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Bericht der

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkomraission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit vom 1. Oktober 1944 bis zum 30. September 1945.

(Vom 12. November 1945.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen nach Art. 12 des Kegulativs für die gemeinsame Finanzdelegation der eidgenössischen Eäte (vom 25. September 1907) Bericht zu erstatten.

I. Personelles.

Am l. Oktober 1944 war die Finanzdelegation bestellt aus den Herren : Mitglieder: Nationalräte Scherrer, Meierhans und Müller-Amriswil.

Ständeräte de Coulon, Fricker und Wenk.

Ersatzmänner: Nationalräte Aeby, Schmutz und Helbling.

Ständeräte Piller, Mercier und Walker.

Herr de Coulon, der im Laufe des Monats Mai 1945 als Mitglied des Ständerates zurücktrat, wurde durch den bisherigen Ersatzmann, Herrn Mercier, und letzterer durch Herrn Ackermann ersetzt.

Die Herren Aeby und Schmutz wurden als Ergatzmänner durch die Herren Eder und Weber ersetzt.

Am Ende des Berichtsjahres war die Finanzdelegation wie folgt zusammengesetzt : Mitglieder:

Nationalräte Scherrer, Meierhans und Müller-Amriswil.

Ständeräte Wenk, Fricker und Mercier.

Ersatzmänner: Nationalräte Helbling, Eder und Weber.

Ständeräte Piller, Walker und Ackermann.

402 II. Sitzungen.

Im Berichtsjahre fanden 19 Sitzungen in Bern statt.

DI. Verhandlungsgegenstände.

1. Voranschlag des Bundes für das Jahr 1945.

2. Ausserordeutliche Voranschläge 1945.

3. Eidgenössische Staatsrechnung 1944.

4. Ausserordentliche Rechnung 1944.

· Ö. Nachtragskredite II. Folge 1944 und I. Folge 1945.

6. Kreditübertragungen von 1944 auf 1945.

7. 1142 von der eidgenössischen Finanzkontrolle verfasste Eevisionsprotokolle.

·'8. Anregungen der Finanzkontrolle über die Verwendung der Kredite.

9. 1124 Bundesratsbeschlüsse, den Finanzhaushalt des Bundes betreffend.

10. Verwendung der ausserordentlichen Wehrkredite.

11. Mobilisations- und kriegswirtschaftliche Ausgaben.

12. Preiskontrolle, Expertise, 13. Holzverzuckerungs-AG.

14. Viehimport/Export, Geschäftsprüfungskommission.

15. PTT-Verwaltung, Amortisationspolitik und Bewertung der Anlagen aus Geldern des Postcheckverkehrs.

16. Tätigkeit der Sparkommission der Armee.

17. Flugplatzfragen, Finanzierung.

18. Vollmachtenregime des Bundesrates, Handhabung der ausserordentlichen Finanzvollmachten.

19. Bundesfinanzreform.

20. Wirtschaftsverhandlungen mit den Alliierten (Finanzabkommen).

Ausserdem gaben zahlreiche Geschäfte, die Gegenstand unserer Beratungen waren, Anlass zu Anfragen an den Bundesrat und die Departemente.

Ausserordentliche V o r a n s c h l ä g e .

In unserm letzten Bericht vom 8. November 1944 (siehe Bundesblatt Nr. 24 vom 23. November 1944) wurde darauf hingewiesen, dass der Bundesrat im Interesse der gewünschten Zusammenarbeit mit den parlamentarischen Organen beschlossen habe, der Finanzdelegation jeweilen vor der Genehmigung der drei ausserordentlichen Voranschläge betreffend: a. die kriegswirtschaftlichen Organisationen; fe. die verschiedenen Massnahmen zum Schutze des Landes und der Aufrechterhaltung seiner Neutralität und c, die durch Aktivdienst und Verstärkung der Landesverteidigung bedingten Ausgaben Gelegenheit zu geben, die einzelnen Kredite in grundsätzlicher Beziehung sowie in ihrem Ausmasse zu überprüfen und sich dazu gutachtlich zu äussern.

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Obwohl die Finanzdelegation diese Stellungnahme des Bundesrates begrüsste, hielt sie indessen nach wie vor dafür, dass im Hinblick auf die Verantwortung, welche die parlamentarischen Finanzkommissionen mit der Ablage der gesamten Staatsrechnung zu übernehmen haben, diese ausserordentlichen Voranschläge auch ihnen zur gutachtlichen Äusserung vorgelegt werden sollten.

Für das Jahr 1944 ist das hinsichtlich der unter ht. a und b genannten Voranschläge geschehen, nicht aber mit Bezug auf den Voranschlag betreffend die durch Aktivdienst und Verstärkung der Landesverteidigung bedingten Ausgaben, welche nur der Finanzdelegation unterbreitet wurden. Im Hinblick darauf, dass es sich um ausserordentlich hohe Aufwendungen handelt, wurde dem eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement nahegelegt, auch diesen Voranschlag den parlamentarischen Finanzkömmissionen vorzulegen.

Sowohl im Schosse der Finanzdelegation als im Kreise ihrer Finanzkömmissionen wurde anlässlich der Behandlung der Staatsrechnung für das Jahr 1944 darüber gesprochen, ob nicht die beiden Rechnungen wieder zusammengelegt werden könnten, damit die Universalität des Budgets und der Rechnung wieder hergestellt werden könnte. Die gegenwärtige Budgetierung und Eechnungsstellung erschwert zweifelsohne die Kontrolle und die Übersicht, Bei der Verwaltungsrechnung muss jeder Betrag, auch der kleinste, verantwortet und bei der Bechnungsablage auch begründet werden. Bei der ausserordentlichen Bechnung geht naturgemäss mehr durch die Maschen, weil hier die Abgrenzung zwischen ordentlicher und nichtordentlicher Bechnung schwer ist.

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Wir begegnen hin und wieder der Tendenz, die Ausgaben welche in der ordentlichen Bechnung nicht untergebracht werden können, auf das Konto der ausserordentlichen -Bechnung zu setzen. Aber wir gehen nach den Aufklärungen, die wir vom Chef des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes erhielten, mit ihm einig, dass im gegenwärtigen Moment eine Zusammenlegung der beiden Rechnungen nicht möglich ist. Der Aufwand und die Deckung der aussërordentlichen Rechnung beruhen auf dem. Vollmachtenregime, die rechtliche Grundlage ist also für diesen Aufwand eine andere als die der Verwaltungsrechnung. Dann ist festzustellen, dass die Deckung des ausserordentlichen Aufwandes, der auf Vollmachtenbeschlüssen beruht, durch Spezialsteuern
erfolgt. Das bedingt eine Ausscheidung der auf dem Vollmachtenregime basierenden Ausgaben wie auch der ausserordentlichen Einnahmen.

Aber gleichwohl bleibt für uns die Zusammenlegung der Rechnungen und der Voranschläge, damit eine einheitliche Budgetierung, eine klare, übersichtliche Rechnungsstellung erfolgen kann, das von uns anzustrebende Ziel. Selbstverständlich involviert das die Wiedereinsetzung der eidgenössischen Bäte in ihre verfassungsmassigen Beeilte und die Übernahme der vollen Verantwortung für die Finanzgebarung des Bundes durch das Parlament. Wir müssen aber zugeben, dass die Grundlagen für eine genaue Budgetierung der ausserordentlichen Aufwendungen heute noch nicht vorhanden sind. Der Grund liegt in

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der ganzen Unsicherheit der Lage, in der Ungewissheit der Zukunft. Deshalb werden wir uns einige Zeit noch mit diesem System abfinden müssen.

Inzwischen ist aber der Bundesrat erfreulicherweise einen Schritt weitergegangen; er hat die Voranschlâgspflicht auch für den gesamten ausserordentlichen Aufwand aufgestellt. Die ausserordentlichen Voranschläge wurden den beiden Finanzkommissionen der Bäte zur gutachtlichen Äusserung unterbreitet.

Die Kommissionen haben gemeinsam Sitzung gehalten und die ausserordentlichen Voranschläge, wie die ausserordentlichen Rechnungen einer eingehenden Prüfung unterzogen. Es war damit möglich, eine Reihe von Fragen abzuklären.

Die besondern Wünsche und Postulate, die sich aus den Beratungen ergaben, haben wir dem Bundesrat unterbreitet, der denn auch bei jedem einzelnen Posten uns eine schlüssige Aufklärung gegeben hat. Wh- danken insbesondere dem Chef des Finanz- und Zolldepartementes, dass er damit der Finanzdelegation und den beiden Finanzkommißsionen den vollen Einblick in die Situation verschafft hat.

Wir stellen mit Genugtuung fest, dass unsern seit Jahren im Interesse einer engen Zusammenarbeit zwischen den parlamentarischen Kontrollorganen und der Verwaltung angebrachten Wünschen nun doch entsprochen worden ist. Über Einzelheiten, welche diese ausserordentlichen Voranschläge betreffen, verweisen wir auf die folgenden Abschnitte.

Gegen Mitte des laufenden Jahres setzte uns der Bundesrat davon in Kenntnis, dass er beschlossen habe, den ausserordentlichen Voranschlag des Bundes für das Jahr 1946 in Abweichung der bisherigen Praxis, den eidgenössischen Räten mit dem ordentlichen Voranschlag in gedruckter Form zur Genehmigung vorzulegen. Dies hat zur Folge, dass inskünftig auch für die Nachtragskredite und die Rechnungsablage in der ausserordentlichen Rechnung die gleichen Vorschriften gelten wie in der ordentlichen Rechnung. Der Bundesrat ging dabei von Wünschen und Anregungen aus, die im Schosse der Finanzkommissionen geäussert worden sind. Er ist der Meinung, das s die Neuerung der Handlungsfreiheit keinen Eintrag tun soll, die sich für ihn aus den jeweils geltenden Vorschriften über ausserordentliche Vollmachten ergibt.

Mit dem Bundesrat sind wir der Auffassung, dass damit ein wesentlicher Schritt im Sinne der Wiederherstellung der parlamentarischen Rechte
eingeleitet ist. Die Finanzdelegation hat diese Stellungnahme begrüsst, weil der ausserordentliche Voranschlag jetzt nicht mehr vorab im Zeichen der unabweislichen Militärkredite steht, sondern den Abbau der kriegsbedmgten Ausgaben widerspiegeln soll und den Aufwand für ausserordentliche wirtschaftliche Zwecke ausweist, worüber verschiedene Meinungen bestehen können, die es im Rahmen unserer demokratischen Institutionen abzuklären gilt. Die verfassungsmässige Neuregelung unserer Finanzen kann nur dann reibungslos vorbereitet werden, wenn die Bäte baldmöglichst in vollem Umfange Einblick in die Probleme der ausserordentlichen Bechnung erhalten und berufen werden, ihren Teil an der Verantwortung mitzutragen. Dieses Verfahren ist zwar mit

405 etwelchen Mehrausgaben verbunden, weil der ausserordentliche Voranschlag gedruckt und zweisprachig vorgelegt wird; man wird die Mehrausgaben in Kauf nehmen, weil man sich damit in einem wesentlichen Punkt wieder der verfassungsmässigen Behandlung finanzieller Angelegenheit nähert.

Kriegswirtschaft, Wie im Vorjahr hat der Bundesrat den Voranschlag der kriegswirtschaftlichen Organisationen für das Jahr 1945 vorgelegt.

Dieser Voranschlag setzt sich zusammen aus: 1944

1945

Fr.

Einnahmen Ausgaben Ausgabenüberschuss

Fr.

647886200 . . . 782870900 . 134 484 700

653739700 856204707 202 465 007

Dabei handelt es sich nicht im ganzen Umfange um tatsächliche Ausgaben und Einnahmen, weil die Kriegswirtschaftsämter den Gegenwert ihrer Warenvorräte zu Jahresanfang in der Höhe von 110 Millionen Franken in die Ausgaben und den Gegenwert der Vorräte am Jahresende in ziemlich nämlicher Höhe in die Einnahmen eingesetzt haben. Die tatsächlichen Aasgaben und Einnahmen sind demzufolge um je etwa 110 Millionen Franken niedriger.

Nach Sachgruppen aufgeteilt ergibt sich bei einem Vergleich zwischen den Voranschlägen 1944 und 1945 folgendes Bild: Vo. 1944

Vo. 1945

Millionen Franken

Einnahmen Kapital- und Liegenschaftsertrag Gebühren und Bussen Warenverkäufe, Frachteingänge usw Ausgaben Verzinsung Personalaufwand Gemeinkosten : Druck- und Buchbinderkosten PTT und andere Gebühren Kommissionen und Sachverständige Grundstücke und Fährnis: Bauausführungen Miete von Bureauräurnlichkeiten . Hausdienst (Heizung, Beleuchtung etc.)

Beschaffung von Waren

647,9 2,8 6,3 638,8 782,4 11,6 25,5

653,7 2,1 8,5 643,1 806,2 15,8 25,6

4,5 8,4 4,3

8,9 4,0 4,3

8,0 0,9 0,6 488,1

1,6 0,9 0,9 499,2

406 Vo. 1944 Vo. 1945 Millionen Franken

Seefrachtgeschäft, kriegswirtschaftliche Massnahmen . .

Bundesbeiträge : Forstwirtschaft Brotgetreide, Futtermittel, Milch etc Verbilligungsaktionen etc Handel, Industrie, Gewerbe und Verkehr Kosten und Verluste der kriegswirtschaftlichen Organisation

146,0

158,7

0,3 89,2 8,1 0,8

0,4 139,7 3,6 1,7

134,5

202,5

Es liegt auf der Hand, dass, wie in den Vorjahren, der tatsächliche Bechnungsabschluss sehr stark von den Bezugsmöglichkeiten für Waren abhängt.

Der Anteil der Eidgenossenschaft an den Lohn- und Verdienstausgleichskassen ist in diesen Zahlen inbegriffen und beläuft sich für das Jahr 1945 auf 135 Millionen. Seit der "Gründung dieser Kassen hat die Eidgenossenschaft dem Fonds bis Ende Dezember 1944 475,96 Millionen -gut: geschrieben.

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Die Finanzdelegation nimmt Kenntnis von den Berichten der Kriegswirtschaftsämter. Diese Ämter zählen 44 Sektionen und wiesen Ende September 1945 einen Personalbestand von 3217 Beamten und Angestellten auf, gegen 3850 Ende September 1944.

Die Verwaltungskosten, die 1941 noch 14 Millionen Franken, 1942 26 Millionen Franken und 1943 44,5 Millionen Franken betrugen, erreichten im Jahre 1944 45,825 Millionen. Von September 1989 bis Ende September 1945 erhöhten sie sich auf 157,776 Millionen. Der gesamte Ausgabenüberschuss der Kriegswirtschaftsämter betrug Ende 1944 383,6 Millionen Franken, Es stellt sich die Frage, ob bei den kriegswirtschaftlichen Organisationen, deren Abrechnung die Finanzkommissionen im Frühjahr erstmals auch einsehen konnten --^ die Finanz délégation hat zwar immer alle Zahlen fortlaufend erhalten --, bald ein wesentlicher Abbau erfolgen kann. Hier hängt der Abbau weitgehend von der Gestaltung der Zufuhren, der Aufnahme der ausländischen Verkehrsverbindungen und der Bereitstellung von Eohstoffen und Lebensrnitteln ab. Da müssen wir zunächst bekennen, dass die Aussichten noch nicht sonderlich rosig sind. Solange das Ausland an der staatlichen Kontrolle und Bewirtschaftung festhält, wird es auch bei uns nicht möglich sein, auf die kriegswirtschaftlichen Organisationen zu verzichten. Wir sind freilich nie müde geworden, überall dort nachhaltig den Abbau zu fordern, wo das durch die Umstände ermöglicht wurde.

Aktivdienst und Verstärkung der Landesverteidigung.

Die durch den Aktivdienst veranlassen Ausgaben -- abgesehen von den Krediten, für die Verstärkung der Landesverteidigung -- belaufen sich bis Ende September 1945 auf 4048 Millionen Franken.

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Von den bis Ende September 1945 für den Ausbau der Landesverteidigung, B e f e s t i g u n g s w e r k e , Materialreserven, B e w a f f n u n g , Ausrüstung usw. gesprochenen Krediten von 3155 Millionen Franken wurden 815 Millionen Franken durch die Bundesversammlung und 2840 Millionen Franken durch den Bundesrat bewilligt.

Die Budgetvorschläge, die uns zu Beginn des Jahres unterbreitet wurden, hatten eine Ausgabe von 748,8 Millionen für den Aktivdienst und 587,8 für die Verstärkung der Landesverteidigung vorgesehen. In diesen Zahlen sind die Zinsen der für die Landesverteidigung aufgenommenen Anleihen mit 167 Millionen Franken Inbegriffen.

Es sei noch hervorgehoben, dass der Voranschlag der ausserordentlichen Ausgaben für die Verstärkung der Landesverteidigung und, in gewissem Masse für den Aktivdienst, vor allem ein Programm der Finanzbedürfnisse darstellt.

Von den der Armee eröffneten Krediten erhielt die Finanzdelegation erst nach ihrer Bewilligung durch den Bundesrat Kenntnis.

Gestützt auf die gemachten Erfahrungen darf sodann darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Sparkommission der Armee eine ausserordentlich wertvolle Einrichtung ist und dass wir sie auch in Zukunft nicht missen möchten. Es war uns durch den Sparoffizier im Armeestab möglich, ständig mit den militärischen Instanzen Kontakt zu halten. Wir konnten uns anhand eingehender Protokolle fortgesetzt davon überzeugen, dass diese Sparkommission in der Armee nicht untätig und dass sie nicht unnütz war. Es wird sich die Frage stellen, wieweit sie weitergeführt werden und ob eventuell nicht auf andern Gebieten in ähnlicher Weise ein Sparorgan geschaffen werden kann.

Im Hinblick auf die Beendigung des Krieges in Europa und des Aktivdienstes in der Schweiz* vertreten wir den Standpunkt, dass sich nun massive Einsparungen auf dem Sektor der Landesverteidigung erzielen lassen. Unverwendete Eüstungskredite, die gewährt worden sind, müssen im einzelnen überprüft werden, und es darf nur noch das ausgeführt werden, was für die künftige Verteidigung des Landes unerlasslich ist. Selbst dort, wo schon Aufträge erteilt worden sind, die aber heute nicht mehr als notwendig erscheinen, haben wir gefordert, dass versucht wird, sie rückgängig zu machen, eventuell sogar unter Leistung einer Entschädigung, nur damit wir zu einer Rückbildung der
enormen Ausgaben für das Militär kommen.

Wh- haben schon früher darauf hingewiesen, dass auf gewisse Wieder holungskurse und andere Kurse verzichtet werden kann und dass Pläne für eine Verlängerung der Ausbildung heute unbedingt zurückgestellt werden müssen. Der Bundesrat hat sich dieser Betrachtungsweise angeschlossen, indem er die Sistierung der Wiederholungskurse für das Jahr. 1946 in Aussicht genommen hat. Es wäre psychologisch, politisch, schhesshch auch finanziell nicht tragbar gewesen, wenn heute auf diesem Gebiete des Guten zuviel getan worden wäre. Dabei wollen wir durchaus zugeben, dass die Verteidigungsbereitschaft des Landes fortbestehen muss.

408 Sehr beachtliche Posten in der ausserordentlichen Rechnung sind die Ausgaben zum Schutze des Landes, zur Landesversorgung und zur Aufrechterhaltung der Neutralität. Bei diesen Summen, die insgesamt im Jahr 1944 246 Millionen Franken erforderten, sind alle Departemente beteiligt. Es ist festgestellt, dass auch die Leistungen an das kriegsgeschädigte Ausland ganz erheblich sind. Es handelt sich hier bei weitem nicht nur um den Posten von 100 Millionen Franken für die Schweizerspende, sondern um die Leistungen für das Internationale Bote Kreuz, die Emigranten, das Flüchtlingswesen, den Sanitätsdienst an der Grenze, die Internierten, ferner um bestimmte Vorschüsse, die gewährt werden mussten, um die Wirtschaft in Gang zu halten.

Vielleicht kommt bald der Moment, in dem der Bundesrat in der Lage ist, einmal in einer Art Weissbuch Aufschluss zu geben über all das, was wir während des Krieges und in der Nachkriegszeit für das Inland und vor allem für das notleidende Ausland geleistet haben.

Massnahmen zum Schutze des Landes und zur A u f r e c h t h a l t u n g seiner Neutralität.

Gemäss dem vom Bundesrat vorgelegten Budget für das Jahr 1945 belaufen sich die Ausgaben auf 897 Millionen Franken.

Fr Darin sind inbegriffen: Verzinsung SO 000 000 Personalaufwand 12390000 Gemeinkosten 1910000 Grundstücke und Fährnis 8660000 Sonstiger Aufwand . . .

84 982 000 Bundesbeiträge 814118000 wovon Gewässerkorrektionen 2000000 Landwirtschaft 53 722 000 Sozialpolitik 29 270 000 Aufwendungen des Bundes gemäss «Finanzordnung für Arbeit und Lohnersatz, Verdienstersatzordnung, Gewerbe und Landwirtschaft» 115450000 Gemeinnützigkeit und Fürsorge 118 262 000

Gesamtvoranschlag für das Jahr 1945.

Bei Einnahmen im Gesamtbetrage von 1454,0 Millionen und Ausgaben von 8121,2 Millionen Franken ergibt sich für das Jahr 1945 ein mutmasslicher Rückschlag von 1667,2 Millionen Franken. Dazu kommen noch die voraussichtlichen Ausgaben für die Arbeitsbeschaffung, d.h. 21 Millionen (nach Abzug der Warenhaussteuer von 4 Millionen). Folglich beläuft sich der voraussichtlicheRückschlagg für das Jahr 1945 auf 1688,2 Millionen Franken.

409 Einnahmen Ausgaben Millionen Franken

Ordentliches Budget Ausserordentliche Budgets: Kriegswirtschaftliche Organisation . . . . . . .

Aktivdienst , Verstärkung der Landesverteidigung Verschiedene Massnahmen Total Ausgabenüberschuss

407,5

581,8

658,7 -- -- 392,8

856,2 748,8 587,8 897,1

1454,0 1667,2

8121,2 --

8121,2

3121,2

IV. Beziehungen zur eidgenössischen Finanzkontrolle.

Bei dem ungeheuren öffentlichen Aufwand kommt naturgemäss der eidgenössischen Finanzkontrolle eine ausserordentliche Bedeutung zu. Bei einem Jahresaufwand des Bundes von über 2 Milliarden Franken legen wir naturgemäss grosses Gewicht darauf, dass die Verwaltungskontrolle, die im übrigen unabhängig ist und direkt unter den Finanzkommissionen und der Delegation derselben steht, eine gründliche ist und nach jeder Bichtung ausgeübt wird.

Es besteht, soweit die kriegswirtschaftlichen Organisationen da sind, ein besonderes Bovisorat der Kriegswirtschaft unter der Oberleitung der eidgenössischen Finanzkontrolle. Die besondern Massnahmen zum Schutze des Landes, die Ausgleichskassen, die Solidaritätsfonds, wie neuestens auch die Syndikate, unterliegen der Kontrolle. Bei den Mihtärausgaben ist es naturgemäss für die Finanzkommissionen schwerer, in das Dickicht der Militärbuchhaltung einzudringen. Wir konnten aber feststellen, dass die Militärkomptabilität à jour ist und, was besonders erfreulich ist, dass dank der vom eidgenössischen Oberkriegskomniissariat und von der eidgenössischen Finanzkontrolle getroffenen Massnahmen auch die Revisionen bis zu einem Zeitabstand von wenigen Monaten auf der ganzen Linie durchgeführt sind. Im letzten Weltkrieg ging es mehr als zwei Jahre, bis diese Bevisionen der Rechnungen durchgeführt waren.

Wir möchten also anerkennen, dass trotz dem riesigen Anwachsen der Geschäfte die Kontrolle eine recht gründliche und rasche ist. Im Jahre 1944 wurden 65 800 Anweisungen in 684 000 Posten mit einem Betrag von 54 105 Millionen Umsatz verzeichnet, gegenüber 20 000 Anweisungen im Jahre 1989 mit 249 000 Posten und mit einem Betrag von 13 486 Millionen.

Wir stellen sodann fest, dass dank der vom eidgenössischen Kassen- und Rechnungswesen angelegten klaren Kontoplänen eine gute Organisation, Ordnung und Übersichtlichkeit besteht, die nicht nur der Finanzdelegation, sondern auch ihren Finanzkommissionen eine Beurteilung des Ganzen erleichtert, überhaupt ermöglicht.

410 V. Schlusswort.

Die finanzielle Situation des Bundes ist fraglos ernst. Grosse Zukunftsaufgaben stehen noch vor uns. Dennoch haben wir die "Überzeugung, dass wir die Situation meistern können, unter zwei Voraussetzungen allerdings, nämlich dass das Volk selbst bereit ist, weiterhin die nötigen Opfer zu bringen, und dass es Solidarität übt. Dabei müssen wir alle zusammen daran denken, was man leicht übersiebt, dass wir selbst den Staat bilden, dass wir von ihm nicht nur fordern können, sondern dass wir ihm auch geben müssen, jeder kraft seiner Leistungsfähigkeit. Wir wollen unsern Bericht nicht abschließen, ohne eine Feststellung zu machen, die in uns bei aller Schwere der Situation in politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Beziehung keinen Pessimismus aufkommen lassen darf: Wir haben einen vollständig intakten Produktionsapparat, wir haben eine unversehrte Arbeitskraft, und diese Arbeitskraft ist immerhin in einem Volk das höchste nationale Gut ; wir haben auch eine noch Verhältnismassig gesunde Wirtschafts- und Finanzverfassung. Diese Umstände ermöglichen es uns, dass wir unsern Anteil am Wiederaufbau der zerstörten Länder übernehmen können.

B e r n , den 12. November 1945.

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Im Namen der Finanzdelegation der eidgenössischen Häte, Der abtretende Präsident: J. Scherrer, Nationalrat.

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Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit vom 1. Oktober 1944 bis zum 30.

September 1945. (Vom 12. November 1945.)

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1945

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2

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24

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.11.1945

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401-410

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