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Bundesblatt

97. Jahrgang.

Bern, den 9. Mai 1945.

Band I.

Erscheint in der Regel alle 14 Tage. Preis 20 franken im Jahr, I» Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : BÖ Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Ole. in Bern.

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Botschaft dee

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Verlängerung des Bundesbeschlusses über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen, (Vom 27. Aprü 1945.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 80. September 1988, d. h. ein Jahr vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges mit den bekannten einschränkenden Folgen für den Automobilverkehr, haben die eidgenössischen Bäte auf Grund der bundesrätlichen Botschaft vom 18. Juni 1987 einen dringlichen Bundesbeschluss gefasst, abgekürzt als «Autotransportordnung (ATO)» bezeichnet, mit dem in die ungeregelten Wettbewerbsverhältnisse zwischen den gewerbsmässigen Automobiltransport unternehmern unter sich sowie gegenüber den öffentlichen Transportanstalten von Staates wegen ordnend eingegriffen werden sollte, hauptsächlich durch die Einführung der Konzessionspflicht für die gewerbsmässigen und bisher freien Automobiltransporte. Mit diesem Bundesbeschluss war von Anfang an beabsichtigt, in das nicht leicht überblickbare Gebiet der motorisierten Strassentransporto, sofern sie nicht bereits auf Grund des Postverkehrsgesetzes staatlich geregelt waren, bessern Einblick zu gewinnen, ihre Struktur und ihre Stellung in der Gesamtwirtschaft genau zu ermitteln und im besondern auch eine straffere Organisation der Autotransporteure anzustreben, ohne die eine Koordination und Zusammenarbeit mit den Eisenbahnunternehmungen undurchführbar wäre. Vor einer endgültigen gesetzlichen Ordnung dieser schwierigen Materie sollten vorerst während einiger Jahre Erfahrungen gesammelt werden. Aus diesen Gründen wurde die vorläufige Autotransportordnung auf fünf Jahre befristet. Trotz Ausbruch des Krieges und der damit verbundenen Erschwerungen für die Erreichung des gesteckten Zieles beschloss der Bundesrat auf Antrag der begutachtenden Kommission vonTransportsachverständigen, die AutoBundesblatt. 97. Jahrg. Bd. L 35

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transportordnung und die zugehörigen ersten Vollziehungsverordnungen ain 15. August 1940 in Kraft zu setzen. Ihre Geltungsdauer lauft am 14. A u g u s t 1945 ah. Schon im Jahre 1940 war man sich jedoch bewusst, dass die unvermeidliche starke Drosselung des Automobilverkehrs während der Kriegszeit wahrscheinlich nicht erlauben werde, alle wünschbaren Erfahrungen zu sammeln, um bereits nach Ablauf der fünfjährigen Geltungsdauer die provisorische durch eine endgültige gesetzliche Ordnung abzulösen. Im erwähnten Bundesratsbeschluss wurde das Post- und Eisenbahndepartement denn auch ermächtigt, vorübergehend den Vollzug einzelner Bestimmungen des Bundesbeschlusses auszusetzen.

Die in den Kriegsjahren gemachten Feststellungen und gewonnenen Erkenntnisse haben nun die beteiligton Transportkreise sowie auch die eidgenössische Transportkommission, in der alle grossen Wirtschaftsverbände, die öffentlichen Transportanstalten und die neu als konzessionspflichtig erklärten Transportunternehmer vertreten sind, zur einstimmigen Überzeugung geführt, dass eine Verlängerung der Autotransportordnung um weitere fünf Jahre allen beteiligten Interessen gerecht würde. Das Post- und Eisenbahndepartement und mit ihm der Bundesrat teilen diese Auffassung und halten dafür, dass die Autotransportordnung u n v e r ä n d e r t , mit einer einzigen Ausnahme betreffend die Anpassung der Gebühren an die Bedürfnisse der Kostendeckung (Art, 37) und wieder in der Form eines dringlichen Bundesbeschlusses, bis 31. Dezember 1950 verlängert werden sollte.

Der nähern Begründung unseres Antrages möchten wir einige allgemeine Bemerkungen über die bisherige Ordnung des motorisierten Strassenverkehrs vorausschicken.

I. Bisherige Vorschriften zur Ordnung des motorisierten Strassenverkehrs.

Soweit der gewerbsmässige Personenverkehr mit Motorfahrzeugen in Frage kommt, ist auf Grund des Postregals und des Postgesetzes vom 5. April 1910 schon am 8. Februar 1916 eine bundesrätliche Verordnung über die Kon/essionierung von Unternehmungen für die Beförderung von Personen und deren Gepäck mit Kraftwagen erlassen worden, die heute noch in Kraft ist, jedoch einer Revision bedarf. Die Gebühren für diese Konzessionen wurden im Bundesgesetz vom 18. Juni 1914 geregelt. Konzessionspflichtig ist danach der Betrieb von Kraftwagenunternehmungen, welche die
regelmässige und periodische Beförderung von Personen auf Grund eines Fahrplanes und eines Tarifs besorgen. Das heute gültige Postverkehrsgesetz vom 2. Oktober 1924 sieht in Art. 8 vor, dass «für die gewerbsmässige Beisendenbeförderung mit regelmässigen Fahrten Konzessionen erteilt werden können». Durch Bundesratsbeschluss vom 19. März 1929 wurde die Erteilung von Konzessionen für regelmässige Autofahrten nach Bedarf geordnet (Postkonzession B). Die Konzession B l ordnet die regelmässigen Fahrten, durch die die Eeisenden wieder an den Ausgangspunkt zurückgeführt werden, d. h, die sogenannnten

487 Kundfahrten. Die Konzession B 2 regelt die sogenannten Keisefahrten, durch die die Reisenden nicht zum Ausgangspunkt zurückgeführt werden. Mit Bundesratsbeschluss vom 80. April 1940 wurde der Volteug dieses Bundesratsbeschlusses gegenüber den im Inland ansässigen Gesellschaftswagenbesitzern bis auf weiteres, längstens aber für die Dauer des gegenwärtigen Kriegszustandes, ausgesetzt.

Die Vorschriften zur Wahrung der Verkehrssicherheit und zur Eegelung der Haftpflicht und der Versicherung für den gesamten Automobilverkehr sind im Bundesgesetz vom 15. März; 1932 über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr (Autpmobilgesetz) enthalten, ferner in der Vollziohungsverordnung vom 25. November 1932 sowie in einer Beihe weiterer bundesrätlicher Erlasse.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch der Bundesbeschluss vom 15. März 1934 über die Arbeits- und Buhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer.

Nachdem das Verkehrsteilungsgesetz vom 18. September 1984, das die Einführung der Konzessionspflicht für alle gewerbsmässigen Personen- und Sachentransporte über 10 km vorgesehen hatte, in der Volksabstimmung vom 5. Mai 1935 aus zum Teil gegenteiligen Gründen verworfen wurde, bestund die erste gesetzliche Massnahme darin, dass durch Bundesbeschluss vom 24. April 1936 die Bechtsgrundlage für eine statistische Erhebung über die Güterbeförderung mit Motorfahrzeugen geschaffen wurde. Auf Grund dieser Analyse kam dann am 18. Juni 1937 der bundesrätliche Entwurf eines Braidesbeschlussos über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen zustande, der ohne wesentliche Änderungen die Genehmigung der Bundesversammlung fand, und zwar in der Form eines auf fünf Jahre befristeten dringlichen Bundesbeschlusses (Autotransportordnung vom 30. September 1938).

u. Hauptbestimmungen der Autotransportordnung und ihr bisheriger Vollzug.

Der Bundesbeschluss vom 30. September 1938 enthält folgende Hauptbestimmungen : 1. Gewerbsmässige T r a n s p o r t e : "Wer gewerbsmässig auf öffentlichen Strassen mit Motorfahrzeugen und Anhängern Personen oder Sachen befördert, bedarf einer eidgenössischen Bewilligung, die vom eidgenössischen Amt für Verkehr nach Anhörung aller beteiligten Kreise erteilt wird. Für den regelmässigen Personenverkehr bleibt die besondere Postkonzession im Sinne unserer
Ausführungen im Abschnitt I unberührt. Als Beschwerdeinstanz gegen gewisse Verfügungen der Bewilligungsbehörde ist eine besondere eidgenössische Transportkommission eingesetzt.

Das unter die Autotransportordnung fallende schweizerische Gewerbe weist gegenwärtig 2607 provisorisch anerkannte Sachentransporthetriebe mit 6275 Fahrzeugen (inkl. 1588 Anhänger) und 2009 Personentransportbetriebe mit 2996 Personenwagen und 1003 Gesellschaftswagen auf. Diese Betriebe

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mussten vorerst ein Bewilligungsgesuch einreichen, worauf ihnen provisorische Ausweise verabfolgt wurden. Diese geben ihnen das Recht, bis zum Entscheid über das Bewilligungsgesuch die gewerbsmässigen Transporte weiterzuführen.

Die sogenannten Altunternehmer, die schon vor dem 1. Januar 1987 ausschliesslich gewerbsinässige Transporte ausgeführt haben, geniessen bei der Konzessionierung gewisse Vorrechte (Art. 81).

2. Der Werkverkehr und die Personenbeförderung, soweit sie nicht gewerbsmässig erfolgt, blieben frei. Unter den Werkverkehr fallen Transporte von Sachen für die Bedürfnisse eines nicht dem Transportgewerbe dienenden eigenen Geschäftes oder Betriebes mit eigenen Motorfahrzeugen und eigenem Personal. Wer solche Transporte ausführt, hat sich immerhin in ein Register eintragen zu lassen und ebenfalls gewisse Gebühren zu entrichten. Wichtig ist die Bestimmung in Art. 15 ATO, dass auch die im Werkverkehrsregister eingetragenen Halter von Motorfahrzeugen verpflichtet werden können, den Anforderungen der Militärverwaltung entsprechende Fahrzeuge zu verwenden sowie die zu statistischen Zwecken erforderlichen Angaben über die von ihnen ausgeführten Transporte zu hefern. Das Register ist nun abgeschlossen, und mit der Gebührenerhebung für die im Verkehr stehenden Fahrzeuge konnte begonnen werden.

8. Gemischter Verkehr: Von besonderer Tragweite ist die Bestimmung in Art. 5, wonach der gemischte Verkehr in der Regel verboten ist, d.h.

wer Transporte im Werkverkehr ausführt, darf nicht Transporte gegen Entgelt für andere besorgen. Wo aber das Verkehrsbedürfnis besteht, namentlich in abgelegenen Ortschaften, in Gebirgsgegenden und in Grenzgebieten, kann die Bewilligungsbehörde Ausnahmen bewilligen. Mit Rücksicht auf die bei der zweiten Generalmobilmachung in Erscheinung getretene Verknappung der Transportmittel musste jedoch das Verbot des gemischten Verkehrs ausgesetzt werden bis «um 15. Januar 1943. Von den beim eidgenössischen Amt für Verkehr eingereichten 878 Gesuchen um Ermächtigung zu gemischtem Verkehr konnten bisher deren 103 behandelt werden, wobei in 51 Fällen Ermächtigungen erteilt wurden, die bezüglich Rayon, Transportgut, Fahrzeugen und Verfrachtern eng umschrieben sind. Mit Rücksicht auf die besondern Bedürfnisse -während des Krieges sind auch die kantonalen Behörden ermächtigt worden,
für gewisse Fälle Ermächtigungen zu kriegswirtschaftlichen Transporten zu erteilen.

4. Die landwirtschaftlichen Traktoren: Es war nahehegend, dass das Verbot des gemischten Verkehrs nicht ohne weiteres auch auf die Landwirtschaftstraktoren Anwendung finden konnte. Abgesehen von der Sonderstellung, die das Automobilgesetz und die zollrechtliche Praxis diesem Fahrzeug einräumen, liess namentlich die Erwägung, dass das Gelingen des Mehranbauwerks in wesentlichem Umfang von der Bereitstellung der notwendigen motorischen Traktionsmittel abhängt, eine besondere Regelung für wünschbar erscheinen. Anderseits musste die Verwendung von Landwirtschaftstraktoren

489 zu Transporten gegen Entgelt in gewisse Schranken gewiesen werden, wenn nicht der von der Autotransportordnung verfolgte Zweck ernstlich gefährdet werden sollte. Nach langen Verhandlungen mit allen beteiligten Kreisen konnte das Post- und Eisenbahndepartement dem. Bundesrat einen Entwurf zu einem Bundesratsbeschluss über die Transporte mit motorisch angetriebenen landwirtschaftlichen Maschinen unterbreiten. Mit Beschluss vom 9. Juli 1943 wurde dieses Verständigungswerk auf den 15. Juli 1943 in Kraft gesetzt.

Danach sind die landwirtschaftlichen Arbeiten sowie die Transporte für den Eigenbedarf des Landwirtes der Autotransportordnung überhaupt nicht unterstellt, während bestimmte landwirtschaftliche Transporte gegen Entgelt in zeitlich umschriebenem Eahmen gestützt auf eine vom Amt für Verkehr ausgegebene Transportkarte ausgeführt werden dürfen. Diese Eegelung hat sich im gïossen und ganzen bewährt. Von den 10 471 Haltern landwirtschaftlicher Traktoren beantragten deren 2273 die Verabfolgung dieser Transportkarte. Der Erlass vom 9. Juli 1943 bedingte die Neuanlage eines Kegisters der landwirtschaftlichen Traktoren.

5. Der Treuhandverband des Autotransportgewerbes (TAG): Kurz nach Verabschiedung des Bundesbeschlusses vom 80. September 1938 durch die eidgenössischen Bäte bildete sich mit Sitz in Bern der Treuhandverband des Autotransportgewerbes, dessen Zweck namentlich in der Mitarbeit am Vollzug der ATO besteht. Mitglieder des TAG sind ausschliesslich die am Autotransportgewerbe interessierten Verbände. Angesichts der führenden Stellung, die der TAG einnimmt, sahen die mit dem Vollzug der ATO beauftragten Stellen für einmal von der Schaffung des in der ATO, Art. 10, Abs. l, des Bundesbeschlusses vorgesehenen Zwangsverbandes ab. Sieübertrugen dessen Obliegenheiten in Anwendung von Abs. 3 der zitierten Bestimmung dem TAG. Der Verband begutachtet die ihm unterbreiteten Entwürfe zu Vollziehungserlassen, nimmt Stellung zu Vollzugsfragen allgemeinen Charakters und dokumentiert die Bewilligungsbehörde zu Gesuchen einzelner Transportunternehmer. Er hat mit der Schaffung der Grundlagen für eine Tarifordnung und einem Gesamtarbeitsvertrag des Autotransportgewerbes begonnen. Die Bewilligungsbehörde möchte die nützliche Mitarbeit des Verbandes am Vollzug der Autotransportordnung keineswegs missen.
Die Statuten des TAG, die vom Bundesrat am 14. August 1942 genehmigt worden sind, sehen sodann die Schaffung einer Treuhandstelle vor, der die Bewilligungsbehörde gewisse ihr zustehende Funktionen übertragen kann.

Die Mitarbeit des Verbandes in dieser Form wirkt sich nicht nur in einer Entlastung des Personals der Bewilhgungsbehörde aus, sie ist auch aus allgemein gewerbepolitischen Erwägungen zu begrüssen. Die erforderliche Gewähr für einen einwandfreien Dienstbetrieb der ATO-Treuhandstelle, deren Stab das qualifizierte Personal der Direktion des TAG umfasst, ist geboten. Die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und TAG sind vertraglich geregelt.

Stand des Bewilligungsverfahrens. Das Bewilligungsverfahren wurde am 30. Juli 1940 durch eine besondere, 37 Artikel umfassende Ver-

490 Ordnung des Bundesrates näher geregelt. Als erste Massnakme wurde die Einreichung der Gesuche der bewilligungspflichtigen Unternehmungen näher geregelt. Nach Eingang der Gesuche gelangten die provisorischen Ausweise zur Ausgabe. Hierauf mussten sämtliche Gesuche gehörig veröffentlicht werden, worauf das Einspracheverfahren einsetzte, von dem in starkem Umfang Gebrauch gemacht wurde. Vom Herbst 1943 an konnten die ersten Bewilligungsgesuche materiell behandelt werden. Es handelte sich vorerst um diejenigen Fälle, bei denen die persönlichen Voraussetzungen in der Person des Gesuchstellers nicht erfüllt waren. In der überwiegenden Zahl der Fälle wurde gegen die ablehnenden Entscheide die Beschwerde an die eidgenössische Transportkommission ergriffen. Aus der Tatsache, dass von. allen Beschwerdefällen nur einer nicht im Sinne der Verfügung der Bewilligungsbehörde entschieden wurde, ist zu entnehmen, dass die Transportkommission die Auffassung des Amtes für Verkehr über die in persönlicher Hinsicht an die Konzessionsbewerber zu stellenden Anforderungen weitgehend teilt. Sofern die Autotransportordnung weiterhin in Kraft bleibt, wird die Bewilligungsbehörde in absehbarer Zeit die Konzessionsgesuche auch bezüglich des Verkehrsbedürfnisses abschliessend prüfen und hierauf endgültige Transportbewilligungen erteilen können. Da bei der Beurteilung des Verkehrsbedürfnisses Neuland betreten wird, ist es verständlich, dass die Vorbereitung der einzelnen Entscheide einen beträchtlichen Zeitaufwand erfordert und reiflich erwogen werden muss. Eine gewisse Verzögerung für den Vollzug ergab sich daraus, dass das Personal des neu geschaffenen Automobildienstes (27 Personen) zu häufigen Militärdiensten aufgeboten wurde und zudem noch mit kriegswirtschaftlichen Aufgaben betraut wurde, im Zusammenhang mit der Treibstoff Zuteilung und der Pneubewirtschaftung, denen die Priorität zukam. Über die Geschäftslast der neuen Dienststelle erhält man einen Begriff, wenn man bedenkt, dass im Jahre 1944 18 000 Briefe eingingen und deren 11 500 versandt wurden.

Bei der Behandlung der Konzessionsgesuche lässt sich die Bewilligungsbehörde von der Überlegung leiten, dass der Gesuchsteller einen Anspruch auf sorgfältige Untersuchung der Verhältnisse erheben darf angesichts der wirtschaftlichen Tragweite der Entscheidungen, die sie
für ihn haben. Schon aus der Motivierung des Entscheides soll der Unternehmer die Überzeugung gewinnen, dass sein Gesuch in jeder Hinsicht einlässlich geprüft wurde. Diese Praxis stützt sich nicht zuletzt auf die Erwägung, dass im Bereiche des Vollzugs der Autotransportordnung Fehler vermieden werden müssen, die. sich auf die Koordinationsmaäsnahmen nachteilig auswirken können. Es ist selbstverständlich, dass die Behandlung der Bewilligungsgesuche, aber auch der Gesuche um Ermächtigung zu gemischtem Verkehr, wo die Verhältnisse ähnlich gelagert sind, unter diesen Umständen Zeit erfordert.

lu. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen.

Verfassungsrechtlich ist die Autotransportordnung von 1988 auf Art. 36 (Postregal), 34ter (Gewerbeartikel), 37bls (Automobilartikel) und 41Ms der

491 Bundesverfassung gestützt worden. Man befolgte dabei die Bechtsauffassung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes und von Herrn Prof.

Blumenstein, wonach die Einführung der gesetzlichen Konzessionspflicht für den gewerbsmässigen Güterverkehr bei extensiver Auslegung des Postregals auf den Art. 36 BV aufgebaut werden könne. Nicht abgeklärt wurde damals die Frage, ob auch für die nicht regelmässige Personenbeförderung gegen Entgelt, die durch die Autotransportordnung auch erfasst wird, der Art. 86 BV genügen könne. Im Ständerat wurden seinerzeit auch Zweifel darüber geäussert, ob Art. 14 des Entwurfes über die Bedürfnisfrage und die subjektiven Voraussetzungen des Konzessionsbewerbers mit Art. 81 BV vereinbar sei.

In jenem Zeitpunkt (März und September 1938) waren es jedoch in der Hauptsache Gründe der Landesverteidigung, die die Bedenken für einmal zerstreuten.

Um für die künftige endgültige gesetzliche Ordnung in jeder Beziehung eine einwandfreie verfassungsrechtliche Grundlage zu schaffen, haben wir Ihnen mit Botschaft vom 19. Dezember 1941 einen neuen Verfassungstext vorgeschlagen (Art. 23ter), der auf Grund der Beratungen in den eidgenössischen Bäten durch Bundesbeschluss vom 19. Januar 1943 folgenden Wortlaut erhalten hat: Der Bund ordnet auf dem Wege der Gesetzgebung im Sirme von Art. 89, Abs. 2, der Bundesverfassung den Verkehr auf der Eisenbahn sowie die motorisierten Transporte auf der öffentlichen Strasse, zu Wasser oder in der Luft, unter Wahrung der Interessen der Volkswirtschaft und der Landesverteidigung. Zu diesem Zwecke regelt die Gesetzgebung im besondern die Zusammenarbeit und den Wettbewerb der Verkehrsmittel. Dabei kann sie nötigenfalls vom Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit abweichen.

Die eidgenössische Abstimmung über diesen Verfassungsartikel ist bisher aus verschiedenen Gründen noch hinausgeschoben worden. Einmal musste abgeklärt werden, ob das Volksbegehren vom 5. Mai 1988 betreffend die Gütertransportordnung gestützt auf den Gegenvorschlag der eidgenössischen Bäte zurückgezogen werde. Der Bückzug des Volksbegehrens kann nunmehr als sicher angenommen werden. Sodann wurde es als zweckmässig erachtet, vor dieser Volksabstimmung noch die Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen durchzuführen und allenfalls die bezügliche Volksabstimmung, die am 21. Januar 1945 stattgefunden hat, der Verfassungsbestimmung vorangehen zu lassen. Schliesslich sprach für die Verschiebung der Abstimmung über den Koordinationsartikel 23ter auch die Erwägung, dass vorerst noch gewisse Untersuchungen über die zweckmässigste Eingliederung des motorisierten Gütertransportes in das Eisenbahnverkehrssystem eingeleitet werden müssen. Dabei werden namentlich auch die Erfahrungen über die Heeresmotorisierung während des zweiten Weltkrieges wertvolle Unterlagen zu liefern haben. Die in den Jahren 1948 und 1944 mit der vorläufigen Autotrangportordnung gemachten, ungenügenden Erfahrungen hatten es zudem nicht erlaubt, auf die Volksabstimmung hin bereits bestimmte Bichtlinien für eine endgültige Autotransportordnung in Gesetzesform aufzustellen. Es

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ist j e d o c h unsere Absicht, den Verfassungsartikel 2S*61 über die Verkehrskoordination, wenn es die Verhältnisse erlauben, noch in der zweiten Hälfte ; des Jahres 1945 zur Abstimmung zu bringen. Bei Annahme des neuen Verfassungsartikels 23ter würde gegenüber der heutigen engern Verfassungsgrundlage der verfassungsrechtliche Bahmen nicht nur für den geworbsmässigen Güter- und Personenverkehr aller Art geschaffen sein, sondern auch für den Werkverkehr, sofern der Gesetzgeber auf Grund der noch zu sammelnden Erfahrungen und der künftigen Bedürfnisse der Landesverteidigung, der Volkswirtschaft sowie der Interessen des öffentlichen Verkehrs zum Schlüsse kommen sollte, dass die endgültige Ordnung über die provisorische Autotransportordnung hinausgehen müsse. Gegenwärtig lässt sich hierüber noch kein endgültiges Urteil abgeben. Dem Gesetzgeber und dem Volk bleibt jedoch das letzte Wort vorbehalten. Um die spätere Gesetzgebung nach keiner Eichtung festzulegen und für keine Verkehrsart in der Verfassung selbst ein Privileg zu schaffen, hat der Nationalrat im Jahre 1942 und mit ihm später auch der Ständerat beschlossen, für den unentgeltlichen Personenverkehr keine verfassungsrechtliche Ausnahme aufzunehmen. Eine allfällige gesetzliche Ordnung des unentgeltlichen Personenverkehrs wird nicht so sehr die Wettbewerbsverhältnisse erfassen als vielmehr für die Zusammenarbeit verschiedener Verkehrsmittel noch günstigere Grundlagen schaffen können. Man denke nur an die Möglichkeit der Verwendung von Selbstfahrerautomobilen, die in Zukunft von bestimmten Eisenbahn- oder Luftverkehrsknotenpunkten aus werden benützt werden. Klar ist jedoch, dass dem Bund auf Grund des Verfassungsartikels 28ter keine gesetzliche Befugnis für die bei den Kantonen liegende Besteuerung der Automobile zukommen würde.

Verkehrspolitisch betrachtet, drängt sich somit die Verlängerung der Autotransportordnung bis spätestens Ende 1950 auf. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass die endgültige gesetzliche Begehung schon zwei oder drei Jahre nach dem Kriegsende in Kraft treten und den dringlichen Bundesbeschluss ablösen wird.

IV. Weitere Gründe für die Verlängerung der vorläufigen Autotransportordnung.

Die Autotransportordnung wollte nur diejenigen Eechtsgrundlagen schaffen, deren es angesichts ihres vorläufigen Charakters und ihrer zeitlichen
Befristung bedurfte, um eine vorläufige Ordnung des Autotranaportgewerbes ins Werk zu setzen. Diese Ordnung ist eine Voraussetzung sowohl für jede weitere gesetzgeberische Bemühung zur Erhaltung eines gesunden und leistungsfähigen Autotransportgewerbes als auch für jeden künftigen, die Interessen der schweizerischen Volkswirtschaft und der Landesverteidigung befriedigenden Ausgleich zwischen dem Autotransportgewerbe und den öffentlichen Transportanstalten. Die künftige Entwicklung des Transportwesens, insbesondere des Autotransportgewerbes, und die beim Vollzug der ATO gesammelten

493 Erfahrungen sollten erst die Grundlagen für eine künftige dauernde Gesetzgebung schaffen (Botschaft zur ATO, BEI. 1937 II 153).

Während der erstmaligen 5jährigen Geltungsdauer der ATO liessen sich aber diese Grundlagen, wie bereits erwähnt, noch nicht erarbeiten.

Die durch den Krieg bedingten veränderten Verhältnisse verursachten mannigfaltige Störungen und verzögerten den Vollzug der ATO. Sie erlaubten es nicht, wichtige Abschnitte dieser Ordnung zu verwirklichen, wie den Erlass eines Strassentransportreglementes (Art. 6), die Tarifordnung (Art. 8), Auflagen im Interesse der Landesverteidigung (armeetaugliche Motorlastwagen, Art. 15), den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages (Art. 17) und die Äufnung eines Entschädigungsforids (Art. 34 ATO). Für die beiden letztgenannten Erlasse liegen Entwürfe zu Ausführungsvorschriften vor, wogegen der TAG Entwürfe zu einer Tarifordnung und zu einem Gesamtarbeitsvertrag vorbereitet.

Da endgültige Transpörtbewilh'gungen noch nicht erteilt werden konnten, muss die erste Vollzugsetappe der ATO als noch nicht abgeschlossen gelten.

Die Nachkriegszeit dürfte überdies noch gewisse Anpassungen der Praxis bei der Erteilung der definitiven Transportbewilhgung erwarten lassen, namentlich auch im Hinblick auf die neuen Bedürfnisse der Heeresmotorisierung.

Vor die Frage gestellt, ob jetzt schon, d. h. auf den Ablauf der Geltungsdauer der ATO, an eine dauernde gesetzgeberische Lösung zu denken wäre, oder ob damit noch zugewartet werden muss, müssen wir unter den geschilderten Verhältnissen das letztere befürworten. Eine voreilige dauernde gesetzliche Verankerung der bis dahin noch unzulänglichen Erfahrungen müsste sich als ein Fehlschlag und eine nicht zu rechtfertigende Vorwegnahme künftiger Entwicklungen der schweizerischen Verkehrswirtschaft erweisen.

Ebensowenig könnten wir es verantworten, die bisherige Ordnung nach Ablauf ihrer Geltungsdauer einfach aufzugeben, um später eine Gesetzgebung ganz neu wieder anbahnen und aufbauen zu müssen. Die bisher in der ATO statuierte Organisation des Autotransportgewerbes dürfte immer wieder den Grundstock jeder auf die Dauer berechneten gesetzlichen Ordnung bilden.

Ein Verzicht auf eine befristete Beibehaltung der bisherigen Ordnung müsste bei der in der Nachkriegszeit zu erwartenden Wiederbelebung des gewerbsmässigen
Autotransportes sowohl die Arbeitgeber und Arbeitnehmer dieses Gewerbes aufs schwerste benachteiligen, als auch den Bestrebungen zu einer im Interesse des Landes liegenden Koordination der privaten und öffentlichen Verkehrsmittel abträglich sein und für beide denselben beklagenswerten schrankenlosen Konkurrenzkampf wieder heraufbeschwören, wie der Bundesrat ihn in seiner Botschaft zur ATO (BEI. 1937 II109-117,133,141-152) festgestellt hat und welche Verhältnisse den Ausgangspunkt für die bisherige befristete Eegelung gebildet haben. Aus allen diesen Erwägungen halten wir eine angemessene Verlängerung der Geltungsdauer der ATO für diejenige Lösung, die sich unter den gegebenen Verhältnissen aufdrängt und allein zu verantworten ist.

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Die eidgenössische Transportkommission bcgrüsst einstimmig die Verlängerung der ATO. Diese Auffassung wird geteilt durch den TAG, in dessen Mitgliederverbänden rund zwei Drittel aller Transportunternehmer organisiert sind. Dessen Delegiertenversammluog hat bereits am 20. November 1943 ohne Gegenstimme beschlossen, den zuständigen Behörden die Verlängerung der ATO zu beantragen.

V. Die Gebühren.

In der Botschaft zur Autotransportordnung (BBL 1987 II 208) wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Kosten des Vollzuges des Erlasses durch.

Gebühren der Beteiligten aufgebracht werden sollen. Im Bundesbeschluss selbst ist die Höchstgebühr für das in. einem bewilligungspfliehtigen Verkehr verwendete Fahrzeug auf Fr. 600 festgesetzt, während die Begistriergebühr für ein Werkverkehrsfahrzeug höchstens Fr. 50 betragen darf (ATO Art. 37).

Die übrigen ATO-Gebühren wurden in der Verordnung IV vom 30. Juli 1940 und im Gebührentarif des eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartementes vom gleichen Datum geregelt.

In einer Kleinen Anfrage vom 22. Juni 1948 machte Herr Nationalrat Seematter geltend, dass diese Gebühren derart hoch seien, dass sie als Sondersteuern betrachtet werden müssten. Der Bundesrat werde eingeladen, zu prüfen, ob die Gebühren anlässlich einer Verlängerung der ATO nicht herabzusetzen seien, In seiner Antwort wies der Bundesrat darauf hin, dass die Gebühren nicht derart hoch bemessen seien, dass sie ihren Charakter verlieren und zu Steuern werden. Immerhin liess der Bundesrat die Möglichkeit offen, den eidgenössischen Bäten im Falle der Verlängerung der Autotransportordnung eine Herabsetzung zu beantragen, falls die bis dahin gesammelten Erfahrungen dies als gerechtfertigt erscheinen Hessen.

Wenn das Bewilhgungsverfahren in der ursprünglich vorgesehenen Zeit, d. h. während der fünfjährigen Geltungsdauer des dringlichen Bundesbeschlusses hätte zum Abschluss gebracht werden können, so hätte sich die Bewilligungsbehörde damit begnügen können, 50--60 % der Maximalgebühr zu erheben.

Da aber der Vollzug der ATO noch nicht so weit gediehen ist, dass bereits endgültige Bewilligungen ausgegeben worden sind, liegen die Verhältnisse ungünstiger. Auf Ende 1943 stehen den Einnahmen im Betrage von Fr. 456 090.65 Ausgaben im Betrage von Fr. 838 999 gegenüber.

Das Bost- und Eisenbahndepartement prüfte in
der Folge, ob nicht im Falle der Verlängerung der ATO um fünf Jahre mit den in der ATO vorgesehenen Maximalgebühren auszukommen wäre, die ursprünglich nur für die Vollzugskostendeckung während fünf und nicht während zehn Jahren bestimmt waren.

Die Untersuchung ergab folgende Ergebnisse, denen die genauen, der Bewilligungsbehörde nunmehr im einzelnen bekannten Fahrzeugzahlen zur Berechnung zugrunde gelegt wurden:

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Einnahmen.

Bis Ende 1948 bereits erhobene Gebühren Ab 1. Januar 1944 erhobene bzw. noch zu erhebende Gebühren, geschätzt auf .

Fr.

Zusammen Abzüglich noch nicht verrechnete Gebührenanteile der Kaiitone (ATO Art. 38, al. 3)

Fr. 3 375 851

Total der veranschlagten Nettoeinnahmen

Fr. 2 791 899

Ausgaben.

Vollzugsausgaben bis Ende 1943 Ab 1. Januar 1944 aufgelaufene und bis Ende Dezember 1950 zu erwartende Ausgaben '.

Total der veranschlagten Ausgaben Gesamtbetrag des zu erwartenden Ausgabenüberschusses rund

456091

» 2 919 760

»

Fr.

588 952

888 999

» 2 355 500 Fr. 8 194 499 Fr. 402 600

Dieser Darstellung kann entnommen werden, dass die in der ATO enthaltenen Gebührensätze wohl für die Vollzugskostendeckung während der Geltungsdauer dea Bundesbeschlusses, d. h. bis 14. August 1945; nicht jedoch für die zu beantragende Verlängerungsdauer ausreichen werden.

Zu der vorstehenden Aufstellung müssen überdies folgende Vorbehalte angebracht werden.

Einmal basieren die Ausgaben auf der Annahme, dass die Löhne und Besoldungen -- abgesehen von den ordentlichen jährlichen Gehaltserhöhungen -- sich während der ganzen verlängerten Geltungsdauer der Autotransportordnung auf der gegenwärtigen Höhe halten werden und dass im grossen und ganzen mit dem bisherigen Personalbestand ausgekommen werden kann.

Diese Annahme bedingt ihrerseits, dass der Aufgabenkreis der am Vollzug beteiligten Instanzen sich nicht wesentlich erweitere, was jedoch ungewiss ist.

Ferner ist es notwendig, bei der Prüfung des voraussichtlichen Finanzbedarfes für den Vollzug der verlängerten Autotransportordnung einer Entwicklung Eechnuiig zu tragen, die wohl nicht angestrebt wird, aber dennoch im Bereiche des Möglichen liegt. In der ATO, Art. 10, Abs. l, ist nämlich die Schaffung eines Zwangsverbandes der Inhaber von Trarisportbewilhgungen vorgesehen. Bis zur Bildung dieses Verbandes kann der Bundesrat dessen Obliegenheiten bestehenden Fachverbänden des Autotransportgewerbes oder einer von diesen geschaffenen Treuhandstelle übertragen. Der Bundesrat machte von dieser Kompetenz Gebrauch, wie wir bereits dargelegt haben.

Sollte trotz den Bemühungen der Bewilligungsbehörde diese Lösung, die sich als sehr zweckmässig erwiesen hat, dahinfallen, so müsste wohl oder übel zum Zwangsverband geschritten werden. Die dafür aufzuwendenden

496 Mittel wurden die Summen aber bei weitem übersteigen, die in vorstehender Aufstellung als Beiträge an den TAG und die ATO-Treuhandstelle eingesetzt werden durften.

Schliesslicb ist in Betracht zu ziehen, dass die vorliegenden Annahmen auf dem Verkehrsvolumen und der Zahl der Verkehrsmittel basieren, die unmittelbar vor Beginn dieses Weltkrieges zu verzeichnen waren. Wir können nicht beurteilen, ob die Nachkriegsentwicklung nicht auch im Bereiche der ATO die Behörde vor neue Aufgaben stellen wird, für deren Aufwand ebenfall» nach dem Prinzip der selbsttragenden Lösung die ATO-Gebühren herangezogen werden müssen.

Diese Erwägungen veranlassten die Bewilligungsbehörde, zu prüfen, in welchem Umfange die Gebührensätze zu erhöhen sind, damit der zu erwartende Finanzbedarf gedeckt werden kann. Es erwies sich, dass mit einer durchgehenden Erhöhung der Konzessions-, Begister- und übrigen Gebühren um 20 % Mehreinnahmen im Betrage von rund Fr. 588 000 zu erwarten sind, die aller Voraussicht nach für die Deckung des errechneten Ausgabenüberschusses von Fr. 402 600 ausreichen dürften. Sollte wider Erwarten diese Annahme nicht zutreffen, so wären die ungedeckten Kosten durch die Bundeskasse zu tragen. Diese Lösung darf verantwortet werden, weil der Aufwand für die angestrebte Beordnung der motorisierten Strassentransporte, deren verkehrswirtschaftliche Bedeutung hoch einzuschätzen ist, bis zu dem vorstehend genannten Betrag ausschhesslich durch die Beteiligten selbst getragen wird, obschon der Bund und die öffentlichen Verkehrsanstalten ebenfalls ein grosses Interesse am Gelingen des Werkes haben. Sobald die Frachturkunden eingeführt sind, wird übrigens der Bundeskasse auch eine Mehreinnahme aus dem in Art, 7 ATO vorgesehenen Frachturkundenstempel zufliessen.

In diesem Zusammenhang muss auch auf die Stellungnahme des eidgenössischen Militärdepartementes verwiesen werden. Dieses verhält sich unter Hinweis auf die gegenwärtige und zukünftige Heeresmotorisierung gegenüber neuen finanziellen Auflagen an die Fahrzeughalter eher ablehnend. Der gleiche Wunsch wurde in der an anderer Stelle erwähnten Kleinen Anfrage Seematter zum Ausdruck gebracht. Das Finanz- und Zolldepartement seinerseits wünscht jedoch weitgehende Deckung der Ausgaben durch das geschützte Transportgewerbe selbst.

Wir beantragen Ihnen eine
Mittellösung in dem Sinne, dass das eidgenössische Post- und Eisenbahndeparteinent zu ermächtigen ist, die in der Autotransportordnung vorgesehenen Gebühren um maximal 20 % zu erhöhen, falls die Verhältnisse es erfordern. Von dieser Ermächtigung soll nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn die Kosten des Vollzuges der ATO während der verlängerten Geltungsdauer nicht mit den im Bundesbeschluss vorgesehenen Maxünalgebühren gedeckt werden können. Dabei soll noch besonders geprüft werden, ob nach Einführung des Frachturkundenstempels gemäss Art. 7 der ATO eine entsprechende Ermässigung der Gebühren tragbar sein wird.

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VI. Dauer der Verlängerung.

Die Autotransportordnuug ist eine Massnahme vorsorglicher und vorübergehender Art, die die zukünftige gesetzliche Eegelung auf Grund der neuen Verfassungsgrundlagen vorzubereiten hat. Nicht nur während der Kriegszeit, sondern auch während einer gewissen Dauer der Nachkriegszeit werden die Existenzbedingungen des Strassentransportgewerbes von den Importmögliohkeiten von Eoh- und Betriebsstoffen beeinflusst sein. Es dürfte somit noch eine geraume Zeit vergehen, bis sich der Strassenverkehr wieder im Eahmen der geltenden Bestimmungen voll entwickeln wird. Erst dieser Zustand wird den mit dem Vollzug befassten Behörden die Erfahrungen in die Hand geben, gestützt auf die eine endgültige Kodifikation des Strassentransportrechtes in Angriff genommen werden kann. Es rechtfertigt sich daher, einen angemessenen zeitlichen Spielraum zur Sammlung von Erfahrungen zu gewähren.

Die ATO ist auf den 15. August 1940 in Kraft gesetzt worden. Eine fünfjährige Verlängerung ihrer Geltungsdauer würde bis 15. August 1950 reichen. Aus vollzugsrechtlichen Gründen, die zusammenhängen mit der "Wirkung der auf Grund der ATO eingerichteten Ëegister des gewerbsmässigen, des gemischten und des Werkverkehrs sowie des Eegisters der mit grünen Transportkarten ausgerüsteten Halter von landwirtschaftlichen Traktoren, «benso mit Eücksicht auf die Veranlagung der Beitragspflichtigen für die Beiträge an den Entschädigungsfonds sowie im Hinblick auf die jährlichen Beiträge des Bundes zur Vermehrung der armeetauglichen Motorlastwagen, endlich wegen der geschäftlichen Dispositionen der unterstellten Betriebe und der im Laufe der Verlängerung zu schaffenden Ordnung der Tarife und des Dienstverhältnisses der Arbeitnehmer dieser Betriebe durch einen Gesamtarbeitsvertrag empfehlen wir jedoch, die verlängerte Geltungsdauer auf das abgeschlossene Kalenderjahr auszudehnen und deshalb bis zum 81. Dezember 1950 festzulegen.

VII. Form der Verlängerung der Autotransportordnung.

Die Erwägungen, die im Jahre 1937 den Bundesrat dazu führten, den ·eidgenössischen Eäten den Entwurf für die Autotransportordnung in der Form eines dringlichen Bundesbeschlusses vorzulegen (Botschaft vom 18. Juni 1937, BEI. 1937 II 149--151), können wie folgt zusammengefasst werden: 1. In der Bundesverfassung fehlt zurzeit noch eine ausdrückliche
Bestimmung, die dem Bunde das Eecht verleiht, allgemein über den Automobiltransport zu legiferieren. Die Annahme der neuen Verfassungsgrundlage (die inzwischen durch die eidgenössischen Eäte am 19. Januar 1948 beschlossen wurde) ist noch ungewiss, während anderseits die Verhältnisse ein sofortiges Handeln als geboten erscheinen Hessen.

498 2. Die erfolgreiche Lösung des Problems der Strassen- und Eisenbahntransporte setzt voraus, dass das Strassentransportgewerbe in einem derartigen Masse organisiert ist, dass es als Verhandlungspartner fungieren und Hechte und Pflichten übernehmen kann.

3. Es handelt sich um eine provisorische Regelung, die keineswegs dauerndes Recht schaffen will. Der Erlass soll nur die Ausgangsgrundlage für die zukünftige Regelung schaffen, die den gemachten Erfahrungen unter Berücksichtigung der Traditionen unseres Landes, der wirtschaftlichen Struktur und der besondern Bedürfnisse unseres Landes Rechnung tragen wird. Für die Erreichung dieses Zieles eignet sich der elastische Bundesbeschluss besser als das Bundesgesetz. Die Dringlichkeit der Massnahmen vorbeugender und vorübergehender Art, die mit der Autotransportordnung in Kraft gesetzt werden sollen, rechtfertigt die Anwendung der Dringlichkeitsklausel, Während die Organisation des Strassentransportunternehmertums heute schon weitgehend fortgeschritten ist, liegen anderseits die Grundlagen für eine endgültige Kodifikation des Strassentransportrechtes noch nicht vor.

Der Bundesbeschluss vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität (A. S. 55, 769) ermächtigt und beauftragt den Bundesrat, die zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Landes erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Formell könnte die Kompetenz des Bundesrates, die Autotransportordnung durch Vollmachtenbeschluss zu verlängern, nicht in Zweifel gezogen werden.

Indessen sprechen sachliche Bedenken gegen ein derartiges Vorgehen.

Die Rechtsetzung, gestützt auf den Vollmachtenbeschluss, soll grundsätzlich nur dort einsetzen, wo der Weg über die ordentliche Gesetzgebung nicht gangbar ist. Diese Voraussetzung trifft für die Autotransportordnung nicht zu, da die Form, des Bundesbeschlusses -- wie für den Erlass vom 30. September 1938 ·--· auch für dessen Verlängerung gewählt werden kann. Ferner muss in Betracht gezogen werden, dass die Ursachen, die eine Ordnung der motorisierten Strassentransporte unumgänglich machten, schon vor dem gegenwärtigen Kriege bestanden und somit nicht als Auswirkung des Krieges betrachtet werden dürfen.

Schliesslich ist zu würdigen, dass die Verlängerung der Autotransportordnung Wirkungen zeitigt, die
voraussichtlich über die Geltungsdauer des Bmidesbeschlusses vom 80. August 1939 hinausgehen. Es rechtfertigt sich, nicht, dieses Ziel, das vermutlich weit in der Nachkriegszeit hegt, mit dem Vollmachtenbeschluss anzustreben.

Diese Erwägungen veranlassen uns, Ihnen die Verlängerung der Autotransportordnung mittelst Bundesbeschluss zu beantragen, und zwar in der Form des dringlichen Bundesbeschlusses. Die Ausgangslage, die zum dringlichen Bundesbeschluss vom 30. September 1938 führte, ist im. Grunde die gleiche geblieben. Die Ausführungen in der Botschaft vom 18, Juni 1987 (BEI. 1937 II 151) hinsichtlich der Dringlichkeit treffen auch heute noch zu-

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Dieses Vorgehen allein gestattet es, innert nützlicher Frist die erforderlichen Anordnungen zu treffen, die die lückenlose Weiterführung des begonnenen Werkes gewährleisten.

Gestützt auf diese Erwägungen empfehlen wir Ihnen, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und benützen die Gelegenheit, Sie aufs neue unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 27. April 1945.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ed. v. Steiger.

Der Bundeskanzler:

Lcimgruber.

500 (Entwurf.)

ßimdesfoeschluss über

die Verlängerung des Bundesbeschlusses über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 27. April 1945, beschliesst:

Art. 1.

Die Gültigkeitsdauer des Bundesbeschlusses vom 80. September 1988 über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen (Autotransportordnung) wird bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über den Transport mit Motorfahrzeugen, längstens jedoch bis zum 81, Dezember 1950, verlängert.

Art. 2.

Der Bundesrat wird ermächtigt, die in Art. 37 des Bundesbeschlusses vom 30. September 1988 genannten Gebühren um höchstens 20 % zu erhöhen, wenn die Kosten des Vollzuges sonst nicht gedeckt werden können.

Art. 3.

Dieser Beschluss wird dringlich erklärt. Er tritt am 15. August 1945 in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Verlängerung des Bundesbeschlusses über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen. (Vom 27. April 1945.)

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1945

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09.05.1945

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