13.069 Botschaft zur Änderung des Publikationsgesetzes (Primatwechsel von der gedruckten zur elektronischen Version der amtlichen Veröffentlichungen) vom 28. August 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Publikationsgesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. August 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1220

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Übersicht Primäres Ziel der Änderung des Publikationsgesetzes ist der Übergang der rechtlichen Verbindlichkeit von der gedruckten auf die elektronische Fassung der in der Amtlichen Sammlung und im Bundesblatt veröffentlichten Texte. Bei dieser Gelegenheit wird der Zugang zu den Erlassen des Bundes und weiteren relevanten Texten mit einem Zusammenhang zur Gesetzgebung punktuell verbessert.

Ausgangslage Das Publikationsgesetz regelt die Veröffentlichung der Sammlungen des Bundesrechts (die Amtliche Sammlung, AS, und die Systematische Sammlung, SR) und des Bundesblatts (BBl). Das System dieser amtlichen Publikationen des Bundes hat sich in den Grundzügen bewährt. Insbesondere wird die amtliche Erstellung von konsolidierten Normtexten und deren Publikation in der SR heute als staatliche Grunddienstleistung wahrgenommen. Weitgehend unbestritten ist auch die Rolle der AS, die von den zuständigen Behörden beschlossenen Erlasse wiederzugeben, und die Massgeblichkeit der AS gegenüber der SR im Interesse der Rechtssicherheit.

Inhalt der Vorlage Dieses bewährte System soll nun mit der vorliegenden Gesetzesvorlage den technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst werden, auf welche die Legislaturplanung 20112015 unter dem Ziel 7 der Leitlinie 1 «Die Schweiz nutzt die Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologien» Bezug nimmt.

Die Texte in AS, SR und BBl werden mittlerweile überwiegend online konsultiert.

Die Auflagezahlen der Druckprodukte haben in den letzten Jahren massiv abgenommen. Vielen Rechtsuchenden ist wohl kaum bewusst, dass bis heute allein die gedruckten Veröffentlichungen rechtlich verbindlich sind.

Die vorliegende Änderung des Publikationsgesetzes vollzieht insbesondere den sogenannten Primatwechsel: Künftig soll nicht mehr die gedruckte Version der amtlichen Veröffentlichungen massgebend sein, sondern die elektronische Fassung.

Dieser Wechsel drängt sich auf, weil der Vorrang der gedruckten Publikationen die Gewohnheiten der meisten Benützerinnen und Benützer nicht mehr widerspiegelt und somit auch nicht mehr ihren Erwartungen entspricht. Behörden, die diesen Primatwechsel bereits vollzogen haben sei dies im Inland (das Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO, für das Schweizerische Handelsamtsblatt, SHAB, und der Kanton Aargau für seine Gesetzessammlungen und das
Amtsblatt) oder im Ausland (die Europäische Union und zehn ihrer Mitgliedsländer) , haben damit gute Erfahrungen gemacht.

Der Primatwechsel ermöglicht zudem, ohne grossen Aufwand den wöchentlichen Rhythmus der rechtsgültigen amtlichen Veröffentlichungen zu verlassen und auf flexiblere Veröffentlichungstermine überzugehen. Unter der Voraussetzung, dass die notwendigen Qualitätskontrollen innerhalb der notwendigen Fristen durchgeführt worden sind und die zuständigen Stellen die Texte zur Publikation frei gegeben haben, soll künftig an jedem Wochentag eine rechtsgültige amtliche Veröffentli-

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chung möglich sein. Dieser Gewinn an Flexibilität erleichtert die rechtzeitige Veröffentlichung von Erlassen vor ihrem Inkrafttreten sowie auch die unverzügliche Publikation von andern Texten, die eine Rechtswirkung auslösen (etwa Verfügungen).

Im Rahmen der vorliegenden Revision soll auch der Zugang der Rechtsuchenden zu den für sie rechtlich relevanten Texten verbessert werden. So werden zum Beispiel Texte, auf die in AS und BBl lediglich verwiesen wird, künftig an einem zentralen Ort abrufbar gemacht, und es wird als gesetzlicher Auftrag verankert, dass historische Fassungen von SR-Texten, die für gewisse Sachverhalte noch relevant sein können, zur Verfügung gestellt werden. Schliesslich werden einige Detailbestimmungen im Lichte der Erfahrungen der letzten Jahre angepasst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Primatwechsel von der gedruckten zur elektronischen Version 1.2.2 Weitere Optimierungen des Publikationsrechts 1.2.3 Würdigung 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Andere geprüfte Lösungsvarianten 1.3.2 Vernehmlassungsverfahren 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem kantonalen und dem europäischen Recht 1.6 Umsetzung 1.6.1 Im Allgemeinen 1.6.2 Informationssicherheit 1.6.3 Datenschutz

7061 7061 7062

2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen 2.1 Änderung des Publikationsgesetzes (E-PublG) 2.2 Änderung anderer Erlasse

7073 7073 7092

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

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4

Verhältnis zur Legislaturplanung

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5

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 5.5 Datenschutz

7095 7095 7096 7096 7096 7097

Bundesgesetz über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz, PublG) (Entwurf)

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7095 7095

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Das Publikationsgesetz vom 18. Juni 20041 (PublG) regelt drei Publikationsprodukte: 1.

die Amtliche Sammlung des Bundesrechts (AS) mit den normativen Texten in der durch die zuständige Behörde verabschiedeten Fassung;

2.

die Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR) mit den von der Bundeskanzlei (BK) erstellten normativen Texten in der zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden konsolidierten Fassung;

3.

das Bundesblatt (BBl) mit den Materialien der Gesetzgebung (Botschaften und Berichte) und Verfügungen.

Das PublG sieht zwar ausdrücklich elektronische Versionen dieser drei Produkte vor, verleiht aber nur ihren gedruckten Versionen Massgeblichkeit, also rechtliche Bindungswirkung (Art. 9 PublG). Einer massiv gesunkenen Zahl von Abonnementen der gedruckten Werke von mittlerweile unter 2000 (über alle drei Sprachen, siehe Tabelle unten), stehen mittlerweile ca. 20 Millionen Zugriffe pro Monat auf die Online-Versionen gegenüber (Verteilung auf die einzelnen Produkte: SR 82 %; BBl 5 %; AS 3 % und diverse Angebote 10 %).

Anzahl Abonnemente und Anteil innerhalb der Bundesverwaltung (kostenlos) Jahr

BBl + AS

davon Bund

SR

davon Bund

DVD

davon Bund

2007 2008 2009 2010 2011 2012

3790 2812 2496 2462 1818 1685

37 % 39 % 40 % 48 % 49 % 49 %

3789 3520 3180 2434 2196 1824

23 % 24 % 25 % 26 % 23 % 23 %

538 506 457 340 301 218

43 % 50 % 51 % 55 % 47 % 44 %

Da Rechtstexte in Form von verschiedenen Produkten (AS und SR) sowie in verschiedenen Formen (gedruckt und online) publiziert werden, besteht die Möglichkeit, dass zwischen verschiedenen Textfassungen Differenzen auftreten. Das PublG legt daher die Massgeblichkeit ­ das sogenannte Primat ­ auf eine einzige Fassung und Form fest. Heute ist das die AS in gedruckter Form. Damit wird generell geregelt, welchem Text der Vorrang zukommt, wenn Differenzen zwischen den Fassungen auftreten.

Die Massgeblichkeit der gedruckten Publikationen widerspricht zunehmend den Gewohnheiten und Erwartungen der Adressatinnen und Adressaten von Normen und Verfügungen der öffentlichen Hand. Im In- und Ausland wurde diesen Kundenbedürfnissen bereits vielerorts Rechnung getragen, so zum Beispiel beim Schweize1

SR 170.512

7061

rischen Handelsamtsblatt, bei dem bereits am 1. März 2006 auf die Massgeblichkeit der elektronischen Veröffentlichung umgestellt wurde.2 Weiter ist die Massgeblichkeit elektronischer Fassungen in den letzten Jahren auch Thema in wissenschaftlichen Arbeiten3 geworden. Im Lichte dieser Entwicklungen ist die Zeit gekommen, den Primatwechsel auch auf Bundesebene zu vollziehen. Gleichzeitig soll das Angebot der amtlichen Veröffentlichungen spürbar verbessert werden.

Die am 12. Juni 2009 abgeschriebene Motion Noser (07.3338 «Verbindlichkeit elektronischer Gesetzestexte») hatte bereits 2007 vom Bundesrat verlangt, dem Parlament einen Entwurf zur Änderung des PublG zu unterbreiten und damit der elektronischen Veröffentlichung der Sammlungen des Bundesrechts (Amtliche Sammlung und Systematische Sammlung) und des Bundesblattes die gleiche Verbindlichkeit zukommen zu lassen wie der gedruckten Form.

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Primatwechsel von der gedruckten zur elektronischen Version

Die elektronische Version der amtlichen Publikationen des Bundes soll in Zukunft die rechtlich massgebende Fassung sein und gegenüber der gedruckten Version der jeweiligen Publikation Vorrang erhalten (Primatwechsel). Die Änderung des PublG schafft die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen. Der Bundesrat strebt damit die Schaffung einer im Internet zugänglichen Plattform an, die allen Rechtsuchenden kostenlos und umfassend einen gesicherten elektronischen Zugang zum Bundesrecht und den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten ermöglicht. Gleichzeitig soll damit die Sichtbarkeit des Bundesrechts auf internationaler Ebene gefördert werden.

Die drei Publikationsprodukte AS, SR und BBl sollen weiterhin bestehen bleiben, doch sollen sie im Rahmen des Primatwechsels optimiert werden. In der Publikationsverordnung vom 17. November 20044 (PublV) soll festgelegt werden, inwieweit aufgrund der technologischen Entwicklung und der Kundenbedürfnisse künftig noch Druckausgaben erstellt werden. Die Papierprodukte sollen dabei bis auf Weiteres und solange ein genügendes Bedürfnis nachgewiesen ist, weitergeführt werden.

Der Geltungsbereich des Gesetzes wird grundsätzlich gleich bleiben. Insbesondere soll die AS als primäres Organ für die Veröffentlichung des Bundesrechts erhalten bleiben und indirekt als historische Abbildung der Rechtsentwicklung, mit der Möglichkeit, den Kontext einer Änderung des Rechtstextes festzustellen. In der AS werden somit weiterhin die Rechtstexte in derjenigen Fassung veröffentlicht, in der sie die zuständigen Behörden beschlossen haben. Wie bis anhin werden Änderungsanweisungen erst im Hinblick auf die Erstellung der SR-Fassungen ausgeführt und konsolidierte Texte im jeweiligen Sachzusammenhang veröffentlicht. Von der Ausweitung des Geltungsbereichs des PublG auf verwandte Bereiche (amtliche Veröffentlichungen von Gerichtsurteilen oder Registerdaten), wie sie bereits anläss2 3

4

Siehe die Verordnung SHAB vom 15. Febr. 2006 (SR 221.415).

Siehe etwa Kommentar zum Publikationsgesetz des Bundes, Hrsg. von Daniel Kettiger und Thomas Sägesser, Bern 2011; Roth, Die Veröffentlichung von Rechtsnormen in der Schweiz, Zürich/St.Gallen 2011; Beiträge von verschiedenen Autoren in LeGes 2013/1 (www.leges.ch).

SR 170.512.1

7062

lich der letzten Revision im Jahr 2004 geprüft und verworfen wurde,5 wird abgesehen.

Die Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Gewährleistung der informatiktechnischen Sicherheit stellen, wurden vertieft geprüft. Das Gesetz soll Massnahmen vorsehen, welche die Authentizität und Integrität der als massgeblich erklärten elektronischen Versionen gewährleisten. Die anvisierte technische Lösung wird in der PublV zu regeln sein. Insbesondere wird angestrebt, bei den amtlichen Veröffentlichungen eine adäquate elektronische Signatur einzusetzen, die nur die amtliche Publikationsstelle anbringen darf. Als Ergänzung zur bisherigen qualifizierten elektronischen Signatur, die nur natürlichen Personen zugänglich ist, soll eine weitere Form der elektronischen Signatur definiert werden, die sogenannte geregelte elektronische Signatur. Diese kann zusätzlich auch von juristischen Personen und Behörden genutzt werden.

Die AS und das BBl sind die wichtigsten Quellen für die nachträgliche Nachvollziehbarkeit der Rechtsetzung des Bundes. Ihre langfristige Verfügbarkeit mittels Archivierung ist daher auch nach dem Primatwechsel und dem allfälligen Wegfall von gedruckten Abonnementsausgaben unbedingt sicherzustellen. Entsprechende Massnahmen werden ­ in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv ­ im Hinblick auf die nach der Revision des PublG anstehende Anpassung der Publikationsverordnung vertieft geprüft.

In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Primatwechsel drängen sich namentlich folgende Konsequenzen für die amtlichen Veröffentlichungen auf: 1.

Bei den ordentlichen Veröffentlichungen soll von den heutigen gedruckten Wochenausgaben von AS und BBl auf tägliche elektronische Publikationen von Texten umgestellt werden, unter der Voraussetzung, dass die notwendigen Qualitätskontrollen vorgenommen und die Texte von der federführenden Stelle frei gegeben wurden. Der Gesetzgebungsprozess und die verwaltungsinternen Abläufe sind so anzupassen, dass der heutige Qualitätsstandard in allen drei Amtssprachen gewahrt bleibt. Es soll aber umgekehrt die Möglichkeit bestehen bleiben, gewisse Textkategorien gezielt erst an einem bestimmten Datum nach Beschlussfassung und inhaltlicher Freigabe zu veröffentlichen. Dazu gehört insbesondere die Praxis, dass Referendumsvorlagen in der Regel 10 Tage nach den Schlussabstimmungen einer Session im BBl veröffentlicht werden. Die PublV wird dies explizit regeln.

2.

Die ausserordentlichen Veröffentlichungen sollen auf Situationen beschränkt werden, in denen Erlasse während eines Ausfalls des Publikationssystems unbedingt ohne Verzögerung publiziert werden müssen, z. B.

durch anderweitige Internetpublikation oder durch eine Veröffentlichung in den Medien.

Die SR ist zwar faktisch die am meisten angegebene Rechtsquelle zur Konsultation von Erlassen, auf eine ausdrückliche rechtliche Aufwertung der SR zur massgeblichen Publikation soll aber aus praktischen Gründen verzichtet werden. Treten Divergenzen zwischen AS und SR auf, so gilt die Fassung gemäss AS. Ob für Bürgerinnen und Bürgern, die sich auf die SR verlassen haben, der Vertrauensschutz 5

Siehe die Botschaft vom 22. Okt. 2003 zum Bundesgesetz über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz, PublG), BBl 2003 7711, hier 7716.

7063

gilt, kann nicht allgemein, sondern höchstens von einem Gericht im Einzelfall beantwortet werden.6 Der Wechsel auf die Massgeblichkeit der SR würde nicht nur eine Totalrevision des PublG bedingen, sondern dazu auch eine Anpassung des ganzen Gesetzgebungsprozesses: Die zuständigen Behörden (insbesondere das Parlament, aber auch die Stimmberechtigten bei der Prüfung von Referendumsvorlagen) müssten als Konsequenz daraus jeweils die angepassten Grundtexte in ihrer Gesamtheit ­ und nicht wie bisher bloss die Änderungen ­ genehmigen. Damit müsste bei jeder Teilrevision eines Erlasses ein gleich aufwendiges Verfahren wie bei einer Totalrevision durchlaufen werden. Diese Folge einer Aufwertung der SR ist nicht erwünscht. Die SR hat aber ihre Bedeutung als nicht mehr wegzudenkende Dienstleistung für die Rechtsuchenden; in der SR können zusätzlich zu den aus der AS übernommenen Bestimmungen zusätzliche Informationen und Querverweise angeboten werden. Zudem ist die Gesetzestechnik des Bundes mit ihren Vorschriften zur Gestaltung der Änderungserlasse auf die SR ausgerichtet und stellt sicher, dass das Ergebnis der Konsolidierung den Intentionen der rechtsetzenden Behörde entspricht.

1.2.2

Weitere Optimierungen des Publikationsrechts

Der vorgeschlagene Primatwechsel bietet die Gelegenheit, das PublG gleichzeitig aufgrund der Erfahrungen mit dem geltenden Publikationsrecht punktuell anzupassen.

Die heutige Möglichkeit, einen Rechtstext nur mit Titel sowie Fundstelle und Bezugsquelle zu veröffentlichen (Verweispublikation) und dabei den vollständigen Text aus den ordentlichen Publikationsorganen auszulagern, führt zu einer Dezentralisierung der Bezugsquellen sowie zu einer Inkohärenz bei der Aufbereitung der Texte. Diese unbefriedigende Publikationsart soll durch eine Regelung ersetzt werden, die gewährleistet, dass möglichst viele Texte an einer zentralen Stelle ­ auf der Publikationsplattform des Bundes ­ verfügbar sind. Wie bis anhin sollen die Anforderungen an die formelle Aufbereitung und die Übersetzung der betreffenden Textkategorien reduziert sein.

Schliesslich soll die Möglichkeit eröffnet werden, dass in der PublV zusätzliche Textkategorien benannt werden, die auf der Publikationsplattform online und zentral zugänglich gemacht werden können. Es soll sich dabei um Dokumente der Verwaltung handeln, die für die Rechtsetzung oder Rechtsanwendung von Bedeutung sein können. Dafür sprechen die Rechtssicherheit und das Interesse an einer einheitlichen Anwendung von Ausführungsbestimmungen. Neben den in der Verwaltungspraxis des Bundes (VPB) veröffentlichten Gutachten kommen insbesondere Erläuterungen zum Verordnungsrecht in Frage, die im Rahmen der Erarbeitung von Bundesratsanträgen erstellt werden. Die Voraussetzungen und die Übersetzungspflicht werden ebenfalls in der Verordnung festzulegen sein. Durch eine zentrale Publikation erhalten solche Texte einen höheren Stellenwert. Dies erfordert eine minimale Qualitätssicherung; weiter müssen solche Erläuterungen unter Umständen in allen Amtssprachen zur Verfügung gestellt werden. Da dies einen Mehraufwand für die Über-

6

Siehe etwa den Entscheid des Bundesgerichts 2C_407/2012 vom 23. Nov. 2012, E. 3.3.

7064

setzung und die Rechtsetzungsbegleitung erfordert, wird man sich auf Erläuterungen zu wichtigen Verordnungen beschränken müssen.

1.2.3

Würdigung

Mit der vorgeschlagenen Umsetzungsvariante «Primatwechsel und Optimierung» können Publikationsrecht und Praxis den aktuellen Erwartungen der Adressatinnen und Adressaten und Interessierten gerecht werden, ohne dass das bewährte System der amtlichen Veröffentlichungen grundsätzlich in Frage gestellt wird. Die Namen («Brands») der drei Veröffentlichungen AS, SR und BBl werden beibehalten, auch wenn Begriffe wie «Sammlung» und «-blatt» aus der Druckwelt stammen und bald zu blossen Kategorienbezeichnungen innerhalb einer amtlichen elektronischen Publikationsplattform werden könnten. Gleichzeitig wird den technologischen Entwicklungen und den Kundengewohnheiten soweit nötig Rechnung getragen.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Im Rahmen der bisher durchgeführten Arbeiten wurden auch die beiden folgenden Umsetzungsvarianten geprüft, dann aber zugunsten der oben dargestellten Lösung verworfen:

1.3.1

Andere geprüfte Lösungsvarianten

(1) Einheitliches Publikationsorgan Denkbar ist eine vollständige Abkehr vom heutigen System der drei Produkte AS, SR und BBl. Das Gesetz würde nur noch ein einziges Publikationsorgan vorsehen, in dem bestimmte Textkategorien wie normative Texte, Verfügungen und erläuternde Texte elektronisch veröffentlicht würden. Es gäbe auch online keine Wochenausgaben mehr. Druckexemplare einzelner Texte würden nur noch auf Bestellung ausgeliefert.


Vorteil: Es würden gewisse Vereinfachungen im Publikationsrecht ermöglicht. Die Kriterien der Zuweisung der Texte zu AS und BBl würden wegfallen.



Nachteile: Die klare Unterscheidung zwischen a) den normativen Texten in der durch die zuständige Behörde verabschiedeten Fassung (AS), b) den durch die BK erstellten normativen Texten in der zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden konsolidierten Form (SR) sowie c) den Materialien ­ Botschaften und Berichte ­ und Verfügungen (BBl) wäre nicht mehr sichergestellt. Diese aktuelle Unterscheidung von drei Textkategorien garantiert ungeachtet der Erstellungszeit Rechtssicherheit und Transparenz. Gerade beim Referenzieren wäre eine einheitliche Publikationsplattform gegenüber der aktuellen Form für die Adressatinnen und Adressaten weniger nützlich. Beim Referenzieren von Texten macht die heutige Zitierung («AS ...», «SR ...», «BBl ...») eindeutig, auf welche Textkategorie Bezug genommen wird.

7065

(2) Status quo mit Primatwechsel In einer zweiten Variante hätte das heutige System im Prinzip weiter Bestand. Es würde lediglich die Massgeblichkeit von der gedruckten auf die elektronische Version der AS- bzw. BBl-Texte verlagert. Auf weitere Optimierungen des Publikationsrechts würde verzichtet.


Vorteil: geringerer Anpassungsbedarf im Publikationsrecht.



Nachteile: Diese weitgehend symbolische Änderung würde trotzdem Kosten für die notwendigen informatiktechnischen Sicherheitsmassnahmen zur Folge haben, brächte den Rechtsuchenden aber kaum zusätzlichen Nutzen im Sinne einer besseren Zugänglichkeit des Rechts.

Würdigung Die Nachteile dieser beiden Varianten überwiegen deutlich deren Vorteile. Die Variante «Status quo mit Primatwechsel» wäre lediglich symbolisch. Die Vorteile der Variante «Einheitliches Publikationsorgan», nämlich die Präsentation und Erschliessung der Texte auf einer Plattform und damit ein einheitlicher Zugang zu allen Publikationsgefässen, können auch mit der beantragten Neuregelung unter Beibehaltung der drei Publikationsorgane realisiert werden. Der Nachteil dieser Variante wäre, dass mit der über 160-jährigen Publikationstradition gebrochen wird, und ein solcher Bruch ist nach dem Gesagten weder notwendig noch sinnvoll.

1.3.2

Vernehmlassungsverfahren

Allgemeine Bemerkungen Am 21. November 2012 gab der Bundesrat den Vorentwurf (VE) zur Änderung des PublG und den erläuternden Bericht7 mit Frist bis zum 8. März 2013 in die Vernehmlassung. 55 Stellen wurden zur Teilnahme an der Vernehmlassung eingeladen.

35 Adressaten haben bei der BK eine Stellungnahme eingereicht. Zudem sind vier weitere Stellungnahmen eingegangen. Vier Konsultierte verzichteten explizit auf eine Stellungnahme. Die Antworten wurden in einem Bericht zusammengefasst.8 Ergebnisse im Einzelnen Alle 39 Stellungnahmen sprechen sich für den Primatwechsel aus, d. h. den Übergang der rechtlichen Verbindlichkeit von der gedruckten Publikation auf die OnlinePublikation, und die meisten sprechen sich ausdrücklich für die Einrichtung einer zentralen Publikationsplattform aus.

Das Gesetzgebungsvorhaben wurde fast durchgehend positiv bewertet. Die geäusserte Kritik bezieht sich jeweils auf einzelne Detailfragen.

7 8

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2012 > Bundeskanzlei www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2012 > Bundeskanzlei

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Reaktionen lösten vor allem folgende Themen aus:


Die neue Online-Publikationsplattform sollte klarer als einzige massgebliche amtliche Veröffentlichung verankert werden. Der Gesetzesentwurf, so kritisieren einige Vernehmlassungsteilnehmer, gehe noch zu stark von einem Nebeneinander von gedruckter und elektronischer Veröffentlichung nach heutigem Muster aus.



Von einzelnen Vernehmlassern wurde die stärkere Berücksichtigung der rätoromanischen und der englischen Sprache im Rahmen der Veröffentlichungen des Bundes angeregt. Insbesondere Letztere habe heute eine überragende Bedeutung im internationalen Geschäftsverkehr und finde auch innerhalb des Landes immer mehr Verwendung.



Verschiedene Vernehmlasser aus der lateinischen Schweiz haben Bedenken, dass die Flexibilisierung des Gebots der Übersetzung in die drei Amtssprachen zu einer Benachteiligung der Minderheitensprachen führen könnte. Die Stossrichtung könne zwar beibehalten, aber die Formulierungen in Entwurf und Erläuterungen sollten angepasst werden.



Bezüglich der Druckausgaben wird die Verankerung des «Printing on Demand» als definitiv bleibende gesetzliche Aufgabe vereinzelt begrüsst.

Verschiedentlich wird gegenüber der im Vorentwurf vorgesehenen Kompetenz des Bundesrates, die gedruckten Periodika bei mangelndem Bedarf einzustellen, Skepsis geäussert.



Lediglich eine Stellungnahme stellte die alleinige Massgeblichkeit der AS in Frage und regte eine parallele Massgeblichkeit mit der SR an. Diese sei möglich, wenn der Konsolidierungsvorgang völlig automatisiert und die Fehlerquelle der manuellen Bearbeitung ausgeschaltet würde.



Relativ prominent werden Bedenken wegen der Datensicherheit geäussert.

Zumindest müsse die Frage in einem grösseren Kapitel der Botschaft behandelt werden (vgl. hierzu Ziff. 1.6.2). Einzelne Vernehmlasser fordern auch die Ausformulierung konkreter Massnahmen im Gesetzesentwurf anstelle einer blossen Delegation an den Verordnungsgeber.



Bei der Frage des Datenschutzes wird mehrheitlich begrüsst, dass seine Bedeutung mit einem eigenen Artikel unterstrichen wird. Auf der anderen Seite werden konkrete, im Gesetz vorgesehene Massnahmen (insbesondere die bloss temporäre Anzeige von Notifikationen im Internet) anstelle einer Gesetzesdelegation gefordert.

Anpassungen nach der Vernehmlassung Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse sind im Entwurf des PublG (E-PublG) insbesondere die folgenden Anpassungen vorgenommen worden:


Der Primatwechsel wird nun bereits in Artikel 1a E-PublG zum Ausdruck gebracht.



In die weiteren bereits im Gesetz aufgeführten Inhalte der Publikationsplattform wurden auch die Übersetzungen amtlicher Veröffentlichungen in rätoromanischer und in englischer Sprache einbezogen.

7067



Bezüglich des Druckangebotes bleibt es im Entwurf bei einer Verpflichtung, Texte auf Verlangen gedruckt abzugeben (Printing on Demand), und bei der Zuständigkeit des Bundesrates, über die Weiterführung der Periodika nach Bedarf zu bestimmen. Immerhin wird sichergestellt, dass von der BK in jedem Fall einige Exemplare gedruckt bereitgestellt werden, was auch die jederzeitige Feststellung des geltenden Rechts im Falle von länger andauernden Informatikproblemen dient.



Die Bestimmung über den Schutz der elektronischen Veröffentlichungen (Art. 16a E-PublG) wurde um die Aspekte der Archivierbarkeit der Informationen und des Schutzes der Publikationsplattform vor Ausfällen ergänzt.

Zudem wird neu gefordert, dass alle Sicherheitsmassnahmen dem jeweiligen Stand der Technik zu entsprechen haben. Die Massnahmen im Einzelnen zu definieren, soll aber Sache des Bundesrates bleiben.



Artikel 16b E-PublG, der den Datenschutz regelt, erhielt eine zusätzliche Bestimmung (Abs. 2), welche die Einhaltung des Prinzips der Verhältnismässigkeit der Veröffentlichung von besonders schützenswerten Personendaten im Einzelfall festhält. Auch hier wurde die Festlegung weiterer Schutzmassnahmen gegen Missbräuche, gestützt auf den Stand der Technik, an den Verordnungsgeber delegiert.

In den folgenden Punkten wurde auf eine Anpassung verzichtet:


An der bewährten Massgeblichkeit der in der AS gegenüber den in der SR veröffentlichten Rechtstexten soll festgehalten werden. Es wird damit eine aufwendige Neuorganisation des Gesetzgebungswesens im Bund vermieden.

Auch liegt es im Interesse der Rechtssicherheit, wenn nur in einem Organ rechtsverbindlich publiziert werden kann.



Es bleibt beim Vorschlag, eine Ausweitung des Angebots auf der Publikationsplattform um Textkategorien zu ermöglichen, die nicht oder nicht in allen Amtssprachen angeboten werden können. Es geht dabei nicht um einen Verzicht auf die Übersetzung von Texten (namentlich ins Französische oder Italienische). Vielmehr sollen Texte, die heute dezentral auf Internetangeboten von Bundesämtern nur in englischer Sprache oder nur in einer oder zwei Amtssprachen angeboten werden, an einem zentralen Ort konsultiert werden können.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Parallel zu den gesetzgeberischen Arbeiten im Publikationsrecht führt die BK als für die Veröffentlichung des Bundesrechts zuständige Verwaltungseinheit eine Modernisierung des technischen Publikationssystems im Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen (KAV) durch. Im Rahmen dieser Erneuerungsstrategie soll die technische Seite des Primatwechsels etappenweise im Rahmen mehrerer kleinerer bis mittelgrosser Projekte ermöglicht werden und sollen die heutigen Systemkomponenten bis Ende 2016 abgelöst werden.

Die Mittel für die Optimierungen des Publikationsrechts und die Umsetzung des Primatwechsels als Teil der Modernisierung des KAV-Systems sind im Budget 2013 und im Finanzplan der BK zurzeit bereits eingestellt. In diesem Sinne hat die Vorlage keine neuen Kosten zur Folge.

7068

Die Projektkosten für die Modernisierung des KAV-Systems betragen für die Jahre 2011­2016 insgesamt rund 8,2 Millionen Franken. Davon sind rund 3,6 Millionen Franken direkt ausgabenwirksam (ohne Personalkosten und interne Leistungsverrechnung). Diese Kosten fallen infolge der technischen Veralterung der bis zu 15 Jahre alten Systemkomponenten weitgehend unabhängig vom vorliegend beschriebenen gesetzgeberischen Vorhaben an. Unmittelbar mit dem Primatwechsel verbunden sind lediglich direkt ausgabenwirksame Projektkosten von rund 100 000 Franken für die Erfüllung der erhöhten Anforderungen an die Sicherheit der elektronischen Ausgaben, insbesondere für die geregelte elektronische Signatur.

Dem Aufwand für den Primatwechsel und dem damit verbundenen Ausbau des Online-Angebots steht eine zu erwartende weitere kontinuierliche Senkung der Druckkosten im Bereich der amtlichen Veröffentlichungen gegenüber. Die Kosten für die Bereitstellung gedruckter Ausgaben umfassen derzeit ca. 4,2 Millionen Franken pro Jahr.

Bei der Ausgestaltung der technischen Einzelheiten wird darauf zu achten sein, allfällige zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit der Archivierung zu vermeiden.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem kantonalen und dem europäischen Recht

In den letzten Jahren wurden insbesondere in zehn europäischen Ländern gute Erfahrungen mit der Rechtsgültigkeit elektronischer amtlicher Veröffentlichungen gemacht, so zum Beispiel in Österreich, wo die elektronische Fassung seit dem 1. Januar 2004 massgebend ist, oder in Belgien und den Niederlanden. Die Europäische Union hat auf den 1. Juli 20139 auf die alleinige Verbindlichkeit der elektronischen Fassung ihres Amtsblattes umgestellt. Das Fürstentum Liechtenstein plant den Vorrang der elektronischen Version.

Was die Kantone betrifft, so gibt der Kanton Aargau seit dem 1. Januar 2012 seine amtlichen Veröffentlichungen sogar nur noch elektronisch heraus. Für diese Publikationen wurden technische Lösungen realisiert, welche die Authentizität und Zuverlässigkeit der elektronischen Versionen sicherstellen. Die Kantone Waadt, Obwalden und neuerdings Graubünden verzichten auf den Druck ihrer systematischen Rechtssammlungen. Seit dem 1. Juli 2012 ist die elektronische Ausgabe des Amtsblatts des Kantons Zürich die massgebende Fassung.10 Basel-Land und Solothurn planen ebenfalls den Vorrang der elektronischen Version.

Was den Übergang von der wöchentlichen auf eine ordentliche amtliche Veröffentlichung nach Bedarf (d. h. unter Umständen täglich) angeht, so ist das eine Anpassung an eine Praxis, wie sie im benachbarten Ausland und beim Schweizerischen Handelsamtsblatt bereits üblich ist.

9 10

Verordnung (EU) Nr. 216/2013 über die elektronische Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union, ABl. L 69 vom 7.3.2013, S. 1, unter http://eur-lex.europa.eu/ Siehe unter www.zh.ch/internet/de/aktuell/amtsblatt.html

7069

1.6

Umsetzung

1.6.1

Im Allgemeinen

Die geplante Gesetzesänderung wird diverse Anpassungen im Verordnungsrecht nach sich ziehen. Zurzeit muss von einer Totalrevision der PublV ausgegangen werden. Der Vollzug kann durch Anpassung von Prozessen und Informatik-Infrastrukturen innerhalb der Bundesverwaltung sichergestellt werden. Für die Kantone und Gemeinden ergibt sich kein Bedarf zur Anpassung ihres Rechts und kein administrativer Mehraufwand.

1.6.2

Informationssicherheit

Die amtlichen Publikationen zeichnen sich heute durch eine hohe Zuverlässigkeit aus, die auch mit der Massgeblichkeit der elektronischen Version gewährleistet werden muss. Ein Schwerpunkt bei der technischen Umsetzung liegt deshalb bei der Informationssicherheit. Dabei ist nebst der externen Publikationsplattform auch das interne Publikationssystem von Bedeutung. Die dort bearbeiteten Daten können grob in Arbeitsdaten und abgeschlossene Daten unterteilt werden. Während die Arbeitsdaten die verschiedenen verwaltungsinternen Entwurfstadien der Texte umfassen, entsprechen die abgeschlossenen Daten genau der publizierten Form und dürfen nicht mehr verändert werden.

Internes Publikationssystem Arbeitsdaten

Abgeschlossene Daten

Publikationsplattform Publizierte Daten

Die publizierten Daten auf der Publikationsplattform sind eine Kopie der abgeschlossenen Daten. Sie sind nicht klassifiziert und öffentlich zugänglich. Im Gegensatz dazu können die Daten des internen Publikationssystems auch als intern, vertraulich oder geheim klassifiziert sein. Sie müssen deshalb durch Massnahmen wie Zugriffskontrollen, verschlüsselte Übermittlung und verschlüsselte Datenablage besonders vor unerwünschter Einsichtnahme und Manipulation geschützt werden (Vertraulichkeit).

Für das interne System und für die Plattform relevant sind hingegen die Forderungen, dass die Publikationen zu jeder Zeit abrufbar sind (Verfügbarkeit) und dass diese echt (Authentizität) und vor unbefugten oder versehentlichen Änderungen geschützt sind (Integrität). Zur Erfüllung dieser Forderungen und zur Erreichung eines hohen Schutzniveaus für alle Publikationen sind weitgehend unabhängig vom Primatwechsel verschiedene Massnahmen geplant. Diese werden gemäss den bei der Realisierung gegebenen technischen Möglichkeiten umgesetzt und laufend dem Stand der Technik angepasst werden.

7070

Um eine hohe Verfügbarkeit sicherzustellen, sollen sämtliche internen Daten und die Publikationsplattform durch entsprechende organisatorische und technische Massnahmen auch bei einem längeren Ausfall eines Produktionsstandortes weiterhin geschützt und erreichbar sein (Katastrophenvorsorge).

Die Authentizität und Integrität sollen für alle Publikationen voraussichtlich mit folgenden Massnahmen gewährleistet werden: ­

Sämtliche Inhalte dürfen wie heute nur nach einer strengen Qualitätskontrolle veröffentlicht werden, bei der das System die Mitarbeitenden optimal unterstützt. Alle Inhalte, die diese Qualitätskontrolle durchlaufen haben, werden als abgeschlossene Daten gut geschützt aufbewahrt, sodass sie weder gelöscht noch verändert werden können. Zur Publikation wird eine Kopie der jeweiligen abgeschlossenen Daten auf der Publikationsplattform öffentlich zugänglich gemacht. Diese publizierten Daten werden in kurzen Zeitintervallen mit den abgeschlossenen Daten verglichen, damit allfällige Abweichungen sofort entdeckt und korrigiert werden können (Schutz vor unerwünschten Manipulationen).

­

Bei der Übermittlung muss sich der Empfänger oder die Empfängerin auf die Identität des Absenders verlassen können, z. B. indem sich die Publikationsplattform als Sendestelle mit einem Zertifikat ausweist. Ebenso soll der Text auf dem Weg von der Plattform zum Empfänger oder zur Empfängerin unversehrt bleiben, was mit einer verschlüsselten Verbindung erreicht werden kann (HTTPS).

­

Als Grundformat für die Datenhaltung im KAV-System ist ein öffentlich zugängliches XML-Schema vorgesehen. XML steht für «Extensible Markup Language» (engl. für «erweiterbare Auszeichnungssprache»). Das Format erlaubt die Darstellung hierarchisch strukturierter Daten in Form von Textdateien. Ein XML-Schema gibt die Struktur von XML-Dateien vor. Dieses XML-Schema wurde speziell für Normtexte und andere Informationsquellen im Rechtsumfeld geschaffen und findet international breite Verwendung. Es ermöglicht dem Herausgeber einen hohen Grad an Transparenz und Kontrolle über die bearbeiteten Inhalte und eine konstante Qualität der verschiedenen Ausgabeformate, wie z. B. PDF-Dokumente oder Webseiten.11

­

Zur Unterstützung der Langzeitaufbewahrung sollen sowohl im Grundformat wie auch in mindestens einem der Ausgabeformate alle nötigen Informationen mit aufbewahrt werden (z. B. auch Schriften und Bilder), um die Inhalte auch nach sehr langer Zeit wieder korrekt darstellen zu können, selbst wenn die heute verwendeten Informatik-Werkzeuge dann nicht mehr in der gleichen Form verfügbar sind.

Von den verschiedenen denkbaren elektronischen Formaten der AS und des BBl wird das massgebliche Format genau festgelegt. Für dessen Authentizität und Integrität sollen noch höhere Anforderungen gelten als für die anderen auf der Publikationsplattform veröffentlichten Daten und entsprechend noch weiter gehende Massnahmen ergriffen werden:

11

Vgl. dazu Palmirani, Monica / Vitali Fabio, 2012, Legislative XML: Principles and Technical Tools, Rom: Aracne, S. 45­47.

7071

­

Das massgebliche Format ­ voraussichtlich ein PDF-Dokument ­ soll mit einer geregelten elektronischen Signatur12 versehen werden, welche die Urheberschaft und Unversehrtheit auch nach der Übermittlung gewährleistet.13 Diese geregelte elektronische Signatur soll bereits nach der Qualitätskontrolle an den abgeschlossenen Daten angebracht werden und stellt während mehrerer Jahre sicher, dass diese nicht unbemerkt verändert werden können.

­

Die Publikationsplattform soll bei jeder Auslieferung eines rechtsverbindlichen Textes sicherstellen, dass dieser den abgeschlossenen Daten entspricht.

Dies könnte durch die Überprüfung der geregelten elektronischen Signatur erreicht werden. Zudem kann jede solche Auslieferung protokolliert werden.

­

Die Empfangsstelle kann die geregelte elektronische Signatur auch selbst überprüfen, indem sie die entsprechenden Zertifikate von der Zertifizierungsstelle bezieht. Die Signatur bleibt gültig unabhängig davon, ob der signierte amtliche Text direkt von der Publikationsplattform oder unverändert von einer Drittperson stammt.

­

Weiter ist für die Prüfung der Echtheit der geregelten elektronischen Signatur noch ein Online-Überprüfungsdienst vorgesehen, der auf Anfrage einen entsprechenden Prüfbericht zurücksendet.

1.6.3

Datenschutz

Ein weiterer Schwerpunkt bei der technischen Umsetzung ist die Ausgestaltung des Datenschutzes. Grundsätzlich kann man in den amtlichen Veröffentlichungen zwei Kategorien von Daten natürlicher oder juristischer Personen unterscheiden:14 (1) Personendaten von allgemeinem und dauerhaftem Interesse, beispielsweise Daten von Amtsträgerinnen und Amtsträgern, die eine Norm unterzeichnen, Personen, gegen die ein Handelsverbot ausgesprochen wird, oder Personen, denen eine Konzession aberkannt wird; (2) Personendaten im Zusammenhang mit Mitteilungen, die sich nur an die betreffende Person und nicht an die Allgemeinheit richten, beispielsweise Vorladungen bei unbekanntem Wohnort oder Wohnsitz im Ausland.

An den Personendaten der Kategorie (1) besteht grundsätzlich ein überwiegendes öffentliches Interesse, denn die Öffentlichkeit der Personendaten macht hier ihren eigentlichen Sinn aus. Sie sind unverzichtbarer Teil der Publikation. Für sie sind keine besonderen Schutzmassnahmen vorzusehen.

12

13

14

Die geregelte elektronische Signatur wird im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur (ZertES; SR 943.03) vorgeschlagen.

Bisher ist mit der qualifizierten elektronischen Signatur nur die Authentifizierung von natürlichen Personen gesetzlich abgestützt. Die geregelte elektronische Signatur hingegen soll neu auch die Authentifizierung von juristischen Personen und Behörden ermöglichen.

Der erläuternde Bericht zum Vorentwurf der ZertES-Novelle ist publiziert unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2012 > EJPD Vgl. dazu Markwalder, Daniel, 2009, Public Key Infrastructure. Eignung der PKI zur Erfüllung zivilrechtlicher Anforderungen aus Gesetz und Vertrag innerhalb einer Unternehmung (B2B, B2C und B2E), Zürich: Schulthess, S. 21­34.

Vgl. dazu Roth, Marius, 2011, Die Veröffentlichung von Rechtsnormen in der Schweiz, Zürich: Dike, S. 289­291.

7072

Die Personendaten der Kategorie (2) hingegen sind mit Vorsicht zu behandeln. Es sind hier zunächst bestimmte Voraussetzungen für eine Veröffentlichung zu erfüllen (Rechtsgrundlage und Verhältnismässigkeit). Hat sich die zuständige Stelle aber nach vorgenommener Interessenabwägung für die Veröffentlichung entschieden, geht es primär darum, die Information zu verbreiten, da die Bekanntmachung ja der eigentliche Zweck der Publikation ist.

Konkret sind folgende Massnahmen vorgesehen: ­

Personendaten sollen bereits in der Datenquelle als solche gekennzeichnet und kategorisiert werden können, was mit dem XML-Schema sehr einfach ist.

­

Bei der Publikation sollen in einer ersten Phase auch die schützenswerten Personendaten angezeigt werden, da sonst der Zweck der Veröffentlichung unterlaufen würde. Die Suchmaschine der Publikationsplattform soll diese Daten daher auch in ihren Suchindex aufnehmen.

­

Externe Suchmaschinen hingegen sollen eine Anweisung zur NichtIndexierung erhalten. In der Regel respektieren die Suchanbieter diesen Quasi-Standard.

­

Die Veröffentlichung der schützenswerten Personendaten soll zeitlich begrenzt werden, wobei für verschiedene Textkategorien Standardfristen vorgesehen werden können. Nach Ablauf einer Frist ersetzt eine anonymisierte Version den vollständigen Text auf der Publikationsplattform. In den abgeschlossenen Daten bleiben beide Versionen erhalten. Eine Volltextsuche ist ab dann aber auch auf der Publikationsplattform nicht mehr möglich.

­

Ein zweiter möglicher Auslöser für die Anonymisierung ist ein Gesuch an jene Behörde, welche die Publikation veranlasst hat. Die Behörde bewilligt einen solchen Antrag namentlich dann, wenn die Person, die das Gesuch stellt, bestätigt, eine nur an sie gerichtete Mitteilung zur Kenntnis genommen zu haben.

Es sind noch weitere Hürden denkbar, um einen maschinellen Zugriff auf die Personendaten und ein automatisches Auslesen derselben zu erschweren. Dazu gehören etwa die Darstellung der Textinformation als Bild, das Lösen von schwierig entzifferbaren Bild- oder Tonsequenzen (CAPTCHA) oder die Sperrung von Suchmaschinen aufgrund ihrer technischen Eigenschaften. Höhere Zugriffsbarrieren sind dabei in der Regel mit höheren Kosten verbunden. Zudem wird der Zugriff damit auch für Menschen schwieriger, was wiederum den Sinn der Publikation an sich in Frage stellt. Welche dieser Massnahmen sinnvoll sein könnten, wird im Rahmen der Ausarbeitung der Verordnung zu prüfen sein.

2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen

2.1

Änderung des Publikationsgesetzes (E-PublG)

Titel Der Erlasstitel gibt nicht mehr den ganzen Anwendungsbereich des Gesetzes wieder, da er die «anderen Texte» nach Artikel 1 Buchstabe c und die Publikationsplattform nicht nennt. Die wichtigsten Texte werden jedoch genannt (SR, AS und BBl), und 7073

auf eine Ergänzung kann daher verzichtet werden. In der italienischen Fassung besteht ein Bedarf, die Erlassabkürzung anzupassen.

Gliederungstitel vor Art. 1 Der neue Artikel 1a passt nicht zur bisherigen Abschnittsüberschrift «Gegenstand».

Diese wird in «Allgemeine Bestimmungen» umbenannt, damit für die zentrale Frage der Online-Veröffentlichung ein Platz im ersten Abschnitt des Gesetzes geschaffen werden kann.

Art. 1 Sachüberschrift und Bst. c Das PublG regelt bisher ausschliesslich die Veröffentlichungen im Rahmen der Gesetzessammlungen (AS und SR) sowie des Bundesblattes (BBl). Bereits heute enthalten die Online-Veröffentlichungen über diese drei Produkte hinausgehende Elemente: So stellt das KAV namentlich die Dokumente im Zusammenhang von Vernehmlassungen zur Verfügung. Zudem bietet die Ende Mai 2013 neu aufgeschaltete Online-SR , historische Versionen von Gesetzestexten an. Mit Artikel 1 Buchstabe c wird dieser Entwicklung Rechnung getragen und die Veröffentlichung zusätzlicher Informationen (insbesondere im Bereich des Gesetzgebungsprozesses) in das PublG aufgenommen.

Art. 1a

Online-Veröffentlichung

Der Begriff der Publikationsplattform wird bereits zu Beginn des Gesetzes eingeführt. Der hierfür eigens eingefügte Artikel macht klar, dass der Ort für die amtliche Veröffentlichung aller in Artikel 1 aufgeführten Texte eine zentrale Publikationsplattform ist. Die Plattform ist «öffentlich zugänglich» und es ist eine «OnlinePlattform». Damit wird auch, in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 2 E-PublG, der Primatwechsel vollzogen. Die elektronische Fassung (und zwar nicht irgendeine, sondern die auf der Publikationsplattform veröffentlichte) ist die eigentliche amtliche Veröffentlichung. Die gedruckte Fassung ist nur noch eine von der Publikationsplattform abgeleitete zusätzliche Dienstleistung ohne eigene rechtliche Bedeutung. Die Rechtsuchenden, vor allem aber auch Behörden und Gerichte, können sich voll und ganz auf die elektronische Fassung verlassen und brauchen nicht mehr eine gedruckte Sammlung zu abonnieren oder zu konsultieren, um sicher zu sein, den gültigen Wortlaut in der Hand zu haben.

Art. 3 Abs. 1 und 3 Abs. 1 Das Völkerrecht kennt verschiedene Typen von rechtsverbindlichen Texten. Während die Bezeichnung «Vertrag» (auch Abkommen, Übereinkommen, Vereinbarung, Konvention genannt) eine schriftlich festgehaltene übereinstimmende Willensäusserung von zwei oder mehr Völkerrechtssubjekten bezeichnet, gehen «Beschlüsse» von einem Organ oder einer Organisation aus, die durch einen Vertrag eingesetzt wurde. Für die Publikation entscheidend ist aber der rechtsetzende Charakter des Textes. Es ist daher nicht hilfreich, an die genannten Bezeichnungen bestimmte Folgen zu knüpfen. Da es auf der anderen Seite keinen übergeordneten Begriff gibt, wie es der Begriff «Erlass» für normative Texte im schweizerischen Landesrecht ist, 7074

sollten «Vertrag» und «Beschluss» immer zusammen genannt werden, wenn es darum geht, die Veröffentlichung von Texten des internationalen Rechts zu regeln, die für die Schweiz verbindlich sind und für eine Veröffentlichung in der AS in Frage kommen.

Abs. 3 Gemäss heutigem Recht werden Verträge von beschränkter Tragweite und jene mit einer Geltungsdauer von weniger als sechs Monaten im Prinzip nicht veröffentlicht, unter Vorbehalt von Ausnahmen, die der Bundesrat in der PublV festlegt. Daraus folgt, dass rechtsetzende Verträge je nach ihrer Tragweite oder Geltungsdauer entweder immer veröffentlicht werden müssen oder nur ausnahmsweise. Diese Unterscheidung gründet auf einer Abgrenzung der Abschlusskompetenzen bei Staatsverträgen zwischen dem Parlament und dem Bundesrat beziehungsweise zwischen dem Bundesrat und den Departementen und Ämtern (Art. 7a Abs. 2 und 48a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199715, RVOG).

Für die Qualifizierung eines Vertrags als Vertrag von beschränkter Tragweite im Sinne von Artikel 3 PublG werden die Kriterien von Artikel 7a Absatz 2 RVOG herangezogen. Indessen sollte die blosse Tatsache, dass ein Vertrag nicht wichtig genug ist, um der Bundesversammlung vorgelegt zu werden, nicht zur Folge haben, dass er nicht veröffentlicht wird. Dies steht im Gegensatz zu den Prinzipien der Öffentlichkeit und der Auffindbarkeit des Rechts, die dem Publikationsrecht des Bundes zugrunde liegen.

In der Praxis macht der Bundesrat von der Möglichkeit zur ausnahmsweisen Veröffentlichung von Verträgen von beschränkter Tragweite eher grosszügig Gebrauch: Die Mehrheit der von ihm in eigener Kompetenz abgeschlossenen Verträge werden veröffentlicht. Auf der anderen Seite wird nur ein kleiner Teil der Verträge veröffentlicht, die von den Departementen und Ämtern gestützt auf eine spezialgesetzliche Delegation oder auf Artikel 48a Absatz 1 RVOG abgeschlossen wurden. Das hängt nicht nur mit dem Inhalt dieser Verträge zusammen, sondern auch mit einer restriktiven Auslegung der Ausnahmen von der Regel der Nichtpublikation der Verträge von beschränkter Tragweite und mit der Tatsache, dass die Departemente und Ämter selbst über die Frage der Veröffentlichung entscheiden können.

In verschiedenen Bereichen wurde eine Angleichung der Behandlung von Landesrecht und
internationalem Recht vollzogen, da Letzteres an Bedeutung stark zugenommen hat. Dies gilt insbesondere für die politischen Rechte (siehe die Art. 140 und 141 der Bundesverfassung16, BV) und für das Vernehmlassungsverfahren (siehe Art. 3 Abs. 1 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200517, VlG). Im Bereich der amtlichen Veröffentlichung sollte konsequenterweise das Gleiche geschehen. Im Landesrecht sind rechtsetzende Erlasse in die Form eines Gesetzes oder einer Verordnung zu kleiden, die im Prinzip beide in der AS und in der SR zu veröffentlichen sind. Es sollte daher der Grundsatz eingeführt werden, dass ein normativer, rechtsetzender Text, handle es sich dabei um einen Erlass des Landesrechts oder einen internationalen Vertrag oder Beschluss, veröffentlicht werden muss, und dies auch ungeachtet seiner materiellen Wichtigkeit. Das bedeutet aber nicht, dass nun alle Verträge von beschränkter Tragweite veröffentlicht werden müssen. Nur jene, die Recht setzen oder zur Rechtsetzung ermächtigen, sind betroffen (Art. 3 Abs. 1 Bst. b 15 16 17

SR 172.010 SR 101 SR 172.061

7075

E-PublG). Als rechtsetzend gelten Bestimmungen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen (Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200218; ParlG). Verträge von beschränkter Tragweite, die Rechte und Pflichten von Privaten betreffen (Art. 2 Bst. a PublV), müssten bereits nach geltendem Recht veröffentlicht werden. Daher betrifft der Paradigmenwechsel primär Verträge von beschränkter Tragweite, die Zuständigkeiten festlegen, insbesondere aber einer Behörde eine Zuständigkeit geben, die sie nicht schon aufgrund des Landesrechts besitzt.

Der Paradigmenwechsel dürfte nicht zu einer erheblichen Zunahme an Verträgen von beschränkter Tragweite führen, die in der AS veröffentlicht werden müssen. So sind Abkommen im Bereich der Entwicklungshilfe oder der wirtschaftlichen Zusammenarbeit normalerweise nicht von generell-abstraktem Charakter, da sie sich bloss auf ein oder mehrere klar umschriebene Projekte beziehen. Zudem gibt Artikel 3 Absatz 3 E-PublG dem Bundesrat die Kompetenz, für rechtsetzende Verträge von beschränkter Tragweite Ausnahmen von der Publikationspflicht vorzusehen.

Der Bundesrat kann so ­ wenn nötig ­ Bereiche vorsehen, in denen Verträge von beschränkter Tragweite von der Publikationspflicht ausgenommen sind. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass jeder derartige Vertrag dahingehend analysiert werden muss, ob er Recht setzt. Die Formulierung «legt die Voraussetzungen fest» zeigt an, dass der Bundesrat sich nicht zu jedem Einzelfall äussern muss, sondern die vorauszusehenden Fälle in generell-abstrakter Weise in einer Verordnung regeln kann. Es ist vorgesehen, im Rahmen der Revision der PublV entsprechende Bestimmungen aufzunehmen, mit dem Ziel eine mit der heutigen Situation weitgehend übereinstimmende Publikationspflicht (Art. 3 Abs. 3 PublG i. V. m. Art. 2 PublV) festzulegen.

Es ist übrigens daran zu erinnern, dass der Bundesrat vorgeschlagen hat, die Kriterien für die Verträge, die als solche von beschränkter Tragweite anzusehen sind, zu modifizieren.19 Diese Gesetzesrevision wird ebenfalls Auswirkungen haben auf die Anzahl Verträge, die nach den Kriterien des RVOG als solche von beschränkter Tragweite anzusehen sind.

Art. 4 Sachüberschrift und Bst. c Seit dem 1. Januar 2008
kann der Bund in gewissen Fällen interkantonale Verträge für allgemeinverbindlich erklären (Art. 48a BV). In diesen Fällen wird ihr Geltungsbereich auf das ganze Gebiet der Schweiz ausgedehnt; sie sind in allen Kantonen anwendbar, einschliesslich jener, die dem entsprechenden Vertrag nicht beigetreten sind.

Die Kategorie der allgemeinverbindlich erklärten Verträge zwischen Kantonen gab es beim Erlass des geltenden Publikationsgesetzes noch nicht. Angesichts der gesamtschweizerischen Geltung und der Beteiligung des Bundes soll ein neuer Buchstabe c ihre Veröffentlichung in der AS vorsehen. Der Hauptgrund für den Verzicht auf die Publikation der Konkordate war 2004 die weggefallene Genehmigungspflicht infolge der Totalrevision der BV.

18 19

SR 171.10 Siehe die Botschaft vom 4. Juli 2012 zum Bundesgesetz über die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge von beschränkter Tragweite und über die vorläufige Anwendung völkerrechtlicher Verträge, BBl 2012 7465.

7076

Die Publikation in der AS ist die massgebliche. Dies drängt sich auf, weil die Rechtskraft eines allgemein verbindlichen Konkordats nicht von der Publikation in den Kantonen, insbesondere in den nicht ratifizierenden Kantonen, abhängen sollte.

Zudem entstünde das Risiko von textlichen Differenzen in bis zu 27 Gesetzessammlungen. Allenfalls ist dies sowie die Frage der Verantwortung für den Wortlaut in den verschiedenen Amtssprachen in der Verordnung festzuhalten.

Entsprechend wird die Sachüberschrift um die Wendung «sowie zwischen Kantonen» ergänzt. Aus dem Inhalt des Artikels geht aber klar hervor, dass die Publikation des interkantonalen Rechts ohne Beteiligung oder Intervention des Bundes auch weiterhin Sache der beteiligten Kantone ist.

Art. 5

Veröffentlichung durch Verweis

Abs. 1 Nach dem Primatwechsel ist eine rechtsgültige amtliche Veröffentlichung nur noch elektronisch, d. h. faktisch online, möglich. Daher nennt im Falle der elektronischen Veröffentlichung durch Verweis der entsprechende Verweis neben dem Titel immer auch die Fundstelle auf der Publikationsplattform (d. h. der Verweis enthält eine Verknüpfung bzw. einen Link auf den Inhalt, der an einem andern Ort auf der Publikationsplattform veröffentlicht ist). Die Fundstelle führt zum Ort, wo der gesamte Text konsultiert werden kann.

Trotz des Primatwechsels von der gedruckten zur elektronischen Veröffentlichung bleibt neben den Kriterien des kleinen Kreises von Betroffenen (Bst. a) und der technischen Natur (Bst. b) auch das Kriterium der mangelnden Eignung für die Veröffentlichung in der AS (Bst. c) erhalten. Zu denken ist dabei beispielsweise an normative Gehalte, die sich gesetzestechnisch (d. h. im Rahmen von Artikeln oder in Anhängen) nicht oder nicht vollständig wiedergeben lassen, wie Datenbanken mit Verknüpfungen von Informationen.20 Buchstabe d schliesslich entspricht dem heutigen Absatz 2 Buchstabe a. In Absatz 1 wird der Normalfall geregelt: In der AS werden nur der Titel und die Fundstelle (Link) an einem andern Ort auf der Publikationsplattform veröffentlicht. Die Anordnung der Verweispublikation in einem Gesetz oder einer Verordnung der Bundesversammlung gehört somit auch in Absatz 1. Es handelt sich nur um eine weitere Rechtfertigung für den Normalfall der Verweispublikation, aber nicht um eine spezielle Verweistechnik.

Die Beibehaltung des Wortes «namentlich» im Einleitungssatz stellt sicher, dass der notwendige Spielraum gegeben ist, um bei einzelnen unvorhergesehenen Fällen eine Verweispublikation zu ermöglichen.

Abs. 2 Im Absatz 2 ist die Ausnahme vom Grundsatz geregelt: Der Verweis enthält neben dem Titel die Fundstelle in einem Organ ausserhalb der Publikationsplattform oder eine Bezugsquelle. Das externe Publikationsorgan kann sowohl von einer staatlichen, supranationalen oder privaten Trägerschaft herausgegeben werden.

20

Siehe etwa die in den Verordnungen über den Natur- und Heimatschutz (SR 451.11­ 451.37) vorgesehenen Inventare.

7077

Im Gegensatz zu den übrigen Verweisfällen nach diesem Artikel werden die Verweise auf Texte, die bereits in einem in der Schweiz unentgeltlich zugänglichen (schweizerischen oder ausländischen) Organ publiziert sind, wie bisher nicht in Form einer eigenen AS-Seite, sondern als Listen und Fussnoten innerhalb der verweisenden Erlasse veröffentlicht. Bei Bedarf wird zudem ein besonderes Register erstellt.

In erster Linie geht es hier um private Normen und um Rechtsakte der EU, die im Schweizer Recht für anwendbar erklärt wurden. Es gibt immer mehr Internetangebote, die zu bestimmten Sachgebieten und an einen bestimmten Personenkreis gerichtete Zusammenstellungen von Normtexten anbieten. Für Nicht-Eingeweihte kann es unter Umständen schwierig sein, unter diesen Angeboten jene zu identifizieren, die von einem offiziellen Leistungserbringer stammen. Es kommt dazu, dass die von Dritten zusammengestellten Angebote nicht immer auf dem aktuellen Stand sind.

Überholte Versionen können die Rechtsuchenden in die Irre führen. Die Angabe vertrauenswürdiger Quellen im Internet gewinnt mit dem Primatwechsel somit stark an Bedeutung. Der Gesetzgeber hat im Verweis daher das Organ anzugeben, in dem der Text, auf den verwiesen wird, offiziell herausgegeben wurde. Schon heute ist in Artikel 9 Absatz 4 Buchstabe c PublV vorgesehen, in einer Fussnote einen Link auf eine Internetseite anzugeben, wo der Text eingesehen oder wenigstens eine gedruckte Ausgabe bestellt werden kann. Ausgenommen davon ist die Angabe eines allgemein bekannten Organs wie insbesondere das Amtsblatt der EU.

Explizit wird verlangt, dass ein solcher Verweis nur gemacht werden darf, wenn die Kostenlosigkeit der Konsultation von Texten gewährleistet ist, die in einem Organ ausserhalb der Rechtsplattform veröffentlicht sind. Dies ist unproblematisch bei den für die Schweiz anwendbaren EU-Rechtsakten. Sie finden sich im Internet kostenlos im EUR-Lex-Angebot. Bei Normen privater Organisationen, die im Bundesrecht für verbindlich erklärt werden, besteht aber latent die Gefahr der Kollision mit Urheberrechten. Die Verordnung wird daher für diese Fälle festzulegen haben, wie dem Prinzip Nachachtung verschafft werden kann. Soweit die schweizerische Gesetzgebung auf technische Normen mit dem Hinweis verweist, dass sie bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung
(SNV) eingesehen und bezogen werden können, ist es heute möglich sie bei deren Geschäftsstelle kostenlos einzusehen und zu den auf deren Internetseite veröffentlichten Bedingungen zu beziehen.21 Eine vom SECO geleitete «Normengruppe Bund» ist zudem daran, die weiteren rechtlichen und praktischen Probleme zu untersuchen, die sich beim Verweis auf private Regulierungen und Normenwerke stellen, auf die das staatliche Recht direkt oder indirekt verweist.

Abs. 3 Artikel 5 E-PublG soll im Gegensatz zum geltenden Artikel 5 nur noch die Auslagerung von Texten aus dem Korpus des Inhalts von AS, SR und BBl, also die Zulässigkeit der Verweise regeln. An welchem Ort hingegen die Texte zugänglich sind, auf die verwiesen wird, wird neu in Artikel 13a E-PublG festgelegt.

21

Siehe den Brief der SNV in BBl 2013 3095.

7078

Art. 6

Ausnahmen von der Publikationspflicht

Erlasse und völkerrechtliche Verträge, die geheim gehalten werden müssen, weil dies für die Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit22 der Schweiz unumgänglich ist, sollen nicht veröffentlicht werden müssen. Der Verzicht auf die Publikation aus Sicherheitsgründen entspricht bereits der aktuellen Praxis gestützt auf Artikel 6 PublG, etwa bei gewissen Staatsverträgen und bei EU-Normen, die für die Schweiz anwendbar erklärt wurden. Staatsverträge sehen ihre Klassifizierung in der Regel selber vor, und dies ist für die Schweiz als Vertragspartei bindend. Die Geheimhaltung kann hier nur funktionieren, wenn sich alle Parteien daran halten. Begründet wird die Nicht-Publikation zuweilen auch fälschlicherweise damit, dass es sich um eine Verweispublikation mit beschränktem Kreis von Betroffenen handle (Art. 5 Abs. 1 Bst. a PublG).

Die Einschränkung im geltenden Recht auf den Bereich der Landesverteidigung, d. h. auf den militärischen Bereich im engeren Sinn, entspricht nicht der Tatsache, dass sich die Grenzen verschiedener Formen der Sicherheitsbedrohung immer mehr verwischen. Bereits das Publikationsgesetz von 198623 verwendete den weiteren, aber heute nicht mehr gebräuchlichen Begriff der «Gesamtverteidigung». Zudem besteht ein Missverhältnis zu der analogen Einschränkung des Zugangs zu amtlichen Dokumenten in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c des Öffentlichkeitsgesetzes vom 22

23

Siehe zu diesem Begriff den Bericht des Bundesrates vom 3. März 2012 in Erfüllung des Postulats Malama (10.3045 «Innere Sicherheit. Klärung der Kompetenzen», BBl 2012 4459, hier 4476 f.

AS 1987 600

7079

17. Dezember 200424 (BGÖ) aus Gründen der «inneren und äusseren Sicherheit». Es besteht allerdings nicht die Absicht, die Anzahl von aus diesen Gründen nicht publizierten Texten gegenüber heute wesentlich zu erhöhen. Die Verordnung soll die Kriterien genauer umschreiben.

Ein neuer Absatz 2 stellt klar, dass es zur Durchsetzbarkeit von nicht publizierten normativen Texten einer direkten Eröffnung gegenüber den direkt Betroffenen bedarf. Es wäre rechtstaatlich nicht vertretbar, eine Verantwortlichkeit aus Erlassen abzuleiten, welche die betroffenen Bürgerinnen und Bürgern nicht vorgängig zur Kenntnis nehmen konnten. Geht es um technische oder organisatorische Vorschriften (etwa Details zu Sicherheitseinrichtungen, die missbraucht werden könnten oder Einteilungen in Armeeeinheiten), so kann der Erlass oder Auszüge daraus nur jenen Personen zugänglich gemacht werden, die sie umsetzen müssen, verbunden mit der Verpflichtung, die Texte nicht weiter zu verbreiten.

Art. 7

Ordentliche, dringliche und ausserordentliche Veröffentlichung

Das PublG sieht heute zwei Typen von Veröffentlichungen in der AS vor: die ordentliche Veröffentlichung und die ausserordentliche Veröffentlichung. Die neue Sachüberschrift zeigt an, dass nun noch eine dritte Kategorie ­ die «dringlichen Veröffentlichungen» ­ dazukommt.

Absatz 1 entspricht dem geltenden Recht. Grundsätzlich sind die Texte mindestens 5 Tage vor ihrem Inkrafttreten in der AS zu veröffentlichen (ordentliches Verfahren). Diese Ordnungsfrist ist nach wie vor nützlich, um die Veröffentlichung von rechtsetzenden Texten vor ihrem Inkrafttreten sicherzustellen.

Zur Vereinheitlichung der Terminologie und angesichts der neuen Textkategorie gemäss Artikel 4 Buchstabe c E-PublG wird in Absatz 2 der Begriff «Verträge» durch die Wendung «Verträge und Beschlüsse nach den Artikeln 3 und 4» ersetzt.

Abs. 3 Ein Erlass kann ausnahmsweise auch erst spätestens am Tag seines Inkrafttretens veröffentlicht werden. Dies kann sich als notwendig erweisen, damit seine Wirkung sichergestellt werden kann, sei dies wegen Dringlichkeit oder wegen ausserordentlicher Umstände. Die ausserordentliche Veröffentlichung läuft heute nach dem Verfahren ab, wie es in in den Artikeln 11­13 PublV vorgesehen ist. Es werden dort die möglichen Formen der Veröffentlichung (auf einer Internetseite der BK, über Radio und Fernsehen, Pressemitteilungen, Zirkulare usw.), der Inhalt sowie das Verfahren (insbesondere die Übermittlung an die kantonalen Einsichtnahmestellen) festgelegt.

Vom Verfahren der ausserordentlichen Veröffentlichung wurde in den letzten Jahren derart oft Gebrauch gemacht (30 Fälle im Jahre 2010, 82 im Jahre 2011), dass das Attribut «ausserordentlich» seinen Sinn weitgehend verloren hat. Es kommt dazu, dass mit dem Primatwechsel die Veröffentlichung im Internet von einem blossen zusätzlichen Informationsangebot beziehungsweise einem Mittel der ausserordentlichen Veröffentlichung zur ordentlichen amtlichen Veröffentlichung wird.

24

SR 152.3

7080

Mit der Möglichkeit der täglichen Online-Publikation machen die meisten der heutigen ausserordentlichen Veröffentlichungen keinen Sinn mehr. Denn die fünfeinhalb Tage, die für die Produktion und die Distribution des Druckprodukts erforderlich sind, fallen bei einer ordentlichen Veröffentlichung künftig weg.

Bei genauer Prüfung der ausserordentlichen Veröffentlichungen der Jahre 2010­ 2012 ergibt sich, dass ein grosser Teil zur Sicherstellung der Wirkung erfolgte. In der Regel handelt es sich dabei um die Veröffentlichung von Sanktionen gestützt auf das Embargogesetz vom 22. März 200225 (die aus Gründen der Durchsetzbarkeit offensichtlich nicht innerhalb der ordentlichen Fristen veröffentlicht werden können). Die Änderungen der Verordnung des EDI vom 16. Mai 200726 über die Kontrolle der Ein- und Durchfuhr von Tieren und Tierprodukten dagegen müssen infolge von Beschlüssen der EU rasch angepasst werden. Eine eigentliche Dringlichkeit ist aber nur gegeben, wenn es um Massnahmen gegen die Verbreitung von Tierseuchen geht. Die Einhaltung einer Publikationsfrist von 5 Tagen vor dem Inkrafttreten ist hier aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nicht möglich.

Veröffentlichungen dieser Art werden neu als dringlich qualifiziert. Der Hinweis auf die Dringlicherklärung von Bundesgesetzen nach Artikel 165 BV im bisherigen Artikel 7 Absatz 3 PublG wurde bewusst fallengelassen. Es handelt sich zwar um einen wichtigen Anwendungsfall der Dringlichkeit. Das bisherige Recht konnte aber den falschen Eindruck erwecken, dass nur dringlich erklärte Bundesgesetze unter Verletzung der Ordnungsfrist veröffentlicht werden durften. Hingegen bleibt es unzulässig, die 5-Tages-Frist nur aus Gründen ungenügender Organisation und Planung nicht zu respektieren und eine Veröffentlichung als dringlich zu bezeichnen. Die Dringlichkeit muss vielmehr zwingend Ausfluss des besonderen Inhalts des Erlasses und seiner rechtlichen Auswirkungen und nicht der jeweiligen Fortschritte im Publikationsprozess sein.

Dringlich veröffentlichte Erlasse müssen von der Bundeskanzlei nicht an die kantonalen Einsichtnahmestellen übermittelt werden (Art. 13 Abs. 2 PublV). Angesichts ihres raschen Inkrafttretens sind sie auf der Publikationsplattform aber angemessen hervorzuheben, damit sie von der Mehrheit der ordentlich publizierten Erlasse unterschieden
werden können.

Ein Erlass, der nach seinem Inkrafttreten in der AS publiziert wurde, löst erst am Tag nach seiner Veröffentlichung Verpflichtungen aus (Art. 8 PublG). Die Ausnahme davon wird nun mit Artikel 7 Absatz 3 E-PublG von der ausserordentlichen auf die dringliche Veröffentlichung übertragen. In solchen Fällen wird das Inkrafttreten in der Regel ausdrücklich auf die Uhrzeit der voraussichtlichen Veröffentlichung festzulegen sein.

Abs. 4 Aus dem Vorangehenden ergibt sich, dass die Qualifizierung «ausserordentlich» künftig ausschliesslich für den Fall vorbehalten ist, da ausserordentliche Umstände die Veröffentlichung auf dem normalen Weg verunmöglichen. Angesichts der massgeblichen elektronischen Veröffentlichung ist dabei an einen generellen Systemausfall bei den eingesetzten Webservern oder an einen Zusammenbruch der Netze über einen längeren Zeitraum (z. B. während mehr als eines Tages) zu denken. Diese können durch eher seltene Fälle von Naturkatastrophen, terroristischen 25 26

SR 946.231 SR 916.443.106

7081

oder kriegerischen Ereignissen ausgelöst werden. In einem solchen Fall hätte sich die Bundeskanzlei alternativer Methoden zu bedienen, wie sie heute in Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben bf PublV aufgeführt sind, und damit die Veröffentlichung der Erlasse sicherzustellen.

Die verminderte Rechtswirkung nach Artikel 8 Absatz 3 PublG und die spezielle Textlieferung nach Artikel 18 Buchstabe b PublG an die von den Kantonen bezeichneten Einsichtnahmestellen (in der Regel die Staatskanzleien) beziehen sich nur noch auf diese Textkategorie.

Art. 9 Die Massgeblichkeit der auf der Publikationsplattform veröffentlichten Fassung und der Vorrang der AS gegenüber der SR wird neu in Artikel 15 im Abschnitt über die gemeinsamen Bestimmungen geregelt. Artikel 9 muss deshalb aufgehoben werden.

Art. 10

Formelle Berichtigungen

Absatz 1: Die Berichtigungen von sinnverändernden Fehlern in Erlassen des Landesrechts müssen bereits heute obligatorisch in der AS veröffentlicht werden. Es besteht aber eine Regelungslücke für den Fall eines sinnverändernden Fehlers in einem Text des internationalen Rechts. Soweit dies völkerrechtlich (sei es durch den Beschluss eines zuständigen Organs oder eine Vereinbarung der Vertragsparteien) abgedeckt ist, können nun auch diese Gegenstand einer formellen Berichtigung sein.

Mit Absatz 2 wird eine weitere Gesetzeslücke geschlossen für den Fall, dass die Publikation eines Bundesgesetzes oder Bundesbeschlusses in BBl oder AS ein sinnveränderndes Versehen enthält, das sich im Schlussabstimmungstext noch nicht fand. In diesem Fall kann heute die Redaktionskommission der eidgenössischen Räte eine Berichtigung im Sinne von Artikel 58 ParlG nicht beschliessen, da der «Originaltext» korrekt war. Die BK wird aber in diesen eher seltenen Fällen vorgängig die Redaktionskommission bzw. ihr Sekretariat konsultieren. Damit wird der Vorrang des Parlaments vor der Exekutive im Bereich der Rechtsetzung ausgedrückt. Dass auch bei dieser Art der Berichtigung (wie bei den von der Redaktionskommission beschlossenen) die Anpassung des Textes in den SR mit einer Fussnote transparent gemacht wird, ist eine Selbstverständlichkeit und muss im Gesetz nicht speziell erwähnt werden. Die BK wird jeweils klarstellen, dass es sich um eine Berichtigung im Einvernehmen mit der Redaktionskommission der eidgenössischen Räte handelt.

Art. 11

Inhalt

Die zentrale Aufgabe der SR bleibt, den Rechtsuchenden das aktuell gültige Recht in konsolidierter Form zur Verfügung zu stellen. Das in der AS veröffentlichte neue und geänderte Recht wird darin in aller Regel zuverlässig dargestellt. Im Falle von Abweichungen geht aber die AS vor.

Die elektronische Version der SR wird bereits heute laufend (i. d. R. täglich) aktualisiert. Dies im Gegensatz zur gedruckten Version und der SR auf DVD, zu denen nur vierteljährlich Nachträge und Nachführungen erscheinen. Diese SR-Ausgaben sind somit tendenziell inhaltlich veraltet. Bei der gedruckten SR kommt noch das Problem der Nachführung dazu, die für die Kunden aufwendig und fehleranfällig ist.

7082

Dies erklärt neben rein praktischen Gründen , warum die SR heute vorzugsweise online konsultiert wird.

Die langjährige Praxis, Genehmigungsbeschlüsse zu völkerrechtlichen Verträgen und Beschlüssen des internationalen Rechts ohne rechtsetzende Elemente nicht in die SR zu übernehmen, wird in Buchstabe a kodifiziert.

Der Vorbehalt für Texte mit kurzer Geltungsdauer hat bereits seit vielen Jahren keine Bedeutung mehr, da die Online-SR täglich aktualisiert werden kann. Der Bundesrat hat folgerichtig von dieser Kompetenz keinen Gebrauch gemacht. Daher wird beantragt, den heutigen Absatz 2 aufzuheben.

Art. 12 Abs. 3 Der heutige Absatz 3 unterstellt auch die formlosen Berichtigungen und Anpassungen von Erlassen der Bundesversammlung dem Parlamentsrecht. Bei nicht sinnverändernden Fehlern, welche die BK zum Teil selber verursacht hat, ist diese Bestimmung nicht sinnvoll. Artikel 8 der Verordnung der Bundesversammlung vom 3. Oktober 200327 über die Redaktionskommission delegiert die Kompetenz für blosse SR-Berichtigungen schon heute wieder an die BK zurück. Daher wird vorgeschlagen, diesen Absatz aufzuheben.

Art. 13 Abs. 1 Bst. b, c und fbis sowie Abs. 2 Absatz 1 hält fest, welche Texte obligatorisch im Bundesblatt zu veröffentlichen sind, während Absatz 2 jene aufführt, die im Bundesblatt zwar veröffentlicht werden können, aber nicht müssen. Um diese Systematik des Artikels vollständig zu respektieren, wurde der bisherige Buchstabe c von Absatz 1, der eine fakultativ zu publizierende Textkategorie enthält, im Wesentlichen zum neuen Buchstaben a von Absatz 2. Die angepasste Formulierung macht klar, dass er komplementär zu Absatz 1 Buchstabe b ist.

Um die Nachvollziehbarkeit der Geschäfte der Bundesversammlung auch in Zukunft zu gewährleisten, müssen die Stellungnahmen des Bundesrates zu parlamentarischen Initiativen weiterhin im Bundesblatt publiziert werden. Die Ergänzung von Absatz 1 Buchstabe b um diese Textkategorie stellt dies sicher. Es wäre nicht zulässig, sie den Unterlagen zuzuordnen, die nur publiziert werden können.

Eine ausführlichere Liste der für eine Veröffentlichung im BBl in Frage kommenden Arten von Texten ist für die Verordnung vorgesehen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Empfehlungen parlamentarischer Aufsichtskommissionen und Stellungnahmen der verantwortlichen Behörden
nach Artikel 158 Absatz 3 ParlG aufgrund dieser spezialgesetzlichen Regel in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe g PublG weiterhin obligatorisch veröffentlicht werden müssen.

Die Vorschrift, Weisungen des Bundesrates in Erlassform obligatorisch im BBl zu veröffentlichen, wird von der Verordnungs- (Art. 18 Bst. a PublV) auf die Gesetzesstufe (Abs. 1 Bst. fbis) angehoben. Angesichts ihrer Bedeutung macht es keinen Sinn, ihre Publikation dem Verordnungsgeber zur Disposition zu stellen.

27

SR 171.105

7083

4a. Abschnitt: Weitere Inhalte der Publikationsplattform Art. 13a Der Primatwechsel bringt es mit sich, dass die in allen Fällen obligatorische Publikationsform die elektronische ist und die gedruckte Fassung nur noch bei nachgewiesenem Bedarf vorgesehen werden soll.

Es muss sichergestellt werden, dass die elektronische Publikation in der Regel zentral und nicht dezentral auf Webseiten der Departemente und Ämter erfolgt. Die rechtsgültige elektronische Publikation findet auf der von der BK betriebenen Publikationsplattform statt.

Auf der Publikationsplattform sind mindestens enthalten:


die AS, die SR und das BBl;



die durch eine Verweispublikation aus diesen Organen ausgelagerten Texte gemäss Artikel 5 Absatz 1 E-PublG und 13 Absatz 3 PublG, unter der Voraussetzung dass sie nicht bloss mit Titel und einem Verweis auf ein externes Publikationsorgan veröffentlicht wurden (Art. 5 Abs. 2 E-PublG);



die Unterlagen zu Vernehmlassungen;



die vergangenen Versionen des Bundesrechts, wie sie einmal konsolidiert in der SR erschienen sind, und zwar mindestens ab der Inbetriebnahme der Publikationsplattform, aber nach Möglichkeit für den ganzen Zeitraum, zu dem elektronische Daten existieren;



amtlich erstellte oder geprüfte Übersetzungen von Veröffentlichungen in rätoromanischer und englischer Sprache.

Abs. 1 Buchstabe a: Ein Text, der nur als Verweis im Rahmen von BBl, AS und SR erscheint, muss online zugänglich sein. Die blosse Abgabe von Kopien oder Drucksachen ist nach dem Primatwechsel nicht mehr zulässig. Inhalte, auf die in BBl, AS und SR nur hingewiesen wird, sollen daher wenn möglich im Rahmen einer «vereinfachten Publikation» ebenfalls physisch in die Publikationsplattform aufgenommen werden. Damit wird einerseits ihre Rechtsgültigkeit unterstrichen. Anderseits gebieten dies auch praktische Erwägungen zugunsten der Rechtsuchenden. Sie sollen sich an einer zentralen Stelle über das für sie massgebende Recht orientieren können.

Weiter sollen die Texte zuhanden einer zentralen Suchfunktion indexiert werden.

Die Verordnung wird eine gewisse Übergangsfrist einräumen müssen, um den zuständigen Departementen und Ämtern die Überführung der bisher dezentral angebotenen Texte in die zentrale Publikationsplattform und der BK die Anpassung der in der SR vorhandenen Links zu ermöglichen.

Das spezielle Online-Angebot zu den Vernehmlassungen wird in Buchstabe b klar als Bestandteil der Publikationsplattform deklariert. Diese stellen ­ wie die Botschaften im Bundesblatt ­ wichtige Materialien der Gesetzgebung dar.

Der Bundesrat will das Bundesgesetz über das Vernehmlassungsverfahren punktuell verbessern. Um die anwendbaren Verfahrensregeln zu klären und Unklarheiten zu vermeiden, soll die bisherige begriffliche Unterscheidung zwischen «Vernehmlas-

7084

sungen» und «Anhörungen» fallengelassen werden.28 Da geplant ist, die Änderungen des VlG früher in Kraft zu setzen als jene des PublG, wurde im beiliegenden E-PublG konsequent nur vom Vernehmlassungsverfahren gesprochen, wo darauf Bezug genommen werden muss, und die «Anhörungen» weggelassen. Dies betrifft auch Artikel 14 Absatz 4.

Sollte sich im Verlaufe des parlamentarischen Verfahrens abzeichnen, dass die Änderungen des PublG vor oder ohne jene des VlG in Kraft treten, so müssten Koordinationsbestimmungen vorgesehen oder die Kategorie der «Anhörungen» wieder eingefügt werden.

Für die bereits heute in Artikel 29 Absatz 3 PublV vorgesehene Aufschaltung der vergangenen Fassungen zur Online-SR wird es mit Buchstabe c neu einen klaren gesetzlichen Auftrag geben. Dieser wird aber in Artikel 13a positioniert, wodurch der Charakter eines Zusatzangebots gegenüber der zentralen Rolle der SR (bereinigte Darstellung des jeweils aktuellen Rechts ohne Berücksichtigung des im Einzelfall allenfalls noch anwendbaren alten Rechts) betont werden soll. Ab einem zu definierenden Datum soll also der Stand der Erlasse zu einem beliebigen Zeitpunkt abgefragt werden können. Die Umsetzung wird etappenweise erfolgen; die Texte zurück bis zum Jahr 2000 wurden Ende Mai 2013 bereits zur Verfügung gestellt, während die Aufschaltung weiter zurückliegender Fassungen in grösseren Abständen geprüft werden soll.

Die Erstellung des Angebots an englischen Veröffentlichungen wird in Artikel 14 Absatz 5 und jene an rätoromanischen Veröffentlichungen in Artikel 11 des Sprachengesetzes vom 5. Oktober 200729 (SpG) geregelt. Das Angebot selber wird in Buchstabe d positioniert, um den Charakter eines Zusatzangebots, insbesondere gegenüber der SR in deutscher, französischer und italienischer Sprache, zu betonen.

Mit dem Ausdruck «insbesondere» behält man sich auf Gesetzesebene die Möglichkeit offen bei Bedarf auch Ausgaben in weiteren Sprachen als Rätoromanisch und Englisch einzubeziehen.

Abs. 2 Die Verordnung wird weitere Inhalte zu definieren haben. Dazu können aus heutiger Sicht speziell aufbereitete Zugangshilfen (Register), erläuternde Berichte zu wichtigen Verordnungsentwürfen, die Verwaltungspraxis der Bundesbehörden (VPB), die Datenbank «Staatsverträge» der Direktion für Völkerrecht des EDA, die Datenbank zu den politischen
Rechten (PORE) der BK, die zur Veröffentlichung bestimmten Weisungen der Bundesverwaltung und allenfalls prospektive Fassungen von Erlassen (aufgrund von beschlossenen Änderungen, die aber noch nicht in Kraft sind) gehören.

Art. 14 Sachüberschrift, Abs. 2 Einleitungssatz und 46 Die Ausnahme von der Regel der Veröffentlichung in den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch soll von den Texten, auf die in einer Publikation in AS oder BBl lediglich verwiesen wird, auf die neuen Informationsangebote auf der Publikationsplattform ausgedehnt werden (Art. 14 Abs. 2 E-PublG). Zu denken ist 28

29

Siehe die Unterlagen zu der inzwischen abgeschlossenen Vernehmlassung zur Revision des Vernehmlassungsgesetzes in www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2012 > Bundeskanzlei SR 441.1

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etwa an Texte im Rahmen der VPB oder an erläuternde Berichte zu Bundesratsverordnungen. Die Verordnung wird die Textkategorien, Kriterien und Kompetenzen für einen teilweisen oder vollständigen Verzicht auf die Erstellung von Übersetzungen in den Amtssprachen aufzuführen haben. Die Formulierung «der Bundesrat kann bestimmen» kann genauso gut einen Entscheid im Einzelfall wie auch eine generell-abstrakte Regelung umfassen.

Ein neuer Absatz 4 stellt klar, dass für den Bereich der Vernehmlassungen eigene Regeln gelten, die jenen des Publikationsrechts vorgehen. In Artikel 7 Absatz 3 der Vernehmlassungsverordnung vom 17. August 200530 (VlV) ist nämlich festgehalten, dass Vernehmlassungsunterlagen zwar ebenfalls in den drei Amtssprachen zu erstellen sind. Davon kann es aber Ausnahmen geben (völkerrechtliche Verträge, Dringlichkeit). Zur Frage der Koordination mit der laufenden Revision des VlG siehe den Kommentar zu Artikel 13a Absatz 1 Buchstaben b.

Der Vollständigkeit und Transparenz halber wird mit einem Verweis auf das SpG in Absatz 5 klar gemacht, dass es auch einen gesetzlichen Auftrag zur Übersetzung von Veröffentlichungen in die rätoromanische Sprache gibt.

Für die heute lediglich in Artikel 16a PublV vorgesehene Aufschaltung von englischen Übersetzungen von SR-Texten wird mit Absatz 6 eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Das entsprechende Angebot von derzeit rund 140 Texten, das laufend massvoll ausgebaut wird, ist aus dem Angebot des Bundes nicht mehr wegzudenken.

Es beinhaltet auch die Übersetzung der Änderungen zu den betroffenen Erlassen.

Die englische Sprache ist im internationalen Wirtschaftsleben von derart überragender Bedeutung, dass die Bereitstellung einschlägiger Erlasse zur Erhaltung eines günstigen Investitionsklimas beiträgt. Immerhin soll mit dem Wort «können» klargestellt werden, dass keine Verpflichtung zu englischsprachigen Publikationen besteht. Es bleibt ein Ermessensspielraum bestehen. So ist es denkbar, dass auch bei einem Text von besonderer Tragweite das Interesse an einer englischen Übersetzung nicht derart gross ist, dass sich der entsprechende Aufwand der Erstübersetzung und vor allem späterer Nachführung lohnt. Mit der Wendung «in weiteren Sprachen, insbesondere in Englisch» behält man sich auf Gesetzesebene die Möglichkeit offen, bei Bedarf auch Veröffentlichungen
in weiteren Sprachen, die nicht Landessprachen sind, vorzusehen.

Bereits heute kommt es zuweilen zu Publikationen im Bundesblatt von englisch abgefassten Verfügungen gegenüber Adressaten im angloamerikanischen Raum.

Zudem sind weitere Texte denkbar, bei denen eine englische Übersetzung sinnvoll sein könnte (z. B. durch Verweis veröffentlichte Texte). Daher wurde der Anwendungsbereich des Absatzes nicht auf die SR beschränkt, sondern auf alle Texte auf der Publikationsplattform ausgedehnt.

Da nun der Regelungsbereich von Artikel 14 über den Kreis der Amtssprachen im engeren Sinne erweitert wird, ist schliesslich die Sachüberschrift allgemeiner zu fassen.

30

SR 172.061.1

7086

Art. 15

Massgebende Fassung

Da die Massgeblichkeit der auf der Publikationsplattform veröffentlichten Texte nicht nur die AS, sondern auch die SR und das BBl betreffen, sollten die diesbezüglichen Bestimmungen nicht im Abschnitt über die AS, sondern bei den gemeinsamen Bestimmungen stehen. Es wird daher vorgeschlagen, den heute leeren Artikel 15 dafür zu verwenden.

Am Verhältnis zwischen AS und SR wird in Absatz 1 gegenüber heute (Art. 9 Abs. 1 PublG) nichts geändert. Die SR wird heute zwar in aller Regel als Rechtsquelle angegeben und von den Rechtsuchenden konsultiert. Des Weiteren hat die AS die ihr ursprünglich zugedachte Funktion als amtliches Publikationsorgan, das die Rechtsuchenden orientiert, weitgehend verloren. Auch ihre Bedeutung bei der Feststellung des Beginns der Rechtspflichten nimmt nun, da historische SR-Fassungen im öffentlichen Netz aufgeschaltet sind, ab. In der AS werden die Texte aber so veröffentlicht, wie sie den rechtsetzenden Behörden vorlagen. Zudem kommt der Publikation in der AS die Kenntnisvermutung zu (Art. 8 PublG). Von daher erscheint die alleinige Massgeblichkeit der SR als systemfremd, und eine parallele Massgeblichkeit trägt bei Differenzen zwischen AS und SR das Risiko der Rechtsunsicherheit und eines zusätzlichen Auslegungsbedarfs in sich. Rechtsvergleichend betrachtet sind diese beiden Lösungen (alleinige Massgeblichkeit der konsolidierten Fassung und parallele Massgeblichkeit beider Fassungen) denn auch seltene Ausnahmen. Zurzeit kennt nur der Kanton Jura eine alleinige Massgeblichkeit seiner konsolidierten Sammlung, und das Land Niederösterreich veröffentlicht nur die konsolidierten Texte31.

Die Bestimmung wurde daher lediglich in Berücksichtigung von Artikel 4 Buchstabe c E-PublG um die Verträge zwischen Kantonen (soweit sie denn allgemeinverbindlich erklärt wurden) ergänzt.

Absatz 2 könnte strikt gesehen auch weggelassen werden, weil sich sein Inhalt bereits aus Artikel 1a ergibt. Aus Gründen der Transparenz ist es aber sinnvoll, die Massgeblichkeit der auf der Publikationsplattform veröffentlichten Texte hier explizit zu erwähnen und somit alles, was es zur massgebenden Fassung zu sagen gibt, in einem Artikel zu vereinen.

Absatz 3 entspricht Artikel 9 Absatz 2 des geltenden Rechts. Es wird lediglich im Sinne einer terminologischen Einheitlichkeit neu von Beschlüssen «des internationalen Rechts» gesprochen.

Art. 16

Gedruckte Fassungen

Die elektronische Form muss nicht mehr wie im heutigen Artikel 16 Absatz 1 PublG speziell erwähnt werden. Die elektronische Online-Veröffentlichung ist zur ordentlichen, amtlichen Veröffentlichung geworden (siehe die Art. 1a und 15 Abs. 2 E-PublG). Die Bereitstellung von Druckprodukten ist dagegen eine zusätzliche Dienstleistung. Entsprechend erwähnt auch die Sachüberschrift des Artikels 16 E-PublG nurmehr die gedruckten Fassungen. Es besteht für Rechtsuchende keine Verpflichtung, eine EDV-Installation mit Netzzugriff zu unterhalten, um von den amtlichen Veröffentlichungen, die sie betreffen, Kenntnis zu erhalten. Daher soll die

31

Karl Irresberger in LeGes 2013/1, S. 141 Ziff. 2.7 (www.leges.ch).

7087

Möglichkeit bestehen, elektronisch erschienene Publikationen gegen eine Aufwandgebühr (Art. 19 Abs. 2) in gedruckter Form zu beziehen (Print on Demand) (Abs. 1).

Ob allerdings der Vertrieb von periodisch erscheinenden und abonnierbaren Druckprodukten weiter aufrechterhalten bleibt, überlässt Absatz 2 dem Verordnungsgeber.

Sollten der nachgewiesene Bedarf und der Druckaufwand in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zueinander stehen, so soll auf Periodika verzichtet werden können.

Entfielen die wöchentlichen Druckausgaben, müssten allerdings die entsprechenden Informationen in neue Gefässe überführt werden (z. B. wöchentliche Newsletter mit den Neuerungen).

Der im bisherigen Artikel 16 Absatz 3 geregelte Datenschutz wird nun in Artikel 16b E-PublG behandelt.

Für die Bundeskanzlei wird aufgrund des neuen Absatz 3 in jedem Fall die Aufgabe bleiben, eine minimale Anzahl von Druckexemplaren der in der AS und im BBl veröffentlichten Texte bereitzustellen. Sie hätte diese auch dann weiter zu erfüllen, wenn die wöchentlich erscheinenden und abonnierbaren gedruckten Periodika zu AS und BBl eingestellt werden sollten. Damit ist auch bezüglich des geltenden Rechts und laufender Verfahren (komplementär zur ausserordentlichen Veröffentlichung nach Art. 7 Abs. 4 E-PublG) für den Fall von vorübergehenden technischen Problemen mit der Publikationsplattform eine Rückfallsicherheit vorhanden. In der Verordnung werden die minimale Anzahl an Exemplaren sowie ihr Aufbewahrungsort zu bestimmen sein. Gedacht ist an die Erstellung von mindestens drei Ausdrucken, die aus Sicherheitsgründen auf drei verschiedene Standorte verteilt werden.32 Art. 16a

Datensicherheit

Für den Primatwechsel bedarf es zusätzlicher Sicherheitsmassnahmen zu den bereits heute eingesetzten Mitteln (Firewall, Backup-Services). Rechtsuchende sollen sich darauf verlassen können, dass eine elektronische Veröffentlichung jederzeit verfügbar ist, von der dazu befugten Publikationsstelle (der Bundeskanzlei) stammt (Authentizität) und zwischen der Freischaltung und der Konsultation nicht verändert wurde (Integrität).

Dies soll bei der technischen Umsetzung mit folgenden Massnahmen erreicht werden (vgl. Ziff. 1.6.2 «Informationssicherheit»): mit einem speziellen XML-Schema als Grundformat; mit einem geeigneten Ausgabeformat für die Langzeitarchivierung; mit einer strengen Qualitätskontrolle vor der Veröffentlichung; mit gut geschützten und elektronisch signierten Originalexemplaren, die regelmässig mit den veröffentlichten Kopien verglichen werden; mit einer streng kontrollierten Auslieferung und der Übermittlung über eine zertifizierte Verbindung sowie einem Online-Dienst zur Überprüfung der geregelten elektronischen Signatur.

Weiter ist auch die langfristige Verfügbarkeit der Daten zu gewährleisten. Es wird eine Archivierungsvereinbarung zwischen der BK und dem Bundesarchiv geben.

Darin wird festzuhalten sein, dass nach dem Primatwechsel nur noch elektronische Daten (Stände der Publikationsplattform-Datenbank) archiviert werden. In den technischen Projekten zur «KAV-Modernisierung» sollen eine Schnittstelle und die 32

So sieht etwa § 8 Abs. 3 des österreichischen Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt (www.ris.bka.gv.at) die Erstellung von drei Sicherheitskopien und vier beglaubigten Ausdrucken vor, die auf verschiedene Institutionen (wie Staatsarchiv, Nationalbibliothek und Parlamentsbibliothek) zu verteilen sind.

7088

notwendigen Formate vorgesehen werden, um die Ablieferung von Archivdaten zu garantieren. Zu regeln ist auch eine allfällige Archivierung der verbleibenden gedruckten Exemplare von Texten der AS und des BBl nach Artikel 16 Absatz 3 E-PublG.

Schliesslich ist auch die jederzeitige Verfügbarkeit der Publikationsplattform sicherzustellen. Sollte sie aufgrund von Hardware-Problemen oder gezielten Attacken während einer gewissen Zeit ausfallen (z. B. über einen Tag) oder anderweitig gestört sein, sind Not-Publikationsplattformen zu aktivieren, die bei einer Bundesstelle betrieben werden, deren Rechenzentrum speziell für Krisensituationen ausgelegt ist (Katastrophenvorsorge).

Es wird aber dem Verordnungsrecht überlassen, die technischen Details zu regeln.

Angesichts des raschen Wandels der Informatik-Technologie würde ein gesetzlicher Massnahmenkatalog rasch veralten und könnte nicht innert nützlicher Frist aktualisiert werden. Bundesrat und Verwaltung haben umgekehrt aber auch die Verpflichtung, den Stand der Technik laufend zu überwachen und rechtzeitig die notwendigen Anpassungen des Verordnungsrechts und der konkreten Massnahmen an die Hand zu nehmen.

Art. 16b

Datenschutz

Ein eigener Artikel über den Datenschutz rechtfertigt sich aufgrund seiner besonderen Bedeutung. Das Thema soll nicht mehr bloss ein Teil der eher technischen Abgrenzung zwischen elektronischer und gedruckter Veröffentlichung sein.

In Absatz 1 wird der Grundsatz von Artikel 19 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199233 über den Datenschutz (DSG), wonach es für die Zugänglichmachung von besonders schützenswerten Personendaten durch ein Abrufverfahren einer formell-gesetzlichen Grundlage bedarf, für den Bereich der amtlichen OnlineVeröffentlichungen konkretisiert. Absatz 1 ist somit für sich allein noch keine genügende rechtliche Grundlage im Sinne des DSG. Verschiedene Bundesgesetze, namentlich Verfahrensgesetze34 sowie Artikel 5 des Embargogesetzes vom 22. März 200235 sehen aber die Publikation von Texten in der AS (Sanktionenverordnungen) oder im BBl (Notifikationen von Urteilen und Verfügungen sowie Vorladungen bei unbekannt verzogenen Personen) vor, die Personendaten oder sogar besonders schützenswerte Personendaten enthalten. Der Gesetzgeber hat mit der Anordnung einer amtlichen Veröffentlichung, insbesondere im Bundesblatt, bereits eine Güterabwägung vorgenommen. Nämlich dahingehend, dass im Einzelfall der Rechtssicherheit ­ durch Ermöglichung des Abschlusses von Verfahren ­ der Vorrang gegeben wird vor dem Anspruch auf Schutz von Personendaten. Der Zweck dieser Publikationen und der Primatwechsel machen eine Online-Zugänglichkeit unumgänglich. Persönlichkeitsprofile, also Zusammenstellungen von Daten, die eine Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit einer natürlichen Person erlauben (Art. 3 Bst. d DSG), werden hingegen bewusst nicht in den Kreis möglicher Publikationsinhalte einbezogen.

33 34

35

SR 235.1 Insbesondere Art. 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dez. 1968 (VwVG; SR 172.021), Art. 88 der Strafprozessordnung (SR 312.0) oder Art. 64 Abs. 3 des BG vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0).

SR 946.231

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In Absatz 2 wird der für jegliches staatliches Handeln, besonders aber für die Einschränkung der Grundrechte geltende Verhältnismässigkeitsgrundsatz konkretisiert und festgehalten, dass in Bezug auf Veröffentlichungen von Personendaten auch im Einzelfall die Verhältnismässigkeit zu wahren ist. Dies verpflichtet einerseits die im BBl notifizierenden Stellen, den Inhalt der Notifikation auf das für den Zweck des laufenden Verfahrens absolut Notwendige zu beschränken. Zum andern soll die Veröffentlichung nicht länger online geschaltet sein, als es der Ablauf des Verfahrens erfordert. Die Verordnung wird eine nach Textkategorie abgestufte Zugänglichkeit der Informationen auf der Publikationsplattform vorzusehen haben. Für das Amtsblatt des Kantons Zürich36 und das SHAB existieren bereits entsprechende Bestimmungen. Zudem soll es Personen, welche die sie betreffende Mitteilung zur Kenntnis genommen haben, ermöglicht werden, die Entfernung der Personendaten von der Publikationsplattform zu verlangen.

Schliesslich sollen auch technische Massnahmen vorgesehen werden, um Missbräuche (Erstellen von Persönlichkeitsprofilen ausserhalb des Zwecks der Publikation) so weit wie möglich zu vermeiden (vgl. Ziff. 1.6.3 «Datenschutz»). Dazu wird aber nicht mehr wie bis anhin bereits im Gesetz eine bestimmte Methode vorgeschrieben.

Vielmehr soll mit einer offenen Formulierung auf dieser Normebene den technischen Möglichkeiten und Entwicklungen Rechnung getragen werden (Abs. 3). In Frage kommen heute insbesondere die Unterdrückung der automatisierten Indexierung von schützenswerten Personendaten durch externe Suchmaschinen und allenfalls auch durch CAPTCHA-Code geschützte Zugänge zu bestimmten Dokumenten, wie sie etwa beim Amtsblatt des Kantons Aargau37 zur Anwendung kommen.

Art. 17 Mit dem bisherigen Artikel 17 wurde beabsichtigt, unter dem Titel «Umfang der Veröffentlichung» das staatliche Grundangebot im Bereich der amtlichen Veröffentlichungen von sogenannten Veredelungen abzugrenzen, die der Privatwirtschaft vorbehalten bleiben sollten. Mit Veredelungen sind Textformen gemeint, die Gesetzgebung und Rechtsprechung zueinander in Beziehung setzen und kommentieren. Die Beschränkung auf die Veröffentlichung von Beschlüssen der zuständigen Organe gemäss geltendem Recht steht aber in einem gewissen Wiederspruch zu der
an anderer Stelle im Gesetz vorgesehenen Erstellung von englischen und rätoromanischen Publikationen sowie von Konsolidierungen für die SR. Auch die Datenhaltung in eigentlichen Datenbanken und daraus erfolgende Generierungen von Publikationsprodukten wäre verunmöglicht. Das Verbot der Konkurrenzierung der Privatwirtschaft im Bereich der Kommentierung ergibt sich bereits aus Artikel 41 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200538. Es genügt, dass solche Dienstleistungen im Publikationsgesetz nicht vorgesehen sind. Die staatliche Grunddienstleistung soll nicht im Spezialgesetz enger definiert werden. Technisch leicht realisierbare Verknüpfungen zwischen amtlichen Angeboten sollen möglich sein, eigentliche Kommentierungen dagegen keinen Platz auf der Publikationsplattform haben. Von Bundesstellen erstellte Kommentierungen ausserhalb der amtlichen

36 37 38

Siehe unter www.amtsblatt.zh.ch > Support > Häufige Fragen > Recherchieren nach Einzelmeldungen Siehe unter www.ag.ch > Aktuell > Amtsblatt SR 611.0

7090

Publikationen im Sinne dieses Gesetzes (etwa durch Public-Private-Partnership mit Verlagen) sind aber nach wie vor zulässig.

Art. 18

Einsichtnahme

Am System der Einsichtnahmestellen ändert sich grundsätzlich nichts. An ihnen wird im Bereich der amtlichen Veröffentlichungen des Bundes im Allgemeinen und der ausserordentlichen Veröffentlichungen im Besonderen für Rechtsuchende ohne Internetverbindung festgehalten. Wie bisher ist es den Kantonen überlassen, die Einsichtnahmestellen für die amtlichen Veröffentlichungen des Bundes zu bestimmen. Sie können dies in einem Gesetz oder in einem blossen Regierungsratsbeschluss tun. Die Kantone sind auch frei, ihren Einsichtnahmestellen vorzuschreiben, weiterhin Drucksachen zu beziehen (solange diese abonnierbar sind). Im Minimum ist aber eine Online-Konsultation sicherzustellen, welche nicht nur BBl, AS und SR in ihrem letzten Stand, sondern auch die weiteren Inhalte der Publikationsplattform umfasst.

Art. 19

Gebühren

Abs. 1 Die Ermächtigung zur Gebührenerhebung geht schon aus Artikel 46a RVOG hervor und müsste hier nicht wiederholt werden. Aus Gründen der Transparenz soll trotzdem im Spezialgesetz klargestellt werden, wo die Rechtsuchenden Gebühren erwarten müssen. Wie heute schon bei den Online-Versionen von AS, SR und BBl soll dies bei der Konsultation von Inhalten der Publikationsplattform nicht der Fall sein.

Schliesslich ist auch die Konsultation der Inhalte der Rechtsplattform in den Lokalitäten der Bundeskanzlei und der von den Kantonen bezeichneten Einsichtnahmestellen kostenlos.

Abs. 2 Die Abgabe von gedruckten Texten, die auf der Publikationsplattform veröffentlicht wurden, die Lieferung von elektronischen Daten auf Datenträgern und der Transfer von speziell zusammengestellten Daten an Drittverwerter erfolgt dagegen immer gegen eine Aufwandgebühr.

Art. 19a

Drittanbieter

Die Verordnung soll für die Weiterverwendung elektronischer Daten der amtlichen Veröffentlichungen besondere Bedingungen vorsehen können. Diese Regel war bisher in Artikel 19 Absatz 1 zweiter Satz PublG enthalten. Da Artikel 19 aber sonst nur von der Gebührenpflicht handelt, erscheint dies systemfremd. Es rechtfertigt sich die Einfügung eines eigenen Artikels zu diesem Thema. Sichergestellt werden soll dabei insbesondere Folgendes: Wer Daten zu Verwertungszwecken bezogen hat, soll bei deren Behandlung den gleichen Bedingungen und Verpflichtungen unterstellt sein wie Bundesstellen. Insbesondere sind der gleiche Umgang mit besonders schützenswerten Personendaten zu gewährleisten und allfällige zeitliche Beschränkungen einer Online-Zugänglichkeit zu respektieren. Die Erstellung oder Verbreitung von Persönlichkeitsprofilen gestützt auf den Inhalt der amtlichen Veröffentlichungen (Art. 16b E-PublG) muss unterbunden werden.

7091

Art. 19b

Vollzug

Aus PublG und PublV kann heute die Zuständigkeit der Bundeskanzlei (BK) und dort der Sektion «Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen» (KAV) nur aus einzelnen Bestimmungen abgeleitet werden (z. B. Art. 10 PublG betr. formelle Berichtigungen). Es soll daher klargestellt werden, dass innerhalb der Bundesverwaltung die BK für die amtlichen Veröffentlichungen zuständig ist. Anderweitige spezialrechtliche Lösungen bleiben vorbehalten.39

2.2

Änderung anderer Erlasse

Parlamentsgesetz Art. 58 Abs. 4 Durch die Ergänzung von Artikel 58 ParlG soll bereits auf Gesetzesebene klargestellt werden, welches Bundesgesetz bei der Berichtigung von welcher Art Fehler in Publikationen von Erlassen der Bundesversammlung heranzuziehen ist.

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz Art. 48a Abs. 2 Artikel 48a RVOG ist mit dem geänderten Artikel 6 E-PublG zu koordinieren.

Staatsverträge, die zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz nicht veröffentlicht werden dürfen, dürfen auch nicht im jährlichen Bericht über die Staatsverträge aufgeführt werden. Die Berichterstattung an das Parlament muss in diesen Fällen auf andere Weise sichergestellt werden. Die fraglichen Verträge sollen in geeigneter Weise der Geschäftsprüfungsdelegation zur Kenntnis gebracht werden.

Dies entspricht der heutigen Praxis.

Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen Art. 14 Abs. 1 Artikel 14 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 195640 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen sieht heute eine Veröffentlichung der Allgemeinverbindlicherklärungen des Bundes mit den allgemeinverbindlichen Bestimmungen im Bundesblatt, aber nur mit Titel und Bezugsquelle, vor. Die allgemeinen Kriterien für eine Verweispublikation (Art. 5 Abs. 1 E-PublG) sind jedoch nicht erfüllt. Angesichts des breiten Adressatenkreises wird neu die Publikation im BBl in vollem Wortlaut beantragt.

39 40

Siehe die Zuständigkeit des SECO für das SHAB in Art. 5 der Verordnung SHAB vom 15. Febr. 2006 (SR 221.415).

SR 221.215.311

7092

Militärstrafprozess Art. 116 Abs 4bis, 125a und 154 Abs. 3 Der Militärstrafprozess vom 23. März 197941 regelt heute die Frage der Veröffentlichung von Beschlüssen nicht, die den Adressatinnen und Adressaten in der Schweiz nicht postalisch zugestellt werden können. In der Praxis werden indessen die Regeln der Strafprozessordnung42 (StPO) analog angewandt. So wurden im Jahre 2012 35 Vorladungen vor Militärgerichte im gedruckten BBl veröffentlicht. Artikel 16b Absatz 1 E-PublG erlaubt unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes die ­ künftig allein massgebliche elektronische ­ Veröffentlichung von besonders schützenswerten Personendaten nur, wenn diese in einem Gesetz vorgesehen ist. Daher ist der Militärstrafprozess entsprechend zu ergänzen. Es wurden Formulierungen gewählt, die jenen von Artikel 88 StPO entsprechen.

Berufsbildungsgesetz Art. 19 Abs. 4 Nach Artikel 19 Absatz 4 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200243 werden die Bildungsverordnungen nur in Form eines Verweises in der AS veröffentlicht. Die allgemeinen Kriterien für eine Verweispublikation (Art. 5 Abs. 1 E-PublG) sind jedoch nicht erfüllt. Angesichts des breiten Adressatenkreises wird die Publikation in der AS in vollem Wortlaut beantragt. Diese rund 200 Texte werden zudem bereits heute zwecks Erstellung von Separatdrucken in dem für normative Texte des Bundes üblichen Layout erstellt und in die Amtssprachen übersetzt.

Sprachengesetz Art. 10 Abs. 1 Das Prinzip von Artikel 10 SpG, dass amtliche Veröffentlichungen grundsätzlich parallel in Deutsch, Französisch und Italienisch zu erfolgen haben, ist auch in Artikel 14 PublG enthalten. Im SpG hat die Nennung des Prinzips vor allem den Sinn, ein vollständiges Bild der Behandlung der Amtssprachen des Bundes zu bieten.

Umso wichtiger ist es, darauf zu achten, dass sich beide Gesetze in ihrer Auswirkung nicht unterscheiden. Artikel 10 Absatz 1 SpG umfasst heute alle amtlich zu veröffentlichenden Texte. Mit der Ausweitung der Publikationen auf der Plattform (Art. 13a E-PublG) sollte die Verpflichtung zur dreisprachigen Veröffentlichung im Regelfall auf die Texte beschränkt werden, die in AS, SR und BBl erscheinen.

Damit wird eine unverhältnismässige Ausweitung des Übersetzungsaufwands vermieden.

41 42 43

SR 322.1 SR 312.0 SR 412.10

7093

Bundesgesetz über Radio und Fernsehen Art. 8 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. b Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 24. März 200644 über Radio und Fernsehen (RTVG) schreibt schweizerischen Programmveranstaltern schon bisher vor, die Öffentlichkeit über Erlasse zu informieren, die vorerst nur auf ausserordentlichem Wege veröffentlicht wurden. Da die dringliche Veröffentlichung einen Teil der Funktionen der ausserordentlichen Veröffentlichung übernehmen soll, ist der Verweis auf Artikel 7 Absätze 3 und 4 E-PublG auszudehnen, um den Kreis der möglichen betroffenen Erlasse beizubehalten. Die Verpflichtung in Artikel 8 Absatz 1 RTVG soll durch Anpassung des Einleitungssatzes aber ausdrücklich auf konzessionierte schweizerische Programmveranstalter eingeschränkt werden, wie dies auf Verordnungsstufe bei der Alarmierung nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a RTVG bereits gemacht worden ist (siehe Art. 9 der Radio- und Fernsehverordnung vom 9. März 200745). Auch wenn die anordnende Behörde (BK) ein Ermessen bei der konkreten Veröffentlichungsverpflichtung hat (Art. 8 Abs. 2 RTVG), besteht eine gesetzliche Verpflichtung, die schon heute von einem Grossteil der Veranstalter nicht wahrgenommen werden kann, da sie nicht in der Lage sind, redaktionelle Einspielungen vorzunehmen. Im Sinne der Verhältnismässigkeit wird sich die zuständige Behörde zudem eine gewisse Zurückhaltung auferlegen und nur dann eine Verbreitung über die elektronischen Medien anordnen, wenn ein umfangreicher Kreis von Personen durch den dringlich veröffentlichten Erlass betroffen ist.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Vorlage führt zu keinen unmittelbaren Mehrkosten (siehe Ziff. 1.4). Mittel- bis langfristig ist sogar mit einem Rückgang von Druckkosten zu rechnen, der allerdings durch den Wegfall von entsprechenden Einnahmen zum Teil ausgeglichen wird.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bedarf an Personalressourcen; es wird weder für den Publikationsbereich im engeren Sinne noch für die Verwaltungsstellen, die mit der Erarbeitung (inkl. Übersetzung) der zu publizierenden Texte betraut sind, mit einem personellen Mehrbedarf gerechnet. Offen bleibt, ob die erwartete Reduktion der Druckauflagen in diesem Bereich zu Einsparungen führt.

44 45

SR 784.40 SR 784.401

7094

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Gesetzesänderung hat lediglich eine marginale Auswirkung auf die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, indem bei allgemeinverbindlich erklärten Verträgen zwischen Kantonen die durch den Bund veröffentlichte Fassung verbindlich sein wird.

Andere Körperschaften sind, wie im geltenden Recht, nicht betroffen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die bereits seit einigen Jahren bestehende elektronische Veröffentlichung der Sammlungen des Bundesrechts und des Bundesblatts sowie ihre formell-gesetzliche Grundlage werden mit der beantragten Änderung des Publikationsgesetzes aufgewertet. Der damit verbundene vereinfachte Zugang zu einer Vielzahl amtlicher Informationen ­ insbesondere die Möglichkeit, das Bundesrecht auf seinem zu einem bestimmten Zeitpunkt gültigen Stand im Internet konsultieren zu können ­ erlaubt es den verschiedenen Akteuren der Wirtschaft, ihre Entscheide und Massnahmen aufgrund eines besseren Wissensstandes zu treffen. Dies kann besonders auch für die KMU von Nutzen sein. Der vereinfachte und rasche Zugang zu diesen Informationen wird es gerade auch diesen Unternehmen erlauben, das Potenzial der behördlichen Informationen besser zu nutzen. Rechtsuchende und Beteiligte in der Rechtsanwendung können sich nun vollständig auf die elektronischen Publikationen verlassen, was ihnen Zeit- und Kostenaufwand bei Bezug und Konsultation von Druckprodukten spart.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201246 zur Legislaturplanung 2011­ 2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201247 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Bundesverfassung weist keine Bestimmung auf, welche die Veröffentlichung von Rechtsdaten durch den Bund vorsieht. Die gehörige Publikation (insbesondere von Erlassen) ist aber ein rechtsstaatliches Prinzip. Grundsätzlich gibt es kein Recht ohne Publizität. Seit den Anfängen des schweizerischen Bundesstaates bestehen denn auch publikationsrechtliche Erlasse, welche die Grundsätze über die Veröffent-

46 47

BBl 2012 481, hier 546 BBl 2012 7155

7095

lichung, das Inkrafttreten und die Rechtswirkungen rechtsetzender Bestimmungen regeln.48 Dass der Bund die Veröffentlichung seines Rechts und weiterer Texte aus seinem Bereich regeln kann, ergibt sich, auch ohne explizite Kompetenzzuweisung in der Bundesverfassung, aus seiner Existenz als Gemeinwesen (sogenannte inhärente Bundeskompetenz). Gemäss der Praxis wird im Ingress von Gesetzen, die sich auf inhärente Bundeskompetenzen stützen, Artikel 173 Absatz 2 BV genannt, wonach die Bundesversammlung Geschäfte behandelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind. So ist das auch im Ingress zum geltenden PublG; diese Kompetenzgrundlage gilt natürlich auch für die hier beantragte Änderung des PublG.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage berührt lediglich die internationale Verpflichtung der Schweiz, gewisse Texte geheim zu halten. Deren Einhaltung wird mit Artikel 6 Absatz 1 E-PublG erleichtert.

5.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Erlass des Gesetzes ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV. Der Erlass untersteht dem fakultativen Referendum.

Nach einer Faustregel in der Gesetzestechnik ist eine Totalrevision vorzusehen, wenn mehr als die Hälfte der Artikel eines Gesetzes betroffen sind. Materiell würde sich eine solche hier aber nicht rechtfertigen. Die Struktur des PublG bleibt grundsätzlich gleich, und sein Anwendungsbereich erweitert sich nur wenig. Unter dieser Voraussetzung wird auf die Form der Totalrevision verzichtet.

5.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage delegiert folgende Rechtsetzungsbefugnisse an den Bundesrat: Art. 3 Abs. 3 E-PublG In der Verordnung ist festzulegen, wann völkerrechtliche Verträge von kurzer Geltungsdauer sowie Verträge von beschränkter Tragweite von der Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung auszunehmen sind.

48

Kettiger/Sägesser, in: Kommentar PublG, Vorwort.

7096

Art. 13a Abs. 2 E-PublG Die Verordnung bestimmt, welche Inhalte über den Kreis der in Absatz 1 genannten Texte (Texte, auf die in AS, SR und BBl verwiesen wird; Vernehmlassungsunterlagen; vergangene Fassungen; Übersetzungen) hinaus auf der Publikationsplattform angeboten werden.

Art. 14 Abs. 2 E-PublG Die Verordnung wird die Textkategorien, Kriterien und Kompetenzen für einen teilweisen oder vollständigen Verzicht auf die Erstellung von Übersetzungen in den Amtssprachen aufzuführen haben.

Art. 16 Abs. 2 E-PublG In der Verordnung ist vorzusehen, ob, in welcher Art und nach welchen Kriterien Periodika (insbesondere Druckprodukte) von den amtlichen Veröffentlichungen erstellt werden.

Art. 16 Abs. 3 E-PublG Der Bundesrat bezeichnet die Anzahl Druckexemplare, die von Texten der AS und des BBl mindestens erstellt werden müssen, und eine oder mehrere Stellen, bei denen sie zu hinterlegen sind.

Art. 16a E-PublG Die technischen Massnahmen zum Schutz der für rechtsverbindlich erklärten elektronischen Veröffentlichungen sind in der Verordnung zu nennen.

Art. 16b E-PublG Die Verordnung wird die Dauer der Möglichkeit der Einsichtnahme in die Personendaten sowie die technischen Massnahmen zu umschreiben haben, die den Schutz vor Missbrauch schützenswerter Personendaten, trotz ihrer elektronischen Veröffentlichung, sicherstellen.

Art. 19 Abs. 2 E-PublG Die Regelung der Gebühren für die im Publikationsgesetz vorgesehene Abgabe von Veröffentlichungen soll in der Verordnung erfolgen.

Art. 19a E-PublG Die Regelung der Bedingungen für die Abgabe an Drittanbieter soll in der Verordnung erfolgen.

5.5

Datenschutz

Die bisherige Bestimmung von Artikel 16 Absatz 3 PublG konnte sich in der Praxis nicht durchsetzen. Sie stellte eine Verschärfung von allgemeinen Regeln des Datenschutzgesetzes dar und verlangte eine flächendeckende Unterdrückung von Personendaten bei der elektronischen Publikation. Aus praktischen Erwägungen und auf Drängen der Bundesgerichte verzichtete die BK bereits bei einem Teil der Texte mit besonders schutzwürdigen Personendaten (insbesondere über den Einbezug in 7097

strafrechtliche Verfahren) auf die Unterdrückung der Online-Publikation. Mit dem Primatwechsel würde sich die Problematik noch verschärfen, weil man nicht mehr auf eine rechtsgültige Publikation in der Druckausgabe verweisen kann.

Der neue Artikel 16b E-PublG soll den Datenschutz im Bereich der elektronischen amtlichen Veröffentlichung wieder mit den allgemeinen Prinzipien des DSG in Einklang bringen. Um Missbräuche so weit wie möglich zu vermeiden, sieht er folgende Bedingungen vor:


die Anordnung der Veröffentlichung in einem Spezialgesetz;



die Einhaltung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes im Einzelfall; und



technische Massnahmen, welche die automatisierte Suche und Weiterverarbeitung von online einsehbaren Personendaten soweit möglich verhindern.

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