternehmen, die in ihrer Standortwahl freier sind, anders aus. Die Abgabe auf Beteiligungsrechten wirkt sich hier im Wettbewerb um den Zuzug von Gesellschaften mit sehr grossem Kapital und Konzernzentralen nachteilig aus, weil sie die effektive durchschnittliche Steuerbelastung erhöht.

Unter dem Standortziel erweist sich auch als Nachteil, dass ausländische Staaten, welche die Anrechnungsmethode verwenden, zwar die Schweizer Gewinnsteuer, nicht aber die in der Schweiz entrichtete Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten auf die inländische Steuerschuld anrechnen.

5.1.2

Effizienzziel

Erhöhung der effektiven Grenzsteuerbelastung von mit neuem Eigenkapital finanzierten Grenzinvestitionen: Die Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten verteuert die Beschaffung von neuem Eigenkapital. Wird eine Grenzinvestition ganz oder

1098

teilweise mit neuem Eigenkapital finanziert, so erhöht die Abgabe die effektive marginale Steuerbelastung auf dieser Investition.

Unzulängliche Bemessungsgrundlage: Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital belastet im Rahmen einer Ex-ante-Besteuerung den Sollertrag und nicht wie bei einer Ex-post-Besteuerung das tatsächlich erwirtschaftete Einkommen. Dadurch ergibt sich, gemessen an der Leistungsfähigkeit, einerseits eine Überbesteuerung von eigenkapitalfinanzierten Investitionen, welche im Nachhinein die ursprünglich erwartete Rentabilität nicht erreichen konnten. Andererseits werden aber überdurchschnittlich rentable Investitionen unterbesteuert, weil ökonomische Renten darstellende Einkommensbestandteile unbesteuert bleiben1. Unter dem Aspekt der Allokationseffizienz ist dies nicht sachgerecht, weil gerade von der Besteuerung ökonomischer Renten kaum Verzerrungseffekte ausgehen. Wegen der Nichtberücksichtigung der unterschiedlichen Rentabilität einer Investition ist die Emissionsabgabe auf Eigenkapital aber auch unter dem Aspekt der horizontalen Steuergerechtigkeit einer Ex-post Besteuerung des tatsächlich erwirtschafteten Einkommens unterlegen.

Verzicht auf den Versicherungseffekt der Besteuerung: Durch die Ex-ante-Besteuerung des Sollertrags geht darüber hinaus der Versicherungseffekt einer Besteuerung des tatsächlich erwirtschaftenden Einkommens verloren. Im Unterschied zur Ex-ante-Besteuerung beteiligt sich der Fiskus bei einer Ex-post-Steuer am Risiko, d.h. am Glück oder Pech der Investoren. Infolge dieses Versicherungseffektes (Domar-Musgrave-Effekt) geben sich die Investoren mit einer niedrigeren Risikoprämie zufrieden. Im Einzelfall bedeutend wird der Versicherungseffekt insbesondere dann, wenn das Vermögen der Anteilseigner überwiegend aus Anteilen eines einzigen Unternehmens besteht. Diese Situation ist für Eigentümer-Unternehmer nicht untypisch. Wegen des bestehenden Klumpenrisikos bleibt ihnen nämlich die Risikostreuung via die üblicherweise empfohlene Portfoliodiversifikation versagt.

Liquiditätsproblem: Die vorgezogene Besteuerung im Rahmen der Emissionsabgabe ist mit einem Liquiditätsproblem verbunden, da der Ertrag aus der Investition im Zeitpunkt der Besteuerung ja noch nicht realisiert ist. Zur Überwindung dieses Liquiditätsproblems muss der Emissionsbetrag um die Höhe der
fälligen Steuer aufgestockt werden, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, zumal auf dem Aufstockungsbetrag für die Steuerzahlung vom Kapitalmarkt eine Risikoprämie gefordert wird. Auch hier tritt das Problem nicht auf, wenn die Früchte des Investitionsprojektes erst dann mit einer Steuer belegt werden, wenn sie geerntet sind.

Verletzung der Investitionsneutralität: Die Emissionsabgabe stellt eine zeitlich vorgezogene Form der Besteuerung dar. Neutral wirkt sich dies nur dann aus, wenn alternative Investitionsprojekte dasselbe zeitliche Verteilungsprofil der Nettoauszahlungen haben. In der Realität ist diese Bedingung kaum je erfüllt, weshalb dann in 1

Eine ökonomische Rente stellt den Überschuss der Erlöse über die gesamten Opportunitätskosten ihrer Erwirtschaftung dar. Diese Opportunitätskosten bestehen im Falle einer Investition aus sämtlichen anfallenden Aufwandposten (Kosten für Rohstoffe und Zwischenprodukte, Maschinen, Dienstleistungen, Löhne, Steuern, Fremdkapitalzinsen usw.)

zuzüglich der marktüblichen Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Decken die erwarteten Erlöse gerade die Opportunitätskosten, resultiert ein Barwert von null, und die Investition ist gerade noch rentabel. Übersteigen die Erlöse die Opportunitätskosten, so fällt der Barwert höher aus, und es entsteht eine ökonomische Rente. Da ein Barwert von null ausreicht, damit ein Investitionsprojekt rentabel ist, spielt die ökonomische Rente für den Entscheid, ob ein Investitionsprojekt realisiert werden soll, keine Rolle.

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Verletzung der Investitionsneutralität eine so genannte Rangfolgeumkehr eintreten kann. Ist dies der Fall, wird ein Projekt, das vor Steuern einen höheren, nach Steuern aber einen tieferen Barwert aufweist als ein alternatives Investitionsprojekt zugunsten des letzteren nicht realisiert. Würde stattdessen die Steuer erst periodengerecht auf die dann fliessenden Erträge der Investition zugreifen, könnte die Investitionsneutralität bei adäquat gewählten steuerlichen Abschreibungsregeln gewährleistet werden.

Verletzung der Gewinnverwendungsneutralität: Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital zielt auf das Einkommen aus Investitionen, die mit neuem Eigenkapital finanziert sind. Dabei verletzt sie die Gewinnverwendungsneutralität, da sie die Anteilsfinanzierung verteuert, während die Selbstfinanzierung von ihr nicht erfasst wird.

Dies schafft einen Anreiz, Gewinne einzubehalten statt auszuschütten und Investitionen selbst statt mit neuem Eigenkapital von aussen zu finanzieren. Diese einseitige Begünstigung der Selbstfinanzierung wirkt unter Effizienzgesichtspunkten negativ. Sie setzt die wachstumsfördernde Aufgabe des Kapitalmarktes, die verfügbaren Investitionsmittel auf die gewinnträchtigsten Unternehmen und damit auf die rentabelsten Investitionsprojekte zu lenken, teilweise ausser Kraft. Mitunter wird argumentiert, die Emissionsabgabe auf Eigenkapital sei ein Ersatz für die fehlende Kapitalgewinnsteuer für Beteiligungen im Privatvermögen. Dieses Argument ist jedoch nicht stichhaltig. Da Kapitalgewinne unter anderem durch einbehaltene Gewinne entstehen, die sich im Aktienwert der Unternehmung kapitalisieren, müsste eine Besteuerung der Kapitalgewinne durch ein indirekt ansetzendes Instrument demzufolge auf die einbehaltenen Gewinne zugreifen und die Selbstfinanzierung relativ zur Anteilsfinanzierung verteuern. Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital beschreitet hingegen gerade den gegenteiligen Weg. Sie verteuert die Anteilsfinanzierung (nach dem Schütt-aus-und-hol-zurück-Prinzip) gegenüber der Selbstfinanzierung. Sie trägt damit zur Attraktivität der Gewinnthesaurierung bei und fördert somit die (steuerfreie) Kapitalgewinnrealisierung zusätzlich.

Administrative Einfachheit: In Bezug auf den Erhebungs- und Entrichtungsaufwand schneidet die Emissionsabgabe per se wegen ihrer einfachen Konstruktion,
der vergleichsweise niedrigen Zahl der Steuerpflichtigen und der im Durchschnitt pro Fall relativ grossen Steuerzahlung günstig ab. Dazu trägt nicht zuletzt auch der relativ hohe Freibetrag bei der Emissionsabgabe auf Beteiligungen bei. Diese ist aber unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität problematisch. Die niedrigen Erhebungs- und Entrichtungskosten werden auch insofern relativiert, als dass die Emissionsabgabe nicht an Stelle anderer Steuern, sondern zusätzlich zu diesen erhoben wird. Die Steuerpflichtigen müssen sich deshalb mit zusätzlichen steuerlichen Bestimmungen mit eigener Steuersystematik und einer Anzahl Ersatz- und Ausnahmetatbeständen vertraut machen.

Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital stellt mit Bezug auf die Gewinn- und die Verrechnungssteuer einen stabilisierenden Faktor dar. Da die Emissionsabgabe auf Eigenkapital grundsätzlich auf dem Wert der entsprechenden Zuflüsse erhoben wird, versuchen die Steuerzahlenden einerseits, die Steuerbasis möglichst tief auszuweisen. Andererseits besteht aus gewinn- und verrechnungssteuerlicher Optik bei den Steuerzahlenden tendenziell das Interesse, möglichst hohe Werte in die Bilanz einzubuchen. Diese gegensätzlichen Interessen führen in der Praxis zu ausgewogenen Bewertungen. Mit dem Wegfall der Emissionsabgabe auf Eigenkapital würde sich der Beratungs- und Kontrollaufwand bei der ESTV insgesamt nicht vermindern, fiele doch mit der Abgabe eine Art automatischer Stabilisator weg.

1100

Insbesondere bei Umwandlungen von Personenunternehmen in Kapitalgesellschaften, aber auch bei vielen anderen Umstrukturierungen ist die ESTV wegen der Emissionsabgabe auf Eigenkapital vielfach die erste Steuerbehörde, die kontaktiert wird. Dies ermöglicht es der ESTV regelmässig, eine für Steuerzahlende und Fiskus gleichsam effiziente Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerbehörden und eine möglichst widerspruchfreie steuerliche Beurteilung durch die verschiedenen Steuerverwaltungen sicherzustellen. Erreicht werden kann damit auch eine verbesserte Umsetzung des Steuerharmonisierungsrechts. Diese stabilisierende Wirkung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital in Bezug auf die Verrechnungs- und die Gewinnsteuer vermag jedoch die zahlreichen volkswirtschaftlichen Nachteile nicht aufzuwiegen.

6

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln im StG

Die vorzunehmende Gesetzesänderung berücksichtig die vom Parlament im Rahmen der Vorlage 11.028s (Stärkung der Stabilität im Finanzsektor; too big to fail) am 30. September 2010 beschlossene Änderung im Stempelrecht.

Art. 1 Abs. 1 Bst. a, 5 bis 12 Diese Gesetzesbestimmungen beziehen sich alle auf die Emissionsabgabe auf Aktien, Stammanteilen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und auf Anteilscheine von Genossenschaften in Bezug auf den Gegenstand der Abgabe, die Entstehung der Abgabeforderung, den Abgabesatz und die Berechnungsgrundlage, die Abgabepflicht, die Fälligkeit der Abgabeforderung, die Stundung und den Erlass.

Sie können aufgehoben werden.

Art. 28 Abs. 1, 29, 30 Abs. 1 und 34 Abs. 2 Diese Änderungen betreffen lediglich Hinweise auf die Artikel 7 und 11, welche aufgehoben werden.

Art. 36 Artikel 36 bestimmt die Auskunftspflicht Dritter bei Gründung oder Kapitalerhöhung bezüglich der Emissionsabgabe. Mit der Aufhebung dieser Abgabe wird dieser Artikel obsolet und kann aufgehoben werden.

Art. 53a (neu) Eine Minderheit (Leutenegger Oberholzer, de Buman, Fässler Hildegard, Levrat, Marra, Meier-Schatz, Pardini, Schelbert) will den Bundesrat damit beauftragen, innerhalb der nächsten fünf Jahre für die Kompensation der Mindereinnahmen, welche aus der vorliegenden Gesetzesrevision resultieren, zu sorgen. Sie weist darauf hin, dass die schrittweise Abschaffung der Stempelabgaben zu strukturellen Mindereinnahmen führen würde, welche unter dem Regime der Schuldenbremse zwingend durch entsprechende Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen kompensiert werden müssen. Deshalb soll dem Bundesrat mit diesem zusätzlichen Artikel ein konkreter Auftrag erteilt werden.

1101

Inkrafttreten Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen soll dem Bundesrat überlassen werden.

7

Finanzielle und personelle Auswirkungen

7.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Einnahmen des Bundes der letzten Jahre gehen aus Ziffer 1.3.1 hervor. Die Mindereinnahmen aus der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital werden für den Bund auf 240 Millionen Franken geschätzt. Die Kantone und Gemeinden sind davon nicht betroffen, ist der Kantonsanteil doch bereits in den achtziger Jahren aufgehoben worden. Längerfristig dürfte ein Teil dieser Mindereinnahmen durch die Wachstumseffekte, welche die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital auslöst, wieder wettgemacht werden.

7.2

Personelle Auswirkungen

Die Emissionsabgabe darf aus der Sicht der Steuererhebung als effizient bezeichnet werden. Das Total der Emissionsabgabe auf Eigenkapital wird durch zirka 2600 Einzahlungen pro Jahr (2010) aufgebracht. Nicht zuletzt dank der hohen Qualifikation der mit der Deklaration der Steuer betrauten Stellen (Treuhänder, Notare, Anwälte, Banken usw.) kann die Emissionsabgabe verwaltungsseitig ohne grossen Aufwand bewältigt werden. Mit dieser Arbeit wird gleichzeitig ein Beitrag zur Sicherung der Gewinnsteuern von Bund und Kantonen und der Verrechnungssteuer geleistet. Bei einer Abschaffung würde der Kontrollaufwand bei diesen anderen Steuerarten zunehmen, so dass die Abschaffung der Emissionsabgabe den Aufwand insgesamt nicht vermindert.

8

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsgrundlage für die Erhebung der Stempelabgaben wurde im Rahmen der neuen Bundesverfassung überarbeitet. Sie findet sich in Artikel 132 Absatz 1 und lautet wie folgt: «Der Bund kann auf Wertpapieren, auf Quittungen von Versicherungsprämien und auf anderen Urkunden des Handelsverkehrs eine Stempelsteuer erheben; ausgenommen von der Stempelsteuer sind Urkunden des Grundstück- und Grundpfandverkehrs.» Eine gänzliche oder teilweise Abschaffung der verschiedenen Stempelabgaben kann ohne Änderung der Verfassung erfolgen (Art. 132 Abs. 1 BV ist eine KannVorschrift). Es stellt sich diesfalls die Frage, ob die Kantone ihre bisher beschnittenen Rechte wieder zurückfordern würden. Dies bedürfte jedoch einer Änderung des geltenden Artikels 134 der Bundesverfassung. Denn nach diesem Artikel dürfen die Kantone und Gemeinden nicht mit gleichartigen Steuern belasten, was die Bundesgesetzgebung als Gegenstand der Stempelsteuer bezeichnet oder für steuerfrei erklärt.

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Verhältnis zum europäischen Recht

Wie in Kapitel 4 dargelegt, befasste sich die EU mit der generellen Abschaffung der Emissionsabgabe. Der Widerstand gewisser Länder verunmöglichte jedoch einen einstimmigen Beschluss. Die Schweiz hat weder eine internationale Verpflichtung, eine Emissionsabgabe zu erheben, noch ist sie gehalten, auf die Erhebung einer solchen Abgabe zu verzichten.

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