13.045 Botschaft zu Bau und Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard vom 22. Mai 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die nachstehenden Erlassentwürfe: ­

Bundesgesetz über den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard (4-Meter-Korridor-Gesetz),

­

Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2010

M 10.3921

Durchgehender Schienenkorridor mit vier Metern Eckhöhe zwischen Basel und Chiasso ab 2016/17 (S 16.3.11, Büttiker, N 17.6.11)

2010

M 10.3914

Durchgehender Schienenkorridor mit vier Metern Eckhöhe zwischen Basel und Chiasso ab 2016/17 (N 18.3.11, Hochreutener; S 22.9.11)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Mai 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-0575

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Übersicht Das Parlament hat im Jahr 2011 Massnahmen und Schritte für die Einrichtung eines durchgehenden Schienenkorridors mit 4 Metern Eckhöhe auf der GotthardAchse zwischen Basel und Chiasso bzw. Ranzo verlangt. Diese Botschaft beinhaltet die für den Bau eines 4-Meter-Korridors erforderlichen Massnahmen und deren Finanzierung.

Ausgangslage Die eidgenössischen Räte haben die Motionen 10.3914 Hochreutener und 10.3921 Büttiker angenommen. Deren Ziel ist die Errichtung eines 4-Meter-Korridors für die Beförderung von Sattelaufliegern mit einer Eckhöhe von 4 Metern im kombinierten Verkehr über die Gotthard-Achse. Dafür ist ein Ausbau des Lichtraumprofils auf den Zulaufstrecken zum Gotthard-Basistunnel nötig. Für eine Inbetriebnahme des 4-Meter-Korridors nach Eröffnung des Ceneri-Basistunnels, wie sie von den Motionären gefordert wird, muss bereits im Jahr 2014 eine Finanzierungslösung in Kraft sein. Die Motionen 12.3330 und 12.3401 der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen haben den Willen des Parlaments bezüglich Ziel und Dringlichkeit des 4-Meter-Korridors bekräftigt.

Inhalt der Vorlage Gegenstand der Vorlage ist das Gesamtkonzept zur Realisierung und Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse.

Es ist vorgesehen, bis ins Jahr 2020 die Zulaufstrecken zum Gotthard auf ein höheres Lichtraumprofil auszubauen. Die Kosten für den Ausbau in der Schweiz werden auf 710 Millionen Franken (Preisstand 2012) veranschlagt. Die Massnahmen betreffen 20 Tunnels (u. a. Bözberg, Paradiso, Maroggia) und rund 150 Profilhindernisse bei Überführungen, Signalanlagen und Perrondächern.

Zudem soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, mit Italien eine Vereinbarung über die Finanzierung von Ausbaumassnahmen auf den Zulaufstrecken der NEAT in Italien (insbesondere Ranzo­Gallarate als Teil der Luino-Strecke und Chiasso­ Mailand) abzuschliessen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der 4-MeterKorridor von Rotterdam nach Mailand durchgängig ist. Für die Finanzierung dieser Massnahmen wird ein Kredit in Höhe von 230 Millionen Franken beantragt.

Die Gesamthöhe des für den 4-Meter-Korridor benötigten Verpflichtungskredits beläuft sich somit auf 940 Millionen Franken. Die Finanzierung ist über den FinöVFonds (bzw. später den Bahninfrastrukturfonds BIF) vorgesehen.

Nutzen des 4-Meter-Korridors Die
Erstellung des 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse ist eine geeignete Massnahme, um zusätzliche alpenquerende Gütertransporte von der Strasse auf die Schiene verlagern zu können. Sie ist somit ein zusätzliches wichtiges Element der schweizerischen Verlagerungspolitik. Auf der Strasse und im kombinierten Verkehr

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werden vermehrt Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4 Metern eingesetzt, weil dies für Verlade- und Transportunternehmen mit eindeutigen logistischen und ökonomischen Vorteilen verbunden ist. Sattelauflieger dieser Grösse können zurzeit im alpenquerenden kombinierten Verkehr in der Schweiz nur auf den hochprofiligen Trassen der Lötschberg­Simplon-Achse befördert werden. Bereits für die derzeitige Nachfrage, aber vor allem für die erwartete Nachfragesteigerung in diesem Segment, mangelt es an verfügbaren geeigneten Trassen. Der Ausbau der Zulaufstrecken der Gotthard-Achse in der Schweiz und in Italien ist die zentrale Massnahme, um genügend zusätzliche hochprofilige Trassen zur Verfügung zu stellen.

Die Kombination der Vorteile des 4-Meter-Korridors und der Flachbahn auf der Gotthard-Achse erlaubt es, die Produktivität und damit die Verlagerungswirkung der NEAT zu erhöhen. Ferner ermöglicht es der 4-Meter-Korridor, wichtige Terminals im Süden der Schweiz und im Raum Mailand mit Sattelaufliegern im kombinierten Verkehr zu erreichen.

Der Einsatz von innovativem Rollmaterial, welches den Transport von Sattelaufliegern mit Eckhöhe von 4 Metern erlaubt, könnte zwar gegebenenfalls zusätzliche Kapazitäten für den Transport von Sattelaufliegern mit 4 Metern Eckhöhe schaffen, jedoch nur in ungenügendem Umfang.

Neben dem Nutzen für den Güterverkehr hat der 4-Meter-Korridor auch für den Personenverkehr Vorteile. Die Profilerweiterung ermöglicht den Einsatz von Doppelstockzügen und damit eine Kapazitätsausweitung im Fernverkehr zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin.

Rechtliche Anpassungen Den rechtlichen Rahmen bilden ein Bundesgesetz über den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors und der dazugehörige Bundesbeschluss über den Gesamtkredit. Für eine rechtzeitige Realisierung sollte bereits ab dem Jahr 2014 eine Finanzierungslösung verfügbar sein, weshalb die Vorlage dringlich ist.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Zusätzliche Förderung der Verkehrsverlagerung Verlagerungsauftrag und Modernisierung der Bahninfrastruktur Stand der Verlagerung und zusätzliche Massnahmen 1.1.2 Die Sattelauflieger im alpenquerenden Transport Die Sattelzüge im alpenquerenden Strassengüterverkehr Dimensionen der Sattelauflieger Die Sattelauflieger im kombinierten Verkehr 1.1.3 Beförderung von Sattelaufliegern mit 4-Meter-Eckhöhe auf der Schiene Definition hochprofiliger Trassen Kapazitäten für hochprofilige Sendungen auf den Nord-Süd-Bahnachsen durch die Schweiz Interoperable Strecken 1.1.4 Bedarf einer Achse für die Beförderung von Sattelaufliegern mit 4-Meter-Eckhöhe am Gotthard, ein sogenannter 4-Meter-Korridor Bestehendes Angebot Potenzielle Nachfrage Künftiger Bedarf an 4-Meter-Trassen 1.1.5 Der Nutzen einer Achse für die Beförderung von Sattelaufliegern mit 4-Meter-Eckhöhe am Gotthard Ein neues Element der schweizerischen Verlagerungspolitik Der Nutzen eines 4-Meter-Korridors für den Personenverkehr 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Ausbaumassnahmen für einen 4-Meter-Korridor auf der Gotthard-Achse Massnahmen in der Schweiz Ergänzungsmassnahmen südlich der Alpen Verworfene Ausbau-Alternative Fazit zu den Massnahmen für den 4-Meter-Korridor Begleitende Massnahmen 1.2.2 Finanzierung der Massnahmen für den 4-Meter-Korridor Finanzierungsquellen Finanzierungslösung Verworfene Finanzierungsvarianten Übersicht über die Finanzierung 1.2.3 Normativer Rahmen 1.3 Vernehmlassung 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

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2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Bundesgesetz über die Realisierung eines 4-Meter-Korridors 2.2 Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für die Realisierung eines 4-Meter-Korridors

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3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Andere Auswirkungen

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4 Verhältnis zur Legislaturplanung

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5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

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A Bundesgesetz über den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard (4-Meter-Korridor-Gesetz) (Entwurf)

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B Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard (Entwurf)

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Zusätzliche Förderung der Verkehrsverlagerung

Verlagerungsauftrag und Modernisierung der Bahninfrastruktur Die Verlagerung des Güterschwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene ist ein Hauptziel der schweizerischen Verkehrspolitik. Volk und Stände haben mit der Annahme des Alpenschutzartikels (Art. 84 der Bundesverfassung1; BV) den Willen geäussert, den alpenquerenden Güterschwerverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Das Parlament hat mit den Beschlüssen zum Verkehrsverlagerungsgesetz vom 8. Oktober 19992 und zur Güterverkehrsvorlage (2008) Ausführungsgesetze zum Alpenschutzartikel verabschiedet. Das Güterverkehrsverlagerungsgesetz vom 19. Dezember 20083 (GVVG), als Bestandteil der Güterverkehrsvorlage, trat auf den 1. Januar 2010 in Kraft.

Mit dem GVVG wurde das Verlagerungskonzept, welches mit dem Landverkehrsabkommen4 und dem befristeten Verkehrsverlagerungsgesetz begründet wurde, fortgeschrieben. Zum Schutz des Alpengebietes soll der alpenquerende Güterschwerverkehr auf nachhaltige Weise von der Strasse auf die Schiene verlagert werden. Als Verlagerungsziel hat das Parlament 650 000 alpenquerende Fahrten schwerer Güterfahrzeuge pro Jahr festgelegt (Art. 3 GVVG). Diese Obergrenze ist zwei Jahre nach Inbetriebnahme des Gotthard- Basistunnels zu erreichen.

Zur Umsetzung der Verlagerungspolitik bestehen drei Hauptinstrumente: die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) als zentrales Element der Modernisierung der Schieneninfrastruktur auf den alpenquerenden Nord-Süd-Achsen, die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und die Marktöffnung im Zuge der Bahnreform.

Die Kapazitäts- und Produktivitätseffekte der NEAT sind eine zentrale Voraussetzung für einen nachhaltigen Verlagerungsprozess. Die Errichtung einer Flachbahn auf der Gotthard-Achse erlaubt Ersparnisse bei den Traktionskosten und Zeitgewinne, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs im Vergleich zur Strasse verbessert wird. Eine Achse für die Beförderung von Sattelaufliegern mit 4-Meter-Eckhöhe am Gotthard, ein sogenannter 4-Meter-Korridor, würde dem Schienengüterverkehr weitere Marktsegmente eröffnen und seine Produktivität verbessern.

1 2 3 4

SR 101 AS 2000 2864 SR 740.1 Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse; SR 0.740.72.

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Nur eine Bereitstellung der für die Verlagerung nötigen Kapazitäten und eine deutliche Verbesserung der Angebotsqualität können garantieren, dass Verkehr ohne Qualitätsverlust und ohne volkswirtschaftliche Nachteile von der Strasse auf die Schiene verlagert wird. Entsprechend bedarf es einer qualitativ hochwertigen Schieneninfrastruktur als Grundlage für die Verkehrsverlagerung.

Stand der Verlagerung und zusätzliche Massnahmen Der Bericht des Bundesrats über die Verkehrsverlagerung5 vom Dezember 2011 hält fest, dass das Verlagerungsziel mit den zur Verfügung stehenden Massnahmen verfehlt wird. Die Fahrten schwerer Güterfahrzeuge über Schweizer Alpenübergänge sanken von 2000 (dem im GVVG festgehaltenen Referenzjahr) bis 2011 um 10,5 %. Mit 1 258 000 schweren Güterfahrzeugen wurde jedoch das Verlagerungsziel von 650 000 Fahrten pro Jahr weit übertroffen. Der Bundesrat stellt in diesem Bericht fest, dass das Verlagerungsziel bis ins Jahr 2018 (zwei Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels) mit den beschlossenen und umgesetzten Massnahmen nicht erreicht werden kann. Die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels führt zwar zu einem deutlichen Verlagerungseffekt. Dieser wird aber in der Summe bestenfalls genügen, um die Zahl der alpenquerenden Fahrten schwerer Güterfahrzeuge auf dem heutigen Niveau zu stabilisieren.

Mit Artikel 4 Absatz 1 GVVG ist der Bundesrat aufgefordert, regelmässig die Wirksamkeit des Gesetzes zu überprüfen und rechtzeitig alle Massnahmen in seiner Zuständigkeit zu treffen, die zur Erfüllung des Zwecks und zur Erreichung des Verlagerungsziels erforderlich sind. Der Bundesrat schlug dementsprechend dem Parlament mit dem Verlagerungsbericht zusätzliche Massnahmen vor, die einen Beitrag zur Verlagerung leisten können. Insbesondere kündigte er an, bis Ende des Jahres 2012 dem Parlament eine Botschaft zum Bau und zur Finanzierung eines 4-Meter-Korridors für den Schienengüterverkehr auf der Gotthard-Achse vorzulegen. Dieser Absicht kommt er mit dieser Botschaft nach.

Damit entspricht der Bundesrat zugleich den beiden gleichlautenden Motionen Büttiker (10.3921) und Hochreutener (10.3914). Diese verlangen einen durchgehenden Schienenkorridor mit vier Metern Eckhöhe zwischen Basel und Chiasso bzw.

bis zur Luinolinie. Seinen Willen hat das Parlament mit weiteren Motionen bekräftigt (12.3330 und 12.3401). Darin beauftragen die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen den Bundesrat zur Stärkung der Anreize für die Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs ­ neben einer Reihe anderer Massnahmen ­, einen beschleunigten Ausbau der Gotthard-Achse zu einem durchgängigen 4-MeterKorridor zwischen Basel und Chiasso sowie Basel und Ranzo in die Wege zu leiten und dem
Parlament einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Weiterführung des 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT in Italien (insbesondere für die Strecken Ranzo­Gallarate sowie Chiasso­Mailand) durch die Schweiz vorzufinanzieren.

Aufgrund der von den verschiedenen Motionen vorgegebenen Dringlichkeit ­ der 4-Meter-Korridor soll kurz nach Eröffnung des Ceneri-Basistunnels in Betrieb

5

www.bav.admin.ch/verlagerung

3829

genommen werden6 ­ muss die Finanzierung bereits ab dem Jahr 2014 sichergestellt sein, damit die Planungen und erste bauliche Massnahmen ordnungsgemäss (entsprechend der Submissionsgesetzgebung) in Auftrag gegeben werden können.

Deshalb wird für die nötigen Massnahmen eine eigene Finanzvorlage geschaffen, die grundsätzlich parallel zur Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) läuft, aber vor dieser in Kraft treten soll.

Zweck des 4-Meter-Korridors ist die Beförderung von Sattelaufliegern7 mit einer Eckhöhe von vier Metern im kombinierten Verkehr. Zur Erfüllung dieses Zwecks ist der Ausbau des Lichtraumprofils auf den Zulaufstrecken zum Gotthard-Basistunnel auf das Profil EBV 3 nötig. Dieser Zweck und die Massnahmen werden im Folgenden genauer erläutert.

1.1.2

Die Sattelauflieger im alpenquerenden Transport

Die Sattelzüge im alpenquerenden Strassengüterverkehr Der Anteil der Sattelzüge im alpenquerenden Strassengüterverkehr nahm mit der Erhöhung der Gewichtslimite von 28 Tonnen auf zunächst 34 Tonnen im Jahr 2001 (bei gleichzeitiger Einführung von Kontingenten für Fahrten mit 40 Tonnen8) innerhalb zweier Jahre von 47 % auf ca. 60 % zu. Die Erhöhung der Gewichtslimite auf 40 Tonnen im Jahr 2005 hatte keine weiteren signifikanten Auswirkungen auf die Verteilung der Fahrzeugtypen. Seither haben die Sattelzüge einen Anteil von über 60 % erreicht und sind die mit Abstand bedeutendste Fahrzeugkategorie.

6

7

8

Im Wortlaut der Motionen Büttiker und Hochreutener werden für die Inbetriebnahme des 4-Meter-Korridors die Jahre 2016/17 genannt. Anlässlich der Frühjahrssession 2011 hat sich jedoch der Motionär Rolf Büttiker am 16.3.2011 im Parlament dahingehend geäussert, dass ein 4-Meter-Korridor erst nötig sei, wenn der Ceneri-Basistunnel im 2018/19 ebenfalls eröffnet sei.

Sattelauflieger sind Behälter mit eigenem Fahrgestell. Ein Sattelzug ist der Verbund aus Zugmaschine und Sattelauflieger. Daneben existieren auch Wechselbehälter mit einer Innenhöhe von drei Metern, die ebenfalls für den Transport im unbegleiteten kombinierten Verkehr eines 4-Meter-Korridors bedürfen.

Art. 4 des Verkehrsverlagerungsgesetzes vom 8. Oktober 1999.

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Abbildung 1 Entwicklung alpenquerender Fahrten schwerer Güterfahrzeuge

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Strassengüterfahrzeuge nach Kategorien 1981-2011

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SGF in 1'000/Jahr 1'500 Sattelzüge Lastenzüge Lastwagen 1'250

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Befragte Fachleute und Marktakteure gehen aufgrund von Beobachtungen in ganz Europa davon aus, dass es in Zukunft im Strassengüterverkehr zu einem noch stärkeren Einsatz von Sattelzügen kommen wird.

Die vermehrte Nutzung von Sattelzügen ist eine Folge des Wandels des gesamten europäischen Strassengüterverkehrs. Zur Erhöhung der Produktivität in der Transportlogistik zeichnet sich ein Trend hin zur Standardisierung der Behälter ab. Transporteure nutzen Behälter, die im Bezug zu Verladevolumen und ­fläche, zur Nutzlast und zur Beladefreundlichkeit optimiert und untereinander austauschbar sind.

Solche Behälter sind flexibel einsetzbar und erhöhen die Freiheitsgrade der Transporteure bei den logistischen Abläufen.

Ein zweiter Treiber dieses Wandels ist die Entwicklung hin zu Volumengütern.

«Seit über 20 Jahren ist in der europäischen Logistikwirtschaft der Güterstruktureffekt ausgeprägt zu beobachten. Die bekannte Komponente dieses Effekts ist, dass der Anteil von Kaufmannsgütern (general cargo) am gesamten Transportvolumen (...) auf Kosten von Massengütern kräftig zunimmt. (...) Die weniger geläufige Komponente des Güterstruktureffekts ist die absolute und relative Zunahme volumenintensiver Güter. Dies gilt zum Beispiel für Kaufteile der Automobilindustrie, Elektronik, Haushaltsgeräte, Kunststoffartikel, Bau- und vor allem Dämmstoffen oder ganz generell in der Luftfracht. Beim Transport dieser Waren mit dem LKW ist der verfügbare Raum der Engpassfaktor und nicht die Nutzlastkapazität.»9 Zur Beförderung einer Vielzahl volumenintensiver Güter stellt heute die Gesamthöhe eines Fahrzeugs bzw. des Transportbehälters die zentrale Einschränkung dar.

In der Automobil- und Haushaltsgeräteindustrie werden zum Beispiel die Produkte 9

KombiConsult, Trends und Innovationen im unbegleiteten Kombinierten Verkehr in der und durch die Schweiz, 2010, Seite 22.

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dreifach gestapelt befördert. Angesichts der gängigen Abmessungen der verpackten Einheiten erfordert dies eine möglichst hohe Innenhöhe des Laderaums des Transportbehälters, idealerweise mindestens 3,00 m.10 Gegenüber diesen Entwicklungen schneiden Sattelzüge und ihre Behälter, die Sattelauflieger, besser ab als andere Fahrzeugkombinationen (bspw. Lastwagen mit fixen Aufbauten, Lastenzüge mit Wechselbehältern oder Hochseecontainern). Die Sattelauflieger haben gegenüber den Wechselbehältern und Containern verschiedene logistische Vorteile. Dazu zählen nebst optimierten Dimensionen (Länge, Höhe und Volumen des Laderaums) die Beladefreundlichkeit (durchgängiger Laderaum, Rampenaffinität) und die einfachere Handhabung. Sattelauflieger haben im Unterschied zu den Wechselbehältern und Containern ein fixes Fahrgestell und können einfach abgestellt bzw. mit einer Zugmaschine weiterbefördert werden.

Dimensionen der Sattelauflieger Bei den Dimensionen der Sattelauflieger zeichnet sich eine Standardisierung unter Ausschöpfung der maximal zulässigen Masse ab. Die für den Strassengüterverkehr in der Europäischen Union höchste zulässige Eckhöhe11 von 4,00 m für LKW ist in der Richtlinie 96/53/EG12 festgelegt. Die Schweiz hat im Rahmen des Landverkehrsabkommens mit der EU diese Regelungen übernommen13. Damit Sattelauflieger die von den Transporteuren erwünschte Innenhöhe von 3,00 m erreichen, wird die zulässige Eckhöhe von 4,00 m in der Regel ausgeschöpft14.

Die Richtlinie 96/53/EG gibt ebenfalls die Breite der schweren Güterfahrzeuge vor.

Die grösste erlaubte Breite beträgt 2,55 m; für klimatisierte Fahrzeuge sind es 2,60 m (wegen der Isolation der Behälter). Diese Breite erlaubt es, zwei bzw. drei standardisierte Flachpaletten mit einer Dimension von 0,80 × 1,20 m nebeneinander zu laden.

Die zukünftige Entwicklung der Höhe und Breite der schweren Güterfahrzeuge wird durch die bestehende Strassen- sowie Logistikinfrastruktur stark eingeschränkt. Die Beladerampen sind für die vorgegebenen Breiten ausgelegt ­ breitere Fahrzeuge könnten meist nicht andocken. Die minimale lichte Höhe unter Brücken beschränkt die maximale technisch mögliche Eckhöhe. Es sind auch keine Bestrebungen zur Anpassung der entsprechenden Strassenverkehrsgesetzgebung der Schweiz und der EU in Bezug auf die Höhe im Gang.

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13 14

KombiConsult, Trends und Innovationen im unbegleiteten Kombinierten Verkehr in der und durch die Schweiz, 2010, Seite 22.

Die Eckhöhe ist die seitliche Höhe eines Transportgefässes (Lastwagen, Container).

Richtlinie 96/53/EG des Rates vom 25. Juli 1996 zur Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen für bestimmte Strassenfahrzeuge im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr in der Gemeinschaft sowie zur Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr; ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 59.

SR 0.740.72 Anhang 1, Abschnitt 3 Auskunft von Herstellern von Sattelaufliegern.

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Die Sattelauflieger im kombinierten Verkehr Die auf Strasse und Schiene durch die Schweizer Alpen transportierte Gütermenge betrug im Jahr 2011 40,1 Millionen Tonnen. Der Anteil der Bahn am alpenquerenden Güterverkehr lag per Ende 2011 bei 64 %; auf der Strasse wurden die restlichen 36 % der Güter befördert. Mit 17,8 Millionen Tonnen hat der kombinierte Verkehr15 den grössten Teil des alpenquerenden Güterverkehrs bewältigt. Sein Anteil betrug im Jahr 2000 34,2 % und wuchs bis ins Jahr 2011 auf 44,3 %. Innerhalb des kombinierten Verkehrs nimmt der unbegleitete kombinierte Verkehr (UKV), also der Transport von Containern, Wechselbehältern und Sattelaufliegern, eine dominante Rolle ein: Im kombinierten Verkehr wurden im Jahr 2011 90 % der Güter unbegleitet, 10 % auf der Rollenden Landstrasse befördert.

Der UKV verknüpft die Vorteile des Schienen- und Strassengüterverkehrs, also die Flexibilität des Strassengüterverkehrs mit der Massenleistungsfähigkeit des Schienenverkehrs. Im UKV werden die Güter in Behältern auf der Strasse zu einem Terminal geführt bzw. weggeführt. Die Beförderung der gesammelten Güter zwischen Terminals übernimmt die Schiene. Die Eigenheit des UKV ist, dass die Güter in einem Behälter verbleiben und von der Strasse auf die Schiene, z.B. mit einem Kran oder einem mobilen Umschlaggerät, umgeschlagen werden. Bei diesen Behältern handelt es sich um Wechselbehälter, Container oder Sattelauflieger. Während sich die beiden erstgenannten aufgrund ihrer standardisierten Dimensionen und Kranbarkeit uneingeschränkt für den UKV eignen, müssen die Sattelauflieger differenzierter betrachtet werden. Im begleiteten kombinierten Verkehr (Rollende Landstrasse) können sämtliche Sattelauflieger transportiert werden. Für den UKV müssen die Sattelauflieger entweder für die Kranung ausgestattet sein oder horizontal verladen werden. Der Horizontalverlad im UKV ­ im Besonderen für Sattelauflieger ­ ist wenig verbreitet; nur vier Terminals in Europa bedienen sich der Modalohr-Technologie. Für den Vertikalverlad müssen Sattelauflieger kranbar sein, was technisch ohne weiteres machbar ist. Das Zusatzgewicht und die Zusatzkosten sind vertretbar, wenn dem ein genügender Nutzen gegenüber steht. Zurzeit sind jedoch die wenigsten Sattelauflieger, die auf den Schweizer Strassen zum Einsatz kommen, kranbar. Dies
dürfte eine Folge des fehlenden Angebots für Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4 Metern im kombinierten Verkehr in der Schweiz, aber auch in vielen anderen Ländern Europas sein. Zum Vergleich: In skandinavischen Ländern gibt es Angebote im Fähr- und kombinierten Verkehr, die die Kranbarkeit voraussetzen; als Folge davon ist ein Grossteil der dortigen Sattelauflieger für die Kranung ausgestattet.

Die in Ziffer 1.1.2 dargelegten Vorzüge des Einsatzes von Sattelaufliegern sind auch für den UKV von hoher Relevanz, da der Vorteil der Masse des Sattelaufliegers auch bei deren Einsatz im UKV zum Tragen kommt. Hinzu kommt, dass der Einsatz von Sattelaufliegern im UKV eine höhere Flexibilität bei den Transportprozessen ermöglicht. Für die Abwicklung des Transports eines Sattelaufliegers im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs muss lediglich eine übliche Sattelzugmaschine 15

Unter kombinierten Verkehr versteht man gemäss Art. 2 der Verordnung vom 4. November 2009 über die Förderung des Bahngüterverkehrs (BGFV; SR 740.12) den Bahntransport von Containern, begleiteten oder unbegleiteten Lastwagen, Anhängerzügen, Sattelmotorfahrzeugen, Anhängern, Sattelaufliegern und abnehmbaren Aufbauten (Wechselaufbauten), wobei der Umschlag zwischen Strassen- oder Rheintransport und Eisenbahn ohne Wechsel des Transportgefässes erfolgt und durch besondere Bauten, Anlagen und Einrichtungen erleichtert wird.

3833

verfügbar sein. Für Wechselbehälter und Container sind hingegen spezielle Anhängerfahrgestelle erforderlich, was wiederum höhere logistische Anforderungen an einen reibungslosen Transport stellt.

1.1.3

Beförderung von Sattelaufliegern mit 4-Meter-Eckhöhe auf der Schiene

Der Ausbau des Lichtraumprofils der Gotthard-Achse ist nötig, um die Beförderung von Sattelaufliegern mit einer Eckhöhe von 4 Metern auf der Schiene zu ermöglichen. Im Folgenden wird die Bedeutung des Lichtraumprofils erläutert und die diesbezügliche Ausgangslage auf den Nord-Süd-Bahnachsen durch die Schweiz dargestellt.

Definition hochprofiliger Trassen Neben der Trassenkapazität der Bahninfrastruktur sind die sogenannten «Infrastrukturparameter» von grosser Bedeutung für die Frage, in welchem Ausmass die zur Verfügung stehende Infrastruktur für den Schienengüterverkehr attraktiv und für spezifische Güterverkehrsangebote geeignet ist. Die Infrastrukturparameter bestimmen bspw. die maximale Zugslänge, die Achslasten, die Geschwindigkeiten, aber auch das Lichtraumprofil.

Das Lichtraumprofil umfasst den von der Grenzlinie fester Anlagen umschriebenen Raum und die Sicherheitsräume (Art. 18 EBV16) und bestimmt damit die maximalen Masse der Schienenfahrzeuge und Behälter, die auf einer Strecke verkehren dürfen.

In den Ausführungsbestimmungen zur EBV (AB-EBV17) sind verschiedene Standards definiert (z. B. EBV 2; EBV 3), die den gebräuchlichen internationalen Definitionen des Lichtraumprofils durch die UIC (Union Internationale des Chemins de fer) entsprechen.

16 17

Verordnung vom 23. November 1983 über Bau und Betrieb der Eisenbahnen (Eisenbahnverordnung, EBV), SR 742.141.1.

Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung, AB-EBV, SR 742.141.11.

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Abbildung 2 Darstellung des Lichtraumprofils am Beispiel des Paradiso-Tunnels

Speziell für den kombinierten Verkehr werden darüber hinaus Streckencodes verwendet, die zeigen, welche Kombination aus Ladeeinheit (Transportbehälter) und Schienenfahrzeug (Tragwagen) welches Lichtraumprofil benötigt. Beim Streckencode wird zwischen UKV und Rollender Landstrasse unterschieden. Die folgende Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Lichtraumprofil, Streckencode und Breite bzw. Eckhöhe der Sattelauflieger.

Tabelle 1 Entsprechungstabelle Lichtraumprofil, Streckencode und Eckhöhe Lichtraumprofil

Streckencodes18 für den UKV

Maximale Eckhöhe der Sattelauflieger für die Rollende Landstrasse

im UKV

Breite <2.50 m

auf der Rollenden Landstrasse >2.50 m

<2.50 m

>2.50 m

EBV 3

P80/408

NT70/398

4.10 m

4.08 m

4.00 m

3.98 m

EBV 2

P60/384

NT50/375

3.90 m

3.84 m

3.80 m

3.75 m

18

Der Streckencode ist wie folgt aufgebaut: P bedeutet Poche und gilt für Rollmaterial im unbegleiteten kombinierten Verkehr. NT steht für die Niederflurtragwagen der Rollenden Landstrasse. Die zweistellige Zahl gilt für Fahrzeugbreiten bis 2,50 Metern. Um die Maximale Eckhöhe zu erhalten, wird zu dieser Zahl 3,30 Meter gezählt (P80 + 330 = Eckhöhe 4,10 Meter). Die dreistellige Zahl gilt als maximale Eckhöhe breiterer Fahrzeuge.

3835

EBV 3 entspricht dem für den 4-Meter-Korridor nötigen Profil. Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4 Metern können auf den sogenannten hochprofiligen Trassen befördert werden. EBV 2 ist das derzeit gültige Lichtraumprofil auf den meisten Zulaufstrecken zum Gotthard. Südlich von Rotkreuz ist nur das Profil EBV 1 mit spezifischen Ausweitungen für P60 vorhanden. Auf einem herkömmlichen im UKV benutzten Tragwagen, der beispielsweise auf der Gotthard-Achse mit dem Lichtraumprofil EBV 2 und EBV 1/P60 eingesetzt wird, darf ein Sattelauflieger von 2,55 m Breite heute maximal 3,84 m hoch sein.

Die maximalen Eckhöhen der Sattelauflieger, die auf einer Strecke befördert werden können, werden nebst dem Streckencode zusätzlich vom eingesetzten Rollmaterial bestimmt. Die Rollende Landstrasse auf der Gotthard-Achse kann dank dem Einsatz sehr tiefer Niederflurtragwagen Sattelzüge je nach Breite und Beladung von 3,92­ 3,97 m Eckhöhe transportieren. Wegen den geltenden Sicherheitsvorschriften können die Tragwagen nicht noch tiefer gelegt werden.

Kapazitäten für hochprofilige Sendungen auf den Nord-Süd-Bahnachsen durch die Schweiz Im alpenquerenden Schienengüterverkehr durch die Schweiz sind zwei Bahnachsen von zentraler Bedeutung: die Lötschberg­Simplon-Achse und die Gotthard-Achse.

Beide Achsen sind Bestandteil des prioritären Projekts 24 des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V)19 und des europäischen Güterverkehrskorridors 1 Zeebrugge­Antwerpen/Rotterdam­Duisburg­Basel­Mailand­Genua20.

19

20

Entscheidung Nr. 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes; ABl. L 167 vom 30.4.2004; Berichtigt ABl. L 201 vom 7.6.2004.

Verordnung (EU) Nr. 913/2010 vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr, ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 22.

3836

Abbildung 3 Europäischer Güterverkehrskorridor 1

Lötschberg­Simplon-Achse Derzeit ist von beiden schweizerischen Nord-Süd-Bahnachsen nur die Lötschberg­ Simplon-Achse geeignet, Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4,00 m zu befördern. Bis 2001 erfolgten dafür Anpassungen an der Lötschberg-Scheitellinie auf das Lichtraumprofil «EBV 3 reduziert». Die nötigen Anpassungen auf italienischer Seite des Simplons wurden wenig später abgeschlossen. Der Ausbau wurde aus Mitteln der zweckgebundenen Mineralölsteuer finanziert. Die veranschlagten Kosten lagen bei 230 Millionen Franken. Diese sogenannten SIM-Trassen (Simplon-Inter-Modal)

3837

sind für den hochprofiligen21 kombinierten Verkehr ausgelegt und im Fahrplan speziell trassiert.

Da die Strecke teilweise nur auf einem Gleis ausgebaut wurde, ist nur ein Teil der Trassenkapazitäten am Simplon für hochprofiligen kombinierten Verkehr verwendbar: Es stehen stündlich zwei SIM-Güterverkehrs-Trassen pro Richtung zur Verfügung, die bereits heute praktisch vollständig ausgelastet sind. Die beiden anderen pro Stunde verfügbaren Trassen weisen eine für SIM-Trassen ungenügende Ladungsgrenze (P45) auf. Südlich des Simplons sind die Kapazitäten zwischen Domodossola und Novara für den Transport von Behältern mit 4 Metern Eckhöhe zusätzlich beschränkt, da dort grösstenteils nur einspurige Abschnitte bestehen. (Es verbleiben 33 Trassen pro Tag. Dies entspricht einem Angebot von etwa einer Trasse pro Stunde und Richtung.) Von diesen Trassen werden rund zwei Drittel durch das Angebot der Rollenden Landstrasse zwischen Freiburg im Breisgau und Novara, ein Drittel durch hochprofiligen UKV beansprucht.

Über die Lötschberg­Simplon-Achse können die wichtigen Terminals in Domodossola und Novara im UKV und mit der Rollenden Landstrasse erreicht werden. Weitere wichtige Terminals des kombinierten Verkehrs südlich der Alpen wie BustoArsizio, Gallarate und Melzo können mit 4-Meter-Behältern über diese Achse derzeit nicht angefahren werden.

Nebst dem Lichtraumprofil ist die erlaubte Zugslänge ein wichtiger Infrastrukturparameter. Italien und die Schweiz haben in verschiedenen ministeriellen Arbeitsgruppen die nötigen Verbesserungen der Infrastruktur für den Güterverkehr in beiden Ländern diskutiert und Massnahmen koordiniert. Demnach ist geplant, dass bis ins Jahr 2020 auf der Lötschberg­Simplon-Achse Basel­Domodossola­Novara Züge mit einer Länge von 650 m via Borgomanero, bzw. 750 m via Arona fahren können (heute 575 bzw. 540 m).22 Gotthard-Achse Auf der Gotthard-Achse gilt derzeit der Streckencode P60/384, was dem Lichtraumprofil EBV 2 entspricht23. Nur Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von maximal 3,84 m können somit über die Gotthard-Achse befördert werden. Die NEATBasistunnels des Gotthards und Ceneri (im Übrigen auch des Lötschbergs) sind hingegen bereits für eine maximale Eckhöhe von 4,20 m (entspricht EBV 4 bzw.

Streckencode P99) ausgelegt.

Die Gotthard-Achse ist für den kombinierten Verkehr von
hoher Bedeutung, da über den Ast Giubiasco­Ranzo­Luino die Terminals von Busto-Arsizio, Gallarate und weitere Terminals westlich Mailands erreicht werden können. Über die Streckenführung Giubiasco­Chiasso können die Terminals im südlichen Tessin (u.a. Chiasso, Stabio), in Mailand (u.a. Segrate und Smistamento) und östlich von Mailand (Melzo, Brescia) erreicht werden. Bei Eröffnung der NEAT stehen sechs Transit-Gütertrassen pro Stunde und Richtung zur Verfügung, wovon zwei via Luino und vier via 21 22 23

Hochprofiliger kombinierter Verkehr kann Sendungen mit einer Eckhöhe von vier Metern befördern (z. B. Sattelauflieger).

Rapport annuel 2011 du groupe de travail 1 Suisse-Italie «Infrastructure et monitoring»; 13.10.2011.

Südlich von Rotkreuz bzw. Zug gilt das Lichtraumprofil «EBV 1/P60». Für den Güterverkehr hat dies keine Auswirkungen. Für den Personenverkehr ist der Unterschied jedoch wesentlich, da der Einsatz von Doppelstockzügen das Profil EBV 2 voraussetzt.

3838

Chiasso führen. Zudem sind die Steigungen auf der Gotthard-Achse nach Inbetriebnahme der NEAT geringer als auf der Lötschberg­Simplon-Achse, wo zur Bewältigung der verbleibenden Steigungen selbst bei den üblichen Zugsgewichten eine zusätzliche Lokomotive benötigt wird.

Die erlaubte Zugslänge ist zurzeit auf der Gotthard-Achse und in Italien im Vergleich zu den Ländern im Norden eingeschränkt. Heute können auf dieser Achse durch die Schweiz Züge mit einer Länge von 600 m und in Italien solche von 575­600 m Länge verkehren. Im Norden der Schweiz sind auf den für den Güterverkehr wichtigsten Strecken bereits Zugslängen von 750 m erlaubt, was es ermöglicht 15­25 % mehr Güterwagen zu transportieren. Es ist geplant, dass bis ins Jahr 2020 auf der Gotthard-Achse Basel­Chiasso­Milano 750 m lange Züge, bzw.

Basel­Luino­Novara 700 m lange Züge gefahren werden können.24 Abbildung 4 Streckenprofile der Schienengüterkorridore Aktuelle Situation

Situation 2020 Basel

Basel Olten

Brugg

Bern

PC80

Thun

PC60 PC50

Frutigen

Olten

Brugg

PC99

Bern

PC80

Rotkreuz

Erstfeld

Thun

PC60

Frutigen

PC50

PC45

SIMPLON

GOTTHARD

Domodossola

Biasca Brig

SIMPLON

GOTTHARD

Domodossola Bellinzona

Premosello

Bellinzona

Premosello Luino

Luino Arona

Laveno Sesto C.

Borgomanero

Vignale

Gallarate Busto A.

Parabiago

Novara

Laveno

Arona

Mendrisio Chiasso

Oleggio

Erstfeld

PC45 Biasca

Brig

Rotkreuz

Mendrisio

Sesto C.

Borgomanero

Chiasso Oleggio

B. Rosales Seregno Monza

Vignale

Milano

Novara

Gallarate Busto A.

Parabiago

B. Rosales Seregno Monza Milano

Einspurstrecke für hochprofilige Verkehre zwischen FruttigenBrig und Iselle-Varzo

24

Rapport annuel 2011 du groupe de travail 1 Suisse-Italie «Infrastructure et monitoring»; 13.10.2011.

3839

Europäische Zulaufstrecken Die Streckencodes der Zulaufstrecken in den nördlichen Nachbarländern, welche für den kombinierten Verkehr durch die Schweiz relevant sind25 (Deutschland, Niederlande, Dänemark, Belgien und Luxemburg), genügen bereits heute für den Transport von hochprofiligen Sattelaufliegern im kombinierten Verkehr26.

In Italien ist ­ ausser auf der Linie Domodossola­Borgomanero­Novara ­ zurzeit keine für den Transport von Sattelaufliegern mit einer Eckhöhe von 4 Metern geeignete Infrastruktur verfügbar. Die Zulaufstrecken in Italien sind nur zum Teil für hochprofiligen kombinierten Verkehr geeignet. Die Strecke über den Simplon nach Novara via Borgomanero verfügt über den Streckencode P80/410. Auf den Abschnitten Ranzo (Grenze)­Luino­Gallarate­Busto-Arsizio sowie Domodossola­ Arona­Novara/Gallarate gilt der Streckencode P50/380, auf dem Abschnitt BustoArsizio­Mailand P45/364. Schliesslich ist die Strecke Chiasso­Mailand für den Streckencode P60/390 ausgelegt (siehe Abb. 4).

Die laufende Zusammenarbeit mit Italien betreffend die südliche Fortsetzung der NEAT stützt sich auf die Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und dem Ministerium für Infrastruktur und Verkehr der Republik Italien über die Gewährleistung der Kapazität der wichtigsten Zulaufstrecken der NEAT an das italienische Hochleistungsnetz27 ab. Sie wurde von den eidgenössischen Räten 2001 ratifiziert. Ein bilateraler Lenkungsausschuss Schweiz-Italien und die ihm unterstehenden Arbeitsgruppen treffen sich regelmässig, informieren sich gegenseitig über den Stand der Arbeiten und koordinieren die Planungen.

In diesem Rahmen wurden kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen für die südlichen Zulaufstrecken zur NEAT sowohl auf der Lötschberg­Simplon-Strecke als auch auf der Gotthard-Achse via Chiasso resp. Luino festgelegt.

Für den Simplon-Korridor sind im Investitionsplan von Rete Ferroviaria Italiana (RFI, italienischer Schieneninfrastrukturbetreiber) finanzielle Mittel bis ins Jahr 2020 für den Ausbau der Strecke Domodossola­Borgomanero­Novara vorgesehen.

Damit beabsichtigt Italien, die Schienenkapazität für den hochprofiligen Verkehr zu erhöhen (auf ca. 65 Trassen pro Tag), was die erforderlichen Kapazitäten 2020 sicherstellen sollte. Zudem soll die
maximale Zugslänge schrittweise erhöht werden, und zwar auf der Strecke Domodossola­Borgomanero­Novara auf 650 m, auf der Strecke Domodossola­Arona­Novara/Gallarate auf 750 m. Nach dem Jahr 2020 soll die Kapazität zwischen Domodossola und Novara durch den Ausbau der zweiten Verbindung über Arona­Oleggio erhöht werden. Hingegen ist auf der Strecke Domodossola­Gallarate bis 2020 kein Ausbau des Lichtraumprofils geplant, obwohl auf diesem Weg die wichtigen Terminals von Busto-Arsizio und Gallarate erreicht werden können.

Auf der Gotthard-Achse priorisiert Italien den Profilausbau des Asts Chiasso­ Mailand. Um im Hinblick auf die erwartete Verkehrszunahme bis 2020 die erforderlichen Kapazitäten zwischen Chiasso und Mailand zu garantieren, beabsichtigt 25 26 27

Internationale Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr SchieneStrasse (UIRR), Profilkarte der Bahnstrecken für Sattelanhänger, 2011, www.uirr.com.

Auf den Zulaufstrecken in Frankreich Richtung Basel gilt in der Regel ein kleinerer Streckencode P45/359.

SR 0.742.140.345.43

3840

Italien, zwischen Bivio Rosales und Monza im Rahmen der betrieblichen Massnahmen weitere technische Anpassungen (z.B. Zugfolgezeitverkürzungen) vorzunehmen. Gleichzeitig soll die Strecke Chiasso­Mailand für hochprofilige Verkehre ausgebaut werden. Die Kapazität der Luino-Strecke wird ebenfalls ausgebaut. Die maximale Zuglänge wird schrittweise erhöht, auf der Strecke Chiasso­Mailand auf 750 m, auf der Strecke Ranzo­Luino­Gallarate auf 700 m. Längerfristig sollen der Vierspurausbau Bivio Rosales­Monza sowie die Neubaustrecke Seregno­Bergamo (östliche Umfahrung Mailands) realisiert werden.

In Italien sind weitere Massnahmen zur Erhöhung der Umschlagskapazitäten im Raum Mailand geplant. Mit der teilweisen Umnutzung des Rangierbahnhofs Milano Smistamento im Osten von Mailand soll bis ins Jahr 2016 ein Umschlagsterminal für den kombinierten Verkehr errichtet werden. Weiter ist vorgesehen, die Umschlagskapazitäten im Raum Novara im gleichen Zeitraum zu erhöhen.

Mit den in der gemeinsamen Planung zwischen der Schweiz und Italien zusätzlich vorgesehenen Ausbauten der Infrastruktur kann genügend Kapazität für die bis ins Jahr 2030 prognostizierte Nachfrageentwicklung zur Verfügung gestellt werden. Da Ausbauten in Italien generell kurzfristig finanziert werden, sind die Finanzierung und somit die Projekte mit Unsicherheiten behaftet. Am 17. Dezember 2012 haben Bundesrätin Doris Leuthard und der italienische Verkehrsminister Corrado Passera eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) unterzeichnet, die die gemeinsamen Ziele und Projekte bestätigt. Im Vordergrund stehen Projekte bis 2020, insbesondere die Unterstützung der Terminalausbauten in Norditalien durch beide Länder sowie die Zusicherung der notwendigen Qualität der Zulaufstrecken (4-Meter-Profil, Harmonisierung der Zugslänge, Kapazitätssteigerung).

Italien hat sich in den Verhandlungen im Rahmen der Absichtserklärung aus KostenNutzen-Gründen und regionalpolitischen Überlegungen gegen den Profilausbau des Ranzo­Luino-Asts der Gotthard-Achse ausgesprochen. Jedoch laufen auf dieser Linie heute 70­75 % des kombinierten Verkehrs der Gotthard-Achse nach Italien.

Nur über den Luino-Ast können die wichtigen Terminals Busto-Arsizio und Gallarate sowie Novara über die Gotthard-Achse erreicht werden. Sollten die Massnahmen für den Profilausbau auf
diesen Streckenabschnitten nicht realisiert werden, so kann die Bedienqualität nicht erhöht werden.

Für die Verlagerungspolitik der Schweiz ist die Leistungsfähigkeit aller Nord-SüdAchsen, also des Luino- und des Chiasso-Asts auf der Gotthard-Achse sowie der Lötschberg­Simplon-Achse, von zentraler Bedeutung. Das Angebot der Schweiz für eine Finanzhilfe für die Investitionen in Terminals und die Infrastrukturausbauten auf den Strecken Ranzo­Gallarate/Novara und Chiasso­Mailand ist deshalb Bestandteil der Absichtserklärung.

Interoperable Strecken Im Eisenbahnverkehr spielen heute in vielerlei Hinsicht die nationalen Grenzen noch eine grosse Rolle. Deshalb ist es ein Ziel des Bundesrats wie auch der Europäischen Kommission, die Interoperabilität zu verbessern28. Unter «Interoperabilität» wird die Eignung des europäischen Eisenbahnsystems für einen durchgehenden und sicheren 28

BBl 2007 2681

3841

grenzüberschreitenden Zugverkehr verstanden. Mit dem zweiten Schritt der Bahnreform 2 ist im 7a. Abschnitt des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 195729 die Interoperabilität mit dem europäischen Eisenbahnsystem im Schweizer Recht verankert worden30. Diese Änderung tritt voraussichtlich am 1. Juli 2013 in Kraft.

Im Grundsatz muss das schweizerische Eisenbahnsystem, soweit es auch dem internationalen Verkehr dient, die dafür erforderlichen technischen Anforderungen erfüllen. Die Gotthard-Achse ist Bestandteil des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V)31 und des europäischen Güterverkehrskorridors 132, womit diese Achse eindeutig eine Verkehrsachse mit internationaler Bedeutung ist. Bei der Umsetzung des neuen Artikels 23a des EBG wird angestrebt, dass die Gotthard-Achse den europäischen Anforderungen entspricht, was den Ausbau auf ein höheres Lichtraumprofil einschliesst.

Die Zielsetzung der Interoperabilität, wie sie in der Botschaft zum zweiten Schritt der Bahnreform 2 formuliert ist, deckt sich mit dem Ziel des 4-Meter-Korridors: Mit der Verbesserung der Interoperabilität kann die Verlagerung auf die Schiene gestärkt werden. Heute ist der Güterverkehr auf der Schiene gegenüber demjenigen auf der Strasse im grenzüberschreitenden Verkehr im Nachteil. Eine verbesserte Interoperabilität führt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit der Schiene, stärkt die Verlagerung und trägt zu einer effizienteren Auslastung der NEAT-Basistunnel bei.

1.1.4

Bedarf einer Achse für die Beförderung von Sattelaufliegern mit einer Eckhöhe von 4 Metern am Gotthard

Bestehendes Angebot Auf den SIM-Trassen der Lötschberg­Simplon-Achse wurden im Jahr 2011 220 000­240 000 Sendungen33 befördert. Etwa 80 % dieser Sendungen wurden bis Novara oder weiter in den Süden geführt. Rund zwei Drittel dieser Sendungen waren hochprofilig, was zeigt, dass der überwiegende Anteil der Züge mit ­ in Bezug auf die Höhe ­ gemischten Behältern verkehrte. Die Rollende Landstrasse beförderte rund die Hälfte der hochprofiligen Sendungen.

29 30 31

32

33

SR 742.101 BBl 2012 3481 Entscheidung Nr. 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes; ABl. L 167 vom 30.4.2004; Berichtigt ABl. L 201 vom 7.6.2004.

Verordnung (EU) Nr. 913/2010 vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr, ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 22.

Eine Sendung ist eine Masseinheit für den Gütertransport. Eine Sendung entspricht der Ladekapazität eines Last- oder Sattelzuges, d.h. einem Sattelauflieger, einem standardisierten 30-Fuss, 40-Fuss oder 45-Fuss-Container, einem standardisierten 20-FussContainer schwerer als 16 Tonnen, zwei 20-Fuss-Containern (TEU) leichter als 16 Tonnen, drei Wechselbehältern, die kleiner als 20-Fuss-Container sind, oder einem Fahrzeug im begleiteten kombinierten Verkehr.

3842

Potenzielle Nachfrage Im Zuge der Vorbereitung dieser Vorlage wurden Analysen vorgenommen. Diese rechnen für das Jahr 2030 mit 1,47 Millionen Sendungen im alpenquerenden kombinierten Verkehr34, was einem Wachstum von etwas mehr als 50 % gegenüber 2011 entspricht. Die Nachfrage des hochprofiligen Verkehrs kann mittels dreier Szenarien eingeschätzt werden.

1.

Szenario «Maximal»: Um die logistischen Abläufe im kombinierten Verkehr möglichst zu vereinfachen und dem Transportmarkt eine möglichst hohe Flexibilität zu bieten, sollten alle Züge des kombinierten Verkehrs auf einer für hochprofilige Sendungen geeigneten Infrastruktur geführt werden können. Dies hätte zur Folge, dass die Sendungen nicht nach ihrem Profilbedarf auf bestimmte Züge verteilt werden müssen, was eine Reduktion des logistischen Aufwands zur Folge hat. Damit stellt die Grösse von 1,47 Millionen Sendungen die maximale Nachfrage dar.

2.

Szenario «Mittel»: In diesem Fall unterstellt man, dass in gewissen Zügen keine hochprofiligen Sendungen befördert werden. So benötigt beispielsweise der kombinierte Verkehr aus den Hochseehäfen, der aus reinen Containerzügen oder Ganzzügen mit Chemie- oder anderen Flüssigkeitstransporten besteht, keine hochprofiligen Trassen. Dies ist heute bei ca. 40 % der Züge der Fall, was im Jahr 2030 550 000 Sendungen entsprechen würde.

Werden diese Sendungen von der maximalen Nachfrage abgezogen, so erhält man eine Nachfrage von 850 000 hochprofiligen Sendungen im Jahr 2030.

3.

Szenario «Tief»: Unterstellt man hingegen zukünftig kein überdurchschnittliches Wachstum der Sattelauflieger im UKV, so wächst die Nachfrage nach hochprofiligen Trassen parallel zur Gesamtnachfrage und zum kombinierten Verkehr. Entsprechend wäre von einer Nachfrage von 350 000 Sendungen im Jahr 2030 auszugehen, die als Untergrenze der Nachfrage nach 4-MeterTrassen gesetzt werden kann.

Im Idealfall sollten mit dem Bau des 4-Meter-Korridors Kapazitäten zur Befriedigung der Nachfrage gemäss Szenario «Maximal» zur Verfügung gestellt werden.

Damit werden der logistische Aufwand im kombinierten Verkehr vereinfacht und die Produktivität erhöht. Stehen lediglich Kapazitäten gemäss den Szenarien «Mittel» oder «Tief» zur Verfügung, so steigt der logistische Aufwand deutlich an, da (wie heute) in den Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs spezielle hochprofilige Züge zusammengestellt werden müssten. Dies vermindert das Verlagerungspotenzial.

Künftiger Bedarf an 4-Meter-Trassen Auf einer Trasse pro Stunde und Richtung können bei heutiger Zugslänge theoretisch rund 100 000 Sendungen pro Jahr transportiert werden, was auf der Lötschberg­Simplon-Achse mit etwa zwei hochprofiligen Trassen pro Stunde und Rich34

Dabei wird entsprechend den Feststellungen des Verlagerungsberichts 2011 unterstellt, dass das Verlagerungsziel nicht erreicht wird resp. keine Alpentransitbörse oder ähnlichen restriktive Instrumente eingesetzt werden.

3843

tung 400 000 Sendungen entspricht. Die künftigen Zugslängen von 700­750 m werden theoretisch maximal 120 000 Sendungen erlauben. Aktuell werden auf den SIM-Trassen der Lötschberg­Simplon-Achse jährlich 220 000­240 000 Sendungen befördert.

Um 1,47 Millionen hochprofilige Sendungen befördern zu können (Szenario «Maximal»), wären auf Basis dieser Angaben mindestens 12­14 Trassen bzw. 6­7 Trassenpaare pro Stunde notwendig. Zusätzlich zu den beiden bestehenden hochprofiligen Trassenpaaren auf der Lötschberg­Simplon-Achse wären also 4­5 weitere Trassenpaare im Profil EBV 3 nötig. Dieser Bedarf ist mit den nach Inbetriebnahme der NEAT am Gotthard verfügbaren Kapazitäten gedeckt, falls diese hochprofilig sind.

Sollen hingegen 850 000 hochprofilige Sendungen die Schweizer Alpen queren (Szenario «Mittel»), so sind auf der Lötschberg­Simplon-Achse stündlich 2­3 zusätzliche Trassenpaare in geeigneter Qualität nötig.

1.1.5

Der Nutzen einer Achse für die Beförderung von Sattelaufliegern mit 4 MeternEckhöhe am Gotthard

Ein neues Element der schweizerischen Verlagerungspolitik Der Bundesrat erachtet den Ausbau des Lichtraumprofils auf der Gotthard-Achse als geeignete Massnahme, um zusätzliche alpenquerende Gütertransporte von der Strasse auf die Schiene verlagern zu können und so das Verlagerungskonzept, welches mit dem GVVG beschlossen wurde, zu ergänzen.

Wie in Ziffer 1.1.2 dargelegt, werden im UKV vermehrt Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4,00 m eingesetzt, weil dies für Verlader und Transporteure mit eindeutigen logistischen und ökonomischen Vorteilen verbunden ist. Für die erwartete Nachfragesteigerung in diesem Segment besteht beim alpenquerenden Verkehr zukünftig ein Defizit an hochprofiligen Trassen. Der Ausbau der Zulaufstrecken des Gotthard-Basistunnels ­ die Errichtung eines sogenannten 4-Meter-Korridors ­ ist die geeignete Massnahme, um genügend hochprofilige Trassen auf der Schiene zur Verfügung zu stellen. Für den vollen Nutzen des Ausbaus muss aber mit den Nachbarländern sichergestellt werden, dass die abgesprochenen Ausbauten auf den Zulaufstrecken rechtzeitig realisiert werden.

Die Erstellung des 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse steigert die Attraktivität des kombinierten Verkehrs und kann so Anreize für die Erschliessung zusätzicher Verlagerungspotenziale setzen. Der Ausbau zum höheren Lichtraumprofil bewirkt, dass alle heute europaweit gängigen Umschlagsbehältnisse im kombinierten Verkehr verladen werden können. Mit dem 4-Meter-Korridor wird so die Entwicklungs- und Zukunftsfähigkeit des alpenquerenden kombinierten Verkehrs verbessert, und zwar aus folgenden Gründen: ­

Ein Wegbruch des kombinierten Verkehrs wird verhindert, indem der verstärkte Einsatz von Sattelaufliegern, welche in erster Linie Wechselbehälter als Transportgefäss ersetzen, möglich wird.

­

Es werden Kapazitäten geschaffen für das künftige Verkehrswachstum im UKV, der voraussichtlich zu einem grösseren Teil durch den Einsatz von Sattelaufliegern abgewickelt werden wird.

3844

­

Mit der Beförderung von Sattelaufliegern können zusätzliche Verlagerungspotenziale erschlossen werden, indem für bestehende Strassentransporte mit Sattelzügen die Transportkette im UKV neu oder mit einer erhöhten Attraktivität zur Verfügung steht.

Mit dem Ausbau der Gotthard-Achse zum 4-Meter-Korridor können die Produktivitätsfortschritte der Flachbahn auf der Gotthard-Achse mit den Vorteilen des 4-Meter-Korridors kombiniert werden. Dies erlaubt die Realisierung weiterer Produktivitätspotenziale der NEAT und eine Erhöhung der Verlagerungswirkung, die mit der Inbetriebnahme der NEAT verbunden ist. Zudem ist es über die GotthardAchse möglich, wichtige Terminals im Raum Mailand zu erreichen.

Im Vorfeld zum Verlagerungsbericht 2011 und zu dieser Vorlage wurden Analysen des Verlagerungsprozesses vorgenommen35. Diese verdeutlichen das Verlagerungspotenzial, das mit der Verfügbarkeit des 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse verbunden ist.36 Gemäss diesen Analysen lassen sich durch die Infrastrukturausbauten der NEAT allein im Jahr 2020 schätzungsweise 70 000 zusätzliche alpenquerende Schwerverkehrsfahrten auf der Strasse vermeiden; im Jahr 2030 sind es rund 80 000 Fahrten. Der UKV profitiert von einem Mehrvolumen in Höhe von etwas mehr als 105 000 Sendungen (2020) resp. 115 000 Sendungen (2030). Der Ausbau der Gotthard-Achse zum 4-Meter-Korridor kann dieses Mehrvolumen des UKV stark erhöhen auf ca. 250 000 Sendungen. Die Verlagerungswirkung, d.h. die Reduktion der alpenquerenden Schwerverkehrsfahrten auf der Strasse, erhöht sich mit der Verfügbarkeit des 4-Meter-Korridors auf ca. 210 000 Fahrten im Jahr 2020 und 240 000 Fahrten im Jahr 2030.

Tabelle 2 Auswirkung der NEAT und des 4-Meter-Korridors auf den Verkehr Jahr 2020 NEAT alleine

Schwere Güterfahrzeuge

Jahr 2030 Inkl. 4-MeterKorridor

NEAT alleine

Inkl. 4-MeterKorridor

­70 000

­210 000

­80 000

­240 000

Sendungen im kombinierten +105 000 Verkehr

+250 000

+115 000

+250 000

Unabhängig davon wird der Güterverkehr in den kommenden Jahren bis 2030 mit Sicherheit weiter zunehmen. Dies insbesondere im alpenquerenden Nord-SüdVerkehr, der eine wichtige Verbindungsfunktion für die eng miteinander verflochtenen europäischen Volkswirtschaften besitzt. Diese Entwicklung des Gesamtmarkts 35

36

Infras, Auswirkungen der Fertigstellung der NEAT auf die Erreichung des Verlagerungsziels im Güterverkehr, 2012.

Diese Studie modellierte keine Auswirkungen auf die Rollende Landstrasse, da deren Angebot vom Bund bestellt und nicht vom Markt bestimmt wird. Die hier publizierten Angaben weichen in einem Punkt von den Berechnungen von Infras ab. Im Jahr 2030 wird ein Wachstum der Rollenden Landstrasse zulasten des Schwerverkehrs von rund 105 000 auf 145 000 Sendungen pro Jahr angenommen.

In Anschluss an den Verlagerungsbericht wurden die Analysen der Verlagerungswirkung von NEAT und 4-Meter-Korridor weiter vertieft, weshalb die Angaben in dieser Botschaft von jenen im Verlagerungsbericht teilweise abweichen können.

3845

kompensiert weitgehend den NEAT-Effekt. Für das Jahr 2020 werden trotz Inbetriebnahme der durchgehenden Flachbahn immer noch bis zu 1,5 Millionen schwere Güterfahrzeuge die Schweizer Alpen auf der Strasse überqueren. Bei der durchgehenden Erweiterung der Gotthard-Achse auf einen 4-Meter-Korridor werden es noch ca. 1,35­1,4 Millionen in den Jahren 2020 und 2030 sein.

Vom Wachstum des Gesamtmarkts wird eindeutig der UKV profitieren. Dessen Marktvolumen steigt bis zum Jahr 2020 auf den schweizerischen alpenquerenden Bahnachsen auf bis zu ca. 1,2 Millionen alpenquerende Sendungen an; bis ins Jahr 2030 werden 1,3 Millionen alpenquerende Sendungen erwartet.

Die Verfügbarkeit eines 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse dient in erster Linie dem UKV. Es ist zudem anzunehmen, dass die Rollende Landstrasse dank einem 4-Meter-Korridor auf der Gotthard-Achse kostengünstiger angeboten werden kann und zusätzliche Nachfragepotenziale erschlossen werden können. Mit dem 4-Meter-Korridor werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass alle Arten im Strassengüterverkehr eingesetzter Fahrzeuge und Ladebehälter auch auf der Schiene durch die Schweiz transportiert werden können. Auf diesem Weg sind zugleich alle Voraussetzungen für eine geeignete schienenseitige Flankierung einer Alpentransitbörse geschaffen, wie sie der Bundesrat mit der Botschaft zur Güterverkehrsvorlage37 vorgeschlagen hat und für die er gemäss Artikel 6 GVVG in Abstimmung mit dem Ausland völkerrechtliche Verträge abschliessen kann.

Darüber hinaus werden mit der Verfügbarkeit eines durchgängigen 4-MeterKorridors zwischen wichtigen Wirtschaftszentren Anreize geschaffen, das verfügbare Lichtraumprofil für den sonstigen Schienengüterverkehr (konventioneller Wagenladungsverkehr) nutzbar zu machen. Zum Beispiel könnte durch Anpassungen der Höhe von Wagen des konventionellen Wagenladungsverkehrs auch das Ladevolumen solcher Waggons erhöht werden. Auf Strecken ausserhalb der Schweiz, wo ein entsprechendes Lichtraumprofil verfügbar ist, werden bereits heute solche Wagen im konventionellen Wagenladungsverkehr, insbesondere bei Ganzzügen, eingesetzt.

Der Nutzen eines 4-Meter-Korridors für den Personenverkehr Das aktuelle Lichtraumprofil «EBV 1/P60» auf der Gotthard-Achse erlaubt südlich von Zug und Rotkreuz nur den Verkehr von einstöckigen Zügen. Mit der Eröffnung des Gotthard- und des Ceneri-Basistunnels wird die Attraktivität des Angebots sowohl für den Güter- als auch den Personenverkehr steigen. Aufgrund der verkürzten Reisezeit zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin bzw. Italien rechnet man mit einer Verdoppelung der Nachfrage gegenüber dem heutigen Stand. Trotz der Einführung eines Halbstundentakts zwischen Zürich und Lugano wird die Sitzplatzkapazität des einstöckigen Rollmaterials nicht ausreichen, um diese Nachfrage zu decken. Das gilt besonders für Spitzenzeiten (Wochenenden und Ferien). Eine Profilerhöhung im Rahmen der Projekts «4-Meter-Korridor» auf der Strecke südlich von Rotkreuz würde den Einsatz von Doppelstockzügen und damit eine Kapazitäts-

37

BBl 2007 4377

3846

ausweitung im Personenverkehr zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin ermöglichen38.

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Ausbaumassnahmen für einen 4-Meter-Korridor auf der Gotthard-Achse

Massnahmen in der Schweiz Vollausbau Auf der Gotthard-Achse zwischen Basel/Weil und Chiasso bzw. Ranzo soll das bestehende Lichtraumprofil erweitert werden, um den Transport von Strassenfahrzeugen mit einer Eckhöhe von 4,00 m und einer Breite von 2,60 m auf dafür geeigneten Bahnwagen zu ermöglichen (siehe Abb. 5 und 6). Dazu werden die erwähnten Strecken auf das Lichtraumprofil EBV 3 (S2) vergrössert.

Der Gotthard- und der Ceneri-Basistunnel verfügen über das Profil EBV 4 (S3). Es ist im Rahmen der Massnahmen für einen 4-Meter-Korridor vorgesehen, bei Tunnelneubauten ebenfalls das grössere Profil EBV 4 (S3) zu realisieren. Die Kostenunterschiede zwischen EBV 3 und EBV 4 sind bei Neubauten verhältnismässig gering.

Insgesamt sind rund zwanzig Tunnelobjekte mit ungenügenden Profilverhältnissen und ca. 150 «Profilhindernisse» identifiziert worden. Die wichtigsten Hindernisse sind:

38

­

der 2526 m lange Bözbergtunnel und der Villnacherntunnel (184 m),

­

die beiden je 200 m langen Rindelfluhtunnel bei Arth-Goldau,

­

der Morschachertunnel (414 m),

­

die Tunnel Crocetto und Giustizia (275 und 64 m) auf der für die Betriebsabwicklung wichtigen Umfahrungsstrecke zwischen dem Südportal des Gotthard-Basistunnels und Biasca­Giustizia,

­

die Tunnel Svitto (290 m) und Dragonato (30 m) bei der Südausfahrt von Bellinzona,

­

die Tunnel Massagno, Paradiso, San Martino, Maroggia, Molino, Coldrerio und Balerna mit einer Gesamtlänge von 1,4 km zwischen dem Südportal des Ceneri-Basistunnels und Chiasso,

­

rund 150 weitere Objekte wie Überführungen, Signalanlagen, Perrondächer, Fahrstromanlagen etc.

Der Ausbau auf ein Profil EBV3 auf der Strecke (Basel­)Rotkreuz­Chiasso liegt auch im Interesse des Personenverkehrs. Die Strecke Zug­Arth-Goldau wird im Rahmen des zwischen 2017 und 2018 vorgesehenen regulären Sanierungsprogramms auf den Standard EBV 2 gebracht.

3847

Beschreibung der Ausbaumassnahmen im Einzelnen Abbildung 5 Nördlicher Abschnitt des 4-Meter-Korridors

Bözberg- und Villnacherntunnel Die beiden Doppelspurtunnel weisen eine Länge von 2526 m (Bözberg) und 184 m (Villnachern) auf. Sie sind Teil der Strecke 700, Basel­Frick­Brugg. Die Strecke ist für den internationalen Personen- und Güterverkehr, für nationale Verbindungen und die Erschliessung der Wirtschaftszentren im Mittelland und im Raum Basel von grosser Bedeutung.

In den Jahren 1999­2000 wurde das Tunnelgewölbe teilweise instand gesetzt. Unter Annahme, dass ca. bis im Jahr 2025 ein neuer Tunnel zu bauen ist, wurde eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zugrunde gelegt.

3848

Für den Ausbau zum 4-Meter-Korridor wurden vier Bauvarianten untersucht: Variante

Bözbergtunnel

Villnacherntunnel

1

Umbau auf EBV 3 unter Betrieb

Umbau auf EBV 3 unter Betrieb

2

Neubau eines parallelen Doppelspurtunnels mit EBV 4

Umbau auf EBV 3 unter Betrieb

Ausbau des bestehenden Tunnels als Sicherheitsstollen 3

Neubau eines parallelen Einspurtunnels mit EBV 4

Umbau auf EBV 3 unter Betrieb

anschliessender Ausbau des alten Tunnels zum zweiten 4-m-tauglichen Gleis 4

Neubau eines parallelen Einspurtunnels mit EBV 4

Neubau eines parallelen, einspurigen Tunnels mit EBV 4

anschliessender Ausbau des alten anschliessender Ausbau des alten Tunnels zum zweiten 4-m-tauglichen Tunnels zum zweiten 4-m-tauglichen Gleis Gleis Als Bestvariante aus finanzieller und operativer Perspektive resultiert Variante 2. Sie ist kostengünstiger als die Varianten 3 und 4, jedoch teurer als die Variante 1. Der Neubau eines Paralleltunnels am Bözberg hat aber gegenüber einem Umbau unter Betrieb wesentliche Vorteile bezüglich Bauzeit, Umsetzungsziel, betrieblicher Einschränkungen während der Bauzeit, Sicherheitsrisiken während der Bauzeit, Sicherheit bei Störfall im definitiven Betrieb, Kapazitäten sowie künftige Bausubstanz, Nutzungsdauer und Unterhaltskosten. Die Variante 2 kann bis 2020 realisiert werden; wogegen die Bauarbeiten der Variante 1 ca. 9 Jahre beanspruchen und sich bis ins Jahr 2025 erstrecken würden.

Die finanziellen Vorteile der Variante 2 gegenüber der Variante 1 ergeben schätzungsweise einen Mehrwert von rund 80 Millionen Franken, womit sich die Variante 2 als die wirtschaftlichste erweist.

Der Villnacherntunnel wurde vor rund 20 Jahren umfassend erneuert und befindet sich baulich in einem sehr guten Zustand. Die Variante Ausweitung wurde einer Variante mit einem neuen Paralleltunnel gegenübergestellt und erwies sich eindeutig als die wirtschaftlichere und schneller realisierbare Lösung. Durch einseitige Profilaufweitung, verbunden mit einer Korrektur der Gleislage, lässt sich das erforderliche Profil herstellen.

Strecke Olten­Gexi­Othmarsingen Durch diese Streckenausbauten werden die beiden 4-Meter-Korridore bzw. NordSüd-Achsen (Hauenstein­Lötschberg und Bözberg­Gotthard) verbunden. Dadurch kann im Störungsfall hochprofiliger Verkehr über beide Achsen umgeleitet werden.

Die Investitionen für den Umbau von Signalbrücken und Fahrstromanlagen betragen ca. 2,8 Millionen Franken und sind in den Objekten «offene Strecke» enthalten.

3849

Rindelfluhtunnel Die beiden je rund 200 m langen Einspurtunnel Rindelfluh bei Arth-Goldau wurden anlässlich der Sanierung in den Jahren 2011­2013 auf 4 Meter Eckhöhe ausgebaut.

Es sind keine weiteren Investitionen notwendig.

Morschachertunnel (Axen) Auf der Strecke von rund 12 km Länge zwischen Brunnen und Flüelen befinden sich verschiedene meist einspurige Tunnelabschnitte. Sie werden unter dem Begriff Axentunnel zusammengefasst. Alle Einspurtunnel haben ein genügend grosses Lichtraumprofil für die Durchfahrt mit 4 Metern Eckhöhe; stellenweise muss einzig der Fahrdraht durch eine Stromschiene ersetzt werden. Das Profil des zweigleisigen Teils des Morschachertunnels muss auf einer Länge von 414 m ausgeweitet werden.

Durch örtliche Schräme (Einschnitte) im Gewölbe lässt sich das Profil auf EBV3 anpassen.

Abbildung 6 Südlicher Abschnitt des 4-Meter-Korridors

Tunnel Crocetto und Giustizia Die Tunnel Crocetto und Giustizia (275 und 64 m) befinden sich auf der alten Gotthardstrecke zwischen Biasca und Giustizia. Obschon diese Tunnel über die Neubaustrecke umfahren werden könnten, muss der Nord-Süd-Güterverkehr aus betrieblichen Gründen über die alte Strecke via Biasca und demzufolge durch die beiden Tunnel Crocetto und Giustizia geführt werden. Die Finanzierung der Profilanpassung der beiden Tunnel erfolgt über die Leistungsvereinbarung zwischen dem Bund und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 3850

2013­201639, da die Ausführung bereits ab dem Jahr 2013 beginnt. Damit sind dafür im Rahmen dieser Vorlage keine weiteren Investitionen notwendig.

Tunnel Svitto und Dragonato Die Tunnel Svitto und Dragonato (290 und 30 m) befinden sich bei der Südausfahrt des Bahnhofs Bellinzona. Bei beiden Tunnel wurden Varianten mit neuem Paralleltunnel oder Ausweitung des bestehenden Tunnels geprüft, wobei als Variante auch eine Kapazitätserhöhung auf drei Spuren in Betracht gezogen wurde. Als kostengünstigste und im vorgesehenen Zeitplan (bis 2020) realisierbare Variante beim Svittotunnel ist die Ausweitung des bestehenden Doppelspurtunnels mit Kosten von ca. 36 Millionen Franken realisierbar.

Für den Ausbau der Kapazität auf der Strecke Bellinzona­Giubiasco (drittes Gleis) wird ein paralleler Einspurtunnel realisiert. Um Synergien zu nutzen, werden die Kosten dieser Vorinvestition (36 Mio. Fr.) mit dem Kredit für den 4-Meter-Korridor beantragt. Über den Zeitpunkt der Realisierung wird erst entschieden, wenn die finanziellen und baulogistischen Vorteile aus einem koordinierten Bau von Tunnelerweiterung und neuem Einspurtunnel ausgewiesen sind.

Das Profil des Dragonato-Tunnels wird für zwei Gleise im Rahmen der Substanzerhaltung erweitert. Die zusätzlichen Investitionen von ca. 10 Millionen Franken für die parallel zu realisierende Erweiterung auf drei Gleise wird im Kredit für den 4Meter-Korridor beantragt. Die Bauarbeiten für die Profilerweiterung und das dritte Gleis sind aus finanziellen und baulogistischen Gründen als eine Baustelle zu behandeln.

Die Kosten für die Vervollständigung des dritten Gleises zwischen Giubiasco und Bellinzona40 liegen in einer Grössenordnung von 150 Millionen Franken (inkl.

Svitto- und Dragonato-Tunnel).

Strecke Giubiasco­Ranzo Der Abschnitt ab Giubiasco Richtung Luino ist bis zur Landesgrenze zu Italien in Ranzo eine offene Strecke (keine Tunnel). Es sind auf dieser Strecke keine Massnahmen für ein grösseres Lichtraumprofil nötig.

Strecke Giubiasco­Lugano Vedeggio bzw. Lugano Vezia Die Zufahrt zum Terminal für den kombinierten Verkehr in Lugano Vedeggio erfolgt über die bestehende Ceneri-Bergstrecke. Nach Inbetriebnahme des CeneriBasistunnels genügt der Ausbau einer Spur auf 4 Meter Eckhöhe für die erforderliche Kapazität. Es sind zwei Doppelspur-Tunnelabschnitte von 68
m im CostaTunnel und 75 m im Molincero-Tunnel durch Optimierung der Bahntechnikanlagen und kleinere bauliche Massnahmen auf einer Spur anzupassen. Die Tunnelabschnitte Precassino und Meggiagra oberhalb Cadenazzo (713, 402 und 102 m) und der Ceneri-Scheiteltunnel (1675 bzw. 1692 m) sind Einspurtunnel mit genügendem Lichtraumprofil auf mindestens einem der Gleise.

Der Ausbau dieser Strecke dient einerseits der Anbindung des Terminals Lugano Vedeggio an den 4-Meter-Korridor. Dieser Terminal ist eine mögliche Rückfall39 40

BBl 2012 4077 Ein erster Abschnitt von 1,5 km bei Giubiasco wird im Rahmen der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB für die Jahre 2013­16 realisiert.

3851

ebene, falls sich der Ausbau der Zulaufstrecken in Italien verzögert. Andererseits wird mit dem Ausbau dieser Strecke eine Ausweichroute zum Ceneri-Basistunnel geschaffen.

Tunnel südlich des Ceneri-Basistunnels Die Tunnel Massagno, Paradiso, San Martino, Maroggia, Molino, Coldrerio und Balerna mit einer Gesamtlänge von ca. 3 km zwischen dem Südportal des CeneriBasistunnels und Chiasso müssen je nachdem entweder aufgeweitet oder neu als Paralleltunnel gebaut werden.

Die Finanzierung des Tunnels Coldrerio erfolgt über die Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB für die Jahre 2013­2016, da die Ausführung bereits ab dem Jahr 2013 beginnt. Die Tunnel Balerna und Massagno wurden bereits über die Leistungsvereinbarung 2011­2012 finanziert. Damit sind für diese drei Tunnel im Rahmen dieser Vorlage keine weiteren Investitionen notwendig.

Offene Strecke Rund 150 Objekte wie Überführungen, Signalanlagen, Perrondächer, Fahrstromanlagen sind für den 4-Meter-Korridor anzupassen. Vielfach handelt es sich um Anlagen, die zum Beispiel im Hinblick auf die optimale Schutzfunktion für die Reisenden ganz nahe an das zulässige Profil gebaut sind (in der Regel EBV 2). Die Kosten der Anpassungen sind auf 25 Millionen Franken veranschlagt.

Tabelle 3 Objekte auf offener Strecke Objekte

Massnahmen

Kosten in Mio. Fr.

Über-/Unterführungen

Anpassungen

15

Signalanlagen

Anpassung von Signalbrücken und dgl.

Fahrstromanlagen

Anpassung an den Fahrleitungen

4

Bahnhöfe, Stationen

Anpassung von Perronkanten und Perrondächern an Haltestellen

3

Total

3

25*

Kostenangaben mit Preisstand März 2012 ohne Mehrwertsteuer und Teuerung * Diverse kleine Anpassungen auf der freien Strecke mit Kosten von ca. 1 Million Franken erfolgen bereits in den Jahren 2013 und 2014 und werden über die Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB für die Jahre 2013­2016 finanziert.

Investitionskosten und Inbetriebnahme Die folgende Tabelle fasst die Kosten der einzelnen Massnahmen und die Zieltermine für die Inbetriebnahme zusammen.

3852

Tabelle 4 Massnahmen, Kosten und Zieltermine Tunnelname

Länge in m

Massnahmen

Kosten in Mio. Fr.

Zieltermin für die Inbetriebnahme

Bözberg (inkl. geologische Risiken)

2526

Neubau Doppelspurtunnel EBV 4 und Umbau des bestehenden Tunnels zum Sicherheitsstollen

348

2020

Villnachern

185

Ausweitung auf Profil EBV 3

Rindelfluh See, Rindelfluh Berg

201, 200

Ausweitung der beiden Einspurtunnel auf EBV 3 ist anlässlich der Sanierung 2012/13 erfolgt

0

2012

Morschacher (Axen)

414

Ausweitung auf EBV 3

5

2018

Crocetto, Giustizia

275, 64

Ausweitung auf EBV 3

[26]*

Svitto

290

Erweiterung Doppelspurtunnel auf EBV 3 und neuer Einspurtunnel mit EBV4

Dragonato

Massagno I, Massagno II

60

924, 943

Ausweitung auf EBV 3 (zwei Gleise zulasten Substanzerhaltung LV, drittes Gleis zulasten 4m-Korridor)

10

36

2019/20

2015/16 2017/2018

36 [13]*

2017/18

10

Einspurtunnel: nur lokale Anpassungen notwendig

[7]*

2012/13

Paradiso, San Martino

757, 53

Ausweitung auf EBV 3

66

2020

Maroggia

569

Ausweitung auf EBV 3

49

2020

6

2020

Molino Coldrerio Balerna

7

neuer Paralleltunnel (EBV 4)

96

Ausweitung auf EBV 3

[12]*

2020

616

Einspurtunnel: keine Massnahmen notwendig

0

2015

3853

Tunnelname

Costa, Molincero

Länge in m

Kosten in Mio. Fr.

Zieltermin für die Inbetriebnahme

Ausweitung auf EBV 3 auf Ceneri-Bergstrecke (Zufahrt zum Terminal Vedeggio)

10

2020

Überführungen, Signalanlagen, Fahrstromanlagen, Perrondächer

24

2020

Projektierungskosten 2010­2013

Rückerstattung der Honorarkosten für die Projektierung

30

Unvorhergesehenes und Rundung

Abdeckung des Kostenrisikos und der Unwägbarkeiten auf Stufe Vorprojekt

80

Total Kreditantrag (ohne MWST)

Preisbasis April 2012

Objekte auf offener Strecke

67, 75

Massnahmen

[1]*

710

Die Kostenangaben (Preisbasis April 2012) basieren auf dem Vorprojektdossier der SBB vom 6. Dezember 2012.

* Die Finanzierung der Tunnel Crocetto, Giustizia, Massagno und Coldrerio sowie kleinerer Objekte auf offener Strecke erfolgt im Rahmen der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB 2013­2016 (Angaben in eckiger Klammer: Total 59 Mio. Fr.). Die Massnahmen sind der Vollständigkeit halber aufgeführt und grösstenteils nicht Teil dieser Vorlage. Davon werden jedoch Projektierungskosten von 21 Millionen Franken an den Leistungsvereinbarungskredit zurückerstattet. Zusätzlich zu den 9 Millionen Franken Rückerstattung an den KANSAS-Kredit für Projektierung ergeben sich die in der Tabelle ausgewiesenen 30 Millionen Franken Projektierungskosten 2010­2013 (siehe auch Ziff. 1.2.2). Zulasten der Leistungsvereinbarung 2013­2016 verbleiben 38 Millionen Franken (Tabelle 5, Ziff. 2.2.1).

Für den Profilausbau in der Schweiz werden Investitionskosten von insgesamt maximal 710 Millionen Franken ausgewiesen. Der frühestmögliche Zeitpunkt für die Inbetriebnahme des gesamten 4-Meter-Korridors ist das Jahr 2020.

Der Kredit für den 4-Meter-Korridor wird ­ wie bei langdauernden Grossprojekten üblich ­ ohne Kosten für Teuerung und Mehrwertsteuer beantragt. Über die lange Projektdauer der Grossprojekte können weder die Teuerung noch der prozentuale Mehrwertsteuersatz zuverlässig abgeschätzt werden. Grob können für die Mehrwertsteuer (bei 8 %) maximal 60 Millionen Franken und für die Teuerung (bei jährlich 1,5 %) ca. 65 Millionen Franken unterstellt werden. Durch Erweiterungen der Verpflichtungskredite können die effektiven Kosten aufgrund dieser zwei Faktoren nachträglich finanziert werden. Mit dem gewählte Verfahren bleiben die Kostenangaben über die lange Projektdauer vergleichbar, und die Kredite werden nicht durch Annahmen verfälscht.

3854

Ergänzungsmassnahmen südlich der Alpen Finanzierung des Profilausbaus in Italien Die Motionen 12.3330 und 12.3401 der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen beauftragen den Bundesrat, die Möglichkeit dafür zu schaffen, dass die Schweiz die Weiterführung des 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT in Italien (insbesondere für die Strecken Ranzo­Gallarate sowie Chiasso­ Mailand) vorfinanzieren kann.

In einer Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) haben das italienische Ministerium für Infrastruktur und Verkehr sowie das UVEK die notwendigen Massnahmen festgehalten und sich bereit erklärt, die Modalitäten der Finanzierung zu klären. Die Absichtserklärung wurde am 17. Dezember 2012 unterzeichnet. Darin erklärt sich Italien bereit, nebst anderen Massnahmen einen zeitgerechten Profilausbau auf den Zulaufstrecken zur Fortsetzung der NEAT zu realisieren. Für Italien steht der Ausbau der Strecke Chiasso­Mailand im Vordergrund. Aus KostenNutzen-Überlegungen stuft Italien hingen den Profilausbau des Ranzo­Luino-Asts der Gotthard-Achse als nicht prioritär ein. Auf diesem Ast werden jedoch die wichtigen Terminals Busto-Arsizio und Gallarate sowie Novara erreicht. Ab diesen Terminals wird ein Grossteil des heutigen Angebots im alpenquerenden kombinierten Verkehr durch die Schweiz abgewickelt. Sie bleiben auch nach Eröffnung der NEAT von hoher Bedeutung.

Der vorliegende Entwurf des 4-Meter-Korridor-Gesetzes gibt dem Bundesrat die Kompetenz, die Finanzierungsmodalitäten für die Ausbauten in Italien festzulegen.

Bei den Verhandlungen über die Modalitäten sollen auch weitere Aspekte der Zusammenarbeit bei der Verkehrsabwicklung (insbesondere Zollverfahren, Verbesserung der Betriebsabläufe) angesprochen werden. Es besteht die Möglichkeit, Darlehen und A-fonds-perdu-Beiträge zu gewähren.41 Damit soll sichergestellt werden, dass beide Zulaufstrecken am Gotthard ohne Verzögerung angepasst werden können.

Eine grobe Schätzung des italienischen Verkehrsministeriums beziffert den Aufwand zwischen Chiasso und Mailand auf 40 Millionen Euro, jenen auf dem LuinoAst auf 120 Millionen Euro (Ranzo­Sesto Calende­Gallarate/Novara). Der beantragte Verpflichtungskredit beträgt 230 Millionen Franken42.

Die Möglichkeit der Finanzierung ist für alle NEAT-Zulaufstrecken in Italien vorgesehen, also auch
hinsichtlich der Lötschberg­Simplon-Achse. Gleichermassen soll eine Finanzierung auf den Zulaufstrecken auch für weitere Verbesserungsmassnahmen möglich sein (bspw. zur Kapazitätssteigerung, Erhöhung von Zugslänge oder Achslast). Dafür werden jedoch in dieser Vorlage keine spezifischen finanziellen Mittel beantragt.

41

42

Ein ähnliches Vorgehen wurde für die Finanzierung des Baus des zweiten MonteOlimpino-Tunnels zwischen Chiasso und Albate-Camerlata gewählt. Vgl. Abkommen vom 11. Mai 1982 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über die Finanzierung des Baues des zweiten Monte-Olimpino-Tunnels zwischen Chiasso und Albate-Camerlata, SR 0.742.140.14.

160 Millionen Euro (plus 20% Kreditreserve ) zum Kurs von 1,20 Franken pro Euro.

3855

Erhöhung der Umschlagskapazitäten südlich der Alpen Mit der Eröffnung des 4-Meter-Korridors werden die Kapazitäten für den hochprofiligen alpenquerenden kombinierten Verkehr erhöht. Der volle Nutzen des 4-MeterKorridors ist nur gewährleistet, wenn er bis zu den verschiedenen Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr ­ insbesondere südlich der Alpen ­ reicht.

In diesem Kontext könnten sich ungenügende Terminalkapazitäten in Norditalien negativ auf den Verlagerungsprozess auswirken. Heute sind bereits die wichtigsten Terminals weitgehend ausgelastet (z.B. Busto-Arsizio/Gallarate). Grobe Abschätzungen gehen davon aus, dass in Norditalien bis ins Jahr 2030 zusätzliche Kapazitäten für den Umschlag von mindestens 500 000 Sendungen jährlich geschaffen werden müssen.

Zurzeit wird davon ausgegangen, dass im Raum Mailand zwei bis vier neue grössere oder erweiterte Terminals (je nach Dimensionierung der einzelnen Terminals) nötig sind. Erste Schätzungen der Kosten für die Erstellung dieser Terminals liegen in der Grössenordnung von 150­200 Millionen Franken. Die Investitionshilfen der Schweiz können gemäss der Verordnung vom 4. November 2009 über die Förderung des Bahngüterverkehrs (BGFV; SR 740.12) für Anlagen im angrenzenden Ausland maximal 80 % dieser Kosten betragen. Eine Erweiterung der Terminalkapazitäten im Raum Mailand ist unabhängig vom 4-Meter-Korridor aufgrund der Güterverkehrsaufkommen erforderlich.

Die erwähnte Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) bekundet den gemeinsamen Willen von Italien und der Schweiz, in Norditalien die geeignete Infrastruktur für den kombinierten Verkehr zu erstellen. Im Vordergrund steht unter anderem die Umnutzung des Rangierbahnhofs Milano Smistamento für den kombinierten Verkehr, wie eine zwischen verschiedenen Operateuren des kombinierten Verkehrs (Hupac SA, Cemat S.p.a. und FS Logistica S.p.A.) und den italienischen Staatsbahnen (Ferrovie dello Stato Italiane S.p.A.) am 11. Mai 2012 unterzeichnete Absichtserklärung bestätigt.

Da die nötigen Ausbaumassnahmen in Italien zwar für den Chiasso-Ast wahrscheinlich, aber nicht gesichert sind, ist als Rückfallebene geprüft worden, ob im Tessin oder in Italien nahe an der Grenze zusätzliche Umschlagskapazitäten erstellt werden könnten. Ein neuer Terminal im Tessin könnte neben der Funktion für den Transitverkehr
auch eine wichtige Rolle für den Binnenverkehr übernehmen.

Eine Analyse hat den möglichen Neubau eines Terminals für den Umschlag von kranbaren Sattelaufliegern, Container- und Wechselbehältern und als zusätzliche Option für den Verlad der Rollenden Landstrasse in der Grösse von ca. 150 000 Umschlägen pro Jahr geprüft. Es wurden sieben Standorte im Kanton Tessin untersucht und bewertet: Bodio Monteforno, Bodio Installationsplatz NEAT, Biasca TTG, Cadenazzo, Lugano Vedeggio, Stabio und Chiasso. Als achter Standort wurde in Italien Grandate südlich Como mit in die Evaluation einbezogen.

Die Überprüfung ergab, dass nur Terminals möglichst nahe der Grenze in Frage kommen, um eine zusätzliche Verkehrsbelastung des Tessins weitgehend zu verhindern. Als Standorte verbleiben Lugano Vedeggio und Chiasso. Ebenfalls einer Abklärung bedarf in diesem Zusammenhang die Zollproblematik: Die Attraktivität der Terminals wird erhöht, wenn keine Verzollung der Waren nötig ist, weil der Transport im Transit von einem EU-Staat in einen anderen EU-Staat erfolgt. Falls

3856

ein Terminalstandort in der Schweiz gewählt wird, muss abgeklärt werden, ob bspw.

eine Zollfreistrasse eingerichtet werden kann.

Die Umsetzung und Finanzierung der Terminals ist nicht Gegenstand dieser Vorlage. Auf Grundlage der BGFV kann der Bund Darlehen und Beiträge in Form einer Investitionshilfe an Terminalprojekte ausrichten.

Verworfene Ausbau-Alternative Der 4-Meter-Korridor erfüllt seinen Zweck nur, wenn die Zulaufstrecken im Norden und Süden in genügender Qualität und Kapazität vorliegen. Die Anschlüsse im Norden sollten keine Schwierigkeiten bereiten. Im Süden muss Italien diverse Streckenabschnitte ausbauen, damit der Verkehr auf dem 4-Meter-Korridor weitergeführt werden kann. Massnahmen zum Ausbau des Lichtraumprofils in Italien sind geplant, jedoch ist deren Finanzierung noch offen (siehe Ziff. 1.1.3). Vor diesem Hintergrund wurde geprüft, ob der Ausbau in der Schweiz gestaffelt erfolgen kann.

Geprüft wurde ein Zwischenschritt mit einer zeitlichen Verschiebung des Ausbaus des Bözberg- und des Villnacherntunnels, einer Umfahrung über den Hauenstein sowie dem Ausbau von Umschlagskapazitäten im Süden der Schweiz.

Die grösste Investition für den 4-Meter-Korridor ist der Bözbergtunnel mit einem Kostenumfang von von 348 Millionen Franken. Aufgrund der Höhe des Investitionsvolumens für dieses Objekt wurde geprüft, wie diese Teilstrecke umfahren werden könnte. Es sind zwei Routen möglich: ­

Umfahrung via Hauenstein,

­

Umfahrung via Koblenz­Turgi­Brugg,

Umfahrung via Hauenstein Mit einer Fahrplanstudie wurde untersucht, ob pro Stunde und Richtung ein bis zwei hochprofilige Züge via Hauenstein statt Bözberg ins Freiamt und auf die Gotthardstrecke geführt werden können. Aus betrieblicher Sicht ist diese Umfahrung erst möglich, wenn die Ausbauten nach dem Bundesgesetz vom 20. März 2009 über die zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEBG; SR 742.140.2), das heisst das 4-Spur-System Olten­Aarau mit dem Eppenbergtunnel und dem Entflechtungsbauwerk Liestal, realisiert und verfügbar sind. Dies wird voraussichtlich im Jahr 2022 der Fall sein. Gegenüber dem Vollausbau hätte die Wahl dieser Variante also eine Verzögerung der Inbetriebnahme um mindestens zwei Jahre zur Folge.

Unter diesen Voraussetzungen sind das Führen zweier Trassen für 4 Meter Eckhöhe vom Rangierbahnhof Basel via Ergolztal­Lenzburg­Freiamt und die Verschiebung der lokalen Güterverkehrs-Trassen Basel­Olten auf den Bözberg möglich. Dies hätte keine direkten Auswirkungen auf den Personenfernverkehr. Hingegen würden beim Güterverkehr rund 50 % der eingeplanten Trassenkapazität zwischen Olten und dem Rangierbahnhof Limmattal verloren gehen. Auf dem Korridor Basel­Olten würde die Güterverkehrskapazität um rund 25 % reduziert. Ausserdem würden längere Fahrzeiten die Qualität des Verkehrsangebots beeinträchtigen. Dies würde vor allem das Angebot im Binnen- und Import-/Export-Schienengüterverkehr in erheblichem Ausmass belasten.

3857

Eine Führung des 4-Meter-Korridors über den Hauenstein wird auch als Ergebnis von Analysen des Instituts für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich nicht empfohlen: Dadurch würde die Kapazität in der Summe beider Achsen gegenüber heute abnehmen. Ausserdem entstünden im Mittelland zusätzliche Trassenkonflikte, für die bislang keine befriedigende Lösung zu erkennen ist. Für den Ausbau der Bözberglinie ist daher auf Basis der Kostenschätzung der SBB und einer qualitativen Nutzen-Betrachtung die Variante eines Paralleltunnels als Bestvariante weiterzuverfolgen.

Umfahrung via Koblenz­Turgi­Brugg Eine andere Umfahrungsmöglichkeit stellt die Strecke Stein­Laufenburg­Koblenz­ Turgi dar. Dies ist heute eine Einspurstrecke ohne Kreuzungsmöglichkeiten. Zwischen Laufenburg und Koblenz hat der Oberbau eine mangelhafte Tragfähigkeit. In Koblenz und Turgi sind Spitzkehren erforderlich. Dazu ist das aktuell 450 m lange Gleis in Koblenz zu verlängern. Die Spitzkehre beeinträchtigt die Produktivität.

Zwischen Koblenz und Turgi wäre die langfristig geplante Angebotsverdichtung zum Viertelstunden-Takt im Personenverkehr bei Realisierung einer Umfahrung über diese Strecke nicht umsetzbar. Ausserdem sind die Streckenbeanspruchungen auf weiten Teilstrecken äusserst kapazitäts- und stabilitätskritisch.

Zur Vermeidung der beiden Spitzkehren wurde auch die Streckenführung über Koblenz­Bülach­Seebach­Turgi­Brugg in Erwägung gezogen. Dadurch würde die Strecke jedoch um rund 50 km verlängert, und bereits stark belastete Strecken würden zusätzlich beansprucht. Generell wären zudem Profil- und Lärmsanierungsmassnahmen notwendig.

Beide Varianten wurden gestützt auf die Ergebnisse der erwähnten Voruntersuchungen nicht weiter vertieft. Hauptgründe sind: ­

die klar absehbare Beeinflussung des bereits hoch belasteten Systems der S-Bahn Zürich,

­

die notwendigen Infrastrukturausbauten (Oberbauerneuerungen, verschiedene Doppelspurabschnitte, Kreuzungsgleise, Blockverdichtungen, Lärmund Erschütterungsschutz),

­

die Einflüsse auf zentrale Netzteile mit verschiedenen Abkreuzungskonflikten, die die Stabilität des Systems überregional beeinflussen (SteinSäckingen, Koblenz, Turgi, Brugg und Brugg Süd­Eglisau, Seebach, Wettingen, Othmarsingen).

Umleitungen über alternative Strecken sowie Spitzkehren mit Umfahrungsmanövern sind zeitlich und betrieblich aufwendig und beeinträchtigen die Attraktivität und Produktivität des kombinierten Verkehrs in erheblichem Ausmass, sodass das Verlagerungspotenzial bei Umsetzung dieser Alternative deutlich eingeschränkt würde.

Grobe Schätzungen der SBB ergeben für die Massnahmen zur Realisierung der Umfahrung via Koblenz­Turgi­Brugg Kosten von rund 350 Millionen Franken. In Verbindung mit den erwarteten betrieblichen Einschränkungen ist dieser Betrag unverhältnismässig hoch.

3858

Fazit zu den Massnahmen für den 4-Meter-Korridor Nur mit dem Vollausbau des 4-Meter-Korridors kann die Nachfrage nach hochprofiligen Trassen erfüllt werden. Wie in Ziffer 1.1.4 dargestellt, besteht beim 4-MeterKorridor ein Bedarf an 4­5 zusätzlichen Trassenpaaren pro Stunde.

Der diskutierte Zwischenschritt bis zum Vollausbau käme nur als Übergangslösung in Frage, da er erlaubt, die Ausbauten in der Schweiz besser auf unerwartete Verzögerungen beim Aufbau von Zulaufkapazitäten in Deutschland und vor allem in Italien abzustimmen. Dabei muss festgehalten werden, dass ohne den Ausbau des Bözbergtunnels stündlich nur zwei zusätzliche Trassenpaare zur Verfügung stehen würden, was die Nachfrage nach hochprofiligen Trassen nur sehr ungenügend decken würde. Eine Verzögerung der Tunnelausbauten zum 4-Meter-Korridor in der Schweiz würde den Druck auf die Fortsetzung in Italien stark reduzieren. Weiter hätte die Umfahrung des 4-Meter-Korridors über den Hauenstein erhebliche negative Auswirkungen für den Binnengüterverkehr auf den Strecken Basel­Olten und Olten­Rangierbahnhof Limmattal. Deswegen wurde diese Alternative verworfen, ebenso wie die Umfahrung Koblenz­Turgi­Brugg, welche mit hohen Kosten für die erforderlichen Infrastrukturanpassungen verbunden wäre.

Die Absichtserklärung zwischen dem italienischen Ministerium für Infrastruktur und Verkehr und dem UVEK bekundet den Willen Italiens, die nötigen Ausbaumassnahmen ab der schweizerischen Grenze vorzunehmen. Auch die Erstellung der nötigen Terminalkapazitäten in Italien ist in Aussicht gestellt: Von privater Seite wurden mit einer Absichtserklärung erste Initiativen zur Umsetzung ergriffen. Die Schweiz soll die Möglichkeit der Finanzierung des Profilausbaus auf den italienischen Strecken erhalten, um Verzögerungen aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten seitens Italiens gegebenenfalls verhindern zu können.

Die folgende Tabelle stellt die einzelnen Massnahmen, ihre rechtliche Grundlage und die voraussichtlich benötigten Mittel dar.

Tabelle 5 Zusammenfassung der beantragten und ergänzenden Massnahmen Massnahme

Grundlage

Betrag

Profilanpassungen Gotthard-Achse

Erlasse zum 4-Meter-Korridor

710 Mio. Fr.

Finanzierung von Verbesserungsmassnahmen auf den Zulaufstrecken in Italien

Erlasse zum 4-Meter-Korridor

230 Mio. Fr.

Profilanpassungen im Rahmen von Sanierungsarbeiten

Leistungsvereinbarung Bund­ SBB 2013­2016

38 Mio. Fr.

Insgesamt betragen die Kosten der Massnahmen in der Schweiz knapp 750 Millionen Franken. Einschliesslich der Massnahmen in Italien bleiben die Gesamtkosten unter einer Milliarde Franken.

3859

Begleitende Massnahmen Verschiedene begleitende Massnahmen zum Profilausbau auf dem GotthardKorridor können helfen, die Potenziale des 4-Meter-Korridors möglichst vollwertig auszuschöpfen und bereits während der Bauphase zusätzliche Kapazitäten bereitzustellen. Die weiteren Massnahmen werden in dieser Ziffer beschrieben.

Ziel dieser Massnahmen ist es, zusätzlich zum Profilausbau auf der Gotthard-Achse Transportkapazitäten für Sattelauflieger mit Eckhöhe von 4 Metern zu schaffen.

Dazu zählen grundsätzlich die Erweiterung der Kapazitäten für den hochprofiligen Verkehr auf der Lötschberg­Simplon-Achse und der Einsatz von innovativem Rollmaterial, das den Transport von Sattelaufliegern mit Eckhöhe von 4 Metern bei gegebenem Profil am Gotthard erlaubt. Keine dieser Massnahmen ermöglicht es jedoch, die Kapazität für den Transport hochprofiliger Behälter im Umfang eines ausgebauten 4-Meter-Korridors bereitzustellen.

Zur Umsetzung dieser Massnahmen reicht der bestehende gesetzliche Handlungsspielraum aus; es müssen zum heutigen Zeitpunkt keine zusätzlichen finanziellen Mittel beantragt werden.

Rollmaterial zur Beförderung hochprofiliger Sattelauflieger Eine Ergänzung zum 4-Meter-Korridor könnte mit innovativem Rollmaterial geschaffen werden, das auch bei dem heute gegebenen Lichtraumprofil auf den Zulaufstrecken der Gotthard-Achse (EBV 1/P60) den Transport von Sattelaufliegern mit 4 Metern Eckhöhe erlauben würde.

Es gibt heute kein Rollmaterial, das beim Lichtraumprofil EBV 2 hochprofilige Behälter transportieren kann. Verschiedene Konzepte für Rollmaterial mit dieser Eigenschaft befinden sich bei unterschiedlichen Herstellern in der Entwicklungsphase. Die Innovation besteht neben Anpassungen an bestehenden Wagen darin, dass die Höhe der Wagen verstellbar ist, um die Charakteristiken jedes zu verladenen Sattelaufliegers (Abnutzung der Reifen, Fahrzeuggewicht etc.) individuell zu berücksichtigen. Dadurch können die Toleranzen zur Berechnung der auf der Schiene erlaubten Eckhöhe der Sattelauflieger vermindert und entscheidende Zentimeter gewonnen werden. Die Abstimmung jedes Wagens mit dem verladenen Sattelauflieger bedingt eine besondere Technologie auf dem Wagen und spezielle Abläufe beim Verlad. Beides sind wiederum Kostenfaktoren, die den Nutzen aus der Beförderung von hochprofiligen Behältern schmälern.
Vor allem zwei Unternehmen ­ Modalohr und CargoBeamer ­ entwickeln zurzeit alternatives Rollmaterial mit diesen Eigenschaften. Beide bauen auf Technologien für den horizontalen Verlad von Sattelaufliegern auf. Beim horizontalen Umschlag werden die Sattelauflieger nicht mit einem Kran gehoben, sondern in speziellen Terminals mit einer Vorrichtung oder mit dem Sattelzugfahrzeug direkt auf den Bahnwagen geschoben. Jedoch ist der vertikale Umschlag mittels Kran oder mobilen Umschlaggeräten (konventioneller UKV) bei beiden Technologien ­ wenn auch unter erschwerten Bedingungen ­ möglich.

Das System, auf dem Modalohr aufbaut, ist derzeit auf zwei Verbindungen, zwischen Bettembourg (Luxemburg) und Perpignan (Frankreich) sowie zwischen Aiton (Frankreich) und Orbassano (Italien), seit mehreren Jahren im kommerziellen Betrieb. Nach Angaben des Herstellers können durch verschiedene Anpassungen am bestehenden Modalohr-Wagen Sattelauflieger mit bis zu 4 Metern Eckhöhe über die 3860

Gotthard-Achse mit Lichtraumprofil EBV 1/P60 transportiert werden. Für den neuen Modalohr-Wagen besteht jedoch weder ein Prototyp noch eine Zulassung. Das Unternehmen Modalohr strebt eine Zulassung in der Schweiz, in Deutschland und Italien noch für das Jahr 2013 an.

CargoBeamer ist eine neue Technologie, die im Jahr 2010 den Versuchsbetrieb aufgenommen hat. Ein Versuchsterminal wurde in Leipzig erstellt. Kommerziell und für grössere Transportmengen ist CargoBeamer noch nicht erprobt. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat im Mai 2011 die Zulassung des Rollmaterials von CargoBeamer für das Schweizer Schienennetz erteilt. Jedoch ist nicht belegt, ob damit Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4 Metern transportiert werden können.

Mit der Förderung dieser Technologien wäre in der Einschätzung des BAV die Verlagerung von rund 100 000 Sattelaufliegern technisch möglich. Dabei kann das alternative Rollmaterial entweder im herkömmlichen UKV oder im Horizontalverlad zum Einsatz kommen. Für den Horizontalverlad braucht es mindestens je ein Terminal im Norden und Süden der Schweiz bzw. der Schweizer Alpen. Die finanzielle Förderung dieser Technologien könnte über Betriebsabgeltungen für den kombinierten Verkehr und über Investitionshilfen für Terminals auf Grundlage der BGFV erfolgen.

Wenn es gelingt, diese Angebote im alpenquerenden Schienengüterverkehr umzusetzen, wäre dies eine interessante Zwischenlösung, da das Rollmaterial 5­7 Jahre vor Inbetriebnahme des 4-Meter-Korridors zur Verfügung stehen könnte. Alternatives Rollmaterial kann jedoch kein vollwertiger Ersatz für den Profilausbau am Gotthard-Korridor sein. Um genügend Sattelauflieger im UKV über die Alpen befördern zu können, müssten beidseits der Alpen mehrere neue Grossterminals für den Horizontalverlad errichtet werden. Vor allem in Norditalien zeigen die Erfahrungen jedoch, dass es sehr schwierig ist, zusätzliche Standorte in nötiger Qualität und Grösse für die Terminals zu finden. Zudem handelt es sich bei diesen Technologien um neue Angebote, deren Akzeptanz durch Transporteure und Verlader noch nicht erwiesen ist. Eine Studie hält im Weiteren zu CargoBeamer und Modalohr fest, dass die Wagen dieser Technologien im Vergleich zum konventionellen UKV schwerer sowie in Beschaffung und Betrieb teurer sind. Dieser Nachteil erklärt sich durch die
Integration der Umschlagskomponenten in den Wagen.43 Auf Basis dieser Erkenntnisse nimmt das BAV derzeit eine eingehende Prüfung dieser Technologien mit Blick auf Umsetzbarkeit, Marktakzeptanz, Verlagerungspotenzial und Förderwürdigkeit vor. Die Abklärungen umfassen auch Fragen der Zulassung des Rollmaterials, insbesondere in Italien und Deutschland, den Nachweis der 4-Meter-Tauglichkeit auf Basis von Konstruktionsplänen bzw. als Ergebnis von Testfahrten sowie Fragen der Investitions- und Angebotsplanung, insbesondere auch mögliche Terminalstandorte. Auch weitere innovative Technologien wie z.B. Flexiwaggon oder Megaswing werden in diesem Zusammenhang geprüft.

43

KombiConsult, Trends und Innovationen im unbegleiteten Kombinierten Verkehr in der und durch die Schweiz, 2010, S. 51.

3861

Massnahmen auf der Lötschberg­Simplon-Achse Wie bereits in Ziffer 1.1.3 beschrieben, wird die Kapazität der SIM-Trassen auf der Simplon-Achse seit der Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels durch den Abschnitt Iselle­Preglia bestimmt, da dort die SIM-Züge nicht kreuzen können. Der Betrieb dieses Abschnitts entspricht einer einspurigen Strecke von etwa 15 km Länge für den hochprofiligen Verkehr. Dank betrieblicher Massnahmen, die eine hohe Frequenz für SIM-Züge zwischen Brig und Domodossola ermöglichen, konnte die Kapazität seit dem Jahr 2010 auf zwei Trassen pro Stunde und Richtung erhöht werden. Zwischen Frutigen und Brig gibt es keine Kapazitätsprobleme; dies dank dem Lötschberg-Basis- und -Scheiteltunnel, die beide für den hochprofiligen Zugverkehr ausgerüstet sind.

Fahrplanstudien haben ergeben, dass es möglich wäre, die SIM-Trassen-Kapazität zwischen Brig und Domodossola um eine Einheit zu erhöhen (d. h. auf drei Trassen pro Stunde und Richtung), wenn man die Güterzüge von Brig bzw. von Domodossola aus gebündelt verkehren lassen würde. Die hierfür erforderlichen Investitionen lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Massnahmen zur Reduktion des Zugfolgeabstands zwischen Brig und Domodossola,

­

Massnahmen zur Leistungssteigerung in den Bahnhöfen Iselle, Preglia und Domodossola (Anpassung der Weichen an höhere Geschwindigkeiten) sowie

­

Ausbau der Zulaufstrecke zum Rangierbahnhof Domodossola.

Geht man davon aus, dass die Verkürzung der Zugfolgezeiten auf schweizerischer Seite als finanziert gelten kann (Programm ZEB), so fallen die nötigen Investitionen in Italien an. Deren Schätzung durch die italienische Infrastrukturbetreiberin RFI ist derzeit im Gange.

Diese operativen und infrastrukturellen Massnahmen würden es ermöglichen, die Profileinschränkung (P45) der dritten Transit-Trasse auf der Lötschberg­SimplonAchse bis Domodossola praktisch zu eliminieren. Damit der hochprofilige Verkehr (P80) tatsächlich profitieren kann, wäre ­ wie bei der Gotthard-Achse ­ zusätzlich zu diesen Massnahmen ein weiterer Ausbau der Linien südlich von Domodossola in Richtung Novara oder Gallarate bzw. die Errichtung eines Terminals in Domodossola nötig.

1.2.2

Finanzierung der Massnahmen für den 4-Meter-Korridor

Finanzierungsquellen Es bestehen verschiedene Instrumente, die für eine Finanzierung des 4-MeterKorridors in Frage kommen. Diese Quellen werden im Folgenden beschrieben.

3862

Finanzierung der Bahninfrastruktur FinöV-Fonds: Die Finanzierung des Ausbaus der Bahninfrastruktur erfolgt seit 1998 über den FinöV-Fonds. Über diesen Fonds finanziert der Bund die Grossprojekte NEAT, Bahn 2000, ZEB, HGV-Anschlüsse44 und Lärmsanierung. Der FinöV-Fonds wird durch zwei Drittel der Erträge aus der LSVA, Einnahmen aus der Mehrwertund der Mineralölsteuer sowie Darlehen des Bundes am Kapitalmarkt gespeist. Alle bestehenden Darlehen müssen zurückbezahlt werden.

Leistungsvereinbarungen Bund­SBB/Privatbahnen: Aus dem ordentlichen Haushalt werden die ungedeckten Kosten des Infrastrukturbetriebs, des Unterhalts und die Abschreibungen der Bahnen für Erneuerungen der Infrastrukturen sowie kleinere Erweiterungsinvestitionen im Rahmen von Leistungsvereinbarungen abgegolten.

Bahninfrastrukturfonds (BIF): In Zukunft sollen alle Kosten der Bahninfrastruktur über einen einzigen Fonds finanziert werden, d. h. auch die ungedeckten Kosten für den Betrieb und die Substanzerhaltung aus der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB sowie Privatbahnen. Die Handhabung der Kredite wird damit transparenter und einfacher. Der bisherige, befristete FinöV-Fonds soll dafür in den neuen, unbefristeten BIF überführt werden. Dieser neue Fonds soll zukünftig im Bahninfrastrukturfondsgesetz (BIFG) geregelt werden. Zurzeit beraten die eidgenössischen Räte die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI)45, welche das BIFG enthält. Falls Parlament, Volk und Stände dieser Lösung zustimmen, wird der BIF den FinöV-Fonds voraussichtlich ab dem Jahr 2017 ablösen.

Der Ausbau des Bahnangebots soll die Standortqualität verbessern und zur Umsetzung der raumplanerischen Zielsetzungen des Bundes beitragen. Der Bundesrat legt dazu eine Langfristperspektive für die Bahn fest. Der Akzent liegt bei mehr Kapazität auf der Schiene, in den Zügen und den Bahnhöfen. Die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs soll durch wettbewerbsfähige Transportzeiten, Pünktlichkeit und günstige Produktionsbedingungen erhöht werden. Diese Langfristperspektive wird mit einem strategischen Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (STEP) konkretisiert und umgesetzt. Das STEP wird in mehreren Ausbauschritten umgesetzt. Der Bundesrat wird diese dem Parlament in der Regel alle vier oder acht Jahre unterbreiten. Ein erster Ausbauschritt
im Umfang von 3,5 Milliarden Franken ist Gegenstand der FABI-Vorlage und lässt sich bis etwa im Jahr 2025 realisieren.

Zurzeit steht im Parlament in Diskussion, den ersten Ausbauschritt auf einen Umfang von rund 6 Milliarden Franken zu erweitern, gekoppelt mit einer entsprechenden Aufstockung der finanziellen Mittel. Der Ausbauschritt 2025 wird mit den Massnahmen aus dem ZEBG abgestimmt, da sich die Ausbauten zeitlich überlagern.

Spezialfinanzierung Strassenverkehr Der Bund finanziert seine Aufgaben und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr über die zweckgebundenen Einnahmen der Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV; Art. 86 Abs. 3 BV). Darunter fallen unter anderem:

44 45

Massnahmen gemäss Bundesgesetz vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (SR 742.140.3).

BBl 2012 1577

3863

a.

die Aufwendungen für die Nationalstrassen,

b.

die Beiträge zur Förderung des kombinierten Verkehrs und des Transportes begleiteter Motorfahrzeuge (Zahlungsrahmen zur Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs),

c.

die Beiträge an den Fonds für die Eisenbahngrossprojekte («NEAT-Viertel») bzw. gemäss Vorschlag des Bundesrates die Beiträge an den geplanten BIF bis ins Jahr 2030,

d.

Massnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastrukturen in Städten und Agglomerationen,

e.

die Beiträge an die Kosten der Hauptstrassen und

f.

die strassenverkehrsbedingten Umweltschutzmassnahmen.

Die zweckgebundenen Einnahmen der SFSV stammen aus drei Quellen: 50 % der Mineralölgrundsteuer auf Treibstoffen des Landverkehrs, dem Mineralölsteuerzuschlag des Landverkehrs und der Nationalstrassenabgabe (Autobahnvignette).

Mit dem 4-Meter-Korridor ist eine Entlastung der Strasseninfrastruktur verbunden.

Analog zur Finanzierung des 4-Meter-Korridors auf der Lötschberg­Simplon-Achse (Projekt «Huckepackkorridor» 1994­2001, Finanzierung zu 100 % aus Mitteln der zweckgebundenen Mineralölsteuer) ist deshalb eine vollständige oder teilweise Finanzierung über den ordentlichen Bundeshaushalt mit einer entsprechenden Belastung der SFSV denkbar.

Finanzierungslösung Der Bundesrat beantragt eine Finanzierung aus dem FinöV-Fonds bzw. später dem BIF. Die kurzfristige Finanzierung erster Massnahmen zu Profilanpassungen erfolgt bereits im Rahmen des ordentlichen Substanzerhalts und Unterhalts über die Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB.

Im Einzelnen gestaltet sich die Finanzierungslösung wie folgt: Investitionen aus der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB Um bereits von anstehenden Sanierungen profitieren und die angestrebte Inbetriebnahme des 4-Meter-Korridors im Jahr 2020 realisieren zu können, werden ab dem Jahr 2013 im Zuge von Sanierungen auf der Gotthard-Achse bereits Ausweitungen des Lichtraumprofils vorgenommen. Finanziert werden die Massnahmen über die Leistungsvereinbarung der SBB. Es handelt sich um die Tunnels Crocetto und Coldrerio (38,1 Mio. Fr.) und Massnahmen auf freier Strecke (1,1 Mio. Fr.) sowie die vorgängig beschriebenen Massnahmen an den Tunnels Rindelfluh, Dragonato und Balerna (in erster Linie Sanierung/Substanzerhalt in den Jahren 2011­12).

Darüber hinaus sind in der Leistungsvereinbarung 2013­2016 keine Mittel für den Bau des 4-Meter-Korridors vorgesehen.

Diese Massnahmen stehen somit an, bevor die Erlasse zum 4-Meter-Korridor in Kraft sind. Als gesetzliche Grundlage dient der neu in Artikel 23a des Eisenbahngesetzes46 vorgesehene Grundsatz der Interoperabilität. Dieser Grundsatz verlangt die 46

SR 742.101; siehe Ziffer 1.1.3

3864

Anpassung des Lichtraumprofils auf der Gotthard-Achse an den Standard des europäischen Korridors. Es ist effizient, bei anstehenden Sanierungen die entsprechenden Anpassungen bereits vorzunehmen. Diese Massnahmen und deren Finanzierung sind nicht Gegenstand der Vorlage.

Finanzierung über den FinöV-Fonds bzw. den Bahninfrastrukturfonds Der Bundesrat beantragt eine Finanzierung des 4-Meter-Korridors in der Höhe von 940 Millionen Franken über den FinöV-Fonds und später über den BIF. Diese Regelung umfasst sowohl die Massnahmen in der Schweiz als auch die Finanzierung des Ausbaus in Italien.

Der 4-Meter-Korridor bringt eine Entlastung der Strasse durch die Verlagerung von Schwerverkehr auf die Schiene. Diesem Nutzen wird bei der Finanzierung Rechnung getragen, indem ein Teil der Kosten über Mineralölsteuermittel gedeckt wird.

Der 4-Meter-Korridor ist ein Eisenbahngrossprojekt auf den Basislinien der NEAT.

Die aktuelle Verfassungsgrundlage sieht vor, dass ein Viertel der Gesamtaufwendungen mit Mitteln der Mineralölsteuer gedeckt wird (sog. NEAT-Viertel, Art. 196 Ziff. 3 Abs. 2 Bst. c BV). Diese Regelung gilt so lange, bis der BIF den FinöVFonds ablöst. Durch die vorgeschlagene Lösung fliessen bis ins Jahr 2017 voraussichtlich rund 50 Millionen Franken an Mineralölsteuermitteln in die Finanzierung des Korridors. Danach speisen gemäss Vorschlag der FABI-Vorlage 9 % der Mineralölsteuermittel den BIF; maximal aber 310 Millionen Franken im Jahr.

Aufgrund der vielen Variablen ist eine verlässliche Abschätzung des konkreten finanziellen Spielraums zum heutigen Zeitpunkt schwierig. In der ersten Phase der Finanzierung über den FinöV-Fonds wird sich dieser stärker als bisher geplant verschulden. Damit wird der Spielraum bis zum Erreichen der Bevorschussungslimite knapper. Diese wird gemäss heutigen Prognosen jedoch nicht überschritten.

Für die zweite Phase über den BIF kann aufgrund der aktuellen Diskussion im Parlament davon ausgegangen werden, dass Spielraum für einen 4-Meter-Korridor entstehen wird. Voraussichtlich soll der STEP-Ausbauschritt 2025 auf rund 6 Milliarden Franken erhöht und mit zusätzlichen Einnahmequellen finanziert werden.

Sollten im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zu FABI darüber hinaus signifikante Anpassungen vorgenommen werden, ist jeweils der Einfluss auf die Finanzierung
des 4-Meter-Korridors ab 2017 zu prüfen. Sollte ferner die FABIVorlage durch Volk und Stände nicht angenommen werden, wäre die Realisierung sämtlicher Schieneninfrastrukturprojekte einschliesslich des 4-Meter-Korridors nochmals zu überprüfen.

Verworfene Finanzierungsvarianten Finanzierung aus Mitteln der Schienen- und Strasseninfrastruktur Nebst der vorgeschlagenen Finanzierung besteht eine weitere mögliche Variante in Form einer Mischfinanzierung, einerseits aus dem FinöV-Fonds bzw. später dem BIF sowie andererseits aus der SFSV. Diese Variante war in den Unterlagen zur Vernehmlassung als Rückfallvariante dargestellt und wurde vom Bundesrat verworfen. In vielen Stellungnahmen zur Vernehmlassung wurde eine höhere finanzielle Beteiligung des SFSV gefordert, weswegen diese Variante dennoch beschrieben wird.

3865

Die Mischfinanzierung bestünde in einer Finanzierung aus dem FinöV- bzw. später dem BIF sowie der SFSV. Aus einer Abwägung des Nutzens des 4-Meter-Korridors ergäbe sich in dieser Variante die Deckung von einem Drittel der Gesamtaufwendungen des 4-Meter-Korridors durch Mineralölsteuermittel und der restlichen zwei Drittel aus dem FinöV-Fonds bzw. dem späteren BIF. Grundsätzlich ist der 4-MeterKorridor eine Massnahme auf der Bahninfrastruktur, die vorrangig dem kombinierten Verkehr dient und damit die Entlastung der Strasseninfrastruktur und des Strassenverkehrs durch die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene zum Zweck hat. Der 4-Meter-Korridor dient ausserdem dem Personenverkehr und dem konventionellen Wagenladungsverkehr, indem zusätzliche Kapazitäten für den hochprofiligen Verkehr geschaffen werden. Damit ist eine Finanzierung sowohl aus Mitteln für die Bahninfrastruktur als auch aus Mitteln für den Strassenverkehr gerechtfertigt. Allerdings dürfen die Mittelbedürfnisse für bereits beschlossene oder geplante Ausbaumassnahmen für die Bahn- und Strasseninfrastruktur bei der definitiven Festlegung der Finanzierung nicht vernachlässigt werden. Der Bundesrat ist hierbei zum Schluss gelangt, dass eine teilweise Finanzierung des 4-MeterKorridors aus der SFSV auszuschliessen ist, da dies den notwendigen Ausbau des Nationalstrassennetzes beeinträchtigen würde.

Weitere verworfene Varianten Die alleinige Finanzierung über den BIF wurde geprüft für den Fall, dass die Inbetriebnahme des 4-Meter-Korridors zeitlich verschoben, d. h. für die Jahre 2030­35 angestrebt würde. Der Bundesrat verwirft diese Variante, weil damit der 4-MeterKorridor zu spät erstellt würde und die Kosten bei einer früheren Inbetriebnahme nicht wesentlich höher sind. Ferner würden die Kosten für die ersten Sanierungsmassnahmen bereits jetzt anfallen, wohingegen der Nutzen des 4-Meter-Korridors erst deutlich später eintreten würde. Zudem sind die Auswirkungen einer alleinigen Finanzierung über den BIF in diesem Fall schwer abzuschätzen.

Als weitere Option wurde die alleinige Finanzierung des Ausbaus des Lichtraumprofils auf der Gotthard-Achse über die SFSV geprüft. Die SFSV ist mit sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben konfrontiert. Für den Zeitraum 2016­2030 zeichnet sich eine Finanzierungslücke von
durchschnittlich 1,5 Milliarden Franken pro Jahr ab. Um diese Lücke zu schliessen, beabsichtigt der Bundesrat in erster Linie den Mineralölsteuerzuschlag auf Treibstoffen zu erhöhen. Er wird deshalb voraussichtlich Mitte Jahr 2013 einen Bericht zur Finanzierung der Aufgaben im Strassenverkehr und zur Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags in die Vernehmlassung geben. Würde der 4-Meter-Korridor allein über die SFSV finanziert, hätte das eine Vergrösserung der zu erwartenden Finanzierungslücke zur Folge. Infolgedessen verwirft der Bundesrat auch die Option der alleinigen Finanzierung des 4-MeterKorridors über diese Quelle.

Die Finanzierung des 4-Meter-Korridors als Ganzes über die Leistungsvereinbarungen Bund ­ SBB/Privatbahnen wurde nicht in Erwägung gezogen. Eine solche Lösung widerspräche klar dem Zweck dieses Instrumentes, das primär für den Betrieb und Substanzerhalt der Infrastruktur bestimmt ist. Sie würde zudem den Rahmen der dort vorgesehenen Erweiterungsinvestitionen sprengen.

Es wird ebenfalls davon abgesehen, eine Finanzierungslösung über den Zahlungsrahmen zur Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs zu suchen, wie es die Motionen Büttiker und Hochreutener in ihrem Wortlaut nahelegen (10.3921 bzw. 10.3194). Dieser Zahlungsrahmen wird ebenfalls aus der SFSV gespeist. Für 3866

die Entnahme von Finanzmitteln für den Bau bzw. die Erweiterung von Bahninfrastrukturen wäre eine Anpassung des Bundesbeschlusses zum Zahlungsrahmen nötig, da dieser heute ausschliesslich Betriebsabgeltungen vorsieht. Zudem läuft der Zahlungsrahmen im Jahr 2018 aus und müsste somit vorzeitig verlängert und aufgestockt werden. Aus diesen Gründen ist es sinnvoller und transparenter, für die Finanzierung des 4-Meter-Korridors einen eigenen Finanzierungsbeschluss vorzulegen.

Übersicht über die Finanzierung Annuitäten und Finanzierungsquellen Der Hauptteil der Finanzierung der Massnahmen für den 4-Meter-Korridor ist über spezifische Erlasse zu regeln. Jedoch erfolgten bereits seit dem Jahr 2010 erste Ausgaben für die Planungsarbeiten (Kredit für eine Kapazitätsanalyse der Nord-SüdAchsen des schweizerischen Schienennetzes KANSAS47). Zudem werden wie oben beschrieben gewisse Massnahmen aus der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB bestritten.

Die folgende Zusammenstellung zum 4-Meter-Korridor zeigt die Annuitäten und die bereits finanzierten Arbeiten ohne die Aufwendungen für die Finanzierung der Zulaufstrecken in Italien (230 Mio. Fr.).

Die Projektierungskosten für den 4-Meter-Korridor sollen dessen Kredit angelastet werden. Deswegen ist im Jahr 2014 eine Rückerstattung von 21 Millionen Franken an den Kredit für die Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB für die Jahre 2013­16 und 9 Millionen Franken an den KANSAS-Kredit vorgesehen.

47

BBl 2005 4259

3867

Tabelle 6 Annuitäten des 4-Meter-Korridors48 Jahr

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

Total

Bereits finanziert [in Mio. Fr.]

KANSAS49 1 LV SBB 11­1250 LV SBB 13­1651 Projektierung LV SBB 13­16 Ausführung

5 7

3

­9

0 7

21

­21

0

6

13

17

39

Über die 4-Meter-Korridor Erlasse zu finanzieren [in Mio. Fr., gerundet]

FinöV/BIF

­

­

­

45

50

100 130 150 130 70

25

10

710

Die SBB hat die Arbeiten am 4-Meter-Korridor so geplant, dass eine Inbetriebnahme im Jahr 2020 möglich ist. Der Zeitpunkt der einzelnen Massnahmen ergab sich aus der Intervallplanung52 und der Koordination der verschiedenen Massnahmen auf dieser Achse. Um eine Inbetriebnahme bis 2020 zu garantieren, müsste der Finanzierungsentscheid zum Bau des 4-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse im Jahr 2014 in Kraft treten. Nur so ist sichergestellt, dass die Auftragserteilungen entsprechend der Submissionsgesetzgebung erfolgen können. In den Jahren 2021 und 2022 sind keine eigentlichen Ausbaumassnahmen mehr vorgesehen. In diesen Jahren fallen Kosten für Massnahmen, bspw. zum Rückbau von Baustellen, an.

Die Annuitäten der Kosten für den Ausbau des Lichtraumprofils auf den Zulaufstrecken in Italien sind zum heutigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Die Modalitäten für die Auszahlung hängen zentral von der Ausgestaltung der entsprechenden Vereinbarung mit Italien ab.

Investitionsvolumen des FinöV-Fonds Über den FinöV-Fonds laufen die Finanzierungen verschiedener Massnahmen und Projekte. Dazu zählen der Ausbau der ersten Etappe von Bahn 2000, der NEATGesamtkredit, die Lärmsanierung der Eisenbahnen, der Anschluss der Schweiz an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz (HGV) und die Projekte der zukünftigen Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEB).

48 49 50

51

52

Preisstand April 2012. Kostenangaben ohne Mehrwertsteuer und Teuerung Bundesbeschluss über einen Kredit für eine Kapazitätsanalyse der Nord-Süd-Achsen des schweizerischen Schienennetzes; BBl 2005 4259: Projektierung und Rückerstattung 2014.

Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2011­2012, BBl 2011 3523.

Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2013­2016, BBl 2012 4077.

Abstimmung der Bauvorhaben untereinander und mit dem ordentlichen Unterhalt auf dem Bahnnetz, damit der Fahrplan eingehalten werden kann.

3868

Die folgende Übersicht zum FinöV-Fonds zeigt die verschiedenen Investitionsvolumen zu den jeweiligen Preisständen. Umgerechnet auf den Preisstand des Jahres 1995 speist der FinöV-Fonds Investitionen in der Höhe von 34,051 Milliarden Franken (exklusive MWST, Teuerung und Bauzinsen).

Tabelle 7 Übersicht Investitionsvolumen FinöV In Mio. Fr.

Preisstand

Jahr

1993

Total BAHN 2000 1. Etappe 7 40053 NEAT Lärmsanierung HGV ZEB 4-Meter-Korridor Planungskredit Weiterentwicklung Bahninfrastruktur

1.2.3

1995

34 051 7 431 18 487 1 563 1 014 4 786 730 40

1998

2003

2005

2012

19 100 1 51554 1 090 5 400 940

Normativer Rahmen

Vorliegend wird der Aufbau des normativen Rahmens der vorgeschlagenen Finanzierung kurz beschrieben. Die Erläuterungen der einzelnen Artikel finden sich in der folgenden Ziffer 2.

Die Erträge der Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe können gemäss Artikel 86 Absatz 3 BV für Massnahmen zur Förderung des kombinierten Verkehrs verwendet werden. Da der Zweck des 4-Meter-Korridors die Förderung des kombinierten Verkehrs ist, kann er aufgrund der Bundesverfassung grundsätzlich aus diesen Quellen finanziert werden. Weil jedoch die Mittel aus den gleichen Quellen auch für die Strassenfinanzierung benötigt werden und nicht für alle Bedürfnisse ausreichen, wird für den 4-Meter-Korridor eine Finanzierung über die Instrumente der Eisenbahnfinanzierung vorgeschlagen. Der 4-Meter-Korridor ist ein Eisenbahngrossprojekt im Sinn von Artikel 196 Ziffer 3 BV. Die Eisenbahngrossprojekte werden heute über den FinöV-Fonds finanziert. Falls die Vorlage FABI in Kraft tritt, erfolgt ihre Finanzierung über den BIF.

53 54

Zur Zeit Minderkosten von rund 1.2 Milliarden Franken.

Gemäss Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Lärmsanierung der Eisenbahnen

3869

1.3

Vernehmlassung

Das Vernehmlassungsverfahren wurde am 21. September 2012 vom Bundesrat auf Antrag des UVEK eröffnet. Bis am 21. Dezember 2012 sind 81 Stellungnahmen eingegangen (hierunter von allen Kantonen und fünf politischen Parteien). Die Vorlage wird in fast allen Stellungnahmen begrüsst.

Die generelle Zielsetzung und die Massnahmen der Vorlage finden sehr breite Zustimmung. In mehr als einem Drittel der Stellungnahmen wird über die Vorlage hinaus auch der Ausbau der hochprofiligen Trassen auf der Lötschberg­SimplonAchse verlangt. Der Bundesrat lehnt einen weitergehenden Einbezug der Lötschberg­Simplon-Achse jedoch ab, da die Massnahmen in der Schweiz über ZEB oder STEP zu regeln sind und südlich Domodossola die erforderlichen Massnahmen und deren Kosten zu wenig bekannt sind. Aufgrund der Erlasse zum 4-Meter-Korridor können künftig auch Massnahmen auf den Zulaufstrecken zur Lötschberg­SimplonAchse in Italien finanziert werden. Die finanziellen Mittel hierfür können jedoch später beantragt werden.

Die Frage der Finanzierungslösung wurde kontrovers beurteilt. Für die vom Bundesrat vorgeschlagene Variante der Finanzierung über den FinöV-Fonds bzw. den BIF findet sich eine starke Befürwortung. In einigen Stellungnahmen wird diese Variante jedoch abgelehnt, weil keine Mineralölsteuermittel zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur eingesetzt werden sollen. In einer Mehrheit der Stellungnahmen (insbesondere der Kantone) wird ein höherer Beitrag aus der SFSV von einem Drittel bis zu 100 % gefordert. Eine solche Finanzierungsvariante verwirft der Bundesrat (siehe Ziff. 1.2.2).

Zur Möglichkeit, Massnahmen in Italien über Darlehen vorzufinanzieren, findet sich eine breite Mehrheit. In vielen Stellungnahmen wird das überwiegende Interesse der Schweiz an den Ausbauten in Italien und die schwierige finanzielle Situation des italienischen Staats anerkannt. Ein Viertel der Stellungnahmen knüpft jedoch die Zustimmung an die Garantie der Rückzahlung und die fristgerechte Umsetzung der Massnahmen in Italien. Der Bundesrat sieht neben Darlehen hingegen auch A-fondsperdu-Beiträge vor. Italien hat im Rahmen der Verhandlungen zur Absichtserklärung mehrmals betont, dass der Profilausbau des Luino-Asts im italienischen Ausbau- und Finanzierungsprogramm keine Priorität geniesse. Für die Schweiz spielt hingegen diese Linie,
welche die Gotthard-Achse mit den Terminals in Raum Gallarate und Busto-Arsizio verbindet, eine zentrale Rolle. Der rasche Ausbau des Profils der Strecke Chiasso­Mailand ist ebenfalls im Interesse der Schweiz. Da einerseits Italien keine Finanzierung für die Luino-Linie aufbringen will und da andererseits die Gefahr droht, dass sich der Ausbau der Strecke Chiasso­Mailand verzögert, schlägt der Bundesrat vor, für die beiden Zulaufstrecken in Italien eine Finanzierung anzubieten. Die Finanzierungsmodalitäten wurden mit Italien noch nicht abschliessend verhandelt und sind auch auf weitere Aspekte der Zusammenarbeit bei der Verkehrsabwicklung (insbesondere Zollverfahren, Verbesserung der Betriebsabläufe) abzustimmen.

Die Alternative zur Finanzierung in Italien, nämlich der Ausbau der Terminals in Chiasso oder Lugano Vedeggio als Endpunkt des 4-Meter-Korridors, wird in vielen Stellungnahmen vehement verworfen. Es wird argumentiert, dass der 4-MeterKorridor dem Transitverkehr dient und nach Italien reichen muss. Die ausgebauten Terminals hätte zusätzlichen Verkehr im Tessin zur Folge, für welchen die bestehende Strasseninfrastruktur unzureichend ist. Zudem schadet eine solche Lösung der 3870

Umwelt im Tessin und verhindert wichtige regionalpolitische Entwicklungen. Der Bundesrat teilt diese Haltung grundsätzlich, erachtet jedoch eine Rückfallebene als notwendig, falls wider Erwarten die Ausbaupläne in Italien nicht realisiert werden.

Die Vernehmlassungsvorlage sah eine Anpassung des ZEBG und des zugehörigen Bundesbeschlusses vor. Der Bundesrat zieht jedoch für den 4-Meter-Korridor ein eigenes Gesetz vor. Da die FABI-Vorlage bereits eine Anpassung des ZEBG bedingt, vermeidet ein eigenes Gesetz, dass das ZEBG gleichzeitig zweimal angepasst wird, was für die Behandlung im Parlament komplex und wenig transparent wäre.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der vorliegenden Botschaft wird die Forderung der nachstehenden parlamentarischen Vorstösse erfüllt: 2010

M 10.3921

Durchgehender Schienenkorridor mit vier Metern Eckhöhe zwischen Basel und Chiasso ab 2016/17 (S 16.3.11, Büttiker, N 17.6.11)

2010

M 10.3914

Durchgehender Schienenkorridor mit vier Metern Eckhöhe zwischen Basel und Chiasso ab 2016/17 ( N 18.3.11, Hochreutener; S 22.9.11)

Der Bundesrat beantragt daher, diese parlamentarischen Vorstösse als erfüllt abzuschreiben.

Zudem erfüllt die Vorlage die Ziffern 1 und 3 der Motionen 12.3330 und 12.3401 der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

4-Meter-Korridor-Gesetz

Der 4-Meter-Korridor ist ein Eisenbahngrossprojekt. Gemäss Artikel 196 Ziffer 3 Absatz 4 BV werden die Eisenbahngrossprojekte in der Form von Bundesgesetzen beschlossen. In Kraft sind heute unter anderem das Alpentransit-Gesetz vom 4. Oktober 199155 und das ZEBG.

Art. 1

Gegenstand

Der Artikel umschreibt das Vorhaben.

Art. 2

Bauliche Massnahmen in der Schweiz

Da der 4-Meter-Korridor von Basel nach Chiasso bzw. Ranzo ganz bestimmte Strecken umfasst, ist es notwendig, diese im Gesetz aufzuführen. Ähnliche Auflistungen von Projekten finden sich auch in der übrigen Gesetzgebung über die Eisenbahngrossprojekte, so etwa in Artikel 4 ZEBG. Der Ausbau soll auf das Profil 55

SR 742.104

3871

EBV 3 (vgl. Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung; AB-EBV56) bzw. bei Tunnelneubauten auf das Profil EBV 4 erfolgen. Im Gesetz wird diese Anforderung in generell-abstrakter Form umschrieben. Die Massnahmen sind in Ziffer 1.2.1 beschrieben.

Art. 3

Massnahmen in Italien

Der 4-Meter-Korridor dient dem alpenquerenden Schienengüterverkehr und hier vor allem dem Transitverkehr von und nach Italien durch die Schweiz. Er kann seine Wirksamkeit nur dann voll entfalten, wenn die Sattelauflieger, die die Schweiz auf der Schiene durchqueren, bis zu ihrem Bestimmungsort in Italien gelangen können.

Aus diesem Grund ist vorgesehen, dass sich die Schweiz auch an Massnahmen in Italien beteiligt. Diese Finanzierungsmöglichkeit ist für alle NEAT-Zulaufstrecken in Italien, also auch hinsichtlich Lötschberg­Simplon-Achse, vorgesehen. Gleichermassen sollen nebst den Massnahmen für das Lichtraumprofil auch die Finanzierung für punktuelle weitere Massnahmen zur Qualitätsverbesserung der Schieneninfrastruktur für den Güterverkehr nicht ausgeschlossen werden (bspw. Steigerung der Kapazität, der Zugslänge und -gewichte). Der Ausbau in Italien soll die wichtigsten Terminals im Raum westlich und östlich von Mailand für Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4 Metern erreichbar machen. Zu diesen Grossterminals zählen Novara und Busto-Arsizio/Gallarate, aber auch Milano Smistamento, wenn dort, wie in der Absichtserklärung zwischen dem UVEK und dem italienischen Verkehrsministerium vorgesehen, ein Terminal für den kombinierten Verkehr errichtet wird. Die schweizerische Verkehrspolitik kann ihre volle Wirkung zuweilen nur dann entfalten, wenn sie auch Massnahmen mitberücksichtigt, die in den Nachbarländern liegen. Die Finanzierung von Massnahmen im Ausland weicht zwar vom üblichen Territorialitätsprinzip bei Investitionen ab, ist aber nicht ungewöhnlich. Beispiele sind etwa die Anschlüsse der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz. Der Wortlaut des Gesetzes spricht von «Finanzierung»: Darunter fallen die explizit genannten Finanzierungsformen A-fonds-perdu-Beiträge und Darlehen (Vorfinanzierung).

Nach Absatz 2 erhält der Bundesrat die Kompetenz, die nötigen Vereinbarungen mit Italien selbstständig abzuschliessen. Eine solche Delegation rechtfertigt sich, weil der finanzielle Rahmen im betreffenden Bundesbeschluss klar umrissen ist.

Art. 4

Finanzierung

In dieser Bestimmung wird auf die Übergangsbestimmung der Bundesverfassung Bezug genommen, welche die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte regelt (Art. 196 Ziff. 3 BV). Das massgebliche Finanzierungsinstrument ist heute noch der FinöV-Fonds, im Falle einer Annahme der Vorlage FABI neu der BIF. Mit der hier gewählten, allgemein gehaltenen Formulierung muss das vorliegende Gesetz mit dem Inkrafttreten von FABI nicht wieder angepasst werden.

Art. 5

Gesamtkredit

Diese Bestimmung regelt, dass die Finanzierung über einen Gesamtkredit erfolgen soll. Für diesen wird ein separater Bundesbeschluss erlassen (siehe Ziff. 2.2). Dieser 56

SR 742.141.11; auf der Internetseite www.bav.admin.ch einsehbar.

3872

Bundesbeschluss regelt auch die Aufteilung des Gesamtkredits in die einzelnen Verpflichtungskredite für die Massnahmen in der Schweiz und in Italien.

Art. 6

Anwendbares Recht

Im ZEBG bestehen bewährte Regeln für die Realisierung von Eisenbahngrossprojekten. Sie betreffen alle massgeblichen Vorgänge. Es liegt nahe, diese Regeln auch bei der Umsetzung des 4-Meter-Korridors anzuwenden. Eine Besonderheit besteht bei Artikel 14 ZEBG (Berichterstattung): Weil Absatz 1 Buchstabe c dieser Bestimmung ausdrücklich auf die in den Artikeln 4­6 ZEBG geregelten Projekte Bezug nimmt, kann sie nur sinngemäss angewendet werden. Die vorgeschlagene Gliederung des Artikels trägt dem Rechnung.

Art. 7

Schlussbestimmungen

Die Schlussbestimmungen regeln das Referendum und das Inkrafttreten.

2.2

Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard

Art. 1 Für den 4-Meter-Korridor ist ein Gesamtkredit erforderlich. Aus Gründen der Transparenz wird dieser in zwei Verpflichtungskredite gegliedert, einen für die Massnahmen in der Schweiz und einen für die von der Schweiz in Italien finanzierten Massnahmen.

Art. 2 Der Gesamtkredit für die Realisierung des 4-Meter-Korridors soll der Teuerung angepasst und um die Mehrwertsteuer erhöht werden können. Zudem soll die im Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für die zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur bewährte Regelung übernommen werden, dass der Bundesrat selbstständig geringfügige Verschiebungen zwischen den einzelnen Verpflichtungskrediten vornehmen kann.

Art. 3 Die Inkraftsetzung des Bundesbeschlusses hängt von derjenigen des 4-MeterKorridor-Gesetzes ab. Zweckmässig ist ein gleichzeitiges Inkrafttreten beider Erlasse. Reine Finanzierungsbeschlüsse sind nicht referendumspflichtig.

3873

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Die finanziellen Auswirkungen auf den Bund sind in den Erläuterungen in Ziffer 1.2.2 ersichtlich. Der Grossteil der Investitionen wird mit Mitteln aus dem FinöVFonds bzw. dem BIF finanziert. Der allgemeine Bundeshaushalt wird dadurch nicht belastet, mit folgender Ausnahme: Bis zur Ablösung des FinöV-Fonds durch den BIF werden 25 Prozent der Investitionen durch eine entsprechend höhere Mineralölsteuermittel-Einlage in den FinöV-Fonds finanziert. Dies belastet den Bundeshaushalt bis ins Jahr 2017 mit insgesamt rund 50 Millionen Franken.

Die Finanzierung der kurzfristigen Ausführungsarbeiten im Rahmen der Leistungsvereinbarung Bund-SBB erfordert keine Erhöhung der entsprechenden Kredite, sondern wird durch wegfallende Kosten in anderen Bereichen kompensiert.

Die Entnahmen aus dem FinöV-Fonds bzw. dem BIF erhöhen sich durch die Realisierung des 4-Meter-Korridors um insgesamt 940 Millionen Franken (inkl. Massnahmen in Italien). Die jährliche Mehrbelastung ist aber aufgrund der Verteilung der Bauzeit über ca. zehn Jahre tragbar und wird voraussichtlich 150 Millionen Franken nicht übersteigen.

Hinsichtlich der Ressourcen ergibt sich für das BAV ein personeller Mehraufwand für Projektsteuerung und -controlling, Koordination, Kreditkontrolle und Genehmigungsverfahren im Umfang von 100 Stellenprozenten über 6­8 Jahre. Diese werden intern kompensiert.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden.

Falls der Verkehr hochprofiliger Sendungen nicht zu den Terminals in Italien geführt werden kann, steht der Bau eines Grossterminals im Tessin zur Diskussion.

Ein Standort möglichst in Grenznähe mit Anschluss an eine Autobahn kann die Auswirkungen eines solchen Terminals auf den Verkehr minimieren.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die positive volkswirtschaftliche Entwicklung der Schweiz lässt sich zu einem wesentlichen Teil auf ihre hochwertige Verkehrsinfrastruktur zurückführen. Der 4-Meter-Korridor bringt eine qualitative Verbesserung des Schienenkorridors auf der Gotthard-Achse. Dies verbessert die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse und ermöglicht eine höhere Produktivität des für die schweizerische Verlagerungspolitik wichtigen alpenquerenden kombinierten Verkehrs. Zudem erlaubt der 4-Meter-Korridor im Sinne einer verbesserten Komodalität den Strassengüterverkehr ohne Einschränkung mit der Schiene zu verknüpfen. Ein hochwertiger Güterverkehr zwischen den europäischen Wirtschaftsräumen nördlich und südlich der Alpen bleibt hier trotz der angestrebten Verkehrsverlagerung von der Strasse auf die Schiene möglich und dient so der räumlichen Arbeitsteilung zwischen wichtigen europäischen Wirtschaftsräumen.

3874

3.4

Andere Auswirkungen

Ein Hauptziel der schweizerischen Verkehrspolitik ist die Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene. Die Erstellung des 4-Meter-Korridors wird Prognosen zufolge bis zu 160 000 zusätzliche alpenquerende Sendungen jährlich von der Strasse auf die Schiene verlagern, was einen bedeutenden Schritt hin zur Erreichung des gesetzlich verankerten Verlagerungsziels darstellt.

Die Alpentäler sind aufgrund der besonderen Topografie und meteorologischen Bedingungen sensible Gebiete für Lärm- und Luftschadstoff-Emissionen. Die Verlagerung von Strassengüterverkehr auf die Schiene bringt eine klare Reduktion der Umweltbelastung.

Auf Basis von Modellrechnungen, die die zukünftige Entwicklung des Fahrzeugparks der schweren Güterfahrzeuge hin zu emissionsärmeren Fahrzeugkategorien EURO VI berücksichtigen, kann die Entlastungswirkung der durch einen 4-MeterKorridor zusätzlich auf die Schiene verlagerten Güterfahrzeuge abgeschätzt werden.

Insgesamt reduzieren sich die Luftschadstoff-Emissionen des Schwerverkehrs zum Zeitpunkt der Eröffnung des 4-Meter-Korridors um ca. 10­15 %. Im Alpenraum bewirkt der 4-Meter-Korridor entlang der Transitachsen A2 und A13 eine Reduktion der Stickoxid-Emissionen um ca. 20­25 Tonnen und eine Reduktion der lungengängigen und krebserzeugenden Feinstaubpartikel (PM10) um ca. eine Tonne. Da der typische alpenquerende Verkehr ein langlaufender Verkehr ist, sind die Schadstoffreduktionen auf den Zulaufstrecken in der Schweiz und im Ausland noch wesentlich höher. Auf den Zulaufstrecken in der Schweiz werden die Emissionen des Schwerverkehrs bei den Stickoxiden um weitere 33 Tonnen reduziert, bei den PM10 sind es weitere 1,4 Tonnen. Auf den Zulaufstrecken im Ausland werden durch die Verlagerung die Stickoxid-Emissionen um 90 Tonnen, die PM10Emissionen um ca. 4­4,5 Tonnen reduziert. Auch die Treibhausgas-Emissionen des Schwerverkehrs vermindern sich durch die zusätzlich verlagerten Fahrten: in der Schweiz um ca. 33 000 Tonnen, im Ausland um 55­60 000 Tonnen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201257 zur Legislaturplanung 2011­ 2015 angekündigt.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Verfassungsgrundlage für die Finanzierung des 4-Meter-Korridors findet sich in den Artikeln 81, 87 und 196 Ziffer 3 der Bundesverfassung. Artikel 81 BV gibt dem Bund die Kompetenz, im Interesse des ganzen oder eines grossen Teils des Landes öffentliche Werke zu errichten und zu betreiben oder ihre Errichtung zu unterstützen. Laut Artikel 87 BV ist die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr Sache des Bundes. Artikel 196 Ziffer 3 BV ist die Übergangsbestimmung zu Artikel 87 BV 57

BBl 2012 481 681

3875

und regelt die Eisenbahngrossprojekte NEAT, BAHN 2000, HGV und Lärmschutz.

Der 4-Meter-Korridor ergänzt die NEAT; der Ausbau der Nord- und Südzufahrten zum Gotthard-Basistunnel auf ein grösseres Lichtraumprofil findet jedoch auf dem übrigen Netz statt.

Die geplanten Änderungen sind somit verfassungs- und gesetzmässig.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die schweizerische Verkehrspolitik ist europapolitisch abgestützt. Mit dem Landverkehrsabkommen58 mit der EU wurde der grenzüberschreitende Güterverkehrsmarkt auf der Schiene und der Strasse geöffnet. Das Abkommen zielt aber auch auf eine koordinierte Verkehrspolitik ab und sichert so die Einbindung der schweizerischen Verkehrspolitik in Europa. Im Zentrum steht diesbezüglich die schweizerische Verlagerungspolitik und mit ihr der Ausbau der NEAT.

Das Ziel bezüglich des kombinierten Verkehrs ist im Artikel 33 des Landverkehrsabkommens umschrieben: Es soll ein von der Kapazität her ausreichendes und hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und der Dienstqualität gegenüber dem Strassenverkehr wettbewerbsfähiges Angebot für den kombinierten Verkehr im Alpenraum bereitgestellt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen neben einer verbesserten Interoperabilität explizit auch Infrastrukturmassnahmen zur besseren Einbindung der Schweiz in das europäische Eisenbahnfernverkehrssystem im Vordergrund.

Neben diesem Abkommen mit der Europäischen Union hat die Schweiz mit ihren Nachbarländern Abkommen abgeschlossen, welche sicherstellen, dass die jeweiligen nationalen Arbeiten im Bereich des Schienenverkehrs aufeinander abgestimmt werden. Mit Italien wurde die Vereinbarung vom 2. November 199959 über die Gewährleistung der Kapazität der wichtigsten Zulaufstrecken der neuen schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) an das italienische Hochleistungsnetz (HLN) abgeschlossen. Mit Deutschland wurde am 6. September 199660 die Vereinbarung zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Zulaufes zur neuen EisenbahnAlpentransversale (NEAT) in der Schweiz abgeschlossen.

Diese Abkommen stellen die Koordination der Verkehrspolitik im Alpenraum sicher. In diesem Sinn ist der 4-Meter-Korridor die weitere Umsetzung der mit der Europäischen Union und den Nachbarländern vereinbarten Verkehrspolitik und ein weiterer Schritt zur Erreichung der gemeinsamen Ziele.

58 59 60

SR 0.740.72 SR 0.742.140.345.43 SR 0.742.140.313.69

3876

5.3

Erlassform

Gemäss Artikel 196 Ziffer 3 Absatz 4 BV sind die FinöV-Projekte in Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Das Gesetz weist hauptsächlich rechtsetzende Normen wie Verfahrensvorschriften und organisatorische Bestimmungen auf. Es gilt bis zur Verwirklichung des Projekts (Art. 196 Ziff. 3 Abs. 5 BV).

Da die Ausgabenbeschlüsse nicht rechtsetzender Natur sind, sind die Verpflichtungskredite in Form einfacher Bundesbeschlüsse zu erlassen (Art. 25 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200261). Der Ausbau des Schienenkorridors am Gotthard ist eine Massnahme, die sich auf das entsprechende neue Gesetz stützt.

Die benötigten Finanzmittel werden im Rahmen eines einfachen (nicht referendumspflichtigen) Bundesbeschlusses gemäss Artikel 163 Absatz 2 BV gesprochen.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als zwei Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte. Artikel 1 Absatz 1 des Bundesbeschlusses über den Gesamtkredit für den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard untersteht also der Ausgabenbremse.

5.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Mittel aus dem FinöV-Fonds (bzw. dem neuen BIF) stellen Subventionen dar.

Aus diesem Grund sind die Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199062 für die Finanzierung des 4-Meter-Korridors anwendbar.

Die Realisierung eines 4-Meter-Korridors dient dem in Artikel 84 BV festgehaltenen und im GVVG konkretisierten Verlagerungsauftrag. Er verstärkt gemäss den in Ziffer 1.1.5 präsentierten Analysen die Verlagerungswirkung der NEAT erheblich: Ohne Profilerweiterung können durch die NEAT im Jahr 2020 schätzungsweise 70 000 zusätzliche alpenquerende Schwerverkehrsfahrten auf der Strasse vermieden werden. Der Ausbau der Gotthard-Achse zum 4-Meter-Korridor kann die Verlagerungswirkung voraussichtlich auf ca. 210 000 vermiedene Schwerverkehrsfahrten im Jahr 2020 verdreifachen. Kostengünstigere Ausbauvarianten mussten aufgrund der in Ziffer 1.2.1 genannten Nachteile verworfen werden. Angesichts der hohen Verlagerungswirkung ist der vom Subventionsgesetz verlangte wirtschaftliche und wirkungsvolle Einsatz öffentlicher Mittel gegeben.

61 62

SR 171.10 SR 616.1

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