13.080 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Risikoausgleich. Trennung von Grund- und Zusatzversicherung) vom 20. September 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung betreffend den Risikoausgleich und die Trennung von Grund- und Zusatzversicherung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. September 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1600

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Übersicht Im Krankenversicherungsgesetz soll der Risikoausgleich unbefristeten verankert und weiter verfeinert werden; damit soll der Anreiz zur Risikoselektion für die einzelnen Versicherer in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung stark vermindert werden. Überdies soll die soziale Krankenversicherung, welche die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die freiwillige Taggeldversicherung umfasst und als Grundversicherung bekannt ist, von der Zusatzversicherung getrennt, das heisst künftig von unterschiedlichen Gesellschaften durchgeführt werden. Bei Gruppengesellschaften sollen Informationsbarrieren zwischen einer Gesellschaft, welche die soziale Krankenversicherung betreibt, und einer anderen Gesellschaft einer Gruppe eingeführt werden. Nebst der daraus resultierenden verbesserten Transparenz dient auch diese Massnahme der Eindämmung der Risikoselektion.

Ausgangslage Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) wird heute von 61 Krankenversicherern in einem wettbewerbsorientierten System durchgeführt. Sie basiert auf dem Solidaritätsprinzip und wird mittels Einheitsprämie finanziert. Die Versicherer sind somit daran interessiert, möglichst gute Risiken zu versichern, und haben einen Anreiz, zu diesem Zweck Risikoselektion zu betreiben. Der provisorische Risikoausgleich in der heutigen Form vermag dieses Phänomen nicht in genügendem Masse zu unterbinden.

Ein weiterer kritischer Punkt im heutigen System besteht zudem in der begrenzten Transparenz derjenigen Krankenversicherer, welche die soziale Krankenversicherung und die Zusatzversicherung in derselben Gesellschaft führen. Die begrenzte Transparenz bezieht sich einerseits auf finanzielle Aspekte, andererseits kann auch eine gewisse Datenschutzproblematik zwischen den beiden Versicherungsbereichen trotz der heute geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht ganz ausgeschlossen werden.

Mit der vorliegenden Vorlage möchte der Bundesrat die erforderlichen Anpassungen im Krankenversicherungssystem vornehmen, um dieses zu optimieren.

Inhalt der Vorlage Mit der unbefristeten gesetzlichen Verankerung und einer weiteren Verfeinerung des Risikoausgleichs im KVG soll der Anreiz zur Risikoselektion für die einzelnen Versicherer in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung stark vermindert werden.

Zudem sollen die soziale
Krankenversicherung, welche die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die freiwillige Taggeldversicherung umfasst und als Grundversicherung bekannt ist, und die Zusatzversicherung in dem Sinne getrennt werden, dass sie künftig von unterschiedlichen Gesellschaften (juristischen Einheiten) durchgeführt werden und dass bei Gruppengesellschaften Informationsbarrieren zwischen einer Gesellschaft, welche die soziale Krankenversicherung betreibt, und

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einer anderen Gesellschaft einer Gruppe eingeführt werden. Nebst der daraus resultierenden verbesserten Transparenz dient auch diese Massnahme der Eindämmung der Risikoselektion.

Mit der Einführung von Massnahmen gegen die Risikoselektion kann der vom Gesetzgeber gewollte Wettbewerb unter den Versicherern beibehalten werden. Er wird dafür vermehrt dort spielen, wo er vom Gesetzgeber ursprünglich gewollt war, nämlich bei der Qualität der Versicherungsangebote, den Dienstleistungen und der Kostenkontrolle.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Geltende Regelungen

Risikoausgleich Die obligatorische Krankenpflegeversicherung basiert auf dem Solidaritätsprinzip und wird mittels Einheitsprämien finanziert. Das heisst, jede versicherte Person zahlt unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder einem anderen Indikator für den Gesundheitszustand beim gleichen Krankenversicherer im gleichen Kanton für das gleiche Versicherungsmodell dieselbe Prämie (Art. 61 des Bundesgesetzes vom 18. März 19941 über die Krankenversicherung, KVG). Die Einheitsprämie stellt die Solidarität zwischen den Gesunden und den Kranken her, indem die Gesunden für die Kranken zahlen. Diese Prämie entspricht aber nicht dem effektiven Risiko, das heisst dem Risiko, das eine versicherte Person für den Versicherer mit sich bringt, dass sie krank wird und damit Kosten zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung verursacht. Daher sind die Versicherer daran interessiert, möglichst gute Risiken zu versichern, und haben somit einen Anreiz, zu diesem Zweck Risikoselektion zu betreiben. Das heisst, sie werben gesunde Personen, sogenannte gute Risiken, gezielt an, um diese zu versichern, und versuchen andererseits, den kranken Personen, sogenannte schlechte Risiken, den Beitritt trotz der Aufnahmepflicht von Artikel 4 KVG zu erschweren oder sie als Versicherte loszuwerden.

Um diesen Anreiz zu vermindern, wurde der Risikoausgleich eingeführt. Dies erfolgte in der Schweiz vorerst mit dem Bundesbeschluss vom 13. Dezember 19912 über befristete Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung, der am 1. Januar 1993 in Kraft getreten ist. Mit der Einführung des KVG auf das Jahr 1996 wurde der Risikoausgleich in das ordentliche Recht überführt. Das KVG sah den Risikoausgleich vorerst mit einer Befristung von zehn Jahren vor, und er wurde auf die Kriterien Alter und Geschlecht beschränkt. Seine Geltungsdauer wurde aber dann mehrmals verlängert, letztmals im Jahr 2011. Er ist aktuell in den Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich) zu finden und soll nun unbefristet im KVG verankert werden.

Im heutigen System ist der Risikoausgleich das zentrale Instrument, um einer Entsolidarisierung zwischen den Krankenversicherern entgegenzuwirken. Er schafft einen Ausgleich zwischen jenen Versicherern, deren Versichertenbestand ein geringeres Krankheitsrisiko,
und jenen, deren Bestand ein höheres Krankheitsrisiko aufweist.

Er bezweckt einen finanziellen Ausgleich der Unterschiede in der Struktur der Versichertenbestände, die zu unterschiedlichen Krankheitskosten und damit zu unterschiedlichen Prämien führen. Zudem soll der Risikoausgleich den Anreiz für die Versicherer, sich durch Risikoselektion einen Vorteil zu verschaffen, vermindern beziehungsweise beseitigen. Die Risikoselektion kann mit dem Risikoausgleich umso effektiver verhindert werden, je besser die verwendeten Ausgleichsfaktoren 1 2

SR 832.10 AS 1991 2607

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die individuellen Kosten der Versicherten prognostizieren können. Der heute geltende Risikoausgleich berücksichtigt die Ausgleichsfaktoren Alter und Geschlecht sowie seit dem 1. Januar 2012 das erhöhte Krankheitsrisiko, von dem ausgegangen wird, wenn im Vorjahr ein Aufenthalt in einem Spital oder Pflegeheim, der mindestens drei Tage dauerte, vorliegt. Es gibt jedoch weitere Krankheitsrisiken, insbesondere im ambulanten Bereich, die von den erwähnten Kriterien nicht erfasst werden.

Grund- und Zusatzversicherung Die soziale Krankenversicherung, welche die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die freiwillige Taggeldversicherung umfasst und als Grundversicherung bekannt ist, ist, wie der Name bereits sagt, eine Sozialversicherung. Demgegenüber handelt es sich bei den Krankenzusatzversicherungen um Privatversicherungen. Die soziale Krankenversicherung kann aktuell durch Krankenkassen oder durch private Versicherungsunternehmen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 20043 (VAG), die über eine Bewilligung des EDI verfügen, betrieben werden (Art. 11 und 12 sowie 68 KVG). Private Versicherungsunternehmen haben aber bisher nie von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die soziale Krankenversicherung anzubieten. Zudem ist es für Krankenversicherer möglich, neben der sozialen Krankenversicherung weitere Versicherungsarten wie die Unfallversicherung nach dem Unfallversicherungsgesetz vom 20. März 19814 (UVG) oder Zusatzversicherungen nach dem Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 19085 (VVG) anzubieten.

Zurzeit bieten 3 Krankenversicherer die Unfallversicherung nach UVG an, und 16 Krankenversicherer betreiben die Grund- und Zusatzversicherung in derselben Gesellschaft (rechtliche Einheit).

1.1.2

Aktuelle Probleme

Analysen zur Kostenverteilung in der sozialen Krankenversicherung haben gezeigt, dass rund 40 Prozent der Bevölkerung keine Kosten verursachen, die über die obligatorische Krankenpflegeversicherung abgerechnet werden. Dagegen verursachen rund 10 Prozent der Bevölkerung fast 70 Prozent der Kosten. Weil die obligatorische Krankenpflegeversicherung wie erwähnt auf dem Solidaritätsprinzip basiert und mittels einer Einheitsprämie finanziert wird, sind die Versicherer daran interessiert, möglichst gute Risiken zu versichern, und haben somit einen Anreiz, zu diesem Zweck Risikoselektion zu betreiben. Das heisst, sie werben gesunde Personen, sogenannte gute Risiken, gezielt an, um diese zu versichern, und versuchen andererseits, den kranken Personen, sogenannte schlechte Risiken, den Beitritt trotz der Aufnahmepflicht von Artikel 4 zu erschweren oder sie als Versicherte loszuwerden.

Risikoselektion kann in verschiedenen Formen betrieben werden. Eine Studie von Baumgartner/Busato6 zeigt klar, dass teilweise signifikante Unterschiede im Verhalten der Versicherer bei Offertanfragen von guten und schlechten Risiken vorliegen.

So dauert beispielsweise die Antwortzeit auf Offertanfragen von schlechten Risiken länger als bei guten. Denn mit der Wartezeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich 3 4 5 6

SR 961.01 SR 832.20 SR 221.229.1 Christian Baumgartner/André Busato, Risikoselektion in der Grundversicherung ­ eine empirische Untersuchung, in: Schweizerische Ärztezeitung 2011.

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die betroffene Person bei einem anderen Krankenversicherer versichert. Auch werden Unterschiede bei der Weiterleitung zu einem günstigeren Versicherer innerhalb der Gruppe festgestellt (um guten Risiken eine günstigere Prämie anbieten zu können), oder den guten Risiken werden unverlangt Angebote für Modelle mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers unterbreitet, um ihnen eine günstigere Prämie anbieten zu können. Auch mittels Vergleichsdiensten geschieht Risikoselektion, indem teilweise unvollständige und nicht objektive Angebote präsentiert werden in dem Sinne, dass manche Personen einzelne Offerten nicht bestellen können oder dass sie für sie gar nicht sichtbar sind.

Der Risikoausgleich in der heutigen Form vermag dieses Phänomen nicht in genügendem Masse zu unterbinden. Der Risikoausgleich muss daher verfeinert werden.

Ein grosser Kritikpunkt des heutigen Systems besteht zudem in der begrenzten Transparenz derjenigen Krankenversicherer, welche die soziale Krankenversicherung und die Zusatzversicherung in derselben Gesellschaft führen. Die begrenzte Transparenz bezieht sich einerseits auf finanzielle Aspekte. Obwohl rechtlich nicht zulässig, kann ein finanzieller Mittelfluss von der sozialen Krankenversicherung in die Zusatzversicherungen, eine sogenannte Quersubventionierung, unter den aktuellen Verhältnissen nicht ausgeschlossen werden. So können nicht eindeutig getrennte Kapitalanlagen ausgetauscht oder deren Erträge anteilsmässig nicht korrekt der Grund- und Zusatzversicherung zugewiesen werden, da es lediglich für das gebundene Vermögen, nicht aber für das freie Vermögen, eine Bestimmung gibt, die den Versicherern vorschreibt, separate Depots einzurichten. Zudem kommt es im Falle eines Konkurses eines Krankenversicherers, der die Grund- und Zusatzversicherung in derselben Gesellschaft führt, zu Quersubventionierungen, da zwar beide Versicherungszweige ihre eigenen Reserven haben, der Versicherer aber nur als Ganzes Konkurs gehen kann. Die Gefahr einer Quersubventionierung besteht auch im Bereich der nicht direkt zuteilbaren Verwaltungskosten.

Andererseits besteht eine gewisse Datenschutzproblematik in diesen Bereichen.

Gesundheitsdaten sind besonders sensible Personendaten, die zu schützen sind, und auch innerhalb derselben Versicherungsgruppe nicht weitergegeben werden dürfen.
Aufgrund der Verhältnisse kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Informationsaustausch stattfindet. Der Datenaustausch fördert wiederum die Risikoselektion, indem allenfalls Daten und Informationen aus der sozialen Krankenversicherung für die Zusatzversicherungen missbraucht werden. Es sind demnach konkrete Regelungen im Rahmen von Informationsbarrieren erforderlich, damit die Einhaltung des Datenschutzes überhaupt überprüft werden kann. Im Weiteren verfügt eine Gesellschaft, die Grund- und Zusatzversicherungen in derselben rechtliche Einheit führt, über eine beschränktere finanzielle Sicherheit im Falle einer Insolvenz des einen Versicherungsbereichs. Auch wenn sie getrennte Rechnungen führt, liegt nicht dieselbe (finanzielle) Unabhängigkeit vor wie bei getrennten Gesellschaften.

Schliesslich ist eine Trennung der sozialen Krankenversicherung von den Zusatzversicherungen auch im Rahmen der Aufsichtstätigkeiten und der sich daraus ergebenden klaren Zuständigkeiten vorteilhaft.

7958

1.1.3

Auftrag

Aus den oben aufgeführten Gründen hatte der Bundesrat einen Handlungsbedarf erkannt. Er entschied, einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» auszuarbeiten und in die Vernehmlassung zu geben, der gezielt die Schwachpunkte des Systems verbessert, ohne einen radikalen Kurswechsel vorzunehmen, wie es die Volksinitiative verlangt.

Ein entsprechender indirekter Gegenvorschlag wurde ausgearbeitet, und am 27. Februar 2013 wurde die Vernehmlassung darüber eröffnet, die bis zum 3. Juni 2013 dauerte. Die Vernehmlassungsergebnisse zeigten im Wesentlichen, dass die Einführung von Massnahmen gegen die Risikoselektion unterstützt wird, dass eine grosse Mehrheit jedoch eine rasche Abstimmung über die Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» wünscht, die der Bundesrat in seinem Gegenvorschlag zur Ablehnung empfahl. Die Abstimmung soll rasch erfolgen, weil das Volk die Idee einer Einheitskasse bereits mehrfach abgelehnt hat und damit das Thema wieder ad acta gelegt werden kann. Zur Vernehmlassung vgl. auch Ziffer 1.3.2.

Im Dezember 2012 wurden fünf gleichlautende parlamentarische Motionen mit dem Titel Rasche Volksabstimmung ohne Gegenvorschlag über die Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» eingereicht.7 Eine Motion wurde im Ständerat eingereicht, die anderen im Nationalrat. Trotz Ablehnung der Motionen durch den Bundesrat wurden diese in der Frühlings- und Sommersession 2013 von beiden Räten angenommen.

Unter Berücksichtigung der klaren Ergebnisse, die sowohl im Parlament als auch aus der Vernehmlassung hervorgingen, beschloss der Bundesrat, auf einen indirekten Gegenvorschlag zu verzichten und stattdessen dem Parlament einen selbstständigen Entwurf zur Änderung des KVG vorzulegen. Damit beantragt der Bundesrat eine wichtige und seit Längerem erforderliche Revision des KVG zur Unterbindung des negativen und vom Gesetzgeber im System der sozialen Krankenversicherung nicht gewollten Anreizes zur Risikoselektion.

Der Bundesrat ist sich dabei bewusst, dass zwei parlamentarischen Initiativen, die eine weitere Verfeinerung des Risikoausgleichs verlangen, bereits von beiden vorberatenden Kommissionen Folge gegeben wurde. Die beiden Initiativen unterscheiden sich jedoch bezüglich der Ausgestaltung des Risikoausgleichs sowohl vom Vorschlag des
Bundesrates als auch untereinander: Die Initiative 11.473 möchte den Risikoausgleich weiterhin befristen, die Initiative 12.446 möchte, dass kein Morbiditätskriterium, auch nicht der «Aufenthalt in einem Spital oder Pflegeheim», auf Gesetzesstufe festgelegt wird. Zu diesen beiden parlamentarischen Initiativen vgl.

auch Ziffer 1.4.2.

Der als Gegenvorschlag zur Volksinitiative in die Vernehmlassung geschickte Gesetzestext zur weiteren Verfeinerung des Risikoausgleichs ist grundsätzlich identisch mit demjenigen, der im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur Managed-Care-Vorlage (04.062) vom Parlament eingebracht und von beiden Kammern verabschiedet wurde. Dieser Gesetzestext wurde praktisch von allen Vernehmlassungsteilnehmern begrüsst. Im Sinne einer möglichst raschen Einführung des 7

12.4123 Motion de Courten Thomas vom 12. Dezember 2012, 12.4157 Motion Humbel Ruth sowie 12.4164 Motion Cassis Ignazio vom 13. Dezember 2012, zudem 12.4277 Motion Schwaller Urs und 12.4207 Motion Hess Lorenz vom 14. Dezember 2012.

7959

verfeinerten Risikoausgleichs und unter Berücksichtigung des allgemeinen Wunsches, auf einen Gegenvorschlag zur Volksabstimmung «Für eine öffentliche Krankenkasse» zu verzichten, hat sich der Bundesrat entschieden, eine Gesetzesrevision zu verabschieden, die einen von den Vernehmlassungsteilnehmern und dem Parlament begrüssten Gesetzestext für die weitere Verfeinerung des Risikoausgleichs beinhaltet. Der Risikoausgleich soll, wie bereits in der Vernehmlassung vorgesehen, unbefristet im Gesetz verankert werden. Zur weiteren Verminderung des Anreizes zur Risikoselektion beinhaltet die Vorlage auch die institutionelle Trennung der sozialen Krankenversicherung und der Zusatzversicherung, verbunden mit der Einführung von Informationsbarrieren ­ ein weiteres Element, das in der Vernehmlassung von der Hälfte der sich dazu Äussernden befürwortet wurde.

1.2

Beantragte Neuregelungen

1.2.1

Unbefristete gesetzliche Verankerung und Verfeinerung des Risikoausgleichs

Bereits seit Längerem sind im Parlament Bestrebungen im Gange, den bisher auf fünf Jahre befristeten und in den Übergangsbestimungen8 zum KVG geregelten Risikoausgleich unbefristet in das KVG zu übernehmen sowie durch geeignete Indikatoren, die auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko eines Versicherten hinweisen, erneut verfeinern zu lassen. So sollte eine Verfeinerung bereits im Rahmen der Managed-Care-Vorlage (04.062) einführt werden. Diese Vorlage wurde aber in der Volksabstimmung vom 17. Juni 2012 abgelehnt9, womit auch die gesetzliche Grundlage für die Verfeinerung des Risikoausgleichs verworfen wurde. Im Weiteren wurde mit den parlamentarischen Initiativen 11.473 der sozialdemokratischen Fraktion sowie 12.446 der Fraktion der FDP.Die Liberalen eine Verfeinerung des Risikoausgleichs beantragt. Konkret sollte der Risikoausgleich um geeignete Kriterien, welche die Morbidität der Versicherten abbilden, ergänzt werden. Auch die Motion 12.3815 der grünliberalen Fraktion verlangt eine Verfeinerung des Risikoausgleichs.

Mit der Verfeinerung des Risikoausgleichs sollen neben dem Aufenthalt im Spitaloder Pflegeheim weitere Indikatoren, die auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko hindeuten, herangezogen werden können. Diese Indikatoren werden dann auf Verordnungsstufe festgelegt. So werden beispielsweise chronische Erkrankungen häufig mit Hilfe von spezifischen Medikamenten behandelt. Pharmazeutische Daten oder Medikamentenkosten könnten somit als weitere Indikatoren für chronische Erkrankungen verwendet und sollten daher in den Risikoausgleich mit einbezogen werden.

Zusammen mit dem Kriterium Spitalaufenthalt im Vorjahr wird mit den Medikamentenkostengruppen sowohl der ambulante als auch der stationäre Bereich abgedeckt.

Mit dieser Massnahme kann die Risikoselektion wirkungsvoll unterbunden werden, und der Wettbewerb um die Versicherten kann wieder dort spielen, wo er vom Gesetzgeber gewollt ist, nämlich bei der Qualität der Versicherungsangebote, den Dienstleistungen und der Kostenkontrolle. Dies entspricht den Grundprinzipien der sozialen Krankenversicherung in der Schweiz, welche die Solidarität zwischen

8 9

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich).

BBl 2012 7685

7960

Kranken und Gesunden und eine effiziente Gesundheitsversorgung von hoher Qualität für alle gewährleistet.

1.2.2

Trennung von Grund- und Zusatzversicherung

Aufgrund der unter Ziffer 1.1.2 geschilderten Problematik sollen die soziale Krankenversicherung und die Zusatzversicherung künftig nicht mehr in derselben rechtlichen Einheit durchgeführt werden dürfen. Gruppen, die auch eine Gesellschaft führen, welche die soziale Krankenversicherung betreibt, haben mittels «Informationsbarrieren» sicherzustellen, dass zwischen den Krankenversicherern und den übrigen Gesellschaften der Gruppe kein Austausch der Versichertendaten stattfindet.

So müssen die Versicherer etwa über getrennte Datenbanken für die Leistungsabrechnungen der Grund- und Zusatzversicherung verfügen. Zudem darf der Vertrauensarzt, der über Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entscheidet, nicht derselbe sein wie für die Zusatzversicherungen. Einrichtungen wie die Logistik und weitere zentrale Dienste dürfen und sollen im Rahmen von Synergien und zur Vermeidung von höheren Administrativkosten weiterhin gemeinsam genutzt werden können.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Begründung

Das geltende Krankenversicherungsystem weist Mängel auf, indem es Anreize zur Risikoselektion nicht genügend einzudämmen vermag. Um dagegen vorzugehen, will der Bundesrat klare gesetzliche Bestimmungen schaffen. Zu diesem Zweck soll der Risikoausgleich, der bisher befristet und in den Übergangsbestimmungen geregelt war, einerseits gesetzlich verankert und andererseits weiter verfeinert werden.

Eine gesetzlich vorgeschriebene Trennung von sozialer Krankenversicherung und Zusatzversicherung sorgt für mehr Transparenz in den beiden Versicherungsbereichen und beugt ebenfalls der Risikoselektion vor.

1.3.2

Vernehmlassungsergebnisse

Am 27. Februar 2013 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Entwurf des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative; sie dauerte bis zum 3. Juni 2013.

Der Gegenvorschlag sah auch die Integration und Verfeinerung des Risikoausgleichs sowie die Trennung von Grund- und Zusatzversicherungen vor. Im Weiteren sollte aber noch eine obligatorische Rückversicherung für sehr hohe Kosten eingeführt werden. Der letzte Punkt wurde in der Vernehmlassung mehrheitlich abgelehnt.

Aufgrund des bis auf die zusätzliche Rückversicherung identischen Inhalts können die Vernehmlassungsergebnisse des Gegenvorschlags für die vorliegende Vorlage verwendet werden.

Zur Vernehmlassung wurden die Kantonsregierungen, die kantonalen Konferenzen der Gesundheits-, Finanz- und Sozialdirektorinnen und -direktoren und die Konferenz der Kantonsregierungen eingeladen. Die in der Bundesversammlung vertrete7961

nen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete und die gesamtschweizerischen Dachverbände und Organisationen der Wirtschaft sowie die verschiedenen Organisationen des Gesundheitswesens, die unter anderem die Leistungserbringer, die Versicherer und Patientinnen und Patienten vertreten, wurden ebenfalls zur Stellungnahme eingeladen. Insgesamt wurden 197 Behörden und interessierte Organisationen angeschrieben.

Es gingen insgesamt 111 Stellungnahmen ein. Alle Kantone haben sich am Vernehmlassungsverfahren beteiligt. 7 politische Parteien auf Bundesebene haben eine Stellungnahme abgegeben. Von den Leistungserbringern und den Organisationen des Gesundheitswesens gingen 43 Stellungnahmen ein, und von den Versicherern und ihren Verbänden äusserten sich 6. Von den übrigen Verbänden äusserten sich 23.

Von den 111 Stellungnahmen unterstützten 28 den Gegenvorschlag, die Hälfte davon waren Leistungserbringer und Organisationen des Gesundheitswesens. Die anderen unterstützten den Gegenvorschlag nicht oder lehnten ihn ab, anerkannten aber grundsätzlichen Handlungsbedarf zur Optimierung der Fehlanreize des Systems, insbesondere im Bereich der Risikoselektion. Die unbefristete gesetzliche Verankerung und Verfeinerung des Risikoausgleichs wird als notwendig erachtet und ist inhaltlich fast von allen unbestritten. Jedoch soll dies gemäss der Mehrheitsmeinung im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens eingeführt und nicht an einen Gegenvorschlag und die öffentliche Krankenkassen-Diskussion geknüpft werden.

Die vorgeschlagene Trennung von Grund- und Zusatzversicherung wurde von rund der Hälfte der sich darüber Äussernden unterstützt.

Für die Details der Vernehmlassungsantworten sei auf den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung verwiesen.10

1.4

Zusammenhang des Vorschlags mit anderen in Diskussion stehenden Gesetzesänderungen

1.4.1

Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (KVAG)

Die Vorlage des Bundesgesetzes betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (12.027), die der Bundesrat dem Parlament am 15. Februar 2012 überwiesen hat, beinhaltet Massnahmen zur Stärkung der Aufsicht des aktuellen Krankenversicherungssystems sowie Verbesserungen im Bereich der finanziellen Sicherheit und der Unternehmensführung von Krankenversicherern, sieht aber keine Änderungen des Systems und somit auch keine Trennung von Grund- und Zusatzversicherung vor. Letztere würde jedoch zur Vereinfachung der Aufsicht über die beiden Versicherungsbereiche beitragen. Die Vorlage wird zurzeit in der Kommission des Zweitrates beraten.

10

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2013 > EDI

7962

Aufgrund ihrer Thematik, welche sich auch auf die Aufsicht über die Krankenverscherung bezieht, können die gesetzlichen Vorgaben zur Verfeinerung des Risikoausgleichs sowie zur Trennung von Grund- und Zusatzversicherung zum gegebenen Zeitpunkt, das heisst wenn das KVAG verabschiedet ist, in Letzteres integriert und die Formulierung, wo notwendig, dem KVAG angepasst werden.

1.4.2

Parlamentarische Initiativen und Motionen

Die parlamentarischen Initiativen «Risikoausgleich» der sozialdemokratischen Fraktion vom 21. September 2011 (11.473n) und «Wirksamen Risikoausgleich schnell einführen» der Fraktion der FDP. Die Liberalen vom 14. Juni 2012 (12.446n) wurden eingereicht, weil befürchtet wurde, dass die Integration des Risikoausgleichs in das KVG und die Verfeinerung desselben als Teil der ManagedCare-Vorlage anlässlich der Volksabstimmung scheitern würden. Die Entwürfe stimmen in der Stossrichtung mit dem vorliegenden Entwurf des Bundesrates überein, indem alle eine Verfeinerung des Risikoausgleichs um weitere Morbiditätsindikatoren verlangen. Ebenfalls eine Verfeinerung des Risikoausgleichs fordert die Motion «Risikoausgleich in der Krankenversicherung mit Krankheitsfaktoren verbessern» der grünliberalen Fraktion vom 26. September 2012 (12.3815).

1.5

Verhältnis zum europäischen Recht

1.5.1

Vorschriften der Europäischen Union

Artikel 3 Absatz 3 zweiter Unterabsatz des Vertrags der Europäischen Union11 überträgt der Union die Aufgabe, die soziale Gerechtigkeit und den sozialen Schutz zu fördern. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmenden innerhalb der Union ist in Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)12 geregelt. Das Freizügigkeitsprinzip verlangt eine Koordination der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit, wie dies in Artikel 48 AEUV festgelegt ist. Das Unionsrecht sieht keine Harmonisierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Mitgliedstaaten können die Ausgestaltung, den persönlichen Geltungsbereich, die Finanzierungsmodalitäten sowie die Organisation ihrer Systeme der sozialen Sicherheit weiterhin bestimmen. Die Koordination der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit wird durch die Verordnung (EG) Nr. 883/200413 und die Durchführungsverordnung Nr. 987/200914 geregelt. Seit dem Inkrafttreten

11 12 13

14

ABl. C 326 vom 26. Okt. 2012, S. 13.

ABl. C 326 vom 26. Okt. 2012, S. 47.

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1).

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.11).

7963

des Freizügigkeitsabkommens Schweiz-EU15 am 1. Juni 2002 ist die Schweiz Teil des multilateralen Koordinationssystems.

1.5.2

Instrumente des Europarates

Die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit vom 16. April 196416 (EOSS) regelt in ihrem Teil II die ärztliche Betreuung. Die Vertragsstaaten nach Teil II sind verpflichtet, den geschützten Personen medizinische Versorgung bei Krankheit ohne Rücksicht auf ihre Ursache sowie bei Mutterschaft zu gewährleisten. Der Leistungsempfänger kann zur Beteiligung an den Kosten der bei Krankheit gewährten medizinischen Versorgung verpflichtet werden. Zudem kann die Dauer der erbrachten Leistungen für die einzelnen Fälle auf 26 Wochen beschränkt werden. Die Schweiz hat bei der Ratifikation der EOSS erklärt, die Verpflichtungen aus Teil II nicht zu übernehmen. Betreffend die Organisation der Sozialversicherungssysteme sieht die EOSS vor, dass, wenn die Verwaltung nicht von einer einem Parlament verantwortlichen Regierungsstelle wahrgenommen wird, Vertreterinnen und Vertreter der geschützten Personen nach vorgeschriebener Regelung an der Verwaltung zu beteiligen oder ihr in beratender Eigenschaft beizuordnen sind; die innerstaatlichen Rechtsvorschriften können auch die Beteiligung von Vertreterinnenund Vertretern der Arbeitgeber und der Behörden vorsehen (Art. 71).

Die (revidierte) Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit vom 6. November 1990 erweitert den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der EOSS. Sie tritt nach der Ratifikation durch zwei Mitgliedstaaten des Europarates in Kraft. Bis anhin haben die Niederlande ratifiziert (22. Dez. 2009) und 13 weitere Staaten unterzeichnet.

Die Europäische Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 sowie die revidierte Europäische Sozialcharta vom 3. Mai 1996 statuieren in Artikel 12 das Recht auf soziale Sicherheit. Die Schweiz hat die beiden Abkommen nicht ratifiziert.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Ingress Wie andere Bundesgesetze, stützt sich das geltende KVG im Ingress auf eine einschlägige Bestimmung der Bundesverfassung von 1874 (Art. 34bis aBV). Bei einer Teilrevision von Gesetzestexten nutzt der Bundesrat die Gelegenheit, den Ingress an die geltende Verfassung anzupassen. Die geltenden Bestimmungen des KVG stützen sich auf Artikel 117 Absatz 1 der geltenden Bundesverfassung17 (BV), der den Bund dazu ermächtigt, Vorschriften über die Krankenversicherung zu erlassen.

15

16 17

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

SR 0.831.104 SR 101

7964

Ersatz von Ausdrücken und Art. 7 Abs. 2 zweiter Satz Hier werden sprachliche Anpassung vorgenommen. Statt «Bundesamt für Gesundheit (Bundesamt)» heisst es neu «BAG». Zudem wird «Departement» im ganzen Erlass, wo das Eidgenössische Departement des Innern gemeint ist, durch «EDI» ersetzt.

Art. 11 Infolge des neuen Artikel 12 Absatz 1, der bestimmt, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung nur noch durch Krankenkassen betrieben wird, ist Artikel 11 überflüssig und somit aufzuheben.

Art. 12 Abs. 1 Absatz 1 regelt, welche Versicherer die obligatorische Krankenpflegeversicherung betreiben dürfen. Bisher waren dies Krankenkassen im Sinne von Artikel 12 sowie private Versicherungsunternehmen, die dem VAG unterstehen und über eine Bewilligung nach Artikel 13 verfügen. Neu ist es nicht mehr möglich, dass ein privates Versicherungsunternehmen die obligatorische Krankenpflegeversicherung durchführt. Diese Änderung hat keine praktischen Auswirkungen, da bisher private Versicherungsunternehmen nie von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die obligatorische Krankenpflegeversicherung anzubieten.

Abs. 2 Während Krankenkassen bisher hauptsächlich die soziale Krankenversicherung anbieten mussten, nebenbei aber auch noch andere Versicherungsarten betreiben konnten, dürfen sie künftig nur noch die soziale Krankenversicherung anbieten.

Diese umfasst, wie Artikel 1a regelt, die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die freiwillige Taggeldversicherung. Zu beachten ist insbesondere, dass damit auch die Möglichkeit, die Unfallversicherung nach dem UVG zu betreiben, dahinfällt. Diese Änderung ist im Rahmen der kompletten Transparenz in Bezug auf die finanziellen Mittelflüsse unerlässlich. Es sind nur noch drei Krankenkassen betroffen, welche die Unfallversicherung durchführen. Unter Ziffer IV des beantragten Gesetzes soll deshalb das UVG entsprechend geändert werden. Die Änderung ist nicht zu verwechseln mit der Versicherung von Unfällen über das KVG (Art. 28); diese findet nach wie vor Anwendung bei Personen, die nicht über eine Unfallversicherung nach UVG verfügen.

Bei der sozialen Krankenversicherung handelt es sich um eine Sozialversicherung ohne Erwerbszweck; dies im Gegensatz zu den Zusatzversicherungen, die gewinnorientiert sind. Aufgrund dieser unterschiedlichen Geschäftsarten, aber auch aus
Gründen des Datenschutzes sowie der Transparenz, sollen diese Versicherungszweige künftig voneinander getrennt durchgeführt werden. Für einzelne Gesellschaften folgt daraus, dass sie innerhalb derselben juristischen Einheit nur noch die soziale Krankenversicherung anbieten dürfen. Aktuell sind davon 16 Versicherer betroffen, die in derselben Gesellschaft sowohl die soziale Krankenversicherung als auch Zusatzversicherungen anbieten. Für sie gilt eine Übergangsregelung: Die Versiche-

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rer haben innert dreier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die Trennung zu vollziehen (vgl. Ziff. III des beantragten Gesetzes).

Abs. 3 Der bisherige Absatz 3 wird aufgehoben, da Krankenkassen künftig nur noch die soziale Krankenversicherung anbieten dürfen.

Art. 13 Abs. 1 Da nur noch Krankenkassen die soziale Krankenversicherung durchführen dürfen (vgl. Art. 12), ist der Wortlaut «Versicherungseinrichtungen» nicht mehr passend und entsprechend in «Krankenkassen» abzuändern. Es geht somit klar hervor, dass das EDI die Bewilligung zur Durchführung der sozialen Krankenversicherung nur noch an Krankenkassen erteilt.

Abs. 2 Bst. g Eine Krankenkasse darf innerhalb derselben juristischen Einheit nur noch die soziale Krankenversicherung anbieten. Diese Trennung haben in den letzten Jahren bereits viele Versicherer ohne gesetzliche Pflicht vorgenommen. Aktuell gibt es nur noch 16 Gesellschaften, welche die soziale Krankenversicherung sowie Zusatzversicherungen in derselben rechtlichen Einheit führen. Es soll aber nach wie vor möglich sein, dass Versicherungsgruppen nebst der sozialen Krankenversicherung noch andere Versicherungszweige anbieten können, sofern sie dies in einer separaten juristischen Einheit tun und zudem Massnahmen treffen zur Verhinderung von Informationsaustausch und Datentransfer zwischen der Krankenkasse und den anderen Gesellschaften, insbesondere den Zusatzversicherungen. Gesundheitsdaten sind besonders sensible Personendaten, die zu schützen sind und auch innerhalb derselben Versicherungsgruppe nicht weitergegeben werden dürfen. Aufgrund der heutigen Verhältnisse kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Informationsaustausch stattfindet. Im Speziellen ist künftig zu vermeiden, dass die Zusatzversicherungen von der sozialen Krankenversicherung Versichertendaten und weitere persönliche Informationen erhalten. Auch umgekehrt soll kein Austausch stattfinden.

So müssen die Versicherer etwa über getrennte Datenbanken für die Leistungsabrechnungen der Grund- und Zusatzversicherung verfügen. Zudem darf der Vertrauensarzt, der über Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entscheidet, nicht derselbe sein wie für die Zusatzversicherungen. Gleichzeitig sollen Synergien weiterhin genutzt und beispielsweise die Logistik und weitere zentrale Dienste nach wie vor gemeinsam genutzt werden.

1a. Abschnitt: Risikoausgleich Art. 17

Grundsatz

Die neuen Artikel 17­17b entsprechen im Wesentlichen Ziffer 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich). Die gesetzliche Verankerung des Risikoausgleichs im KVG sowie dessen Verfeinerung durch die Einführung eines neuen Kriteriums (vgl. Art. 17 Abs. 4) war bereits in der Managed-Care-Vorlage (04.062) vorgesehen, die am 17. Juni 2012 vom Schweizer 7966

Stimmvolk abgelehnt wurde. Eine Verfeinerung des Risikoausgleichs wurde auch in zwei parlamentarischen Initiativen beantragt (11.473 und 12.446; vgl. hierzu auch Ziff. 1.4.2). Die gesetzliche Verankerung des Risikoausgleichs sowie die geplante Verfeinerung sollen nun mit dem vorliegenden Entwurf vorgenommen werden.

Zudem wird eine Neuerung betreffend die Kassenwechsler eingeführt, die künftig in Bezug auf ihr erhöhtes Krankheitsrisiko nicht mehr im Risikoausgleich berücksichtigt werden sollen.

Abs. 4 Im Risikoausgleich ging man bisher von einem erhöhten Krankheitsrisiko aus, wenn die versicherte Person im Vorjahr einen Aufenthalt in einem Spital oder Pflegeheim hatte, der länger als drei aufeinanderfolgende Nächte dauerte. Berücksichtigt wird ein Aufenthalt entweder, wenn er in einem auf der Liste nach Artikel 39 KVG aufgeführten Spital oder Pflegeheim oder in einem Spital stattfand, das einen Vertrag nach Artikel 49a Absatz 4 KVG hat und zudem in der Schweiz liegt, sofern für den Aufenthalt Leistungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbracht werden. Mit der Verfeinerung sollen weitere Indikatoren herangezogen werden können, die auf die Morbidität der Versicherten hinweisen. Insbesondere ist dabei an Medikamentenkosten zu denken, die aus dem ambulanten Bereich resultieren. Der betroffene Versicherer hat unter Umständen sehr hohe Kosten zu tragen, ohne dass er dafür einen Ausgleich aus dem Risikoausgleich erhält, weil das Kriterium Medikamentenkosten bisher nicht als Morbiditätsfaktor im Sinne des Risikoausgleichs galt. Um zu verhindern, dass die Zahlungen aus dem Risikoausgleich zur vermehrten Verschreibung von Medikamenten führen, könnten auch nur Wirkstoffe berücksichtigt werden, die zur Behandlung von spezifischen, teuren Krankheiten eingesetzt werden, bei denen kaum Alternativen zur medikamentösen Behandlung bestehen (sog. Medikamentenkostengruppen). Wie bereits die Umschreibung des mindestens drei Nächte dauernden Spital- oder Pflegeheimaufenthaltes im Vorjahr und die Bezeichnung der Ausnahmen, so wird auch die Kompetenz zur Festlegung der weiteren Indikatoren, welche die Morbidität der Versicherten abbilden, dem Bundesrat übertragen.

Art. 17a

Massgebende Faktoren für die Berechnung des Risikoausgleichs

Dieser Artikel entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Ziffer 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des KVG vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich).

Einzig Absatz 4 enthält eine Neuerung und Absatz 5 ist neu.

Abs. 2 Weil neu mehrere Kriterien für das erhöhte Krankheitsrisiko massgebend sind, ist in Absatz 2 eine redaktionelle und terminologische Anpassung nötig.

Abs. 4 Kassenwechsler sollen bei der Ermittlung der Anzahl der aufeinanderfolgenden Nächte (Art. 17 Abs. 4) künftig nicht mehr berücksichtigt werden. Bisher erfolgte unter den Versicherern für den Risikoausgleich ein aufwendiger Datenaustausch über die zentrale Meldestelle Risikoausgleich (ZEMRA). Dieser führt einerseits zu einer Erhöhung der administrativen Kosten für die Durchführung des Risikoausgleichs, anderseits machen die Wechsler nur einen geringen Anteil der Versicherten aus und weisen zudem einen unterdurchschnittlichen Anteil an Versicherten mit 7967

Aufenthalten in einem Spital oder Pflegeheim im Vorjahr auf, da tendenziell eher die Gesunden den Versicherer wechseln. Daraus folgt, dass das Umverteilvolumen, das aufgrund der Berücksichtigung der Spital- oder Pflegeheimaufenthalte der Wechsler zusätzlich anfällt, als gering eingeschätzt werden kann. In Anbetracht, dass der Aufwand und die Kosten für die Berücksichtigung der Wechsler grösser ausfallen als der Nutzen, wird künftig bei der Berechnung des Risikoausgleichs deren erhöhtes Krankheitsrisiko nicht mehr berücksichtigt.

Abs. 5 Der Bundesrat kann bei den Indikatoren der Morbidität Ausnahmen für die Berechnung des Risikoausgleichs vorsehen. Mit Bezug auf das Kriterium «Aufenthalte in einem Spital oder Pflegeheim» ist hier insbesondere an Spitalaufenthalte aufgrund Mutterschaft zu denken, denn die Mutterschaft stellt kein Kriterium für ein erhöhtes Krankheitsrisiko dar. Ebenso sollen ­ wie schon im geltenden Recht ­ Spitalaufenthalte im Ausland nicht in den Risikoausgleich mit einfliessen, da die Definitionen und Bedingungen für Spitäler im Ausland teilweise anders sind als in der Schweiz.

Nicht unter die Ausnahme würden aber Aufenthalte in grenznahen Institutionen fallen, die an Pilotprojekten im Sinne von Artikel 36a der Verordnung vom 27. Juni 199518 über die Krankenversicherung teilnehmen.

Art. 17b

Durchführung und Ausführungsbestimmungen

Dieser Artikel entspricht inhaltlich Ziffer 2 Absätze 4­6 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des KVG vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich) und enthält keine Neuerungen.

Art. 21

Aufsicht

Abs. 2 Absatz 2 betrifft die Aufsicht über die Zusatzversicherungen. Da Krankenkassen diese nicht mehr betreiben dürfen, ist diese Bestimmung aufzuheben.

Abs. 6 Dieser Absatz betrifft die Aufsicht über die privaten Versicherungseinrichtungen.

Da diese keine soziale Krankenversicherung mehr anbieten dürfen, ist die Bestimmung aufzuheben.

Art. 62

Besondere Versicherungsformen

Abs. 3 Hier wird der Verweis auf die neuen Artikel zum Risikoausgleich (Art. 17­17b) geändert.

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich) 2. Neuer Risikoausgleich

18

SR 832.102

7968

Die vorliegende Änderung löst den bisher mit der Bezeichnung «Neuer Risikoausgleich» in Ziffer 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich) geregelten Risikoausgleich ab. Der Risikoausgleich wird ins ordentliche Recht überführt und in den Artikeln 17­17b definitiv, d. h. ohne Befristung, verankert. Ziffer 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Dezember 2007 (Risikoausgleich) ist somit aufzuheben.

Übergangsbestimmungen zur hier beantragten Änderung Den Krankenkassen müssen Fristen gewährt werden, damit sie die neuen Anforderungen des Gesetzes umsetzen können. Insbesondere die Trennung von Grund- und Zusatzversicherung wird bei den betroffenen Gesellschaften einige Zeit in Anspruch nehmen. Gleichzeitig müssen sie das Versicherungsgeschäft weiterhin durchführen.

Für die Umsetzung der Trennung wird somit eine Frist von drei Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung gewährt. Die Informationsbarrieren zwischen der Krankenkasse und den übrigen Gruppengesellschaften sind auch innert dreier Jahre nach Inkrafttreten zu gewährleisten.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Aufgrund der Abnahme der Risikoselektion werden weniger Versicherte den Versicherer wechseln, was zu einer Abnahme der Wechselkosten führt. Daraus folgen eine Dämpfung des Anstiegs beim Prämienvolumen und damit auch ein geringeres Wachstum des Bundesbeitrags an die individuelle Prämienverbilligung der Kantone nach Artikel 66 KVG.

Die Vorlage erfordert keine zusätzlichen personellen Ressourcen beim Bund.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die Vorlage erfordert bei Kantonen und Gemeinden keine zusätzlichen personellen Ressourcen. Da es den Kantonen überlassen ist, ihren Beitrag an die Prämienverbilligung festzulegen, sind sie auch frei darin, ob sie ihren Beitrag an die individuelle Prämienverbilligung anpassen wollen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Das finanzielle Volumen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entspricht 4­5 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Auswirkungen der Vorlage auf die Volkswirtschaft sind nicht zu erwarten. Durch die Unterbindung der Risikoselektion durch die Versicherer wird indessen die Effizienz der Mittelverwendung im betroffenen Sektor gesteigert. Die Vorlage trägt zu einer sauberen und reibungslos verlaufenden Finanzierung der sozialen Krankenversicherung bei. Zudem kann der Wettbewerb zwischen den Versicherern vermehrt dort spielen, wo er vom Gesetzgeber ursprünglich gewollt ist, nämlich bei der Qualität der Versicherungsangebote und der Kostenkontrolle. Auch in diesem Sinne trägt die Vorlage zur Systemoptimierung bei.

7969

3.4

Finanzielle Auswirkungen für die Krankenversicherung

Die Vorlage mit einer Verfeinerung des Risikoausgleichs bei gleichzeitigem Verzicht auf die Ermittlung der Morbidität der Wechsler bei der Datenlieferung durch die Versicherer bringt zwei konträre Effekte mit sich: ­

Eine weitere Verfeinerung des Risikoausgleichs ist mit leicht höheren Verwaltungskosten bei der gemeinsamen Einrichtung für die Plausibilisierung der Datenlieferungen und die stichprobenweisen Revisionen bei den Versicherern verbunden.

­

Im heute geltenden Risikoausgleich werden bei der Datenmeldung durch die Versicherer die Aufenthalte in einem Spital oder Pflegeheim der aufgenommenen Wechsler berücksichtigt. Dazu erfolgt ein Datenaustausch unter den Versicherern über die von der gemeinsamen Einrichtung errichtete zentrale Meldestelle Risikoausgleich (ZEMRA). Der Verzicht auf die Ermittlung der Morbidität der Wechsler bei der Datenlieferung durch die Versicherer macht die ZEMRA überflüssig. Die Kosten für den Betrieb der ZEMRA fallen somit weg, was die Verwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtung nach Artikel 18 KVG für die Durchführung des Risikoausgleichs um rund 100 000 Franken senkt.

Die Verwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtung für die Durchführung des Risikoausgleichs werden von den Krankenversicherern getragen. Auch bei den Versicherern gibt es aufgrund der Vorlage konträre finanzielle und personelle Auswirkungen: ­

Mit der Verfeinerung des Risikoausgleichs sinkt der Anreiz zur Risikoselektion durch die Versicherer. Die verminderte Risikoselektion führt einerseits zu einer Abnahme der Werbe- und Akquisitionskosten und andererseits zu einer Abnahme der Versichererwechsel selbst. Dies, auch wenn der Wettbewerb bei den Angeboten und der Kostenkontrolle weiterhin spielt. Aktuell wechseln jährlich 6­12 Prozent der Versicherten ihren Krankenversicherer.

Jeder Wechsel ist mit Kosten verbunden, die sich auf 150­200 Franken belaufen.

­

Bei einer weiteren Verfeinerung des Risikoausgleichs ist mit einer Erhöhung der Verwaltungskosten für die Datenerhebung und -lieferung in einem sehr geringen Ausmass zu rechnen. Zudem wird auch die Prüfung der Datenlieferung der Krankenversicherer durch die Revisionsstellen, bei Aufrechterhaltung der gleichen Prüftiefe, etwas anspruchsvoller und damit leicht teurer.

Die weitere Verfeinerung des Risikoausgleichs führt entsprechend zu ganz leicht höheren Verwaltungskosten bei den Krankenversicherern.

­

Hingegen fällt der Aufwand für die Ermittlung und den Austausch der Angaben zur Morbidität der Wechsler, die bis anhin über die ZEMRA umgesetzt wurde, dahin, was wiederum zu einer finanziellen und personellen Entlastung der Versicherer führt.

Durch die Trennung von sozialer Krankenversicherung und Zusatzversicherung ist nur mit einem unwesentlichen Anstieg der Verwaltungskosten zu rechnen. Viele Gesellschaften haben die Trennung der sozialen Krankenversicherung und der Zusatzversicherungen und deren Aufteilung auf unterschiedliche juristische Einhei7970

ten bereits ohne gesetzliche Pflicht vorgenommen. Die Daten, welche die Versicherer dem Bundesamt für Gesundheit jährlich einreichen, zeigen, dass bei denjenigen Versicherern, die in den letzten Jahren (2006­2011) die Trennung von sozialer Krankenversicherung und Zusatzversicherung in unterschiedliche rechtliche Einheiten vollzogen haben, die Verwaltungskosten nicht gestiegen sind. Im Gegenteil, es konnte bei 10 von 11 Versicherern festgestellt werden, dass die Verwaltungskosten in Prozent der Prämien gesunken sind.

Die Informationsbarrieren führen zu Anpassungen in den versicherungsinternen Systemen, die für alle Krankenversicherer, je nach Ausgestaltung, gesamthaft rund 10 Millionen Franken ausmachen werden. Diese Anpassungsinvestitionen in die Systeme sind einmalig. Grundsätzlich sind auch bei einer Informationsbarriere nicht mehr Rechnungen zu kontrollieren. Je nach Ausgestaltung der Informationsbarrieren ist jedoch mit einem zusätzlichen Aufwand von jährlich rund 10 Millionen Franken für die gesamte Krankenversicherungsbranche zu rechnen.

Es ist davon auszugehen, dass die Einführung der Massnahmen per Saldo zu einer kostendämpfenden Wirkung der sozialen Krankenversicherung und damit auch bei der Prämienentwicklung führt, insbesondere infolge der erwarteten Abnahme der Kosten für Wechsel der Krankenversicherer durch die Versicherten und infolge des verstärkten Wettbewerbes bei der Kostenkontrolle.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201219 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201220 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Ausschlaggebend für dieses Geschäft waren jedoch die Vernehmlassungsergebnisse zum indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse», den der Bundesrat dem Parlament zunächst unterbreiten wollte. Die Vernehmlassung hat ergeben, dass zwar auf einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative zu verzichten ist, dass jedoch dringender Handlungsbedarf gegen die Risikoselektion besteht. In diesem Zusammenhang unterbreitet der Bundesrat dem Parlament die vorliegende Vorlage.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

In seinem Bericht «Gesundheit 2020», den der Bundesrat am 23. Januar 201321 verabschiedet hat, definiert er als Ziel 2.1 die Reduktion der Anreize zur Risikoselektion der Versicherer. Dazu soll eine Verfeinerung des Risikoausgleichs und eine verbesserte Trennung von Grund- und Zusatzversicherung vorgenommen werden.

19 20 21

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 www.bag.admin.ch > Themen > Gesundheit2020

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5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 117 BV. Nach dieser Verfassungsbestimmung erlässt der Bund Vorschriften über die Kranken- und die Unfallversicherung. Diese Bestimmung beinhaltet auch die Kompetenz, Vorschriften zur Verminderung unerwünschter Anreize in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, wie insbesondere die Risikoselektion, zu erlassen.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der vorliegende Gesetzesentwurf regelt den Risikoausgleich in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sowie die Trennung von sozialer Krankenversicherung und Zusatzversicherungen. Es geht somit um die Organisation des Systems der sozialen Krankenversicherung in der Schweiz. Die Schweiz ist durch keinerlei völkerrechtliche Verträge in einer Weise gebunden, die dieser innerstaatlichen Regelung entgegenstehen würde.

5.3

Erlassform

Die Regelung des Risikoausgleichs und die Vorschriften über die Trennung von sozialer Krankenversicherung und Zusatzversicherung beinhalten wichtige Bestimmungen, welche die Rechte und Pflichten der Versicherer und der Versicherten berühren. Solche Bestimmungen sind zwingend in einem Bundesgesetz zu erlassen (Art. 164 Abs. 1 Bst. c BV).

5.4

Ausgabenbremse

Artikel 159 BV sieht vor, dass Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte bedürfen. Weil die Vorlage weder Subventionsbestimmungen noch Finanzierungsbeschlüsse vorsieht, untersteht sie nicht der Ausgabenbremse.

5.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die zur Durchführung der sozialen Krankenversicherung notwendigen Regelungskompetenzen (Erlass der Vollzugsbestimmungen) werden dem Bundesrat in Artikel 96 KVG delegiert. Im Rahmen dieser Vorlage ist der Bundesrat überdies befugt, in folgenden Bereichen Bestimmungen zu erlassen: Er hat die Indikatoren festzulegen, welche die Morbidität der Versicherten abbilden (Art. 17 Abs. 4 zweiter Satz).

7972

Er kann bei den Indikatoren der Morbidität Ausnahmen für die Berechnung des Risikoausgleichs vorsehen (Art. 17a Abs. 5).

5.6

Datenschutz

Die Trennung von sozialer Krankenversicherung und Zusatzversicherung sowie die Informationsbarrieren zwischen Krankenkassen und den anderen Versicherungen innerhalb einer Gruppe unterstützen den Datenschutz zwischen den beiden Versicherungsbereichen. Insbesondere soll verhindert werden, dass Daten des einen Versicherungsbereichs für den anderen verwendet werden, um Risikoselektion zu betreiben.

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