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Bundesblatt 97. Jahrgang.

Bern, den 19. Juli 1945.

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Band I.

Erscheint in der Segel alle 14 Tage. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halb Jahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr ; 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern.

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Bundesratsbeschluss betreifend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Engros-Möbelindustrie.

(Vom 10. Juli 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, nach Prüfung des Antrages des Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverbandes, des Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverbandes, des Christlichen Holz- und Bauarbeiterverbandes der Schweiz und des Schweizerischen Verbandes evangelischer Arbeiter und Angestellter auf Allgemeinverbindlicherklärung einzelner Bestimmungen des am 8. Mai 1945 abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrages und von zwei Zusatzvereinbarungen für. die schweizerische Engros-Möbelindustrie, gestützt auf Art. 3, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. 1.

Aus dem Gesamtarbeitsvertrag und den Zusatzvereinbarungen vom 8. Mai 1945 für die schweizerische Engros-Möbelindustrie werden folgende Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt: I.

Gesamtarbeitsvertrag vom S. Mai 1945.

Ziff. l.

Die normale Arbeitszeit beträgt 48 Stunden in der Woche. Die Arbeitszeit, Einteilung der Arbeitszeit bleibt den einzelnen Betrieben überlassen, in der Regel soll jedoch eine Mittagspause von einer Stunde eingehalten werden.

Bundesblatt 97. Jahrg. Bd. I.

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Ziff. 2.

Das Aufräumen des Arbeitsplatzes und Versorgen des Werkzeuges erfolgt, wo dies der betreffende Arbeiter zu besorgen hat, innerhalb der Arbeitszeit.

Ziff. 3.

Überzeit- und Nachtarbeit sowie Arbeit an Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und Samstagnachmittagen ist nur ausnahmsweise und in . dringenden Fällen zulässig.

Arbeitslohn.

Ziff. 4.

Die Mindestlöhne für jeden Betrieb werden wie folgt festgelegt r Mindestlohn ohne Teuerungszulage

Fr.

Für gelernte und selbständige Berufsarbeiter l. 25 Für junge, frisch aus der Lehre entlassene Arbeiter bis drei Jahre nach der Lehrzeit l, 05 Für angelernte Arbeiter 1.05 Für Handlanger --.85 Zu diesen Mindestlöhnen kommen die jeweils von den vertragschliessenden Verbänden vereinbarten und allgemeinverbindlich erklärten Teuerungszulagen.. Die Betriebsinhaber sind verpflichtet, sich über die jeweilige Höhe der Teuerungszulagen zu orientieren.

Als angelernter Arbeiter gilt, wer normalerweise während zwei Jahren eine Maschine bedient oder handwerkliche Berufsarbeit ausgeführt hat und mindestens 20 Jahre alt ist. In Zweifelsfällen entscheidet die Berufskommission.

Schwächliche, minderleistungsfähige und jugendliche Arbeiter (bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr) fallen bezüglich der Mindestlöhne, ausser Betracht; dagegen haben sie Anspruch auf die volle Teuerungszulage ihrer Kategorie.

Für alle Arbeiter, die im Akkord beschäftigt werden, wird der oben festgelegte Mindestlohn zuzüglich Teuerungsausgleich garantiert, Ziff. 5.

Die Lohnzahlung erfolget regelmässig alle 14 Tage, jedoch nicht an einem Samstag, und soll bei Arbeitsschluss beendet sein. Mehr als drei bis fünf Taglöhne dürfen nicht als Standgeld zurückbehalten werden, Lohnzuschlage,

Kündigung.

Ziff. 6.

Für Überstunden, für Nachtarbeit sowie für Arbeiten an Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und an Samstagnachmittagen werden folgende Lohnzuschläge bezahlt: Für Überstunden und Arbeit an Samstagnachmittagen . . . . 25 % Für Nacht- und Sonntagsarbeit 50 % - Ziff. 7.

Die Kündigungsfrist beträgt 14 Tage, auch bei überjährigem Dienstverhältnis.

Die Kündigung muss auf einen Zahltag oder Samstag erfolgen.

Die ersten zwei Wochen nach Arbeitsantritt gelten als Probezeit, während welcher das Arbeitsverhältnis jederzeit gelöst werden kann.

831 Ziff. 8.

Die Arbeiter aller diesem Vertrag unterstellten Betriebe haben je nach Dienstalter Anspruch auf bezahlte Ferien. Die Dauer der bezahlten Ferien beträgt nach Ablauf des 1. Dienstjahres 2 Arbeitstage 3 ' · 2.

4 3.

4.

5 6 » 5.

7 10.

8 15.

9 20.

10 25.

Ein Ferientag wird zu 8 Stunden bezahlt.

Als Stichtag für die Berechnung der Dienst] ahre gilt der 30. Juni.

Wer vor dem 30. Juni des Vorjahres eingestellt wurde, hat für das laufende Jahr vom 1. Juli an Anspruch auf Ferien nach obiger Skala.

Bei Auflösung des Dienstverhältnisses hat der Arbeiter darüber hinaus noch einen Anspruch auf Ferien pro rata vom l, Juli an.

Bei Betriebseinschränkung oder bei Arbeitsausfall durch Selbstverschulden von mehr als zwei Monaten besteht nur ein prò-rata-Anspruch auf Ferien.

Eine Barentschädigung an Stelle von Ferien ist nicht gestattet.

Während der Ferien und der Freizeit dürfen keine Berufsarbeiten für Drittpersonen ausgeführt werden.

Ferien.

Ziff. 13.

Wo bereits höhere Löhne, höhere Zulagen oder weitergehende Vorbehalt , Ferien festgelegt sind, dürfen diese nicht abgebaut werden.

günstigerer Arbeitsbedingungen.

II.

Zusatzvereinbarung vom 8. Mai 1945 über die Gewährung von Teuerungszulagen.

Alle Arbeiter, die in der Engros-Möbelindustrie beschäftigt sind, erhalten ab Datum der Allgemeinverbindlicherklärung dieser Vereinbarung einen weiteren Teuerungsausgleich von 4 Rp. pro Stunde.

Der totale Teuerungsausgleich beträgt somit : 57 Rp. pro Stunde für die Verheirateten; 51 Rp. pro Stunde für die Ledigen, welche das 20. Altersjahr erreicht haben; 47 Rp. pro Stunde für die Ledigen bis zum 20. Altersjahr, auf die Vorkriegslöhne, wie sie im Gesamtarbeitsvertrag vom 8. Mai 1945 festgelegt sind (Stand I.September 1939).

Die Auszahlung der Zulagen erfolgt zahltagsweise.

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III.

Zusatzvereinbarung vom 8. Mai 1945 betreffend die Kontrolle über die Einhaltung der Vertragsbestimmungen

Die von den Berufsverbänden eingesetzte paritätische Kommission in der Engros-Möbelindustrie kann Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen durchführen.

Bei festgestellter Nichtbezahlung der allgemeinverbindlich erklärten Löhne, Teuerungszulagen, Ferien oder Lohnzuschläge hat der Meister den Arbeitern diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen bzw. nachzugewähren; überdies hat er 25 % der geschuldeten Nachzahlung in die Kasse der paritätischen Berufskommission der schweizerischen Engros-Möbelindustrie, Postscheckkonto VIII 24 703, einzuzahlen. Die Nachzahlungen an die Arbeiter haben ebenfalls in obige Kasse zu erfolgen und werden den Arbeitern direkt von der paritätischen Berufskommission überwiesen. Die eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbmdlicherklärung sowie für die Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu verwenden.

Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat das Recht, jederzeit in die Kasse Einsicht zu nehmen und zu kontrollieren, ob diese Gelder den Arbeitern richtig überwiesen werden und ob die 25 % ausschliesslich für die vorgeschriebenen Zwecke Verwendung finden,

Art. 2.

Dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement steht das Recht zu, über die Kontrolle der Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zum Schutze der Interessen der Mchtmitglieder der vertragschliessenden Verbände besondere Anordnungen zu treffen.

Art. 3.

1

Die Allgemeinverbindlichkeit gilt für das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

2

Sie erstreckt sich auf alle gelernten, angelernten und ungelernten Arbeiter, mit Ausnahme der Lehrlinge.

3 Als Betriebe der Engros-Möbelindustrie gelten alle dem Schweizerischen Engros-Möbelf abrikantenverband angeschlossenen Firmen sowie andere Betriebe, welche Grossmöbel, Kleinmöbel, Tische, Sitzmöbel, Polstergestelle oder Polstermöbel herstellen, sofern sie mindestens acht Arbeiter beschäftigen und ihre Erzeugnisse in der Hauptsache an Wiederverkäufer absetzen.

4

Dieser Bundesratsheschluss erstreckt sich für die Geltungsdauer der nachstehend aufgeführten Beschlüsse nicht auf diejenigen Betriebe, die von diesen erfâsst werden:

833 a. Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 11. März 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages für das Schreinergewerbe des Kantons Zürich, mit Ausnahme der Städte Zürich und Winterthur; 2>. Beschluss des Begierungsrates des Kantons Zürichvom9. September 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages für das Schreinergewerbe in der Stadt Zürich; c. Beschluss des Regierangsrates des Kantons Bern vom 80. Novqmber 1943 betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das Schreinergewerbe im alten Kantonsteil; · ' " . d. Beschluss des Begierungsrates des Kantons Glarus vom 20. September 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das Schreinergewerbo des Kantons Glarus; e. Beschluss des Begierungsrates des Kantons Solothurn vom 8. Oktober 1943 über die Allgemeinverbmdhcherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das Schreiner- und Glasergeworbe des Kantons Solothurn; /. Beschluss des Eegierungsrates des Kantons Schaffhausen vom 20. Oktober 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das Schreiner- und Glasergewerbe des Kantons Schaffhausen; g. Beschluss des Eegierungsrates des Kantons Aargau vom 15. Januar 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das aargauische Schreinergewerbe.

5

Mit Ausnahme der Bestimmungen über die Ferien und die Teuerungszulagen (Art. l Ziff. I, 8 und Ziff. II) werden von dem Bundesratsbeschluss im Sinne von Abs. 4 ferner diejenigen Betriebe nicht erfasst, die dem Gesamtarbeitsvertrag vom 20. Dezember 1944 und dessen Allgemeinverbindhcherkärung für die Schreinereien, Zimmereien, Möbelschreinereien und Möbelfabrikanten des Kantons Freiburg unterstehen.

Art. 4, Die Bundesratsbeschlüsse vom 10. Dezember 1943 betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Engros-Möbelindustrie und vom 26. Januar 1946 betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung einer in der Engros-Möbolindustrie vereinbarten Erhöhung der Teuerungszulage sind aufgehoben.

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Art, 5.

Die Allgemeinverbindlichkeit tritt mit der amtlichen Veröffentlichung des Beschlusses in Kraft und dauert hinsichtlich der allgemeinverbindlich erklärten Teuerungszulage (Art. l, Ziff. II) bis längstens 30. Juni 1946, hinsichtlich der übrigen Bestimmungen bis 81. Dezember 1946.

Bern, den 10. Juli 1945.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ed. T. Steiger.

Der Vizekanzler:

6878

Ch. Oser.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Engros-Möbelindustrie. (Vom 10. Juli 1945.)

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19.07.1945

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829-834

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